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XVII. Jahrgang 1 Heft 13. 25. März 1904. J Ephraim: Der gewerbliche Rechtsschutz im Jahre 1903. 389 Mengen Zucker zersetzt werden, welche jeden- falls noch geringer sind als die bei der früher üblichen Kastenarbeit zerstörten Mengen. Bei abnormen Vorgängen, so besonders bei der sogen. Schaumgärung der Sirupe tritt aber stets eine stärkere Zuckerzersetzung auf, und zwar infolge der Inversion in den sauer werdenden Sirupen. Daß die Schaumgärung keine Gärungserscheinung ist, sondern eine Kohlensäureentwicklung infolge der Zersetzung organischer Nichtzuckerstoffe, bestätigt neuer- dings nochmals A n d r l i k , welcher in einigen Fällen neben der Kohlensäure auch Stickoxyd beobachtete. (Schluß folgt.) Der gewerbliche Rechtsschutz im Jahre 1903. Von Dr. JULIUS EPHKAJM. l/" (Eingeg. d. 2./1. 1904.) (Schluß.) 4. Verfahren. Die Frage der Abänderung der Patentan- sprüche ist wiederholt Gegenstand von Ent- scheidungen gewesen. Das Reichsgericht hatte in älteren Entscheidungen, namentlich in Sachen des Thomas-Prevostschen Merceri- sierungsverfahrens, präzisiert, daß das Patent nicht auf einen anderen Gegenstand erteilt werden dürfe, als angemeldet und dann be- kannt gemacht worden ist. Seit diesen Dar- legungen spielt die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von im Erteilungsver- fahren erfolgten Abänderungen der Patent- ansprüche eine gewisse Eolle in Nichtigkeits- klagen. In Sachen des oben bereits erwähnten D. R. P. 121450: Verfahren zur Herstellung von Indigoküpen mittels fein verteilten Indi- gos", erklärte das Reichsgericht: „Ist ein Patent erteilt auf ein Verfahren zur Herstellung von Indigoküpe mittels Indigo, welcher durch Be- handlung mit Schwefelsäure in den Zustand feiner Verteilung gebracht ist, während die Anmeldung gerichtet war auf ein Verfahren zur Herstellung von fein verteiltem, in der Küpe leicht löslichen Indigo durch Behandlung mit Schwefelsäure, so liegt eine Beschränkung der Anmeldung, nicht die Erteilung eines Patentes auf einen nicht angemeldeten Ge- genstand vor." Das Patentamt hat über die Zulässigkeit der Änderung der Unterlagen und die Anteil- nahme des Anmelders .an derselben im Er- teilungsverfahren verschiedene Entscheidungen veröffentlicht. Wie ist %,u verfahren, wenn der Anmelder nach Mitteilung des unbedingten Beschhisses auf Bekanntmachung einer An- meldung vor Ablauf der gewährten sechs- monatigen Ausselzungsfrist erklärt, die Be- kanntmachung nicht mit den bisherigen, sondern mit geänderten Unterlagen zu wünschen? Vor der Bekanntmachung hatte der Anmelder neue Unterlagen eingereicht und gewünscht, daß diese Unterlagen bekannt gemacht würden. Die Beschwerdeabteilung II (22. Januar 1903) entschied, daß der Anmelder nicht mehr sein Einverständnis zu der Bekanntmachung des vorgeschlagenen Anspruches gegeben habe. Die Anmeldeabteilung konnte die Anmeldung zurückweisen, wenn sie die Änderungen für unzulässig hielt. Die Ausführung des Be- kanntmachungsbeschlusses durfte aber ohne Zustimmung des Anmelders nicht stattfinden. Die Befugnis des Anmelders, bis zum Be- schlüsse über die Bekanntmachung der An- meldung Abänderungen der darin enthaltenen Angaben vorzunehmen, bezieht sich lediglich auf die Art und Weise der Darstellung der Erfindung (Beschwerdeabteilung II, 4. De- zember 1902). Das Patentamt führte in Übereinstimmung mit der bisherigen Praxis aus: Nach § 20, Abs. 3 des Patentgesetzes können bis zum Beschlüsse über die Bekannt- machung der Anmeldung nur die Angaben, d. h. die Art und Weise der Darstellung der ; Erfindung für den Patentschutz, um klare | Patentrechte zu schaffen, geändert werden. Nicht aber darf der Erfindungsstoff selbst ganz oder teilweise ersetzt oder erweitert werden. Weicht die Formulierung des Patentan- spruches im Beschlüsse, betreffend die Bekannt- machung einer Anmeldung, von dem Antrage des Anmelders ab, so kann dieser verlangen, vor der Bekanntmachung über die Änderung gehört zu werden (Beschwerdeabteilung II, 24. September 1903). Die Anmeldeabteilung hatte das Wort „erheblicher" am Ende des ! Anspruches eingeschaltet und denselben in der Fassung „von „erheblicher" endlicher Größe" bekannt gemacht, ohne den Anmelder ; vorher Gelegenheit zu Ausführungen zu geben. „Ein Hinweis oder eine Beanstandung in der Richtung der von der Anmeldeabteilung ein- seitig vorgenommenen Änderung hat weder in dem Verfahren vor dem Vorprüfer, noch vor der Anmeldeabteilung vor Erlaß des Be- | kanntmachungsbeschlusses stattgefunden. Es ist ein der Anmelderin unbekannter Umstand, daß in dem von ihr eingereichten Patentan- spruch das Wort „erheblicher" eingeschaltet worden ist, und es wäre erforderlich gewesen, die Anmelderin gemäß § 22, Abs. 2 Pat.-Ges. : zuvor auf diesen Umstand hinzuweisen. Denn es muß als ein jedem Anmelder zustehendes, ! auf der letzterwähnten Bestimmung beruhendes Recht hingestellt werden, daß er, auch bei, doch nur nach Meinung der Abteilung, ledig- lich formalen und selbst redaktionellen An-

Der gewerbliche Rechtsschutz im Jahre 1903

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XVII. Jahrgang 1Heft 13. 25. März 1904. J Ephraim: Der gewerbliche Rechtsschutz im Jahre 1903. 389

Mengen Zucker zersetzt werden, welche jeden-falls noch geringer sind als die bei der früherüblichen Kastenarbeit zerstörten Mengen.Bei abnormen Vorgängen, so besonders beider sogen. Schaumgärung der Sirupe trittaber stets eine stärkere Zuckerzersetzung auf,und zwar infolge der Inversion in den sauerwerdenden Sirupen. Daß die Schaumgärungkeine Gärungserscheinung ist, sondern eineKohlensäureentwicklung infolge der Zersetzungorganischer Nichtzuckerstoffe, bestätigt neuer-dings nochmals Andr l ik , welcher in einigenFällen neben der Kohlensäure auch Stickoxydbeobachtete. (Schluß folgt.)

Der gewerbliche Rechtsschutzim Jahre 1903.

Von Dr. JULIUS EPHKAJM.

l/" (Eingeg. d. 2./1. 1904.)

(Schluß.)

4. Verfahren.Die Frage der Abänderung der Patentan-

sprüche ist wiederholt Gegenstand von Ent-scheidungen gewesen. Das Reichsgericht hattein älteren Entscheidungen, namentlich inSachen des Thomas-Prevostschen Merceri-sierungsverfahrens, präzisiert, daß das Patentnicht auf einen anderen Gegenstand erteiltwerden dürfe, als angemeldet und dann be-kannt gemacht worden ist. Seit diesen Dar-legungen spielt die Frage der Zulässigkeitoder Unzulässigkeit von im Erteilungsver-fahren erfolgten Abänderungen der Patent-ansprüche eine gewisse Eolle in Nichtigkeits-klagen. In Sachen des oben bereits erwähntenD. R. P. 121450: „ Verfahren zur Herstellungvon Indigoküpen mittels fein verteilten Indi-gos", erklärte das Reichsgericht: „Ist ein Patenterteilt auf ein Verfahren zur Herstellung vonIndigoküpe mittels Indigo, welcher durch Be-handlung mit Schwefelsäure in den Zustandfeiner Verteilung gebracht ist, während dieAnmeldung gerichtet war auf ein Verfahrenzur Herstellung von fein verteiltem, in derKüpe leicht löslichen Indigo durch Behandlungmit Schwefelsäure, so liegt eine Beschränkungder Anmeldung, nicht die Erteilung einesPatentes auf einen nicht angemeldeten Ge-genstand vor."

Das Patentamt hat über die Zulässigkeitder Änderung der Unterlagen und die Anteil-nahme des Anmelders .an derselben im Er-teilungsverfahren verschiedene Entscheidungenveröffentlicht. „ Wie ist %,u verfahren, wennder Anmelder nach Mitteilung des unbedingtenBeschhisses auf Bekanntmachung einer An-meldung vor Ablauf der gewährten sechs-monatigen Ausselzungsfrist erklärt, die Be-

kanntmachung nicht mit den bisherigen, sondernmit geänderten Unterlagen zu wünschen? Vorder Bekanntmachung hatte der Anmelderneue Unterlagen eingereicht und gewünscht,daß diese Unterlagen bekannt gemacht würden.Die Beschwerdeabteilung II (22. Januar 1903)entschied, daß der Anmelder nicht mehr seinEinverständnis zu der Bekanntmachung desvorgeschlagenen Anspruches gegeben habe.Die Anmeldeabteilung konnte die Anmeldungzurückweisen, wenn sie die Änderungen fürunzulässig hielt. Die Ausführung des Be-kanntmachungsbeschlusses durfte aber ohneZustimmung des Anmelders nicht stattfinden.

Die Befugnis des Anmelders, bis zum Be-schlüsse über die Bekanntmachung der An-meldung Abänderungen der darin enthaltenenAngaben vorzunehmen, bezieht sich lediglichauf die Art und Weise der Darstellung derErfindung (Beschwerdeabteilung II , 4. De-zember 1902). Das Patentamt führte inÜbereinstimmung mit der bisherigen Praxisaus: Nach § 20, Abs. 3 des Patentgesetzeskönnen bis zum Beschlüsse über die Bekannt-machung der Anmeldung nur die Angaben,d. h. die Art und Weise der Darstellung der

; Erfindung für den Patentschutz, um klare| Patentrechte zu schaffen, geändert werden.

Nicht aber darf der Erfindungsstoff selbstganz oder teilweise ersetzt oder erweitertwerden.

Weicht die Formulierung des Patentan-spruches im Beschlüsse, betreffend die Bekannt-machung einer Anmeldung, von dem Antragedes Anmelders ab, so kann dieser verlangen,vor der Bekanntmachung über die Änderunggehört zu werden (Beschwerdeabteilung II,24. September 1903). Die Anmeldeabteilunghatte das Wort „erheblicher" am Ende des

! Anspruches eingeschaltet und denselben inder Fassung „von „erheblicher" endlicherGröße" bekannt gemacht, ohne den Anmelder

; vorher Gelegenheit zu Ausführungen zu geben.„Ein Hinweis oder eine Beanstandung in derRichtung der von der Anmeldeabteilung ein-seitig vorgenommenen Änderung hat wederin dem Verfahren vor dem Vorprüfer, nochvor der Anmeldeabteilung vor Erlaß des Be-

| kanntmachungsbeschlusses stattgefunden. Esist ein der Anmelderin unbekannter Umstand,daß in dem von ihr eingereichten Patentan-spruch das Wort „erheblicher" eingeschaltetworden ist, und es wäre erforderlich gewesen,die Anmelderin gemäß § 22, Abs. 2 Pat.-Ges.

: zuvor auf diesen Umstand hinzuweisen. Dennes muß als ein jedem Anmelder zustehendes,

! auf der letzterwähnten Bestimmung beruhendesRecht hingestellt werden, daß er, auch bei,doch nur nach Meinung der Abteilung, ledig-lich formalen und selbst redaktionellen An-

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derungen des von ihm nachgesuchten Patent-schutzes von der vorgenommenen Änderungin Kenntnis gesetzt wird, damit er Gelegen-heit findet, den Mangel seinerseits zu beheben,sich mit den für nötig befundenen Änderungeneinverstanden zu erklären oder doch darzu-legen, daß die vorgenommene Änderung desPatentanspruchs für ihn mehr bedeutet, alseine nur sprachliche oder sachliche Richtig-stellung." In der Entscheidung ist daraufhingewiesen, daß die Änderung des Anspruchesim Vorprüfungsverfahren überhaupt nicht er-örtert worden ist. Aber selbst, wenn einederartige Erörterung erfolgt wäre, hätte vorder Bekanntmachuiy der Anmelder über diein Aussicht genommene Änderung des An-spruches gehört werden müssen.

Die Frage der formalen Vorschriften kamin der Entscheidung der Beschwerdeabteilung Ivom 27. April 1903 zur Erörterung, wonachein dem Anmelder nicht eingeschrieben zuge-stellter Vorbescheid ungültig ist. Durch § 12,Ziff. 2, Abs. l der Kaiserlichen Verordnungzur Ausführung des Patentgesetzes ist die iZustellung des Vorbescheides durch einge-schriebenen Brief vorgeschrieben. In derNichtbefolgung dieser Vorschrift wurde einwesentlicher Mangel des Zustellungsaktes er-blickt.

Bei diesem Beschlüsse wurden die Grund-sätze der Zivilprozeßordnung angenommenund befolgt. Daß die Zivilprozeßordnungnicht in allen Teilen auf das Prüfungsver- •fahren in Patentsachen anwendbar ist, wurdevon der Beschwerdeabteilung I (30. Januar j1903) in einer Entscheidung ausgesprochen, !wonach die Nebenintervention im Patenter-teilungsverfahren unzulässig ist.

Die Frage, inwieweit ein Bekanntmachungs- ;beschluß für die betreffende Amneldeabteilungbindend ist, wurde von der Beschwerdeab-teilung II (29. Januar 1903) erörtert, Es ;wurde entschieden: Ein Beschluß, inhalts |dessen die Bekanntmachung einer Anmeldung ierfolgen soll, ist nicht auch dann auszuführen, |wenn das Patentamt noch vor der Bekannt- jmachung Tatsachen feststellt, welche dieAbweisung der Anmeldung geboten erscheinen jlassen.

Formale Bedeutung hat die Entscheidungder Beschwerdeabteilung II (27. Juni 1903)über das Beschwerderecht: „Zur Einlegung derBeschwerde ist nur derjenige berufen, welcherimstande ist, nachzuweisen, daß das Rechtaus der Anmeldung bereits vor Ablauf der jBeschwerdefrist auf ihn übergegangen war11.In dem zur Entscheidung stehenden Fallewar Beschwerde von jemand eingelegtworden, der erst später nach Einlegungder Beschwerde die Anmeldung erwarb.

Es kann fraglich erscheinen, ob die Ent-scheidung nicht zu stark formalistisch ist,obgleich die vom Vertreter des Anmeldersabgegebene Erklärung, daß der Anmelderdie Einlegung der Beschwerde „ beabsichtigtk,infolge ihrer Unbestimmtheit zu Zweifeln überdie Rechtsgültigkeit der Beschwerde Veran-lassung gab. Jedenfalls zeigt die Entschei-dung, wie notwendig es ist, auch abgesehenvon ausdrücklich im Patentgesetze gegebenenVorschriften, die allgemein prozessualen For-malien streng innezuhalten.

Im Patenterteilungsverfahren kann überdie Tragung der Kosten nur entschiedenwerden, wenn es über die Anmeldung selbstauch zur Entscheidung kommt. Zieht An-melder (beim Einspruch) die Anmeldung vorder Beschlußfassung zurück, so kann auchüber die Kostenfrage nicht mehr entschiedenwerden (Beschwerdeabteilung II , 16. Ok-

I tober 1903).i Im Jahre 1903 wurde die Gewährung

von Fristen im Patenterteilungsverfahren eineri durchgreifenden Neuregelung unterworfen.

„Der Vertreter des Anmelders darf mit derBehauptung, daß der lelztere ihn nicht recht-zeitig instruiert habe, nicht den Antrag aufVerlängerung einer zur Erklärung gesetztenFrist begründen" (Beschwerdeabteilung II,23. September 1903). Eine Bekanntmachung

| des Patentamtes erklärt, daß die Frist be-messen wird:

in schwierigenl m Fällen, insbe-wenn der Anmelder allgemeinen sondere bei Ent-

wohnt auf:im Inlande oder eu-

ropäischen Aus-lande 2 Monate 3 Monate

in den VereinigtenStaaten von Ame-rika 3 „ 4 „

im übrigen Ausland 4—5 „ 5—7 „Die Grenzen des berechtigten Interesses an

der Mitteilung von dem Inhalt der Akten imPate)iterteilungsverfahren sind in einer Ent-scheidung der Beschwerdeabteilung I, vom19. Januar 1903, erörtert worden. Die An-tragstellerin machte geltend, nach den aus-gelegten Unterlagen der Anmeldung sei dieerstrebte Wirkung der angemeldeten Schaltungvon Fernleitungen für den Betrieb von Fern-sprechämtern nicht verständlich; auch gingendie Beschreibung und der Patentanspruch,hinsichtlich der beabsichtigten Wirkung, an-scheinend auseinander. Für die nähere Be-gründung ihres Einspruches sei es für sienotwendig, sich über die Zweifelspunkte ausden früheren Verhandlungen der AnmeldungAufklärung zu verschaffen. Die Beschwerde-abteilung entschied: „Ist die Antragstellerin

gegenhaltungvon ausländi-

schen Patent-schriften auf:

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der Ansicht, daß die Darstellung des An-meldungsgegenstandes in den ausgelegtenUnterlagen nicht verständlich sei, so würdesie damit den Standpunkt vertreten, daß das,was beschrieben, eine Erfindung nicht erkennenlasse, und dieser Standpunkt läßt sich gemäߧ 24, l des Patentgesetzes ohne weiteres imWege des Einspruchs geltend machen. Dabeiist es unerheblich, ob die früheren Unterlagenklar sind, denn Gegenstand des Einspruchs-verfahrens sind die ausgelegten Unterlagen."Der in dem letzten Satze ausgesprochenenAnsicht kann nicht zugestimmt werden. Schonfür die Frage, ob das Verfahren formal richtigist, also die bekanntgemachte Erfindung mitder angemeldeten übereinstimmt, worüber jaeventuell auch im Einspruchsverfahren zu ent-scheiden ist, kann nur durch Vergleich derursprünglich eingereichten mit den bekannt-gemachten Unterlagen entschieden werden.An dieser Prüfung hat aber auch der Ein-sprechende teilzunehmen.

5. Das Recht aus der Patentanmeldung.Das Reichsgericht (VII. Zivilsenat, 3. Okt.

1902) erörterte die Frage: Ist der Anspruchauf Erteilung eines Patents (§§ 3, 6 desPatentgesetzes) ein vermögensrechtlicher, pfänd-bar und fähig, Teil einer Konkursmasse xusein ? Das hanseatische Oberlandesgerichthatte diese Frage verneint. Das Erfinder-recht sei ein höchst persönliches Recht, daserst dann der Einwirkung dritter Personenzustehe, wenn das Erfinderrecht sich durchdie Patenterteilung zu einem unpersönlichenselbständigen Vermögensrecht entwickelt habe.Das Reichsgericht erklärte dagegen den An-spruch auf Erteilung eines Patents für pfänd-bar. Das Recht aus der Anmeldung beziehtsich auf die gleiche Richtung wie das erteiltePatent. Die Pfändbarkeit gilt besonders fürdie bekannt gemachte Patentanmeldung, damit dieser nach § 23 des Patentgesetzes fürden Gegenstand der Anmeldung zu Gunstendes Patentsuchers einstweilen die gesetzlichenWirkungen des Patents eintreten.

6. Nichtigkeits- und Zurüßknahnievcr fahren.Über die nach § 28, Abs. 5 des Patent-

gesetzes vorgesehene Sicherheitsleistung wegender Kosten des Nichtigkeits- und Zurücknahme-verfahrens durch den im Auslande wohnendenAntragsteller hat das Patentamt (Nichtigkeits-abteilung 26. März 1903) entschieden, daßdas Haager Abkommen vom 14. Nov. 1896,dem auch Deutschland beigetrete,n ist, aufdas patentamtliche Nichtigkeits- und Zurück-nahmeverfahren anwendbar ist. Der Nichtig-keits- oder Zurücknahmekläger, der einemzum Haager Abkommen gehörenden Staate

angehört, braucht also keine Sicherheit aufAntrag des Beklagten zu stellen.

Von großer Bedeutung ist die Entscheidungdes Reichsgerichts I. Zivilsenat vom 8. April1903, wonach ein Patent wegen verweigerterErteilung der Erlaubnis zur Benutzung derpatentierten Erfindung für eine Verbesserungs-erfindung zurückgenommen werden kann. DerInhaber des Patents 73906 auf eine Faß-entpich- und Pichmaschine hatte dem In-haber des D. R. P. 108126, welches zweifel-los von dem D. R. P. 73906 abhängig ist, eineLizenz verweigert. Das Reichsgericht hat nachHörung eines Sachverständigen, nach dessenUrteil das Interesse der Brauereiindustrieund ebenso das öffentliche Interesse durchdie Nichtausführung des D. R. P. 108126berührt werde, eine Lizenzerteilung gefordertbei Androhung der Zurücknahme des D. R. P.73906. „Durch die Erteilung eines Patentswird dem Inhaber ein Privileg gegeben, seineErfindung ausschließlich in seinem Interessezu verwerten. Dieses Privileg wird aber ge-währt auf Grund desjenigen Standes derTechnik, wie er zur Zeit der Patenterteilungbesteht. Die Vorteile, welche das Patent ge-währt, sollen zu Erfindungen auf gewerb-lichem Gebiete anspornen und anreizen; nichtaber darf das dem einzelnen gewährte Pri-vileg dazu führen, die Entwicklung der ge-werblichen Technik hintanzustellen und zuschädigen. Vielmehr hat die Allgemeinheitein Interesse daran, daß der gewerblicheFortschritt nicht gehemmt werde. Diesesöffentliche Interesse ist im vorliegenden Falleum so gewisser anzuerkennen, als das kläge-rische Zusatzpatent eine erhöhte Sicherheitder im Brauereigewerbe beschäftigten Arbeiterbezweckt und nach dem Gutachten des Sach-verständigen auch erreicht." Der letzte Satzgibt zu erkennen, daß bereits bei der Er-reichung eines technischen Fortschritts durchdie Verbesserungserfindung die Lizenzertei-lung im öffentlichen Interesse anzusehen ist.Die Verweigerung kann also die Zurück-nahme des Patents herbeiführen.

7. Patentverletzung.Dem Unternehmer eines Betriebes, gegen

den der Anspruch auf Zahlung einer Lizenz-gebühr mit der Begründung erhoben wird, daßsein Beirieb ein Patent verletze, liegt es ob,sich die Überzeugung %u verschaffen, ob diebehauptete Patentverletzung vorliege. (Reichs-gericht I. Zivilsenat, 11. Dez. 'l901). DerBetriebsunternehmer wird von dem entstanrdenen Schaden nur frei, wenn er sich über-zeugt hat, daß sein Betrieb eine Patent-verletzung nicht enthalte, und wenn er beiGewinnung dieser Überzeugung mit dem-

Heft ] S o r s e : Über Bestimmung der zitronensäurelösliclien Phosphorsäure. 3 9 3

Ware aus Teilen oder Produkten des Kalkes.Die Beschwerdeabteilung stimmt der (nament-lich früher von den Anmeldeabteilungen ge-übten) unbedingten Gleichstellung der deut-schen und fremden Sprachen nicht zu, sondernhält es im Einzelfalle für eine Tatfrage, obdas betreffende Wort eine Beschaffenheits-angabe enthält.

Behandlung der in der pharmazeu-tischen Praxis üblichen Wörter mitden Endungen -in, -öl, -gen u. dergl.„Cascarine". (Beschwerdeabt. 1,5. Juni 1903.)Die chemische Industrie nimmt bei der zeichen-rechtlichen Beurteilung der Warenzeichen eineSonderstellung ein. Allgemein sind Wort-bildungen aus freien Wortstämmen und denüblichen Endungen „-ol% „-in", „-gen"schutzfähig. Eine Ausnahme wollte die An-meldeabteilung bei von Pflanzennamen ab-geleiteten Wörtern mit der Endung „-in"machen, weil diese Worte das wirksamePrinzip der Pflanze anzugeben pflegen. DieBeschwerdeabteilung hat diesen Standpunktnicht geteilt, weil die Endung „-in" nichtbloß für Alkaloide, sondern auch für Glyko-side, Bitterstoffe und andere Stoffe, die manaus Pflanzen gewinnt, verwendet wird. DieEntscheidung der Anmeldeabteilung dürftetrotzdem das Richtige getroffen haben, dennauch ein Glykosid usw. kann der wirksameStoff einer Pflanze sein. Vom praktischenStandpunkt wird aber die Eintragungsfähig-keit derartiger Wortbildungen trotzdem zubilligen sein, auch wenn diese Wortbildungendie Grenze der Eintragungsfiihigkeit bildendürften.

Eintragungsfähigkeit und Löschung.In der Entscheidung der Beschwerdeabt. Ivom 24. April 1903, betreffend Vitello, isterörtert worden, ob auch eine Löschungs-anregung über die Eintragungsfähigkeit ebensogeprüft werden soll, als wenn es sich beieiner Anmeldung um die Eintragung einesZeichens handelt. Die Frage wurde verneint,indem man mit Recht annahm, daß bei den„Grenzfällen" eine zufällige Änderung derAbteilung die Entscheidung ändern kann.Der Besitzer eines Warenzeichens darf abernicht ständig in der Befürchtung leben, umsein Besitztum gebracht zu werden.

3. Verletzuny.Wortzeichen als Warenname. Die

Frage, ob eingetragene Wortzeichen vondritter Seite als Warenname gebrauchtwerden dürfen, ist vom Reichsgericht (II.Zivilsenat, 26. November 1901) erörtertworden. Der § 13 des Warenzeichengesetzesbestimmt, daß durch die Eintragung einesWarenzeichens niemand gehindert wird, An-

Ch. 1904.

gaben über die Beschaffenheit von Warenzu gebrauchen. Die Entscheidung besagthierüber: „Zu den Angaben über die Be-schaffenheit einer Ware im Sinne des § 13des Warenbezeichnungsgesetzes gehört auchder im Verkehr übliche Name der Ware.Die Benennung einer Ware mit dem imVerkehr üblichen Namen ist deshalb auchnach Eintragung desselben Wortes als Waren-zeichen an sich zulässig. Nur unter be-sonderen Umständen, welche für eine Täu-schungsabsicht sprechen, erscheint sie unzu-lässig. " Es handelte sich bei der Entscheidungum das Wort „Amphibolin", welches fürVerputzanstrichpulver vor der Eintragungals Warenname Geltung gehabt haben soll.Nach der Ansicht des Reichsgerichts, diezweifellos zutreffend und mit ähnlichen frü-heren Entscheidungen im Einklang sein dürfte,kann jedes eingetragene Wort, welches vomVerkehr als Warenbezeichnung angesehenwird, von dritten Personen zur Benennungder Ware benutzt werden. Die Entscheidungdürfte gerade der chemischen Industrie einegewisse Vorsicht in der zu intensiven Ein-führung ihrer Warenzeichen empfehlen.

Über die Bestimmung der zitronen=säurelöslichen Phosphorsäure in

l/ Thomasmehlen.Von Dr. phil. R. SORGE.

(Eingeg. d. 17./12. 1903.)

Der „Verband landwirtschaftlicher Ver-suchsstationen im Deutschen Reiche" hat aufseiner XIX. Hauptversammlung zu Kasselam 20. September l903 folgenden Beschlußeinstimmig gefaßt:1)

a) Bei der Bestimmung der zitronensäure-löslichen Phosphorsäure in Thomasmehlen istnach dem von O. Kellner (Chem.-Ztg.1902, 26, 1151) angegebenen Verfahren2)zu prüfen, ob ein Thomasmehl vorliegt, das,nach der Verbandsmethode — MethodeBöttcher — untersucht, ein unrichtiges, undzwar zu hohes Untersuchungsergebnis erwartenläßt. Fällt die Kellner sehe Reaktion positiv

') Landw. Vers.-Stat. 59, 312 f. (1903).2) Vorprüfung nach O. Kellner: 50 ccni

des zitronensauren Auszugs werden mit 50 comammoniakalischer Zitratlösung ungefähr eineMinute lang gekocht und dann 5—10 Minutenbeiseite gestellt. Ist ein die Böttcher sehedirekte Fällung störender Gehalt an löslicherKieselsäure vorhanden, so scheidet sich aus derLösung ein in Salzsäure nicht vollständig auf-lösbarer Niederschlag aus. Als ammoniakalischeZitratlösung ist die in Landw. Vers.-Stat. 42,105 (1893) angegebene zu verwenden: 1100 gZitronensäure, 4000 g 24°/0iges Ammoniak mitWasser zu 10 l aufgefüllt.

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