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Der Kunde im Strommarkt 2.0 der Energiewende · Privatpersonen sollen hier als Synonym für Stromkunden – oder auch für Bürger – gesehen werden. Eine Vernachlässigung derer

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Contents

Weißbuch 2 ........................................................................................................................................... Risiko: Akzeptanz 3 ............................................................................................................................. Kontext Kunde 3 ..................................................................................................................................

6 .............................................................................................................................................................. Fazit 6 .................................................................................................................................................... Weißbuch aus der Sicht der Stromkunden: Vorsicht! 6 ................................................................

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Der Kunde im Strommarkt 2.0 der Energiewende

Thorsten Zoerner 2/6 https://blog.stromhaltig.de/2015/07/der-kunde-im-strommarkt-2-0-der-energiewende/

Ein Markt ist ein Ort, bei dem Angebot und Nachfrage zusammen kommen. Anbieter treffen aufKunden oder in den Worten von Elektrizitätsmarktplätzen: Anbieter treffen auf Erzeuger. Der Ort,an dem der Markt stattfindet ist das öffentliche Stromnetz, weshalb den Netzen die Rolle desErfüllungsgehilfen in Sachen Logistik zukommt.

Mit der Energiewende (Stromwende) ändern sich die Anforderungen für einen Markt. Aus ehemalswenigen Erzeugern (<600) sind mittlerweile 1,6 Millionen Unternehmen in Deutschland geworden.Über die Liberalisierung der Tarife, kann der Kunde aus einigen hundert Anbietern auswählen. Diegroße Veränderung für den Markt vereinfacht eine Vergrößerung der Akteure, wobei dasphysikalisch vorhandene Netz die Möglichkeiten zum Tauschgeschäft (Strom gegen Geld) begrenzt.Nicht jeder denkbare Handel kann über das Netz abgebildet werden – man spricht von Redispatches(Engpassmanagement).

Nach der Emanzipation der Kleinerzeuger in den letzten 10 Jahren, ist für die Energiewende heutewichtiger denn je, dass auch die Bürger in ihrer Rolle als Stromkunden als Akteure wahrgenommenwerden. Im Modell des Hybridstrommarktes wurde daher das Ziel verfolgt, den Kunden alsvollwertiges Mitglied auf dem Markt zu positionieren. Die Forderung nach einer Aufhebung derStandardlastprofile ist dabei nur ein Anfang (vergl. Antwort der Bundesnetzagentur zu flexiblenStromtarifen).

Das jetzt vorhandenen Weißbuch für das Strommarkt Design ist darauf zu überprüfen, wie sich dieRolle des Stromkunden entwickeln wird.

Was sind die Pflichten der Stromkunden?

In welchem Zusammenhang wird der Stromkunde als Akteur wahrgenommen?

Welche Rechte, Handlungsfreiräume und Entscheidungen kann der Stromkunde ausüben?

Am wichtigsten ist jedoch, wie entwickelt sich der wirtschaftliche Spielraum beim Bezug von Strom?

Weißbuch

Das Weißbuch leitet sich nach Angaben des BMWi aus den 695 Einreichungen zum Grünbuch her.Bereits bei der ersten Lesung der Kommentierung zu diesen Einreichungen fällt auf, dass man sehrviel Wert darauf legt, dass eine hohe Anzahl von Einreichungen eingegangen ist, jedoch den 484Einreichungen von Privatpersonen sehr wenig Raum eingeräumt wird.

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Der Kunde im Strommarkt 2.0 der Energiewende

Thorsten Zoerner 3/6 https://blog.stromhaltig.de/2015/07/der-kunde-im-strommarkt-2-0-der-energiewende/

Grafik: BMWi

Risiko: Akzeptanz

Privatpersonen sollen hier als Synonym für Stromkunden – oder auch für Bürger – gesehen werden.Eine Vernachlässigung derer Einreichungen, macht das anstehende Gesetzgebungsverfahrenangreifbar, da Pflichten und Einschränkungen nur durch Akzeptanz und Zustimmung in dieserGruppe umsetzbar sind. Die Gefahr besteht sowohl politisch durch Entzug des Vertrauens derWähler, als auch ökonomisch durch eine zunehmende Autarkiebewegung und damit Abspaltung ausdem öffentlichen Stromnetz.

Erste Lösungen, wie im Beitrag zu Shared Economy vom Juni skizzieren ein Bild, dass ein vonVerkäufern dirigierter Markt auch Alternativen hat. Andere Märkte haben bereits ihre Erfahrungendamit machen dürfen, wobei diese Märkte zugegeben geringer reguliert sind.

Kontext Kunde

Sucht man im Weißbuch nach dem Begriff „Kunde“, so wird man 27 mal fündig. Zum Vergleich:Erzeuger=30, Netz=506, Bürger=12, BDEW=11, VKU=9,BEE=28

„Der Staat setzt die Marktregeln. Die Stromkundenbestimmen in eigener Verantwortung über ihre Nachfrage dasKapazitätsniveau.“

Dieser Passus findet sich in den Optionen Strommarkt 2.0 im Abgrenzung zum Kapazitätsmarkt. Inder Konsequenz bedeutet dies für den Stromkunden, dass die Nachfrage zeitnahe am Markt bekanntsein muss, da ansonsten das Kapazitätsniveau nicht bestimmt werden kann. Neben der Regelung desStaates zu den Marktregeln hat dies vor allem eine Auswirkung auf die Ablesung und den Betriebvon Stromzählern.

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Der Kunde im Strommarkt 2.0 der Energiewende

Thorsten Zoerner 4/6 https://blog.stromhaltig.de/2015/07/der-kunde-im-strommarkt-2-0-der-energiewende/

Da in der Folge auch von den Bilanzkreisen gesprochen wird, kann man hier allerdings„Stromkunde“ bereits als Aggregation über viele Kunden sehen und nicht als individualer Akteur.Sollte dies zutreffen, so obliegt die Erfüllung dieser Verantwortung den Bilanzkreisverantwortlichen(=Versorgungsunternehmen).

Zu Beginn des Teil II findet sich eine alternative Formulierung:

Es wird einen verlässlichen Rechtsrahmen vorschlagen, aufden Investoren vertrauen können und in dem Stromkundenin eigener Verantwortung bestimmen, wie viele Kapazitätenvorgehalten werden.

Im Rahmen der öffentlichen Konsultation zum Weißbuch wird blog.stromhaltig darauf hinweisen,dass der individuelle Stromkunde seine Verantwortung übernehmen kann, diese allerdings auch aneinen Erfüllungsgehilfe (=Dienstleister, Versorger) delegieren kann.

Stromanbieter bieten Haushaltskunden Tarife auf Basis derdurchschnittlichen Großhandelspreise an. Selbst deutlichePreisspitzen in wenigen Stunden haben kaum einen Einflussauf den durchschni t t l ichen Großhandelspre is .Haushaltskunden sind durch feste Tarife gegen Preisspitzenam Großhandelsmarkt abgesichert. Industriel leGroßverbraucher können hingegen über langfristige Verträgevon Preisspitzen sogar profitieren

Die Erzeugungskosten (=Großhandelspreis) machen leider nur einen sehr geringen Anteil dertatsächlichen Stromkosten aus. Der überwiegende Teil der Stromkosten von Haushaltskundenentstehen in der Stromlogistik (=Netzentgelte, Durchleitungskosten, …). Kritisch ist zu sehen, dassbereits heute ein Großteil des Netzausbaus nur notwendig ist, da der Großhandelspreis vom Konzepteiner Kupferplatte ausgeht (es ist egal, an welchem Ort Strom eingespeist oder entnommen wird).Price Coupling, wie es im europäischen Austausch geschieht, bei dem lokale Märkte ihre Preise zwargekoppelt – allerdings variabel zueinander auf Basis von Leitungskapazitäten beeinflussen, werdenim Weißbuch nicht angesprochen. Für den Stromkunden bedeutet dies, dass ungünstigeMarktsitutationen eine direkte Auswirkung auf die Netzentgelte haben wird. Sollten dieNetzentgelte hier nicht reformiert werden, dann dürfen wir Meldungen wie „Zuviel für Strombezahlt?“ auch in Zukunft lesen.

Durch die Mittelwertbildung bei den Preisen entfallen Anreize zur Lastverschiebung, diePreisspitzen ebenfalls wirkungsvoll verhindern könnten.

Als Beispiel für ein Geschäftsmodell der Zukunft wird Cuxhaven genannt:

Es hat ein komplexes, auf Information und Kommunikation

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Der Kunde im Strommarkt 2.0 der Energiewende

Thorsten Zoerner 5/6 https://blog.stromhaltig.de/2015/07/der-kunde-im-strommarkt-2-0-der-energiewende/

ausgelegtes System getestet, welches Strom aus Erneuerbare-Energien- und KWK-Anlagen intelligent in die Netze und ineinen regionalen Markt integriert und Haushaltskundenaktiv einbindet. Kern war die tatsächliche Erprobung einesStrom-Marktplatzes mit regionalen Produkten, auf demErzeuger, gewerbliche Verbraucher mit verschiebbarenLasten und Energiedienstleister zusammengeführt wurden.

Aufgeführt wird dieses Beispiel, wenn es darum geht optimierende Maßnahmen für den Strommarktim weiteren Sinne zu beschreiben. Cuxhaven kommt dem Tenor des Hybridstrommarktes bereitssehr nahe.

Bislang tragen die Bilanzkreisverantwortlichen – sofern sievon den Fahrplänen abweichen – nur die Einsatzkosten derRegelleistung. Die Vorhaltekosten geben die Netzbetreiberüber die Netzentgelte an die Stromkunden weiter. Durchihre Inanspruchnahme von Ausgleichsenergie beeinflussen dieBilanzkreisverantwortlichen jedoch mittelfristig auch dievorgehaltene Menge an Regelleistung – das heißt wie vieleKapazitäten den Netzbetreibern zum Abruf von Regelenergiezur Verfügung stehen. Würden die Vorhaltungskostenzumindest teilweise über die Ausgleichsenergie abgerechnet,könnte dies die Anreize zur Bilanzkreistreue stärken und dieKosten verursachungsgerechter verteilen.

Im E-Book In 30 Stunden Schalte ich das Licht ein (Amazon, Kindle Edition), wurden dieZusammenhänge zwischen Verbrauchsverhalten und Regelleistung/Ausgleichenergie bereitsausgiebig beschrieben. Bei einer Beibehaltung der Standardlastprofile ist dieser Punkt für dieHaushaltskunden ist dieser Abschnitt irrelevant, da es keinen realen Wettbewerb zwischen denBilanzkreisverantwortlichen gibt, da der Bilanzkreis des Verteilnetzbetreibers vom Ort abhängig ist– der Bilanzkreis des Stromanbieters stupide dem Lastprofil folgen muss (und nicht demtatsächlichen Bedarf).

Schwieriger zu bilanzieren sind die nicht-leistungsgemessenenHaushaltskunden.

An dieser Stelle sollte man einen Blick in die Verordnung zur Änderung von Verordnungen auf demGebiet des Energiewirtschaftsrechts aus dem Jahre 2013 werfen:

Wie schon bislang bei Profilkunden sind nun auch bei der neueingeführten Variante der Zählerstandsgangerfassung diedaraus ermittelten Viertelstundenwerte gleichwertig zu

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Der Kunde im Strommarkt 2.0 der Energiewende

Thorsten Zoerner 6/6 https://blog.stromhaltig.de/2015/07/der-kunde-im-strommarkt-2-0-der-energiewende/

Werten aus registrierender Lastgangmessung verwertbar,insbesondere für Zwecke der Bilanzierung und Abrechnung.

Zwei Jahre nach der Einführung der Zählerstandsgangerfassung ist davon auszugehen, dass dieSchwierigkeiten bereits gelöst sind. Die EnBW hatte dazu unter dem Titel „Neues kosteneffizientesBilanzierungsverfahren auf Basis der Zählerstandsgangmessung“ im vergangenen Jahr einen sehrlesenswerten Beitrag veröffentlicht. Den besten Konzens findet dabei die Verwendungvon Referenzprofil aus pseudonymisierten Zählerstandsgängen, welches wiederum sehr nahe an denparametrischen Profilen von blog.stromhaltig aus dem Jahre 2013 ist (s.h. auch„Lastprofil/Lastganganalyse – Synthetische Verteilung der Verbrauchsmengen„).

QED:

Staatlich veranlasste Preisbestandteile und Netzentgelteüberlagern die Wirkung des Großhandelspreises. DerStrompreis für Endkunden enthält neben demGroßhandelspreis verschiedene staatlich veranlasstePreisbestandteile und Netzentgelte.

Fazit

Weißbuch aus der Sicht der Stromkunden: Vorsicht!

In den kommenden Monaten sind vor allem die Verbraucherschützer gefragt ihre Stellungnahmenzum Weißbuch abzugeben. Der Kunde (=Letztverbraucher) im Strommarkt 2.0 spielt eineuntergeordnete Rolle, welche ursächlich bei den vorhandenen Überkapazitäten zu suchen ist.Fehlende Knappheit bedingt in der aktuellen Gesetzgebung, dass die Spielregeln der Erzeuger undLogistiker geklärt werden müssen – nicht aber der der Verbraucher (Konsumenten). Der Wille desKunden wird marginalisiert in Fußnoten abgebildet, wobei die finanzielle Ausstattung des ProjektesEnergiewende (Stromwende) von dieser Akteurengruppe kommt.

Auch wenn die 695 Einreichungen zum Grünbuch bereits eine Zahl sind, so ist es dochwünschenswert, dass aus den 80 Millionen unmittelbar betroffenen des Strommarktes mehrInteresse geäußert wird. Entsprechend der Open-Source Philosophie, dass viele Augen mehr sehen,ist das Gesetzgebungsverfahren zu hinterfragen und zu kommentieren. Die Medien können hier eineentscheidende Rolle als Vermittler einnehmen.

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