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34 Wochenende Freitag/Samstag, 16./17. Dezember 2016 Nr. 135-244D KARACHI. Nidas Augen sind beinahe so dunkel wie der schwarze Schleier, der ihr komplettes Gesicht verdeckt. Lediglich der oberste Teil ihrer Nase blinzelt hinter der Burka hervor. Ge- meinsam mit Sjida, ihrer Kollegin, klopft die neunzehnjährige Frau an einen Großteil der Häuser in Sachal Goth, einer kleinen Gemeinde inmit- ten des Millionenmollochs Karachi im Süden der Islamischen Republik Pa- kistan. Die Frauen warten eine Weile, in ihren Händen tragen sie große Ringbücher mit vielen Zahlen und kleinen Bildern darin. Das sind die Listen der Häuser, die in Sachal Goth stehen und die die beiden Frauen ab- gehen müssen. Irgendwann öffnet sich ihnen die Tür. ErbärmlicheLebensbedingungen Nida und Sjida sind Impfhelferinnen so genannte community based vac- cinators im Rahmen der Global Po- lio Eradication Initiative (GPEI), die es seit 1994 in Pakistan gibt. Pakistan ist neben seinem Nachbarstaat Afgha- nistan und Nigeria eines der letzten Länder, in dem das verheerende Virus noch vorkommt. Da die beiden jungen Frauen selbst in der Gemeinde Sachal Goth leben, kennen sie die meisten der Familien, die ihnen die Türen öff- nen. Es sind meist ärmliche Haushal- te, viele Nomaden, die ihren Lebens- unterhalt durch Betteln erwerben. Die meisten Leute vertrauen uns“, erzählt Nida. Widerstände gegen die Polio-Impfungen gebe es immer selte- ner. Lediglich in Gebieten, in denen viele Pashtunen leben sunnitische Muslime, die stark vom orthodoxen Islam geprägt sind hätten die Fami- lien ab und zu Angst, der Impfstoff könne sich negativ auf die Familien- planung auswirken. Dank eines speziellen Trainings, das alle Gemeinde-Impfhelferinnen vor ihren Einsätzen erhalten, wissen die beiden jungen Frauen, was in sol- chen Fällen zu tun ist. In Rollenspie- len lernen sie, wie sie mit Widerstand umgehen und welche Antworten sie auf bestimmte Fragen zu geben ha- ben, erklärt Dr. Rana Safdar, Chef-Ko- ordinator des Emergency Operation Center (EOC) in Islamabad, einer Art nationalen Schaltzentrale, von der aus die gesamte Polio-Ausrottungskam- pagne überwacht wird. Für ihre Tätig- keit erhalten Nida und Sjida 15 000 Rupees (rund 200 Euro) jeden Monat. Das ist viel Geld in einem Land, in dem 60 Prozent der Menschen von weniger als zwei Dollar am Tag leben müssen. Impfhelferinnen, die aus den Ge- meinden stammen, in denen sie arbei- ten, sind in Pakistan Rana zufolge erst seit Anfang 2015 im Einsatz. Sie sind ein Versuch der GPEI-Akteure allen voran des EOC-Chefs Pakistan vom Schwarzen Schaf “-Image zu befrei- en. Der Beratungsausschuss der GPEI hatte den Aktivitäten zur Bekämp- fung der Kinderlähmung in Pakistan in seinem 2014er Bericht ein verhee- rendes Zeugnis ausgestellt. Schwere Zeiten für Impfhelfer Das Gremium, das in regelmäßigen Abständen die Fortschritte im Rah- men der Initiative kommentiert, be- zeichnete das muslimische Land als Gefährdung für den Erfolg des ge- samten Programmes“. Das Handeln der Akteure vor Ort sei unkoordiniert. Jeder seien es die Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation ( WHO), die von UNICEF , Rotary oder die Mit- arbeiter der pakistanischen Regie- rung mache, was er wolle. Erschwerend wirken Presseberich- te über die wiederkehrenden Angriffe der Taliban auf Polio-Impfteams. Fa- milien trauten sich kaum noch, den ihnen meist unbekannten Impfhel- fern, die im Rahmen der Kampagne von Tür zu Tür gehen, ihre Kinder an- zuvertrauen. Es sah nicht gut aus für ein Land, das ohnehin aufgrund sei- ner desolaten wirtschaftlichen Lage, der immensen Armut und eines un- terfinanzierten Gesundheitssystems gebeutelt ist. Rana entwarf ein Konzept für eine Schaltzentrale (das EOC), von der aus die Aktivitäten aller Polio- Akteure koordinierter als bislang organisiert werden. Ferner begannen Trainings für Gemeinde-Impfhelfer. Für Aidan OLeary , Po- lio- Teamleiter von Unicef in Pakistan, sind Frauen als Impfhelfer eine Art soziale Revolution“. Die Impfkampagnen in Pakistan im Rahmen der Ausrottungsinitiative laufen über das gesamte Jahr durch, erklärt Emma Sykes, bei der WHO in Islamabad für Öffentlichkeitsarbeit rund um das Polio Programm in Pa- kistan zuständig. Einmal pro Monat finden jeweils montags bis mittwochs von Tür zu Tür Impfrunden statt. Zu- sätzlich gibt es an einigen Orten wie kleinen Gesundheitszentren oder an Krankenhäusern feste Stützpunkte, an denen Familien ihre Kinder gegen das Polio- Virus impfen lassen können. Auch an Transitpunkten wie Bahnhö- fen und Autobahn-Mautstellen sind Polio-Helfer im Einsatz. Von Donnerstag bis Freitag finden noch einmal von Tür zu TürImpf- runden statt, um nach denjenigen Kindern zu fragen, die die GPEI- Impfhelfer von Montag bis Mittwoch nicht finden konnten. Im Anschluss an diese fünf Tage diskutieren alle Mitarbeiter, was gut gelaufen ist und was hätte besser laufen können. Ehrgeizige Ziel: keine neuen Fälle Bislang gab es in 2016 lediglich 18 neue Polio Fälle, das Ziel, 2017 keinen neuen Fälle mehr zu haben, scheint zum Greifen nah, fasst es Aziz Me- mon, Vorstand des Pakistanischen Po- lio-Plus Ausschusses, zusammen. Geschafft haben wir es aber noch nicht“, gab er am Rande einer Konfe- renz anlässlich des Welt-Polio- Tages Ende Oktober in Islamabad zu beden- ken. Denn das Problem Pakistans bei der Ausrottung des Polio- Virus ist nicht allein die Struktur der Kampa- gne und die Arbeit der Akteure. Die Probleme des Landes sind weitaus vielschichtiger: In Pakistan bedarf es enormer Anstrengungen, um eine Grundimmunisierung der Kinder ge- gen Polio zu erreichen, erklärt Dr. Ab- di Mahamud, Teamleiter für Polio bei der WHO in Pakistan. Während in ei- nem Land wie Deutschland die aus- schließliche viermalige Gabe von inaktiviertem Polio-Impfstoff (IPV) ausreicht, um eine Grundimmunisierung der Kin- der gegen das Virus zu errei- chen, müssen Impfhelfer in Pakistan rund zehn Gaben von Lebendimpfstoff (OPV) verabreichen, in beson- ders prekären Teilen des Landes idealer- weise eine Kombina- tion von IPV und OPV , so Abdi. Der Grund: 40 Prozent aller Kinder in Pa- kistan sind fehl- oder unterer- nährt. 40 Prozent aller schwangeren Frauen sind fehl- oder unterernährt ein Grund, warum eins von vier Ba- bys mit einem zu niedrigen Geburts- gewicht zur Welt kommt, ergänzt Pro- fessor Iqbal A. Memon, ehemaliger Präsident der Vereinigung für Kinder- heilkunde in Pakistan. Aufgrund desolater hygienischer Bedingungen also einem Mangel an Toiletten und sauberem Trinkwasser sind Durchfallerkrankungen bei Kindern an der Tagesordnung. Erhält ein Kind zu einem Zeitpunkt, zu dem es Durchfall hat, eine Polio-Impfung, ist diese unwirksam. Die Hälfte der Kinder, die in 2016 an Polio erkrankt sind, war gegen das Virus geimpft“, betont Abdi von der WHO. Die Mutter-Kind- Gesundheit in „Wir wollen Polio nicht im Land haben“ VON MARTINA MERTEN Pakistan ist eines der letzten Länder, in dem die weltweit laufende Kampagne zur Ausrottung des Polio-Virus noch nicht ihr Ziel erreicht hat. Die Sicherheit des Landes ist instabil, das Gesundheits- wesen des muslimischen Atom-Staates hat krasse Defizite. Pakistan im Fokus 37 Millionen Kinder sind jünger als fünf Jahre. Sieben Millionen Neugeburten verzeichnet die Statistik pro Jahr. Ein Prozent des Bruttoinlands- produkts wird in Pakistan für Gesundheit ausgegeben. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 11,6 Prozent. Auch in den Slums von Karachi sind die Impfhelfer unermüdlich im Einsatz. © BAHZAD KHAN Engagiert gegen Polio: Professor Muhammad S. Hussain, Leiter der Abteilung für Kinderheilkunde der Darul Sehat Klinik in Karachi. © BAHZAD KHAN Nida und Sjida sind Impf- helferinnen im Auftrag der Global Polio Eradication Initiative, die es seit 1994 in Pakistan gibt © BAHZAD KHAN DATEN UND FAKTEN 60 % der pakistanischen Bevölkerung müssen mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen. Das Land hat 180 Millionen Einwohner. Muhammad Ayub Shaikh, Secretary, Ministry of National Health Services, Regulations and Coordinations in Pakistan In den nächsten drei Jahren wollen wir schrittweise die Mutter-Kind-Gesundheit in Pakistan verbessern. © BAHZAD KHAN Persönlich erstellt für: E-Paper AZV

der pakistanischen Bevölkerung als zwei Dollar pro Tag …polioplus.ch/download/Aerzte_Zeitung_Freitag_16_Dezember... · 2016. 12. 27. · die gesamte Polio-Ausrottungskam-pagne

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34 Wochenende Freitag/Samstag, 16./17. Dezember 2016 Nr. 135-244D

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KARACHI. Nidas Augen sind beinaheso dunkel wie der schwarze Schleier,der ihr komplettes Gesicht verdeckt.Lediglich der oberste Teil ihrer Naseblinzelt hinter der Burka hervor. Ge-meinsam mit Sjida, ihrer Kollegin,klopft die neunzehnjährige Frau aneinen Großteil der Häuser in SachalGoth, einer kleinen Gemeinde inmit-ten des Millionenmollochs Karachi imSüden der Islamischen Republik Pa-kistan. Die Frauen warten eine Weile,in ihren Händen tragen sie großeRingbücher mit vielen Zahlen undkleinen Bildern darin. Das sind dieListen der Häuser, die in Sachal Gothstehen und die die beiden Frauen ab-gehen müssen. Irgendwann öffnetsich ihnen die Tür.

ErbärmlicheLebensbedingungen

Nida und Sjida sind Impfhelferinnen– so genannte community based vac-cinators – im Rahmen der Global Po-lio Eradication Initiative (GPEI), diees seit 1994 in Pakistan gibt. Pakistanist neben seinem Nachbarstaat Afgha-nistan und Nigeria eines der letztenLänder, in dem das verheerende Virusnoch vorkommt. Da die beiden jungenFrauen selbst in der Gemeinde SachalGoth leben, kennen sie die meistender Familien, die ihnen die Türen öff-nen. Es sind meist ärmliche Haushal-te, viele Nomaden, die ihren Lebens-unterhalt durch Betteln erwerben.„Die meisten Leute vertrauen uns“,erzählt Nida. Widerstände gegen diePolio-Impfungen gebe es immer selte-ner. Lediglich in Gebieten, in denenviele Pashtunen leben – sunnitischeMuslime, die stark vom orthodoxenIslam geprägt sind – hätten die Fami-lien ab und zu Angst, der Impfstoffkönne sich negativ auf die Familien-planung auswirken.

Dank eines speziellen Trainings,das alle Gemeinde-Impfhelferinnenvor ihren Einsätzen erhalten, wissendie beiden jungen Frauen, was in sol-chen Fällen zu tun ist. In Rollenspie-len lernen sie, wie sie mit Widerstandumgehen und welche Antworten sieauf bestimmte Fragen zu geben ha-ben, erklärt Dr. Rana Safdar, Chef-Ko-

ordinator des Emergency OperationCenter (EOC) in Islamabad, einer Artnationalen Schaltzentrale, von der ausdie gesamte Polio-Ausrottungskam-pagne überwacht wird. Für ihre Tätig-keit erhalten Nida und Sjida 15 000Rupees (rund 200 Euro) jeden Monat.Das ist viel Geld in einem Land, indem 60 Prozent der Menschen vonweniger als zwei Dollar am Tag lebenmüssen.

Impfhelferinnen, die aus den Ge-meinden stammen, in denen sie arbei-ten, sind in Pakistan Rana zufolge erstseit Anfang 2015 im Einsatz. Sie sindein Versuch der GPEI-Akteure – allenvoran des EOC-Chefs – Pakistan vom„Schwarzen Schaf“-Image zu befrei-en. Der Beratungsausschuss der GPEIhatte den Aktivitäten zur Bekämp-fung der Kinderlähmung in Pakistanin seinem 2014er Bericht ein verhee-rendes Zeugnis ausgestellt.

Schwere Zeiten für Impfhelfer

Das Gremium, das in regelmäßigenAbständen die Fortschritte im Rah-men der Initiative kommentiert, be-zeichnete das muslimische Land als„Gefährdung für den Erfolg des ge-samten Programmes“. Das Handelnder Akteure vor Ort sei unkoordiniert.Jeder – seien es die Mitarbeiter derWeltgesundheitsorganisation (WHO),die von UNICEF, Rotary oder die Mit-arbeiter der pakistanischen Regie-rung – mache, was er wolle.

Erschwerend wirken Presseberich-te über die wiederkehrenden Angriffeder Taliban auf Polio-Impfteams. Fa-milien trauten sich kaum noch, denihnen meist unbekannten Impfhel-fern, die im Rahmen der Kampagnevon Tür zu Tür gehen, ihre Kinder an-zuvertrauen. Es sah nicht gut aus fürein Land, das ohnehin aufgrund sei-ner desolaten wirtschaftlichen Lage,der immensen Armut und eines un-terfinanzierten Gesundheitssystemsgebeutelt ist.

Rana entwarf ein Konzept für eineSchaltzentrale (das EOC), von deraus die Aktivitäten aller Polio-Akteure koordinierter als bislangorganisiert werden. Fernerbegannen Trainings fürGemeinde-Impfhelfer.Für Aidan O’Leary, Po-lio-Teamleiter vonUnicef in Pakistan,sind Frauen alsImpfhelfer eineArt „sozialeRevolution“.

Die Impfkampagnen in Pakistan imRahmen der Ausrottungsinitiativelaufen über das gesamte Jahr durch,erklärt Emma Sykes, bei der WHO inIslamabad für Öffentlichkeitsarbeitrund um das Polio Programm in Pa-kistan zuständig. Einmal pro Monatfinden jeweils montags bis mittwochsvon Tür zu Tür Impfrunden statt. Zu-sätzlich gibt es an einigen Orten wiekleinen Gesundheitszentren oder anKrankenhäusern feste Stützpunkte,an denen Familien ihre Kinder gegendas Polio-Virus impfen lassen können.Auch an Transitpunkten wie Bahnhö-fen und Autobahn-Mautstellen sindPolio-Helfer im Einsatz.

Von Donnerstag bis Freitag findennoch einmal von „Tür zu Tür“ Impf-runden statt, um nach denjenigenKindern zu fragen, die die GPEI-Impfhelfer von Montag bis Mittwochnicht finden konnten. Im Anschlussan diese fünf Tage diskutieren alleMitarbeiter, was gut gelaufen ist undwas hätte besser laufen können.

Ehrgeizige Ziel: keine neuen Fälle

Bislang gab es in 2016 lediglich 18neue Polio Fälle, das Ziel, 2017 keinenneuen Fälle mehr zu haben, scheintzum Greifen nah, fasst es Aziz Me-mon, Vorstand des Pakistanischen Po-lio-Plus Ausschusses, zusammen.„Geschafft haben wir es aber nochnicht“, gab er am Rande einer Konfe-renz anlässlich des Welt-Polio-TagesEnde Oktober in Islamabad zu beden-ken.

Denn das Problem Pakistans beider Ausrottung des Polio-Virus istnicht allein die Struktur der Kampa-gne und die Arbeit der Akteure. DieProbleme des Landes sind weitausvielschichtiger: In Pakistan bedarf esenormer Anstrengungen, um eineGrundimmunisierung der Kinder ge-gen Polio zu erreichen, erklärt Dr. Ab-di Mahamud, Teamleiter für Polio beider WHO in Pakistan. Während in ei-nem Land wie Deutschland die aus-

schließliche viermalige Gabe voninaktiviertem Polio-Impfstoff(IPV) ausreicht, um eineGrundimmunisierung der Kin-der gegen das Virus zu errei-chen, müssen Impfhelfer inPakistan rund zehn Gabenvon Lebendimpfstoff (OPV)

verabreichen, in beson-ders prekären Teilendes Landes idealer-weise eine Kombina-tion von IPV undOPV, so Abdi. DerGrund: 40 Prozentaller Kinder in Pa-kistan sind fehl-oder unterer-nährt. 40 Prozentaller schwangerenFrauen sind fehl-oder unterernährt

– ein Grund, warum eins von vier Ba-bys mit einem zu niedrigen Geburts-gewicht zur Welt kommt, ergänzt Pro-fessor Iqbal A. Memon, ehemaligerPräsident der Vereinigung für Kinder-heilkunde in Pakistan.

Aufgrund desolater hygienischerBedingungen – also einem Mangel anToiletten und sauberem Trinkwasser– sind Durchfallerkrankungen beiKindern an der Tagesordnung. Erhältein Kind zu einem Zeitpunkt, zu demes Durchfall hat, eine Polio-Impfung,ist diese unwirksam. „Die Hälfte derKinder, die in 2016 an Polio erkranktsind, war gegen das Virus geimpft“,betont Abdi von der WHO.

Die Mutter-Kind-Gesundheit in

Pakistan zu verbessern steht deshalbbeim dortigen Gesundheitsministeri-um ganz oben auf der Agenda, sagtMuhammad Ayub Shaikh, Staatsse-kretär für Gesundheit. Innerhalb dernächsten drei Jahre wolle sich seinLand insbesondere auf diesen Bereichfokussieren, zudem soll schrittweisemehr Geld in das Gesundheitswesenfließen. Das war bislang nicht der Fall.Der Anteil der Ausgaben für Gesund-heit am Bruttoinlandsprodukt beträgtShaikh zufolge lediglich ein Prozent.Das schlägt sich auch auf die Ausstat-tung lokaler Gesundheitszentren oderstaatlicher Krankenhäuser nieder: esmangelt an jedweden Diagnosemög-lichkeiten. In den meisten staatlichen

Einrichtungen im Gesundheitswesen– sei es auf primärer, sekundärer odertertiärer Ebene – herrscht gähnendeLeere. Außer Arzneimittausgaberäu-men und leeren Untersuchungszim-mern finden Patienten nicht viel vor.

Ringbücher voll mit Notizen

Wenn Nida und Sjida am Nachmittagmit ihrer Arbeit fertig sind, laufen siemeist zum „Pakistan Rotary ResourceCenter“ – einem ehemaligen Schulge-bäude, in dem lediglich ein paar Ti-sche und Plastikstühle stehen. Hier-hin, erklärt Sadia Shakeel, die dasZentrum im Auftrag von Rotary leitet,können alle Impfhelferinnen kom-men, die an der laufenden Kampagne

teilnehmen. Während es draußen zumTeil an die 50 Grad heiß ist, herrschtin dem einfachen Gebäude eine ange-nehme Temperatur. Mehrere Ventila-toren hängen an den Decken. In ei-nem der Räume haben sich an die 20Impfhelferinnen versammelt. Nochimmer vollkommen verschleiert sit-zen sie auf Plastikstühlen um einengroßen Tisch herum, vor ihnen liegenihre Ringbücher mit den Notizen zuihren Hausbesuchen. Eine von ihnen,mit Anfang 30 die älteste, bringt esauf den Punkt: „Wir wollen dieseKrankheit einfach nicht mehr in un-serem Land haben“, sagt sie mit erns-tem Blick. „Es ist fürchterlich, dassPakistan noch immer betroffen ist.“

„Wir wollen Polionicht im Land haben“

VON MARTINA MERTEN

Pakistan ist eines der letztenLänder, in dem die weltweitlaufende Kampagne zurAusrottung des Polio-Virusnoch nicht ihr Ziel erreichthat. Die Sicherheit des Landesist instabil, das Gesundheits-wesen des muslimischenAtom-Staates hat krasseDefizite.

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Pakistanim Fokus

37 Millionen Kinder sind jüngerals fünf Jahre.

Sieben Millionen Neugeburtenverzeichnet die Statistik proJahr.

Ein Prozent des Bruttoinlands-produkts wird in Pakistan fürGesundheit ausgegeben. ZumVergleich: In Deutschland sindes 11,6 Prozent.

Auch in den Slums von

Karachi sind die Impfhelfer

unermüdlich im Einsatz.© BAHZAD KHAN

Arbeit an Orten, wo viele Menschen kommen und gehen: Ein Impfteam im Einsatz am Bahnhof in Karachi © BAHZAD KHAN

Engagiert gegen Polio: Professor

Muhammad S. Hussain, Leiter der

Abteilung für Kinderheilkunde der

Darul Sehat Klinik in Karachi. © BAHZAD KHAN

Nida und Sjida

sind Impf-helferinnen im

Auftrag der Global

Polio Eradication

Initiative, die es seit

1994 in Pakistan gibt

© BAHZAD KHAN

DATEN UND FAKTEN

60 %der pakistanischen Bevölkerung müssen mit wenigerals zwei Dollar pro Tag auskommen. Das Land hat 180Millionen Einwohner.

Das Geld wird nicht direkt an Pakistan ausgezahlt, sondern andie Weltgesundheitsorganisation WHO und an UNICEF.

Deutschland unterstützt Pakistan bei der Umsetzungder Impfkampagne mit zehn Millionen Euro.7,5 Millionen Euro fließen im kommenden Jahr.

Muhammad Ayub Shaikh, Secretary, Ministry of National Health Services,Regulations and Coordinations in Pakistan

In den nächsten drei Jahren wollen wirschrittweise die Mutter-Kind-Gesundheitin Pakistan verbessern.

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Persönlich erstellt für: E

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KARACHI. Nidas Augen sind beinaheso dunkel wie der schwarze Schleier,der ihr komplettes Gesicht verdeckt.Lediglich der oberste Teil ihrer Naseblinzelt hinter der Burka hervor. Ge-meinsam mit Sjida, ihrer Kollegin,klopft die neunzehnjährige Frau aneinen Großteil der Häuser in SachalGoth, einer kleinen Gemeinde inmit-ten des Millionenmollochs Karachi imSüden der Islamischen Republik Pa-kistan. Die Frauen warten eine Weile,in ihren Händen tragen sie großeRingbücher mit vielen Zahlen undkleinen Bildern darin. Das sind dieListen der Häuser, die in Sachal Gothstehen und die die beiden Frauen ab-gehen müssen. Irgendwann öffnetsich ihnen die Tür.

ErbärmlicheLebensbedingungen

Nida und Sjida sind Impfhelferinnen– so genannte community based vac-cinators – im Rahmen der Global Po-lio Eradication Initiative (GPEI), diees seit 1994 in Pakistan gibt. Pakistanist neben seinem Nachbarstaat Afgha-nistan und Nigeria eines der letztenLänder, in dem das verheerende Virusnoch vorkommt. Da die beiden jungenFrauen selbst in der Gemeinde SachalGoth leben, kennen sie die meistender Familien, die ihnen die Türen öff-nen. Es sind meist ärmliche Haushal-te, viele Nomaden, die ihren Lebens-unterhalt durch Betteln erwerben.„Die meisten Leute vertrauen uns“,erzählt Nida. Widerstände gegen diePolio-Impfungen gebe es immer selte-ner. Lediglich in Gebieten, in denenviele Pashtunen leben – sunnitischeMuslime, die stark vom orthodoxenIslam geprägt sind – hätten die Fami-lien ab und zu Angst, der Impfstoffkönne sich negativ auf die Familien-planung auswirken.

Dank eines speziellen Trainings,das alle Gemeinde-Impfhelferinnenvor ihren Einsätzen erhalten, wissendie beiden jungen Frauen, was in sol-chen Fällen zu tun ist. In Rollenspie-len lernen sie, wie sie mit Widerstandumgehen und welche Antworten sieauf bestimmte Fragen zu geben ha-ben, erklärt Dr. Rana Safdar, Chef-Ko-

ordinator des Emergency OperationCenter (EOC) in Islamabad, einer Artnationalen Schaltzentrale, von der ausdie gesamte Polio-Ausrottungskam-pagne überwacht wird. Für ihre Tätig-keit erhalten Nida und Sjida 15 000Rupees (rund 200 Euro) jeden Monat.Das ist viel Geld in einem Land, indem 60 Prozent der Menschen vonweniger als zwei Dollar am Tag lebenmüssen.

Impfhelferinnen, die aus den Ge-meinden stammen, in denen sie arbei-ten, sind in Pakistan Rana zufolge erstseit Anfang 2015 im Einsatz. Sie sindein Versuch der GPEI-Akteure – allenvoran des EOC-Chefs – Pakistan vom„Schwarzen Schaf“-Image zu befrei-en. Der Beratungsausschuss der GPEIhatte den Aktivitäten zur Bekämp-fung der Kinderlähmung in Pakistanin seinem 2014er Bericht ein verhee-rendes Zeugnis ausgestellt.

Schwere Zeiten für Impfhelfer

Das Gremium, das in regelmäßigenAbständen die Fortschritte im Rah-men der Initiative kommentiert, be-zeichnete das muslimische Land als„Gefährdung für den Erfolg des ge-samten Programmes“. Das Handelnder Akteure vor Ort sei unkoordiniert.Jeder – seien es die Mitarbeiter derWeltgesundheitsorganisation (WHO),die von UNICEF, Rotary oder die Mit-arbeiter der pakistanischen Regie-rung – mache, was er wolle.

Erschwerend wirken Presseberich-te über die wiederkehrenden Angriffeder Taliban auf Polio-Impfteams. Fa-milien trauten sich kaum noch, denihnen meist unbekannten Impfhel-fern, die im Rahmen der Kampagnevon Tür zu Tür gehen, ihre Kinder an-zuvertrauen. Es sah nicht gut aus fürein Land, das ohnehin aufgrund sei-ner desolaten wirtschaftlichen Lage,der immensen Armut und eines un-terfinanzierten Gesundheitssystemsgebeutelt ist.

Rana entwarf ein Konzept für eineSchaltzentrale (das EOC), von deraus die Aktivitäten aller Polio-Akteure koordinierter als bislangorganisiert werden. Fernerbegannen Trainings fürGemeinde-Impfhelfer.Für Aidan O’Leary, Po-lio-Teamleiter vonUnicef in Pakistan,sind Frauen alsImpfhelfer eineArt „sozialeRevolution“.

Die Impfkampagnen in Pakistan imRahmen der Ausrottungsinitiativelaufen über das gesamte Jahr durch,erklärt Emma Sykes, bei der WHO inIslamabad für Öffentlichkeitsarbeitrund um das Polio Programm in Pa-kistan zuständig. Einmal pro Monatfinden jeweils montags bis mittwochsvon Tür zu Tür Impfrunden statt. Zu-sätzlich gibt es an einigen Orten wiekleinen Gesundheitszentren oder anKrankenhäusern feste Stützpunkte,an denen Familien ihre Kinder gegendas Polio-Virus impfen lassen können.Auch an Transitpunkten wie Bahnhö-fen und Autobahn-Mautstellen sindPolio-Helfer im Einsatz.

Von Donnerstag bis Freitag findennoch einmal von „Tür zu Tür“ Impf-runden statt, um nach denjenigenKindern zu fragen, die die GPEI-Impfhelfer von Montag bis Mittwochnicht finden konnten. Im Anschlussan diese fünf Tage diskutieren alleMitarbeiter, was gut gelaufen ist undwas hätte besser laufen können.

Ehrgeizige Ziel: keine neuen Fälle

Bislang gab es in 2016 lediglich 18neue Polio Fälle, das Ziel, 2017 keinenneuen Fälle mehr zu haben, scheintzum Greifen nah, fasst es Aziz Me-mon, Vorstand des Pakistanischen Po-lio-Plus Ausschusses, zusammen.„Geschafft haben wir es aber nochnicht“, gab er am Rande einer Konfe-renz anlässlich des Welt-Polio-TagesEnde Oktober in Islamabad zu beden-ken.

Denn das Problem Pakistans beider Ausrottung des Polio-Virus istnicht allein die Struktur der Kampa-gne und die Arbeit der Akteure. DieProbleme des Landes sind weitausvielschichtiger: In Pakistan bedarf esenormer Anstrengungen, um eineGrundimmunisierung der Kinder ge-gen Polio zu erreichen, erklärt Dr. Ab-di Mahamud, Teamleiter für Polio beider WHO in Pakistan. Während in ei-nem Land wie Deutschland die aus-

schließliche viermalige Gabe voninaktiviertem Polio-Impfstoff(IPV) ausreicht, um eineGrundimmunisierung der Kin-der gegen das Virus zu errei-chen, müssen Impfhelfer inPakistan rund zehn Gabenvon Lebendimpfstoff (OPV)

verabreichen, in beson-ders prekären Teilendes Landes idealer-weise eine Kombina-tion von IPV undOPV, so Abdi. DerGrund: 40 Prozentaller Kinder in Pa-kistan sind fehl-oder unterer-nährt. 40 Prozentaller schwangerenFrauen sind fehl-oder unterernährt

– ein Grund, warum eins von vier Ba-bys mit einem zu niedrigen Geburts-gewicht zur Welt kommt, ergänzt Pro-fessor Iqbal A. Memon, ehemaligerPräsident der Vereinigung für Kinder-heilkunde in Pakistan.

Aufgrund desolater hygienischerBedingungen – also einem Mangel anToiletten und sauberem Trinkwasser– sind Durchfallerkrankungen beiKindern an der Tagesordnung. Erhältein Kind zu einem Zeitpunkt, zu demes Durchfall hat, eine Polio-Impfung,ist diese unwirksam. „Die Hälfte derKinder, die in 2016 an Polio erkranktsind, war gegen das Virus geimpft“,betont Abdi von der WHO.

Die Mutter-Kind-Gesundheit in

Pakistan zu verbessern steht deshalbbeim dortigen Gesundheitsministeri-um ganz oben auf der Agenda, sagtMuhammad Ayub Shaikh, Staatsse-kretär für Gesundheit. Innerhalb dernächsten drei Jahre wolle sich seinLand insbesondere auf diesen Bereichfokussieren, zudem soll schrittweisemehr Geld in das Gesundheitswesenfließen. Das war bislang nicht der Fall.Der Anteil der Ausgaben für Gesund-heit am Bruttoinlandsprodukt beträgtShaikh zufolge lediglich ein Prozent.Das schlägt sich auch auf die Ausstat-tung lokaler Gesundheitszentren oderstaatlicher Krankenhäuser nieder: esmangelt an jedweden Diagnosemög-lichkeiten. In den meisten staatlichen

Einrichtungen im Gesundheitswesen– sei es auf primärer, sekundärer odertertiärer Ebene – herrscht gähnendeLeere. Außer Arzneimittausgaberäu-men und leeren Untersuchungszim-mern finden Patienten nicht viel vor.

Ringbücher voll mit Notizen

Wenn Nida und Sjida am Nachmittagmit ihrer Arbeit fertig sind, laufen siemeist zum „Pakistan Rotary ResourceCenter“ – einem ehemaligen Schulge-bäude, in dem lediglich ein paar Ti-sche und Plastikstühle stehen. Hier-hin, erklärt Sadia Shakeel, die dasZentrum im Auftrag von Rotary leitet,können alle Impfhelferinnen kom-men, die an der laufenden Kampagne

teilnehmen. Während es draußen zumTeil an die 50 Grad heiß ist, herrschtin dem einfachen Gebäude eine ange-nehme Temperatur. Mehrere Ventila-toren hängen an den Decken. In ei-nem der Räume haben sich an die 20Impfhelferinnen versammelt. Nochimmer vollkommen verschleiert sit-zen sie auf Plastikstühlen um einengroßen Tisch herum, vor ihnen liegenihre Ringbücher mit den Notizen zuihren Hausbesuchen. Eine von ihnen,mit Anfang 30 die älteste, bringt esauf den Punkt: „Wir wollen dieseKrankheit einfach nicht mehr in un-serem Land haben“, sagt sie mit erns-tem Blick. „Es ist fürchterlich, dassPakistan noch immer betroffen ist.“

„Wir wollen Polionicht im Land haben“

VON MARTINA MERTEN

Pakistan ist eines der letztenLänder, in dem die weltweitlaufende Kampagne zurAusrottung des Polio-Virusnoch nicht ihr Ziel erreichthat. Die Sicherheit des Landesist instabil, das Gesundheits-wesen des muslimischenAtom-Staates hat krasseDefizite.

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Pakistanim Fokus

37 Millionen Kinder sind jüngerals fünf Jahre.

Sieben Millionen Neugeburtenverzeichnet die Statistik proJahr.

Ein Prozent des Bruttoinlands-produkts wird in Pakistan fürGesundheit ausgegeben. ZumVergleich: In Deutschland sindes 11,6 Prozent.

Auch in den Slums von

Karachi sind die Impfhelfer

unermüdlich im Einsatz.© BAHZAD KHAN

Arbeit an Orten, wo viele Menschen kommen und gehen: Ein Impfteam im Einsatz am Bahnhof in Karachi © BAHZAD KHAN

Engagiert gegen Polio: Professor

Muhammad S. Hussain, Leiter der

Abteilung für Kinderheilkunde der

Darul Sehat Klinik in Karachi. © BAHZAD KHAN

Nida und Sjida

sind Impf-helferinnen im

Auftrag der Global

Polio Eradication

Initiative, die es seit

1994 in Pakistan gibt

© BAHZAD KHAN

Es hängt Staub in der Luft, Staub,dessen Partikel überall hin fliegen.Malik Shahid, ein kleiner, kompak-ter Mann mit glatt gebügeltemHemd, steigt aus dem Auto undläuft durch den Staub hindurch di-rekt auf ein kleines, quadratförmi-ges Steinhaus zu. Es steht inmitteneines Feldes, auf dem ArbeiterMarmorplatten zurechtschneiden.Shahid trägt seine große schwarzeTasche schwitzend in die kleineBehausung hinein – und blickt di-rekt in die tiefschwarzen Augen ei-nes vierjährigen Jungen.

Aijaz Khan heißt er, sein Vater,Shair Ali Khan, sitzt neben ihm.Der Vater ist gerade einmal Anfang20, hat zwei weitere kleine Kinder,wie er erzählt. Shair Ali sieht ver-zweifelt aus. So ob er sich schäme.„Ich wusste einfach nichts vonImpfungen“, sagt er mit gesenktemBlick. Es sei ihm nicht klar gewe-sen, wie wichtig diese sind. WasShair Ali meint: Aijaz ist nicht ge-gen Poliomyelitis geimpft worden.Jetzt ist er von der Viruserkran-kung betroffen. Die Muskulaturseiner Beine kann den normalenBewegungsablauf nicht mehr leis-ten. Er braucht Gehhilfen.

Als Orthopädietechniker suchtMalik Shahid im Rahmen einesProjektes der WHO Haushalte inder Millionenstadt Karachi im Sü-den Pakistans auf, in denen Polio-

Opfer leben. Direkt vor Ort nimmt erdie Maße der Kinder, erstellt mit Gipseinen Beinabdruck und fertigt an-schließend am Institute of PhysicalMedicine and Rehabilitation an derDow University of Health Sciences inKarachi die endgültige Prothese an.Hier werden alle Prothesen für die ge-samte Provinz Sindh hergestellt. 25Prozent der Gehhilfen sind für vonPolio betroffene Kinder.

„Ob die Gliedmaßen der Kinderwieder ihre Beweglichkeit erlangen,hängt auch davon ab, wie häufig dieKinder die Prothesen tragen“, erklärtShahid. Wenn es gut laufe, gehe dieBehandlung nicht über zwei Jahre hi-naus. Meist erhalten die Kinder wäh-rend der zwei Jahre drei bis vier ver-schiedene Gehhilfen. Darüber hinausfinanziert die WHO den Schulbesuchbis zur zehnten Klasse, schließlichgeht es um eine Wiedereingliederungin die Gesellschaft, sagt Shahid.

Das Projekt existiert seit 2007. Neuist aber, direkt die Häuser der betrof-fenen Kinder aufzusuchen, erklärt Dr.Maryam Malik, die von Islamabad ausdas Programm leitet. Schon vorherhaben Organisationen im Rahmen derGlobal Polio Eradication Initiative(GPEI) versucht, Polio-Opfern zu hel-fen. Auch damals wurden Gehhilfenangefertigt und in besonders gravie-renden Fällen Operationen durchge-führt. Allerdings mussten die Fami-lien von Polio-Betroffenen in der Ver-gangenheit selbst in die großen Städtereisen. Das taten die wenigsten – ausGeldgründen, aus Unwissenheit, sagtdie Projektleiterin.

Als Malik Shahid aus dem kleinenSteinhaus heraustritt, sind sein Hemdund seine Hose nass. Es sind an die 35Grad draußen. Aijaz blickt seinemHelfer nach. Bald erhält er im Reha-Zentrum seine neue Prothese. Daswird ein Moment der Hoffnung sein.

Orthopädietechnikersuchen junge Polio-Opferauf, egal, in welchenWinkeln Pakistans siesich befinden.

VON MARTINA MERTEN

Geh-Hilfen –Lebensqualitätfür Polio-Opfer

Orthopädietechniker Malik Shahid nimmt Maß für die Prothese eines von Polio

betroffenen vierjährigen Kindes. © BAHZAD KHAN

DATEN UND FAKTEN

40 %aller schwangeren Frauen in Pakistan sind fehl- oderunterernährt. Eins von vier Kindern kommt mit einemzu niedrigen Geburtsgewicht auf die Welt.

Das Geld wird nicht direkt an Pakistan ausgezahlt, sondern andie Weltgesundheitsorganisation WHO und an UNICEF.

Deutschland unterstützt Pakistan bei der Umsetzungder Impfkampagne mit zehn Millionen Euro.7,5 Millionen Euro fließen im kommenden Jahr.

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