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Monatshefte fiir Chemie 106, t085--1090 (1975) by Springer-Verlag 1975 Das Schwingungsspektrum yon Pb~V207* Von Enrielue J. Baran, Jos6 C. Pedregosa und Pedro J. Aymonino Aus der C~tedra de Qulmiea Inorg~tnica, Faeultad do Ciencias Exactas; Universidad Nacional do La Plata, La Plata, Argontinien Mit 2 Abbildungen (Eingegangen am 10. Mai 1975) The Vibrational Spectrum o] Pb2V207 The infrared and laser-Raman spectra of crystalline Pb2V207 are reported and discussed with the aid of a "Site Symmetry"- anMysis. In der vorangehenden Mitteilung dieser Reihe 1 haben wir die Sch~dn- gungsspektren yon Bleiorthovanadat, Pbs(V04)2, un4 einigen Blei- vanadaten mit Apatitstruktur untersucht. In der vorliegenden Abhand- lung wo]len wir die Ergebnisse unserer spektroskopischen Untersuchung des verwandten Divanadats, Pb2V207, mitteilen. Znr Kristallstruktur yon Pb2V207 Natiirliches Blei(ll)-divanadat, ein unter dem Namen Chervetit bekanntes Mineral, kommt spnrenhaft in gewissen Uranerzen in Gabun vor 2. Gitterkonstanten wurden yon mehreren Antoren angegeben~-a; eine komplette Strukturanalyse hat erstmals Kawahara 5 durchgefiihrt; die Verfeinerung derselben wurde kiirzlich yon Shanon nnd Calvos an Hand einer synthetischen Probe unternommen. Die Kristalle sind monoklin (a = 13,3689 A, b = 7,1607 A, c = 7,1027 _~, ~ = 105,935 ~ und geh6ren der Raumgruppe P 21/a an; die Elementarzelle enth/~]~ vier PbzV2OT-Formeleinheiten. Die Strnktnr tier Verbindung ist yore sogenannten ,,Dichromat-Typ" (vgl. z. B. 7), die endst/tndigen VOs-Gruppen sind praktisch eklipsiert, der V--O--V- Briickenwinkel betrs 122 ~ * 14. Mitteilung der Reihe ,,Orthovanadate und verwandte Verbindun- gen"; 13. Mitt.: E. J. Baran, I. L. Botto und P. J. Aymonino, Z. anorg. allg. Chem., im Druck, 12. Mitt.: E. J. Baran, Mh. Chem. 106, 1 (1975).

Das Schwingungsspektrum von Pb2V2O7

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Monatshefte fiir Chemie 106, t085--1090 (1975)

�9 by Springer-Verlag 1975

Das Schwingungsspektrum yon Pb~V207* Von

Enrielue J. Baran, Jos6 C. Pedregosa und Pedro J. Aymonino Aus der C~tedra de Qulmiea Inorg~tnica, Faeultad do Ciencias Exactas;

Universidad Nacional do La Plata, La Plata, Argontinien

Mit 2 Abbildungen

(Eingegangen am 10. Mai 1975)

The Vibrational Spectrum o] Pb2V207

The infrared and laser-Raman spectra of crystalline Pb2V207 are reported and discussed with the aid of a "Site Symmetry"- anMysis.

In der vorangehenden Mitteilung dieser Reihe 1 haben wir die Sch~dn- gungsspektren yon Bleiorthovanadat, Pbs(V04)2, un4 einigen Blei- vanadaten mit Apat i ts t ruktur untersucht. In der vorliegenden Abhand- lung wo]len wir die Ergebnisse unserer spektroskopischen Untersuchung des verwandten Divanadats, Pb2V207, mitteilen.

Znr Kristallstruktur yon Pb2V207

Natiirliches Blei(ll)-divanadat, ein unter dem Namen Chervetit

bekanntes Mineral, kommt spnrenhaft in gewissen Uranerzen in Gabun

vor 2. Gitterkonstanten wurden yon mehreren Antoren angegeben~-a;

eine komplet te Strukturanalyse hat erstmals Kawahara 5 durchgefiihrt; die Verfeinerung derselben wurde kiirzlich yon Shanon nnd Calvos an

Hand einer synthetischen Probe unternommen. Die Kristalle sind monoklin (a = 13,3689 A, b = 7,1607 A,

c = 7,1027 _~, ~ = 105,935 ~ und geh6ren der Raumgruppe P 21/a an; die Elementarzelle enth/~]~ vier PbzV2OT-Formeleinheiten. Die Strnktnr tier Verbindung ist yore sogenannten , ,Dichromat-Typ" (vgl. z. B. 7), die endst/tndigen VOs-Gruppen sind praktisch eklipsiert, der V - - O - - V - Briickenwinkel betrs 122 ~

* 14. Mitteilung der Reihe ,,Orthovanadate und verwandte Verbindun- gen"; 13. Mitt.: E. J. Baran, I. L. Botto und P. J. Aymonino, Z. anorg. allg. Chem., im Druck, 12. Mitt.: E. J. Baran, Mh. Chem. 106, 1 (1975).

1086 E . J . B~ran u. a. :

S c h w i n g u n g s s p e k t r u m v o a Pb2V207

Abb. 1 zeigt das gemessene II~-Spektrum im Bereich zwischen 1000 uad 250 cm -1. D~s eatsprechende l ~ m a m S p e k t r u m ist Abb. 2 zu ent- aehmeI~. Beide Spektren sind ziemlich einf~ch, so dul3 es im Prinzip

T

I f I J I f I 800 600 400 [cm_~]

A b b . 1. I n f r a r o t s p e k t r u m v o n Pb2V207

I I ~ i i I I I 800 600 400 [cm-1

Abb. 2. R~manspektrum yon Pb2V207

mSglich erscheint, eine Deutung ~n H~nd der , ,Site-Symmetry"-Regeln zu unternehmen.

Obwoh], wie oben gesagt, im Kristall pr~ktisch eklipsierte V03- Gruppen vorliegeit (d. h. V2074--Gruppen mit ann~hernder C2~-Symme- trie), ist die reelle Symmetrie der V2074--Gruppen im Gitter jedoch nur C1-

Unter C1-Symmetrie gehSren alle 21 innerert Sehwingungen des V2074--Ions der l%~sse A un (vgl. z. B. s, 9) und sie sind ~lle sowohl IR- wie auch Rsman-~ktiv. Die Anzahl tier erw~rteten Banden, die den

Das Schwingungsspekt,rum yon Pb2V207 1087

Tabelle 1. Zusammenstellung der erwarteten IR- und Raman-Banden ira Schwingungsspektrum yon Pb2V207

Bandenanzahl Schwingung I R Raman

Vas (VOa) 4 4 Vs (VOa) 2 2 v~ (VOV) 1 1 vs (VOV) 1 1 a (VOV) * 1 8as (VOa) 4 4 'Os (VOa) 2 2 , ,Rocking" 4: 4 Torsion 2 2

Tabelle 2. In/tarot und Ramanspektrum (Bandenlagen in cm -1) von Pb2V207

I R Raman Zuordnung

883 Sch~ 874 842 Sch 837 [

820 J 773 698 58O 388 Sch 375 35O 338 Sch 335 Sch 327 Sch

(Sch = Schultcr)

875 Vs (VOs)

820 ~ (VOa) 750 (?) 8ch

675 Vas (VOV) 575 Vs (VOV)

I ! ~as und 8s (VOa)

320[ + p (O/VOa) + v 257[ 230 t78 170]

versohiedenen 8chwingu~gen zuzuschreibe~ silld, k a n n man Tab. 1 en tnehmen. Die genaue Lage der gemessenen I R - und t~aman-Banden und die getroffene Zuordnung des Sch~qngungsspekt rums gehen aus Tab. 2 hervor .

1088 E.J. Baran u. a. :

Ein Vergleich beider Tabellen zeigt, dal3 im Bereich tier Valenz- schwingungen der endst~ndigen VO3-Gruppen das IR-Spektrum alle sechs erwarteten Banden zeigt, wghrend im Raman-Spektrum eine geringere Bandenanzahl auftritt. Wahrscheinlich fallen bier, wie so oft bei Festk~rperspektren, mehrere der erwarteten Komponenten einer Bande zusammen oder ihre Frequenzunterschiede sind so gering, daI~ sie nicht v~llig aufgel~st werden. Dazu ist anderseits auch noch zu erwarten, da$ die ,as(VO3)-Schwingungskomponenten im t~aman- effekt geringere Intensit~t als im I1~ aufweisen, und somit ist es mSglich, da$ einige der erwarteten Komponellten in diesem Bereich nicht genug Intensit/s erreichen, urn sichtbar zu werden.

Die relative Lage entspreche~der Raman- und IR-Banden ist auch ziemlich ~hnlich. Diese Tatsache, zusammen mit der Einfachheit der Spektren, ist als Beweis fiir das Fehlen yon starken Korrelationsfeld- effekten (,,factor group splitting") zu betrachten (vgl. z. B. i0).

Die ,s(VOa)-Valenzschwingung liegt, wie erwartet, beim Pb2V207 bei niedrigerer Energie als die entsprechenden Banden bei Sr2V207 und Ba2V207 il-i8. Diese Verschiebung kann man sicherlich in Zusammen- hung mit dem Einflu$ der verschiedenen Kationen bringen (vgl. hierzu z. B. l, 14-17), obwohl hier offenbar auch noch andere Effekte mitwirken (z. B. die verschiedenen Kristallstrukturen der drei betrachteten Ver- bindungen). Im Bereich der ~as(VO3)-Valenzschwingungen zeigen sowohl Sr2V207 als auch Ba2V207 ein merklich komplizierteres Spektrum mit einer viel grSlteren Bandenanzahl; der Mittelwert dieser Banden liegt aber bei beiden Verbindungen dem Pb2V2OT-Wert sehr nahe la.

Im Falle der beiden Briickenvalenzschwingungen stimmt die gefun- dene Bandenanzahl sowohl im IR- wie auch im l~aman-Spektrum mit den Erwartungen fiberein. Nut tier ziemlich grotte Unterschied tier Ii~- und Raman-Werte im Falle der antisymmetrischen Valenzschwingung ist nicht einfach zu erkl~ren. Die Deformationsschwingung der Briicke liegt wahrscheinlich, wie auch in anderen F/~llen vermutet% is unter 200 cm -1 (vgl. auch Untersuchungen an Dichromaten 19, 20).

Im Bereich unter 400 cm -1 ist eine eindeutige Zuordnung ziemlich schwierig, besonders well hier nicht nut die beiden VO3-Deformations- schwingungen auftreten, sondern auch die Komponenten der O'--VOs- ,,l~ocking"-Schwingung zu erwarten sind. Auch Torsionsschwingungen kSnnten in der unteren Grenze der gemessenen Spektren noch auftreten. Eine n~here Zuordnung der Banden in diesem Bereich ist also, ohne zus~tzliche experimentelle I)aten, als sinnlos zu bezeichnen.

AbschlieSend ist noch ein kurzer Vergleich mit dem verwandten Orthovanadat, Bbs(VO4)2, yon Interesse. Wie erwartet, liegen die Valenzschwingungen der endst/~ndigen VOa-Gruppen bei h~herer Fre- quenz als die entsprechenden Banden im tetraedrischen Oxoanion; diese

Das Schwingungsspektrum yon Pb2V207 1089

Tatsache lggt sich, geaau wie bereits friiher bei ghnliehen Fal len (vgl.

z. B. 2~, 2~) gezeigt wurde, ganz einfaeh erkl~ren, wenn m a n bedenkt ,

dal~ sich im tetraedrischen VO4S--Ion die rc-Bindungen tiber die vier

Sauerstoffatome erstrecken miissen, wghrend sie sich beim V2074- hauptsSchlich fiber die drei endst / indigen Sanerstoffatome verteilen.

Experimenteller Tell

I - I e r s t e l l u n g der P r o b e n

Das untersuehte PbeV~O7 wurde dureh Festk6rperreaktion eines st6ehiometrisehen Oxid-Gemisehes (2 PbO + V2Oa) erhalgen. Die feinge- pulverten und gut gemisehten Oxide wurden 7 Stdn. im Pt-Tiegel bei 900 ~ in einem Muffelofen, an der Luft, gegltiht. Dabei sehmilzt das Pro- dukt, welches naeh langsamer Abkiihlung aus dem Tiegel entfernt und gemahlen wurde. Die Reinheit der Proben wurde analytiseh und r6ntgeno- graphiseh best/itigt.

Interessant ist noch zu erw/ihnen, dal3 man Pb2V207 aueh aus L6sung sehr einfaeh gewinnen kann, indem man eine Na4V~OT-L6sung mit der bet. Menge Bleinitrat versetzt. Dabei entsteh~ sofort ein reichlieher, volu- minSser gelblicher Niedersehlag, der sich leicht mittels einer G3-Fri t te abfiltrieren 1/il3t 2a. Naeh mehrmaligem Auswaschen mit kaltem H20 und 24stdg. Troeknung bei 80 ~ im Trockensehrank zeigten die so erhaltenen Proben das gleiche IR-Spektrum wie die Proben, welehe dutch Festk6rper- reaktion erhalten wurdeu. Die Pulverdiagramme beider Proben zeigten jedoeh einige Untersehiede: obwohI die Lage aller ihrer Linien dieselbe isg, diffcrieren ihre relativen Intensit&ten ziemlich stark. Erhitzt man jedoch die aus L6sung erhaltencn Proben etwa 30 Min. auf 600 ~ so verschwindet aueh dieser Untersehied, und aueh die beiden Pulverdiagramme werden identiseh. Dieses Verhalten ist wahrseheinlieh auf Kristallinit/~tsunterschiede zuriiekzufiihren, welche durch das Erhitzen verschwinden.

M e s s u n g de r S p e k t r e n

Die Ii~-Spektren wurden an KBr-Prel]lingen der Festk6rper nn t einem Perkin Elmer 457-Spektralphotometer gemessen. Alle Ergebnisse wurden an Nujolsuspensionen der Kristallpulver best~tigt. Die Ramanspektren wurden mit einem Gerg~ der Fa. Coderg (Modell PttO) unter Anwendung der 647 !-Linie eines Kr-Lasers der Fa. Spectra Physics vermessen.

Diese A~-beit wurde mit, UntersLfi~zung des ,,Consejo Naeional de In- vestigaeiones Cientificas y Tdenicas de la Repfiblica Argentina" und der ,,Alexander yon Humboldt"-St i f tung (Bonn-Bad Godesberg, BI%D) durch- gefiihrt.

Literatur

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Korrespondenz und Sonderdrucke: Prof. Dr. E . J . B a r a n Facul tad de Ciencias Exactas Calle 47 esq. 115 L a Pla ta Argen t in ien