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Der Massenanfall von Verletzten Vorlesung QSB 8, 3. Klinisches Jahr 2006 G. Niehörster Institut für medizinische Psychologie G. Matthes, Klinik für Traumatologie L. Fischer, Kl. f. Anästhesiologie u. Intensivmedizin

Der Massenanfall von Verletzten - Home: … -Fraktur li. Title MANV-RD Author a37pc13 Created Date 2/20/2007 11:15:47 AM

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Der Massenanfall von Verletzten

Vorlesung QSB 8, 3. Klinisches Jahr 2006

G. Niehörster Institut für medizinische Psychologie

G. Matthes, Klinik für Traumatologie

L. Fischer, Kl. f. Anästhesiologie u. Intensivmedizin

Großschadensereignis

• Definitionen und Unterschiede

- Individualversorgung

- „Massenanfall“

- Katastrophe

„Röhrenblick“

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Selbstschutz

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Aufgaben des ersteintreffenden Teams

• am Ort des Geschehens unter den gegebenen Bedingungen möglichst rasch eine suffiziente, präklinische, notfallmedizinische Erstversorgung vorzubereiten,um möglichst vielen Notfallpatienten ein Überleben zu sichern und Folgeschäden auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Was kann ein Team im Großschadensfall leisten?

1 LNA + 2 NA + 6 RA 5 Schwerverletzte geordnete Behandlung

1 LNA + 2 NA + 6 RA 40/60 Patienten Chaos?, Katastrophe

1 NA + 2 RA 1 PatientIndividualmedizin

1 NA + 4 RA 2 Patienten geordnete Behandlung

1 NA + 2 RA 5 Patienten Chaos ?

5 Schwerverletzte Chaos

5 Leichtverletzte Individualmedizin

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Spekulativer Ablauf bei 10 Verletzten

Unfall +15 +30 +45 +60 +90 +120 (min)

SHTAW verlegt

SHT

OS-#

Bauch-trauma

Thorax-trauma

5 LV

T

Krampfanfall => T

Hypotonie

SpO2 80%

RR-Abfall

Schmerzen, fordernd

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

4 Phasen beim Großschadensereignis

1. Selbstorganisation

2. Rettung

3. Versorgung/Transport

4. Klinik

Keine Struktur Bedarf >> Einsatzkräfte

Führungsstruktur Triage/Verbandplatz

Versorgung durch ausreichend NÄ + RD

Sekundärtransporte

Das ersteintreffende Team am Notfallort im Großschadensfall

• bis zum Eintreffen des LNA muß der ersteintreffende Notarzt dessen Aufgaben übernehmen:- Lagebeurteilung, Meldung an Leitstelle,- Sichtung der Verletzten,- Dokumentation

Keine Individualmedizin betreiben!

Verhalten des ersteintreffendenTeams

• Beurteilung der gesamten Situation vor ungezieltem Handeln

allg. Beurteilung: Sichtung:

Unfallart Prinzip und Ziel

Unfallbereich Durchführung

mögliche Gefährdung Probleme

Sichtungskategorien

Lagebeurteilung

Eigene Lage : Personalkapazität

Materialkapazität

Zusatzgefährdungen

Behandlungskapazitäten

Taktische Lage : Art des Schadens

Anzahl der Verletzten

Ausmaß der Verletzungen

Zusatzgefährdungen

Schadensentwicklung

1. Meldung an die Leitstelle

- Was?

- Wann?

- Wo?

- Wieviel? Schwerverletzte Leichtverletzte

grobes Sichtungsergebnis

Nachforderung:

- LNA

- Rettungskräfte/ -mittel

An- bzw. Nachforderungder Kräfte und Mittel bei Großschadenslage

• Kräfte und Mittel des eigenen und angrenzender RD-Bereiche

• Rettungshubschrauber als schnelle Notarztzubringer

• SEG (lokale und zentrale Komponenten)

• Katastrophenschutz-Zug (SanZ, Betreuungszug)

• Erhöhung der Transportkapazität- kreisübergreifende Unterstützung- Hubschraubereinsatz –Ambulanzhubschrauber,

Bundeswehr

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Aufgaben des ersteintreffenden Teams

Kontaktaufnahme zu Polizei - Feuerwehr

Bildung Einsatzleitung :

Aufgaben - NA

. Sicherung Ereignisort

. Ort für Geschädigtensammelstelle

. Stauraumfestlegung für RD,Polizei,Feuerwehr

. Sicherung freier Wegstrecken für RD

Typische Fehler

NurNur 1 Patient 1 Patient behandeltbehandelt

KeineKeine organisatorischenorganisatorischen AufgabenAufgaben üübernommenbernommen

Folgen:

Verlängerung der Phase 1

Fehlender Überblick

Verzögerter Aufbau der Verletztenversorgung durch

• unzureichende Nach-Alarmierung,

• keine Schwerpunkte bei Versorgung z.B. VP oder

Triage

Konzept für einen Verbandplatz

Lechleuthner A; SEG Einsatz 2: 9-10, 1999De Boer J; Eur Emerg Med 4:107-110, 1997

SweepingTriage

Einsatzleitung

T1 T2 T3

A

A

A A A

Verletztenablage

TriageA

Registratur

evtl.

T4

Was erwartet der LNA vom 1.Team?

• 1. Phase (Selbstorganisation) in eine organisierte Phase überführen (Planen weiter Maßnahmen)

• In der Einsatzleitung agieren

• Strukturen für die Sichtung, Behandlung und den Abtransport vorbereiten

• Führen des Teams unter erschwerten Bedingungen

Aufgaben – LNA

Definition : übernimmt

Leitungsaufgaben im med. Bereich bei :

. außergewöhnlichen Notfällen

. außergewöhnlichen Gefahrenlagen

Am Schadensort :

Leiten - Koordinieren - Überwachen

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Aufgaben - LNA

Aufgaben :

. Lagebeurteilung

. Feststellung des Schwerpunktes u. der Art des med.

Einsatzes

. Beratung der örtlichen EL in med. Fragen

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Aufgaben - LNA

Gliederung :- Beachtung allgemeiner Grundsätze

- spezielle Aufgaben

. Lageerkundung

. Meldung

. Organisation vor Ort

. Abtransportorganisation

unterhalb der Katastrophenschwelle

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Aufgaben des OrgL im

großen Rettungseinsatz

Unter „großem Rettungseinsatz“ versteht man Einsätze mit vielen strukturmäßigen Rettungskräften und –mitteln an einer Einsatzstelle.

1. Ordnen der Rettungsmittel (RTH)

2. Herstellen der Kommunikation

3. Verbindung zu Polizei und Feuerwehr aufnehmen

4. Technische Hilfe koordinieren

5. Verkehr regeln bis Polizei eintrifft

6. Medizinische Unterstützung

T a k t i k l e h r e

“ S I C H T U N G “

Sichtung

Definition:

Sichtung

Triage

Einstufung

Stage

Sichtung

• Grundsatz:– nicht durch die Behandlung eines Patienten

die Hilfe für A L L E zu verzögern

• Ziel:– möglichst vielen Patienten ein Überleben zu

sichern und Folgeschäden auf ein Minimum zu reduzieren

– schneller Übergang zur Individualmedizin

SichtungBeurteilung der Dringlichkeit

der Versorgung von Geschädigten

• Reihenfolge der Behandlung

• Priorität des Abtransportes

• Wahl der Transportmittel

• Wahl des Transportzieles

cave: dynamische Prozesse

Sichtung

Kriterien

�Anzahl der Verletzten / Erkrankten

�Schweregrad der Verletzung / Erkrankung

�Art der Verletzung / Erkrankung

cave: dynamische Prozesse

Sichtung

Sichtungs - Arzt

� erfahrener Arzt ( “Praktiker” )

� innere Sicherheit

� äußere Autorität

� ”er” ist Leitender Arztan der Einsatzstelle

Sichtung

Grundsätze der Sichtung

�mehrere Sichtungsärzte möglich/notwendig

�a l l e Geschädigten werden gesichtet

� in Zeitabständen wiederholen - Verläufe

�Dokumentation

cave: dynamischer Prozeß

Sichtungsdokumentation

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

DRK-Patientenleitsystem neu!!

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Sichtungskategorien Konsensus 15.3.2002

I akute, vitale Bedrohung

SofortbehandlungII schwer verletzt / erkrankt, dringende

Behandlung

III leicht verletzt / erkranktspätere (ambulante) Behandlung

IV ohne Überlebenschancebetreuende (abwartende) Behandlung

Tote (Registrierung)

SichtungKategorie I

� ca. 20 %, bei nicht-atomaren MAV

� sofortige Behandlungs-Priorität

wegen vitaler Bedrohung

� schwere Blutungen nach außen ( > 1,5 Liter )

erst Blutstillung, dann Schocktherapie

� schwere Störungen der Atmung

Pneumothorax, Hämatothorax, Hirndruck ...

� manifester Schock, schwere Gesichtsverbrennung

cave: Reanimation, Beatmung

SichtungKategorie II

� ca. 20 %, bei nicht atomaren Katastrophen

�Transportpriorität I�dringliche Behandlung innerhalb 6 - Std. Grenze

� intraabdominelle Verletzungen

�perforierende Verletzungen der Blase

�Verletzungen großer Extremitätenarterien

SichtungKategorie II

� ausgedehnte Zertrümmerungen der Extremitäten

�offene Gelenkverletzungen

�offene Schädel-Hirn-Verletzungen

� zunehmende Kompression des Rückenmarks

mit Lähmungserscheinungen

�Augenverletzungen

SichtungKategorie II

� aufgeschobene Behandlung, über 6-Std.-Grenze

�Transportpriorität II�Frakturen, Luxationen

�SHT ohne Hirndruckzeichen

� ausgedehnte Weichteilverletzungen

�Gliedmaßenverletzung mit Amputationsnotwend.

�Verbrennung 2. Grades 20 - 40 % KOF

�Verbrennung 3. Grades 10 - 30 % KOF

SichtungKategorie III

�Leichtverletzte� ca. 40 % der Gesamtzahl der Verletzten

�keine Behinderung der Versorgung

der Kategorien I und II

�möglichst schnelle Entfernung vom Schadensort,

Verletztensammelstelle bzw. Verbandplatz

SichtungKategorie IV

�Schwerstverletzteohne Überlebenschance

� ca. 20 % der Betroffenen

�Absonderung von übrigen Verletzten

�Betreuung, Pflege, Linderung der Schmerzen

�Seelsorge

�wiederholte Einstufungen

SichtungErste Medizinische Hilfe

�Kontrolle der Maßnahmen der Selbst- und gegenseitigen Hilfe

�Ruhigstellung und Verbände

�Atemspende bzw. künstliche Beatmung

�Herzdruckmassage

�Schockprophylaxe

�delegierte ärztl. Maßnahmen nach Anweisung

SichtungErste Ärztliche Hilfe

�Blutstillung (Unterbindung, Tamponade etc.)

� Intubation, Beatmung

�Analgesie, Narkose, Sedierung

�Schocktherapie, -prophylaxe

�Pleurapunktion, -drainage

�Blasenkatheterisierung; -punktion

�Antidotgaben

�Notamputation (Reanimation)

Einstufung von PatientenEinstufung von Patienten

Vorlesung Vorlesung

Querschnittsbereich 8Querschnittsbereich 8

Teil IIITeil III

Aus Planspiel der AGMN

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

AusgangslageAusgangslage

�� JuniJuni

�� Samstag, spSamstag, spääter Vormittagter Vormittag

�� Wetter: 16 Wetter: 16 –– 22 22 °°CC

�� teils sonnig, teils wolkig teils sonnig, teils wolkig -- trockentrocken

�� Wind: mWind: mäßäßig / wechselnd ig / wechselnd –– bis schwachbis schwach

�� Keine Besonderheiten im TerritoriumKeine Besonderheiten im Territorium

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Ausgangslage

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

Allgemeine LageAllgemeine Lage

�� Besuch einer Schulklasse in einer Kaserne Besuch einer Schulklasse in einer Kaserne der Bundeswehrder Bundeswehr�� SchSchüüler:ler: 5050

�� BundeswehrangehBundeswehrangehöörige:rige: ca.ca. 6060

�� Explosion von FlExplosion von Flüüssiggasssiggas

�� Brand mit VerqualmungBrand mit Verqualmung

© Arbeitsgemeinschaft der in MV tätigen Notärzte (AGMN)

SchadenslageSchadenslage

�� Teilweiser Einsturz des GebTeilweiser Einsturz des Gebääudesudes

�� Nur eingeschrNur eingeschräänkte Zugnkte Zugäängigkeitngigkeit

�� Einsturz eines Treppenhauses Einsturz eines Treppenhauses

�� Rettung Rettung üüber verschiedene Fluchtwegeber verschiedene Fluchtwege

�� Zufahrt aus einer Hauptrichtung mZufahrt aus einer Hauptrichtung mööglichglich

�� Bildung von 4 EinsatzabschnittenBildung von 4 Einsatzabschnitten

SchadenslageSchadenslage

�� Viele SchViele Schüüler befanden sich noch im ler befanden sich noch im Eingangsbereich und konnten das Haus Eingangsbereich und konnten das Haus aus eigener Kraft verlassen aus eigener Kraft verlassen –– auch einige auch einige Soldaten springen aus den Fenstern ... Soldaten springen aus den Fenstern ...

�� Zur Sichtung kommenZur Sichtung kommen�� SchSchüüler:ler: 2121

�� BundeswehrangehBundeswehrangehöörige:rige: 4242

�� Unverletzte / Beteiligte, die nicht Unverletzte / Beteiligte, die nicht medizinisch versorgt werden mmedizinisch versorgt werden müüssen: ssen: 4747

Ihr Einsatz erfolgt:Ihr Einsatz erfolgt:

�� im Einsatzabschnitt 1im Einsatzabschnitt 1

�� als Sichtungsarztals Sichtungsarzt

�� zur Sichtung im EA 1 kommen:zur Sichtung im EA 1 kommen:

20 Patienten20 Patienten

Bilder und VerletztenprofileBilder und Verletztenprofile

�� aus aus ÜÜbungen des Rettungsdienstes in bungen des Rettungsdienstes in MecklenburgMecklenburg--VorpommernVorpommern

�� PatientenPatienten--Profile sind verschiedensten Profile sind verschiedensten EinsEinsäätzen des RD entnommen tzen des RD entnommen

Allgemeine LageAllgemeine Lage

SchadenslageSchadenslage

SchadenslageSchadenslage

SchadenslageSchadenslage

VerbandplatzVerbandplatz

EinsatzabschnitteEinsatzabschnitte

VerletztenVerletzten--SammelstelleSammelstelle

VerletztenVerletzten--SammelstelleSammelstelle

VerletztenVerletzten--SammelstelleSammelstelle

OrganisatorischOrganisatorisch--taktische Lagetaktische Lage

AbtransportAbtransport

AufgabeAufgabe 11

�� Beurteilung der LageBeurteilung der Lage

�� Erstmeldung an die Erstmeldung an die LeitstelleLeitstelle

�� Nachforderung ?Nachforderung ?

AufgabeAufgabe 22

�� SichtungSichtung

�� SichtungsSichtungs--ErgebnisErgebnis

�� Notwendige Notwendige Rettungsmittel ?Rettungsmittel ?

EinsatzEinsatz--AbschnittAbschnitt 11

�� Nr. 3Nr. 3

�� MMäännlnnl. , 18 J. , 18 J

�� Bewusstsein klarBewusstsein klar

�� Atmung stabilAtmung stabil

�� Flacher PulsFlacher Puls

�� Akutes AbdomenAkutes Abdomen

�� Starke SchmerzenStarke Schmerzen

EinsatzEinsatz--AbschnittAbschnitt 11

�� Nr. 4Nr. 4

�� MMäännlnnl. , 18 J. , 18 J

�� Psychische StigmataPsychische Stigmata

�� „„verwirrtverwirrt““

�� Atmung stabilAtmung stabil

�� Gute PulseGute Pulse

�� Schmerzen li. ArmSchmerzen li. Arm

EinsatzEinsatz--AbschnittAbschnitt 11

�� Nr. 6Nr. 6

�� WeiblWeibl. , 18 J. , 18 J

�� Unruhe, erregtUnruhe, erregt

�� Starker Starker StridorStridor

�� Kreislauf stabilKreislauf stabil

�� USUS--Fraktur Fraktur rere..

�� Verbr. IVerbr. I°° -- 20%20%

EinsatzEinsatz--AbschnittAbschnitt 11

�� Nr. 12Nr. 12

�� MMäännlnnl. , 18 J. , 18 J

�� BewusstlosBewusstlos

�� AnisocorieAnisocorie

�� Atmung stabilAtmung stabil

�� Gute PulseGute Pulse

�� Prellmarken GesichtPrellmarken Gesicht

EinsatzEinsatz--AbschnittAbschnitt 11

�� Nr. 13Nr. 13

�� WeiblWeibl. , 18 J. , 18 J

�� Bewusstsein klarBewusstsein klar

�� SchwindelSchwindel

�� Atmung stabilAtmung stabil

�� Gute PulseGute Pulse

�� UAUA--Fraktur bds.Fraktur bds.

EinsatzEinsatz--AbschnittAbschnitt 11

�� Nr. 15Nr. 15

�� MMäännlnnl. , 18 J. , 18 J

�� BewusstlosBewusstlos

�� Flache AtmungFlache Atmung

�� Flache PulseFlache Pulse

�� Instabiler ThoraxInstabiler Thorax

�� OSOS--Fraktur li.Fraktur li.