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8/12/2019 Der Blick Des Hermes in Seinem Homerischen Hymnos http://slidepdf.com/reader/full/der-blick-des-hermes-in-seinem-homerischen-hymnos 1/9  OSYN . A  loumai  CUasicat Siudtes Mnemosyne  66  (2013) 105-112  brill.com/mnem Miscellanea Der Blick des Hermes in seinem homerischen Hymnos Im homerischen Hermes-Hymnos  {LMerc. hegehen sich Hermes und Apollon— von Zeus zur Versöhnung aufgefordert—nach Pylos, wo die gestohlenen Rinder (402) und die Häute der geschlachteten  Tiere  (403)  zum  Vorschein  kommen.  Apol- lon bestaunt die Kraft des Hermes (406-7) und stellt seine Kraft auf die Prohe. Darauf folgen  die  Verse: TOTE  Sr]  xpaTÙç ApyEiçovnjç 41 5  A>)ToGç 8' ÉpixuSéoç uièv ^EÎa  ¡íáX  é7ipiíüvEV e)0)ßoXov, wç  é eX aÙTOç, xai xpaTEpóv 7:Ep  iàvra Xotßtüv 8' En' àpicTTEpà XEipàç 7tXrjxTpcü enEiprjTiCE  xaxà  jiéXoç- (414-9)^* Text und Interpretation dieses Passus, vor allem der Verse  414-6,  sind sehr umstrit- ten. Die Wendung Ttöp àfxoipuatTcov wird meistens als Beschreibung des feurigen Bhcks verstanden und auf Hermes bezogen. Mangels eines Objekts neben dem Infinitiv  bpcp\ y]>ai  muss jedoch eine Lücke von mindestens einem  Vers  nach V.  415 angenommen werden, in dem dieses Objekt genannt werden sollte. Da es vom V.  418  an um die Leier  geht die Hermes bisher unter seinen verborgen gehalten hat (V. 153,242,388) und erst jetzt hervomimmt, liegt  es  im Rahmen dieser Interpreta- tion nahe, das Musikinstrument als Objekt  des Verbs  éyxpínjjoti anzusehen.^'  Die  Interpretation der  Verse 409 13  ist umstritten.  Ich  gehe hier weder auf sie noch auf die einschlägige Doxographie ein. Es genügt, was feststeht: Dass es sich um eine Probe der körperlichen 'Kondition' des Hermes handelt. 2'  Die  Textfassung der  aus  dem  kMerc.  zitierten Verse entspricht durchgehend, wenn nicht anders vermerkt, der  1912  Ausgabe Aliens. 3*  So Radermacher (1931,147-8 ad  414),  der jedoch annimmt, dass Hermes die Leier im aus

Der Blick Des Hermes in Seinem Homerischen Hymnos

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8/12/2019 Der Blick Des Hermes in Seinem Homerischen Hymnos

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  OSYN

. A  loumai

 CUasicat Siudtes

Mnemosyne  66 (2013) 105-112  bril l .com/mnem

Misce l lanea

Der Blick des Herm es in seinem hom erischen Hymno s

Im hom erischen Hermes-Hymnos {LMerc. hegehen sich Herm es und Apollon—

von Zeus zur Versöhnung aufgefordert—n ach Pylos, wo die gestohlen en Rinder(402) und die Häute de r geschlachteten Tiere (403) zum Vorschein komm en. Apol-lon bestaunt die Kraft des Hermes (406-7) und stellt seine Kraft auf die Prohe.Darauf folgen die Verse:

TOTE Sr]  xpaTÙ ç A pyEiçovn jç

41 5

  A>)ToGç 8' ÉpixuSéoç uièv

^EÎa ¡íáX  é7ipiíüvEV e)0)ßoXov, wç é eX aÙTOç,xai xpaTEpóv 7:Ep  iàvra Xotßtüv 8' En' àpicTTEpà XEipàç

7tXrjxTpcü enEiprjTiCE  xaxà  jiéXoç- (414-9)^*

Text und Interpre tation dieses Passus, vor allem der Verse 414-6, sind sehr um strit-ten. Die Wendung Ttöp àfxoipuatTcov wird meistens als Beschreibung des feurigenBhcks verstanden und auf Hermes bezogen. Mangels eines Objekts neben demInfinitiv bpcp\ y]>ai m uss jedoch eine Lücke von m indestens einem Vers nach V. 415

angenom m en werden, in dem dieses Objekt gen annt w erden sollte. Da es vomV. 418 an um die Leier geht die Herm es bisher unter seinen verborgen gehalten hat(V. 153,242,388) und e rst je tzt he rvo m im m t, liegt es im Rahm en dieser Interpreta-tion nahe , das Musikinstrument als Objekt des Verbs éyxpínjjoti anzusehen.^'

  Die Interpretation der Verse 409 13 ist umstritten . Ich gehe hie r we der auf sie n och auf dieeinschlägige Doxographie ein. Es genügt, was feststeht: Dass es sich um eine Probe derkörperlichen 'Kondition' des Hermes handelt.2'  Die Textfassung der aus dem kMerc. zitierten Verse entspricht durchgehend, w enn nicht

anders vermerkt, der 1912 Ausgabe A liens.3*  So Raderm acher (1931,147-8 ad 414), der jedoch annim m t, dass Hermes die Leier im aus

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i o 6  Miscellanea / Z Adorjáni / Mnem osyne 66  2013) 105-112

Einen ganz anderen Weg schlagen diejenigen Interp reten ein, die fiir V. 415 einKonjektur  7rGp a[iapú(7(7ov) vorschlagen und dieses 'flackernde Feuer' zum Objek

von eyxpuijiat erheben . Was aber den Inhalt und Bezug von TrOp anapúao-ov anbelangt, scheiden sich die Geister.

Man hat einerseits dafür plädiert, TrOp als den feurigen Blick des Hermes zu nemen, den dieser zu verhehlen  trachtef* Dagegen lässt sich aber einwenden , dassbei dem Ausdruck Ttöp anapúatrov gerade der notwendige Hinweis auf die Perso(des Hermes) fehlt, der in der konkurrenten Auffassung, die die Wendung eben-falls auf Hermes' Blick bezieht, durch das ihm zugeordnete Partizip àfiapùo-awvgegeben ist  TrOp à tocpuacrov ( flackerndes  Feuer*) weist hingegen nicht eindeuti

daraufhin , dass es sich dabei um das Hermes' Auge entströmende Feuer ha nd eltMan hat andererseits versucht, diesem Problem dadurch aus dem Wege zu

gehen, dass man 7tûp ajxapucTCTOV auf das glimmende Feuer bezog, das Hermes nacseinem Mahl zurückgelassen hat (140-1).  Der Grund für dieses Verbergen-Wolledes Feuers sei Hermes' Bestreben, jedes Zeichen Apollon vorzuenthalten, dasbeweisen könnte, dass er,  Hermes, in seiner Göttlichkeit irre geworden ist^ ' Das ieine sehr voraussetzungsreiche Interpretation, zumal auch Hermes' 'Irrewerdenin seiner göttlichen Iden tität anlässlich des Rindermahls, als er von Hunger gepeinigt die Kühe schlachtet, sich aber nicht traut, den Braten zu genießen,^* eineHypothese ist

Lassen wir uns deshalb eher durch den Text sagen, ob ein Hinwies auf die nocglimm ende Glut des Feuerplatzes an dieser Stelle angebracht i st Zuerst die inhaltliche Seite: Es hätte wenig Sinn, Hermes weitere Indizien des Mahls verbergen zlassen, da sein großer Bruder um das Schlachten der Rinder schon weiß (evorjueßoEiac, 403; SeipoTo yjffoci, 405).^' Dass er sie auch als Essen zubereitet, jedoch nicgekostet hat, ist Hermes' 'Privatsache', es geht Apollon nichts an und verschläg

Lücke nach V. 415 und der Leier als Objekt von èyxpuijjai vgl. auch GemoU 1886,240 ad 4Allen und Sikes 1904,179 ad 415 (später [21936] jedoch anders, vgl. u nten n. 5) und H umb

1951.133 n. 3-•*> So Ludwich 1908,128 ad 409 ff., Cassola 1975,536 ad 415. Zanetto 1996,276 n. 74 und nlich Pace 2004,102 n. 37. Vgl. auch M anuwald 2002,159-60 n. 33.

5'  Strauss Clay 1989,137. Ähnlich schon Allen, Halliday und Sikes ^936,332 ad 415. die an dHäute, das Fett und das Fleisch der Kühe als zu verbergende Gegenstände denken.^' So Strauss Clay 1989,137:  If the evidence of the cowhides attested to Hermes' hithert

unsuspected strength, then the traces of the fire point to an event whose revelation woulprove an acute embarrassment to the young god, for they attest to H ermes' earlier uncer

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Miscellanea/z. Adorjáni /Mnemosyne 66  2073) 705-772  107

nichts  an  einer Stelle, an der es einzig und  allein  um  Hermes' körperlicbe Kraft

gebt. Darüber hinaus scheint die Szene der Erprobung der Kraft des Hermes durch

einen Hinweis  auf  Apollons Reaktion abgescblossen: aùxàp  ATTOAXCOV /  9aú(/aaEvà.Qçiy] ja<i (413-4), wobei 6aúnaaev mit Saunaívco (407) korreliert. Mit TOTE 5r) scbeint

etwas Neues  zu  beginnen,  was  sieb  als  eine Bestätigung  des  intellektuellen-

musiscben Könnens  des Hermes erweisen wird. Auf das Leierspiel reagiert Apol-

lon  mit  einem Gelächter  und  süßer Entzückung: yÉXaaae  8è <i>oißoc A

YT)9rjc7aç, èpa-ri)  8È Sià (ppévaç  y\ko ' iwr) /  9£a7:Eaiy)ç èvoTrijç, xai \L\V

fÎpEi  /  Gunw àxouaÇovra (420-3).  So  steigert sich  die  Reaktion  des Apollon  von

Bewunderung bis zu Hingerissenbeit.  Die  beiden Szenen: 'Probe  der  physischen

Kraft  des  Hermes—Staunen Apollons' (409-14)  ~  'Bekundung  der  inneren Kraft

des Hermes—Begeisterung Apollons' (414-23) sind symmetriscb angelegt*' Es ist

deshalb wenig ansprecbend,  den  Versen  414-6 einen anapborischen Bezug  zu

geben  und sie  dadurcb Versen 409-14  als  Nacbtrag anzuhängen,  wo sie  docb

keine erkennbare inhaltliche und strukturelle Funkt ion baben,i< statt sie—vkde es

nabeliegt—mit einem kataphorischen Bezug  der  Szene  des  Hervorholens  un d

Spielens der Leier (418-20) zuzuordnen.

So fällt  der Hinweis  auf den  Feuerplatz  weg und wir  finden  uns zum  ersten

Lösungsvorschlag zurück, mit nOp anapúacruv auf Hermes' Blick bezogen und einer

Lakuna nach 415. Da die gesamte Partie proleptisch auf das  Nachfolgende ausge-

richtet  ist, muss  das Musikinstrument  in dem  verlorenen Vers erwähnt worden

sein (mehr  als ein  einziger muss  es  nicht gewesen sein).  Die  Leier wäre dann

das Objekt  von  bpcç\i^a\.,  was um so  plausibler erscheint,  als die Präposition èv

auf  ein  Verbergen  un d  Verbüllen eines Gegenstandes  in (év)  etwas anderem

(hier  den Windeln)  zu  verweisen scbeint  Ich  schlage  exempli gratia  folgende

Ergänzung vor:

TOTE  8r) xpaTÙç ApyeKpovrvjçXÛ pov U7toßX iiSr)v ÈCTXÉiljaTO TrOp ànapU CT trwv,  415

<r\v  S e x ^ X u v  ÈpaTTj v i mè naoxóXj ) EÎ^e 8óXoi <Ti v> '

è y x p u i j i o i n e | / a u ç - ( 4 1 4 - 6 )

ä'  Das Attribut xpoTUç ist das Bindeglied zwischen den beiden Szenen: Hermes hat sich als

physisch stark erwiesen, jetzt wird er seine intellektuelle 'Stärke' an den Tag legen.

  DaTs spricht auch gegen Richardsons Annahme (2010,205 ad 416), xûpov als Objekt von

eyi púij)» zu nehmen:  (...) Hermes covers the area where the cattle are with withy branches .

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i o 8  MisceU anea / Z. Adorjáni / Mnem osyne 66  2013) 105-112

Mit einem Verweis auf die Leier in der Lücke nach 415 können wir auch in V. 418o hne d eren expUzite Erwähnung auskommen.*2> Zwar bietet h ier d ie Hand schrift

M: Xaßwv 5 ' in  apiorepà XùpY)v, das Wort Xupïjv ist an d ieser Stelle immetrisch undwird in den meisten Ausgaben zu Recht durch  x P Ç abgelöst, was einen stehen-d en Ausdruck ( in  àpiorepà x tpóc) ergibt.'^* Das Partizip Xaßcov ist nötig,* *' um dasMo ment d es Hervorholens auszudrücken. Es steh t also zu eyxpú^Jai im Gegensatz.Da es angenommen wurde, dass bpcçii^ax  ein expli-zites Objekt hat, erregt ekeinen Anstoß, dass es neben Xaßci)v nich t mehr v o rko m m t Die Parallehtät vonèyxputljai und  Xaßwv geben auch dem zweiten Partizip ein eindeutiges Objekt.

Wie kann jedo ch d er scheinbare Wid erspruch erklärt werd en, der sich aus die-

ser Interpretatio n ergibt, d ass Hermes d ie Leier zuerst zu verbergen sucht (416),unm ittelbar d anach aber hervo mim mt (418)?^^' In w elchem Zusamm enhang stehtd amit der feurige Blick des Hermes sowie d as Niederschlagen seiner Augen? Umdiese Fragen beantwo rten zu können, muss ich ein wenig weiter ausholen und d reiPassagen d es Hymnos untersuchen, bei d enen der Blick d es Hermes eine vorder-gründige Rolle spielt.

Herm es' Geschwindigkeit bei  d er Verfertigung d er Leier wird durch ein Do ppel-gleichnis veranschaulicht:

ü)C  Ô' Ô7tOT' wjcù voï]}ia Stà o ré pvo io nzçr\iT(^

àvépoç ôv TE Ö a^itval i -KK<rxçb><pCiQ\  ^ é p i p a i ,

Í) OTE StvT]ecüCT[v àiC  ocSaX^uv «(xapuyat ,  4 5

û ç Ä | i ' ëTToç TE  xai Epyov E^ii^SeTO xuSipç 'Ep^tijç. (43-6)

Die Schnelligkeit der Tat wird einmal mit dem Gedanken (vórjua) verglichen, derfür einen tiefsinnenden Mann charakteristisch ist, einmal mit dem Funkeln derAugen (à7t' ô p9aXnwv afxctpuyai). Dieses letztere Bild basiert auf der lichtemissioni

'2 '  Richtig bem erkt von Al len und Sikes (1904,180 ad 418) .

'3*  Vgl. in unserem H ymno s V.  153 und 499 . V. 499 le hnt s ich an d i e Verse 418 {¿TT' àptcrrepà

XEipoç) und 421 (Y^Öiii^ctc) an, so dass die Subjekte umgekehrt werden: V. 499 freut sich

Hermes und n immt Apol lon d ie Le ie r in d ie Hände , V . 418 hä l t Hermes das Inst rument

u nd   V. 421  is t Apo l lo n e rf reut Diese Entsprechung s icher t d ie Konjektur  in  àpioTEpà x tp^Ç

in  V. 418.**  Es g eh t also ni ch t an XúpTjv S' in àp iorepà x^tpóc zu em end ie ren , wie es z. B. von Ma t th i ae

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stischen Lehre des Sehens.' ' Da beide Gleichnisse eng aneinander gebunden sind,könnten sie inhaldich als eine Einheit angesehen werden: Die Gedanken (vórjjxa,

\íépníVM)  imd der Einfallsreichtum (9anivai) des Mannes spiegeln sich in seinembelebten Blick wider. Ist es doch bei den Griechen der dem Auge entström endeFeuerstrahl, der verschiedene seelische Dispositionen und Inhalte als Material auf-nimm t und trans po rtiert' ' ' ' Darüber hinaus könnte statt àvépoç Hermes eingesetztwerden, denn es ist er, dessen Tätigkeit veranschaulicht wird.'^' Der klug strah-lende Blick des Hermes ist jedoch hier nur implizit angedeute t

Später wird aber auf den b esonderen Blick des Herm es explizit hingewiesen. AlsApollon nach den gestohlenen Rindern fahndet und seinen kleinen Bruder zur

Rede stellt, leugnet dieser alles ab:

ó<ppúc7i ^OTTáCEOTCEv èpto|/Evoç hiQa x a i  ëvQa,

\iáxp ônooupiÇwv, cíXiov TÔV H09OV axoúuv.  278-80)

Durch a^apiiaauv (se. «(zapuyác, interner Ace.) wird ein intratextueUer Bezug aufV . 45 hergeste llt So drücken die unausgesetzt (7ruxvóv) funkelnden {à\i npwaoùv)

Blicke des Herm es seine Fähigkeit, sich zu verstellen, aus.'»' Aber der verschmitzte

Hermes weiß, dass gerade seine Blicke ihn verraten können.^»' Deshalb versuchter, durch ein Zucken der Augenbrauen (ócppúai pmxáCecTXEv) und ein Hin- undHerblicken (ópúnevoc ëv9a xai ëv9a) sich Apollons prüfendem Blick zu entziehen.Darüber hinaus tauscht er G leichgültigkeit gegenüber den V orhaltungen seinesBruders vor, indem er laut vor sich hin pfeift  {\iaxp àTtotTupiÇwv).^ Aber Apollondurchschaut ihn und belächelt  á7roíXev YEXOTOC, 281) seine Tücken.

'^ ' Richtig erk arm t vo n Rad erm ac he r (1931,70 ad 43) un d Rich ards on (2010,160 ad 45). V gl.

Em p . fr. 84.1-11 D.-K., Sapph. fr. 16.18 V., Pi. fr. 123.2-3 und A.R. 3.1018-9. Zur Geschichte der

lichtem issionis üsch en Lehre in D ichtun g un d P hilosophie vgl. Rakoczy 1996, vor allem 20-37.

  ' V gLMugler i960,61-2.

'8> Richtig wird die Einheit der beide n Bilder und ihre Be ziehbarke it auf He rm es hervorge-

hoben bei Strauss Clay (1989,107) im Anschluss an Schmid und Stählin 1929, 273 n. 1 und

Treu 1955, 62 bzw. 252. Auch Ludwich (1908, 85 ad 45) würdigt diese Einheit, aber seine

Konjektur (xai TOTE) ist unnötig. V gl. auch Pace 2004,102.

'ä> Richtig Pace 2004,102-3 (im V ergleich mit de m B hck des Eros in Ap ollonios ' Arg.  3).

^ V g l. Zane t to 1996 ,272 n . 54 , der auch auf e inen mö ghche n Z usam me nhan g des A dverbs

7ruxvóv mit intelligenten Gedanken hinweist Vgl. auch Sapiivai (auf piépipai bezogen)

in V . 44.

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Eine ähnlich e Szene spielt sich vor Zeus ab: He rm es versuc ht vneder, den D iebstahl in Abrede zu stellen, hält die Leier unter seinen Windeln verborgen {xai TO

o-napYocvov eîxev  èTt ¿Xevfl ouS' ànépa^Xe, 388), blickt zu gleich au ge nz w ink em d ause in en V ate r: iîç c a r è7riW.(Çwv Ku>Xi vioç ApyeicóvTYic {387). Hier w ird als o n ic hsein Bhck verborgen, sond em das M usikinstrume nt un d da mit der wahre Sachverhalt Mit seinem Augenzwinkern (¿7ri>XiÇwv) hingegen versucht Hermes, Zeus insein Geheimnis einzuweihen und zu seinem Komplizen zu machen.22> Aber Zeusentdeckt— ähnl ich wie Apol lon—das hstenre iche T rachten des Hermes und s te llihn mit einem schallenden Gelächter (fxéy' é^eyéXaaffev, 389) bloß.

Diese drei Passagen, bei denen Hermes' Mienen- (vor allem Augen)spiel eine

wichtige Rolle zukommt, werden synthetisch mitzitiert an der vierten Stelle(414-6), von der wir ausgegangen sind und zu der wir jetz t zurückk ehren.

Die Wendu ng TcOp à^apucracov  415) bezieh t sich eindeu tig aufV. 45 [an  ôçÔotX^wd^iapuyaí) und 278 (à7rô ßXecpopwv «napÙCTiTWv) zurück. Das innere Objekt 7rûperklärt sich vollends durch die oben erwähnte lichtemissionistische Lehre deSehens.23*  Der feurige Blick bekundet auch hier, wie V. 278, Hermes' SchlauheiWorin diese hier besteht , werden  yñr  gleich sehen. Auch hier versucht Hermesähn lich wie V. 279, seinen Blick dur ch das Niederschlagen der Augen zu verbe rgen

(Xwpov UTToßXyjSTjv éoxéil'aT O, 415 ~ ópwfxevoc ëv9a xai  hi^a, 270,)?^^  Darüber h inahä lt er— w enn uns ere Erg änzung nac h V. 415 inhaltlich zutrifft—die Leier unt eden Windeln, ganz wie vor Zeus (V. 388).

W a ru m vá er aber das Instrument verbergen (eyxpúv|jai }xe[xaœç), wenn er egleich hervomimmt? Damit kehren wir zu unserer ursprünglichen Frage zurückDas Manövrieren des Hermes wird von Zeus und Apollon immer durchschau(sind sie doch Götter), seine Schlauheit darf allerdings nicht unterschätzt werdenDas Verbergen-Wollen gehört hier zum Trick. Eigentlich ist Hermes darauf ausdass die Leier entde ck t wird, de nn n ur so hofft er, eine vollkom me ne V ersöhn un

das 'Auipfelfen' als Zeichen der Geringschätzung Apollons Behauptungen gegenüber. Daist auch möghch, aber die vorgetauschte Gleichgültigkeit eignet besser dem 'SchauspieleHermes.221 Richtig Richardson 2010,202 ad 387.

^* Deshalb ist die Konjektur  TTÚKV aufgrund des Verses 278 (zuerst von M artinu s [160

2.10.36] vorgesch lagen) unn ötig . Strauss C lay (1989,137 n. 133) berü cksic htigt die Auffassun

der Griechen vom S ehen nicht , w enn sie me int: ( . . . ) Herm es' eyes ma y twinkle or flash, bu

they do not literally produce fire . Vgl. Hes. Th. 827 (in B ezug auf den Bück des T yphoeu sw o es um die feurig-boshafte Blicke des U nge heu ers geht. H erm es ist boshaft (selbstv erstän

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zu erzielen und eine würdige Gegengabe (die delphische Mantik) in Empfang zunehmen.25) Man kann sich sein ostentatives (fiEnacóc) Verbergen-Wollen der Leier

ganz übertrieben, wie das Agieren einer Zeichentrickfilmsfigur vorstellen. Damitverfolgt Hermes ein dem scheinbaren entgegengesetztes Ziel: Er will ApoUons Auf-merksamkeit auf das versteckte Objekt hinlenken. Das Aufblitzen seines Auges TTÛp à|/o puaCTcov, 415) deutet gerade auf diesen hstigen Einfall hin, ganz ähnlich wiebei der Verfertigung der Leier (45) und bei seinen schauen Ausreden   {278).^^^Wenn er sich zu verstellen, seinen hstigen Blick und das Instrum ent, ähnlich wie V.278-9, zu verbergen scheint, so ist das selbst Verstellung: In der Wirklichkeit provo-ziert er dadurch die Neugier Apollons. Das antithetische V erhältnis von Blick und

Gebärde in V. 387-8 wird hier also spielerisch aufgehoben. Vor Zeus ist es der osten-tative Bhck (é7riM.iÇwv, 387), der den Gott zum Mitspielen einlädt, die heimlicheGebärde, die die Leier verborgen hält. Vor Apollon hat es Hermes mit seinemostentativ verborgenen Blick und Instrumen t darauf abgesehen, von seinem gro-ßen Bruder entdeckt und bloßgestellt zu werden.

Die darauf folgenden Ereignisse werden bewunderungsvmrdig knapp undgedrängt aus auktorialer Perspektive dargestellt (416-9). Der Dichter greift vor undpräsentiert zuerst das Resultat {ènpY)ï)vev, 417) des Hervorholens der Leier, das erstmit Xaßuv (418) beschrieben wird: Dadurch (5é expUcativumy dass Hermes dasInstrument in die Hände nim mt (Xaßcov), beschwichtigt er   [inprpw^) den aufge-brachten Apollon. Dass dieser auf Hermes' Köder hereinfallt und infolge seinesostentativen Augen- und Gebärdenspiels mit Bitten imd Drohungen, oder nur miteinem auffordernden Blick, in seinen kleinen Bruder dringt, versteh t sich vonselbst und v*ard  in der Erzählung ausgespart. Es ist aber nur der Anschein, dassApollon Hermes durchschaut, denn alles geschieht nach Hermes' Absicht Deshalbist auch Apollons Lachen beim Anhören des Leierklangs (yéXaaaE, 420) keinZeichen der Überlegenheit, wie bei den beiden anderen Parallelstellen, wo Apollon

und Zeus aufsein heimtückisches Augenspiel mit einem Gelächter reagiert haben(V. 281 [Apollon] und 389 [Zeus]),^^) sondern das der freudigen Entzückung( S i c ,  421; distinktiv am Versanfang in Enjam bement).

25) 2u seinem Ziel und der Strategie, dies zu erlangen , vgl. meinen vor Erscheinung stehen-den Beitrag  Zwei verkappte ittreden im homerischen Hymnos.

28> Zu Unrecht interpretiert Baumeister (i860, 232 ad 414-20) das Geblinzel (er liest 7ri)xv')des Hermes als Ausdruck von inßtiantis audacia, d ie gesenkten Augen als Verbergen des os

confusum. Der besondere Blick des Hermes ist Ausdruck seiner Schlauheit (es komm t hierauf das intensive [nOp] Gefunkel, nicht auf das rege  [ÄUJCV'] Geblinzel der Augen an, vgl.

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112  Miscellanea /Z. Adorjáni /Mnem osyne 66   2013) 105-112

Dieses Moment is t viel leicht Hermes glänzendster Triumph im gesamten

G e d i c h t

Hungarian Academy of Sciences,  Zsolt Ado rjáni

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8/12/2019 Der Blick Des Hermes in Seinem Homerischen Hymnos

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