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156 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Cherhie. Band 336. 1965 Das Schwingungsspektrum der Methylendiphosphonsaure, ihrer und ihres Tetraathylesters Von E. STEGER und J. REHAK Anionen Mit 1 Abbildung Inhaltsubersicht Die Infrarot- und soweit moglich die RAMAN-spektren von Methylendiphosphaten, Dihydrogen-Methylendiphosphaten, der freien Saure und ihrem Tetraathylester wurden aufgenommen. Die CH,-, PCP- und PO,-Frequenzen sind einfach zuzuordnen, die Valenz- schwingungen der letzteren wenig niedriger als fur Diphosphate. Die in Wasserstoffbriicken- bindungen befindlichen OH-Gruppen werden niiher studiert durch Deuteriumaustausch und Untersuchung bei tiefen Temperaturen. Summary Infrared and, when possible, RAMAN spectra were recorded from methylene diphospho- nates, dihydrogen methylene diphosphonates, the free acid, and its tetraethyl ester. Fre- quencies of CH,, P-C-P and PO, are readily assigned, stretching of the latter being slightly lower than for diphosphates. The hydrogen bonded OH groups are studied further by deute- rium exchange and low temperature investigations. Einleitung In Anbetracht der Ausfuhrlichkeit, mit der Trimeta- und Tetrameta- phosphate in Losung und in ihren Kristallphasen RAMAN- und infrarot- spektroskopisch untersucht worden sind 1-3), erscheinen die zweifellos wichti- geren Diphosphate vernachlassigt. Fur das Ion P,O;- in Losung sind Infra- rotspektren4) und eine Anzahl RAMAN-Frequenzen 5), fur kristallisierte Salze A. SIMON u. E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 277, 209 (1954). 2, E. STEGER u. A. SIMON, Z. anorg. allg. Chem. 291, 76 (1957); 294, 1 (1958). 3) E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 292, 146 (1958); 296, 405 (1958). 4, A. SIMON u. H. RICHTER, Z. anorg. allg. Chem. 301, 154 (1959). 5, T. J. HAKWICK u. P. 0. HOFFMANN, J. chem. Physics 19, 708 (1951).

Das Schwingungsspektrum der Methylendiphonsäure, ihrer Anionen und ihres Tetraäthylesters

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156 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Cherhie. Band 336. 1965

D a s Schwingungsspektrum der Methylendiphosphonsaure, ihrer

und ihres Tetraathylesters

Von E. STEGER und J. R E H A K

Anionen

Mit 1 Abbildung

Inhaltsubersicht Die Infrarot- und soweit moglich die RAMAN-spektren von Methylendiphosphaten,

Dihydrogen-Methylendiphosphaten, der freien Saure und ihrem Tetraathylester wurden aufgenommen. Die CH,-, PCP- und PO,-Frequenzen sind einfach zuzuordnen, die Valenz- schwingungen der letzteren wenig niedriger als fur Diphosphate. Die in Wasserstoffbriicken- bindungen befindlichen OH-Gruppen werden niiher studiert durch Deuteriumaustausch und Untersuchung bei tiefen Temperaturen.

Summary Infrared and, when possible, RAMAN spectra were recorded from methylene diphospho-

nates, dihydrogen methylene diphosphonates, the free acid, and its tetraethyl ester. Fre- quencies of CH,, P-C-P and PO, are readily assigned, stretching of the latter being slightly lower than for diphosphates. The hydrogen bonded OH groups are studied further by deute- rium exchange and low temperature investigations.

Einleitung In Anbetracht der Ausfuhrlichkeit, mit der Trimeta- und Tetrameta-

phosphate in Losung und in ihren Kristallphasen RAMAN- und infrarot- spektroskopisch untersucht worden sind 1-3), erscheinen die zweifellos wichti- geren Diphosphate vernachlassigt. Fur das Ion P,O;- in Losung sind Infra- rotspektren4) und eine Anzahl RAMAN-Frequenzen 5 ) , fur kristallisierte Salze

A. SIMON u. E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 277, 209 (1954). 2, E. STEGER u. A. SIMON, Z. anorg. allg. Chem. 291, 76 (1957); 294, 1 (1958). 3) E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 292, 146 (1958); 296, 405 (1958). 4 , A. SIMON u. H. RICHTER, Z. anorg. allg. Chem. 301, 154 (1959). 5, T. J. HAKWICK u. P. 0. HOFFMANN, J. chem. Physics 19, 708 (1951).

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E. STEGER u. J. W E H ~ , Schwingungsspektrum der Methylendiphosphonsaure 157

Infrarotergebnisse an Na,P,O, 6 , und unausgewertete Spektren7-10) publi- ziert. Unter den letzteren finden sich auch solche vonHydrogendiphosphaten. Fur diese und erst recht die freie Saure wird gewiB zusatzlich zu dem gerin- gen Streuvermogen der Phosphor-Sauerstoff-Verbindungen beim RAMAN- Effekt die Zersetzlichkeit in waSriger Losung Schwierigkeiten bereiten. Uni diese auszuschalten, nahmen wir die Methylendiphosphonsaure, von der nur das Infrarotspektrum im festen Zustand bekannt warll), zum Gegen- stand einer Untersuchung12), mit der die Ergebnisse iiber die Diphosphate gepruft und erganzt werden sollten.

Zur Darstellung der Methylendiphosphonsaure, Beschreibung einiger Salze Die Methylendiphosphonsaure stellten wir nach der von SCHWARZENBACH und

ZURC 13) gegebenen Beschreibung dar unter Vermeidung von Gummiverbindungen und Schliffett von Anfang an. Trotzdem zeigte der Tetraathylester im RAMAN-Spektrum zu- nachst eine starke Fluoreszenz. Durch zweimalige Vakuumdestillation unter Stickstoff (KP.~,, = 155°C) konnte sie einigermal3en beseitigt werden. Die durch die Verseifung gewonnene Skure kristallisierten wir trotz der hohen Verluste (Loslichkeit 60%) mehrmals aus bidestilliertem Wasser um. Nach Troeknung bei 100 "C im Vakuum iiber P,O, zeigte sie einen Schmelzpunkt von 200 "C.

Alkalidihydrogensalze. AUS den scheinbaren pK-Werten nach13) : pK, = 2, pK, = 2,5, pK, = 6,87, pK4 = 10,33 ersieht man, dal3 sich die ersten zwei Wasserstoff- atome der Methylendiphosphonsaure sehr leicht ersetzen lassen. Das friiher la) aus der SLure und Natriumcarbonat hergestellte Dinatriumsalz kann nach Angabe der Autoren durch das Tetranatriumsalz verunreinigt sein. Wir haben das Natrium- und das Kaliumdihydrogen- methylendiphosphonat durch teilweises Neutralisieren der Methylendiphosphonsaure mit aquivalenter Menge p. a. NaOH bzw. KOH gewonuen. Die wal3rigen Losungen laat man iiber P,O, eindunsten, bis sich Kristalle abgeschieden haben. Diese werden auf der Fritte abgesaugt und bei 100 "C iiber P,O, im Vakuum getrocknet.

Ammoniumdihydrogenmethylendiphosphonst. Bei der Umsetzung von fester Me- thylendiphosphonsaure mit konzentrierter Ammoniak-Losung oder beim Sattigen einer Methylendiphosphonsaure-Losung mit gasformigem Ammoniak unter gleichzeitiger Kiih- lung kommt es immer zur Bildung des Dihydrogensalzes. Die Loslichkeit von (NH4),H2 [(PO,),CH,] in Wasser ist kleiner als die der Alkalisalze. Ohne die Losung einzuengen, kam man die ausgeschiedenen Kristalle absaugen. Sie wurden kurz mit eiskaltem Wasser abge-

6, W. BUES u. H. W. GEHRKE, Z. anorg. allg. Chem. 288, 291 (1956). ') D. R. C. CORBRIDUE u. E. LOWE, J. chem. SOC. [London] 1964, 493. 8 ) A. MUTSCHIN u. K. MAENNCHEN, Z. analyt. Chem. 160, 81 (1958). 9) J. V. PUSTINGER, W. T. CAVE u. M. L. NIELSEN, Spectrochim. Acta [London] 15,

lo) J. LECONITE, Handbuch der Physik, herausg. S. FLUGGE, Berlin-Gottingen-Heidel-

11) K. MOEDRITZER u. R. R. IRANI, J. inorg. nuclear Chem. 22, 297 (1961).

lS) G. SCHWARZENBACR u. J. ZURC, Mh. Chem. 81, 202 (1950). In) D. E. C. CORBRIDGE u. F. R. TRoMaNs, Analytic. Chem. 30, 1101 (1960).

909 (1959).

berg 1958. 26, 829.

Diplomarbeit JAN REELK. Dresden 1963.

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158 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1966

spiilt, auf einem Tonteller abgepreBt und zwei Tage im Vakuum bei 100 "C uber P,O, ge- trocknet. yo NH, gefunden 16,88; 17,01. Berechnet 17,17.

Neutrale Alkalisalze. Es wurde von Losungen rnit iiberschussigem Alkali der Zu- sammensetzung 1 CH,(PO,H,), + 5 NaOH bzw. KOH ausgegangen und mit Alkohol ge- fallt. Die zuerst entstehende Schmiere erstarrt durch Iangeres Reiben mit dem Glasstab zu wei0en Kristallen. Diese wurden abgesaugt, noch einmal umgefallt, abgesaugt und mit Alkohol-Wasser-Gemisch gespult und iu der Trockenpistole bei 2 mm Hg und 100 "C uber P,O, getrocknet.

Sohwerlosliche Salze. Es wurden Calcium-, Strontium-, Barium-, Zink- und Blei- salze hergestellt. Wir variierten das Mengenverhaltnis von Kation zur Methylendiphosphon- saure, die Siiurekonzentration vor der Fallung, die Fallungstemperatur, die Trocknungs- bedingungen und anderes. Stets mu6 das Kation im UberschuB angewandt werden, sonst bilden sich Bhnlich wie bei den Pyrophosphaten losliche Komplexe. Sie wurden fur Ca" und Mg" auch be~chriebenl~).

Die waBrige, etwa 3 bis 5proz. Natriumsalzlosung wird in der Siedehitze mit einer Salz- losung, die das gewiinschte Kation enthalt, im UberschuB versetzt. Dabei entsteht erst nach Zugabe der aquivalenten Menge ein weiBer Niederschlag, der sich verhaltnismaBig gut filtrieren k B t . E r wird abgesaugt, mebrmals rnit Wasser und danach mit Aceton gewaschen. Die Salze werden dann mindestens 5 Stunden bei 100 OC in einer evakuierten Trockenpistole getrocknet. Bei Zimmertemperatur entstehen schleimige, schlecht filtrierbare Fallungen. Geht man von der freien Saure aus und setzt dann Ammoniak zu, ist (wenigstens bei Pb und Zn) kein vollstlndiger Ersatz des Wasserstoffs zu erreichen. Das Infrarotspektruni zeigt dann besonders 6 OH-Banden zwischen 1250 und 1400 cm-I und v OH bei 2300 und 2800 cm-l.

Nach der gegebenen Vorschrift entstehen die wasserfreien Salze Ba,[(PO,),CH,], Sr,[(PO,),CH,] und Pb,[(PO,),CH,]. Die im Vakuum bei 100 "C getrockneten Calcum- und Zinksalze zeigen dagegen in den IR-Spektren oberhalb 3000 cm-I breite Absorptionsbanden des Kristallwassers. Weitere Wasserabgabe erfolgt bei 200 "C verhaltnisma0ig langsam, wahrend bei 300°C die Salze nach einer Trocknungsdauer von 5 Stunden praktisch ge- wichtskonstant sind. Gewichtsverlust nach 14stundigem Trocknen: Ca-Salz, gefunden 1,82; 1,86, also wohl 2 Mol. Zn-Salz: 1,24. Das Zinksalz erleidet bei der Trocknung groDere Veranderungen und 1LBt sich im Gegensatz zum Calciumsalz nicht wieder in die hydrati- sierte Form iiberfuhren.

Spektroskopische Untersuchungen Alkalisalze der Methylendiphosphonsaure

Wir untersuchten moglichst konzentrierte waI3rige Losungen von K,[(PO,),CH,] und Na,[(PO,),CH,] rnit zusatzlichem Alkali RAMAN- und infrarot-spektroskopisch. Sie hatten folgende Zusammensetzungen: 1 K,[(PO,),CH,] + 0,25 KOH + 14,7 H,O und 1 Na,[(PO,),CH,] + 0,4 NaOH + 30,2 H,O. Als Kiivettenfenster fanden polyathylen- iiberzogene KBr-Scheiben und Arsensulfidglas Verwendungla). AuBerdem wurden die IR- Spektren fester Salze in KBr gepreBt aufgenommen und diese Versuche immer durch solche nach der Technik der Paraffinolsuspensionen kontrolliert.

Wir beschranken uns auf tabellarische Angaben fur das Kaliumsalz (siehe Tab. 1, im iibrigen 12)), dessen konzentrierte Losungen vollstandigere und genauer vermeBba!re Spek-

l5) R. R. IRANI u. K. MOEDRITZER, J. physic. Chem. 66,1349 (1962). 16) E. STEGER u. K. HERZOG, Z. Chem. 3, 142 (1963).

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E. STEGER u. J. R E H ~ K , Schwingungsspektrum der Nethylendiphosphonsaure 159

tren erbrachten und sonst mit denen des Na-Salzes bis auf geringe Frequenzverschiebungen iibereinstimmen. 5 RAMAN-Linien fallen trotz gewisser Unzulanglichkeiten jeder quantita- tiven Auswertung nach unseren Aufnahmen17) sogleich als polarisiert auf.

Tabelle 1 B e o b a c h t u n g e n z u m S c li v- i n g u n g s s p e k t r u m d e s &I e t h y 1 e n d i p h o s p h o n a t i o n s

RAMAN-E’requenzen

K,t(PO,),CH,I + 14,7 H O + 0,25 KOH

2942 (4) 2907 (9) p

1377 (6) p 1179 (1) 1070 (1) 1041 (1)

997 ( l o b ) p 942 (0) 805 (2) 753 (1) 722 (6b) p

526 (0)

472 (3b)

312 ( lb) 261 (2) 221 (0) p 161 (0)

IR-Fret

(2200 ni, sb) (1665 st dH,O)

1178 m 1100 SCll I085 sst 975 sch 946 st 812 m

541 m

480 s

enzen

2922 s 2883 s

1660 s, b 1386 s 1155 m 1100 sst, b 1066 sch 995 s 948 s t 795 m 770 sch 722 s 586 ss 544 s t 504 ss 482 m 166 m

Zuordnung

Die hochsten ZWE ~ Frequenzen im Spektrum der Methylendiphosphonate sind die Valenzschwingungen der CH,-Gruppe. Die nachste intensive

Nach den Vergleichssubstanzen CH,(COOK),’8), CH,CI,, CH,Br,IS), CH,J,lO) und CH,(Si(CH,),), z”) erwartet man unter Berucksichtigung einer systematischen Abhangigkeit der E’requenzen von der Masse der Nachbargruppen die aul3eren CH,-Schwingungen in fol-

I 7 ) E. STEGER u. R. STAHLBERG, Z. anorg. allg. Chem. 326, 244 (1964). M. J. SCHMELZ, J. NAKAGAWA, S. I. MIZUSHIMAU. J. V. QUAGLIANO, J. Amer. chem.

SOC. 81, 287 (1959). l9) J. WAGNER, Z. physik. Chem. Abt. B 45, 69 (1939). 20) H. KRIEGSNANN, 2. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 61, 1088 (1957).

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160 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

genden Bereichen: o CH, = 1100-1250 cm-l, z CH, = 1050-1150 cm-l (fur Czv inaktiv), e CH, = 720-850 cm-l.

Bei 1180 cm-l findet man zwar im IR-Spektrum der Dihydrogensalze die starke Ab- sorption v PO,, da aber die untersuchten Losungen ausreichend Alkali enthielten, kann die Frequenz bei 1179 cm-l nicht von den Hydrolyseprodukten stammen. Das folgt auch aus dem Vergleich mit den IR-Spektren der festen Salze.

Zu den schwachen RAMAN-Linien bei 1070 und 1041 cm-l wird im Infra- rot in wiiariger Losung eine entsprechend breite, sehr starke Absorption bei 1080 cm-l gefunden. Das sind antisymmetrische PO,-Valenzschwingungen. Im Spektrum des festen Kaliumsalzes ist eine Aufspaltung angedeutet, dem des Natriumsalzes sind drei Frequenzen zu entnehmen (1131, 1116 und 1100 cm-l), so da13 also die gleichen Beobachtungen wie beim Diphosphat verzeichne t werden 4)6).

Im IR-Spektrum findet man sodann bei 1005 (Na-Salz) bzw. 995 cm-l (K-Salz) eine geringe Absorption. Im RAMAN-Spektrum liegt bei 997 cm-l die starkste, gleichzeitig polarisierte Frequenz des Spektrums. Somit handelt es sich um die Pulsation der PO,-Gruppen v, PO,. Die entsprechende Gegen- taktschwingung vd PO, findet man bei 942 cm-l.

Unterhalb von 900 cm-l zeigt das IR-Spektrum im NaCl-Bereich noch drei Absorptionen. Zwei davon werden den Schwingungen der PCP-Briicke zugeordnet. v,, PCP bei w 810 cm-l iat stark irn IR-, schwach im RAMAN- Spektrum. Die intensive polarisierte RAMAN-Frequenz bei 722 cm-l ist dem- zufolge die symmetrische Kettenfrequenz vs PCP. Eine schwache bzw. nur als Schulter beobachtete IR-Bande bei 770 cm-1 ordnen wir mit der RAMAN- Linie bei 753 cm-l e CH, zu.

Auf Grund der Intensitiitsverhaltnisse sehen wir die starke IR-Absorp- tion bei 544 cm-l (544 cm-l im Na-Salz) und die entsprechend schwache RAMAN-Linie bei 526 cm-l als d,, PO, an. Die verhaltnismaBig breite RAMAX- Linie mittlerer Intensitat - bei 472 cm-1 -, welche im IR-Spektrum aufge- spalten ist (466, 482 cm-1 im K-, bzw. 481, 505 cm-l im Na-Salz), kann von den symmetrischen Deformationsschwingungen der PO,-Gruppen herruhren.

Fur die ubrigen Schwingungen: e PO,, z PO, und 6 PCP unterhalb von 400 cm-l fehlt die Vergleichsmoglichkeit des RAMAN- mit dem Infrarot- spektrum, so daB uns eine weitere Zuordnung allzu spekulativ ware, doch darf die letztgenannte wegen des Polarisationszustandes bei 221 cm-l an- genommen werden.

Schwerlosliche Salze

Die Infrarotspektren weiterer Salze (Beispiele s. Abb. 1 a-c) belegen nach ihrem allgemeinen Aussehen, was bei Untersuchungen iiber Bandenbreite

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E. STEGER u. J. R E H ~ K , Schwingungsspektrum der Methylendiphosphonsaure 161

I I -

und Korrelationsfeldaufspaltungen an Hand von Mischkristallen 21) hin- sichtlich des Einflusses der Kationen gefolgert worden war : Solche der leich- teren Elemente mit mehreren Ladungen fuhren zu breiten Banden oder zu ,4ufspaltungen besonders fur entartete oder antisymmetrische Valenz- schwingungen. Das Ba- und dasPb-Salz zeigen durchweg schmale Banden wie

D

r 78 1 I I I I I

c m ’ Abb. 1 Infrarotspektren, aufgenommen nach der KBr-PreBtechnik im Bereich von 400

bis 1800 cm-l von a) Ba,[(P0,)2CH2], b) Sr,[(PO,),CH,], c) Ca,[(PO,),CH,]

Na- oder K-Salz, Sr liefert mit der grooeren Breite einen Ubergang zu den Ca- und Zn-Salzen, die durch stellenweise erheblich vermehrte Zahl der Einzelabsorptionen sich auszeichnen.

Ob diese Effekte starker Kopplung Korrelationsfeldaufspaltungen sind oder Auswir- kungen geringerer site-Symmetrie kann nur versuchsweise diskutiert werden. Das Calcium- salz-Hydrat zeigt bei 1190 cm-l o CH,. I m wasserfreien Salz (Abb. 1, c) scheint diese Bande aufgespalten zu sein (1180, 1208 cm-l). Fur eine Kopplung innerhalb der Elementar-

Z1) E. STECERU. K. DANZER, Ber. Bunsenges. physik. Chem. 68,635 (1964), vgl. Diplom- arbeit K. DANZER, Dresden 1964.

11 Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 336.

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zelle ist der Effekt aber ziemlich gro5 (28 cm-l). Moglicherweise stammt die Bbsorption bei 1180 em-1 von den va8 PO,.

Das IR-Spektrum des Zinksalzes enthalt zwischen 900-1200 cm-l 8 Frequenzen. Die zwei niedrigsten davon (964 und 1017 em-l) gehoren den vg PO,, die hochste (1179 em-1) der o CH,. Die iibrigen fiinf konnen vas PO3-Schwingungen zugeschrieben werden, unter Annahme von Korrelations-Aufspaltungen. Aber falls das CH,(P03)24--Ion im Kristall- gitter eine geringere Symmetrie als C,, besitzt, ist auch T CH, ir-aktiv. Sie tritt im IR- Spektrum im allgemeinen mit geringer Intensitat auf. ES konnte die schwache Bande bei 1048 em-l sein.

Dihydrogensalze der Methylendiphosphonsaure

Beim Ubergang zu Dihydrogen-Methylendiphosphonaten sind im Spek- trum folgende Verlnderungen zu erwarten : Erstens steigt der Bindungsgrad in den entstehenden PO,-Gruppierungen auf 1,5 ; demzufolge die Frequenzen auf 1050-1112 cm-l fur vS PO, bzw. 1160-1260 em-l f i i r vag PO, nach Ver- gleichssubstanzen6) 22) 23) 24). Zweitens mussen zusltzliche Frequenzen auf- treten fur die PO-Einfachbindung in den P-OH-Gruppen ( m 830cm-l23)) und neben den Y OH auch die dazugehorigen 6 OH und y OH. Bei extrem festen Wasserstoffbrucken kann Y OH.. . 0 bis auf etwa 1650 em-1 23) ab- sinken. 6 OH finden sich im Bereich von 1100-1400 cm-l8)2'3)24)27-33). Fur y OH werden folgende Lagen angegeben: 833-935 cm-17), 855- 1000 cm-ls), oder 851-1050 cm-13,), vgl. besonders34).

Das Kalium-, das Natrium- und das Ammoniumdihydrogensalz wurden in KBr geprel3t aufgenommen. K2H,[(P03)2CH,] wurde auDerdem bei -170 "C untersucht unter Verwen- dung der Tieftemperat~rkiivette~~) mit fliissigem Stickstoff. Bei tiefen Temperaturen werden die Banden im Spektrum des K2H,[(P0,),CH2] schmaler und scharfer, Aufspaltung der bei Zimmertemperatur zufallig entarteten PO-Deformationsschwingungen wird beob- achtet.

22) G. GEISTHARDT, Diplomarbeit Dresden 1960. 23) E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 509, 304 (1961). 24) D. E. C. CORBRIDQE u. E. J. LOWE, J. ohem. SOC. [London] 1954,4555. 2 5 ) R. BLINC, D. HADLI u. A. NOVAK, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem.

26) K. HERZOG, Diplomarbeit, Dresden 1961. 27) J. I. RYSKIN u. G. P. STAVITSKAJA, OIITHKa II CneKTpocKontw [Optik u. Spektro-

28) A. SIMON u. R. PAETZOLD, Z. anorg. allg. Chem. 301, 246 (1959); S. DETONI u.

29) C. MORIN, Bull. SOC. chim. France 1961, 1722. 30) P. A. GIGURE u. R. SAVOIE, J. Amer. chem. SOC. 86, 287 (1963). 31) D. E. C. CORBRIDE u. E. LOWE, Analytic. Chem. 27, 1383 (1955). 32) L. J. BELLAMY, Ultrarotspektrum und chemische Konstitution, Darmstadt 1955. 33) S. DETONI u. D. HAD~I, Spectrochim. Acta [London] 20, 949 (1964). 34) I. FISCHMEISTER, Spectrochim. Acta [London] 20, 1071 (1964). 35) G. HEINTZ u. K. STOPPERKA, Z. Chem. 2, 282 (1962).

64, 567 (1960).

skopie] 8, 606 (1960).

D. HADLI, J. Chim. Physique 53, 760 (1956).

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E. STEGER u. J. R E H ~ K , Schwingungsspektrum cFer Vethylendiphosphonsaure 163

Um eine Zuordnung der OH-Frequenzen im bandenreichen IR-Spektrum der Dihydrogensalze durchfiihren zu konnen, war die Deuteriumsubstitution erforderlich.

Da die Dihydrogensalze gut in Wasser loslich sind, laBt sich der Wasserstoffaustausch durch einfaches Behandeln niit D,O leicht durchfiihren. Es wurde die Apparatur nach36) verwendet, etwa 0,2 g K,H2[(P03),CH2] eingesetzt, jeweils 0,5 ml D,O durch die Durch- stichkappe zugegeben und nach erfolgter Auflosung in die Kiihlfalle gezogen. Die Proben fur die IR-Bufnahmen wurden nach drei- und nach fiinfmaligem Behandeln mit D,O ent- nommen.

Auf Grund der Deuterierungsergebnisse (Tab. 2) erfolgt zuerst die Zu- ordnung der OH-Frequenzen. Bei 2780 und 2330 cm-l (H/D = 1,38 und 1,32) liegen Valenzschwingungen zwischenmolekularer Wasserstoffbrucken, ihre Temperaturabhangigkeit zeigt (bei -170°C; 2730 und 2310 cm-l) die meitere Verfestigung mit der anzunehmenden Verkleinerung der Molekul- a b ~ t a n d e ~ ~ ) . In anderen Fallen werden Absorptionen bei 2400 cm-l als Oberschwingungen der 6 OH.. . 0 gedeutet 33). Doch ware fur diese die Tem- peraturabhangigkeit der Frequenzen umgekehrt.

Wir kennzeichnen in Tab. 2 diese Wasserstoffbrucken verschiedener Lange mit I und 11. Die 6 OH sind ebenfalls ganz direkt zu identifizieren (6. Tab. 2). Zwischen 600 und 700 cm-l erscheinen im Spektrum des deute- rierten Salzes zwei neue Absorptionen, die wahrscheinlich rnit den zuruck- gehenden Banden von 914 und 864 cm-l (Schulter) zusammenhangen. (Faktor 1,35 und 1,37). Wir schreiben sie den y OH.. .O zu.

;iknliche y OH findet man z. B. im Spektrum der Malonsaure bei 918 cm-13'), in Hy- droxychinonen bei 770 cm-ls) und in Ca,(SiO,OH)OH bei 712 cm-12'), vgl. a ~ c h ~ ~ ) .

In den Spektren der Dihydrogensalze treten noch zwei weitere Absorp- tionen auf, die mit Wasserstoffbrucken zusammenhangen mussen. Die Zu- gehorigkeit der breiten Bande in sauren Salzen bei 1730 cm-1 wurde in der letzten Zeit oft diskutiert 27)39). Wo diese Bande beim Deuterieren erscheint, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen. Wahrscheinlich bleibt sie zum Teil; der verschobene Anteil gelangt in die Flanke der PO-Schwingungen. Eine extrem kurze Wasserstoffbrucke, vermutlich innermolekular auch wegen des fehlenden Temperatureffektes, ist rnit der Wellenzahl von 1730 cm-l ver- einbar. In39) wird sie als 6 OH gedeutet. Eine ahnliche breite Absorptions- bande zeigen auch z. B. die Dihydrogenpho~phate~~). Bemerkenswert ist, daB diese Bande nur in den Dihydrogensalzen, nicht aber in der freien Me-

36) E. STEGER u. K. LUNEWITZ, Z. anorg. allg. Chem. 316, 293 (1962). 37) E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 326, 89 (1963). 38) D. HAD^ u. N. SHEPPARD, Trans. Faraday SOC. 60, 911 (1954). 39) J. T. BRAENHOLTZ, G. E. HALL, F. G. MAXN u. N. SHEPPARD, J. chem. SOC. [Lon-

don] 1969, 868. 11*

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164 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

Tabelle 2

f e s t e n Z u s t a n d I n f r a r o t s p e k t r e n v o n K a l i u m d i h y d r o g e n ni e t h y l e n d i p h o s p h on a t e n i m

[cm-l] z 2969 m 2923 m 2730 m,sb 2310 ni. 2 b 1820 sch 1732 m 1391 ss 1335 s 1266 s 1186 sst 1163 sst 1107 m 1056 sst 971 m 926 s t 896 ss t

856 s 818 st 800 m

728 st

583 m 537 st 514 ss 496 m 472 ni 457 s 444 sst 423 s

[cm-l] z 29G5 ni 2919 m 2780 ni,sb 2330 m,sb

1730 m,sb 1390 ss 1322 s, b 1254 s 1176 sst 1166 sch 1090 ni 1053 sst 950 m 914 m 888 sst

8F4 sch 814 st '18 m

728 m

580 m 535 st

496 m

467 st 4-19 st

[cm-l] T

2967 111 2920 m 2010 m , b 1780 m , b

(1250. . . 1350, ?) 1388 ss 1038 sch

938 m 1188 sst 1175 sch 1095 s t 1065 sst 965 sch 675 s 880 sst 862 sch 629 s, b 815 st 800 m 730 m 720 m 574 s 433 m 520 st

491 m

465 sch 446 st

~~

v H / v D

1,38 1,32

1,28 1,34

1,35

1,37

1,34

Zuordnung (H steht fur H und D)

"as CHZ vs C H , v OH ... 0 I v OH ... 0 IT

v OH ... 0111 6 CH,

b OH ... 0 I 6 OH ... o Ir

PO,, 0 CH,

I p PO, v P-OH y OH ... 0 I V' P-OH

y OH.. . O 11 v,, PCP e CH,

v , PCP

6 PO,, y OH ... 0111

wPO2e6P-OH 0 P02-yP-OH

thylendiphosphonsaure selbst vorkommt. Zum Unterschied von den Phos- phonsauren (Gruppierung -PO(OH),) absorbieren auch a,lle Phosphin- sauren (-PO(0H)) zwischen 1700-1900 cm-l 40)33).

Die Bande bei 580 cm-l scheint eine zugehorige Deformationsschwingung zu sein. Sie geht bei der Deuterierung zwar etwas zuruck, verschwindet aber

4") J. L. BELLAMY u. L. BEECIIER, J. chein. soc. [London] 1953, 72E.

Page 10: Das Schwingungsspektrum der Methylendiphonsäure, ihrer Anionen und ihres Tetraäthylesters

E. STEGER u. J. ~ ' L E H ~ K , Schwingungsspektrum der Methylendiphosphorisiiure 165

im Gegensatz zu den v OH.. . 0 I und I1 und 6 OH.. . 0 nicht ganz. Sie konnte mit der neuauftretenden Absorption bei 433 cm-l im Zusammenhang stehen (Faktor 1,34). Von der Tetramethaphosphimsaure kennen wir vergleichs- weise eine ahnlich tiefe Frequenz 36).

Nun zu den Schwingungen der schweren Atome: Bei 1186 und 1165 cm-l mussen v,, PO, angenommen werden, die dort die o CH,, bekannt, von den neutralen Salzen, uberlagern. Der Erwartung entsprechend liegen die symme- trischen PO,-Schwingungen bei 1090 und 1 053, die Valenzschwingungen der PO-Einfachbindung bei 950 und 888 cm-l. Die PCP-Schwingungen haben ihre Lage beibehalten und die im vorangehenden Abschnitt getroffene Zu- ordnung bestatigt sich. Die Frequenzen v CH,, 6 CH, und p CH, werden alle etwas hoher gefunden als in den neutralen Alkalisalzen.

Methylendiphosphonsaure

Zusatzlich Zuni bekannten Infrarotspektruni der festen Substanzll) wurde deren RAMAN-Spektrum aufgenommen und eine bei Zimmertempe- ratur gesattigte, d. h. etwa 60proz. Losung in H,O untersucht. Die Ergeb- nisse sind in der Tab. 3 zusammengefaBt. Deuterierung sollte auch hier Klarheit uber die Lage der OH-Frequenzen schaffen. Die in der Tab. 3 angefuhrten Frequenzen entsprechen den Deuterierungsprodukten von 0,2 g Methylendiphosphonsaure nach drei- bzw. sechsmaligem Behandeln init 0,6 ml D,O.

Fur Methylendiphosphonsaure weist der ziemlich hohe Schmelzpunkt (200 "C) schon darauf hin, daB sie im festen Zustand starke Wasserstoff- brucken bildet. Urn eine Deutung der Spektren iiberhaupt zu ermoglichen, mird zunachst eine isolierte Siiuremolekel angenommen.

Die charakteristischen Valenz- und Deforniationsschwingungsfrequenzen der CH,-Gruppe werden wie bei den Salzen oberhalb 2900 bzw. 1375 cm-l gefunden, auch die PCP-Kettenschwingungen behalten ihre Lagen bei (vas 815, vs 730 em-,). Die zwei starken Banden bei 1158 und 1213 cm-I werden der P= O-Valenzschwingung zugeordnet, obwohl diese normaler- weise zwischen 1250-1300 cm-l gefunden ~ i r d ~ , ) ~ l ) . Die als Y P(OH), be- zeichneten Frequenzen bei 1028 und 1006 cm-1 (vas) und 970, 919 cm-l (vs) liegen im Vergleich mit den Dihydrogenphosphaten 26) hoch. Diese Frequenz- versehiebungen der v P=O und v P(OH), lassen sich durch Abnahme des Doppelbindungscharakters der P= O-Bindungen und gleichzeitige Verstar- kung der P-O-Einfachbindungen infolge der Protonenlockerung durch die Wasserstoffbrucken erklaren, vgl. 36)42).

41) L. W. DAASCH u. D. C. SMITH, Analytic. Chem. 93, 853 (1951). 42) J. GOUBEAU, K. 0. CHRISTE, W. TESKE u. M7. WILBORN, Z. anorg. allg. Chem. 325,

26 (1963).

Page 11: Das Schwingungsspektrum der Methylendiphonsäure, ihrer Anionen und ihres Tetraäthylesters

166 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

Beobach

RAMAN in Losung

(H,O)

2962 (4) 2917 (8)

1380 (5)

1195 ( l b )

1083 ( l b )

965 (5b)

814 (1)

729 (lob)

500 (1)

439 (3 b) 265 (2b) 165 (1)

ingen Z U I I I

I R in Losung

(H,O)

HZO

2300 m, sb 1750 sch 1660 st

1382 s

1205 sst 1160 sch

1090 8 1020 sst

975 sch 928 st 860 s 815 st

775 s

555 88 505 m

435 m

Die sehr breiten

j c h w i n g u n

RAXAN fest

Tabelle 3

2965 (4) 2924 (10)

1376 (5)

1070 (10)

978 (10)

741 (10)

171 (7)

s spekt rum der Methylendi]

Infrarot im festen Zustand

2980 ni 2936 m 2830 st, sb

2330 st, sb

(1640 ss H,O 1560 ss 1370 s 1240 sch 1213 sst 1158 sst 1110 sst

1086 soh 1028 sst 1006 sch 970 st 919 st 848 m 818 st 800 sch 772 m

718 m, b

? 563 m 510 sst 489 ss 474 m 430 st, b

2981 m 2935 m 2170 st, sb

2040 st, sb 1727 m, b

1550 ss 1375 s 890 m

1216 sst 1173 sst 1112 m 836 m

1041 sst 1010 sch 979 m 927 st 615 m 812 m 575 s 774 m 735 9

720 s 527 m 692 s 412 st 499 sst

464 m 4'23 m

osphonsaure - HIVD -

1,35

1,35

1,39

nimr 1,33

1,38

1,39

1,37 ?

1,37

Zuordnung

vas CH, vs CH,

v OH ... 0

v OH ... 0

6 CH, 6 OH ... 0

v P=O

ab 6 OH ... 0

vas P(OH),

v,¶ P(OH)*

Vas PCP

e CH, us PCP

y OH ... 0 y OH ... 0

y OH ... 0 OD ... 0 OH ... 0

6 P(OH)2 6 P=O

y P=P

lbsorptionsbanden bei 2830 und 2330 cm-1 rucken bei der Deuterierung nach 2130 und 1730 cm-l, ahnlich wie bei den Dihydrogen- salzen und vielen anderen Verbindungen mit starken Wasserstoffbru~ken~~).

Nach THOMAS und C E ~ T T E K D E N ~ ~ ) hangt die kurzwelligere Bande mit der v OH- Schwingung in der Gruppierung

43) L. C. THOMAS u. R. A. CHITTENDES, J. opt. SOC. America 52, 829 (1962).

Page 12: Das Schwingungsspektrum der Methylendiphonsäure, ihrer Anionen und ihres Tetraäthylesters

E. STEGER u. J. R E H ~ ~ K , Schwingungsspektrum der Methylendiphosphonsaure 167

OH , O . . . . . . H-0

-p./ '\ ' 1 l - 0 - H . . .... O y p -

OH

zusammen. SCHWARZENBACH~~) nimmt auf Grund der gemessenen pK- Werte die Bildung intramolekularer Wasserstoffbriicken an.

Die Zuordnung der 6 OH.. . 0 wird sowohl durch ihre Verschiebungs- koeffizienten (1,39 und 1,33) als auch durch die Tatsache, daD inder einfacher gebauten selenigen Siiure 6 OH bei 1255 tlnd 1110 cm-l liegt2*), gestutzt.

Im Spektrum der deuterierten Methylendiphosphonsaure erscheinen neue, verhaltnismaDig breite Absorptionen bei 615, 575 und 527 cm-l, wohl als y-Hydroxyl. Diese Bedeutung konnte man auch der Frequenz bei 563 cm-1 im Ir-Spektrum der Methylendiphosphonsaure zuschreiben. Sie verschwindet bei der Deutierung, ist aber im Gegensatz zu den zuvor genann- ten und zu der 6 OH.. .O-Bande bei 568 cm-1 in der Tetrametaphosphim- saure verhaltnismal3ig scharf .

Ungeklart bleibt die Herkunft der Frequenz bei 692 om-l, die erst beim mehrmaligen Behandeln mit D,O beobachtet wird. Man konnt,e vermuten, daB auch der Methylenwasser- stoff ausgetauscht wird. Im Tetraathylester der Methylendiphosphonslure ist der saure Charakter der mittleren CH,-Gruppe durch die Salzbildung be~iesen~~)*S). Eine der CHD- bzw. CD,-Gruppe entsprechende Valenzschwingung ist aber nicht zu beobachten.

MethylendiphosphonsiLuretetraiLthylester Das IR-Spektrum des Tetraathylesters der Methylendiphosphonsaure

(5. Tab. 4) stimmt mit den friiheren Unters~chungenll)~~) gut iiberein. Die von uns tusatzlich gefundenen Frequenzen sind z. T. durch die bessere Auflosung des Infrarotspektralphotometers UR 10 bedingt.

Im RAMAN-Spektrum wurden 6 Linien gefunden, die zwischen 2726 bis 2982 cm-l liegen. An der Zugehorigkeit zu den Y CH kann man nicht zwei- feln, 3 oder 4 wurden im IR-Spektrum friiher registriert. Bei etwas grol3eren Konzentrationen findet man die iibrigen Banden.

Die Frequenz bei 2775 cm-l wird zwar in der Blauanregung durch eine Quecksilberlinie gestort (Hg 20154 em-l tauscht eine RAMAN-Frequenz bei 2784 cm-l vor), wird aber auch mit Hg k gefunden.

Eine niihere Zuordnung kann man bei den CH-Deformationsschwingun- gen treffen. Zum Vergleich wurden die Werte der Handbiicher 32) herange- zogen: 6 CH, = 1465-20~m-~, 6,, CH, = 1450-20 crn-l, 6, CH, = 1370 bis 1380 cm-l

**) G. M. KOSOLAPOFF, J. Amer. chem. SOC. 75, 1500 (1953). 45) E. STEGER, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 61. 1004 (1957).

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168 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

Nach unseren Erfahrungen liegen die Werte fur die an Phosphor gebun- dene CH,-Gruppe unterhalb von 1400 cm-l (in CICH, POCI, bei 1392 cm-l).

Mit der Zuordnung der Tabelle steht in Ubereinstimmung, da13 die Inten- sitat von 6 CH,(P) (im RAlcmN-Spektrum) beim Tetraathylester der Methy-

Tabelle 4

s a u r e T e t r a a t h y le s t e r d e r N e t h y 1 e n d i p 11 o s plio n -

IR-Spektrum kapillnr

[cm-l] 2987 st 2938 m 2912 ni 2875 sch

(2780 ss)

1483 s 1447 s 1396 s 1372 s 1310 sch

1260 sst

1190 1166 m 1100 s

1040 sst, b 974 sst 950 sch 833 sst 812 sch 765 ss 726 s

560 s 517 st 488 m kE5 s

(2745 ss)

RAMAN- Spektrum

[cm-I] 2976 (10 b) 2933 (10b) 2902 (8 b) I 2775 2874(6) (3) J 2726 (3) 1487 (4) 1456 (6b) 1394 (2) 1369 (2)

1288(6) 1 i 2 s s (6) J 1202 (0) 1161. (1) 1097 (8) 1070 (0) 1025 (2b) 961 (1) 944 (1)

I 809 (4b) 775 (4b) 720 (5) 696 (6)

512 (1) 476 (1) 423 (0) 326(1b) I 258(1b) J

559 (1) 1

I

Zuordnung

Y e POCC v3 POCC v; POCC Va8 P C P

v; POCC [ V 8 eCH2 P C P

verschiedene Deformations- schwingungen

lendiphosphonsaure ent- sprechend dem anderen Ver- haltnis zur Anzahl der Athylgruppen relativ zum Chlormethylphosphonsaure- esterlz) kleiner ist.

Die schwache nur im IR-Spektrum gefundene Schulter bei 1300 cm-I hangt wahrscheinlich mit der w CH,(O)-Schwingung zu- sammen. (In den n-Paraffi- nen liegt sie bei1305cm-1 46).)

Bei zahlreichen Untcr- such~ngen3~)4~) wurde fur die P= 0-Valenzschwingung der Bereich zwischen 1250 bis 1300 cm-1 ermittelt, vgl- auch BELL u. a. 4 7 ) 4 8 ) . Wir finden bei 1279 cm-l eine sehr starke IR-Bande und dazu zwei RAMAN-Linien bei 1255 und 1288 cm-l. Er- staunlich ist, da13 auch die in verschiedenen Losungs- mitteln aufgenommenen IR- Spektren uberhaupt keine Aufspaltung zeigen. Die RAMAN-Spektren der Pyre-

46) R. N. JONES u. C. SAN- DORFY, in: W. WEST, Chemical Application of Spectroskopy, New York 1956.

47) J. V. BELL, J. HEISLER, H. TANNENBAUM u. J. GOLDENSON, J. Amer. cheni. Soc.

48) F. A. COTTON, R. D. BARNES u. E. BAXISTER, J. chem. SOC. [London] 1960, 2199- 56, 5185 (1954).

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E. STEGER u. J. R E H ~ K , Schmingungsspektrum der Methylendiphosphonsaure 169

phosphorsa~reester~~) enthalten in diesem Bereich nur eine Frequenz bei 1290 cm-l.

In den Salzen der Methylendiphosphonsaure wurde zwischen 11 70 bis 1204 cm-l die wCH,-Schwingung gefunden. Moglicherweise kann auch die schwache Linie bei 1218 cm-l so erklart werden.

DAASCH und SMITH^^) fanden fur alle untersuchten khylester von Phos- phonsluren eine schwache IR-Bande bei 1160 cm-l, die sie als POC,H,-Ab- sorption charakterisieren. Wach &hRTIMER5G) handelt es sieh um Q CH,. Wir mussen also in diesem Sinne die von MOEDRITZER und I R A N I ~ ~ ) getroffene Zuordnung als v C-O(P) korrigieren. Die RAMAN-Frequenz ini Chlormethyl- phosphonsaureester bei 1126 cm-l wird zCH,(P) zugeordnet. (Im C1CH2POC1, liegt sie bei 1123 cm-l, in ClCH,-CH,Cl bei 1124 cm-ll0).)

Fur die P-0-P-Gruppierung (R = Alkyl) ist die Absorption nahe 1030 cm-l charakteristisch32)41). Sie kann nicht einer isolierten C-O(P)- Schwingung zugeschrieben w-erden, denn die einzelnen Massen und die Kraft- konstanten innerhalb der OCC-Kette sind ahnlich. Deshalb werden die zwi- schen 990-1100 cni-l liegenden Frequenzen als v POCC zusammengefaBt. Nicht ausgeschlossen ist, daB auch hier noch CH-Schwingungen anzutreffen sind. so z. B. wird die Frequenz bei 1100 cm-l von MORTIMER5') auch e CH, zugeordnet. BAuDLER~') diskutiert den Zusammenhang der Frequenz bei 1060 cm-l mit den CH-Schwingungen.

Unterhalb von 900 cm-l sind die Spektren recht bandenreich und ihre Deutung ist schwierig. Es sind aul3er den Y,, PCP bei 830 cm-l und vs PCP bei 720 cm-l noch weitere Schwingungen zu erwarten (v POCC, e CH,). Die Frequenzen zwischen 400-560 cm-l durften vorwiegend den Deformations- schwingungen der O-P-0-Winkel zugehoren.

Zusammenfassungen und T'ergleiche Soweit fur die Diphosphorsaure Ergebnisse vorliegen, also fur ihre neutra-

len Salze, ist weitgehende Analogie bezuglich der Frequenzlagen zu verzeich- nen. Die PO-Valenzschwingungen finden sich bei Methylendiphosphonaten nur um FZ 40 cm-1 niedriger (va, PO, infrarot K4P,0, : 1120 cm-l4), K4P,0,CH,: 1085 cm-l, v, Po,, RAMAN-Effekt K,P,O, 1018 cm-15), K,P20,CH,: 987 cm-l). Auch ohne Kenntnis der Kraftkonstanten darf man wohl eine gewisse Schwachung der PO-Bindungen infolge der Aufnahme der CH,-Gruppe unter die Bindungspartner des P-Atoms annehmen. Der Effekt

49) M. BAUDLER, Naturwissenschaften 43, 124 (1956). 6 0 ) F. S. MORTIMER, Spectrochim. Aota [London] 9, 270 (1957).

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170 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

ist an mehreren Beispielen (PO(NH,), 51), XPO,-Ani~nen~~) [PS(NH,),0]-53) bemerkt und gemlil3 denResultaten quantenmechanischer R e ~ h n u n g e n ~ ~ - ~ ~ ) gedeutet worden.

Nach SIEBERT~~) wird allgemein die Bindung eines elektropositiven Elements mit einem elektronegativen geschwlcht, wenn es unter den EinfluB eines weniger elektronegativen gelangt .

Der Vergleich Diphosphat-Methylendiphosphonat 1aSb aber auch die fur die Spektren des ersteren eigentumlichen Entartungen in neuem Licht erscheinen.

Es sollten ja, da man fur ein starres Ion P,O:- die Symmetrie C,, bestenfalls annehmen kann, die fur die isoliert gedachte PO,-Gruppe entarteten antisymmetrischen Valenzschwin- gungen aufspalten und durch Kopplung der beiden Gruppen verdoppelt werden, so daB unter Berucksichtigung der Auswahlregeln im RAxm-Effekt 4 Frequenzen und in Infrarot- absorption 3 von diesen gefunden werden sollten. Zwei symmetrische Valenzschwingungen sind in beiden Effekten zu erwarten. In bezug auf diese letzteren sind gegeniiber den Di- phosphaten die Ergebnisse von den Methylendiphosphonaten vollstandig und fur die anti- symmetrischen Schwingungen wenigstens etwas reichhaltiger.

Sicher koppeln die vg PO, zwischen den 2 Gruppen starker, weil dabei die P-Atome in den POP-Valenzrichtungen schwingen (symmetrisch, bzw. antisymmetrisch). Bei den va8 PO3 erfolgen die Bewegungen dieser Atome senkrecht zu jenen Bindungen und koppeln deshalb weniger, so daB bei vaS PO, nur gerade die Entartungsaufspaltungen beobachtet werden.

BUES B) glaubte beim kristallisierten Na,P,O, die nach der Symmetrie C,, zu erwarten- den samtlichen va8 PO, zu sehen, das konnen aber ebensogut Korrelationsaufspltungen infolge des Zusammenwirkens mehrerer Anionen in der Elementarzelle sein; denn je nach dem vorliegenden Salz ist die Form der betreffenden Absorptionen bei festen Methylen- diphosphonaten verschieden. Eine Kopplung in dem System -P-0 . . . Me. . . 0-P, in dem das O-Atom hauptsachlich in Bewegung ist, kann man sich durchaus starker als eine durch das Molekul hindurch erfolgende (0-P-0-P-0) vorstellen. Zu dieses Frage muBten Untersuchungen an in Mischkristallen isolierten Anionen durchgefuhrt werden.

Offenbleibende Probleme, auch im Zusammenhang mit verwandten Ver- bindungen, bieten die Absorptionen der Wasserstoffbriickensysteme dm sauren Salze und der freien Saure. Im Bereich zwischen 1600 und 2800 cm-l

5l) E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 310, 114 (1961). 52) K. MARTIN, Dissertation Dresden 1964. 53) J. FREI, Dissertation Dresden 1965. s) D. P. CRAIU, A. MCCOLL, R. S. NYHoLnf, L. E. ORGEL u. L. E. SUTTOK, J. chem.

5 5 ) D. P. CRAIG u. E. A. MAGNUSSON, J. chem. SOC. [London] 1956, 4895. 5 6 ) C. CARTER, Proc. physic. SOC., Sect. B, 69, 1297 (1956) 57) H. SIERERT, Colloquiumsvortrag Dresden 18. 6. 1964.

SOC. [London] 364, 332 (1954).

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E. STEGER u. J. fi E H ~ K , Schwingungsspektrum der Methylendiphosphonsaure 171

konnen entweder die Absorptionen besonders kurzer Briicken oder die Ober- schwingungen der Def ormationen liegen 33) 37) *) .

Die letzteren erhalten durch die Nachbarschaft der ersteren hohe Ab- sorptionsintensitaten. Eine Unterscheidung beider halten wir an Hand der Verschiebungen bei tiefen Temperaturen fur moglich. Weniger kann ausge- sagt werden uber die bei so kleinen Wellenzahlen wie 580 cm-l oder 560 cm-1 gefundenen Wasserstoffbruckenabsorptionen. Zubdiesen waren Untersuchun- gen an Verbindungen mit in diesem Bereich bandenarmeren Spektren und bekannten Kristallstrukturen notwendig.

*) Auch fur die NH . . . N/O-Brucken der Tetrametaphosphimate drangt sich im Gegensatz zur friiher versuchten Deutung3@)58) die Vorstellung von der Mitwirkung der Deformations-Oberschwingungen auf. Die 2 Absorptionen w 2745 und 2650 cm-l werden gerade bei den 3 Kristallmodifikationen von Na,[(PO,NH),] gefunden, bei denen mit 1388 und 1345 cm-1 die 6 N H . . . N doppelt sind, wlihrend die vierte Modifikation statt dessen die einzelnen Absorptionen von 2637 cn-1 als Oberschwingung und 1342 cm-1 als 6 NH.. . H aufweist.

58) E. STEGER u. K. LUNKWITZ, Z. anorg. allg. Chem. 315, 262, 272 (1961).

Dresden, Institut fur Spezielle analytische Chemie der Technischen Universitat .

Bei der Redaktion eingegangen am 28. Juli 1964.