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WIR SCHAFFEN TRANSPARENZ.
| alle Recht vorbehalten
Das Sondergutachten zur regionalen Verteilungswirkung
aus geowissenschaftlicher und statistischer Perspektive
Danny Wende, M.Sc. | EsFoMed Symposium: Morbi-RSA und Wettbewerb in der GKV 2018 | 28. November 2018
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1. Hintergrund
2. Kennzahlendiskussion
1. Regionales MAPE vs. Moran‘s I
2. Alternativen aus 50 Jahren Literatur zur räumlichen Statistik
3. Variablenselektion als räumliches oder sozioökonomisches Ausgleichsmodell?
1. Einflussvariablen auf Kosten, Morbidität und Deckungsquoten
2. Ein lineares Modell für Deckungsquoten als räumliches Ausgleichsmodell?
3. Variablenselektion: Empirische Annahmen und Fallstricke
4. Den richtigen Blick auf das Problem finden
5. Fazit – Was ist ein Regionalausgleich!
Inhaltsverzeichnis
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Der wissenschaftliche Beirat stellt erhebliche regionale Kostenunterschiede fest (Drösler et al. 2017, 2018).
Hintergrund
Drösler et. al.(2017)
▪ Auf Kassenebene gibt es keinen Zusammenhang zwischen Morbiditätslast und Deckungsquoten.
▪ Es gibt keine Belege für manipulierte RSA-Kodierung.
▪ Die vollständige Abbildung der Morbidität erhöht die
Zuweisungsgenauigkeit.
▪ Die Berücksichtigung der Interaktion von Alter, Geschlecht und
Multimorbidität ist sinnvoll.
▪ Es gibt erhebliche regionale Deckungsunterschiede.
Drösler et. al.(2018)
▪ Morans‘ I ist keine geeignete Kennzahl zur Messung regionaler
Selektionsanreizen.
▪ RSA-Morbiditätsmerkmale senken die regionalen Verwerfungen deutlich
(60%), weitere Morbiditätsmerkmale haben kaum Einfluss.
▪ Die wichtigsten Einflüsse sind Morbiditäts-, Mortalitäts- und
Angebotsvariablen
▪ „Regionalstatistische“ Merkmale im Direktmodell sind zu bevorzugen.
Ergebnisse der Forschung
Krankheitsspektrum
• Nicht ausgleichsfähige Erkrankungen mit prospektiven Kosten bergen ein hohes Risiko in Regionen mit überproportionalem Anteil Erkrankter.
• Benachteiligung von Erkrankungen, die häufiger in jüngeren Altersgruppen auftreten, da ältere Menschen morbider sind und deren Krankheitsspektrum eher das Schwellenwertkriterium erfüllt.
Unberücksichtigte Struktur- & Interaktionseffekte
• Strukturelle Unterschiede zwischen Regionen bzgl. Alters- und Morbiditätsgruppen / Komorbiditäten.
• Junge Multimorbide sind unterdeckt, während alte Multimorbide im Schnitt überdeckt sind.
• Ausgaben Verstorbener.
Kodierunterschiede und Manipulation?
• Aufgriff über ambulante Diagnosen, unklare Validität von Dauerdiagnosen, Kodierqualität.
Potentielle Verwerfungen im aktuellen System
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Hintergrund
13,6
13,8
14
14,2
14,4
14,6
14,8
15
15,2
15,4
15,6
15,8
0,97 0,98 0,99 1 1,01 1,02 1,03
Eff
ekti
ve B
eitr
äge
in %
(2
01
6)
Regionale Deckungsquoten
AOK
BKK
Linear (AOK)
Linear (BKK)
• Kassen mit regionalem Vorteil können diesen in einen Wettbewerbsvorteil durch bessere Beiträge überführen.
• Insbesondere kleine BKKen sind durch ihre geographische Lage betroffen.
Drösler et al. (2018), S. 72
Regionale Risiken führen zur einer Spreizung im Markt der Krankenkassen.
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1. Hintergrund
2. Kennzahlendiskussion
1. Regionales MAPE vs. Moran‘s I
2. Alternativen aus 50 Jahren Literatur zur räumlichen Statistik
3. Variablenselektion als räumliches oder sozioökonomisches Ausgleichsmodell?
1. Einflussvariablen auf Kosten, Morbidität und Deckungsquoten: Erkenntnisse aus Theorie, Empirie und Praxis
2. Ein lineares Modell für Deckungsquoten als räumliches Ausgleichsmodell?
3. Variablenselektion: Empirische Annahmen und Fallstricke
4. Das GWR-Modell oder die Angst vor dem Unbekannten
5. Fazit – Was ist ein Regionalausgleich!
Inhaltsverzeichnis
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„Je höher die Zielgenauigkeit der Zuweisungen auf Individualebene, nach Versichertengruppen und auf Krankenkassen-ebene, desto geringer sind – unter sonst gleichen Umständen – die verbleibenden Krankheitsrisiko-bedingten Wettbewerbsverzerrungen.“ (Drösler et al. 2017)
Die regionalen „Umstände“ können über Kennzahlen abgebildet
werden. Die bisherigen Vorschläge sind (nach dem Zeitpunkt der
ersten Nennung):
1. regionale Deckungsquoten / Deckungsbeiträge für Kreise /
Gemeindeverbände (Drösler et al., 2011, 2017, 2018)
2. Moran‘s I auf Versichertenebene zeitgleich (Wende, 2016,
2017) / prospektiv (Wende und Weinhold, 2016)
3. Lagrange Multiplikatortest auf räumliche Fehler und
räumliche Verzögerung (Wende und Weinhold, 2016)
4. Moran‘s I auf Kreisebene (Drösler et al., 2018)
5. regionales (gewichtetes) MAPE (Drösler et al., 2018)
Kennzahlendiskussion
Differenzierung der Kennzahlen:
1. Berechnung erfolgt auf Individualebene (2, 3) oder auf
Regionalebene (1, 4, 5)
2. Kennzahl zielt auf Niveauunterschiede von Deckungsbeiträgen
(1, 4, 5) oder auf räumliche Verteilung von
Deckungsbeitragsunterschieden (2, 4) oder auf beides (3)
3. Für die Kennzahl gibt es eine konkrete Modellannahme (3) oder die
Kennzahl ist primär deskriptiv (1,2 ,4, 5)
4. Ein Test über die Kennzahl ist parametrisch (3, 4) oder nicht
parametrisch (1, 2, 5)
Die räumlichen Kennzahlen sind weder voneinander noch gegenüber den Individualkennzahlen unabhängig.
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1
𝑅
𝑟=1
𝑅σ𝑖∈𝑟 𝐿𝐴𝑖 − σ𝑖∈𝑟
𝐿𝐴𝑖σ𝑖∈𝑟 𝑉𝑇𝑖366
Regionales MAPE vs. Moran‘s I
Moran‘s I (wiss. Beirat) Moran‘s I (Wende, 2017)
▪ Mittel des absoluten Deckungsbeitrags
einer Regionaleinteilung (z.B. Kreise)
▪ Berechnung orientiert am MAPE
▪ Ziel: anekdotisch
› hohes r. MAPE <-> hohe regionale
Verwerfung
› niedriges r. MAPE <-> fehlende
Kostensteuerungsanreize
Regionales MAPE (absolut)
𝑅
σ𝑟σ𝑠𝑤𝑟𝑠∗
σ𝑟σ𝑠𝑤𝑟𝑠σ𝑖∈𝑟 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖
σ𝑖∈𝑟𝑉𝑇𝑖∗
σ𝑗∈𝑠 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑗σ𝑗∈𝑠𝑉𝑇𝑗
σ𝑟σ𝑖∈𝑟 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖
σ𝑖∈𝑟𝑉𝑇𝑖
2
▪ Korrelation benachbarter bzw.
geographisch naher Regionen (z.B. Kreise)
▪ Berechnung orientiert an Moran (1950) –
regionale Deckungsbeiträge als
Zufallsvariable
▪ Ziel: standardisierter Wert kleiner t-Wert
› hohes MI <-> regionale Cluster oder
niedrige Varianz?
› niedriges MI <-> regionale
Durchmischung oder hohe Varianz?
𝑁
σ𝑖σ𝑗𝑤𝑖𝑗∗σ𝑟σ𝑠𝑤𝑟𝑠 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖 ∗ 𝐿𝐴𝑗 − 𝐿𝐴𝑗
σ𝑖 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖2
▪ Korrelation geographisch naher
Versicherter
▪ Orientiert an Cliff und Ord (1969, 1981) –
individuelle Deckungsbeiträge als regional
geclusterte Regressionsfehler
▪ Ziel: MI kleiner als Zufallswert
› hohes MI bei gleichem R2 <->
regionale Cluster
› niedrige MI bei gleichem R2 <->
regionale Durchmischung
Konvention: 𝑖, 𝑗 – Versicherter / 𝑟, 𝑠 - Region / 𝐿𝐴 – Leistungsausgaben / 𝐿𝐴 – Zuweisungen
Die Unterscheidung der Betrachtungsebene und des Kontextes ist wichtig für die Interpretation der Kennzahl
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Regionales MAPE vs. Moran‘s I
Moran‘s I (Wende, 2017)
𝑁
σ𝑖σ𝑗𝑤𝑖𝑗∗σ𝑟σ𝑠𝑤𝑟𝑠 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖 ∗ 𝐿𝐴𝑗 − 𝐿𝐴𝑗
σ𝑖 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖2
Konvention: 𝑖, 𝑗 – Versicherter / 𝑟, 𝑠 - Region / 𝐿𝐴 – Leistungsausgaben / 𝐿𝐴 – Zuweisungen
Ein sinkendes Moran‘s I bei gleichem R2 heißt höhere regionale Vielfalt
Erweiterung um die Varianz der Leistungsausgaben
𝑁
σ𝑖σ𝑗𝑤𝑖𝑗∗σ𝑟σ𝑠𝑤𝑟𝑠 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖 ∗ 𝐿𝐴𝑗 − 𝐿𝐴𝑗
σ𝑖 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖2
=𝑁
σ𝑖σ𝑗𝑤𝑖𝑗 σ𝑖 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖2 ∗
σ𝑟σ𝑠𝑤𝑟𝑠 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖 ∗ 𝐿𝐴𝑗 − 𝐿𝐴𝑗
σ𝑖 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖2
σ𝑖 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖2
=1
𝜎𝐿𝐴2 ∗
1
σ𝑖σ𝑗𝑤𝑖𝑗∗σ𝑟σ𝑠𝑤𝑟𝑠 𝐿𝐴𝑖 − 𝐿𝐴𝑖 ∗ 𝐿𝐴𝑗 − 𝐿𝐴𝑗
1 − 𝑅2
▪ Korrelation geographisch naher
Versicherter
▪ Orientiert an Cliff und Ord (1969, 1981) –
individuelle Deckungsbeiträge als regional
geclusterte Regressionsfehler
▪ Ziel: MI kleiner als Zufallswert
› hohes MI bei gleichem R2 <->
regionale Cluster
› niedrige MI bei gleichem R2 <->
regionale Durchmischung
▪ Wenn sich ausschließlich die Anpassungsgüte verbessert (𝑅2 steigt), dann
verschlechtert sich das MI (steigt), weil Region ein unter gleichen Bedingungen
besseres Selektionskriterium wird.
▪ Eine Verbesserung des MI (sinken) bei gleichzeitiger Verbesserung oder
Konstanz des 𝑅2 ist eine Verbesserung der regionalen Anpassung des RSA.
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Regionales MAPE vs. Moran‘s I
Regionales MAPE und Moran‘s I sind hinreichende Kriterien für regionale Risikoselektionsanreize und ergänzen sich!
▪ Ein niedriges r. MAPE zeigt eine Situation an, in der es sich
finanziell nicht lohnt, Risikoselektion zu betreiben.
▪ Berechnung des Indikators ist einfach.
▪ Die Interpretation ist intuitiv.
Regionales MAPE Moran‘s I (Wende,2017)
Vo
rtei
leN
ach
teile
▪ Das r. MAPE hängt vom regionalen Zuschnitt ab (z.B. Ost /
West Berlin) und trotz niedrigem Wert kann es
Regionalstrukturen geben.
▪ Das r. MAPE trifft keine Aussage über die räumliche Lage der
Unterschiede. Ein einzelner zufälliger Ausreißer mag zur
Selektion nichts taugen, aber erhöht das r. MAPE.
▪ Es gibt keinen Zielwert.
▪ Ein niedriges Moran‘s I zeigt eine Situation an, in der es ein
nur zufälliges regionales Muster (keine Cluster) gibt, das sich
nicht zur Selektion eignet.
▪ Moran‘s I ist unabhängig von administrativen Grenzen und
damit Gebietsreformen und erkennt tiefer liegende
Strukturen.
▪ Morans‘ I hat einen klar definierten Zielwert.
▪ Das Moran‘s I trifft keine Aussagen über die finanziellen
Strukturunterschiede (ob sich Selektion lohnt).
▪ Es muss definiert werden was, der „Abstand“ eines
Versicherten sein soll (aber damit Transparent).
▪ Es ist schwieriger zu interpretieren.
Vo
rtei
leN
ach
teile
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Es ist ein Fehler zu wenige Kennzahlenarten zu betrachten, denn “… no single measure-of-fit is best across situations” (van Veen et al., 2015).
Alternativen aus 50 Jahren Literatur zur räumlichen Statistik
A A A
A
B B B
B
MAPE: 1
reg. MAPE: 0
reg. Varianz: 0
Moran‘s I: -1
Überanpassung?
MAPE: 1
reg. MAPE: 2
reg. Varianz: 4
Moran‘s I: 0
reg. MAPE zu hoch?
Versicherte+ / - 1 Euro
MAPE: 1
reg. MAPE: 0
reg. Varianz: 0
Moran‘s I: 0,857
Moran‘s I zu hoch
MAPE: 1
reg. MAPE: 32
reg. Varianz: 1024
Moran‘s I: 0,857
eindeutig
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1. Hintergrund
2. Kennzahlendiskussion
1. Regionales MAPE vs. Moran‘s I
2. Alternativen aus 50 Jahren Literatur zur räumlichen Statistik
3. Variablenselektion als räumliches oder sozioökonomisches Ausgleichsmodell?
1. Einflussvariablen auf Kosten, Morbidität und Deckungsquoten: Erkenntnisse aus Theorie, Empirie und Praxis
2. Ein lineares Modell für Deckungsquoten als räumliches Ausgleichsmodell?
3. Variablenselektion: Empirische Annahmen und Fallstricke
4. Das GWR-Modell oder die Angst vor dem Unbekannten
5. Fazit – Was ist ein Regionalausgleich!
Inhaltsverzeichnis
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Gründe für regionale Deckungsunterschiede sind vielfältig und gut untersucht.
Die Theorie hinter den Deckungsunterschieden kann aus der Gesundheitsökonomie abgeleitet werden, u.a. von:
▪ Grossman (1972): Menschen betrachten Gesundheit als Investitions- und als Konsumgut, d.h. mehr Gesundheit heißt ein besseres Leben und mehr
Einkommen heute und in der Zukunft. Aber Gesundheitsinvestitionen heißt gleichzeitig weniger Konsum heute.
Lohn / Einkommen erhöht den Anreiz zur Investition.
Bildung erhöht die Effizienz von Gesundheitsinvestitionen aber auch die Nachfrage nach diesen.
Der Soziale Status framed die Haltung gegenüber Gesundheit, Investitionen und Nachfrage.
▪ Andersen (1995): Eingebettet in seine Umgebung realisiert ein Patient nur die für ihn erfahrbaren Gesundheitsinvestitionen.
Nur der subjektive Bedarf (objektiver Bedarf, Wissen, Akzeptanz, Präferenzen – kann induziert werden) führt zu elektiver Inanspruchnahme.
Monetäre und nicht-monetäre Verfügbarkeitsunterschiede beeinflussen die Versorgung.
▪ Skinner (2012): Angebot und Nachfrage finden in Interaktion statt.
Auch die Nachfrage induziert das Angebot.
Die Umgebung (Lohn – Privatpatienten, Attraktivität des Ortes, Netzwerke, Familie, Ausbildungsstätte) entscheidet über Niederlassungen.
▪ Breyer, Zweifel und Kifmann (2004): Zustandsabhängigkeit der Gesundheitsnachfrage
Die Wahl zwischen Prävention und Nachfrage hängt davon ab, in welchem Zustand sich ein Patient befindet. Kranke machen weniger
Prävention.
Einflussvariablen auf Kosten, Morbidität und Deckungsquoten
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Finally, a methodological shortcoming for most of this literature … is the lack of accounting for spatial autocorrelation across regions (Skinner, 2012).
Sehr viele empirische Untersuchungen auf individualer und regionaler Ebene bestätigen die Einflussfaktoren (Überblick in Breyer, Zweifel und Kifmann,2013)
▪ Der aktuelle Forschungsstand beschreibt Quasi-Experimente und difference-in-differences Ansätze:
› Umzüge von Versicherten: Finkelstein, Gentzkow, Williams (2016),
› Umzüge von Ärzten: Molitor (2018)
› Versicherungswechsler: Kevin, Keastner, Ward (2018)
› Linked-Surveys: Cutler et al. (2015)
› Raum / Raumzeitmodelle: Cummins et al. (2007) für eine theoretische Begründung; Überblick in Skinner (2012)
▪ Räumliche Untersuchungen auf aggregierten Daten aus Deutschland sind meist einfacher:
› WLS – Cross-Section: Ozegowski und Sundmacher (2014; ambulant), Göpffarth (2011), Drösler et al. (2018)
› Umzüge von Patienten: Salm & Wübker (2017)
› Raum- / Raumzeitmodelle: Kopetsch & Schmitz (2014; ambulant), Göpffarth et al. (2016),
Ein lineares Modell für Deckungsquoten als räumliches Ausgleichsmodell?
Das Grundmodell in Drösler et al. (2018) ist nur unter bestimmten Voraussetzung geeignet – es ist nicht am aktuellen Forschungsstand orientiert
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1. Es fehlen keine relevanten exogenen Variablen.
1. Die strikte Exogenität der Variabele „Zuweisungen“ ist unklar. Zwar ist die RSA-Überdeckung der morbiden Alten bekannt, jedoch ist dies keine
Ursache im eigentlichen Sinne, sondern ein systemischer Fehler. Weitere endogene Ursachen wären Kodierqualitätsunterschiede und
Kostenunterschiede z.B. regionale Saisonarbeiter ohne Leistungsausgaben.
➢ Mögliche Lösung: Austausch gegen eine Altersvariable oder Gesundheitseinschätzung z.B. SF12-Fragen wie in Eibich & Ziebarth (2015).
2. Es fehlen bedeutende Variablen, wie z.B. Bildung, Haushaltseinkommen, Umwelt, ambulant-stationäre Substitution, externe Risiken
(Verkehrsunfälle, Versorgungsqualität).
3. Spätestens nach der Variablenselektion fehlen die vorher identifizierten relevanten Einflüsse.
➢ Lösung wie in Belgien?
Variablenselektion: Empirische Annahmen und Fallstricke
A: Annahmen, deren Verletzung zur Inkonsistenz der Schätzung führt (d.h. die Effektschätzer sind verzerrt)
Variation der Deckungsbeiträge
Variation der Auswahlvariable
Variation der Auswahlvariable
„wahre“ Effektstärke
Variation der Nicht-Auswahlvariable
Ermittelte Effektstärke
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2. Der wahre Zusammenhang ist linear.
1. Für den Sozialstatus und das Einkommen ist aus der Theorie ein nichtlinearer Zusammenhang bekannt. Warum nicht berechnet?
2. Für Sterbekosten scheint es keinen quadratischen Zusammenhang zu geben, trotzdem wurde über das Quadrat regressiert.
3. Bei Krankenhausbetten gilt, sehr viele Betten gleich sehr günstig; warum Ausreißer?
3. Die Effektschätzer sind konstant.
1. Es gibt keine relevante Variation in den Effekten z.B. bei verschiedenen Datenjahren. (z.B. Wahlbeteiligung 2013 vs. 2017)
Variablenselektion: Empirische Annahmen und Fallstricke
A: Annahmen, deren Verletzung zur Inkonsistenz der Schätzung führt (d.h. die Effektschätzer sind verzerrt)
Drösler et al. (2018) S. 260ff
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1. Die Regressionsfehler sind unabhängig und identisch verteilt (iid).
1. „irrelevante“ korrelierte Variablen beeinflussten t-Test und F-Test. Das gilt auch, wenn der Varianzinflationsfaktor (VIF) klein ist.
𝑡 =𝛽𝑠𝑡𝑑
ෝ𝜎2𝑉𝐼𝐹
➢ Jeder VIF größer eins (damit auch kleiner zehn) beeinflusst die Variablenauswahl. Die einzige Lösung ist eine gute Theorie,
aber eine alternative Selektionsstrategie würde zumindest helfen (z.B. BMA siehe Review von Fragoso & Neto, 2015).
2. Die Störgrößen haben eine konstante Varianz.
➢ Heteroskadastizität bei der Gewichtung beachtet.
3. Die Störgrößen sind nicht korreliert. Diese Annahme ist mit hoher Wahrscheinlichkeit verletzt, denn die Störgrößen sind in
solchen Modellen räumlich korreliert (Moran‘s I größer null).
➢ Folge: zu niedrig geschätzte Varianz und zu hoch ausgewiesene t-Tests und F-Tests, insbesondere für Variablen, die eine
ähnliche räumliche Korrelation aufweisen wie die Deckungsquoten.
➢ WLS kann zudem verzerrt sein, z.B. wenn eine SAR-Modell datengenerierend vorherrscht (Lesage & Pace, 2009).
Variablenselektion: Empirische Annahmen und Fallstricke
B: Annahmen, deren Verletzung zur Ineffizienz der Schätzung führt (d.h. Variablenselektion über F-Tests ist verzerrt)
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1. Das Modell beruht ausschließlich auf Korrelationen, es gibt keine explizite Modelltheorie, es gibt keine zeitlich sinnvoll aufeinander folgende
Wirkzusammenhänge (die Messzeitpunkte variieren unbegründet) und die Anzahl von zehn Variablen ist weder theoretisch noch empirisch begründet.
➢ Es sollte kein Kausalzusammenhang in die Ergebnisse interpretiert werden, dies gibt die Methodik nicht her.
➢ Die Finanzverteilung, die über das Modell geschieht, ist eine sozioökonomische Verteilung ohne beweisbare Kausalität.
2. Es gibt Anzeichen, dass A- und B-Annahmen verletzt sind (Endogenität, linearer Wirkzusammenhang, Fehler sind iid).
➢ Verletzungen der A- und B-Annahmen verzerren die Variablenauswahl über t-Tests und F-Tests.
➢ Verletzungen der A-Annahmen führen zudem zu verzerrten Effektschätzern und damit zu einem verzerrten Clustermodell.
3. Es gibt Anzeichen dafür, dass >> regionale << Deckungsquoten nicht regional unabhängig sind. Das Modell behandelt aber alle Regionen als
unabhängige Beobachtungen.
➢ Regionale Abhängigkeit über Gebietskörperschaften hinweg verzerrt die Variablenselektion und ggf. auch die Effektschätzer.
➢ Das vorgeschlagene Modell ist kein Regionalmodell im engeren Sinne, sondern ein sozioökonomisches Ausgleichsmodell.
4. WLS mit Regionalvariablen ist ineffizient. Lehrmeinung zu Mehrebenenmodellen, hierarchischen Modellen, best linear predictors (BLUP) wurden nicht
aufgegriffen (Gelman und Hill, 2009).
Die Clustermodelle und die Variablenauswahl sind wahrscheinlich verzerrt. Die Direktmodelle sind unabhängig von den dargelegten Schwächen
(Variablenselektion fraglich). Die Direktmodelle sind sozioökonomische Ausgleichsmodelle und keine räumlichen Ausgleichsmodelle.
Variablenselektion als räumliches oder sozioökonomisches Ausgleichsmodell?
Das vom wiss. Beirat vorgeschlagene Modell ist nicht auf dem Stand der Literatur, die Variablenselektion ist wahrscheinlich verzerrt.
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1. Hintergrund
2. Kennzahlendiskussion
1. Regionales MAPE vs. Moran‘s I
2. Alternativen aus 50 Jahren Literatur zur räumlichen Statistik
3. Variablenselektion als räumliches oder sozioökonomisches Ausgleichsmodell?
1. Einflussvariablen auf Kosten, Morbidität und Deckungsquoten
2. Ein lineares Modell für Deckungsquoten als räumliches Ausgleichsmodell?
3. Variablenselektion: Empirische Annahmen und Fallstricke
4. Den richtigen Blick auf das Problem finden
5. Fazit – Was ist ein Regionalausgleich!
Inhaltsverzeichnis
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Den richtigen Blick auf das Problem finden
Die direkten regionalen Zuweisungsmodelle sind nicht >> direkter << als die regionalstatistischen Zuweisungsmodelle.
▪ Alle bisher gesehenen Zuweisungsmodelle haben einen vollständigen Deckungsausgleich auf „ihrer“ Regionalebene, die aus dem
Regressionsansatz folgt (Summentreue).
▪ Alle Modelle weisen nur das aus, was im Durchschnitt nicht schon über Alter, Geschlecht Morbidität ausgewiesen wurde. Einen
regionalen Ist-kostenausgleich gibt es nicht.
Eine Region ist ein Ort mit
gleichen sozioökonomischen
Bedingungen.
Eine Region ist eine
administrativer Einheit (Kreis /
Gemeinde …).
Ein Ort an dem die gleichen
sozioökonomischen Bedingungen
die gleichen Deckungs-
unterschiede assoziieren.
Versicherte sind Teil einer
Region, wenn sie nebeneinander
wohnen.
Sozioökonomische Bedingungen. Die Assoziation zwischen
sozioökonomischen Bedingung
und Deckungsquoten.
Deckungsunterschiede
administrativer Ebenen
(Kreisfinanzausgleich)
Gemeinsamkeiten in den
Deckungsbeiträgen von
wohnhaften Nachbarn.
Direktmodell Clustermodell Kreis- / Gemeinde … Modell GWR Modell
Was
ist
ein
e R
egio
n?
Was
wir
d
ausg
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hen
?
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Den richtigen Blick auf das Problem finden
Cross-Validierung der Clustermodelle: zehn Variablen sind ausreichend, um die vorhergesagten Unterschiede zu erklären, aber nicht um die echten Deckungsunterschiede zu beschreiben.
• Idee: Variiere die Clusteranzahl und überprüfe, wie gut die
geschätzten Deckungsbeiträge (Modell M1, schwarz) und wie
gut die echten Deckungsbeiträge (rot) erklärbar sind.
• Die Anzahl von zehn Clustern ist hinreichend für die
geschätzten Deckungsbeiträge
• Um das gleiche Niveau wie die Direktmodelle zu erhalten,
bräuchte man ebenfalls ca. 100 Cluster
Drösler et al. (2018) S. 121ff – Daten aus den Karten abgepauscht
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Den richtigen Blick auf das Problem finden
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
MI (50 km) MI (80 km) Kreis MAPE (gewichtet) Kreis MAPE Lagrange Test
Regionalindikatoren
M1 M2 Direkt_M1 Direkt_M1 + 70% GMV-Cluster
Direkt_M1 + 100% GMV-Cluster Direkt_M2 Direkt_M2 + 70% GMV-Cluster Direkt_M2 + 70% GMV-Cluster
Kreis GWR
Drösler et al. (2018) S. 223ff
Eigene Berechnungen auf 10 Mio. Stichprobe.
Referenz aus Drösler et al. portiert.
Die Regionalstatistischen Modelle performen in regionaler Hinsicht deutlich schlechter als die direkten regionalen Zuweisungsmodelle.
➢ Für Kreis (fixed effects) und GWR gibt es empirische Literatur.
➢ Regionalstatistische Modelle performen schlechter, insbesondere mit WLS.
➢ Mehr Forschung und bessere Modellansätze sind empfehlenswert.V
erb
esse
run
g d
es In
dik
ato
rs z
um
Sta
tus-
Qu
o
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• Es gibt eine sehr reiche Diskussion in der Literatur zu den Kriterien für Ausgleichsvariablen. Besonders wichtig zu lesen:
• Ash et al., (2000), Van de Ven and Ellis, (2000), Kautter et al., (2014) van Veen et al., (2015) und Ellis et al., (2017)
• Für Deutschland z.B. Göpffath (2013) : “Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich – Verständnis und Missverständnisse“
Den richtigen Blick auf das Problem finden
Zielkriterien an die Risikoausgleichsvariable sind wichtiger als vermeintliche Kausalität. Ef
fizi
en
z
Vermeidung von endogenen Signalen („gaming“, Zirkelbeziehungen im RSA)
Vermeidung von „noisysignals“
Anreize zur Kostenkontrolle (die „power“ eines RSA)
Vermeiden von finanzieller Überkompensation
Ziele nach Ellis et al. (2017) LösungsstrategienMöglicher Messansatz
Zuweisungen endogen? Warum Sterbekosten nicht direkt? Wie viele Variablen?
Regression auf Individualebene / Modelltheorie
Sind Sterbekosten regional stabil?Wie viele Cluster?
Wie groß sind Deckungslücken? Sind sie zufällig oder immer gleich?
Fragen an die neuen Modelle
Verstärken sich regionale Verzerrungen im Detail?
Panaldaten zum Schätzen Variablenselektion per Theorie
Räumliches Modell schätzen
Direktmodelle / GWR / Kreis (mit Zuweisungsbeschränkung)
Hausman-Test auf Regionalebene
Cross-Validierung
Moran‘s I / regio MAPE / Lagrange Test
Vorher-nachher Vergleich der Deckungsquoten
Fair
ne
ss
Vermeidung von Risikoselektion
Fairness zwischen Krankenkassen
Gib es finanzielle Anreize und sind diese identifizierbar?
Moran‘s I + regio MAPE als hinreichende Kriterien
GWR / Kreis (mit Zuweisungsbeschränkung)
Reduziert sich die Marktverzerrung?
Dif in DifKassenunabhängiger Regionalfaktor
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Die Formulierung von klaren Zielen ist für einen lernenden RSA wichtig. Aber viele prinzipielle Fragen bleiben offen.
➢ Welche Regional- und/oder Sozialstrukturen sollten ausgeglichen werden?
➢ Wie wird die Zielerreichung gemessen?
➢ Individualmaße sind ungeeignet und ein optimales regionales MAPE ist noch unbestimmt.
➢ Definition eines empirischen Zielkorridors erscheint aber mindestens für die Variablenauswahl wichtig (Anzahl
der Variablen), die Anzahl der Cluster und den Aufgriff der Variablen (Kreis, Gemeindeverband, Gemeinde, ROR)
➢ Soll Regionalität prospektive oder zeitgleich ausgeglichen werden?
➢ Ein Regionalmodell (auch ein „direktes“) kann prospektiv ausgestaltet sein. Damit sollten ähnliche Anreizeffekte
assoziiert sein, wie bei der Morbidität. Wäre ein prospektives direktes Modell nicht zu bevorzugen?
➢ Welche Spielräume lässt ein Regionalmodell dem BVA, wofür braucht es Gesetze / Richtlinien?
➢ Bestimmung von Art, Anzahl und Clusterung der Variablen und deren Kriterien (F-Test hinreichend)!
➢ Im GWR-Modell gibt es die Idee der Adjustierung mittel Cross-Validierung. Das ist auch für andere Modelle ein
neues Kriterium!?
Fazit – Was ist ein Regionalausgleich!
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Karte: openstreetmap.org
24 www.wig2.de© 2017 WIG2 GmbH 24
WIG2 GmbH | Markt 8 | D-04109 Leipzig
Dr. Dennis Häckl | Geschäftsführer
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Kontakt
Danny Wende, M.Sc. | Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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Das Moran‘s I als Indikator für Regionalität (vgl. Wende 2016):
▪ Moran‘s I ist ein Indikator für regionale Autokorrelation und kann folglich
wie eine Korrelation interpretiert werden (Moran 1950).
▪ D.h. es bemisst den linear regionalen Zusammenhang zwischen einem Versicherten und seinen Nachbarn. Daraus folgt:
› Wert = -1 perfekte negative Korrelation (jeder Nachbar einer Überdeckung ist unterdeckt)
› Wert = 0 kein Zusammenhang (Ziel)
› Wert = 1 perfekte positive Korrelation (jeder Nachbar einer Überdeckung ist überdeckt, jeder Nachbar einer Unterdeckung
ist unterdeckt.)
▪ Realität: Werte näher Null, je kleiner die Beobachtungseinheit -> sehr nahe Null für Versicherte
▪ Deshalb Bewertung der T-Werte (Moran‘s I – Erwartungswert / Standardabweichung): Werte zwischen minus und plus Unendlich.
Einschub: Messung der Regionalität und Abbildung in RSA-Modellen
𝐼 ≔𝑁
σ𝑖σ𝑗𝑤𝑖,𝑗
σ𝑖σ𝑗𝑤𝑖𝑗 𝑋𝑖 − ത𝑋 𝑋𝑗 − ത𝑋
σ𝑖 𝑋𝑖 − ത𝑋2
i
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Regionales MAPE vs. Moran‘s I
Das Moran‘s I hat auf verschiedenen Betrachtungsebenen auch verschiedene Eigenschaften!
▪ Einfach zu bestimmen.
▪ Die Kennzahl ist indirekt mit dem R2 verbunden.
▪ Die Kennzahl ist unabhängig von Gebietseinheiten.
▪ Es wird keine Verteilungsannahme benötigt (nicht-
parametrischer Test).
▪ Beschreibt die Autokorrelation zwischen Versicherten.
Moran‘s I (Wende,2017) Moran‘s I (Drösler et al., 2018)
Vo
rtei
leN
ach
teile
▪ Die Berechnung hat erhöhte Voraussetzungen für Anwender
und Technik.
▪ Es muss eine kritische Distanz bzw. ein Umgebung definiert
werden, für die die Kennzahl gilt (z.B. 50 km).
▪ Die Kennzahl ist einfach zu bestimmen.
▪ Die Definition der Nachbarregionen ist intuitiv.
▪ Gilt spezifisch für eine Beobachtungsebene.
▪ Beschreibt die Autokorrelation zwischen Regionen.
▪ Die Kennzahl wird hängt von der Beobachtungsebene ab.
▪ Die Kennzahl reagiert nur auf die regionale Verteilung und
ändert sich nicht, wenn die absoluten Deckungslücken
sinken, bzw. steigt sogar bei sinkender Streuung.
▪ Die Annahme einer unabhängig normalverteilten
Zufallsvariable ist kritisch .
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Einflussvariablen auf Kosten, Morbidität und Deckungsquoten
Der Weg von individuellen Einflüssen zur (regionalen) Variation
Theorie Wichtigste Vertreter Kurzbeschreibung
Mathematische Artefakte Scanlan (2001)Vagerö & Erikson (1997)
Relative Ungleichheit erscheint höher, wenn das Grundlevel (gemeint Mortalität, Morbidität, Deckungsunterschiede) sinkt.
Fundamentale Unterschiede Link & Phelan (1995)Phelan, Link & Tehranifar (2010)
Sozioökonomische, regionale … Positionen sind mit dem Zugang zu Ressourcen verbunden, welche unabhängig vom Gesundheitsstatus genutzt werden können.
Lebensperspektive Wadswoth (1997)Bambra, Netuveli & Eikemo (2010)
Gesundheitsunterschiede sind die Folge einer unterschiedlichen Exposition während des Heranwachsens.
Soziale Selektion Black Report (1980)West (1991)
Menschen sind mobil und sortieren sich selbst in soziale (indirekte) und gesundheitsbezogene (direkte Gesundheitsselektion) Gruppen.
Persönlichkeit Batty, et. Al. (2006)Mackenbach (2010)
Die soziale Position ist durch kognitive Fähigkeiten und persönliche Charakteristika bestimmt, welche gleichzeitig die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten beeinflussen. Unterschiede bildet die Gesellschaft heraus.
Neo-materielle Theorie Lynch et al. (2000)Davey Smith, Bartley & Blane (1994)
Unterschiedliche materielle Ressourcen (individuelle und Umgebung) akkumulieren sich über das Leben und prägen Erfahrung und Gesundheit.
Psychosoziale Theorie Marmot (2004)Wilkinson (2005)
Die soziokönomische Positionierung ist verbunden mit Stress. Unterschiede treten durch relative Deprivation auf.
Diffuse Innovationen Rogers (1962)Victora (2000)
Es gibt eine unterschiedlich schnelle Adaption von Innovationen und Gesundheitsverhalten in sozialen Gruppen.
Kulturelles Kapital Bourdieau (1984)Abel (2008)
Soziale Positionen und Gesundheit sind durch Wissen, Lebensstil und Risikobereitschaft bestimmt.
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Alternativen aus 50 Jahren Literatur zur räumlichen Statistik
Es gibt eine breite Literatur zu Kennzahlen der räumlichen Variation und räumlichen Abhängigkeiten!
1. Räumliche Variation: gibt an wie groß die Streuung einer Variable über geographische Einheiten hinweg (z.B. Varianz, Variationskoeffizient,
Quantilsdispersionskoeffizient, räumliches MAPE) oder innerhalb der Einheiten ist (z.B. q-Statistik nach Wang et al. ,2016)
• Unterscheidet nicht, ob eine kontinuierlich räumliche Struktur oder eine diskontinuierliche bzw. sprunghafte Variation vorliegt.
• Ist abhängig von der geographischen Einheit bzw. betrachtet alle Einheiten als unabhängig (Zellenansatz).
2. Räumliche Autokorrelation: gibt an wie groß die Co-Variation von Beobachtungen in einem Raum ist (z.B. Moran‘s I, Geary‘s C, Getis‘s G oder Anselin‘s
local Moran‘s I, semi-variogram).
• Geben nur einen globalen Zusammenhang an (Ausnahme: Anselin‘s local Moran‘s I).
• Sind abhängig von der Distanz-, Nachbarschaftsdefinition.
• Sind skaleninvariant (positiv weil einheitenunabhängig, negativ weil Effekt schwer einschätzbar)
3. Zufallsfeld: ist die Annahme über einen stochastischen Prozess im Raum. Kennzahlen sind Verteilungsparameter (z.B. CAR-, SAR-Modell) oder
statistische Tests (z.B. Lagrange-Multiplikatortest)
4. Out-of-Sample-Validation: wie gut können Teilpopulationen die räumlichen Muster vorhersagen (z.B. Prognose-MAPE, R2, Deckungsquoten)
Wir können drei verschiedene Ansätze für die Evaluation der räumlichen Variation in der Literatur finden (vgl. Lesage und Pace, 2009):
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Quellen
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