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Das Zauberbuch Vorgeschichte Ich bin ein ganz normaler Jugendlicher in einer ganz normalen Stadt mit einem ganz normalen Auto und einem ganz normalen Ausbildungsplatz am Schreibtisch in einer ganz normalen Firma. In meiner Freizeit lese ich ein wenig in Büchern, bastele etwas an Musikanlagen herum und quäle meinen Computer. Um es allgemein zu sagen führe ich ein ganz einfaches langweiliges Leben. Heute ist mal wieder einer dieser öden Tage wo ich null Bock auf gar nichts habe. Also gehe ich ins Einkaufszentrum, wo ich mich nach irgendwas Interessantem umsehen möchte. Dabei entdecke ich einen Laden, der Gestern noch nicht da war. Ich frage mich wie man den so schnell einrichten konnte und gehe hinein. Drinnen ist alles rustikal eingerichtet und viele verstaubte komische Dinge stehen hier rum. In den Regalen stehen uralte Bücher und dazwischen ist ein Durchgang mit einem Vorhang. Hinter dem Vorhang ist eine schwere Tür, die ich aus Neugierde öffne. Hinter mir fällt sie gleich wieder ins Schloss. Der Raum sieht aus wie eine alte Hexenküche komplett eingerichtet mit Kessel und allem Zubehör. Zu meinem Schreck ist dort auch eine hübsche junge Frau die mich anlächelt. Leicht ängstlich frage ich sie, ob sie eine Hexe ist. Ihr „Ja“ jagt mir doch gleich noch einen Schreck ein. „Keine Angst“, beruhigt sie mich, „ich werde dich nicht in eine Kröte verwandeln und braten.“ „Könntest du es denn?“, frage ich neugierig. Im folgenden Gespräch bietet sie mir an meinen eher schmächtigen Körper nach meinem Wunsch zu verändern, was ich dankend annehme. „Aber ich habe nur ein wenig Kleingeld dabei“, muss ich sie bremsen. „Ich verlange nichts“, entgegnet sie, „ich möchte dir nur helfen.“ Sie geht zum Kessel und fährt fort: „Warte noch einen Augenblick und denke dir aus was du werden möchtest. In diesem Moment überkommt mich wieder meine blühende Fantasie und ich male mir aus wie es währe wenn sie mich zu einem Fabelwesen machen würde. ‚Eine Nixe vielleicht oder eine Fee, denke ich bei mir, kaum größer wie eine Maus und dazu unsterblich.’ Ich lächele vor mich hin und schaue zur Decke. Dann tippt sie mir mit einem kleinen Stab auf die Stirn. „Noch nicht!“, rufe ich, doch es ist zu spät. Ein grelles silbernes Licht umgibt mich und überall drückt und zieht es an meinem Körper. So geht es eine ganze Weile und plötzlich ist alles vorbei. Alles ist dunkel um mich herum und ich höre sie nach mir rufen. Mühsam krieche ich aus meinem Hemdärmel und schaue mich um. Es ist auf ein Mal alles so groß und die junge Hexe lächelt zu mir herab. Sie nimmt mich vorsichtig in die Hand und setzt mich auf den Tisch. Mit einem Kopfschütteln fragt sie mich woran ich in dem Moment gedacht habe. Als ich ihr erkläre, dass ich noch nicht bereit war, merke ich wie hoch und zart meine Stimme geworden ist. „Fischschwanz, Libellenflügel und langes blondes Haar“, schüttelt sie den Kopf, während sie die Stellen mit ihrem kleinen Finger berührt, „und so klein, dass dich meine Katze zum Frühstück vernascht. Du kommst vielleicht auf Ideen.“ „Kannst du es rückgängig machen?“, frage ich sie. Sie bejaht es und greift nach ihrem Zauberstab. Als sie bemerkt, dass er dabei ist sich aufzulösen, fragt sie mich ob ich mir noch was gewünscht hätte. „Unsterblichkeit“, entgegne ich. Dann erklärt sie mir, dass so etwas an den Grenzen ihrer Macht liege und sie sich jetzt erst einmal einen neuen Stab besorgen müsste. „Das wird etwas länger dauern, deshalb lasse ich dir ein Buch über die Grundlagen der Magie hier“, sagt sie und knallt ein riesiges altes Buch auf den Tisch. „Aua! Du brauchst mich ja nicht gleich damit erschlagen!“ brülle ich los und versuche vergeblich meinen Schwanz unter dem Buch heraus zu ziehen. „Sorry“, grinst sie mich an, „Ich glaube eh, dass du es ein paar Nummern kleiner brauchst.“ Dem kann ich nur zustimmen und beobachte wie sie ihre Hand darauf legt und etwas murmelt. Das Buch leuchtet auf und wird kleiner. Am Ende ist es immer noch genauso groß wie ich. „Mehr ist nicht drin“, stöhnt sie, „tut mir leid“. Man sieht ihr deutlich an wie geschwächt sie ist. Ich beruhige sie mit den Worten, dass ich damit klar kommen werde. „Dann in 10 Jahren wieder hier!“, sagt sie, streicht mir mit ihrem Finger noch mal über den Kopf und verschwindet mit einem Fingerschnippen. „10 Jahre?“, frage ich ungläubig, doch sie ist schon weg. Dann beginnt sich auch die Einrichtung aufzulösen und verschwindet ganz. Mit einem lauten Knall fällt das Buch zu Boden und erschrecke mich so, dass ich um ein Haar abstürze. Bei dem zweien Gedanken stelle ich fest, das ich meine Flügel ganz unbewusst benutze, wie noch vor einer Stunde meine Beine. Ich fliege noch ein paar Manöver und lande dann bei meinem Buch. Nun muss ich mir überlegen wie und wo ich die nächsten 10 Jahre verbringen sollte, denn so einfach wie ich es ihr glauben lies wird es sicher nicht.

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Das Zauberbuch

Vorgeschichte Ich bin ein ganz normaler Jugendlicher in einer ganz normalen Stadt mit einem ganz normalen Auto und einem ganz normalen Ausbildungsplatz am Schreibtisch in einer ganz normalen Firma. In meiner Freizeit lese ich ein wenig in Büchern, bastele etwas an Musikanlagen herum und quäle meinen Computer. Um es allgemein zu sagen führe ich ein ganz einfaches langweiliges Leben. Heute ist mal wieder einer dieser öden Tage wo ich null Bock auf gar nichts habe. Also gehe ich ins Einkaufszentrum, wo ich mich nach irgendwas Interessantem umsehen möchte. Dabei entdecke ich einen Laden, der Gestern noch nicht da war. Ich frage mich wie man den so schnell einrichten konnte und gehe hinein. Drinnen ist alles rustikal eingerichtet und viele verstaubte komische Dinge stehen hier rum. In den Regalen stehen uralte Bücher und dazwischen ist ein Durchgang mit einem Vorhang. Hinter dem Vorhang ist eine schwere Tür, die ich aus Neugierde öffne. Hinter mir fällt sie gleich wieder ins Schloss. Der Raum sieht aus wie eine alte Hexenküche komplett eingerichtet mit Kessel und allem Zubehör. Zu meinem Schreck ist dort auch eine hübsche junge Frau die mich anlächelt. Leicht ängstlich frage ich sie, ob sie eine Hexe ist. Ihr „Ja“ jagt mir doch gleich noch einen Schreck ein. „Keine Angst“, beruhigt sie mich, „ich werde dich nicht in eine Kröte verwandeln und braten.“ „Könntest du es denn?“, frage ich neugierig. Im folgenden Gespräch bietet sie mir an meinen eher schmächtigen Körper nach meinem Wunsch zu verändern, was ich dankend annehme. „Aber ich habe nur ein wenig Kleingeld dabei“, muss ich sie bremsen. „Ich verlange nichts“, entgegnet sie, „ich möchte dir nur helfen.“ Sie geht zum Kessel und fährt fort: „Warte noch einen Augenblick und denke dir aus was du werden möchtest. In diesem Moment überkommt mich wieder meine blühende Fantasie und ich male mir aus wie es währe wenn sie mich zu einem Fabelwesen machen würde. ‚Eine Nixe vielleicht oder eine Fee, denke ich bei mir, kaum größer wie eine Maus und dazu unsterblich.’ Ich lächele vor mich hin und schaue zur Decke. Dann tippt sie mir mit einem kleinen Stab auf die Stirn. „Noch nicht!“, rufe ich, doch es ist zu spät. Ein grelles silbernes Licht umgibt mich und überall drückt und zieht es an meinem Körper. So geht es eine ganze Weile und plötzlich ist alles vorbei. Alles ist dunkel um mich herum und ich höre sie nach mir rufen. Mühsam krieche ich aus meinem Hemdärmel und schaue mich um. Es ist auf ein Mal alles so groß und die junge Hexe lächelt zu mir herab. Sie nimmt mich vorsichtig in die Hand und setzt mich auf den Tisch. Mit einem Kopfschütteln fragt sie mich woran ich in dem Moment gedacht habe. Als ich ihr erkläre, dass ich noch nicht bereit war, merke ich wie hoch und zart meine Stimme geworden ist. „Fischschwanz, Libellenflügel und langes blondes Haar“, schüttelt sie den Kopf, während sie die Stellen mit ihrem kleinen Finger berührt, „und so klein, dass dich meine Katze zum Frühstück vernascht. Du kommst vielleicht auf Ideen.“ „Kannst du es rückgängig machen?“, frage ich sie. Sie bejaht es und greift nach ihrem Zauberstab. Als sie bemerkt, dass er dabei ist sich aufzulösen, fragt sie mich ob ich mir noch was gewünscht hätte. „Unsterblichkeit“, entgegne ich. Dann erklärt sie mir, dass so etwas an den Grenzen ihrer Macht liege und sie sich jetzt erst einmal einen neuen Stab besorgen müsste. „Das wird etwas länger dauern, deshalb lasse ich dir ein Buch über die Grundlagen der Magie hier“, sagt sie und knallt ein riesiges altes Buch auf den Tisch. „Aua! Du brauchst mich ja nicht gleich damit erschlagen!“ brülle ich los und versuche vergeblich meinen Schwanz unter dem Buch heraus zu ziehen. „Sorry“, grinst sie mich an, „Ich glaube eh, dass du es ein paar Nummern kleiner brauchst.“ Dem kann ich nur zustimmen und beobachte wie sie ihre Hand darauf legt und etwas murmelt. Das Buch leuchtet auf und wird kleiner. Am Ende ist es immer noch genauso groß wie ich. „Mehr ist nicht drin“, stöhnt sie, „tut mir leid“. Man sieht ihr deutlich an wie geschwächt sie ist. Ich beruhige sie mit den Worten, dass ich damit klar kommen werde. „Dann in 10 Jahren wieder hier!“, sagt sie, streicht mir mit ihrem Finger noch mal über den Kopf und verschwindet mit einem Fingerschnippen. „10 Jahre?“, frage ich ungläubig, doch sie ist schon weg. Dann beginnt sich auch die Einrichtung aufzulösen und verschwindet ganz. Mit einem lauten Knall fällt das Buch zu Boden und erschrecke mich so, dass ich um ein Haar abstürze. Bei dem zweien Gedanken stelle ich fest, das ich meine Flügel ganz unbewusst benutze, wie noch vor einer Stunde meine Beine. Ich fliege noch ein paar Manöver und lande dann bei meinem Buch. Nun muss ich mir überlegen wie und wo ich die nächsten 10 Jahre verbringen sollte, denn so einfach wie ich es ihr glauben lies wird es sicher nicht.

Kapitel 1 Da sitze ich nun in meiner neuen Gestalt und mit einem Buch das genauso groß ist wie ich in einem leeren Geschäft eines Einkaufszentrums. Hier zu bleiben ist sicher gefährlich für mich. Vielleicht sollte ich mich erstmal in den hinteren Räumen verstecken, doch wie soll ich das Buch mitnehmen. Laufen kann ich nicht und zum Mitschleifen ist es zu wertvoll. Also bleibt mir nur übrig es mir vor der Brust zu halten und halb blind zu fliegen. So fliege ich ganz vorsichtig nach hinten. ‚Oft kann ich das nicht machen’, denke ich, denn mir tun schon bald die Arme weh. Nach schier endlosen Metern lande ich auf der Einbauküche, die im Hinterzimmer installiert ist. Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und lehne das Buch gegen die Fliesen an der Rückwand. So mache ich es mir auf einem Schwamm gemütlich und schlage das Buch auf. Die Begrüßung überspringe ich schnell und komme zu den Grundregeln. Darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Menschen nichts von der Magie erfahren dürfen. Sollte doch jemand davon erfahren ist jede Erinnerung daran auszulöschen. ‚Das ist bei mir nicht so einfach’, denke ich bei mir und sehe an meinem neuen Körper hinunter. Dann lese ich weiter und erfahre, dass es eine zweite Möglichkeit gibt. Sollte ich den Wunsch hegen selbst die Magie zu erlernen, braucht meine Erinnerung nicht gelöscht zu werden. ‚Deshalb hat sie mir also das Buch gegeben’, beginne ich die Situation zu verstehen, ‚sie will mir den Weg eröffnen selbst ein Magier zu werden’. Ich putze eine Fliese blank und betrachte mein Spiegelbild. Dann stelle ich mir vor wie ich ein langes weißes Kleid und einen Zauberstab trage und muss kichern, denn so würde ich glatt als Wunschfee durchgehen. Der nächste Abschnitt des Vorwortes beschreibt den Hexenrat und weitere Machtinstrumente und dann steht da noch etwas sehr Interessantes. Nach diesen Worten kann nur der Besitzer des Buches die geschriebenen Worte lesen. Damit flattere ich los und schau mich in der Küche um. Es ist schon spät und ich möchte die gesehenen Dinge gern überschlafen. So nehme ich zwei Topflappen und fliege zum obersten Regal. Dort breite ich einen aus und decke mich mit dem zweiten zu. Das Buch behalte ich dabei schön im Sichtfeld. Am nächsten Morgen setze ich mich gleich wieder davor, denn es reizt mich doch zu erfahren was mit Magie alles möglich ist. So erfahre ich, dass jeder Mensch und jedes Lebewesen die Magie in sich trägt, man sich ihrer aber bewusst werden muss um sie zu nutzen. Im Weiteren wird diese Energie beschrieben und erklärt wie man sie mit Hilfe eines einfachen Zaubers entdecken kann. Immer wieder lese ich mir durch wie der Zauber durchgeführt wird. Es handelt sich um den Lichtzauber, mit dem man eine leuchtende Kugel erschaffen kann. Dann setze ich mich an Rand um ihn zu testen. Ich konzentriere mich nur auf mein Ziel, doch es ist bei weitem schwieriger als ich erwartet hätte. Mit der Zeit kann ich schon die Energien spüren, die dort im Buch beschrieben sind, doch der erhofft Erfolg bleibt fürs Erste aus. Unerwartet reißt mich ein Geräusch aus den Gedanken. Es ist mein Magen, der nach etwas Essbarem verlangt. Also fliege ich wieder nach vorn, öffne ein Oberlicht und zwänge mich hinaus. Der Betrieb verrät mir, dass es inzwischen später Nachmittag ist und ich mich besonders vorsehen muss um nicht entdeckt zu werden. Im Schutz der Werbung über den Geschäften flattere ich zum Obstladen und verstecke mich in den Blättern einer Zierpalme um mir das Angebot anzusehen. Im richtigen Moment schwebe ich zum Berg mit den Weintrauben und verkrieche mich zwischen den Reben. Mit leichtem Herzklopfen lehne ich mich zurück und lasse es mir schmecken. Nie hätte ich gedacht, dass ich eines Tages von einer Traube satt werde. Vorsichtig schiebe ich das Obst beiseite und beobachte die Leute. Im richtigen Moment verstecke ich mich hinter dem Rücken der Verkäuferin um von dort wieder die Deckung hinter den Werbetafeln zu finden. Noch zweimal tief durchatmen und es geht zurück in das leere Geschäft. Das ist recht anstrengend und gefährlich, weshalb ich mir lieber gleich noch eine Kirsche und eine Traube mitgenommen habe. Nach einer kleinen Pause beginne ich wieder mit den Übungen zum Lichtzauber. Mit der Zeit bekomme ich es auch hin und lasse eine für mich große leuchtende Kugel entstehen, welche nun vor mir im Raum schwebt. Obwohl sie nicht greifbar ist folgt sie meiner Hand und ich kann sie dort loslassen wo ich will. Ich lege noch einen drauf und verstärke sie, bis sie fast so groß ist wie ich. Sie ist nun so stark, dass sie die ganze Küche ausleuchtet. Dann bringe ich die Kugel zur Lampe und lasse sie dort schweben. Es sieht jetzt so aus, als ob jemand das Licht eingeschaltet hätte. Darauf bemerke ich, dass es ruhig geworden ist und fliege zur Tür, welche nach vorne führt. Draußen ist schon Feierabend und alles ist dunkel. Damit es nicht auffällt beschließe ich die Tür zu schließen, doch so sehr ich auch schiebe ich bekomme sie keinen Millimeter bewegt. Ich setze mich auf die Türklinke und wische mir den Schweiß von der Stirn. Das zeigt mir erst wie schwach dieser kleine Körper wirklich ist. Plötzlich sehe ich wie der Nachtwächter vor dem Fenster stehen bleibt und hineinschaut. Wie er nach seinem Schlüssel sucht gerate ich in Panik, denn er darf niemals erfahren was hier passiert. Entschlossen fliege ich gegen den Schalter damit das echte Licht angeht. ‚Autsch!’ Beinahe wäre ich abgeschmiert, denn der Aufprall war doch etwas heftiger als nötig. Noch leicht benommen hole ich mir die gezauberte Leuchtkugel und überlege was ich mit ihr machen soll. Leider habe ich noch keinen blassen Schimmer wie ich sie wieder verschwinden lassen kann. Im letzten Moment fällt mir eine kleine, halb geöffnete Schranktür ins Auge, denn schon sind Schritte zu hören. Schnell verstecke ich die Kugel da drin und schiebe die Tür mit aller Kraft zu. Geschwind verstecke ich mich auf dem Schrank, denn in diesem Augenblick betritt der Nachtwächter den Raum. Mit kritisch kontrollierendem Blick sieht er in alle Ecken. Auch in den weiter hinten liegenden Räumen sieht er nach. Als er nichts findet geht er wieder zur Tür und schaltet das Licht aus. Noch einmal leuchtet er mit der Taschenlampe durch den Raum und geht dann hinaus. Erst als er deutlich hörbar das Geschäft verlassen hat wage ich mich hervor. Ich luge durch die Tür um mich zu vergewissern ob er wirklich weg ist. Darauf schiebe ich die Schranktür einen Spalt auf in dem die Lichtkugel ist. Dann lande ich neben dem Buch und atme tief durch. Mit dem Buch im Arm geht’s aufwärts. Es ist recht schwer und nachdem ich es endlich Im Fach ablegen kann, spüre ich jede Faser meiner Flügel. So ziehe ich die Schranktür hinter mir zu und lese die Lektion zu Ende. Die Lichtkugel verschwinden zu lassen ist leichter als ich dachte. Ein kleiner Wink und es wird dunkel. Dann lasse ich zwischen zwei Fingern ein Licht im Taschenlampenformat entstehen und schiebe die Schranktür einen

Spalt auf. Meine Flügel tragen mich auf das Regal, auf dem ich auch die letzte Nacht gelegen habe. Zwischen die Topflappen gekuschelt lösche ich das Licht. Mit einem kleinen Seufzer schließe ich die Augen und schlafe ein. Am nächsten Morgen wecken mich Stimmen, welche direkt unter mir zu sein scheinen. Wie ich die Augen öffne blendet mich das Licht und ich nehme schützend den Arm hoch. Alle Lichter in der Küche sind an und als ich vom Regal hinunter schaue sehe ich einige gut gekleidete Leute. Ich lege mich flach hin damit sie mich nicht sehen und belausche sie. Schnell stellt sich heraus, dass die Herren von der Kaufhausverwaltung sind und sich die Dame hier einmieten wird. Einer der Herren nimmt eine Tasche hervor und zieht einen kleinen Block raus. Er legt ihn auf den Tisch, legt einen Stift darauf und tritt beiseite. Selbst von hier oben kann ich erkennen, dass es der Mietvertrag ist. Die Dame sieht das Papier noch mal mit kritischem Blick durch und unterschreibt. Mit einem Dankeschön nehmen die Herren die Kopie des Vertrages und verlassen die Räumlichkeiten. Sie hingegen setzt sich hin und schaut sich um. Wenn sie hier ein Geschäft aufmacht bin ich nicht mehr sicher. Sobald sie auch raus geht muss ich mein Buch nehmen und mir ein neues Versteck suchen. Doch wo soll ich hin? Plötzlich steht sie auf und geht nach hinten zur Toilette. Das sehe ich als Chance und fliege zum Küchenschrank. Doch schon Sekunden Später steht sie wieder in der Tür und ich kann mich nur mit Mühe ihrem Blick entziehen. Versteckt zwischen den Blumen einer Vase, welche sie mitgebracht hat, sehe ich, dass sie nur einen Lappen geholt hat. Wie befürchtet beginnt sie nun alles kleinlich zu putzen. Erst die Arbeitsplatte und dann das Regal, auf dem ich übernachtet habe. Die kuscheligen Topflappen wandern ganz schnell wieder an den Hacken. Ganz nebenbei bekomme ich noch eine kräftige Dusche, als sie ohne hinzuschauen den Blumen eine Tasse Wasser gönnt. Nachdem ich mich erstmal geschüttelt habe, muss ich sehen wie sie beginnt die Schränke auszuwischen. Ich hoffe nur, dass sie mein Buch nicht beachtet. Zwischendurch streiche ich die Haare nach hinten, die mir klitschnass ins Gesicht hängen. Mein ganzer Körper glänzt durch die Wasserperlen und als ich mir mit den Händen über die Haarpracht streiche, läuft mir ein kleiner Wasserfall den Rücken herunter. In diesem Moment schrecke ich hoch, denn sie hält mein Buch in der Hand. Bei ihr sieht es aus wie Spielzeug, welches sie mit zwei Fingern halten muss. Entweder ist ihr die Schrift zu klein oder sie kann aus einem anderen Grund nichts entziffern, denn sie zeigt sich etwas desinteressiert. Letztendlich murmelt sie irgendetwas von ihrer Tochter und steckt es in ihre Handtasche. Ich muss es irgendwie dort herausholen, aber die Handtasche liegt direkt vor ihr. So bleibt mir nichts weiter übrig als abzuwarten bis sie mit den Schränken fertig ist. Es dauert auch nicht lange und sie geht wieder nach hinten. Diese Chance nutze ich du fliege zur Tasche. Dabei fällt mir auf, dass meinen Flügeln die Nässe überhaupt nichts ausmacht. Eilig krieche ich hinein und finde auch gleich mein Buch. Hier drinnen ist es so eng, dass ich meine Flügel nicht benutzen kann. Also muss ich es so hinaus schieben, was ohne Beine recht schwer ist. Völlig unerwartet werde ich nach hinten geworfen, weil etwas die Tasche hochhebt. Sie muss zurück sein und die Tasche genommen haben. Zu allem Überfluss liegt mein Buch auf mir drauf, so dass ich mich nicht richtig bewegen kann. So eingeklemmt zwischen Geldbörse und Schminke gebe ich bald auf. Zu allem Überfluss kommt auch noch ein Handy von oben und landet direkt auf meinem Kopf, so dass ich Sterne sehe. Halb benommen bekomme ich noch mit wie sie den Reißverschluss zu zieht und ich damit in der Dunkelheit gefangen bin. Nun kann ich nur noch raten wo ich gerade bin, denn die Bewegungen der Handtasche lassen keine sinnvollen Schlüsse zu. Zum Glück kann ich am Handy die genaue Zeit ablesen, wenn ich ein wenig Licht mache, aber selbige will auch nicht so recht vergehen. Nach mehr als zwei Stunden Höllenritt öffnet sie endlich den Reißverschluss und greift hinein. Mich wundert es, dass sie nicht stutzig wird, denn sie tastet mich mehrmals ab. Nach fast einer halben Minute findet sie das Schlüsselbund und zieht es heraus. Darauf ist zu hören wie eine Haustür geöffnet wird und sie eintritt. Mit einem harten Ruck landet die Tasche mit mir drinnen unsanft auf einer harten Oberfläche. Dabei purzeln die ganzen Utensilien über mich drüber. Mühsam befreie ich mich von der Packung Taschentücher und krieche über den Lippenstift in Richtung Freiheit. Was mich dort draußen wohl erwarten wird?

Kapitel 2 „Ein Buch für meine Puppen?“, ruft ein junges Mädchen und greift sich die Handtasche. Ich werde durch den Ruck gleich wieder nach unten geworfen. Das Mädchen öffnet die Tasche und ich verstecke mich im letzten Moment unter den Taschentüchern. Sie findet das Buch gleich, nimmt es heraus und stellt die Tasche wieder an ihren Platz. Mühsam klettere ich heraus und sehe mich um. Im ersten Moment blendet mich das Licht, doch dann sehe ich noch wie ein langer brauner Zopf hinter der Ecke verschwindet. So folge ich ihr unentdeckt hinauf in ihr Zimmer. Dort legt sie das Buch auf ihren Tisch und schaut es sich an. Ich fliege dichter und verstecke mich zwischen ihren Stiften. Plötzlich greift sie in meine Richtung. Meine Befürchtung, dass sie in das Buch schreiben würde, erweist sich in dem Moment als falsch, als sie statt eines Stifts meine Flügel packt. Sofort greife ich nach ihren Fingern und versuche sie auseinander zu drücken. Als ich merke, dass ich dazu viel schwach bin, gebe ich auf. Einen Augenblick lang hält sie mich vor ihrem Auge und starrt mich an. Dann nimmt sie eine Wäscheklammer und klemmt meine Flügelspitzen an ihrer Tischlampe fest. Sie dreht die Lampe direkt auf mich und lehnt sich auf den Tisch. Noch mal versuche ich mich zu befreien, doch es bringt mir nur noch mehr Schmerzen in meinen Flügelansätzen. Als ich mich wieder beruhigt habe, schaue ich in zwei große braune Augen. Sie tippt mich mit ihrem Finger an und fragt: „Was bist du eigentlich?“ „Nach was sehe ich denn aus?“, entgegne ich hörbar verärgert und verschränke die Arme vor der Brust. Den Kopf ein wenig schief meint sie: „Wie eine Mischung aus Nixe und Fee.“ Nachdem ich darauf nichts weiter sage fragt sie weiter: „Und was machst du hier?“ Das ist die Frage auf die ich gewartet habe und antworte etwas grantig: „Im Moment gegrillt werden!“ Sofort dreht sie die Lampe etwas weg und entschuldigt sich: „Tut mir leid. Ist es besser so?“ in ihrem Blick ist zu sehen, dass sie mir nichts Böses will und ich setze auch eine angenehmere Tonart an: „Ja, aber das ist auch nicht angenehm.“ Ich weise auf die Klammer, welche meine Flügel hält und sie versteht auch gleich was ich meine. Sie steht auf und versperrt zuerst Tür und Fenster. Ich denke sie hat Angst, dass ich ihr wieder wegfliege. Als sie alles gesichert hat, nimmt sie die Klammer weg. Schmerzhaft lande ich auf ihrer Schreibunterlage und reibe mir mein Hinterteil. „Kannst du nicht fliegen?“, fragt sie mit leicht verwundertem Blick. „Hast du es schon mal versucht, wenn dir jede einzelne Faser der Flügel wehtut?“, entgegne ich mit schmerzerfülltem Gesicht. Darauf sieht sie mich mit einem Blick an, dem man alles verzeihen würde: „Tut mir leid, ich habe doch keine Flügel.“ „Schon gut“, beruhige ich sie und setze mich auf mein Buch, „es tut auch nicht mehr so weh.“ „Ist das dein Buch?“, stellt sie eine entscheidende Frage. Ich erkläre ihr, dass ich mich dort im Center verstecken wollte, wo ihre Mutter das Buch gefunden hat und dass es mir sehr wichtig ist. „Aber da steht doch gar nichts drin?“, schaut sie mich etwas verwirrt an. „Das liegt vielleicht daran, dass es nur für meine Augen bestimmt ist“, antworte ich. „Ist es denn verzaubert?“, fragt sie gleich nach. In dem Moment fällt mir ein, dass ich niemandem davon erzählen darf und entgegne: „Hat dein Zauberstift etwas mit Magie zu tun?“ Dabei zeige ich auf einen Spielzeugstift, den ich in ihrem Ständer gesehen habe. „Ach der“, tut sie ganz schlau, „seine Tinte verblasst durch das Sonnenlicht und wird dadurch nach einiger Zeit unsichtbar.“ „Bist ja ein kleines Physikgenie“, lächele ich sie an, „dann kannst du mir ja erklären wie das mit dem Buch geht, denn ich weis das selbst nicht.“ „Gemeinheit“, meint sie und lehnt sich auf den Tisch. „Dann werde ich mich mal hier einrichten“, meine ich frech und schaue mich um. Das hat sie nicht erwartet und schaut mich an: „Wie meinst du das?“ „Erstens hast du mein Buch“, entgegne ich, „und zweitens hast du mich hier eingesperrt.“ Dabei deute ich auf das Fenster, das sie vorher zugemacht hat. „Da habe ich sogar was für dich“, freut sie sich plötzlich und zieht mir das Buch unterm Hintern weg. Verdutzt schaue ich ihr hinterher. Sie setzt sich neben ihre Puppenburg und legt das Buch in den Turm. „Da kannst du es jederzeit lesen“, grinst sie zu mir rüber. Ich fliege zu ihr und lande auf dem Dach. „Aber mich darf hier niemand entdecken, auch nicht deine Mutter oder deine Freunde“, mahne ich sie. „Ich klebe die vordere Wand zu, dann bist du da drin sicher“ Sie lächelt irgendwie vertraut und streicht mir mit dem Finger über den Kopf. Es ist genau so wie in dem Hexenshop, bevor sie verschwand. Ich schüttele den Gedanken ab, denn wie sollte das sein. Sie ist immerhin noch ein kleines Mädchen, das mit Puppen spielt. „Dann wollen wir dir mal was Passendes anziehen“, reißt sie mich in die Gegenwart zurück. Sie kramt in einer Kiste, die ich nicht sehen kann. Plötzlich ruft sie: „Ja! Das ist das Richtige!“ Sie hält mir ein Puppenkleid vor die Nase, welches von Glitzer und Rüschen nur so überquillt. „Das ist mein liebstes Prinzessinnenkleid. Schlüpfe mal rein.“ Angewidert wende ich mich ab und murmele: „Niemals!“ Das hat sie gehört und wird böse: „Wenn du willst, kannst du ja auch im Schuhkarton unterm Bett hausen, aber in meinem Puppenschloss wird sich angemessen gekleidet!“ Widerwillig und mit dem Nachhall ihrer Worte im Ohr nehme ich ihr das Kleid von der Hand. ‚In dem Ding sehe ich bestimmt total lächerlich aus’, denke ich bei mir und schaue es mir noch mal von oben bis unten an. „Bitte mach es“, sagt sie und schaut mich mit ihren großen braunen Augen an. Ich nicke nur und streife es über. Es dauert eine Weile bis ich wirklich damit zurecht komme, denn obwohl es sich nur um ein Puppenkleid handelt, scheint es aufwendiger gearbeitet als viele große Brautkleider. Nachdem ich mich durch die fünf Lagen des Rockteils gekämpft habe sehe ich endlich wieder Licht. Der Stoff ist viel feiner als ich erwartet hätte und liegt ganz sanft auf der Haut. Wie ich die Ärmel überstreife merke ich, dass der obere Rückenteil frei ist, so dass ich meine Flügel frei entfalten kann. Es ist nur im Bereich der Taille und am Hals mit einem Klettverschluss geschlossen, wie man ihn bei fast jedem Puppenkleid in dieser Größe findet. „Du siehst aus wie eine kleine Prinzessin“, grinst sie und setzt mir zu allem Überfluss ein silberfarbenes Plastikkrönchen in die Haare. Eines muss ich ihr lassen, obwohl ich mir total albern vorkomme, trägt es sich wirklich angenehm. Es ist mir fast unheimlich, das es mir auf Anhieb passt wie maßgeschneidert. „Woher kennst du eigentlich meine Größe?“, frage ich sie. Ihr Gesicht verwandelt sich in ein großes Fragezeichen. „Schon gut“, winke ich mit einem Lächeln ab, „du hast mich überzeugt. Ich trage den Fummel und ziehe in dein Schloss.“ „Das ist kein Fummel“, kontert sie und steht auf, „komme lieber mit zum Spiegel und siehe es dir an.“ Auf ihrer Schulter sitzend begleite ich sie zum Spiegel und schaue nicht schlecht. Dort ist eine süße kleine Märchenfee zu sehen, der nur noch Zauberstab und Feenstaub fehlen. „Mir ist das zu kitschig“, wende ich mich ab. „Nun hab dich nicht so“, versucht sie mich aufzumuntern, „ich finde du siehst richtig niedlich aus.“ „Ich möchte aber nicht niedlich sein“, vertrete ich weiter meinen Standpunkt. Sie ignoriert diese Aussage einfach und denkt über was anderes nach:

„Ich weis ja noch nicht mal deinen Namen?!“ Um ehrlich zu sein habe ich mir darüber auch noch keine Gedanken gemacht. Am liebsten wäre ich mit meinem wirklichen Namen rausgeplatzt, aber der passt nun wirklich nicht zu der Zuckerfee dort im Spiegel. „Na wie heißt du Kleine?“, fragt sie mich noch mal und schaut mich wieder mit ihren großen braunen Augen an. Ich weis, dass es mir leid tun wird, aber mir fällt nichts anderes ein: „Warum denkst du dir keinen aus?“ Sie überlegt kurz und meint mit einem Lächeln: „Finia! Ja das passt!“ „Der ist doch auch so kitschig, hast du keinen Besseren?“ „Der ist doch süß. Was hast du denn dagegen?“ Ich versuche es ihr klar zu machen: „Ich möchte aber nicht süß sein. Ich will ernst genommen werden!“ „Ich nehme dich doch ernst“, beruhigt sie mich und streicht mir wieder über den Kopf. Damit bringt sie mich zurück zur Burg und meint: „jetzt muss ich dich kurz allein lassen, sonst meckert Mama noch.“ „Kein Problem“, antworte ich, „Ich schaue mich in der Zeit um.“ „Aber lauf nicht weg“, sagt sie noch beim Rausgehen. Das habe ich auch nicht vor. Eher schaue ich mich hier auf der Burg um. Zur Rechten ist der Turm und zur Linken das Schloss. Ich flattere rüber zum Schloss und betrete es. Drinnen ist es ähnlich wie erwartet. Fast die ganze Einrichtung ist aus Plastik und auch alle Pflanzen sind nur gemalt. Die Fenster sind natürlich nicht verglast und in der Küche ist alles nur Dekoration. Nur Sessel und Sofa sind mit weichem Stoff bezogen. Davon wenig überrascht begebe ich mich nach oben, wo das Schlafzimmer ist. Dort ist es doch ein wenig anders, denn vor dem Fenster hängt eine schwere Gardine und auf dem Bett liegen schöne weiche Decken und Kissen. Ich setze mich auf das Bett und nehme eines der Kissen. Es ist viel weicher, als ich es aus einer Puppenstube erwartet hätte. Wie ich so in Gedanken bin, höre ich meinen neuen Namen. „Finia“, flüstert sie und klopft aufs Dach. Ich schiebe die Gardine zur Seite und schaue hinaus. „Ich hasse diesen Namen“, mache ich mich bemerkbar. „Hab dich nicht so“, meint sie und kommt ein Stück dichter, „du gewöhnst dich an ihn. Außerdem habe ich dir was Feines mitgebracht.“ Sachte rutsche ich auf den kleinen Balkon, der vor das Fenster geklebt ist. Nachdem ich mich überzeugt habe, dass er mich hält, reicht sie mir auf Puppengeschirr ein paar Kuchenstückchen und Saft. Das Geschirr ist immer noch so groß, dass ich alles mit zwei Händen halten muss. Es schmeckt aber sehr gut und ich gebe ihr das leere Geschirr mit einem Dank an ihre Mutter zurück. „Ich gehe jetzt ins Bett“, fragt sie mich anschließend, „brauchst du noch was?“ „Ein echtes Traumhaus, das zehnfache an Größe und einen besseren Namen“, gebe ich ihr als Antwort. „Die Frage war ernsthaft gemeint“, wirft sie zurück. „Entschuldigung! Ein Nachthemd und ein paar andere Kleidungsstücke wären schön.“ „Ist gemerkt“, lächelt sie, „Die bringe ich dir nach der Schule mit. Aber du musst mir versprechen keine Dummheiten zu machen.“ „Alles klar“, gebe ich ihr auch ein Lächeln, „gute Nacht.“ Mit diesen Worten verschwinde ich wieder im Puppenhaus und streife das Kleid ab. Ich lege es glatt über einen der Stühle, lege das Krönchen daneben und kuschele mich ins Bett. Nur Minuten später kommt ihre Mutter hinein und löscht das Licht. Erschöpft von den Strapazen des Tages schlafe ich gleich darauf ein.

Kapitel 3 Als ich am nächsten Tag aufwache überzeugt mich gleich der erste Blick dass es kein Traum war. Ich liege tatsächlich wie eine Barbiepuppe im Puppenbett. Da ich noch nichts anderes habe werde ich wohl wieder dieses Kleid anziehen müssen. So schiebe ich die Decke beiseite und liege einen Moment später neben dem Bett auf der Nase. Ich hatte doch glatt vergessen, dass ich keine Beine mehr habe, sondern eine schillernd glänzende Flosse. Etwas schlecht gelaunt rappele ich mich wieder hoch und streife ich das Kleid über, aber die Krone lasse ich liegen. Es erweist sich wieder als etwas schwierig, doch ich schaffe es. Als ich es richtig an habe, teste ich ob ich die Flügel frei bewegen kann und fliege ein Stockwerk tiefer in die Puppenküche. Fast wie erwartet steht dort schon etwas zu Essen und trinken für mich bereit. Neben dem Tisch liegt ein Zettel auf welchem steht, das sie schon zur Schule ist und ich das Zimmer nicht verlassen möchte. So mache ich es mir erstmal am Tisch gemütlich und genieß mein Frühstück. Leider ist es mit dem Komfort bei den harten Plastikmöbeln nicht weit her. Nachdem ich satt bin mache ich mich gleich auf den Weg zum Turm, wo ich wieder in meinem Buch lesen möchte. Doch immer wieder beschäftigt mich der Gedanke was wohl meine Eltern jetzt denken werden. Im Turm angekommen schlage ich das Buch auf und beginne zu lesen. Keinen Satz schaffe ich zu Ende zu lesen ohne mit den Gedanken abzuschweifen. Letztendlich fasse ich den Entschluss ihnen etwas zu schreiben. So sitze ich wenig später auf dem Schreibtisch des Mädchens und suche zusammen was ich brauche. Einen extra kurzen Bleistiftstummel finde ich in Ihrem Stiftständer. Einen Briefumschlag hole ich aus dem Regal und Papier liegt mehr als genug herum. So schreibe ich eine Nachricht, dass ich eine neue Ausbildung begonnen habe und mich deshalb für längere Zeit nicht melden kann und dass sie sich bitte keine Sorgen machen möchten. Mit mehreren Anläufen schaffe ich es auch den Brief zu falten und in den Umschlag zu schieben. Zum zukleben ist meine Zunge leider etwas zu klein und außerdem hätte der Streifen dann die gleiche Wirkung auf mich wie Fliegenpapier. So muss es reichen wenn ich ihn einfach nur zustecke. Zu meiner Freude entdecke ich in diesem Moment kleine Herzchenaufkleber. Mir persönlich ist es zwar etwas zu kitschig, aber es ist im Augenblick die beste Art den Brief zu verschließen. Beim Beschriften des Umschlages zeigt sich noch ein weiteres Problem, denn ich habe nicht die genaue Adresse meiner Eltern im Kopf. Nach einigen Überlegungen fällt mir nur die Möglichkeit ein ihn selbst hin zu bringen, doch ich habe keine Ahnung wo ich hier bin und wie ich den Weg bewältigen kann bis die Kleine von der Schule kommt. So fliege ich erst einmal zum Fenster in der Hoffnung, dass mir die Gegend bekannt sein könnte. Vor dem Fenster steht ein großer Baum, so dass ich nichts erkennen kann. Ich schaue mich kurz um und entdecke, dass das Fenster angekippt ist und ich hinaus schlüpfen kann. So gelange ich ins Freie und fliege auf das Dach. Von dort habe ich einen guten Überblick und mir kommen die Dachformen auch recht bekannt vor. Der Blick auf das Straßenschild erfreut mich erst recht, denn das Haus meiner Eltern steht nur eine Straße weiter. Nun steht mein Entschluss fest den Brief sogleich selbst hin zu bringen und ich fliege sogleich zurück ins Zimmer. Dort angekommen stehe ich einem weiteren Problem gegenüber, denn das gute Stück ist zu groß um ihn so zu tragen. Ein Stück Schnur, welches mir ins Auge fällt, könnte da Abhilfe schaffen. Durch eine Ecke gefädelt dient es als Trageschlaufe. So befestige ich es an dem Brief und greife ihn damit. Als ich dann starte, wundere ich mich wieder einmal über die Tragekraft meiner so zart erscheinenden Flügel. Oben auf dem Fenster muss ich erstmals eine Pause machen, denn im Gegensatz zu meinen Flügeln tun mir meine Arme jetzt schon ein wenig weh und ich habe noch einen sehr weiten Weg vor mir. Ich lege Mir das Band über die Schulter und springe hinaus ins Freie. Vom Fenster aus fliege ich gleich hinauf auf den nächsten Baumgipfel. So klein kann ich mich leicht verstecken, aber der Brief leuchtet in der Sonne. Auf der Straße ich recht wenig Betrieb. Nur ein paar zwei Autos und eine Frau mit ihrem Hund sind zu sehen. Einmal atme ich noch tief ein und fliege hinüber zu einem Baum auf der anderen Straßenseite. Dort fährt mich gleich ein kleiner Vogel an, der dort sein Nest gebaut hat und dieses verteidigen will. Vor Schreck verlasse ich sofort den Schutz dieses Baumes und fliege zum nächsten. Dort muss ich mich erstmal auf einem Ast niederlassen und durchatmen. Obwohl es nur ein kleiner Singvogel ist, hätte er mich mit seinem Schnabel ernsthaft verletzen können. Jetzt verstehe ich auch warum mich die Kleine nicht hinaus lassen wollte, denn in der Größe habe ich mehr Feinde als ich wahr haben wollte. Vorsichtig schaue ich aus dem Blätterdach hervor. An der Kreuzung vor mir steht ein großer Baum und ein paar Meter weiter ist das Haus meiner Eltern. Der Baum ist schnell erreicht und in seinem Schutz löse ich die Schnur und nehme den Brief so in die Hände. Noch einen Herzschlag lang warte ich ab, bevor ich hinunter gleite. Ich lande auf dem Briefkasten und lasse den Brief hineingleiten. In diesem Augenblick spüre ich dass etwas hinter mir ist. Sofort springe ich hoch, denn in dem Moment sehe ich nur noch eine Katzenpfote auf mich zukommen. Mich selbst verfehlt sie, aber reißt die oberen Rocklagen in Streifen. Eine Sekunde später springt der Kater noch mal in meine Richtung. Diesmal kann ich nicht noch einmal so gut ausweichen. Sie zerreißt mit ihren Krallen nicht nur meinen Ärmel, sondern verletzt mich auch am Arm. Langsam sickert das Blut aus der Wunde und färbt den kaputten Ärmel langsam rot. „Hör auf Max!“, rufe ich aus sicherem Abstand und halte mir die Wunde. „Woher kennt meine Mahlzeit meinen Namen?“, schaut er mich fragend an. Sogleich stelle ich eine Gegenfrage: „Und warum kannst du sprechen?“ „Das möchte ich nicht hier besprechen“, meint er vorsichtig und schaut sich um. „Wie wäre es hinterm Haus?“, schaue ich ihn fragend an. Er dreht sich um und meint: „Ok. Folge mir bitte.“ Kurz schaue ich wie er langsam los geht und folge ihm dann in sicherer Höhe. Zwischen Büschen und Hauswand bleibt er stehen und versichert sich noch mal, dass wir alleine sind. Ich lande auf einem Vorsprung und blicke erwartungsvoll zu ihm hinunter. „Du bist eine junge Hexe“, bemerkt er schlau, „oder liege ich da falsch?“ Diese Bemerkung trifft doch etwas unerwartet und ich nicke nur leicht. „Aber wieso kannst du sprechen? Nach dem was ich gelesen habe müsste dich dazu jemand mit einem entsprechenden Zauber belegen“, fahre ich dann fort. „Nur bei normalen Tieren“, klärt er mich auf, „ich hingegen bin ein Magier, der als Strafe für ein paar kleine Ausrutscher für ein Jahrhundert in einem Tierkörper gebannt wurde. Dabei habe ich doch nur die Weltherrschaft gewollt.“ Bei den letzten Worten schaut er etwas verlegen zur Seite. „Interessant …“ Den Rest meiner Gedanken zu dem Thema behalte ich lieber für mich. „Aber wie kommst du zu diesem außergewöhnlichen Körper?“, schaut er neugierig

hoch. Noch einmal zögere ich. „Na gut …“, willige ich dann ein und erzähle ihm was bisher so geschehen ist. Dabei werden seine Augen immer größer. „Ach du heilige …“ Er führt diesen Satz nicht zu Ende, doch ich kann mir das letzte Wort denken. „Da hat es dich aber übel erwischt“, bedauert er mich, „und wie willst du jetzt weiter machen?“ Dazu zucke ich nur mit den Schultern, wobei gleich wieder ein ziehender Schmerz durch den Arm geht. Mit der anderen Hand halte ich gleich wieder die Wunde und antworte mit leicht verzerrtem Blick: „Ich werde zurück fliegen und die nächste Zeit bei dem Mädchen wohnen.“ „Du weist, dass sie nicht merken darf wer oder was du bist“, entgegnet er mit leicht besorgtem Blick. Dazu winke ich ab: „Ich weis das. Da passe ich schon auf.“ „Aber sei vorsichtig. Besonders Kinder sind durch ihre Neugierde sehr gefährlich“, mahnt er mich und schaut zur Straße, „Soll ich dich zurückbringen?“ „Und wenn ich unten bin werde ich zur Zwischenmahlzeit“, lege ich die letzte Frage als Falle aus. Darauf schaut er etwas beleidigt: „Entschuldige bitte, dass ich dich vorhin angegriffen habe, aber ich konnte ja nicht ahnen wer du bist.“ „Ich verzeihe dir, aber was kann mir versichern, dass du es nicht noch einmal versuchst.“ „Mein Wort als Magier“, antwortet er und hebt eine Pfote. Ich hoffe nur, dass das auch etwas wert ist und komme vorsichtig tiefer. Um mich zu beruhigen dreht er sich zur Straße und schließt die Augen. Er bewegt tatsächlich keinen Muskel. Selbst als ich auf ihm lande und mich in seinem Nackenfell vergrabe zuckt er nicht einmal. Dann mahnt er mich, „Halte dich fest“ und geht los. „Finia hat sie dich genannt“, setzt er leise das Gespräch fort, „Das ist ein wirklich schöner Name den man nicht so schnell wieder findet.“ „Ich mag ihn aber nicht“, grummele ich, „Er klingt so kitschig.“ „Du wirst dich daran gewöhnen müssen das du jetzt die kleine niedliche Fee bist“, meint er und springt durch die nächste Hecke. „Ich will aber nicht die niedliche Kleine sein. So bekomme ich doch keinen Respekt.“, vertrete ich meine Meinung. „Respekt bekommst du so viel mehr als die großen Muskelprotze. Vor denen hat man nur im ersten Moment etwas Angst.“, versucht er mich aufzuklären, „Versuche einfach deine Gaben zu deinem Vorteil zu nutzen.“ „Mag ja alles richtig sein, aber ich hasse diesen Kitsch trotzdem“, entgegne ich und lehne mich in seinen Nacken. Er verzichtet auf weitere Versuche mich aufzuheitern, aber ich kann ihn kichern hören. „Wir sind da“, holt er mich nach einer Minute aus den Gedanken zurück und ich blicke hoch zu dem abgekippten Fenster, auf dem ich gekommen bin. „Wie geht es deinem Arm?“, fragt er noch einmal nach. „Alles in Ordnung“, lüge ich ihn an, denn die Blutung hat noch nicht aufgehört und es schmerzte die ganze Zeit. „Lasse ihn gleich von der Kleinen behandeln und melde dich gelegentlich mal bei mir“, verabschiedet er sich von mir. Darauf bedanke ich bei ihm und fliege hinauf durch das Fenster. Drinnen angekommen blicke ich zur Tür. Erleichtert sehe ich, dass das Mädchen noch nicht da ist. Kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, geht die Tür auf und sie kommt ins Zimmer. Ein starker Luftzug lässt das Fenster zuschlagen und schleudert mich gegen die Scheibe. Kraftlos falle ich auf das Fensterbrett und bleibe dort liegen. Jetzt macht sich der Blutverlust richtig bemerkbar, denn ich kann kaum mich kaum noch richtig bewegen und auch das Bild vor meinen Augen verschwimmt langsam. Ich merke noch wie sie mich hoch nimmt und über den Kopf streichelt, bevor es um mich dunkel wird.

Kapitel 4 Als ich aufwache liege ich in einem gemütlichen Bett. Mein Arm ist mit einem weißen, molligen Verband gewickelt und tut kaum noch weh. Wie ich nach oben schaue, blicke ich in zwei besorgte braune Augen. „Bist du endlich aufgewacht?“, fragt sie und beugt sich noch etwas dichter über mich. Ich schaue weg und antworte: „Ja. Du hast dir sicher Sorgen gemacht.“ „Sicher“, meint sie und streicht mir über den Kopf, „Aber ich hatte dich doch ausdrücklich gebeten das Zimmer nicht zu verlassen.“ „Es tut mir leid“, ist das einzige was ich noch dazu sagen mag. „Ist ja zum Glück nicht mehr passiert“, versucht sie mich aufzuheitern, „aber das schöne Kleid ist nicht mehr zu retten.“ Dabei hält sie es zwischen den Fingern und sieht es sich von allen Seiten an. Ich setze mich im Bett auf und schaue sie mit einem ‚Tut mir leid’ -Blick an. „Halb so wild“, meint sie, „Ich habe dir einige neue mitgebracht.“ Wie sie die Tüte mit einigen kleinen Kartons zeigt erwarte ich das Schlimmste, aber zu Unrecht. Sie holt verschiedene leichte und schöne Kleider hervor. Es ist für mich zwar immer noch ungewohnt Kleider zu tragen, aber daran würde ich mich schon gewöhnen. Ich bedanke mich, während sie mir mit ihren geschickten Fingern das neue seidige Nachthemd überstreift. Für einen Moment komme ich mir vor wie eine Anziehpuppe, doch dann schaue ich mir das gute Stück genauer an. Es ist so fein und schmiegt sich so angenehm an den Körper, dass ich nicht an ein Puppenkleid glauben mag. Mir kommt es eher so vor, als ob jemand normale Kleider auf meine Größe geschrumpft hätte. „Ich hänge dir die anderen hier hin“, weckt sie mich aus meinen Gedanken. Mit einem Nicken bedanke ich mich und schaue rüber. „Sag mal“, frage ich, „wie ist eigentlich dein Name?“ „Ich habe mich schon gewundert warum du nicht fragst“, lächelt sie, „Maria heiße ich.“ „Ein schöner Name“, gebe ich mit einem Lächeln zurück. „Danke, aber jetzt ruhe dich aus. Ich muss morgen wieder in die Schule.“ So lässt sie mich alleine und macht das Licht aus. Wenige Minuten später kommt ihre Mutter noch einmal um nach ihr zu sehen bevor es wirklich Nacht wird. Der nächste Morgen kommt schneller als einem lieb ist. Als ich aufwache ist es wieder mitten am Tag und Maria ist längst zur Schule. Ich streife das Nachthemd ab und suche mir ein figurbetontes, weinrotes Seidenkleid aus. Obwohl ich mich noch nicht so recht damit abfinden möchte fühle ich mich darin irgendwie doch ganz wohl. Wie am Vortag hat sie mir wieder ein Frühstück vorbereitet, welches ich sogleich genieße. Auch liegt wieder der Zettel da, auf dem sie mich bittet nicht hinaus zu fliegen. Ich schaue af meinen verbundenen Arm und beschließe es wirklich nicht zu tun. Außerdem hatte ich es auch nicht mehr so bald vor. Nachdem ich das Frühstück beendet habe, fliege ich hinauf zum Turm wo das Buch auf mich wartet. Ich schlage es auf und lese dort weiter wo ich aufgehört hatte. Es war das Kapitel über das Sprechen mit den Tieren. Obwohl ich keine Möglichkeit gefunden hatte es auszuprobieren, war das Gespräch mit dem Kater doch sehr interessant gewesen. Somit schließe ich dieses Kapitel und komme zum nächsten. In diesem geht es um die Technik der Unsichtbarkeit. Da ich in Physik nie der Beste war sind einige der Erklärungen für mich nicht ganz schlüssig, doch wie auch die anderen Zauber werde ich wohl auch diesen bald beherrschen. Ich blicke auf um mir erstmal bewusst zu werden was ich mir da versuche einzureden, denn bis jetzt kenne ich nur einen Zauber den ich erfolgreich beherrsche und das ist der Lichtzauber. Den Feuerzauber habe ich aus Angst noch nicht getestet und den Sprachzauber für Tiere konnte ich noch nicht anwenden. So lese ich die Anweisungen noch ein paar Mal durch um sie richtig zu verstehen. Erst einige Zeit später fühle ich mich bereit es zu auszuprobieren. Der Platz zwischen Schloss und Turm scheint mir dafür am besten geeignet. Ich setze mich hin und schließe die Augen um mich zu konzentrieren. Der Zauber verlangt einiges an Kraft, doch ich schaffe es. Sogleich schaue ich mich um und tatsächlich ist mein Schatten verschwunden. Um den Zauber aufrecht zu erhalten muss ich mich auch weiterhin darauf konzentrieren, doch sollte er mir erlauben das Haus zu erkunden. Zum Glück hat Maria die Zimmertür nur angelehnt, so dass der Weg frei ist. Mein erstes Ziel ist der große Spiegel im Flur. Davor schwebend suche ich vergeblich nach meinem Spiegelbild. Langsam glaube ich daran, das mich niemand sehen kann und fliege hinunter ins Wohnzimmer. Dort ist Marias Mutter gerade beim Saubermachen. Um ganz sicher zu gehen fliege ich direkt an ihrem Gesicht vorbei und lande auf dem frisch abgestaubten Fernseher. Von dort aus sehe ich ihr eine ganze Weile zu. Nachdem sie fertig ist geht sie zum Aquarium und holt das Fischfutter hervor. Das interessiert mich dann doch und ich fliege hin um ihr beim Füttern zuzusehen. Plötzlich stößt sie mich an und ich falle ins Wasser. Verwirrt schaut sie sich um woher das leise Platschen kam. Ängstlich halte ich die Luft an und klammere mich an eine Wasserpflanze. Sie schließt den Deckel und schaut sich alle Fische genau an. Ich kann nun nicht mehr und atme aus und wieder tief ein. Marias Mutter blickt erstaunt zu den Bläschen die scheinbar aus dem Nichts aufsteigen, aber kann nichts entdecken. Einen Augenblick später wird mir bewusst, dass ich gerade das Wasser eingeatmet habe und es mir nichts ausmacht. So atme ich noch einmal tief durch und probiere meine Flosse aus. Tatsächlich kann ich genauso geschmeidig durch das Wasser gleiten wie eine echte Nixe. Die Frau gibt bald auf nach Ungewöhnlichem zu schauen und verlässt das Wohnzimmer. Gerade rechtzeitig, denn länger hätte ich den Zauber nicht aufrechterhalten können. Erschöpft setze ich mich zum Ausruhen auf einen Stein. Ich schaue mich um und streichele ein vorbeiziehendes Seepferdchen über den Kopf. In diesem Moment kommt mir der Gedanke an ihm den Sprachzauber zu testen, doch plötzlich hämmert hinter mir etwas so laut, dass ich mir fast die Ohren zuhalten muss. Ich drehe mich um und bleibe starr vor Schreck, denn es ist Marias Mutter, die zurückgekommen ist und mich nun mit großen Augen ansieht. Zaubern darf ich jetzt auf keinen Fall, aber ich weis auch nicht was ich sonst tun könnte. Als sie gleich darauf sich aufrichtet und den Deckel vom Aquarium öffnet, schwimme ich an die Oberfläche. Sie nimmt mich mit der Hand heraus und schaut mich genau an. „Wer bist du denn?“, fragt sie mich. „Finia“, antworte ich ohne sie anzusehen. Mit einem Lächeln geht sie mit mir in die Küche, legt ein Küchentuch auf den Tisch und setzt mich darauf. „Ein schöner Name“, meint sie und setzt sich auf einen Stuhl davor. Langsam bin ich diese Namensdiskussionen leid und sage lieber nichts dazu. „Woher kommst du denn?“, fragt sie darauf. „Ich wohne bei Maria im Puppenschloss“, antworte ich während ich mit einer Ecke der Küchentuches meine Haare trockne. „Bist du denn schon lange hier?“, fragt sie weiter. „Zwei Tage“, antworte ich kurz und tupfe den völlig durchnässten Verband ab. „Und du bist eine echte Nixe?“, fährt sie neugierig fort. Darauf nicke ich nur und füge hinzu: „Mit echten Flügeln.“ „Interessant“, staunt sie. „Darf ich mich dann umziehen?“, schaue ich sie an und zupfe an meinem Kleid, welches unangenehm am Körper klebt. Bevor sie fragen kann füge ich hinzu: „Maria hat oben ein paar Sachen für mich liegen.“

Sie will mich gerade wieder auf die Hand nehmen, da ruft jemand von der Tür: „Ich bin zu Haus Mama!“ „Hallo!“, ruft sie zurück, „schau mal wer hier bei mir ist.“ Sie kommt in die Küche und schaut uns leicht erschrocken an. Ihre Mutter beruhigt sie und erklärt ihr wie sie mich gefunden hat. Zu meinem Glück gibt sie sich damit zufrieden, denn ich wüsste nicht wie ich mich da raus geredet hätte. Maria setzt sich zu mir und streicht mir über den Kopf wie nur sie es macht. „Du machst mir Sachen“, lächelt sie mich an, „weist du wie schwierig es war den Verband anzulegen?“ „Tut mir leid“, ist das einzige was mir einfällt. Während ich noch mit gesenktem Blick da sitze, holt sie Pinzette und Stecknadel und nimmt mir den Verband ab. Ich halte lieber ganz still, denn von meinem Blickwinkel sehen diese Geräte mehr als lebensbedrohlich aus. Aus Angst mache ich lieber die Augen zu, aber nach ein paar Minuten sitzt der neue Verband perfekt, ohne dass sie mich auch nur angekratzt hat. „Komm was trockenes anziehen“, lächelt sie und setzt mich auf ihre Schulter. Prüfend taste ich den Sitz des neuen Verbandes ab und lasse mich auf ihr Zimmer tragen. Dort fliege ich gleich in mein Schlafzimmer und suche mir ein neues Kleid raus. Kaum habe ich mich umgezogen, kommt auch ihre Mutter ins Zimmer und erkundigt sich nach mir. „Hier bin ich“, rufe ich und zupfe noch mein Kleid zurecht. Um Maria zu gefallen setze ich mir auch mein Krönchen wieder auf. So fliege ich hinaus, setze mich auf das Dach und lege das nasse Kleid neben mir hin. „Also“, beginnt ihre Mutter, „über die Woche bin ich mit Maria alleine und du kannst dich im Haus frei bewegen, aber am Wochenende ist mein Mann da und bringt dazu noch gelegentlich Besuch mit, dann musst du dich hier verstecken.“ „Geht klar“, nicke ich. „Nenne mich Kaila“, lächelt sie und reicht mir den kleinen Finger. So gut ich kann schüttele ich diesen lächelnd. Dann lässt sie uns wieder alleine. Maria setzt sich an ihre Hausaufgaben und ich fliege zum Turm um weiter in meinem Buch zu lesen. Besonders erleichtert bin ich, dass sie mir keine weiteren Fragen gestellt hat. Irgendwie bin ich auch froh darüber, dass ich mich jetzt hier frei bewegen kann. So vergeht der Abend still und ohne weitere Besonderheiten. Als Maria dann ins Bett muss endet auch für mich der Tag.

Kapitel 5 Wärmend scheint die Sonne durch den Vorhang meines Schlafzimmers und es ist mal wieder Zeit aufzustehen. Wie ich runter in meine Küche komme steht heute noch kein Frühstück für mich bereit und den Grund dafür finde ich auf Marias Kalender dessen Eintragung ich von hier aus mehr als deutlich sehen kann. Der Grund sind die Sommerferien die heute beginnen. Leise fliege ich hinüber an ihr Bett und tatsächlich liegt sie dort eingegraben zwischen ihren Kissen und träumt süß. Für mich ist dies aber kein Grund und nur eine halbe Minute später lese ich wieder in meinem Buch, denn immerhin fühle ich mich deutlich sicherer seitdem ich einige der Zauber beherrsche. Nach einiger Zeit öffnet sich die Tür und Marias Mutter Kaila kommt herein um ihre Tochter zu wecken. „Ist meine kleine Hexe aufgewacht?“, fragt Kaila während sich Maria die Augen reibt. Erschrocken haste ich zum Fenster des Turms, denn ich befürchte das sie was gemerkt haben. „Psst“, flüstert Maria, „Finia soll noch nicht wissen das wir auch Hexen sind.“ Wie sie den Moment zu mir rüber schauen verstecke ich mich schnell hinter den Mauern. „Ich möchte erst das sie selbst entscheidet ob sie lieber als Hexe oder als Mensch leben möchte und das nicht von meinem oder deinem Blickwinkel sondern von ihrem eigenen“, klärt sie ihre Mutter auf. „Sehr nobel von dir“, entgegnet Kaila und streicht ihr über den Kopf. Ich habe genug gehört und fliege nun den langen Weg durch die hinteren Zimmer zurück in mein Schlafgemach und lege mich noch mal hin. Wie ich so über die Worte nachdenke kommt mir in den Sinn das sie vielleicht die Hexe kennen könnten die mich verwandelt hat. „Finia“, ruft Maria und reißt mich damit aus den Gedanken. Ich fliege zum Vorhang und nehme ihn beiseite. „Möchtest du mit uns Frühstücken?“, fragt sie lächelnd und ich antworte sofort mit einem „Ja!“ „Dann zieh` dich an“, meint sie und wendet sich ihrer eigenen Kleidung zu, „und vergesse dein Krönchen nicht!“ Diese Bemerkung fand ich mal wieder völlig überflüssig und ich hätte gern darauf verzichtet, aber was tue ich nicht für ein Lächeln von ihr. Nur kurz darauf lande ich mit Krönchen auf ihrer Schulter was sie mit freudigem Blick wahrnimmt. „Dann können wir ja runter“, sagt sie und wir verlassen ihr Zimmer. In der Küche angekommen lande ich auf dem Tisch und schaue den beiden bei der Vorbereitung zu. Maria hat extra für mich die passenden Puppenmöbel mitgebracht, welche zwar etwas unbequem sind, aber immer noch besser als beim Essen liegen zu müssen. Während wir dann frühstücken leiste ich mir dann eine Bemerkung: „Ihr seid also beides Hexen?“ Darauf schauen sich beide erstmal fragend an und dann ergreift Kaila das Wort: „Du hast uns heute früh zugehört, oder?“ „Das war leider nicht zu verhindern“, entgegne ich. „Ja sind wir, aber mein Mann ist ein normaler Mensch und darf davon nichts erfahren“, warnt sie mich gleich. „Dann danke für eure Aufnahme, aber ich habe noch eine Frage.“ „Immer frag“, schaut sie auffordernd. „Kennt ihr zufällig die Hexe der ich mein jetziges Aussehen verdanke?“, lasse ich meiner Neugier freien Lauf. Kaila weist nur auf ihre Tochter und diese schaut beschämt nach unten: „Es tut mir leid, das wollte ich nicht. Ich hoffe ich kann es irgendwann wieder gut machen.“ „Aber die Hexe dort sah ganz anders aus“, bin ich etwas verwirrt. „Ich hatte gerade die Prüfung der Grundausbildung bestanden und die eigene Verwandlung gehörte dazu“, klärt sie mich auf, „ und als du denn kamst habe ich mich etwas überschätzt. Es tut mir leid.“ „Das braucht dir nicht leid tun“, möchte ich sie beruhigen und fliege rüber auf ihre Schulter, „schließlich war es auch meine Neugierde und Fantasie die Schuld daran ist.“ „Aber als verantwortungsvolle Hexe hätte ich so was ausschließen müssen“, kontert sie. „Aber es war sehr verantwortungsvoll von dir was du danach gemacht hast“, entgegnet ihre Mutter und setzt sich neben sie, „schließlich war es deine Idee ihr sofort das Buch dort zu lassen und sie dann hierher zu uns zu holen. Verantwortung zu übernehmen heißt nicht das man keine Fehler machen darf, sondern das man sich ihnen stellt und aus ihnen lernt.“ Mit verheulten Augen schaut sie mich an und fragt: „Und du bist mir nicht böse deshalb?“ „Nein“, schüttele ich den Kopf und streiche ihr über die Wange, „sonst hätte ich ja nie so tolle Abenteuer erlebt.“ „Danke“, lässt sie wieder ein Lächeln über ihr Gesicht huschen. „Aber ist denn das ganze Versteckspiel nötig gewesen?“, frage ich nach. „Leider ja“, mahnt Kaila, „wenn du weiter als Hexe zwischen den Menschen leben möchtest ist Tarnung das Wichtigste überhaupt, denn kein normaler Mensch darf etwas über die Magie erfahren!“ Dazu nicke ich nur um mir eine Antwort zu ersparen. Aber es bleibt leider keine Zeit mehr für weitere Worte, denn durch das Küchenfenster ist der heimkehrende Mann zu sehen. „Schnell nach oben“, mahnt mich Kaila während sie die Puppenmöbel verstaut. Geschwind fliege ich den bekannten Weg, doch ich bin nicht schnell genug. Direkt vor mir öffnet er die Eingangstür und ich versuche mich noch in der Garderobe zu verstecken. Aber auch das schaffe ich nicht und habe bereits eine Sekunde den Schlag mit der Tageszeitung im Rücken. Das ist ein Volltreffer und ich kann nur noch die Arme schützend vor das Gesicht heben bevor ich gegen die Wand geschleudert werde. Benommen falle ich hinunter und lande glücklicherweise weich auf einem Beutel mit alten Putzlappen. Schnell versuche ich mich unter dem Schuhschrank zu verkriechen, doch auch hier bin ich zu langsam. Mit seinem Schuh erwischt er meinen ganzen Fischschwanz und das schmerzt fast unerträglich. Ich muss mir selbst mit beiden Händen den Mund zu halten damit er meinen Schrei nicht hört. Auch wenn ich es vor Schmerzen kaum noch aushalte verschwinde ich so schnell es geht unterm Schrank hinter den Schuhen als er den Fuß auch nur ein kleines Stück hebt. Wie er sich nun bückt um nachzuschauen was er dort erwischt hat ist Kaila endlich zur Stelle und geleitet ihn ins Wohnzimmer. Die Hand die nun unter dem Schrank nach mir sucht ergreife ich gern, denn es ist Marias Hand. „Wie geht es dir?“, fragt sie mich als ich in ihrer Hand liege und sie mich nach oben trägt. „Ich glaube er hat mir jede Gräte meines Schwanzes einzeln gebrochen“ behaupte ich und streiche schmerzerfüllt über die Schuppen. Oben angekommen versuche ich ihr aus der Hand zu fliegen, doch ein stechender Schmerz im Rücken lässt mich zusammensacken. Das bemerkt sie und fragt sofort: „Ist denn überhaupt noch was heil bei dir?“ „Der Kopf mit dem Krönchen“, versuche ich noch einen Scherz zu machen, doch im Moment ist niemandem nach scherzen zumute. Als erstes kümmert sie sich um die abgeknickten Flügel und schient diese. Dann tastet sie den Schwanz hoch bis zum Rücken um zu sehen bis wo ich Schmerzen habe und geht dann aus dem Zimmer. Nur kurz darauf kommt sie mit ihrer Mutter zurück und diese bringt eine Salbe mit. Maria reibt meinen Schwanz damit ein und legt mir auch dort eine Schiene an. So eingepackt kann ich mich kaum bewegen da die alte Verletzung an meinem Arm ja auch noch nicht verheilt ist. „Kennt ihr denn keine Zauber die mir helfen

könnten?“, frage ich Kaila die ihrer Tochter zugeschaut hat. „Tut mir leid“, schüttelt sie den Kopf, „Maria hat nur die Grundausbildung und mein Fachbereich ist auch ein anderer und so lange mein Mann hier ist können wir keinen Heilmagier rufen. Die Salbe habe ich einst von einem Magier aufbessern lassen damit sie die Schmerzen lindert, aber sonst kann ich dich nur bitten bis morgen durchzuhalten.“ Mit diesen Worten lässt uns Kaila wieder alleine. Mit Mühe ziehe ich mich zu ihrer Hand und schaue zu ihr hoch wie sie dort in Gedanken versunken sitzt. „Und alles ist meine Schuld“, ärgert sie sich und will die Fäuste ballen. Aber sie bemerkt, dass ich in ihrer Hand liege, was sie wieder etwas besänftigt. „Ist doch gar nicht wahr“, entgegne ich, „ich hätte mich ja einfach unsichtbar machen können, aber ich bin panisch davon geflogen.“ „Vielleicht hast du Recht, aber immerhin bin ich für dich verantwortlich“, meint sie, steht auf und trägt mich zum Schloss um mich dort auf den Balkon meines Schlafzimmers zu legen. Dort hole ich das seidige Nachthemd hervor damit sie mir beim Umkleiden hilft. Wie sie mir hilft kommt mir wieder etwas in den Sinn: „Ich habe noch eine Frage und würde gern eine ehrliche Antwort haben.“ „Immer frag“, meint sie als sie mich fertig angezogen hat und schaut mich mit ihren großen unwiderstehlichen Augen an. „Die Kleider sind zu fein als das sie von Barbie und Co sind. Hast echte Kleider gekauft und auf meine Größe geschrumpft?“, schaue ich fragend hoch. „Ertappt“, meint sie nur und grinst mich an. „Dann tut es mir leid, dass ich das Prinzessinnenkleid zerrissen habe. Das war sicher tierisch teuer“, versuche ich mich noch nachträglich zu entschuldigen. „Hey“, stupst sie mich an, „und was meinst du wenn ich dir sage das ich es eigentlich schon längst entsorgen wollte?“ Verständnislos schaue ich sie an. „Das war mein altes Konfirmationskleid, welches ich eigentlich gehasst habe wie die Pest“, klärt sie mich auf, „aber du sahst richtig süß darin aus.“ „Na toll“, meine ich und tue eingeschnappt. „Du kannst immer noch umziehen in den Schuhkarton unterm Bett“, schaut sie mich auffordernd an. „Schon ok“, grinse ich hoch und rücke das Krönchen zurecht. „Ich muss jetzt runter um den Schein zu wahren“, meint sie und geht zur Tür, „alles Gute und ruhe dich schön aus.“ Mit diesen Worten bin ich wieder allein. Ich schleppe mich zum Bett, kuschele mich in die Decke und versuche etwas zu schlafen.

Kapitel 6 Tags drauf liege ich immer noch im Bett und warte ab. Die Schmerzen haben sich gelegt, aber leider nur so lange ich still liege, was meine Geduld bis an die Grenze belastet. Plötzlich höre ich unten im Schloss Geräusche und außerdem habe ich etwas Hunger. „Bleib ganz ruhig liegen“, meinte Kaila heute früh, „wenn wir Glück haben ist mein Mann in einer Stunde wieder unterwegs und es kommt alles ins Lot.“ Wieder höre ich ein Geräusch unter mir und ich würde gern nachsehen, aber da der Vorhang zugezogen ist kann ich nicht einmal sehen ob jemand draußen in Marias Zimmer ist. Von der Treppe die in mein Schlafzimmer führt höre ich plötzlich meinen Namen rufen und schaue hin. Ich staune nicht schlecht, denn dort steht Maria und lächelt mich an. Sie ist genauso klein wie ich und über ihre Schultern ragen ebenso zarte Feenflügel. Dazu ist ihre Stimme noch höher und feiner als meine. Sie setzt sich zu mir auf das Bett, streicht mir über das Haar und flüstert: „Mein Vater ist fort und Mama meinte ich kann dir so besser Gesellschaft leisten bis der Doktor kommt.“ „Danke“, flüstere ich zurück und lehne mich an sie, „das ist wirklich lieb von dir.“ „Wie geht es dir?“, fragt sie und tastet prüfend über den Verband an meinem Arm. „Wenn ich still liege tut es nicht weh“, antworte ich ehrlich. In ihren Armen liegend vergeht die Zeit deutlich angenehmer. Tatsächlich kommt bald ein etwas anderer Arzt und besieht sich staunend die kleine zarte Patientin, die er heute behandeln darf. „Das niedlichste Wesen seit Jahren“, gibt er grinsend zu. Ich plustere mich protestieren auf, aber ein ziehender Schmerz im Arm gebietet mir sofort Einhalt und erinnert mich weshalb er bei mir ist. Maria schaut es sich vom Balkon aus an und Kaila steht ihm zur Hand. Er holt einige Salben hervor, löst meine Verbände und salbt mich am ganzen Körper ein. Dabei verspüre ich starke magische Energien um mich herum und seine massierenden Bewegungen tun ihr übriges, so das mir recht warm wird. So geht es eine ganze Weile und ich komme richtig ins Schwitzen. Nach der Zeremonie deckt er mich mit einem weisen Tuch bis zum Hals zu und gebietet mir noch einige Minuten liegen zu bleiben, da die Salbe noch nachwirkt. Darauf verlässt er begleitet von Kaila und Maria das Zimmer. Ein paar prüfende Bewegungen bereiten mir keine Schmerzen und ich bin angenehm überrascht wie gut und schnell alles verheilt ist. Nach etwa zehn Minuten kommt Maria ins Zimmer geflogen, reicht mir mein Kleid und sagt ich dürfe nun aufstehen, da ich wieder komplett gesund bin. Geschwind streife ich es über, fliege mit ihr zum Schloss und setze mein Krönchen auf, was sie mir mit ihrem süßen Lächeln dankt. „Wir haben mit unserem Lehrmeister gesprochen und er kann dir dein altes Leben zurückgeben“, eröffnet sie mir, „aber die Chance besteht nur heute.“ „Wer sagt denn das ich in mein altes Leben zurück möchte“, schaue ich sie fragend an. „Ich dachte das ist das mindeste nach dem was passiert ist“, schaut sie ebenso überrascht zurück. Ich nehme sie in den Arm und drücke sie fest an mich: „Wenn es irgendwie möglich ist möchte ich für immer bei dir bleiben. Du bist mein ein und alles.“ „Aber dann darfst du dich nicht zurück verwandeln“, warnt sie mich vor, „du musst wissen dass ich die Männerwelt verachte.“ „Verachtest du mich denn auch?“, frage ich etwas verängstigt. „Anfangs schon“, antwortet sie ehrlich, „aber dann hast du gezeigt das du auch eine liebenswerte Seite hast.“ Etwas verwirrt lasse ich die Umarmung locker, aber sie drückt mich gleich wieder fest an sich und flüstert mir ins Ohr: „Lass einfach deine Matschomaske weg und zeige deine wahre Seele, dann habe ich dich richtig gern.“ „Werde ich versuchen“, hauche ich zurück. „Dann will ich dich nicht weiter am Lernen hindern“, meint sie grinsend, nimmt mich an der Hand und geleitet mich auf den Balkon. Dann flattert sie wieder aus dem Zimmer und lässt mich allein zurück. Wie sie es wünscht begebe ich mich wieder in den Turm um mich dem Buch zu widmen. Später am Tag kommt sie mit Kaila zurück zu mir. Inzwischen hat sie wieder ihren Mädchenkörper zurück und lächelt mich mit ihren Augen an, in deren Unendlichkeit ich jedes Mal versinken möchte. „Da du dich entschlossen hast eine kleine Fee zu bleiben, haben wir uns erlaubt dich als angehende Hexe anzumelden“, verkündet mir Kaila. „Und was bedeutet das für mich“, frage ich interessiert zurück. „Es bedeutet, dass du in wenigen Tagen in die Hexenwelt gehen musst um dich dort einer intensiven Ausbildung zu unterziehen“, erklärt sie mir, „wir können dich dort nicht weiter begleiten, aber da mussten wir alle durch und wenn du die Grundausbildung bestehst wirst du von allen Hexen und Magiern anerkannt. Danach kannst du dein Leben und deine Weiterbildung selbst wählen.“ „Bin ich denn überhaupt schon weit genug um mich der Grundausbildung zu stellen?“, entgegne ich etwas unsicher. „Sicher bist du das“, grinst mich Maria beruhigend an, „die meisten dort kennen kaum mehr als den Lichtzauber und wenn du weiter so intensiv studierst wirst du einen super Abschluss machen.“ „Vielen Dank für euer Vertrauen, aber ich weis nicht ob ich es verdiene. Ich hoffe nur ich enttäusche euch nicht“, versuche ich es etwas realistischer zu sehen und wende mich zum Turm. Maria hockt sich zu mir und meint lächelnd: „Ich habe volles Vertrauen zu dir.“ Dieser Blick weckt neue Kraft und ich möchte ihr Vertrauen auf keinen Fall brechen. Die nächsten Tage verbringe ich fast vollständig mit meinem Buch und den zugehörigen Übungen. Gelegentlich ist es Maria anzusehen, dass sie mich vom Buch wegholen möchte um etwas mit mir zu spielen, aber dann denkt sie daran dass ich es ja für sie tue. Viel zu schnell kommt der Tag der Abreise und Maria packt mir meine Kleider in einen ebenso niedlichen Koffer. „Vergesse dein Buch nicht“, mahnt mich Kaila, „das ist das Wichtigste überhaupt.“ „Aber es ist für mich viel zu groß und schwer um es zu tragen“, entgegne ich leicht beschämt. Kaila nimmt es aus dem Turm und ich kann zusehen wie es in ihrer Hand noch kleiner wird. Am Ende hat es für mich nicht einmal mehr Format A3 und ich kann es ohne größere Probleme tragen. Danach setzt Maria mich auf ihre Schulter und wir drei gehen gemeinsam auf den Dachboden. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hat holt sie ihre zwei Zauberstäbe aus ihrem dichten Haar und konzentriert sich. Ein grelles Licht umhüllt uns und wir reisen wie sonst nur aus SiFi-Serien bekannt ist. „Scotty beam me up“, bemerke ich im Nachhinein und auch Kaila und Maria müssen darüber lächeln. Nun wird es aber etwas ernster, denn es heißt anmelden im Internat. Auch darf ich mich zusammenreißen, denn ist ein reines Mädcheninternat und die meisten Schülerinnen haben ihren jungen weiblichen Körper behalten. Die meisten meiner ehemaligen Freunde würden längst ausflippen, aber ein Blick zur Seite zeigt mir das einzige Mädchen, welches derzeit für mich interessant ist.

In der Anmeldung setzt mich Maria auf den Tisch und begibt sich mit Kaila in die Wartezone. Die Frau dort läst mir ohne den Blick von den anderen Papieren zu nehmen einen Anmeldungsbogen herüber gleiten und ich lande darauf. Dem Stift den sie mir zuwirft muss ich ausweichen, denn bei dem Wurfstil hätte er mich glatt erschlagen. „Keine Reaktion“, meint sie nur abwertend als sie den Stift auf dem Fußboden aufkommen hört. Ich antworte lieber nicht und überlege lieber wie ich die gewünschten Daten zu Papier bringe, denn der Stift ist dazu eindeutig zu schwer. Zum Glück habe ich erst gestern den Farbzauber gelernt und bringe nur damit geschickt Worte und Zahlen zu Papier. Wie ich mich fertig melde zieht sie das Blatt ebenso zügig und ohne den Blick zu heben unter mir weg. Wäre ich nicht in Voraussicht etwas abgehoben wären mir einige Purzelbäume sicher gewesen. Als sie es sich durchliest meint sie nur: „Wer will mich das veralbern.“ Endlich schaut sie zu mir auf und ihre Augen werden immer größer. „Wir haben da ein kleines Problem“, meint sie, „selbst unsere kleinsten Betten sind zu groß für dich und nach deinen Daten hast du noch nie in einer Blüte geschlafen.“ „Und warum verkleinern sie nicht einfach ein Bett für mich?“, frage ich neugierig. „Weil es gegen die Vorschrift ist die Einrichtung zu verändern und das passende Zimmer dazu fehlen würde“, entgegnet sie ernst, „aber hole mal deine Angehörigen, dann zeige ich dir was du haben kannst.“ Dankend hole ich Kaila und Maria und wir folgen ihr durch die Gänge. Von einem größeren Innenhof aus kommen wir in einen engeren Gang in dem nach den Worten der Frau kaum noch jemand wohnt. „Früher wurden hier alle kleineren Wesen untergebracht, aber heute sind hier nur noch einige unserer jüngeren Schülerinnen zu Hause.“ „Und hier soll ich wohnen?“, frage ich leicht enttäuscht. „Nein“, entgegnet sie, „aber hier haben wir eine mögliche Einrichtung für dich. Um ehrlich zu sein die einzige die ich dir anbieten kann.“ Dabei verweist sie auf einen großen Schaukasten der dort zwischen anderen an der Seite steht. Jeder Kasten ist etwa zwei Meter hoch, zum größten Teil aus Glas und hat einen sehr feinen Vorhang an der Vorderseite. Drinnen steht ein Tisch mit einer großen Wasserschale in der eine künstliche Wasserpflanze steht. Auf den großen schwimmenden Blättern stehen zierliche Möbel und in der Mitte ragt ein großer Stiel heraus an dessen Ende eine schöne Blüte gearbeitet, welche als Schlafplatz dient. „Um hier eine Privatsphäre zu erreichen“, klärt sie mich auf, „ musst du mit der Färbung des Glases, der Handhabung des Vorhang und mit der Bewegung der Blütenblätter klar kommen, aber ich denke deine Erzieherin wird dir sicher dabei helfen.“ „Ich denke das bekomme ich schnell hin“, beruhige ich sie lächelnd. Bereits eine Stunde später richte ich mich in einem vergleichbaren Raum in einem geräumigen und helleren Raum ein. Dann verabschiede ich mich von den beiden mit ein paar Tränen. Maria nimmt mich noch einmal auf die Hand und drückt mich an ihre Brust. Mindestens zwei Minuten hält sie mich so fest und lässt mich erst los als ihr die Erzieherin auf die Schulter tippt. „Wir haben noch etwas vor“, meint diese lächelnd. Mit einem kleinen Bussi von Kaila und Maria bin ich dann allein und die Erzieherin bringt mich in den Gemeinschaftsraum. Dort sind schon einige Schülerinnen versammelt und mir wird gleich ein Platz dicht bei der Erzieherin zugewiesen. Es dauert noch einige Zeit, denn ein paar Schülerinnen fehlen noch, aber dann erbittet sie sich Ruhe. Sie stellt sich als Aya vor und erbittet sich Disziplin, da wir nun ein ganzes Jahr zusammen leben werden. „Und nun erzählt mal wie viel ihr schon von Magie wisst. Wer hat denn noch nicht den Lichtzauber geschafft?“, fragt sie in die Runde und beruhigt die beiden, die sich zögernd melden. Als nächstes fragt sie wer mehr als drei Zauber kann, worauf sich neben mir noch fünf weitere Mädchen melden. Aya lässt sich von allen erzählen was sie schon können, aber mich ignoriert sie gekonnt. Zum Schluss rät sie uns am nächsten Tag gut ausgeruht zu sein, da wir einige Tests vor uns hätten und entlässt uns in den Abend. „Warum hat sie dich nicht erzählen lassen“, fragt mich eine Stimme von der Seite. Ich schaue hoch und sehe in zwei leuchtend grüne Augen, die sich als Doris vorstellen. Auf ihre Frage kann ich nur mit den Schultern zucken, aber nachdem alle anderen Mädchen gegangen sind setzt sich Aya zu uns. „Weil ich dich nicht blamieren wollte“, beantwortet sie freundlich. „Aber ich kann doch viel mehr als die anderen“, entgegne ich etwas verwirrt. „Nachdem was ich mitbekommen habe kannst du noch nicht einmal mit der Blume umgehen und von Feen wird erwartet, dass sie mindestens hundert Zauber kennt.“ „Wie viele kennst du denn schon?“, fragt mich Doris leicht erstaunt. „Etwa vierzig bis fünfzig Zauber“, antworte ich kurz. „Dann werde ich dir mal die Zauber für dein Zimmer zeigen“, meint Aya. Ich nicke nur erwartungsvoll, aber Doris fragt erstaunt: „Heute Abend noch? Morgen schreiben wir doch die Tests!“ „Für Feen ist das ein ganz normaler Tag hier“, entgegnet sie nur kurz und erlaubt Doris für die Lehrstunde bei uns zu bleiben. Auf diese Lehrstunde bin ich schon sehr gespannt und natürlich auf die Tests und deren Ausgang.

Kapitel 7 Die Lehrstunde am Abend ist recht anstrengend und die Zauber sind alles andere als einfach. Doris meinte mich unterstützen zu wollen und macht die Übungen mit mir zusammen. Aya hat nichts dagegen und stellt ihr auch eine Blume hin. Als ich die Übung nicht sofort erfolgreich schaffe ist Aya ein wenig aufgebracht und meint ich müsste mich deutlich mehr anstrengen wenn ich hier einen Abschluss bekommen möchte. „Dann brauche ich ja gar nicht erst anfangen“, setzt sich Doris enttäuscht hin, denn sie hat gar nichts geschafft während ich innerhalb von zwei Stunden alle Zauber erfolgreich einsetzen kann. „Bei dir ist das etwas anderes. Je kleiner und älter unsere Schüler sind desto höher setzen wir die Anforderungen. Unsere Finia ist schon ausgewachsen und hat in der Menschenwelt bereits eine Berufsausbildung begonnen. Daher muss sie die maximalen Leistungen bringen. Du hingegen bist erst in der sechsten Klasse und hast deine menschliche Gestalt behalten und bist jederzeit in der Lage ohne Hilfe in dein altes Leben zurückzukehren. Daher sind die Anforderungen an dich und deine anderen Mitschülerinnen deutlich geringer.“ „Sind denn noch andere Schülerinnen da die keine menschliche Gestalt mehr haben?“, frage ich sie. „Früher hatten wir immer mehrere die sich der Herausforderung gestellt haben, aber seit dem Beginn der Medien ist es deutlich zurückgegangen. Schülerinnen haben wir reichlich wie zuvor, aber nur noch menschliche. Du bist die erste Fee seit drei Jahren und daher bedeutet uns deine Ausbildung sehr viel und jede Ausbilderin wird dir das Maximale abverlangen.“ „Na toll“, murmele ich, denn ich hatte gehofft in der Masse untertauchen zu können, aber nun muss ich als Aushängeschild der Schule herhalten. Wie auf dem Schauplatz steht auch der Glaskasten, der mein Zimmer darstellt am Ende des Ganges zwischen zwei Fenstern. Zum Glück habe ich die Zauber gelernt mit denen ich den Vorhang so steif machen kann wie eine feste Wand. Dazu habe ich die Glaswände getönt, so dass ich etwas Privatsphäre habe um mich auf die Tests vorzubereiten. Zur Sicherheit gehe ich noch einmal die Elementezauber durch bevor ich mich in die Blüte zum Schlafen lege. Die Blütenblätter sind so gemacht, dass man sie beim Schlafen eigentlich komplett schließt, aber da ich mir genügend Privatsphäre ausmale hebe ich sie nur ein Stück an. Der nächste Morgen kommt viel zu schnell und während die meisten Mädchen noch schlafen bin ich mit einigen, ebenfalls schon erwachsenen Schülerinnen auf dem Weg zu den Schulungsräumen. Dort erwartet uns schon unsere Lehrerin. Sie trägt große weiße Engelsflügel auf dem Rücken und kleidet sich in ein weißes Gewand. Aber so lieblich sie damit aussieht umso strenger ist ihr Blick. Auch hat sie keine Harfe in der Hand, sondern einen kräftigen Rohrstock mit dem sie mir einen Platz direkt vor ihr zuweist. „Hier ist es Vorschrift das jede Schülerin auch an der normalen Schulausbildung teilnimmt“, beginnt sie mit strengem Ton, „und um festzustellen wo wir euch eingliedern haben wir einige Tests vorbereitet die euch mit Sicherheit an eure Grenzen bringen.“ Damit habe ich nun nicht gerechnet und die Zettel, welche sie verteilt bestätigen dieses, denn der oberste hält gleich ein paar Matheaufgaben für mich bereit. „Es wird nur mit den ausgeteilten Stiften geschrieben“, sagt sie noch laut während sie diese und einfache Taschenrechner verteilt. Als sie mir nur einen Stift hinlegt frage ich sie warum sie mir keinen Rechner gibt. Mit sichtbar enttäuschtem Blick, aber ohne ein Wort zu verlieren legt sie mir auch einen hin und ich male mir aus wie ich ihr gegenüber wieder Minuspunkte gemacht habe. Nachdem sie uns für den ganzen Test vier Stunden gibt hebe ich ein Stück ab um besser lesen zu können. Zum Schreiben und um den Taschenrechner zu bedienen benötige ich vor allem den Bewegungszauber, welcher mit teilweise so viel Konzentration abverlangt, dass es mir schwer fällt einige Aufgaben überhaupt zu verstehen. Die Lehrerin rümpft jedes Mal die Stirn wenn ich den Stift ablege um besser überlegen zu können. Als mir die Matheaufgaben zu schwer werden, blättere ich weiter zu den anderen Themen. Der Test geht durch den ganzen Lehrstoff aller Schulen und ist bei weitem nicht in der vorgegebenen Zeit zu schaffen. Nach dem Test schickt sie die Mädchen in die Pause und sammelt alles ein. Als ich die Mädchen begleiten möchte hält sie mich energisch zurück und meint: „Du kannst mich gleich zum nächsten Test begleiten.“ Zügigen Schrittes geht sie durch die Gänge, so dass ich ihr kaum folgen kann. Die Frage ob ich mich auf ihre Schulter setzen kann erspare ich mir lieber. Am Ziel angekommen warten alle meine zukünftigen Ausbilderinnen, die nun mich und meine Fähigkeiten testen wollen. Auf die Frage ob ich bereit sein nicke ich und werde auf den Tisch in der Mitte des Raumes gebeten. Dort werde ich gleich mit dem ersten Problem konfrontiert welches ich zügig lösen muss. Hierbei sind nicht nur meine magischen Fähigkeiten gefragt, sondern auch Reaktionsvermögen, Schnelligkeit, Logik und alles was man sonst noch braucht. Kaum habe ich ein Problem im Griff werde ich mit einem neuen konfrontiert oder hinterrücks attackiert. Die Erfahrungen aus den Tagen mit Kaila und Maria helfen mir ein wenig, aber es vergeht kaum eine Minute in der ich nicht auf der Nase liege. Dazu kommt, das trotz meines Versagens die Prüfungsaufgaben zunehmend schwerer werden und mir nach etwa einer Stunde bereits jeder Teil meines Körpers dermaßen weh tut, das ich schreiend abhauen möchte. Aber damit würde ich Maria bitter enttäuschen und deshalb stelle ich mich weiterhin. Nach zwei weiteren qualvollen Stunden wird mir das ganze doch zu viel und ich bleibe einfach liegen und lasse es über mich ergehen. Als die Lehrer das merken beenden sie die Prüfung und ziehen sich zur Beratung zurück. Der Raum ist finster und eiskalt. Nur mein eigener Lichtzauber beleuchtet mich und den Tisch auf dem ich sitze. Als ich mich wieder ein wenig erholt habe, kommen die Lehrer zurück und setzen sich um mich herum an den Tisch. „Wir sind sehr von dir enttäuscht“, beginnt der leitende Ausbilder hart, „du bist langsam, träge und noch sehr auf dein altes menschliches Dasein fixiert. Du benutzt die Grundlagenzauber immer noch als wären sie etwas Besonderes, wobei sie für dich alltägliche Nebensächlichkeiten sein sollten. Aber du hast einen sehr starken Willen gezeigt und nur deshalb haben wir uns entschlossen dir eine Chance zu geben und dich ohne Verzögerung in die Ausbildung zu nehmen. Diese wird in keinen Punkt weniger anstrengend als die letzten Stunden und wir glauben nicht dass du sie in weniger als zwei Jahren schaffen wirst. Wenn es dir also zu viel ist kannst du hier und jetzt noch ablehnen und in einem Jahr wieder kommen.“ Unter normalen Umständen wäre ich sofort wieder nach Hause gegangen, aber ich habe Kaila und Maria noch gesagt wie gut ich mich vorbereitet hätte. Somit nehme ich dankend an und frage wie es nun weitergeht. Der leitende Ausbilder zeigt mir darauf sein Büro und gibt mir alle nötigen Unterlagen. Wie ich auf meinen Stundenplan schaue stockt mir der Atem,

denn er ist so voll gepackt, das mir kaum Zeit zum Essen und Schlafen bleibt und nur am Sonntagabend ein wenig Freizeit vergönnt ist. „Das wäre dann alles. Wir sehen uns morgen früh beim Flugtraining“, meint er noch und schickt mich weg. Wieder bei den Mädchen in unserem Gang angekommen winkt mich Doris zu sich ins Zimmer. Erschöpft lande ich auf ihrem Tisch und frage ob sie etwas zu essen hat. „Wir haben dich beim Mittag vermisst“, meint sie und stellt mir eine Schale Kekse hin. Dankend nehme ich einen und meine ich hätte keine Zeit gehabt wegen der Prüfung. „Wie ist sie denn gelaufen?“, fragt man mich. Ich antworte nur mit gesenktem Blick: „gerade noch zugelassen.“ „Ich auch“, entgegnet Klarissa, welche bei Doris mit im Zimmer schläft, „Ich habe den Lichtzauber erst beim dritten Versuch geschafft und bei der Elementeprüfung wusste ich erst gar nicht was ich machen sollte. „Was für eine Prüfung“, frage ich erstaunt. „Musstest du denn nicht die Elementezauber vorführen?“ fragt sie zurück. „Nein, sie hatte eine etwas anspruchsvollere Prüfung“, meldet sich die Erzieherin, welche von der Tür aus zugehört hat, „während die Magie für euch nur ein Hobby ist braucht sie Finia um unabhängig leben zu können. Ihr wurdet geprüft ob ihr die magische Energie überhaupt begreifen könnt, aber sie wurde geprüft in wie fern sie unter Extrembedingungen überleben kann.“ Inzwischen haben sich noch mehr Mädchen im Zimmer versammelt die gespannt zuhören. „Hast du knapp bestanden oder knapp überlebt“, fragt Klarissa zögernd. „Ist denn da ein Unterschied?“, entgegne ich frech, „Sicher hätten sich mich nicht getötet, aber meine Zulassung war mehr als nur in Gefahr. Aber ich werde nicht aufgeben, denn schließlich habe ich jemandem versprochen, das ich hier meinen Abschluss mache.“ Diese Worte zaubern ein Lächeln auf die Gesichter der Anwesenden und es wird doch noch ein schöner Abend. Am nächsten Morgen treffe ich wie auf dem Plan angegeben meinen leitenden Ausbilder auf dem Flugtrainingsplatz. Auf die Frage ob wir alleine trainieren meint er: „Wir fangen alleine an und die anderen Mädchen kommen in etwa zwei Stunden her. Ab sofort erwartet jeder deiner Lehrkräfte das du im Beisein der anderen Mädchen die Rolle der Hilfsausbilderin übernimmst. Um zu gewährleisten dass du dich nicht blamierst und auch das Geforderte bringst fängt dein Tag ein bis zwei Stunden früher an und abends bekommst du extra Training. Das gilt natürlich nur für den Bereich der Magie und nicht für den normalen Unterricht.“ „Aber in meinem Tagesplan ist kein normaler Unterricht angegeben“, entgegne ich. „Das liegt daran das derzeit Sommerferien sind und alle anderen Schüler dadurch mehr Freizeit haben. Wir werden das nutzen um deine Ausbildung schneller voranzutreiben.“ Damit gehen wir zum Rand des Trainingsplatzes wo er sich erst einmal hinsetzt: „Ich spüre wie du immer wieder sehr zögernd deine Magie einsetzt als wäre sie etwas Fremdes. Die Magische Energie ist eine Energie die überall ist wo Leben existiert. Sie umgibt uns, sie durchdringt uns, sie hält das Universum im Gleichgewicht. In anderen Gegenden wird sie auch Die Macht, Das Äther oder kosmische Energie bezeichnet, aber es ist eben diese Kraft gemeint. Dein kleiner Körper erlaubt dir diese Energie viel besser auf einen Punkt zu konzentrieren als wir Großen, weshalb dir das zaubern deutlich leichter fällt. Woran du arbeiten musst ist deine Einstellung dieser Kraft gegenüber. Versuche mit ihr zu leben und vergiss deine Furcht davor.“ Lächelnd beobachtet er wie ich seine Worte sacken lasse und steht dann auf. „Fliegen kannst du ja von Natur aus, aber das ist nicht das was wir hier lernen“, meint er wieder mit strengem Ton und ich frage mich was er wohl damit meint. Dann erklärt er mir wie Hexen und Magier durch die Luft schweben und wie ich es nutzen kann um schneller zu werden du meine Flügel zu entlasten. Es dauert nicht lange bis ich den Zauber kann, aber das genügt nicht. Das Ziel ist schließlich mit dem Zauber zu leben und ihn als selbstverständlich zu nehmen. Nachdem die zwei stunden fast um sind und ich das herumschwirren sichtlich genossen habe erlaube ich mir eine Frage: „Warum glitzert es eigentlich so um mich herum?“ „Das sind die Entladungen der magischen Energie“, antwortet er, „da Feen besonders klein sind und die Energie besonders stark bündeln ist der Effekt deutlich stärker. Der Volksmund nennt es Feenstaub. Wenn du besonders viel magische Energie nutzt fängst du auch an ein wenig äußerlich zu leuchten, was den bekannten Effekt der leuchtenden Zauberfee erzeugt wie sie in manchen Geschichten beschrieben ist.“ In diesem Moment kommen die Mädchen und es wird unruhig. Gespannt schwebe ich neben dem Ausbilder und warte gespannt auf die erste Stunde.

Kapitel 8 Leicht glitzernd schwebe ich neben unserem leitenden Ausbilder, der gerade die erste Lehrstunde eröffnet und sich als Kay vorstellt. „Ich erwarte nicht, dass viele von euch nach zwei Stunden fliegen, aber mit etwas Glück schaffen es vielleicht einige“, lächelt er in die Menge. ‚Und bei mir war er mit dreißig Minuten unzufrieden’, denke ich bei mir, aber ich kenne ja den Grund. „Zum Fliegen hat jeder sein persönliches Gerät. Ich habe meinen Perser, andere eine Lampe und Hexen benutzen meist Reinigungsgeräte. Feen benutzen ihr Kleid und ihre Flügel. Für euch haben wir dort je einen der guten alten Reisigbesen zu liegen.“ Sofort laufen sie alle hin und holen sich einen. Dann beginnt er langsam zu erklären wie es geht und alles hört ihm gespannt zu. Als es an der Zeit ist für die ersten Versuche ist Doris eine der ersten die es schaffen. Wie Kay am Anfang sagte sind es wirklich nicht viele, aber damit die die schon sicher fliegen sich nicht langweilen meint Kay zu uns: „Finia dreht jetzt ne kleine Runde über die Wiese mit euch. Fliegt nicht zu hoch und nicht zu weit und auf die Kleine wird gehört!“ Dann fliegen wir rüber und haben richtig Spaß. Nach einer Weile hält Doris mitten in der Luft an und winkt mich heran. „Was ist?“, frage ich. „Du hast es gut“, grinst sie, „Du bist so flink und mir tut schon jetzt der Hintern weh.“ Ich schaue sie fragend an und sie meint: „So ein Besen ist ja nicht das bequemste Sitzmöbel. Du kannst ja zum Glück frei und ohne Hilfsmittel fliegen.“ Das meint sie sicher nett und mir tut es leid die Mädels wieder zum landen aufzufordern, denn mir hat es auch Spaß gemacht. Klarissa hat es leider nicht geschafft abzuheben, aber sie nimmt es sehr gelassen. „So Mädels“, meint Kay als sich alle wieder um ihn versammelt haben, „Wir sehen uns dann in zwei Stunden wieder hier zu den Elementeübungen. Wer dazu noch Lust hat seinen eigenen Besen zu basteln kann sich in der Kantine für den Bastelkurs eintragen.“ Dann wendet er sich ab, aber ruft noch einmal nach mir: „Finia! In zwanzig Minuten wieder hier!“ Zügig folge ich Doris und Klarissa um sie zur Kantine zu begleiten. „Hast es ja echt nicht leicht hier“, meint Klarissa als ich sie eingeholt habe. „Wenn man sich dran gewöhnt hat ist alles halb so wild“, entgegne ich halb zu mir selbst. „Wünscht du dir denn manchmal in deinen alten Körper zurück“, fragt sie und schaut mich erwartungsvoll an. „Manchmal schon“, entgegne ich ehrlich, „wenn ich ehrlich bin habe ich immer noch Probleme mit meinem kleinen Körper klar zu kommen, aber je mehr ich die Magie zu nutzen lerne desto einfacher wird es. Zum Beispiel konnte ich gestern kaum mit euch Schritt halten, aber mit dem Flugzauber tanze ich euch vor der Nase rum.“ „Ist es nicht wahnsinnig anstrengend sich den ganzen Tag auf zig verschiedene Zauber gleichzeitig zu konzentrieren?“ „Deshalb sind sie ja so unzufrieden mit mir“, erkläre ich leicht niedergeschlagen, „Ich muss unbedingt trainieren damit ich die einfachen Zauber unbewusst und ohne darüber nachzudenken einsetzen kann. Bei dem Flugzauber ist es leicht, da ich meine Flügel von Natur aus unbewusst einsetze, aber bei den anderen Sachen ist das deutlich schwerer.“ „Du schaffst das schon“, meint Doris, fängt mich aus der Luft und drückt mich an ihre gut gebaute Oberweite. Irgendwie fühle ich mich dabei etwas unwohl, denn schließlich weis sie nicht wer ich wirklich bin und außerdem will ich Maria gegenüber ehrlich bleiben. Mit diesen Gedanken schlüpfe ich lieber aus ihrer Umarmung und fliege neben ihr her. Warum sie mich jetzt so fragend ansieht kann ich mir gut vorstellen, aber keine von uns verliert ein weiteres Wort darüber. Der Nachmittag ist ähnlich gestaltet wie der Vormittag. Nach den Elementeübungen kommt noch ein weiteres Training für mich allein in dem ich lerne Dinge zu tun, die für Menschen alltäglich sind, aber für mich schwierig bis undenkbar scheinen. Nach so einem anstrengenden Tag brauche ich erst einmal eine Dusche. Als ich zurück ins Internat komme bin ich dort vollkommen allein und ich nehme mein Tuch um die Gemeinschaftsdusche zu benutzen. Es dauert nicht lange und die Ruhe ist vorbei, denn die Mädchen kommen von Sport und Spiel. Innerhalb von fünf Minuten bin ich umgeben von wohl geformten, unbekleideten Damen. Für jeden Mann wäre meine Position ein Traum, aber auf der anderen Seite wäre es doch sehr peinlich wenn sie merken was los ist. Zuerst versuche ich mich unauffällig weiter zu duschen, aber immer wieder erwische ich mich wie meine Blicke an den Rundungen hängen bleiben. Das ist mir doch etwas peinlich und ich verlasse die Dusche auf dem schnellsten Weg. Ich höre noch meinen Namen rufen, aber im Moment möchte ich mit meinen Gedanken lieber alleine sein. Langsam habe ich mir wieder etwas beruhigt und widme mich meinem Buch als jemand an das undurchsichtig gefärbte Glas klopft. Zögernd löse ich den Vorhang und schaue hinaus, aber da ist niemand. Nur ein Zettel liegt auf dem Boden auf dem mich Doris einlädt. Mit einem etwas unguten Gefühl folge ich wenig später dieser Einladung und klopfe bei ihr. Lächelnd öffnet sie mir und lässt mich herein. Wie Tags zuvor bietet sie mir etwas zum knabbern an und ich nehme dankend an. „Warum weichst du uns eigentlich immer aus? Habe ich dir irgendetwas getan?“ „Nein“, antworte ich, „es ist etwas anderes.“ „Was ist es denn?“, schaut sie mich erwartungsvoll an. „Ich möchte nicht darüber reden“, entgegne ich und weiche ihrem Blick aus. „Wie sollen wir dir vertrauen können wenn du so reagierst“, argumentiert sie und beugt sich überm ich damit ich sie ansehen muss. Wie ich aufsehe ragt mir wieder ihre Oberweite entgegen und ich erröte leicht. „Kannst du etwas für dich behalten?“, frage ich, denn wenn es so weiter geht wird sie es wahrscheinlich eh heraus bekommen und ich möchte nicht im falschen Licht vor ihr stehen. „Ich bin eigentlich ein Mann“, beginne ich zögernd meine Erklärung, werde aber sofort unterbrochen als Klarissa unter ihrer Decke hervor schaut und fragt: „Wer ist ein Mann?“ Erschrocken sitze ich mit offenem Mund da. Als ich mich wieder gefasst habe verschwinde ich so schnell es geht aus dem Zimmer und verstecke mich draußen im Garten. Jetzt kann ich mich mit Sicherheit nicht mehr zwischen den Mädchen blicken lassen, denn sie halten mich sicher für alles andere als vertrauenswürdig. Als es in den Zimmern dunkel geworden ist fliege ich hinein und verstecke mich in meiner Blume. Am nächsten morgen schläft zum Glück noch alles, denn für mich beginnt der Unterricht immer zwei Stunden früher. Die Übungen laufen aber alles andere als zufrieden stellend, da ich mit den Gedanken beim Vorfall mit Klarissa und Doris bin. Kay gefällt das überhaupt nicht und als ihm das zu viel wird wirft er einen kleinen Chrashball nach mir, welchen ich voll abbekomme. Völlig überrascht werde ich an die Wand geschleudert und rutsche an ihr abwärts. „Du kommst sofort her und erzählst mir was los ist oder du kannst gleich deine Sachen packen“, verlangt er laut und streng. Ein kleiner Schrei entfährt mir als ein stechender Schmerz meinen Flügel durchzieht. Der Aufprall hat sie mir abgeknickt und so trage ich mich allein durch den Flugzauber zurück an

meinen Platz wo ich mit zugeschnürter Kehle vor ihm sitze. „Ich höre so schlecht. Du musst etwas lauter sprechen“, meint er herausfordernd und mir bleibt nicht anderes übrig als ihm die ganze Geschichte zu erzählen. „So eine Sache kannst du dir hier aber nicht leisten. Erst einmal lässt du deine Flügel verarzten und danach klärst du alles. Bis morgen will ich die Geschichte aus der Welt wissen!“ Das sagt er so einfach, aber ich habe keine Ahnung wie ich mich jetzt ihnen gegenüber verhalten soll. Bei so vielen Gedanken kann ich mich kaum aufs Fliegen konzentrieren und brauche doch etwas länger zur Ärztin als gedacht. Sie ruft mich gleich ins Nebenzimmer und mustert mich eindringlich: „Dann haben wir ja gleich einen Grund für die erste Lektion im Bereich Selbstheilung.“ „Muss das sein?“, frage ich, denn im Moment ist mir wirklich nicht nach noch einer Lektion in irgendwas, aber sie lässt sich nicht beirren und bringt mir als erstes bei wie ich die Flügel selbst schiene und verbinde. Den Rest des Tages beschäftigt sie mich so stark mit ihrem Unterricht, das kaum einen Gedanken an meine anderen Probleme verschwenden kann. Somit bekomme ich zumindest das nötigste um mir selbst helfen zu können. Abends stellt sie einen Tisch ins Zimmer und legt ein Kissen darauf: „Ich möchte das du die Nacht hier verbringst und dich voll auf deine Heilung konzentrierst, damit du morgen wieder fitt bist.“ Dann lässt sie mich allein und ich lege mich auf das Kissen. Die Nacht über kann ich kaum schlafen. In aller Frühe schaut die Ärztin nach mir und ist dabei alles andere als zufrieden: „Wenn das so weiter gehst bist du heute Mittag noch hier.“ Damit ist die neue Lehrstunde eröffnet und damit es zügig geht nimmt sie mich noch härter ran als am Tag zuvor. Erst nach der Mittagspause ist sie zufrieden genug um mich gehen zu lassen. „Dein Ausbilder wartet schon“, meint sie noch als ich den Raum verlasse.

Kapitel 9 Auf schnellstem Weg fliege ich zum Trainingsplatz. Meine Flügel sind tatsächlich ganz verheilt und ich kann maximales Tempo machen. „Ganz ruhig“, meint die Ausbilderin die dort auf mich wartet, „wir müssen auf die anderen Mädchen warten.“ „Was liegt denn jetzt an“, frage ich, da ich keine Möglichkeit hatte auf den Plan zu schauen. „Dein Ausbilder hat eine Änderung eingeschoben und selbst ich weis nicht was er vorhat“, entgegnet sie lächelnd. Mir bleibt auch keine Zeit darüber nachzudenken, denn in diesem Augenblick kommen die anderen gefolgt von Kay auf den Platz. „Setzt euch, der Rasen ist weich“, lächelt Kay und macht es sich auch gemütlich, „ich habe dieses Treffen aus aktuellem Grund angesetzt. Wir leben und lernen hier auf engem Raum zusammen, was gegenseitiges Vertrauen voraussetzt. Daher möchte ich das jede hier vor allen anderen erzählt was sie gemacht hat bevor sie die Magie kannte, wie sie die Magie kennen gelernt hat und was für Ziele sie hier hat.“ Eine kleine Pause ruft sofort ein Gemurmel zwischen den Mädchen hervor. Nachdem sich dieses ein wenig gelegt hat sucht er wahllos ein Mädchen heraus welches beginnt. Auch kann ich mir genau denken weshalb er das macht und frage mich nur wann er mich aufruft. Die meisten Mädchen sind in einer Familie von Magiern aufgewachsen und die Eltern waren der Meinung sie wären bereit für diesen Schritt. Diese Mädchen sind eher die jüngeren hier und selten über 16 Jahre alt. Etwa in der Mitte fällt Kays Wahl auf Doris die locker ihre Geschichte erzählt: „Ich habe die Magie über eine Freundin kennen gelernt, die mich immer wieder mit ihren Taschenspielertricks beeindruckt hat. Sie hat mich auch hier herein gebracht und mein Ziel ist es mindestens genauso gut zu werden wie sie.“ Dabei lächelt sie so lieb zu mir herüber das ich einen Schreck bekomme, als Kay mich als nächste auswählt. Meine Kehle ist plötzlich wie zugeschnürt und alles starrt auf mich, aber einmal muss ja der Augenblick der Wahrheit kommen. Also beginne ich ganz vorn und erzähle wie ich eher durch einen Unfall zu diesem Körper gekommen bin. Alles schaut sehr interessiert und deshalb erlaube ich mir viele Details einzubringen, damit sie meinen Standpunkt besser verstehen. Auch ist es mir wichtig darüber zu erzählen, wie sich eine enge Beziehung zwischen Maria und mir aufgebaut hat und ich hier für sie mein Bestes gebe. „Sehr interessant“, meint Kay und wählt als nächstes Klarissa aus. Da sie auch noch zu den jüngeren zählt und aus einer Magierfamilie stammt, erwarte ich nichts Interessantes. Ihre ersten Worte aber lassen mich gleich aufhorchen: „Ich war vor einiger Zeit ein junger Mann.“ Diese Worte lässt sie erst einen Augenblick sacken, denn es scheint alle etwas zu überraschen. „Ich war sehr unzufrieden mit mir und meinem Körper und beschloss mit 26 Jahren mein Leben als kleines Mädchen neu zu beginnen.“, erzählt sie mit einem Lächeln, „ Dazu lies ich meine Gedanken einfrieren und mich als Baby von einer Magierfamilie adoptieren. Bei ihnen wuchs ich als normales Mädchen auf und ahnte lange nicht wer ich eigentlich war. An dieser Stelle möchte ich ihnen danken, denn sie haben mich immer behandelt als wäre ich ihr eigenes Kind. Zu meinem 15. Geburtstag dann gaben sie mir wie vereinbart die Erinnerung an mein früheres Leben zurück. Das war zuerst ein Schock, aber dann habe ich mich damit angefreundet. Dann kam der Zeitpunkt wo ich mich entscheiden musste, ob sie mir diese Erinnerung für immer nehmen oder ob ich den Weg einer Junghexe einschlage. Was ich gewählt habe könnt ihr euch sicher denken.“ Die letzten Worte kleidet sie in ein scherzhaftes Grinsen. Dann zwinkert Doris uns beiden zu und wir setzen uns etwas an den Rand der Wiese. „Da seid ihr ja beide etwas ganz Besonderes“, lächelt sie. „Aber ich hätte nie gedacht, dass du mal ein Mann warst“, schaue ich Klarissa an. „Und ich nie von dir“, grinst sie zurück. „Hast du denn deinen Entschluss bereut?“, frage ich neugierig. „Naja“, antwortet sie, „Ich hatte mir ein unbeschwertes schönes Leben als Mädchen vorgestellt, aber das ist leider nur gespielt wie das Matschogehabe zwischen Männern. Dazu kommen weitere Probleme wie zum Beispiel regelmäßige körperliche Beschwerden und deutlich härtere Regeln von den Eltern. Ich würde sagen das Leben als weibliches Wesen ist schwerer, aber trotzdem möchte nicht wieder ein Junge sein.“ „Schön gesagt“, entgegne ich, „aber wie bist du damit klar gekommen als Junge zwischen so vielen Mädchen zu leben?“ „Für mich war das kein Problem, denn zum einen habe ich mich in meinem alten Körper nie richtig wohl gefühlt und zum anderen bin ich 15 Jahre lang als Mädchen aufgewachsen und der Rest sind für mich nur Erinnerungen aus einem früheren Leben.“ „Und das sollte dein altes Leben auch für dich werden“, mahnt mich eine wohl bekannte Stimme von der Seite. Es ist Kay der sich gerade zu uns gesellt und einiges zu sagen hat: „Hier sind einige für die diese Welt mehr oder weniger Neuland ist und deshalb leben wir ja in einem Internat auf engen Raum zusammen. Die ganze Ausbildung kann nur erfolgreich werden wenn ihr euch gegenseitig unterstützt und auf euer neues Leben vorbereitet. Sollte sich jemand vom Rest der Klasse isolieren werden wir verstärkt dafür sorgen das sie gezwungen wird mit den anderen zu reden. Das gilt besonders für dich Finia und als Beweis wirst du morgen mit mir zusammen einen kleinen Ausflug ins Grüne leiten.“ Damit wünscht er uns noch einen schönen Abend und entfernt sich. „Das sagt sich alles so einfach“, grummele ich vor mich hin, „aber was soll ich dagegen machen. Wenn sich eine gut gebaute Frau vor mich räkelt muss ich einfach hinschauen.“ „Kleine, süße, niedliche Finia das verstehen wir jetzt ja und wenn du dich zusammenreißt und immer an Maria denkst wenn du in solch eine Situation kommst schaffst du es sicher“, versucht mir Doris Mut zu machen. Wir schaue uns gegenseitig in die Augen und plötzlich meint sie: „Du lässt dich ja auch nicht mehr mit Verniedlichungen provozieren und genau so wir der Rest auch irgendwann für dich normal.“ In diesem Punkt hat sie Recht und das macht mir wieder Mut. Für eine ausgedehnt Lehrstunde haben wir zu viel Zeit verloren und somit macht die Ausbilderin eine selbstständige Übungsstunde daraus. Bei mir macht sie natürlich eine Ausnahme und beginnt strenge Übungen am Rand des Platzes. Doris und Klarissa beleiten mich dabei und versuchen ihr Glück in dem sie mit mir zusammen üben. Der Ausbilderin gefällt das und sie bindet die beiden mit in die Übungen ein, was es für mich nicht gerade einfacher macht, aber es macht auch mehr Spaß zusammen und so vergeht der Rest des Tages wie im Fluge. Später habe ich dann wie jeden Tag meine Privatübungen während sich die anderen mit Sport und Spiel vergnügen. Wie ich es erwartet habe kommen sie kurz nach mir auf die Zimmer zurück und stürmen sofort die Dusche. Daher warte ich bis sich die Unruhe gelegt hat um mich dann alleine zu erfrischen. „Hat Ausbilder Kay nicht gesagt dass du uns nicht ausweichen sollst?“ Ich drehe mich um und hinter mir stehen Doris und Klarissa

vollkommen entblößt mit je einem Handtuch über der Schulter. Als mir keine Antwort einfällt fährt sie fort: „Um ihn und dich zu unterstützen habe ich mit Klarissa ausgemacht, das wir immer dann duschen gehen wenn du auch gehst.“ Das Lächeln der Beiden verrät das sie es ernst meinen. Ob sie es mit Absicht macht kann ich nicht sagen, aber Doris windet sich dieses Mal besonders anregend unter dem Wasserstrahl und irgendwann gebe ich den Versuch auf dies zu ignorieren. Dadurch brauche ich um einiges länger und als ich fertig bin ist Klarissa längst gegangen. „Hat es dir gefallen?“, grinst Doris und stellt die Dusche gleichzeitig mit mir ab. „Du hast es also doch mit Absicht gemacht“, entgegne ich leicht verärgert. „Klar“, grinst sie hinterhältig, „und ich werde es so lange machen bis es dir über wird und du es gar nicht mehr bemerkst.“ „Macht es dir denn Spaß?“, interessiert es mich. „Ich war leidenschaftliche Gogo-Tänzerin und wenn man das nicht mag merken es die Zuschauer sofort.“ „Wir sollten uns dann schlafen legen, schließlich wird morgen ein langer Tag“, wechsle ich das Thema und verlasse die Dusche. Kurz darauf liege ich in meiner Blume und mache mir ein wenig Gedanken über den Ausflug und was Maria wohl jetzt macht. Dann schlafe ich ein.

Kapitel 10 Der nächste Morgen beginnt besonders früh, da mich Kay bei der Besprechung der Ausbilder mit dabei haben will. So sitze ich am Tischrand und höre zu wie Kay die Aufgaben verteilt. Die meisten werden unterwegs einige Übungen für uns bereithalten. Ich selbst werde eingeteilt die zwei Ausbilderinnen zu unterstützen, welche die Gruppe führen. „Pass schön auf“, flüstert mir Kay zu und macht sich auch auf den Weg. Als wir drei alleine sind holt eine der Ausbilderinnen die Kaffeekanne und sagt nebenbei zu mir: „Sag mal den Mädchen bescheid sie sollen ihre Rucksäcke packen und in einer halben Stunde auf der Wiese sein.“ Das hat Kay sicher nicht gemeint, aber ich habe auch keine Lust darüber zu streiten und mache mich auf den Weg. Alle zu motivieren ist gar nicht so einfach, da einige immer noch im Bett liegen und der Rest auch noch halb schläft. Erschwerend kommt dazu, das ich mit meiner zarten Stimme bei weitem nicht die Lautstärke erreicht mit der ich auf mich aufmerksam machen kann. Zum Glück treffe ich Klarissa auf dem Gang, die mir dann auch zuhört. Sie geht sogleich Doris wecken und ruft danach die Mädchen zusammen. Etwa die Hälfte der Mädchen kommt zusammen und ich kann ihnen die Situation erklären. Danach ist große Eile angesagt, denn den meisten brauchen mehr als Haarbürste und Lippenstift um sich zu gefallen und auf einem Zeltplatz darf nichts fehlen. Von dieser Sicht aus ist es nicht verwunderlich dass die Zeit nicht ausreicht und die beiden Ausbilderinnen schon warten als wir das Gebäude verlassen. Aber als hätten sie es erwartet lächeln sie nur und meinen beruhigend zu mir: „Wir sind hier ja auch nicht in der Armee.“ Geduldig warten wir bis auch die letzten bei uns sind. Mich schicken sie an die Spitze, wo mich Doris und Klarissa begleiten und selbst gehen die Ausbilderinnen am Ende, damit niemand verloren geht. Nur die Ausbilderinnen und ich kennen die Wegpunkte und auch wenn mich die Mädchen fragen, haben wir Anweisung es nicht zu verraten. So gehen wir in den Wald und kommen gleich an einen kleinen Fluss. Hier sollen die letzten zu einem kleinen Flug auf dem Besen ermutigt werde. Doris ist schneller auf der anderen Seite als die erste Ausbilderin, aber einige der Mädchen zögern. Zwischen denen die sich gar nicht trauen gehört auch Klarissa. Mit ein paar netten Worten kann ich sie doch aufmuntern und steigt auf den Besen. Wackelig hebt sie ab und ich bleibe immer dicht neben mir. Sie fliegt überraschend stabil und lächelt zu mir rüber. Das hätte sie nicht machen sollen, denn plötzlich verliert sie die Konzentration und eine Sekunde später gibt es einen großen Klatsch gefolgt von einem kleinen. Der kleine Klatsch ist meiner, denn sie war so nett sich an mir festzuhalten. Geschwind tauche ich zum Ufer und lasse mich von Doris trocken reiben. Klarissa bleibt eingeschnappt im Wasser sitzen und reagiert auch nicht auf gutes zureden. Erst als ich zu ihr auf den Stein fliege hört sie mir zu. Mit ein paar netten Worten bewege ich sie dann dazu ans Ufer zu schwimmen um sich auch trockene Kleidung geben zu lassen. Natürlich willigt sie nur ein weil ich bei ihr bleibe bis sie wieder festen Boden unter den Füßen hat, was ich nicht ganz verstehe aber trotzdem zustimme. Am anderen Ufer angekommen darf mich Doris noch einmal abtrocknen. Auch wenn mir im Gegensatz zu Klarissa die nasse Kleidung nichts ausmacht besorgt mir die Ausbilderin ebenfalls schnell neue. Wieder trocken drängen die Ausbilderinnen dazu weiter zu wandern, denn dies sollte nicht die einzige Übung an diesem Tag bleiben. Das Wichtigste im Folgenden ist das Verständnis der Natur und das Erkennen von verschiedenen Kräutern. Hierbei erstaunt mich Doris immer wieder aufs neue, denn sie hat ein sehr gutes Auge und lernt überaus schnell. Eigentlich sollte ich den Mädchen ein Vorbild sein, aber jetzt muss ich zugeben, dass ich mir kaum eines der Kräuter und deren Wirkung merken kann. „Kopf hoch“, stupst Klarissa mich an, „ich habe schon längst aufgegeben mir alles merken zu wollen. Das bringt nur Kopfschmerzen.“ „Aber es wir doch sicher von mir erwartet“, entgegne ich. „Dann frag doch heute Abend Doris ob sie dir hilft“, lächelt sie, „mir hilft sie auch immer.“ Das zu hören beruhigt mich und zu Glück ist der Vortrag auch bald zu Ende. Gegen Abend erreichen wir dann den Zeltplatz bei dem Kay auf uns wartet. Mir wird auch gleich die Ehre zuteil das Lagerfeuer mit einem kleinen Feuerzauber zu entzünden. Am Rande steht schon das große Zelt für die Ausbilder und die Mädchen dürfen gleich ihre Zelte aufbauen, welche zusammengepackt dort liegen. Natürlich bleiben sie paarweise zusammen wie sie auch im Internat schlafen. „Und wo darf ich schlafen“, frage ich Kay. „Komm mit“, lächelt er und führt mich zu einem großen Baum der auf dem Platz steht. „Dort zeigt er auf ein paar besonders hübsche Tulpen und fragt: „Wozu brauchst du ein Zelt wenn du so etwas hast?“ Lächelnd öffne ich eine der Blüten, setze mich auf eines der Blütenblätter und entgegne: „Dann hoffe mal das keiner drauf tritt.“ Darauf hockt er sich neben mich und spricht leise: „Feen haben noch eine besondere Fähigkeit. Wenn du dich in die Blume kuschelst kannst du mit ihr fühlen und bekommst alles um dich herum mit. Mit viel Übung kannst du auch mit den Pflanzen um dich herum sprechen. Leider musst du das alleine lernen, denn uns bleibt diese Fähigkeit verschlossen und daher können wir dir dabei nicht helfen.“ Darauf nicke ich nur und er lässt mich allein. Eine Weile schaue ich die Nachbarblüte an, kann aber nichts spüren. Mit dem Kopf voller Gedanken fliege ich zu Doris, welche inzwischen mit den anderen am Feuer sitzt. Sie bemerkt mich sofort und bietet mir eine Kleinigkeit zum Essen an. Dankend lehne ich ab und nehme lieber etwas Vegetarisches. „Kannst du mir ein wenig helfen“, frage ich leise. „Wenn es um die Kräuter geht helfe ich natürlich gern“, entgegnet sie lächelnd. Fragend schaue ich sie an, aber sie erklärt mir gleich das Klarissa ihr schon alles erzählt hat. „Petze“, flüstere ich scherzhaft und begleite sie ins Zelt. Klarissa bemerkt es natürlich und kommt sofort hinterher, was mich in diesem Fall aber nicht stört, denn zu dritt lernt es sich leichter als alleine. Unter der Zeltplane und im Licht meines Zaubers lernen wir Kraut für Kraut was wichtig für uns ist. Es dauert recht lange, denn weder Klarissa noch ich sind besonders begabt in Biologie. Noch bevor wir annähernd die Hälfte der geforderten Pflanzen kennen steckt Kay seinen Kopf ins Zelt und fordert uns auf schlafen zu gehen. Wie er wünscht lasse ich die Beiden allein und fliege zu den Tulpen unterm Baum. In der schönsten Blüte lasse ich mich nieder, schließe diese über mir und kuschle mich ein. Obwohl ich keine Decke oder Kissen habe ist es fast so gemütlich wie im weichen Bett und ich beneide keine der anderen mehr um ihr Zelt. Der Duft ist sehr stark, aber auch schön und schläfert sehr schnell ein. Im Traum dann bewahrheiten sich Kays Worte, denn ich sehe plötzlich die Welt aus der Sicht der Blume. Ich sehe die kleinen Wolken, welche im Mondlicht den Nachthimmel zieren und verspüre den Durst den sie in so einer trockenen Zeit durchlebt. Dann kann ich auch den kühlen Nachtwind spüren und den Rauch wenn er vom

Feuer herüber getragen wird und unangenehm über die Blüte streicht. Ein Windhauch fegt auch einige Funken vom Feuer durch die Luft und zwei landen auf dem grünen Blatt. Der Schmerz brennt unangenehm und ich wache schreiend auf. Es ist dunkel in der Blüte und ich spüre kein bisschen von der Blume. Leicht verwirrt öffne ich die Blüte und schaue mich um. Im schein eines kleinen Lichtzaubers sehe ich mich um und tatsächlich sind auf dem Blatt, welches ich im Traum gespürt habe zwei kleine schwarze Brandflecken. Langsam glaube ich, dass es wirklich so passiert ist wie ich es im Traum gesehen habe. Dies könnte ich auch als Möglichkeit nehmen um mehr über das Wesen und die Probleme der Pflanzen in der Menschenwelt zu erfahren. Heute aber bin ich mehr als nur müde und so lege ich mich wieder zurück in die Blüte. Sogleich schlummere ich wieder ein und beobachte im Traum die vorbei ziehenden Wolken.

Kapitel 11 Der frühe Morgen lässt die Sonne wärmend auf die Blütenblätter scheinen. Auch wenn ich die ganze Nacht im Bewusstsein der Blume war bin ich doch ausgeruhter als sonst. Ein leichtes Zittern im Boden verrät Schritte. Es ist Klarissa, die sich wie alle Frühaufsteher im Fluss gewaschen hat und nun am Baum vorbei kommt. Wie sie die Blüten sieht bückt sie sich um sie zu pflücken. Ein unglaublich stechender Schmerz durchfährt den Stiel und reißt mich mit einem Schrei aus dem Schlaf. Das warme Sonnenlicht scheint schwach durch die Blütenblätter und mir ist nichts passiert. Aber in der Erinnerung spüre ich noch den Schmerz. Hastig öffne ich die Blüte und schaue in zwei verwunderte Augen. „Mach das nie wieder“, schaue ich sie drohend an. „Ich wollte sie doch nur Doris zeigen. Tulpen im Juli sind doch nicht normal“, antwortet sie fast mit Tränen in den Augen. „Ist ja schon gut“, meine ich beruhigend, „aber das nächste Mal bringst du Doris zu den Blumen und nicht umgekehrt.“ „Aber warum hast du so geschrieen. Habe ich dir denn wehgetan“, fragt sie verunsichert. „Mir nicht“, antworte ich, „aber der Blume und das kann ich spüren wenn ich darin schlafe.“ „Tut mir leid“, senkt sie den Blick. „Schon ok“, lächle ich beruhigend, „und jetzt bringe mich zu Doris.“ Dann schließe ich alle Blüten und warte was passiert. „Wann blühen Tulpen eigentlich?“, fragt sie als sie zu Doris ins Zelt kommt. „Im April“, antwortet diese, „wieso fragst du?“ „Weil ich hier ein paar ganz besondere gefunden habe“, meint Klarissa und übergibt den Strauß. Gerade als Doris daran riecht, öffne ich die Blüte und stupse sie an die Nase. „Das ist wirklich eine besondere Blüte“, grinst sie mich an, „aber bist du schon so gut dass du im Sommer Tulpen blühen lassen kannst?“ „Nein“, antworte ich ehrlich, „aber Kay bestimmt. Er hat mir die Blumen gezeigt.“ „Dann lass uns gehen“, lächelt sie, „man wartet sicher schon auf uns.“ Also begeben wir uns zum Sammelplatz um zu hören was nun kommt. Dort haben sich schon alle eingefunden, denn Kay hat etwas zu verkünden. Als er uns sieht kann er endlich beginnen: „Ich hoffe es hat allen Spaß gemacht und vielleicht konnten einige auch noch etwas lernen. Weiterhin möchte ich bekannt geben, dass in einer Woche auf diesem Gelände das Sommerfest stattfindet. Auf diesem Fest werdet ihr die Schüler aus dem Jungsinternat kennen lernen und könnt euch in kleinen Wettbewerben mit ihnen messen. Zum Höhepunkt wird wieder unsere beste Schülerin ihren Champion herausfordern. Ich denke ich brauche nicht zu erwähnen, dass beide aus den höheren Klassen kommen. Wenn ihr dann die Zelte zusammengepackt habt geht es zurück.“ Alle strömen nun zu ihren Zelten und ich folge Doris und Klarissa. Kay sieht sich kurz um und kommt dann zu mir: „Hast du heute Nacht etwas gespürt?“ „Ja“, antworte ich und möchte ihm gleich alles erzählen, aber er schüttelt nur den Kopf: „Was du gespürt hast behältst du alleine für dich. Ich wollte nur wissen ob, um sicher zu sein, dass du eine reinrassige Fee bist.“ Als ich ihn fragend anschaue fährt er fort: „Nur reinrassigen Feen und Elfen gelingt es mit der Natur eins zu werden. Wärst du nur ein talentierter Zauberer der sich als Fee ausgibt hättest du versagt. Dies ist Maja, eine Elfe. Sie hat dich heute Nacht beobachtet und geprüft.“ Mit diesen Worten kommt eine junge Frau hinter dem Baum hervor und stellt sich vor. „Es interessieren sich einige Leute für deine Ausbildung und ich bin hier um dich zu beobachten. Du wirst mich kaum sehen, aber sei versichert, dass ich immer in deiner Nähe bin.“ Damit verabschiedet sie sich wieder und verschwindet genau so schnell im Wald wie sie aufgetaucht ist. „Mir gefällt es auch nicht ständig beobachtet zu werden, aber da müssen wir wohl durch“, meint Kay und verdreht die Augen, „aber nun wieder zum aktuellen Thema. Auf dem Sommerfest werden die Jungs erwarten, dass du ihren Besten herausforderst. Wenn du es wagst wird dir von unserer Seite niemand widersprechen, aber ich möchte dir dringend davon abraten.“ „Warum denn“, frage ich wie ein kleines Kind. „Weil du keine Chance haben wirst“, antwortet er ernst, „bei der Herausforderung wirst du ihm einen Dienst anbieten müssen, damit er darauf eingeht. In der Regel war es einen Monat bei ihm putzen, aber von dir wird er mehr erwarten.“ „Ist er denn so gut“, frage ich weiter. „Gegen ihn hat keine unserer Schülerinnen eine Chance und du bist bei weitem noch nicht die beste hier.“ Diese Worte sind hart, auch wenn er mir bestätigt, dass ich eines Tages die Beste am Ort sein werde. Er streicht mir noch einmal über den Kopf und lässt mich alleine. Als er weg ist stecken Doris und Klarissa die Köpfe aus dem Zelt und grinsen mir zu. „Blumen die zu dir sprechen, große Herausforderungen und hinter jedem Baum der Geheimdienst“, grinst Klarissa, „dein Leben ist ja besser als ein Kinofilm.“ „Wenn du willst können wir gern tauschen“, entgegne ich etwas gereizt, aber Doris beruhigt mich und beginnt dann mit unserer Hilfe das Zelt zusammen zu packen. Dieses verstauen wir an dem angewiesenen Platz und warten an der inzwischen erloschenen Feuerstelle auf die Ausbilderinnen. Kay ist schon längst weg und die Damen, die uns auch her geleitet haben führen uns wieder zurück. Der Rückweg geht deutlich schneller, da wir die Übungsstationen auslassen, aber der Flug über den Fluss bleibt wieder niemandem erspart. Doris ist wieder eine der ersten, aber Klarissa häng noch an der feuchten Erinnerung vom Vortag. Dieses Mal halte ich etwas Abstand um sie nicht abzulenken. Wackelig und unsicher hebt sie ab und schwebt vorwärts. Heute hält sie die Konzentration aber bis zum Schluss und landet sicher auf der anderen Seite. Mit Freudentränen in den Augen fällt sie Doris um den Hals. Nach einem ausgiebigen Picknick kommen wir am frühen Nachmittag zurück zum Internat. Für die anderen beginnt jetzt die Freizeit, doch auf mich wartet schon Kay zwecks der nächsten Lehrstunde. Am Rande des Trainingsplatzes wartet er schon auf mich und ich frage ihn was heute auf dem Plan steht. „Schildübungen“, meint er grinsend. Fragend schaue ich ihn an: „Was ist das für ein Zauberspruch?“ Vorwurfsvoll blickt er mir in die Augen: „Wie oft soll ich dir noch sagen, das Zaubersprüche etwas für Anfänger sind. Bei allen Zaubern sammelst du die magische Energie und steuerst ihre Wirkung mit deiner geistigen Kraft. Je mehr Energie du aus der Umgebung nutzt und je stärker du sie auf einen Punkt konzentrierst, desto effektiver wird der Zauber. Flächenzauber sind da schwieriger, da man die Energie nicht auf einen Punkt konzentrieren kann, sonder auf den ganzen Bereich anwendet. Daher braucht man viel Energie und hohe Konzentration. Wenn du einen Spruch brauchst um dich besser auf die Sache konzentrieren zu können denke dir einen aus, aber damit kannst du nur Laien beeindrucken.“ „Schon gut“, sehe ich geknickt auf den Boden, „ich wollte doch nur wissen was für einen Zauber wir heute üben.“ „Den Schildzauber, ein effektives Mittel um sich gegen vieles zu schützen. Und dieser Zauber ist schwerer als viele annehmen, da er solch ein Flächenzauber ist.“ Zur Demonstration macht er sich kurz mit einer Barriere unantastbar und erklärt mir dann wie ich die Energie effektiv dafür nutze. Natürlich

versuche ich es auch sofort, aber leider ohne Erfolg. Erst im Laufe des Abends gelingt es mir mit seiner Hilfe auch einen Schild um meinen kleinen Körper zu zaubern, der aber nur wenige Sekunden hält. In den nächsten Tagen wird wenig Neues gelehrt, denn alles ist darauf ausgelegt dass die bekannten Übungen am großen Tag perfekt gelingen. Am Nachmittag vor dem Sommerfest habe auch ich frei bekommen und mich mit Doris und Klarissa auf der Wiese verabredet. Da ich etwas früher gehen durfte muss ich noch auf sie warten. Plötzlich raschelt es im Busch gegenüber und drei Jungen auf ihren Teppichen kommen hervor. Zwei von ihnen halten Blitzkugeln in der Hand und als sie mich angreifen zaubere ich mir ein Schutzschild. Den ersten Blitz kann ich damit abwehren, aber der zweite durchschlägt mein schwächliches Schild und wirft mich zurück gegen die Tür des Besenschuppens. Während ich noch meinen Hintern reibend am Boden sitze nimmt der dritte Junge meine Flügel und steckt mich in einen kleinen Mäusekäfig. Als ich aushole um mich mit einem Blitz zu bedanken, schüttelt er den Käfig so stark, das ich gnadenlos gegen die Gitter geschleudert werde und schließlich benommen liegen bleibe. So bringen sie mich weg und ich habe keine Ahnung warum.

Kapitel 12 Als ich wieder recht bei Sinnen bin, steht der kleine Käfig in einen schwach beleuchteten Raum und ich immer noch darin. Mit den Tricks, welche ich von Kay kenne, ist es aber kein Problem aus diesem zu entkommen. Bei näherer Betrachtung ähneln diese Räume sehr denen unseres Internats. Vermutlich bin ich im Internat der Jungs gelandet und die haben nun einiges mit mir geplant, was mit Sicherheit das Sommerfest betrifft. Plötzlich kommt im Nebenraum Bewegung auf und jemand öffnet die Tür. Schnell mache ich mich unsichtbar und verstecke mich auf dem Schrank. Einer meiner Entführer macht das Licht an und schaut sich um. „Sie ist weg Tino“, ist er entsetzt. „Dummkopf“, knurrt dieser und tritt selbst in den Raum, „sie hat sich nur versteckt. Ich spüre ihre Gegenwart und das reicht.“ Dieser Tino ist ein kleinerer Junge mit süßen dunkelroten Hundeohren und einen buschigen Fuchsschwanz mit einer weißen Spitze. Er stellt eine große verzierte Flasche auf den Tisch und öffnet den gläsernen Verschluss. Die Hände gefaltet schließt er die Augen und murmelt etwas. Wie aus heiterem Himmel zieht mich plötzlich etwas in diese Richtung. So gut es geht versuche ich mich am Schrank fest zu krallen, aber der Sog ist stärker. Einen Augenblick später zieht es mich durch den schmalen Hals und ich lande unsanft auf dem Flaschenboden. „Lass mich hier raus“, brülle ich und schlage mit der Faust gegen das Glas. Auch mit Zaubern versuche ich es, aber aus irgendeinem Grund gelingt in diesem gläsernen Gefängnis nicht einmal der Lichtzauber. „Ich habe dich kleine Fee zu mir eingeladen und dir etwas nahe zulegen. Ich verlange dass du dich von allen Wettbewerben fern hältst, an denen ich teilnehme. Andernfalls könnte dir ein kleiner Unfall passieren.“ „Auf diese Einladung hätte ich gern verzichtet“, antworte ich frech und verschränke die Arme vor der Brust, „außerdem war sie völlig umsonst.“ Das stimmt ihn nicht gerade friedlich und er knurrt mich an: „Wenn das so ist bleibst du eben da drin bis das Sommerfest vorbei ist!“ Wütend kehrt er mir den Rücken, folgt seinen Helfern aus dem Zimmer und knallt die Tür hinter sich zu. Was ich auch versuche, in diesem Gefängnis gelingt kein Zauber. Enttäuscht und wütend schlage ich mit der Faust gegen das Glas. Erst will ich aufgeben, aber wie ich den Klang des Glases höre kommt mir eine Idee. In der Mitte der Flasche stehend breite ich meine Flügel aus und lasse sie leicht erzittern. Der Ton ist dem Klang schon recht ähnlich, aber zum Angleichen muss ich sie noch etwas strecken und leicht einfalten. Die Tonlage ist bald erreicht, aber um einen Effekt zu erwirken muss es deutlich lauter sein und ohne Zaubertrick ist es nicht einfach. Unter Schweiß und Tränen gelingt es aber bald, dass das Glas die Stimme meiner Flügel erwidert. Bald sehe ich auch wie es am Hals der Flasche reißt und ich gebe mir noch mehr Mühe bis sich die Flasche in Scherben zerspringt. Behutsam sehe ich mich um und sehe dann zum Fenster. Wie ich es öffne, bemerke ich, dass drei Leute in der Nähe etwas suchen. Es sind Doris und Klarissa mit noch einer Junghexe. Freudig fliege ich zu ihnen und erzähle was passiert ist. „Das macht er immer, aber wir konnten es bisher nie verhindern“, meint die Dritte. Sie heißt Katja und ist schon das dritte Jahr hier. „Dann kannst du mir sicher mehr über diese komische Flasche erzählen, in der ich gefangen war“, bin ich neugierig. „Wenn du mir sie zeigst schon“, lächelt sie. „Das geht nicht“, schaue zum Fenster rüber, „die werden sicher bald herausfinden, dass ich geflitzt bin.“ „Keine Angst“, beruhigt sie mich, „die Jungs übernachten auf dem Zeltplatz. Wenn wir uns unsichtbar machen können wir uns in Ruhe umgucken.“ „Aber ich kann mich nicht unsichtbar machen“, wirft Klarissa betrübt ein. „Wirklich nicht“, schaut Katja sie an, „und was ist mit dir Doris?“ „Für fünf oder zehn Minuten mag es gehen, aber mehr ist bei mir auch nicht drin.“ „Dann müssen wir vorsichtig sein“, sieht Katja ein, „und wenn jemand kommt verstecken wir dich.“ Die letzten Worte waren an Klarissa gerichtet, die sich am liebsten in Luft auflösen würde. Wie das geklärt ist steigen wir durch das Fenster ein, durch das ich gerade entkommen bin. Klarissa zögert noch ein wenig, folgt uns aber dann doch. Während sie noch etwas unbeholfen durchs Fenster klettert führe ich die anderen zu den Scherben der Flasche. „Sieht fast so aus wie die Flasche mit der man einen Jin fangen kann“, meint Katja mit sicherer Mine, „aber um es genau sagen zu können muss ich sie in einem Stück sehen.“ „Was sind denn Jins“, fragt Klarissa neugierig. „Ein Jin ist ein sehr mächtiges Wesen, welches aus gebündelter magischer Energie besteht. Sie sind so alt wie die Menschheit selbst und früher fing man sie in Tonkrügen und Öllampen um von ihnen Wünsche zu erzwingen. Heute sind fast alle befreit, aber wenn wieder einer Ärger macht oder eben ein Zauberer oder eine Hexe kann man diese in solch einer Flasche oder Lampe einfangen“, erklärt sie uns. „Und man kann alles und jeden damit fangen?“, wird Doris stutzig. „Natürlich nicht“, winkt Katja ab, „man braucht schon gewisse Macht und Erfahrung, damit der Gegner den Zauber nicht umdreht und man selbst in der Flasche landet.“ Mit einem Ohr bei ihnen habe ich inzwischen den Schrank untersucht und öffne das obere Fach. Dort steht ordentlich nach Farben sortiert eine ganze Reihe solcher Flaschen. „Ja das sind sie“, nickt Katja als sie das sieht, „die spezielle Beschichtung mit den Gravuren spiegelt die magische Energie und lässt sie weder rein noch raus.“ „Und wie benutzt man sie?“, frage ich und stelle zwei der Flaschen auf den Tisch. „Das ist gar nicht so schwer“, meint Katja und öffnet beide Flaschen, „du kannst entweder selbst hinein schlüpfen oder jemanden hinein bannen.“ Als erstes erklärt sie uns wie man sich selbst darin versteckt und Klarissa ist dabei so fasziniert, dass sie den Zauber gleich real nachmacht. Mit einem leuchtenden Schein fährt sie in die vor ihr stehende Flasche. Davon völlig überrascht stehen wir sekundenlang da und starren auf die Flasche. Dann nimmt sich Katja ein Herz, steckt den Verschluss drauf und meint grinsend: „Und wenn man sie dann zu macht kommt sie nicht wieder heraus.“ „Und wie bannt man jemanden hinein?“, frage ich während sie die Flasche wieder öffnet und der kleinen Dame darin zuwinkt. Mit einem Nicken beginnt sie uns auch diesen Zauber zu erklären. „Kannst du es noch mal erklären?“, fragt Doris nachdem Katja fertig ist. Verwundert schaue ich sie an, denn ich habe noch nie gesehen, dass man ihr einen Zauber zweimal erklären muss. Lächelnd atmet Katja tief durch und beginnt von vorn. Darauf hat Doris gewartet und richtet den Bann direkt auf Katja. Diese aber scheint es erwartet zu haben und kontert fast ohne Verzögerung. Doris, die nicht weis wie man sich dagegen wehren kann wird in die Flasche gezogen wie ich zuvor bei den Jungs. „Ich habe doch gesagt man darf damit nicht leichtfertig spielen“, grinst sie durch die Öffnung.

„Jetzt lasse sie auch wieder raus“, mische ich mich ein. „Klar“, meint sie und erklärt beiden wie man die geringe magische Energie nutzt, die durch die kleine Öffnung strömt, um sich selbst zu befreien. Doch kaum ist sie damit am Ende wird im Nebenzimmer Licht eingeschaltet. „Bleibt drin“, flüstert sie den beiden hektisch zu und macht sich unsichtbar. Gerade noch rechtzeitig tue ich es ihr gleich als sich die Tür zu unserem Raum öffnet. Es ist der Hausmeister, der auf seinen allabendlichen Rundgängen nach dem Rechten sieht. Wie er den Blick schweifen lässt missfällt ihm die nicht abgewaschene Kaffeekanne. Ganz nebenbei geht er auch am Tisch vorbei, verschließt die beiden Flaschen und geht weiter die Kaffeekanne am Waschbecken zu reinigen. Wir nun denken es sei überstanden kommt er zurück zum Tisch. Die eine Flasche schiebt er in die Mitte des Tisches. Die andere klemmt er sich unter den Arm und verlässt den Raum. Sofort hechtet Katja zur verbliebenen Flasche und öffnet diese. „Hat er sie mitgenommen?“, fragt Doris, die sich sogleich daraus befreit. Als Antwort nicken wir beide nur. „Dann müssen wir sie da raus holen“, ruft sie und will gleich losrennen. „Bleib hier“, hält Katja sie fest, „du vergisst wohl dass wir gar nicht hier sein dürfen.“ „Und was schlägst du vor“, schaue ich sie fragend an. „Wir versuchen sie zuerst ausfindig zu machen“, schlägt sie vor, „und dann überlegen wir weiter, denn heute Mittag wird deine Anwesenheit auf dem Festplatz erwartet.“ Wie auf Zuruf fallen in diesem Moment die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster und tauchen den Raum in ein tiefes Rot. „Mir wurde aber extra ans Herz gelegt mich nicht einzumischen wenn dieser Fuchstyp auf seine Herausforderung wartet“, entgegne ich etwas verwirrt. „Das überrascht mich jetzt ein wenig“, schaut sie mich mit großen Augen an, „uns wurde gesagt wir sollen dich unbedingt hinbringen falls wir dich finden.“ „Sicher nur fürs Protokoll“, verdreht Doris die Augen. „Ja, aber ist strickt befohlen“, kontert Katja und geht zur Tür. Diese öffnet sie leise und schaut sich um. Als sie sieht dass die Luft rein ist schleicht sie hinaus. Ich bleibe dicht hinter ihr, aber Doris ist plötzlich etwas ängstlich geworden. Doch bereits wenige Augenblicke später hat sie sich wieder gefangen und folgt uns ebenfalls. Von hier aus geht es hinaus auf den Gang, der gespenstisch lang und ruhig erscheint. Katja steuert zielstrebig die kleine Küche an, die etwa in der Mitte des Ganges liegt. Zur Sicherheit macht sie sich unsichtbar als sie die Tür aufschiebt. Ich tue es ihr gleich, aber Doris schüttelt nur leicht den Kopf als ich sie anstupse. „Finia“, ruft Katja leise nach mir, denn sie ist inzwischen rein gegangen. Die Kaffeekanne steht dort sauber auf einem Küchentuch, aber von der Flasche und Klarissa keine Spur. „Ich habe noch eine Idee“, flüstert sie und verlässt die Küche wieder. Doris und ich schauen uns kurz fragend an und folgen ihr dann. Werden wir Klarissa finden?

Kapitel 13 Nachdem der Hausmeister Klarissa versehentlich in einer magischen Flasche mitgenommen hat, suchen wir sie seit einiger Zeit vergeblich um sie zu befreien. Die Zeit drängt, denn zur Mittagsstunde soll Katja mit mir auf dem Festplatz erscheinen und die Sonne steht schon hoch über den Bäumen. Inzwischen sind wir dazu übergegangen sämtliche Räume abzusuchen in denen sich der Hausmeister üblicherweise bewegt. Aber weder zwischen den Putzutensilien, noch zwischen den Gartengeräten konnten wir einen Hinweis finden. Plötzlich winkt Doris uns herbei, denn sie hat die Flasche im Aufenthaltsraum des Hausmeisters entdeckt. Neugierig schleichen wir hinein. Die Flasche steht in dem Regal direkt über dem Fernseher und beim näheren Hinsehen können wir erkennen wie Klarissa recht niedergeschlagen darin liegt. Aber wir kommen nicht in ihre Nähe, denn in diesem Moment kommt der Hausmeister aus dem Nebenraum. Uns bleibt gerade noch genug Zeit um uns unsichtbar zu machen. Er hat sich etwas zu Trinken geholt und setzt sich in seinen Fernsehsessel. Klarissa wird damit für uns unerreichbar, denn sie ist direkt in seinem Sichtfeld. Katja umarmt sanft Doris um sie mit ihrem Zauber zu unterstützen. Mich wundert es, dass wir uns dieses Mal gegenseitig sehen können, aber die Antwort werde ich wohl nicht so schnell bekommen. Über eine Stunde warten wir, aber obwohl der Hausmeister mehrmals aufsteht, lässt er den Fernseher und damit auch das Regal nie mehr als ein paar Sekunden aus den Augen. Zu wenig Zeit um Klarissa ungesehen zu befreien. Nach einiger Zeit stößt mich Katja an und weist auf die Tür. Im richtigen Moment öffnet sie diese behutsam und wir entschwinden aus dem Raum. Erst draußen im Freien traut sie sich etwas zu sagen: „Es tut mir leid, aber im Moment können wir nichts tun und auf dem Festplatz werden wir auch schon seit einiger Zeit erwartet.“ Obwohl es mir nicht behagt Klarissa dort alleine zu lassen, machen wir uns ohne weitere Diskussionen auf den Weg. Als wir dort ankommen sind die Wettkämpfe schon auf dem Höhepunkt. Direkt vor unserer Nase sausen die schnellsten Flieger vorbei und fast zeitgleich ins Ziel. Dabei kommt das schnellste Mädchen auf ihrem Paddle nur eine halbe Sekunde vor dem besten Jungen auf seinem Perser ins Ziel. „Warum fliegst du auf einem Paddle?“, fragt sie ein Gastmagier, der ihr die Trophäe überreicht. „Das weis doch jeder hier“, verdreht Katja neben mir die Augen. Aber die Kleine scheint es gern zu erzählen und grinst ihn an: „Besen sind mir zu kratzig.“ Erst jetzt fällt mir auf das sich alle ganz traditionell nach ihrer Herkunft gekleidet haben. Das Mädchen trägt einen hübschen Yukata und der Junge richtet seinen Turban. Katja neben mir hat ein Kleid an, welches ich nicht gleich einordnen kann. Als sie meinen fragenden Blick bemerkt, lächelt sie und meint: „Ich komme ursprünglich aus Deutschland.“ Dann weist sie in die Richtung, wo das Fliegerass der Jungen gerade mit einem mir gut Bekannten redet. „Der in der normalen Sportskleidung und mit dem buschigen Schwanz ist Tino, der mit Abstand beste Schüler im Internat der Jungs“, klärt sie mich auf, „er hat heute mit Sicherheit noch keinen Wettbewerb besucht.“ „Und warum nicht“, schaue ich sie fragend an. „Er meint es sei unter seiner Würde, da er eh alles gewinnen würde und lässt sich daher am Ende der Festspiele gegen einen gewissen Einsatz herausfordern. Diese Herausforderung hat er die letzten Jahre immer gewonnen.“ „Aber eingebildet ist er nicht, oder?“, entgegne ich scherzhaft, worauf mich die beiden nur schief anlächeln. Nach dieser letzten Siegerehrung gibt es eine kleine Pause in der wir uns ein paar Kleinigkeiten zum Essen genehmigen. Bei dieser Gelegenheit werde ich auch gleich einigen Gästen vorgestellt. Auch die Elfe, die mich beim Zelten beobachtet hat ist unter den Gästen und winkt mit mir zu. Kurze Zeit später werden die Herausforderungen angekündigt und sofort melden sich einige Schüler, die sich für die offiziellen Wettbewerbe nicht qualifizieren konnten. Auch Herausforderungen von Schülern gegen Ausbilder sind mehrfach vertreten. Einige enden mehr als eindeutig, aber andere sind wiederum äußerst spannend. Als sich auch diese dem Ende neigen begeben wir uns dichter an die Bühne auf der die Siegerehrungen sind. Genau im richtigen Moment kommen wir vorn an, denn dieser Tino betritt die Bühne. Er schaut einfach in die Menge und wartet ab bis sich die allgemeine Unruhe etwas gelegt hat. Wie er die gewünschte Aufmerksamkeit bekommt beginnt er: „Die Herausforderungen waren allgemein recht unterhaltsam und ich gratuliere den Gewinnern. Aber zum Abschluss möchte ich euch doch eine Demonstration aus einer höheren Liga zeigen und bitte daher um einen Vorschlag. Nur bitte nicht wieder ein Wettfliegen mit Teppich und Besen, denn ich habe immer noch den Schnupfen vom letzten Jahr.“ „Spinner“, flüstert Katja und wendet sich ab, „so schnell ist er nun auch wieder nicht.“ „Aber du sagtest er ist der Beste in der Schule“, frage ich sie noch einmal. „Er könnte sich mit einigen Lehrern messen“, bestätigt sie. In diesem Moment sehe ich wie ein Mädchen auf die Bühne geht. Erwartungsvoll schaut er sie an und sie zögert schüchtern, als ob sie weis, dass sie verlieren wird. Ich kann das nicht mit ansehen und bin schneller vorn an der Bühne als den anderen lieb ist. Sichtlich überrascht schaut Tino auf den näher kommenden Lichtpunkt. „Jetzt wird es doch noch interessant“, grinst er mir entgegen während sich das Mädchen zurück zieht, „dann wollen wir mal sehen was unsere junge Fee zu bieten hat.“ „Ich fordere dich“, entgegne ich, damit es alle verstehen. „Dann sag mir was du anbieten kannst“, bekomme ich zurück. Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, aber die Antwort habe ich schnell parat: „Einen Monat das Maskottchen des anderen sein und dabei leben wo es der andere möchte.“ „Sagen wir du wirst ein Jahr bei mir bleiben, wenn du verlierst“, entgegnet er siegessicher. „Sechs Wochen und gleiches Recht für alle“, werfe ich zurück. „Ok, aber dafür die gesamten Sommerferien!“ „Deal!“ Das Publikum ist plötzlich ganz still geworden und erwartet nun was kommt. Trotzdem scheinen die Quoten noch immer für Tino zu sprechen obwohl noch nicht feststeht was es für ein Wettkampf wird. „Und hast du dir schon die Art der Herausforderung ausgedacht“, fragt er mehr als überheblich. „Ein Entfesslungswettbewerb“, entgegne ich, worauf alle beteiligten sehr überrascht sind. „Dann erkläre bitte die Spielregeln“, tritt Kay plötzlich hinter uns. „Hängt einen Diamanten fünfzig Meter über uns. Wer ihn als erstes mit einem Lichtzauber erreicht hat gewonnen, aber der Lichtzauber muss in dem Diamanten sein.“ „Und wie starten wir wenn es ein Entfesselungszauber werden soll“, fragt Tino ungeduldig. „Wir starten beide in verschlossenen magischen

Flaschen.“ Diese Worte müssen erst einwirken und selbst Kay, den sonst kaum etwas berührt, geht einen Schritt zurück. Doch Tino hat sich schnell wieder gefangen und meint: „Mit Zeitbegrenzung! Falls es innerhalb von 5 Minuten keiner schafft gewinne ich!“ Das hätte ich erwarten müssen und kontere: „Ein guter Zauber braucht seine Zeit. Unser Publikum verdient 30 Minuten Show!“ „Ich habe aber noch etwas anderes vor! 10 Minuten reichen auch!“ „Nicht wenn ich gewonnen habe! 20 Minuten sind angemessen!“ „15 Minuten und Ruhe“, mischt sich Kay ein. „Deal?“, fragt mich Tino und ich antworte: „Deal!“ Es dauert keine drei Minuten bis vor uns auf der Bühne ein Tisch mit zwei Flaschen und einer Sanduhr stehen. Auf Kays Zeichen hin fahren wir beide in die uns zugedachte Flasche worauf er diese verschließt. Auf dem Flaschenboden befinden sich ein paar gemütliche Kissen und das Glas wurde nur mit wenigen Verzierungen versehen. Dadurch ist die Sicht zwar farblich verfälscht, aber doch recht klar. Ich klopfe kurz gegen das Glas um mir dessen Klang zu merken und lege mich dann bäuchlings auf die Kissen. Da sehe ich, dass Tino ebenso da liegt und mich und Kay beobachtet. Mit hochtrabenden Worten dreht Kay die Sanduhr um, wodurch er den Wettbewerb startet. In diesem Moment strecke ich die Flügel aus und beginne damit zu summen. Es dauert ein paar Sekunden bis ich den richtigen Ton treffe, doch dann höre ich das Echo der Flasche. Mit aller Kraft erhöhe ich die Lautstärke, wodurch die Flasche zu zittern beginnt. Auch Tino hat das jetzt registriert und schaut mich entsetzt an. Doch habe ich nicht bedacht, dass es absolut identische Flaschen sind und auch Tinos Flasche zu beben beginnt, wenn auch nicht so stark. Tino steht kurz auf und greift prüfend an das Glas. Seinem Blick nach scheint er sich sicher, dass es bald nachgeben wird. Mir bleibt nur zu hoffen, dass meine Flasche zuerst nachgibt. In diesem Moment kracht es über uns und beide Flaschen reißen. Bei meiner ist der Hals gesprungen und bei Tinos etwas tiefer. Ich gebe mir noch etwas mehr Mühe und kann beobachten wie die Risse in beiden Flaschen wachsen. In diesem Moment bersten die Köpfe beider Flaschen nahezu gleichzeitig.

Kapitel 14 Fast gleichzeitig sind die Köpfe beider Flaschen zerborsten, doch bei Tinos Flasche ist es der gesamte obere Bereich, während bei meiner Flasche nur der Hals fehlt. Meine Flasche ist zwar in tausend Splitter gesprungen, aber irgendetwas hält sie trotzdem zusammen. Dazu kommt, dass sich Tino schon auf den Weg in die Freiheit gemacht hat. Also bleibt mir nichts anderes übrig als die durch den Hals und die Spalten herein strömende Energie zu nutzen um daraus zwei Lichtzauber in meinen Händen zu formen. Als sich Tino vollständig draußen materialisiert hat muss er sehen wie ein Lichtzauber meine Flasche verlässt. Reflexartig formt er einen Crashball und wirft ihn nach dem Lichtzauber. Er trifft diesen auch problemlos und löscht ihn damit aus. Grinsend schaut er zu mir in die Flasche und formt einen extra großen Lichtzauber. Doch genau in diesem Moment erstrahlt ein grelles Licht den Platz in allen Farben des Regenbogens. Mein zweiter Lichtzauber, den ich extra noch kleiner gestaltet hatte, wird nun vom Diamanten tausendfach verstärkt. „Du hast mich ausgetrickst“, knurrt er und lässt die Lichtkugel in seiner Hand verpuffen. Kay dreht sich zur Jury und fragt: „Hat sie fair gewonnen?“ Die Entscheidung ist einstimmig und Tino muss sie akzeptieren. Der Jubel darüber, der zum größten Teil von den weiblichen Zuschauern kommt, ist sogar durch das Glas zu spüren. Trotzdem ziehe ich es vor es mir zwischen den Kissen gemütlich zu machen, denn der Wettbewerb war doch sehr kraftraubend. Als ich aufwache ist es ruhig um mich herum. Wie ich mich aus dem Rest der Flasche befreie kommt aber etwas Leben in den Raum. Wir sind zurück im Internat und alle Freunde warten zusammen mit Tino auf mich. „Klarissa“, frage ich zu Doris hinüber, doch sie schüttelt nur den Kopf. „Darum kümmern wir uns gleich“, meint Kay, „doch erst einmal solltest du deinen Besuch begrüßen.“ Fragend schaue ich an Kay vorbei, wo Maria und Kaila ins Licht treten. Freudig fliege ich zu ihnen, wo mich Maria gleich an ihre Brust drückt und auch Kaila streichelt mich zart. „Kay hat einiges mit Tino zu klären, aber wenn du willst holen wir zusammen Klarissa ab“, meint Kaila und wir stimmen gern zu. So begeben sich Kaila, Maria, Katja und Doris mit mir auf den Weg zum Internat der Jungs. Da es am schnellsten geht nehmen wir den Luftweg. Doris sieht plötzlich etwas missmutig aus, denn auch wenn sie Klassenbeste ist, so ist sie jetzt die Langsamste. Kaila bemerkt dies auch und bleibt mit Katja in ihrer Nähe, während ich mit Maria ein Stück voraus fliege. „Hast du gewusst, dass meine Ausbildung so streng wird“, frage ich ganz nebenher. „Nein“, antwortet sie, „das hat mir Mam erst hinterher gesagt und ich habe mir schon ernsthaft Sorgen gemacht. Als ich hier neu war, da war noch eine Fee in den höheren Klassen, aber ich hab sie kaum gesehen. Sie hat ihren Abschluss aber gemacht bevor Tino kam.“ „Danke, dass du dir Sorgen machst“, entgegne ich, „die Gedanken an dich haben mir auch sehr geholfen.“ „Hat mir Doris erzählt“, antwortet sie, wobei sie etwas rot wird, „sie macht es dir wohl nicht leicht.“ Jetzt werde ich auch etwas rot, denn ich kann mir denken was sie erzählt hat. Doch Maria streicht mir mit ihrer besonderen Art über den Kopf. Somit landen wir auch schon beim Internat der Jungen, wo sich Kaila sofort nach dem Verbleib des Hausmeisters erkundigt. Wir erfahren, dass der Hausmeister hier nur ehrenamtlich tätig ist und wir ihn in seinem Haus antreffen sollten. Sogleich machen wir uns wieder auf den Weg. Die Zeit nutze ich und frage Maria mit Gedanken an das Puppenhaus nach ihrem Alter. „Ich werde in zwei Wochen fünfzehn“, antwortet sie strahlend, „und wenn du dabei vielleicht an das Puppenhaus denkst, dann darfst du erfahren, dass ich es extra für dich aufgestellt habe.“ „So wie du die Kleider für mich besorgt hast“, hacke ich nach. „Genau“, antwortet sie, „Meine Puppen habe ich alle vor über einem Jahr geköpft und die Puppenkleider verbrannt. Nur das Puppenhaus hat meine Mutter gerettet und auf dem Dachboden verstaut.“ „Dann kann ich ja froh sein, dass du mich nicht geköpft und verbrannt hast“, erlaube ich mir einen Scherz. „Das läst sich noch nachholen“, grinst sie zurück. Schon bald kommt das besagte Haus in Sicht, welches am Rande einer kleinen Siedlung liegt. Kaila ruft uns heran und mahnt uns zusammen zu bleiben. So landen wir gemeinsam neben dem Haus und verstecken uns in den Büschen. Ganz in der Nähe entdecken wir einen Seiteneingang, der in den Keller des Hauses führt. Vor der Tür hängt ein Schloss, welches magisch gesichert ist, aber das ist für Kaila kein Problem. Vor unseren erstaunten Augen entriegelt sie es ohne Spuren zu hinterlassen. Vorsichtig gehen wir im Schein zweier Lichtzauber in den Keller, wo uns eine große Überraschung erwartet. An der Rückwand des großen Kellerraumes stehen mehr als dreißig lebensgroße Steinstatuen. Alle sind aus feinstem Granit uns wirken absolut lebensecht. „Das ist doch Hanna“, flüstert Katja plötzlich erschrocken und hält ihren Lichtzauber vor eine der Statuen. „Wer ist Hanna“, fragt Doris, die bei ihr steht. „Hanna ist aus meiner Klasse und sie ist vor zwei Monaten spurlos verschwunden. Sie ist Waise und lebte im Internat in einem Einzelzimmer.“ „Das wird ja immer mysteriöser“, meint Kaila und streicht mit den Fingern über die steinerne Haut. Dann leuchten wir weiter in das Gesicht jeder Statue, während Katja bei der steinernen Hanna bleibt. „Die echte Hanna steht oben“, ertönt plötzlich eine Männerstimme aus dem Dunkel. Erschrocken schauen wir alle in die Richtung. Der Mann, der uns von der Kellertreppe aus beobachtet hat schaltet das Licht ein und schaut uns strafend an. „Wenn ihr nach eurer Freundin sucht, dann wäre es doch höflicher gewesen zu fragen, statt euch wie Einbrecher in mein Haus zu schleichen.“ „Wir suchen tatsächlich unsere Freundin“, entgegnet Katja mit zitternder Stimme, „könnt ihr uns hinbringen?“ Als hätte er es erwartet dreht er sich um und gibt ein Handzeichen, damit wir folgen. Durchs Erdgeschoß geht’s gleich in die obere Etage, wo er vor einem Raum stehen bleibt. „Ihr fasst nichts an“, mahnt er und schließt die Tür auf. Drinnen sehen wir alles, was in die Werkstatt von einem Steinmetz gehört. Neben einem Block aus feinstem Granit steht ein Schemel und ein Tisch mit verschiedensten Hämmern und Meißeln. Der Block selbst trägt schon Spuren dieser Werkzeuge. Dem Gegenüber vor einer Leinwand steht eine lebensgroße Figur von einem Tuch verhüllt. Noch bevor wir fragen können zieht er das Tuch weg und enthüllt eine weitere Statue von Hanna. „Dies ist die echte Hanna“, erklärt er worauf wir erschrocken den Atem anhalten, „Sie ist eines der beiden Modelle an denen ich momentan arbeite.“ „Wie kommt sie hier her“, fragt Katja entsetzt. „Ich kann nicht von

lebenden Modellen arbeiten“, setzt er sich hin und gibt uns Handzeichen es gleich zu tun, „daher frage ich meine Kunden ob sie bereit wären sich in der Pose versteinern zu lassen. Wenn sie zustimmen stelle ich die Bedingung, dass nichts dagegen spricht eine Weile hier unterzutauchen. Hanna brachte also ein Schreiben von eurer Schule, das ihr ein halbes Jahr Abwesenheit genehmigte. Also besprachen wir die Posen und ich versteinerte sie zum ersten Mal. Das Ergebnis habt ihr unten im Keller gesehen. Als die Statue fertig war und ich sie wieder erweckte war sie so begeistert, dass sie noch drei handgroße Figuren bestellte. Sie hat alles im Voraus bezahlt und ich möchte es unbedingt bis zum Beginn des neuen Schuljahres schaffen.“ „Ihr könnt sie also jederzeit problemlos aufwecken“, fragt Kaila kühl. „Jederzeit“, versichert er, „aber dann steht sie nicht mehr in der selben Pose und ich kann von neuem beginnen.“ Dabei holt er seine Arbeit hervor und zeigt uns eine halbfertige Statue, die dem Original absolut gleicht, aber nur knapp fünfzehn Zentimeter groß ist. Katja bestaunt die kleine Statue während Kaila eher skeptisch schaut. Doris und ich fragen uns derweil wo nun Klarissa ist. Ob er sie schon aus der Flasche befreit hat?

Kapitel 15 Der Hausmeister, der eigentlich Steinmetz ist, zeigt uns gerade seine Arbeit, die er von Hanna macht. Er ist sehr stolz auf diese Arbeit, doch er hat das Mädchen versteinert um eine derartige Arbeit hervorbringen zu können. „Hanna ist aber nicht die Freundin, die wir suchen“, unterbricht ihn Doris, während Karin weiter skeptisch schaut. Sie glaubt noch immer nicht, dass sie sich freiwillig der Versteinerung hin gab. „Wen sucht ihr dann“, fragt er etwas verwirrt. „Wir suchen Klarissa“, antwortet Doris, „Sie steckt in einer hübschen Flasche, die sie wahrscheinlich aus Versehen mitgenommen haben.“ Darauf muss er leise lachen und entgegnet: „Ja sie ist hier. Ich war sehr verwundert als ich sie darin entdeckt habe, doch wir haben uns gut verstanden.“ Dabei steht er auf und bedeckt Hanna wieder mit einer Decke. Dann bittet er uns hinaus und führt uns ein paar Räume weiter: „Als ich ihr erklärte was ich hier mache hat sie sich sehr für meine Arbeit interessiert. Sie war meiner Arbeitsweise gegenüber aber noch skeptischer als ihr.“ Er öffnet die Tür zum Zimmer und wir treten ein. Da sehen wir Klarissa gemütlich gebettet auf Kissen in einem ebenso hübschen Kimono. Vor ihr steht die Flasche in der sie steckte und hinter ihr die Attrappe eines Fensters mit hübschen Gardinen. Erst auf dem zweiten Blick bemerken wir, dass sie an uns vorbei starrt und sich keinen Millimeter bewegt. „Ist sie auch versteinert“, fragt Doris mit ängstlichem Ton. „Nein sie ist erstarrt“, antwortet der Steinmetz, „Ich habe auch mit meiner Arbeit noch nicht richtig begonnen und kann sie aufwecken wenn ihr möchtet.“ „Bitte tue es“, entgegnet Doris noch bevor wir etwas sagen können. Er scheint davon nicht sehr begeistert, aber trotzdem nickt er und hockt sich vor Klarissa. Eine Weile passiert nichts, aber plötzlich sackt sie in die Kissen. Lautstark jappst sie nach Luft als ob sie minutenlang den Atem angehalten hätte. Dann richtet sie sich völlig entkräftet auf. „Sind sie schon fertig“, fragt sie ihn und reibt sich die Augen. „Ruhe dich kurz aus, dann wirst du auch wieder klar sehen können. Du warst nur knapp eine Stunde in der Starre und ich konnte noch nicht einmal richtig beginnen.“ „Aber warum haben sie mich dann erlöst“, fragt sie und kuschelt sich in die Kissen. Dabei schließt sie die Augen als wolle sie ein Nickerchen machen. „Du hast Besuch“, meint er und gibt uns ein Zeichen. Sie schreckt hoch und schaut sich unsicher um: „Wer besucht mich?“ Hilflos sucht sie den Raum ab und wir sehen alle, dass sie momentan nichts sieht. Doris geht ganz nahe an sie heran und sagt leise: „Ich habe dich vermisst.“ Auf die kurze Entfernung erkennt Klarissa ihr Gegenüber und schließt Doris in die Arme. „Ich habe euch doch eine Nachricht zukommen lassen“, entgegnet Klarissa. „Aber das war erst vor 90 Minuten“, mischt sich der Hausmeister ein, „Da waren sie sicher schon unterwegs.“ „Kann Finia mit drauf?“ fragt Klarissa, die mich jetzt entdeckt hat. Ich schüttele leicht den Kopf, aber das bekommt bei meiner Größe niemand mit. Trotzdem entgegnet der Hausmeister: „Als Statue kommt sie viel besser rüber.“ „Lieber nicht“, entgegne ich schnell, denn mich erstarren oder versteinern zu lassen macht mir große Angst. In diesem Moment merke ich wie enttäuscht Maria ist, auf deren Schulter ich Platz genommen habe und führe den Satz fort: „Zumindest nicht jetzt. Er muss doch dein Werk erst fertig machen.“ „Außerdem hat sie dafür keine Zeit“, ertönt eine Stimme von hinten, die uns zusammen zucken lässt. „Miss Maja, welch eine Ehre“, verneigt sich der Hausmeister und in diesem Moment erkenne ich die Elfe, die mich beim Ausflug geprüft hat. „Es ist immer wieder Augenweide deine Arbeiten zu sehen“, gibt sie die Grüße zurück und wendet sich dann zu mir, „aber ich bin hier um die kleine Finia zu warnen.“ „Wovor zu warnen“, nimmt mir Doris die Worte aus dem Mund. „Auch wenn die Schule bescheid weis ist es bestimmten Leuten doch ein Dorn im Auge das sie eine Stunde ihrer Ausbildung fehlt.“ Ich bin etwas schockiert, denn Kaila hatte mich extra abgemeldet und alles klar gemacht. „Wenn du Glück hast sickert nichts durch, aber ich lege dir ans Herz auf schnellstem Weg zurück zur Schule zu gehen und deine Ausbildung fortzusetzen.“ Mit diesen Worten verschwand Maja so schnell und leise wie sie gekommen war. Sofort drängt uns der Hausmeister seine Werkstatt zu verlassen, was uns gar nicht zusagt. Besonders Doris möchte sich noch ausgiebig von Klarissa verabschieden und bittet uns zu warten. Trotzdem brennt es in uns und wir verlassen keine 5 Minuten später mit der schriftlichen Entschuldigung von Klarissa zusammen das Haus und fliegen auf schnellstem Weg zurück zur Schule. Kaila macht dabei so ein Tempo, so dass Doris nicht mithalten kann und auch Maria Probleme hat. Die Beiden fallen immer weiter zurück, aber Kaila lässt nicht locker, als ob sie etwas ahnt. Wie wir zwei vor der Schule Landen sind Maria und Doris noch überm Waldrand. Dennoch wartet Maja am Eingang mit ernstem Gesicht und winkt uns heran. „Sie sind hier“, entgegnet Maja uns beiden, so als ob eine der schlimmsten Befürchtungen wahr wird. Dennoch bleibt uns keine Zeit drüber zu sinnen, denn in diesem Moment ergreift uns ein leuchtender Blitz. Ohne eine Chance werden wir von einer starken Macht mitten auf den Rasen des Innenhofs unserer Schule teleportiert. Kaila und Maja rappeln sich schnell auf und laufen an den Rand des Hofes wo sich neugierig Schüler und Lehrer versammelt haben. Ich folge den beiden nur mit den Blicken und sehe dass sie direkt zur Schulleitung laufen, die dort selbst unschlüssig wartet was nun passiert. Wie ich aber nur eine Bewegung mache um auch dorthin zu fliegen stellen sich mir 6 Feen in den Weg, die solch eine Macht ausstrahlen, dass man beim Gedanken daran schon Ehrfurcht bekommt. Auch fällt sofort auf, dass jeweils zwei von ihnen sich derart ähnlich sehen, dass selbst ihre Mutter Probleme hätte sie auseinander zu halten. „Wir sind hier um dich zu prüfen“, meinte die eine zu mir und alle sechs kommen näher. Maja im Hintergrund senkt den Kopf als ob sie bei einer wichtigen Aufgabe versagt hätte. „Sie ist bei weitem noch nicht bereit für die Prüfung“, meint eine andere, „sie würde dabei sterben.“ „Trotzdem muss sie ihre Gabe jetzt empfangen, damit sie sich derer bewusst wird und ihre Ausbildung keine Sekunde vernachlässigt“, meint die Dritte. „Wer seid ihr und was wollt ihr von mir?“ Verängstigt schaue ich die drei an, die kaum größer sind als ich aber in ihrem eigenen Lichtschein kaum zu erkennen sind. Auch wenn die drei die mächtigsten hier sind, so sind ihre Partnerinnen hinter ihnen von gleicher Klasse.

„Wir sind drei der sechs Elementar-Feen, die das Leben auf diesem Planeten im Gleichgewicht halten“, entgegnet die Erste und kommt näher so dass ich sie ihn ihrem Lichtschein besser erkennen kann. Sie erstrahlt in hellem Orange-Rot und strahlt eine wohlige Wärme aus. Ihr Haar weht im Wind wie lodernde Flammen und auf ihrer Stirn glänzt ein funkender Rubin. „Du bist die Fee des Feuers“, rate ich. „Ja und ich die Fee des Windes“, kommt die Zweite näher während sich die Erste wieder zurückzieht. Ihr Licht ist strahlend weis und sie strahlt einen kalten Hauch aus. Auf ihrer Stirn glänzt ein Diamant und ihr langes silbernes Haar ist zu einem Pferdeschwanz gebunden. „Ich bin die Fee der Erde“, stellt sich die Dritte vor. Ihr langes braunes Haar hängt zu einem Zopf geflochten über ihre rechte Schulter und auf ihrer Stirn glänzt in sattem Grün ein Smaragd. Ihr Licht strahlt in einem angenehmen gelblichen Grün. „Seit über drei Jahrhunderten suchen wir eine würdige Nachfolgerin für die verschollene Fee des Wassers und du bist die erste Fee die genügend Macht besitzt um diese Gabe zu empfangen.“ „Nur wegen dieser Flosse“, bin ich verwirrt. „Nein wegen deiner Unsterblichkeit“, entgegnet die Partnerin der Fee des Windes. Dabei haben sie sich gleichmäßig um mich verteilt wobei sich die Partnerinnen immer gegenüber befinden und dicht über dem Boden schweben. „Aber warum wartet ihr nicht bis ich meine Ausbildung fertig habe?“ „Die Zeit drängt“, entgegnet die Fee des Feuers, „wir haben keine Zeit mehr.“ Dabei beginnt auf dem Boden ein magischer Kreis zu leuchten mit verschiedenen Symbolen. „Wir dürfen nicht zulassen dass die Welt im Chaos versinkt“, bekräftigt die Fee des Windes. Immer stärker wird die Macht des magischen Kreises und in dieser Kraft beginnt sich der Wind über uns zu drehen und wie eine Windhose Blätter, Staub und Zweige aufzuwirbeln. „Wähle eine Partnerin“, mahnt die Fee der Erde und instinktiv suche ich die Reihen der Zuschauer ab, die sich zurück an die Wände der Häuser drücken um dem Wind zu entgehen. Tatsächlich finde ich in den verängstigten Reihen Doris, welche Maria fest im Arm hält. Obwohl Doris jünger ist vergräbt Maria ihr verängstige Gesicht an Doris Brust. „Du hast gewählt und sie hat dich gewählt“, ruft dir Fee der Erde, worauf Doris und Maria gleichzeitig den Blick heben. Gleichzeitig beginnen Blitze in alle Himmelsrichtungen zu schießen und der bis eben klare Himmel zieht sich mit dichten schwarzen Wolken zu. Ein gleißender Lichtstrahl aus jedem einzelnen Zeichen des magischen Kreises trifft mich und hebt mich empor. Absolut machtlos muss ich dies über mich ergehen lassen. „Nun empfange die Gabe“, rufen sie zusammen und in diesem Moment reißt ein Loch mitten in die Wolkendecke und eine riesige Lichtsäule umgibt mich. Eine gigantische Macht dringt in mich ein und ich werde ganz benommen. Doch statt mir Gedanken zu machen welche Macht es ist die dort in mich eindringt, so stelle ich mir nun eher die Frage wen ich als Partnerin gewählt haben. Ist es Doris oder Maria?