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Demographie I ROLAND RAU Universität Rostock, Wintersemester 2013/2014 13. November 2013 © Roland Rau Demographie I 1 / 40

Demographie I - Universität Rostock · Pressemitteilung Nr. 344 vom 02.10.2012 Lebenserwartung in Deutschland erneut gestiegen WIESBADEN — Die Lebenserwartung in Deutschland ist

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Demographie I

ROLAND RAU

Universität Rostock, Wintersemester 2013/2014

13. November 2013

© Roland Rau Demographie I 1 / 40

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Vergangene Vorlesungen: Messung der SterblichkeitSterberate (“death rate”)Sterbewahrscheinlichkeit (“probability of dying”)Rohe Sterberate (“crude death rate”)Altersstandardisierte Sterberate (“age standardized deathrate”)Sterbetafel (“life table”)Kohortensterbetafel & Periodensterbetafel

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Pressemitteilung Nr. 344 vom 02.10.2012

Lebenserwartung in Deutschland erneut gestiegen

WIESBADEN — Die Lebenserwartung in Deutschland ist erneut angestiegen: Sie beträgt nach der auf die aktuellenSterblichkeitsverhältnisse bezogenen Periodensterbetafel 2009/2011 für neugeborene Jungen 77 Jahre und 9Monate und für neugeborene Mädchen 82 Jahre und 9 Monate. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weitermitteilt, erhöhte sich im Vergleich zur vorherigen Sterbetafel 2008/2010 die Lebenserwartung für neugeboreneJungen um 3 Monate und für Mädchen um 2 Monate.

Auch für ältere Menschen hat die Lebenserwartung weiter zugenommen. Nach der Sterbetafel 2009/2011 beläuftsich zum Beispiel die noch verbleibende Lebenserwartung — die sogenannte fernere Lebenserwartung — von65-jährigen Männern auf weitere 17 Jahre und 6 Monate. 65-jährige Frauen können statistisch gesehen damitrechnen, noch weitere 20 Jahre und 8 Monate zu leben. Im Vergleich zur vorherigen Sterbetafel 2008/2010 hatdamit die fernere Lebenserwartung bei den 65-jährigen Frauen um 2 Monate und bei den Männern um 1 Monatzugenommen.

Aus der Sterbetafel 2009/2011 lässt sich darüber hinaus ablesen, dass nach den aktuellenSterblichkeitsverhältnissen statistisch gesehen jeder zweite Mann in Deutschland wenigstens 80 Jahre alt werdenund jede zweite Frau sogar ihren 85. Geburtstag erleben kann. Wenn sich die Entwicklung der Lebenserwartungzukünftig so fortsetzt wie in der Vergangenheit, ist damit zu rechnen, dass die Lebenserwartung für beideGeschlechter weiter beträchtlich ansteigen wird.

Methodische Hinweise

[. . . ]

Quelle: Stat. Bundesamt — www.destatis.dehttps://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2012/10/PD12_344_

12621.html

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Lebenserwartung in den Bundesländern 2009/2011

Bundesland Lebenserwartung bei GeburtFrauen Männer

Jahre Rang Jahre RangBaden-Württemberg 83.64 1 79.15 1Sachsen 83.24 2 77.29 10Bayern† 83.00 3 78.09 3Hessen 82.90 4 78.42 2Deutschland 82.73 — 77.72 —Hamburg 82.56 5 77.63 5Berlin 82.55 6 77.60 6Brandenburg 82.44 7 76.97 11Rheinland-Pfalz 82.42 8 77.73 4Niedersachsen 82.41 9 77.42 8Thüringen 82.33 10 76.68 13Mecklenburg-Vorpommern 82.31 11 75.86 15Schleswig-Holstein 82.26 12 77.46 7Nordrhein-Westfalen 82.20 13 77.31 9Bremen 82.05 14 76.51 14Sachsen-Anhalt 81.86 15 75.71 16Saarland 81.71 16 76.70 12† Angaben aus dem Jahr 2008/2010. Bayern verwendet eine eigene Methodik.

Quelle: Angaben des Statistischen Bundesamtes

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Historische Entwicklung

Frühe Menschheitsgeschichte

Problem: Daten!?!?Eine Möglichkeit an Daten zu gelangen: ArchäologischeFunde

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Historische Entwicklung

Vorgeschichtlich:

Lebenserwartung zwischen 20 und 30 JahrenSäuglingssterblichkeit sehr hoch: ≈ 1

3 aller Geburten

ÜberlebendeÜberlebende biszum Alter . . . in %

Lebenserwartung 1 5 25 6520 63 47 34 830 74 61 50 17

Quelle: Weeks (2005, S. 149)

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Historische Entwicklung

Ab dem 14. Jahrhundert:

Datenquellen: Kirchenbücher (→ Parish Registers)Diese enthalten Information über

Taufen→ GeburtenHochzeitenSterbefälle

Bekannteste Analysen von “Parish Register Data” in England:The Cambridge Group for the History of Population andSocial Structure (z.B. Harvey and Oeppen, 2001; Wrigleyet al., 1997; Wrigley and Schofield, 1989)

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Beispiel für “Parish Register Data” aus Norwegen, 1822(Quelle: Wikipedia)

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Historische Entwicklung

e0 in England

Dekade e0 Dekade e0

1600-9 37.5 1710-9 35.81610-9 40.1 1720-9 35.21620-9 40.2 1730-9 36.61630-9 37.8 1740-9 37.31640-9 36.4 1750-9 42.11650-9 36.9 1760-9 39.01660-9 36.5 1770-9 39.41670-9 36.3 1780-9 39.21680-9 31.3 1790-9 41.71690-9 38.7 1800-9 44.81700-9 37.3Quelle: Wrigley et al. (1997, S. 295)

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Historische Entwicklung

Niedrige LebenserwartungHohe MortalitätStarke Mortalitätsschwankungenbisweilen katastrophale Ereignisse

1678–1686: Bevölkerung 5.06 Millionen→ 4.87 Millionen1727–1730: Bevölkerung 5.48 Millionen→ 5.27 Millionen

Mortalität stark beeinflusst von ansteckenden Krankheiten.Wichtige Faktoren:

Sauberes WasserBevölkerungsdichteMissernten

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Entwicklung der Lebenserwartung seit 1850

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nser

war

tung

bei

Geb

urt

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Rekord−Lebenserwartung 1840−2008, Frauen

DänemarkIslandJapanNeuseeland (Non−Maori)NorwegenSchweden

1850 1900 1950 2000

4550

5560

6570

7580

8590

4550

5560

6570

7580

8590

Datenquelle: Human Mortality Database; Adaptiert von

Oeppen, Vaupel (2002), Science Magazine

Oeppen and Vaupel (2002)© Roland Rau Demographie I 12 / 40

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Entwicklung der Lebenserwartung seit 1850

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tung

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Rekord−Lebenserwartung 1840−2008, Frauen

Regressionsgerade (β=0.2412, r2=0.9845)DänemarkIslandJapanNeuseeland (Non−Maori)NorwegenSchweden

1850 1900 1950 2000

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4550

5560

6570

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Datenquelle: Human Mortality Database; Adaptiert von

Oeppen, Vaupel (2002), Science Magazine

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Rekord−Lebenserwartung 1840−2008 and Lebenserwartung in ausgewählten Ländern, Frauen

● Rekord−LebenserwartungLebenserwartung, 'HMD−Länder'

1850 1900 1950 2000

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5560

6570

7580

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4550

5560

6570

7580

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Datenquelle: Human Mortality Database; Adaptiert von

Oeppen, Vaupel (2002), Science Magazine

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Rekord−Lebenserwartung 1950−2008 and Lebenserwartung in ausgewählten Ländern, Frauen

● Rekord−LebenserwartungLebenserwartung, 'HMD−Länder'FrankreichItalienJapanSchweden

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

6570

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8590

6570

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Oeppen, Vaupel (2002), Science Magazine

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Rekord−Lebenserwartung 1950−2008 and Lebenserwartung in ausgewählten Ländern, Frauen

● Rekord−LebenserwartungLebenserwartung, 'HMD−Länder'FrankreichDeutschland (Ost)Deutschland (West)ItalienJapanSchweden

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

6570

7580

8590

6570

7580

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Datenquelle: Human Mortality Database; Adaptiert von

Oeppen, Vaupel (2002), Science Magazine

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Rekord−Lebenserwartung 1950−2008 and Lebenserwartung in ausgewählten Ländern, Frauen

● Rekord−LebenserwartungLebenserwartung, 'HMD−Länder'DänemarkFrankreichDeutschland (Ost)Deutschland (West)ItalienJapanRusslandSchwedenUSA

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

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6570

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Datenquelle: Human Mortality Database; Adaptiert von

Oeppen, Vaupel (2002), Science Magazine

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Entwicklung der Lebenserwartung seit 1850

Jahr

Säu

glin

gsst

erbl

ichk

eit

1900 1920 1940 1960 1980 2000

0.00

0.05

0.10

0.15

0.20

Säuglingssterblichkeit 1950−2008 in ausgewählten Ländern, Frauen

'HMD−Länder'DänemarkFrankreichDeutschland (Ost)Deutschland (West)ItalienJapanRusslandSchwedenUSA

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Welche Alter(sstufen) leisteten welchen Beitrag zuwelchem Zeitpunkt für die Zunahme in derRekordlebenserwartung? (in %)

Alter Vergleichsjahre1850–1900 1900–25 1925–50 1950–75 1975–90 1990–2007

0 10.59 40.01 15.14 19.51 7.35 3.571–14 51.54 14.74 15.86 10.21 3.85 2.35

15–49 29.09 31.55 37.64 17.70 6.47 4.6760–64 5.34 9.32 18.67 16.27 24.29 10.6765–79 3.17 4.44 12.72 28.24 40.57 37.22

80+ 0.27 -0.06 -0.03 8.07 17.47 41.51∑100.00 100.00 100.00 100.00 100.00 99.99

Siehe auch: Christensen et al. (2009)

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Entwicklung der Lebenserwartung seit 1850

Verschiebung der Mortalitätsverbesserungen zu immerhöheren AltersstufenZu Beginn von zentraler Bedeutung: Säuglings- undKindersterblichkeitHeutzutage: Alter 65+ und sogar 80+

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Sterblichkeit in den höchsten Altersstufen

Problem: Qualität von Bevölkerungsdaten in den höchstenAltersstufen; Sterbefalldaten weitaus exakter.

The case of the missing MethuselahsThe Japanese are known for having both the longest lifespans and the lowest crimerates. But with the discovery in recent days of dozens of centenarians who turned outto have died long before (but whose relatives in some cases hushed it up to collecttheir pensions), both truisms are now open to question.The mess began in late July when city officials in Tokyo’s Adachi Ward discovered thatSogen Kato, aged 111 and believed to be Tokyo’s oldest living man, had in fact beendead for 32 years-his mummified body still gathering dust at home while his familycollected pension installments. The cash was anything but petty: in the last six yearsalone, Mr Kato “received” ¥9.5m, or around 110,000 dollars, along withcommemorative gifts from the ward in celebration of his longevity.

Quelle: The Economist, 6. August 2010(http://www.economist.com/node/21009328)

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Sterblichkeit in den höchsten Altersstufen

Problem: Qualität von Bevölkerungsdaten in den höchstenAltersstufen; Sterbefalldaten weitaus exakter.

“Digit-Preference” / “Age-Heaping”

Quelle: Myers (1954, S. 828)

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Sterblichkeit in den höchsten Altersstufen

Problem: Qualität von Bevölkerungsdaten in den höchstenAltersstufen; Sterbefalldaten weitaus exakter.

Fortschreibungsfehler

Weniger Hochbetagte als gedacht

Korrekturen in der amtlichen Statistik für Westdeutschland notwendig

Die Fortschreibung in der amtlichen Statistik überschätzt die Bevölkerung,insbesondere im Alter 90 Jahre und älter. In den alten Bundesländern liegen dieoffiziellen Zahlen zum Ende 2004 bei Männern um rund 40 Prozent zu hoch. Dies hatAuswirkungen auf weitere Berechnungen: So ist die Pflegerate unter denHochbetagten vermutlich weit unterschätzt.

Quelle: Scholz and Jdanov (2008, S. 4)

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Sterblichkeit in den höchsten Altersstufen

Problem: Qualität von Bevölkerungsdaten in den höchstenAltersstufen (falsche Angaben, “digit preference”,Fortschreibungsfehler, . . . );Sterbefalldaten weitaus exakter.Mögliche Lösung: Extinct Generations/Cohorts MethodeEingeführt von Vincent (1951) und Depoid (1973):“Méthode des génerations éteintes”Voraussetzungen (vgl. Dinkel 1997)

vollständige SterbefallregistrierungSterbefallregistrierung nach Alter und Geburtsjahrzu vernachlässigende (Netto-)Wanderungen in denhöchsten Altersstufen

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Extinct Cohorts Methode

Grundlegendes Konzept:Sterbewahrscheinlichkeit qx

Überlebenswahrscheinlichkeit px = 1 − qx

Jahr

Alte

r

t t+1 t+2 t+3

xx+

1x+

2x+

3

q = 38 = 0.375

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Einjährige Sterbewahrscheinlichkeit im Alter 80

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1950 1960 1970 1980 1990 2000

0.00

00.

025

0.05

00.

075

0.10

00.

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CanadaEngland & WalesFrankreichDeutschland (Ost)Deutschland (West)ItalienJapanSchwedenSchweizUSA

Frauen

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q 80

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1950 1960 1970 1980 1990 2000

0.05

00.

075

0.10

00.

125

0.15

0

Männer

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Zehnjährige Überlebenswahrscheinlichkeit im Alter 80

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1950 1960 1970 1980 1990 2000

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0.3

0.4

0.5

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CanadaEngland & WalesFrankreichDeutschland (Ost)Deutschland (West)ItalienJapanSchwedenSchweizUSA

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0.3

0.4

Männer

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Zehnjährige Überlebenswahrscheinlichkeit im Alter 90

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Jahr

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1950 1960 1970 1980 1990 2000

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0.05

00.

075

0.10

00.

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CanadaEngland & WalesFrankreichDeutschland (Ost)Deutschland (West)ItalienJapanSchwedenSchweizUSA

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1950 1960 1970 1980 1990 2000

0.00

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

0.06

0.07

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Neuere Entwicklungen

Die Entwicklung über die Zeit hinweg und insbesondere dieReduktion in der Sterblichkeit in den jüngeren Altersstufen isteng verbunden mit der sogenannten Epidemiologic Transition(“der epidemiologische Übergang”)

formuliert in den späten 1960s (Omran, 1971)beschreibt das Verhältnis zwischen Lebenserwartung undder veränderten TodesursachenstrukturIn der “Epidemiological Transition” gibt es drei Stufen:

1 The Age of Pestilence and Famine2 The Age of Receding Pandemics3 The Age of Degenerative & Man-Made Diseases

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Neuere Entwicklungen

Stufe 1: The “Ancien Régime”: hohe Sterblichkeit, niedrigeLebenserwartung, starke FluktuationenStufe 2: Epidemien wurden seltener (→ Pest), bessereKontrolle von Infektions- und Atemwegserkrankungen(Cholera, Tuberkulose, . . . ),→ führte zu schnellenVerbesserungen in der Lebenserwartung (insbesonderedeshalb, weil gerade jüngere Personen an diesenKrankheiten erkrankten und starben).

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Quelle: Wikipedia

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Neuere Entwicklungen

Stufe 1: The “Ancien Régime”: hohe Sterblichkeit, niedrigeLebenserwartung, starke FluktuationenStufe 2: Epidemien wurden seltener (→ Pest), bessereKontrolle von Infektions- und Atemwegserkrankungen(Cholera, Tuberkulose, . . . ),→ führte zu schnellenVerbesserungen in der Lebenserwartung (insbesonderedeshalb, weil gerade jüngere Personen an diesenKrankheiten erkrankten und starben).Stufe 3: Zunahmen in der Lebenserwartung werden immergeringer. Veränderung des Todesursachenspektrums hinzu chronischen Krankheiten (Herz-/Kreislauferkrankungen,Diabetes, Krebs, . . . )

Eigentlich korrekte Beschreibung bis in die 60er Jahre des 20Jhdt. (als die Theorie auch veröffentlicht wurde).

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häufigste Todesursachen im Jahr 2010

FrauenRang Alle Alter < 65

Deutschland MV MV1 I25 IHD I25 IHD C50 Brustkrebs2 I50 Herzinsuff. I21 Infarkt C34 Lungenkrebs3 I21 Infarkt I50 Herzinsuff. K70 Alk. Leber.4 C50 Brustkrebs C50 Brustkrebs I21 Infarkt5 C34 Lungenkrebs I11 Bluthochdruck C64 Krebs Ovar.6 I64 Schlaganfall C34 Lungenkrebs C18 Darmkrebs7 I11 Bluthochdruck J18 Pneumonie C16 Magenkrebs8 J44 COPD I64 Schlaganfall C25 Krebs Pankr.9 C18 Darmkrebs I63 Hirninfarkt R99

10 F03 Demenz C25 Pankreaskrebs F10 Psych. Verh. Alkohol

Datenquelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, eigene Darstellung

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häufigste Todesursachen im Jahr 2010

MännerRang Alle Alter < 65

Deutschland MV MV1 I25 IHD I25 IHD K70 Alk. Leber.2 I21 Infarkt C34 Lungenkrebs C34 Lungenkrebs3 C34 Lungenkrebs I21 Infarkt I21 Infarkt4 J44 COPD K70 Alk. Leber. F10 Psych. Verh. Alkohol5 I50 Herzinsuff. I50 Herzinsuff. T71 Erstickung6 C61 Krebs Prost. J44 COPD I25 IHD7 C18 Darmkrebs C61 Krebs Prost. R998 R99 J18 Pneumonie T079 J18 Pneumonie C18 Darmkrebs C15 Krebs Ösoph.

10 I64 Schlaganfall T71 Erstickung C25 Krebs Pankr.

Datenquelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, eigene Darstellung

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Neuere Entwicklungen

Unvorhergesehen: drastische Reduktionen in Sterblichkeit fürHerz-/Kreislauferkrankungen→ “cardiovascular revolution” (z.B. Meslé and Vallin, 2006)

Neue Technologien zur Behandlung akuter Symptome(z.B. Herzschrittmacher, Bypass-Operationen)Neue Möglichkeiten der Prävention (z.B. β-blocker)Neues Wissen über Risikofaktoren (z.B. Blutdruck,Blutglukose, Cholesterin, Stress, . . . )

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Entwicklung der Sterblichkeit aufgrund vonHerz-/Kreislauferkrankungen in Deutschland seit 1980

Sterblichkeit aufgrund von Krankheiten des Kreislaufsystems pro 100,000

Jahr

Ste

rblic

hkei

t − K

rank

heite

n de

s K

reis

lauf

syst

ems

1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010

300

400

500

600

700

800

'Neue' Bundesländer'Alte' BundesländerMecklenburg−VorpommernBerlin

(Altersstandardisiert mit Bevölkerung Westdeutschland 1987),

eigene Darstellung nach Angaben der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (www.gbe-bund.de)

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Literatur:Christensen, K., G. Doblhammer, R. Rau, and J. Vaupel (2009). Ageing populations:

the challenges ahead. The Lancet 374(9696), 1196–1208.

Harvey, B. and J. Oeppen (2001). Patterns of morbidity in late medieval England: asample from Westmister Abbey. The Economic History Review 54, 215–239.

Meslé, F. and J. Vallin (2006). The Health Transition: Trends and Prospects. InG. Caselli, J. Vallin, and G. Wunsch (Eds.), Demography. Analysis and Synthesis,Volume II, Chapter 57, pp. 247–259. Amsterdam, NL: Elsevier.

Myers, R. J. (1954). Accuracy of Age Reporting in the 1950 United States Census.Journal of the American Statistical Association 49, 826–831.

Oeppen, J. and J. W. Vaupel (2002). Broken Limits to Life Expectancy. Science 296,1029–1031.

Omran, A. R. (1971). The Epidemiologic Transition : A Theory of the epidemiology ofpopulation change. Milbank Memorial Fund Quarterly 49, 509–538.

Scholz, R. and D. Jdanov (2008). Weniger Hochbetagte als gedacht. DemografischeForschung aus Erster Hand 5(1), 4.

Weeks, J. (2005). Population : an introduction to concepts and issues. 9th ed.Belmont, CA: Wadsworth/Thomson Learning.

Wrigley, E., R. Davies, J. Oeppen, and R. Schofield (1997). English population historyfrom family reconstitution 1580–1837 (Cambridge Studies in Population, Economyand Society in Past Time No. 32 ed.). Cambridge, UK: Cambridge University Press.

Wrigley, E. and R. Schofield (1989). The Population History of England, 1541–1871.Cambridge, UK: Cambridge University Press.

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Sprechstunde im WS 2013/2014: Mittwochs, 09:00–10:00(und nach Vereinbarung)

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