2
Nachrichten aus der Chemie| 60 | September 2012 | www.gdch.de/nachrichten 955 W Informationen zu den Ulmer Projekten Über ihre Programme für bessere Lehre und leich- teren Studieneinstieg informiert die Universität Ulm im Internet: • www.uni-ulm.de/studium/uulm-pro-mint-med. html • www.uni-ulm.de/studium/individuelle-studien modelle. html • www.uni-ulm.de/nawi/nawi-chemie.html W Die Umstellung auf Bachelor- studiengänge hat das Studium kompakter gestaltet und zeitlich gestrafft. Dies verunsichert vor al- lem Studienanfänger und lässt sie an ihrer Studienwahl zweifeln. Ge- rade beim Übergang von der Schule zur Universität sind die hohen An- forderungen für junge Menschen eine enorme Hürde: Einerseits müssen sie den fachlichen Ansprü- chen der universitären Lehre genü- gen, andererseits müssen sie sich in einem neuen Lebens- und Arbeits- umfeld zurechtfinden, das ein ho- hes Maß an Selbstorganisations- kompetenz fordert. Daher soll die gezielte Betreuung in dieser Phase Problemen von Anfang an entge- genwirken und so verhindern, dass Studierende ihr Studium abbre- chen. Dies erfordert individuelle Maßnahmen, die von dem starren Studiensystem abweichen und maßgeschneiderte Studienverläufe ermöglichen. Modelle für Studienbeginn und Bachelorstudium W Um Studienverläufe auch im Bachelor-Master-System flexibler zu gestalten, hat die Universität Ulm mehrere Projekte gestartet, et- wa die „Studienmodelle individuel- ler Geschwindigkeit“ oder „U Ulm Pro Mint & Med“. Sie sollen besse- re Studienbedingungen schaffen sowie optimal organisierte und in- ternational aufgestellte universitäre Lehre. Der Vizepräsident für Lehre, Ulrich Stadtmüller, leitet die Pro- jekte, die seit dem Wintersemester 2010/2011 bzw. dem Sommerse- mester 2011 laufen. Das Bachelor- Master-System hat die Uni Ulm im Jahr 2007 eingeführt. Neu ist „Fit für Chemie“. Diese Maßnahme gehört zum Orientie- rungsprogramm in der Übergangs- phase von der Schule zur Hoch- schule. Sie ergänzt das Universi- täts-Trainingscamp der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswis- senschaften, das zunächst als vier- wöchiger Mathematik-Vorberei- tungskurs konzipiert war. Das Ori- entierungsprogramm soll die Studi- enanfänger in das Lern- und Le- bensumfeld Universität integrieren sowie Studien-, Lern- und Prü- fungsstrategien durch individuelle Arbeitstechniken fördern. In dem Programm frischen die Studienan- fänger ihr Grundlagenwissen auf, lernen das soziale Umfeld sowie Betreuungs- und Unterstützungs- möglichkeiten während des Studi- ums kennen. Umgang mit Chemie lernen W Chemie ist für viele Studenten an der Universität Ulm ein Teil ihres Studiums. Sie betrachten Chemie allerdings oft als aufwendiges, wenn auch notwendiges Neben- fach, häufig haben sie Schwierigkei- ten, chemische Fachinhalte zu ver- stehen und in ihrer Studiendisziplin anzuwenden. Um dem entgegenzu- wirken hat der Fachbereich das Pi- lotprojekt „Fit für Chemie“ in der ersten Oktoberwoche vor dem Vor- lesungsbeginn des Wintersemesters 2011/12 mit 183 Teilnehmern aus acht Studiengängen durchgeführt, darunter Chemie, Wirtschaftsche- mie, Chemie-Lehramt, Biochemie, Biologie, Molekulare Medizin, Zahn- und Humanmedizin. Das vorrangige Ziel des Pilotpro- jekts war, Themen zu identifizie- ren, die für den Einstieg ins Studi- um entscheidend sind. Grund hier- für ist das durchweg sehr unter- schiedliche Niveau an Chemiewis- sen, mit dem die Studienanfänger an die Universität kommen. Zum ersten Trainingscamp ge- hörten Einführungen in die Teilge- biete der Chemie für alle Studien- gänge, in denen Hochschuldozen- ten ihr jeweiliges Fachgebiet prä- Christian Lang, Lena Harwardt, Boris Mizaikoff Das einwöchige Universitäts-Trainingscamp „Fit für Chemie“ an der Universität Ulm soll Studienan- fängern in Molekularer Medizin, Biochemie oder Wirtschaftschemie den Übergang von der Schule zum universitären Alltag erleichtern. Der Vorbereitungskurs vermittelt Basiskenntnisse und Methoden und zeigt den Studenten, wie sie das Lernen im Studium effektiv strukturieren. Den Studieneinstieg erleichtern BBildung und KarriereV

Den Studieneinstieg erleichtern

  • Upload
    boris

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Den Studieneinstieg erleichtern

Nachrichten aus der Chemie| 60 | September 2012 | www.gdch.de/nachrichten

955

W Informationen zu den Ulmer Projekten

Über ihre Programme für bessere Lehre und leich-

teren Studieneinstieg informiert die Universität

Ulm im Internet:

• www.uni-ulm.de/studium/uulm-pro-mint-med.

html

• www.uni-ulm.de/studium/individuelle-studien

modelle. html

• www.uni-ulm.de/nawi/nawi-chemie.html

W Die Umstellung auf Bachelor-studiengänge hat das Studium kompakter gestaltet und zeitlich gestrafft. Dies verunsichert vor al-lem Studienanfänger und lässt sie an ihrer Studienwahl zweifeln. Ge-rade beim Übergang von der Schule zur Universität sind die hohen An-forderungen für junge Menschen eine enorme Hürde: Einerseits müssen sie den fachlichen Ansprü-chen der universitären Lehre genü-gen, andererseits müssen sie sich in einem neuen Lebens- und Arbeits-umfeld zurechtfinden, das ein ho-hes Maß an Selbstorganisations-kompetenz fordert. Daher soll die gezielte Betreuung in dieser Phase Problemen von Anfang an entge-genwirken und so verhindern, dass Studierende ihr Studium abbre-chen. Dies erfordert individuelle Maßnahmen, die von dem starren Studiensystem abweichen und maßgeschneiderte Studienverläufe ermöglichen.

Modelle für Studienbeginn und Bachelorstudium

W Um Studienverläufe auch im Bachelor-Master-System flexibler zu gestalten, hat die Universität Ulm mehrere Projekte gestartet, et-wa die „Studienmodelle individuel-ler Geschwindigkeit“ oder „U Ulm Pro Mint & Med“. Sie sollen besse-re Studienbedingungen schaffen sowie optimal organisierte und in-

ternational aufgestellte universitäre Lehre. Der Vizepräsident für Lehre, Ulrich Stadtmüller, leitet die Pro-jekte, die seit dem Wintersemester 2010/2011 bzw. dem Sommerse-mester 2011 laufen. Das Bachelor-Master-System hat die Uni Ulm im Jahr 2007 eingeführt.

Neu ist „Fit für Chemie“. Diese Maßnahme gehört zum Orientie-rungsprogramm in der Übergangs-phase von der Schule zur Hoch-schule. Sie ergänzt das Universi-täts-Trainingscamp der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswis-senschaften, das zunächst als vier-wöchiger Mathematik-Vorberei-tungskurs konzipiert war. Das Ori-entierungsprogramm soll die Studi-enanfänger in das Lern- und Le-bensumfeld Universität integrieren sowie Studien-, Lern- und Prü-fungsstrategien durch individuelle Arbeitstechniken fördern. In dem Programm frischen die Studienan-fänger ihr Grundlagenwissen auf, lernen das soziale Umfeld sowie Betreuungs- und Unterstützungs-möglichkeiten während des Studi-ums kennen.

Umgang mit Chemie lernen

W Chemie ist für viele Studenten an der Universität Ulm ein Teil ihres Studiums. Sie betrachten Chemie allerdings oft als aufwendiges, wenn auch notwendiges Neben-fach, häufig haben sie Schwierigkei-

ten, chemische Fachinhalte zu ver-stehen und in ihrer Studiendisziplin anzuwenden. Um dem entgegenzu-wirken hat der Fachbereich das Pi-lotprojekt „Fit für Chemie“ in der ersten Oktoberwoche vor dem Vor-lesungsbeginn des Wintersemesters 2011/12 mit 183 Teilnehmern aus acht Studiengängen durchgeführt, darunter Chemie, Wirtschaftsche-mie, Chemie-Lehramt, Biochemie, Biologie, Molekulare Medizin, Zahn- und Humanmedizin.

Das vorrangige Ziel des Pilotpro-jekts war, Themen zu identifizie-ren, die für den Einstieg ins Studi-um entscheidend sind. Grund hier-für ist das durchweg sehr unter-schiedliche Niveau an Chemiewis-sen, mit dem die Studienanfänger an die Universität kommen.

Zum ersten Trainingscamp ge-hörten Einführungen in die Teilge-biete der Chemie für alle Studien-gänge, in denen Hochschuldozen-ten ihr jeweiliges Fachgebiet prä-

Christian Lang, Lena Harwardt, Boris Mizaikoff

Das einwöchige Universitäts-Trainingscamp „Fit für Chemie“ an der Universität Ulm soll Studienan -

fängern in Molekularer Medizin, Biochemie oder Wirtschaftschemie den Übergang von der Schule zum

universitären Alltag erleichtern. Der Vorbereitungskurs vermittelt Basiskenntnisse und Methoden und

zeigt den Studenten, wie sie das Lernen im Studium effektiv strukturieren.

Den Studieneinstieg erleichtern

BBildung und KarriereV

Page 2: Den Studieneinstieg erleichtern

sentierten, Beschäftigungsfelder und Themen vorstellten sowie auf konkrete Lehr- und Forschungsin-halte hinwiesen, die spezifisch für die Universität Ulm sind. Zu zei-gen, wie die einzelnen Gebiete der Chemie ineinander greifen und wo die Berührungspunkte mit anderen Fachbereichen liegen, hatte dabei einen besonderen Stellenwert.

Im Anschluss betreuten Dozenten sowie Chemiestudenten aus höhe-ren Semestern kleinere Teilnehmer-gruppen, die studiengangspezifisch aufgeteilt wurden. In diesen Arbeits-gruppen erhielten die Studenten ei-nen Überblick über den chemischen Anteil ihres Studiengangs. Besonde-res Augenmerk lag dabei auf der Ver-mittlung von Tipps, Hinweisen auf besondere Hürden und schwierige Themen in Vorlesungen, Struktur und Inhalt von Seminaren und Übungen und der Einstieg in die La-borpraktika. Ausreichend Zeit wur-de für Fragen und Diskussionen of-fen gehalten, weitere kurze Seminar -einheiten rundeten das fachliche Programm ab. So gab es beispiels-weise für die Wirtschaftschemiker ein interaktives Planspiel zu einem „Geschäftsmodellkonzept als Diffe-renzierungsmöglichkeit für Unter-nehmen“, und Lehramtsstudierende erfuhren etwas über die pädagogi-sche Begleitausbildung. Darüber hi-naus unterzogen sich alle Teilneh-mer einem unbewerteten Chemie-Einstufungstest, der ihnen ihre Wis-senslücken zeigte.

Das Studium organisieren

W Dem zweiten Kernpunkt von „Fit für Chemie“, der Studienorga-nisation, widmete bereits das Pilot-projekt volle Aufmerksamkeit. Die Agenda umfasste mehrere Veran-staltungen zu diesem Thema, teil-weise durchgeführt von der Zentra-len Studienberatung, der Arbeits-stelle für Hochschuldidaktik sowie vom Kommunikations- und Infor-mationszentrum. So erhielten die Studenten Anregungen für effekti-ves Zeitmanagement ebenso wie für eine strukturierte Gestaltung der Präsenzzeit an der Universität und

damit für sinnvolle Prüfungsvorbe-reitung. Sie lernten Techniken zur Stressbewältigung kennen und dis-kutierten über ihre Identifikation mit dem Studienfach und das nöti-ge Maß an Selbstorganisation, die auch das Leben außerhalb des Cam-pus unterstützt. Onlineportale so-wie hochschulinterne Software und der Einblick ins (Selbst-)Verwal-tungssystem waren ebenfalls Teil dieser Veranstaltungen.

Bewertung durch die Teilnehmer

W Die Evaluation des Trainings-camps zeigte: • Die Studierenden begrüßten

grundsätzlich den Vorbereitungs-kurs, die Begleitveranstaltungen rund um die Studienorganisation fanden großen Zuspruch.

• Das Interesse an dieser kurzfris-tig eingerichteten Maßnahme war stärker als gedacht: Es gin-gen fast 300 Anmeldungen ein. Tatsächlich teilgenommen ha-ben dann 183 Studienanfänger.

• Die Resonanz auf die simulierte Prüfungssituation in Form eines Einstufungstests war sehr positiv.

In der Weiterentwicklung des Pro-jekts „Fit für Chemie“ liegt daher der Fokus auf Übungsaufgaben zu The-men der Grundvorlesungen, um den Studieneinstieg gerade in diesem Be-reich weiter zu verbessern. Die nächste Veranstaltung „Fit für Che-mie“ wird sich anhand dieser Eva-luation weiter auf die Bedürfnisse der Studienanfänger anpassen.

Allgemeine und anorganische Chemie stellten sich als wichtigstes Wissenselement heraus, sie gehö-ren in allen Zielstudiengängen zu den wesentlichen Studieninhalten. Die Lehre soll von Hochschuldo-zenten vermittelt werden, um hier frühzeitig den ersten persönlichen Kontakt herzustellen. Wissen-schaftliche Mitarbeiter und Tutoren betreuen die Übungsaufgaben. Die Tutoren sollen sich zusätzlich di-daktisch weiterbilden, um auf die Bedürfnisse der Studienanfänger vorbereitet zu sein. Die Arbeitsstel-le Hochschuldidaktik der Universi-tät Ulm bietet hierfür Schulungen

an, die ebenfalls Teil der beiden Projekte „Studienmodelle indivi-dueller Geschwindigkeit“ und „U Ulm Pro Mint & Med“ sind.

Zusätzlich zu dem Einstufungs-test wird es eine schriftliche Probe-klausur zu den Themen in der Prä-senzzeit geben, die eine Prüfungs-situation simuliert. Die Begleitver-anstaltungen werden die Agenda abrunden und auch weiterhin all-gemeine Informationen zum Studi-enalltag vermitteln.

Da die Teilnehmerzahl für „Fit in Chemie“ auf 200 begrenzt ist, wird es parallel zum Präsenzkurs an der Universität das Trainingscamp auch in einer Onlineversion geben. Diejenigen Studenten, die keinen Präsenzplatz bekommen haben, er-halten die Inhalte über eine Lern-plattform und werden dabei von Tutoren unterstützt. Erweist sich dieses für Ende September 2012 vorgesehene modifizierte Trai-ningscamp als Erfolg, so ist zu dis-kutieren, ob der Chemieanteil auf zwei Wochen steigt und interaktive Lehrelemente ausgebaut werden.

Das Trainingscamp soll dazu bei-tragen, dass sich die Studenten frühzeitig und stärker mit ihrem Studienfach identifizieren, was sich in Summe kurz- bis mittelfristig positiv auf die Studienleistungen auswirken soll und die Abbrecher-quote reduzieren soll.

Unabhängig von den Maßnah-men für das Trainingscamp sollen längerfristig interaktive E-Lear-ning-Module eingerichtet werden, die Studenten das ganze Jahr über nutzen können. Der Auf- und Aus-bau dieser Module soll allen Stu-dierenden zugute kommen, für die Chemie zum Studium gehört.

Christian Lang ist Wirtschaftschemiker und

koordiniert die Lehre im Fach Chemie an der

Universität Ulm. [email protected]

Lena Harwardt ist promovierte Chemikerin

und befasst sich an der Universität Ulm als

Studienlotsin Chemie mit Projekten für den

Studieneinstieg und für die Übergansphasen

im Studium. [email protected]

Boris Mizaikoff ist Professor für analytische

und bioanalytische Chemie und an der Uni-

versität Ulm und zur Zeit Studiendekan.

[email protected]

Nachrichten aus der Chemie| 60 | September 2012 | www.gdch.de/nachrichten

956 BBildung und KarriereV