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Milinda 4.1.14. Die Dauer der Lehre - 4.1.7. Saddhammantaradhānapañho Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat einst den Ausspruch getan: <Nun aber, Ananda, wird die gute Lehre bloß fünfhundert Jahre bestehen bleiben.> Andererseits aber wieder hat er zur Zeit seines völligen Erlöschens auf die Frage des Pilgers Subhadda erklärt: <Solange, Subhadda, die Mönche richtig leben, solange wird die Welt nicht ohne Vollkommen-Heilige sein.> Dieses sind ausschlaggebende, keine weitere Möglichkeit zulassende, unzweideutige Behauptungen. Wenn also die erste Behauptung richtig ist, muß die zweite falsch sein. Ist aber die zweite richtig, so ist eben die erste falsch. Dies ist wiederum ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle, gestrüppiger denn ein Gestrüpp, dichter denn ein Dickicht, fester denn ein Knoten. Beweise nun hier die Größe deiner Wissenskraft, dem mitten im Meere lebenden Leviathan gleich!“ „Beides, o König, hat der Erhabene gesagt. Doch sind diese beiden Aussagen sowohl dem Sinne als auch dem Wortlaute nach ganz und gar verschieden. Die eine nämlich betrifft die Zeitdauer der Satzung, die andere aber deren Ausübung: zwei Dinge, die einander vollständig ausschließen und von einander so weit entfernt sind wie der Himmel von der Erde, oder wie die Hölle vom Himmel, oder wie das Gute vom Bösen, oder das Glück vom Leiden. Dennoch, o König, soll deine Frage nicht umsonst sein. Ich will dir dieselbe erklären, indem ich beide Aussagen nach ihrem wesentlichen Sinne miteinander vergleiche. Wenn der Erhabene sagt, daß die Satzung nunmehr bloß fünfhundert Jahre lang bestehen bleibt, so hat er durch solche Angabe ihres Verfalles die Grenze der noch übrig bleibenden Zeit festgestellt. Daher sagt er: <Die gute Lehre, Ananda, möchte noch tausend Jahre bestehen bleiben, hätte man nicht die Nonnen in den Orden aufgenommen. Nun aber, Ananda, wird die gute Lehre nur noch fünfhundert Jahre bestehen bleiben.> Hat nun etwa der Erhabene durch solche Aussage den Untergang der guten Lehre angekündet oder das Verständnis derselben bemäkelt?“ „Das nicht, o Herr.“ „Der Erhabene, o König, setzte fest, was verloren gegangen und das, was übrig geblieben war. Gleichwie ein Mann, o König, der an seinem Vermögen Einbuße erlitten hat, alles übrig Gebliebene an sich nehmen und den Leuten erklären sollte, daß ihm soviel Vermögen verloren, soviel übrig geblieben ist: ebenso auch, o König, erklärte der Erhabene den Göttern und Menschen das, was verloren gegangen, und das, was noch übrig geblieben war, wenn er sagte: <Nun aber, Ananda, wird die gute Lehre bloß fünfhundert Jahre bestehen bleiben.> Diese Aussage des Erhabenen, o König, besteht in einer Festlegung der Zeitdauer der guten Lehre. Was er aber vor seinem völligen Erlöschen dem Pilger Subhadda

Dauer der Lehre Buddhas

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Wie lange wird Buddhas Lehre bestehen? Hier findet sich, was er selbst dazu zu sagen hatte.Aus dem Sutra Milinda 4.1.14.

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Milinda 4.1.14. Die Dauer der Lehre - 4.1.7. Saddhammantaradhnapaho

Der Erhabene, ehrwrdiger Ngasena, hat einst den Ausspruch getan: Andererseits aber wieder hat er zur Zeit seines vlligen Erlschens auf die Frage des Pilgers Subhadda erklrt: Dieses sind ausschlaggebende, keine weitere Mglichkeit zulassende, unzweideutige Behauptungen. Wenn also die erste Behauptung richtig ist, mu die zweite falsch sein. Ist aber die zweite richtig, so ist eben die erste falsch. Dies ist wiederum ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle, gestrppiger denn ein Gestrpp, dichter denn ein Dickicht, fester denn ein Knoten. Beweise nun hier die Gre deiner Wissenskraft, dem mitten im Meere lebenden Leviathan gleich!

Beides, o Knig, hat der Erhabene gesagt. Doch sind diese beiden Aussagen sowohl dem Sinne als auch dem Wortlaute nach ganz und gar verschieden. Die eine nmlich betrifft die Zeitdauer der Satzung, die andere aber deren Ausbung: zwei Dinge, die einander vollstndig ausschlieen und von einander so weit entfernt sind wie der Himmel von der Erde, oder wie die Hlle vom Himmel, oder wie das Gute vom Bsen, oder das Glck vom Leiden.

Dennoch, o Knig, soll deine Frage nicht umsonst sein. Ich will dir dieselbe erklren, indem ich beide Aussagen nach ihrem wesentlichen Sinne miteinander vergleiche. Wenn der Erhabene sagt, da die Satzung nunmehr blo fnfhundert Jahre lang bestehen bleibt, so hat er durch solche Angabe ihres Verfalles die Grenze der noch brig bleibenden Zeit festgestellt. Daher sagt er: Hat nun etwa der Erhabene durch solche Aussage den Untergang der guten Lehre angekndet oder das Verstndnis derselben bemkelt?

Das nicht, o Herr.

Der Erhabene, o Knig, setzte fest, was verloren gegangen und das, was brig geblieben war. Gleichwie ein Mann, o Knig, der an seinem Vermgen Einbue erlitten hat, alles brig Gebliebene an sich nehmen und den Leuten erklren sollte, da ihm soviel Vermgen verloren, soviel brig geblieben ist: ebenso auch, o Knig, erklrte der Erhabene den Gttern und Menschen das, was verloren gegangen, und das, was noch brig geblieben war, wenn er sagte: Diese Aussage des Erhabenen, o Knig, besteht in einer Festlegung der Zeitdauer der guten Lehre. Was er aber vor seinem vlligen Erlschen dem Pilger Subhadda mitteilte, war eine Bemerkung, die der Lehre Ausbung betrifft. Du aber vermengst beide Dinge hinsichtlich ihres wesentlichen Sinnes. Wenn du es aber wnschst, werde ich dir die bereinstimmung ihres wesentlichen Sinnes erklren.So hre denn gut zu und denke nach, mit unzerstreutem Geist!Nimm an, o Knig, es befinde sich da ein Teich, der mit frischem Wasser gefllt und bis zum Rand angeschwollen sei, eingefat, von einem Damm umgeben. Falls nun das Wasser in eben jenem Teich nicht abnimmt und auerdem noch bestndig Regen fllt, wird da wohl das Wasser in jenem Teich abnehmen?

Nein, o Herr.Und weshalb nicht?

Eben wegen dieses bestndigen Regens, o Herr.

Ebenso auch, o Knig, ist der glorreiche Behlter der guten Lehre des Siegers gefllt und angeschwollen mit den ungetrbten, frischen Wasser der Ausbung eines reinen Wandels, der Sittlichkeit, Tugend und Pflicht. Und dieses Wasser steigt hher, bis es schlielich den Gipfel des Daseins erreicht. Wenn da nun die Jnger des Erleuchteten immer wieder von neuem solches Wasser nachfllen, nachstrmen lassen, so wird dieser glorreiche Behlter der guten Lehre des Siegers eben lange, lange Zeit bestehen bleiben und die Welt nicht ohne Vollkommen-Heilige sein. [Ngasena will offenbar sagen, da die Kenntnis der Lehre nur dann blo fnfhundert Jahre bestehen bleibt, falls nicht immer wieder von neuem nachgefllt wird, d.h. falls die Mnche die Lehre nicht wirklich ausben.]Oder wenn da, o Knig, ein mchtiges Feuer brennen und man immer wieder von neuem drres Stroh und Holz und ausgetrockneten Kuhmist darauf legen sollte, wrde da vielleicht wohl, o Knig, jenes Feuer ausgehen?

Nein, o Herr. Immer strker wrde es lodern, immer mchtiger aufleuchten.

Ebenso auch, o Knig, strahlt und leuchtet in dem tausendfachen Weltsystem die glorreiche Lehre des Siegers infolge der Ausbung eines reinen Wandels, der Sittlichkeit, Tugend und Pflicht. Wenn aber auerdem noch, o Knig, die Jnger des Erleuchteten, mit den fnf Kampfesgliedern (bala) ausgerstet, allzeit unermdlich weiterkmpfen, gefestigten Willens sich in den drei Schulungen (sikkh) ben, die Gebote und Verbote vollkommen beachten, so wird eben diese glorreiche Lehre des Siegers lange, lange Zeit bestehen bleiben und die Welt nicht ohne Vollkommen Heilige sein. In diesem Sinne eben hat der Erhabene die Worte gesprochen:

Wenn man da, o Knig, einen blanken, glatten, ganz und gar reinen, glnzenden, fleckenlosen Spiegel immer wieder von neuem mit ganz feinem, weichem Kreidepulver polieren mchte, wrden sich da wohl, o Knig, auf jenem Spiegel Flecken, Unreinigkeit, Schmutz und Staub bilden knnen?

Nein, o Herr. Immer reiner, wahrlich, wrde der Spiegel werden.

Ebenso auch, o Knig, ist die glorreiche Lehre des Siegers an sich fleckenlos, frei von dem Schmutze und Unrat der befleckenden Leidenschaften. Wenn da berdies die Jnger des Erleuchteten vermittels der in der Ausbung eines reinen Wandels, der Sittlichkeit, Tugend und Pflicht bestehenden Luterung und Reinigung vom Schmutze die glorreiche Lehre des Siegers aufhellen, so wird dieselbe noch gar lange bestehen bleiben und die Welt nicht ohne Vollkommen-Heilige sein. In diesem Sinne eben hat der Erhabene gesagt: Du sprachst da, ehrwrdiger Ngasena, von dem Schwinden der guten Lehre. Was ist darunter zu verstehen?

Das Schwinden der guten Lehre, o Knig, ist dreierlei Art. Es gibt nmlich ein Schwinden ihrer Verwirklichung, ein Schwinden ihrer Ausbung und ein Schwinden ihrer ueren Form. Zu einer Zeit nmlich, wo der guten Lehre Verwirklichung geschwunden ist, o Knig, da erlangt selbst der die Lehre richtig Ausbende keine Durchdringung derselben. Ist aber die Ausbung der Lehre geschwunden, so schwindet auch die in den Sittenregeln bestehende Vorschrift, und blo die uere Form bleibt bestehen. Wo aber die uere Form der Lehre geschwunden ist, da ist auch ihre berlieferung abgeschnitten. Dies, o Knig, ist das dreifache Schwinden der guten Lehre.

Trefflich erklrt und enthllt hast du das tiefsinnige Problem, den Knoten gelst, die Behauptungen der Gegner zunichte gemacht und zerschmettert, und verloren haben sie ihren Glanz vor dir, dem besten und edelsten unter den Meistern.