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DIABETISCHES FUSSSYNDROM 27. November 2018, Leoben DGKP Waltraud Haas

DFS aus Sicht des Wundmanagement fileDiabetisches Fußsyndrom •Hauptkomplikation bei Diabetes mellitus •hohe Morbidität, Mortalität, Ressourcennutzung •Behandlung abhängig

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DIABETISCHES

FUSSSYNDROM

27. November 2018, Leoben

DGKP Waltraud Haas

Agenda

• Diabetisches Fußsyndrom (DFS) – wann

spricht man davon?

• Ursachen

• Prävention

• Wissenswertes

• Tipps und Tricks für die Praxis

Was ist ein diabetisches Fußsyndrom?

Definition –

Diabetisches Fußsyndrom

• Zusammenfassung verschiedener

Krankheitsbilder

• Verletzungen am Fuß des Diabetikers zu

Komplikationen führen könne

• welche bei verzögerter oder ineffektiver

Therapie eine Amputation zur Folge haben

kann.

S. Morbach

Diabetisches Fußsyndrom

• Hauptkomplikation bei Diabetes mellitus

• hohe Morbidität, Mortalität, Ressourcennutzung

• Behandlung abhängig von multifaktorieller

Ätiologie

• große Belastung

• Patienten, Gesundheitssystem, Gesellschaft

• Alle 30 Sekunden verliert jemand wegen

Diabetes sein Bein.

Bus et al, IWGDF 2015

Lancet 2005

Neuropathie

• autonome Neuropathie• Schweißdrüsensekretion

• motorische Neuropathie• Atrophie der Fußmuskeln

• sensorische Neuropathie• Sensibilitätsstörungen

Entstehung

neuropathisches Ulkus

Neuro-Osteoarthropathie – Charcotfuß

• Knochen- und Gelenkserkrankung

• Destruktion der Gelenke, Kollaps des medialen

Fußlängsgewölbes

• autonome Neuropathie

• gesteigerter Blutfluss, reduzierte

Knochendichte

• gut tastbare Pulse

• vorangegangenes Trauma

Symptome – Charcot

• Rötung

• Schwellung

• Überwärmung

• Temperaturdifferenz > 2° C

Charcot – Therapie

• Ruhigstellung - Druckentlastung!!!

• Voll-Kontaktgips (Total Contact Cast)

• Orthese

• Rollstuhl

• bis zur Normalisierung der Hauttemperatur

• orthopädische Schuhversorgung

Ischämie / PAVK

• fehlende Fußpulse, Fuß kalt, bläuliche, livide Verfärbung

• akrale Nekrose, starke Schmerzen

PAVK = periphere arterielle Verschlusskrankheit

Versorgung des diabetischen Fußes

1. Identifizieren der Risikosituation

2. Inspektion und Untersuchung der Füße

3. Schulung

4. geeignetes Schuhwerk

5. Behandlung präulzerativer Anzeichen

1. Identifizieren der Risikosituation

• Risikokategorien

• keine sensible Neuropathie

• sensible Neuropathie

•sensible Neuropathie und/oder

Fußdeformität

•Anzeichen einer peripheren

Ischämie, Ulkus in der Anamnese

HOCHRISIKO

Risikofaktoren

• ungeeignetes Schuhwerk

• Neuropathie

• PAVK

• Fußdeformitäten / eingeschränkte

Gelenkmobilität

• Hornhautschwielen

• biospsychosoziale Faktoren

• Depression, Vernachlässigung, fehlende soziale

Unterstützung

Morbach S et al. Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2)

DIABETIKERsind auch nach Abheilung

einer Fußverletzung

lebenslang

Risikopatienten für Rezidive!

1. Identifizieren der Risikosituation

Beschwerdefreiheit ≠ gesunde Füße!!

2. Inspektion und Untersuchung der

Füße

• Anamnese

• Fußuntersuchung

• Beschaffenheit der Haut

• Neuropathiescreening

• Gefäßstatus

• Fußskelettdeformität?

• Schuhe?

Fußuntersuchung I

•Neuropathie-Screening

• Rydel-Seiffer-Stimmgabel

• Semmes-Weinstein Monofilament

• Tip-Therm

• Gefäßstatus

• Arterie dorsalis pedis

• Arterie tibialis posterior

Neuropathiescreening –

sensorische Fußuntersuchung

• Rydel-Seiffer Stimmgabel

• Überprüfung des

Vibrationsempfinden

Neuropathiescreening –

sensorische Fußuntersuchung• Semmes Weinstein Monofilament

• Überprüfung des Berührungsempfinden• ausreichende Sensibilität ist dann vorhanden, wenn 2 von 3

Berührungen je Region gespürt werden

• Tip Therm

• Überprüfung des Temperaturempfindens

• Temperaturdifferenz zwischen Metall und Plastikende beträgt 10° C

3. Schulung

Ziel: Vermeidung von Amputationen bei

Menschen mit Diabetes mellitus

• Patienten, Angehörige

• Fußschulung, Information

• im Gesundheitswesen Arbeitende

• spezielle Fortbildungen

• regelmäßige Wiederholung der Schulung

Schulung = Information = Prävention

Schulung / Information

• wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von

Fußläsionen

• Vermittlung von Kenntnissen

• Prophylaxe

• Fußpflege

• Schuhversorgung

• Schärfen des Problembewusstseins

• z.B. Fußdeformität

• Einzelschulung – individuellem Krankheitsbild

NVL Typ-2-Diabetes Fußkomplikationen, LV, Feb 2012;Vers.2.8

Nagelpflege – Hautpflege

• Ziel: Verletzungsfreie Kürzen der Nägel• Selbstpflege?

• eingeschränkte Beweglichkeit

• nachlassende Sehkraft…..

• Angehörige?• Kann besser sein als Selbstpflege, aber immer

ausreichend?

• professionelle Fußpflege• Erfahrung bei der Fußpflege

• regelmäßige Fußkontrolle• Änderungen frühzeitig erkennnen

• Verletzungen frühzeitig entdecken

• Zusatzausbildung für Fußpfleger • Diabetisches Fußsyndrom

Nagelpflege – Hautpflege

• Selbstpflege

• keine spitzen Gegenstände verwenden

• keine Klingen und Hobel zur

Hornhautentfernung

• keine Hühneraugenpflaster, heiße Fußbäder

• regelmäßiges Eincremen

• ureahältige Pflegeprodukte

Erkennen und Vermeiden von

Risikosituationen

• neue Schuhe

• heißer Sand, barfuß gehen

• Gummistiefel

• Wärmeflaschen, heißes Badewasser

• unsachgemäße Fußpflege

• .......

Bewusst machen individueller

Risikofaktoren

• Fußdeformität

• herabgesetzte oder fehlende Sensibilität

• fehlendes Schmerzempfinden….

Reinigung der Füße

• tägliches Waschen der Füße

• Duschen ausreichend für die tägliche

Körperpflege

• Fußbad:

• Dauer maximal 5 Minuten

• Wassertemperatur: < 37° Celsius

• gutes Abtrocknen

• Zehenzwischenräume

Mayfield 1998, Corbett 2003, Consensus 2003

Untersuchung der Füße

• Selbstuntersuchung der Füße

• auf Veränderungen wie Rötung, Blasenbildung,

Verfärbung, Überwärmung

• trockene, rissige Haut

• bei Notwendigkeit – Fremdhilfe

• Kontrolle der Schuhe

• auf Fremdkörper

• Falten in der Einlage

Untersuchung der Füße

• Kontrolluntersuchung durch

medizinisches Fachpersonal

• Routinemäßig bei allen Diabetikern

• 1 x im Jahr

• bei erhöhtem Risiko – häufiger!

Verhaltensmaßnahmen bei

Verletzungen

• keine Fußbäder

• steriles Versorgen der Verletzung• Vorsicht bei der Verwendung von haftenden Binden!

• frühzeitige Vorstellung beim Arzt

• Bagatellverletzungen ernst nehmen

• Druckentlastung

Verhaltensmaßnahmen bei

Verletzungen• Druckentlastung

• zB diverse Entlastungsschuhe

Betreten verboten!

Wunden sind wie

Baustellen

4. Schuhe

• Ungeeignete Schuhe sind eine

Hauptursache für die Ulkusentstehung

• zu enge Schuhe – zu große Schuhe

• Fremdkörper im Schuh

• „Gesundheitsschuhe“ – Modeerscheinungen“

• Konfektionsschuhe mit diabetischer

Ausstattung

• Weichbettungseinlagen

• Orthopädische Maßschuhe

http://iwgdf.org/guidelines/

Menschliche Faktoren

• "Stumme" Neuropathie:

• Neglect bei fehlendem Körpergefühl

• chronische Erkrankung:

• lebenslänglich "Risikofuß" - Amputationsgefahr

• Ganzheitlichkeit:

• Fußproblem häufig nicht einziges oder

wichtigstes Problem

Fußpflege

Schuhe

Kontrolle

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ss

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in

DER NEUROPATHISCHE

FUSS SCHWEIGT –

also schweigt auch der Patient!

Herausforderungen

• Patientenseite:

• fehlendes

Problembewusstsein

• Neglect

• sozioökonomischer

Nachteil

• Bewerkstelligung des

täglichen Lebens

• Betreuerseite:

• Interdisziplinarität

• Schnittstelle ambulant /

stationär / extramural

• Integration

nichtärztlicher

Assistensberufe

• „Sozialversicherung“

Herausforderungen

• Periphere Neuropathie

• Bewusstsein für die Füße fehlt

• Veränderungen werden nicht wahr genommen

• Veränderungen werden nicht ernst genommen

• Fehlendes Schmerzempfinden

• Patient geht zu spät zum Arzt

• Patient kommt zu spät in eine Fußambulanz

• Fußdeformität

• Schuhe passen nicht

• Schuhversorgung kann zu finanzieller

Herausforderung werden

Herausforderung Ulkustherapie

• Druckentlastung

• Wundbehandlung

• Debridement

• pAVK Screening/Therapie• Bei jedem Patient mit einem Ulkus gehört die

Durchblutungssituation abgeklärt bzw. therapiert

• Wundinfektion

Herausforderung Wundversorgung

• Wer führt Verbandwechsel durch

• Patient selbst, HKP, HA?

• Welche Wundauflagen stehen zur

Verfügung?

• Wer trifft Entscheidung über Wundauflage?

• Auswahl der Materialien – abhängig von

• den Erfordernissen der Wundsituation

• die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen

• den Zielen des Patienten

Herausforderung – DFS

• Gemeinsame Sprache vermeidet Missverständnisse und ist zielführend für eine erfolgreiche Therapie

• Betroffenen können Zusammenhänge und Ursachen nicht nachvollziehen• auf Vorwissen des Patienten achten

• Patient dort abholen wo er steht

• Gemeinsames Ziel definieren• kann die Abheilung sein

• kann die Vermeidung einer Amputation sein

• Bestmögliche Aufrechterhaltung der Lebensqualität

WUNDmanagement/12.Jhrg/4/2018

Herausforderung –

Interdisziplinäres Arbeiten

• fächerübergreifende Kooperation

• Zusammenarbeit ärztlicher und

nichtärztlicher Berufe

• Mediziner, Pflege – intra/extramural

• Orthopädieschuhmacher/techniker

• Fußpfleger

• Die adäquate Patientenversorgung ist nur

bei Überschreiten von Schnittstellen

möglich!

ProCare 03/2018 Springer Verlag

Interdisziplinäres Team

• Internisten, Angiologen, Röntgenologen,

Chirurgen (....), Mikrobiologen, …

• Allgemeinmediziner

• Pflegepersonen

• Fußpfleger

• Orthopädieschuhmacher/techniker

• Angehörige

• ………. PATIENT

• Moderne Wundauflagen sind ein wertvolles

Hilfsmittel für eine gute Wundheilung aber

nicht allein entscheidend.

• Entscheidend für die Wundheilung ist,

dass ein „Kümmerer“ sich verantwortlich

fühlt;

• idealerweise sind dies Pflegepersonen und

Ärzte gemeinsam.

ProCare, Heft 6-7, September 2018

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!