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Egypt Exploration Society Der sogenannte Omphalos von Napata (Boston M.F.A. 21.3234) Author(s): Inge Hofmann Source: The Journal of Egyptian Archaeology, Vol. 56 (Aug., 1970), pp. 187-192 Published by: Egypt Exploration Society Stable URL: http://www.jstor.org/stable/3856054 . Accessed: 06/05/2014 14:19 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Egypt Exploration Society is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to The Journal of Egyptian Archaeology. http://www.jstor.org This content downloaded from 143.167.193.185 on Tue, 6 May 2014 14:19:14 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Der sogenannte Omphalos von Napata (Boston M.F.A. 21.3234)

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Egypt Exploration Society

Der sogenannte Omphalos von Napata (Boston M.F.A. 21.3234)Author(s): Inge HofmannSource: The Journal of Egyptian Archaeology, Vol. 56 (Aug., 1970), pp. 187-192Published by: Egypt Exploration SocietyStable URL: http://www.jstor.org/stable/3856054 .

Accessed: 06/05/2014 14:19

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(187)

DER SOGENANNTE OMPHALOS VON NAPATA

(BOSTON M.F.A. 21.3234)

Von INGE HOFMANN

IM Jahre 1915 fand G. A. Reisner bei seinen Ausgrabungen des Amuntempels (B 500) am Jebel Barkal bei Napata2 in der Halle (B 503)3 ein bienenkorbartiges Gebilde aus Sandstein (Tafel LXVI, i). Es steht auf einer leicht vorspringenden Basis, ist 0,6i m hoch und hat einen Durchmesser von 0,58 m an der Basis, 0,52 m oberhalb von ihr.4 Die erste Publikation erfolgte durch Griffith;5 die Abbildung in seinem Artikel zeigte den Stein jedoch nur von einer Seite und zwar so, daB die Kartuschen in die Mitte

geriickt wurden (Tafel LXVI, ic). Rechts von den Kartuschen steht eine lowenk6pfige G6ttin, die mit ausgebreiteten Fliigeln den vor ihr hergehenden K6nig schutzt. Vor dem

Kbnig steht eine Gottin mit Menschenkopf, wieder mit den Fliigeln eine K6nigsgestalt schiitzend. Links neben den Kartuschen kommt zuerst die menschenk6pfige Gottin, dann der K6nig, darauf die G6ttin mit dem Ldwenhaupt und zuletzt wieder der

Konig. Die Gottinnen haben eine Sonnenscheibe auf dem Kopf, die K6nige sind mit anbetend erhobenen Handen dargestellt.6 Die Kuppel ist mit geometrischen Ornamen- ten verziert, vielleicht Nachbildungen von Halsketten.7 Der untere Bildstreifen tragt einen Fries von geoffneten Lotoskelchen, deren Au3enblatter sich beinahe beruihren. Dazwischen stehen geschlossene Lotosbliiten. Der Sockel ist unverziert.

Griffith hielt den Fund fur eine meroitische Imitation des griechischen Omphalos von Delphi und stellte eine Verbindung zu dem angeblichen Bildnis des Ammon aus der Oase Siwa her.8 Dieser Gedanke wurde auch von Steindorff aufgegriffen,9 und schien durch die Berichte antiker Schriftsteller gestiitzt zu werden. Herodot (II, 42)

glaubte, die Ammonsoase sei gleicherma3en von Agyptern und Athiopen besiedelt. Das Bild des Orakelgottes Ammon, zu dem sich Alexander der GroI3e begab, wird von Diodor (xvII, 50) als 'mit Smaragden und anderen Steinen eingefa3t' beschrieben, ohne da13 er eine nahere Auskunft iiber das Aussehen des Bildes gibt. Curtius Rufus

I Im Repertoire d'epigraphie meroitique (REM) erhielt er die Nummer REM 1004 (Leclant und Heyler, 'Preliminaires a un repertoire d'epigraphie meroitique (REAI)', Meroitic Nezwsletter (Bulletin d'informations meroitiques), no. i, Oct. I968, I5).

2 Da der Ort Napata bisher nicht gefunden wurde, ist seine Lokalisierung zweifelhaft. Shinnie, Meroe-a Civilization of the Sudan (London, I967), 7I, Fig. I6, verlegt ihn auf das westliche Nilufer, n6rdlich vom heutigen Dorf Merowe. Hintze, Alte Kulturen im Sudan (Miunchen, I967), 26, setzt Napata auf dem Ostufer zu Fiufen des Jebel Barkal an. Diese Lokalisierung ist die iibliche, zumal auch die grol3en Tempel dort liegen.

3 Plan des Tempels bei Reisner, G. A. und Reisner, M. B. 'Inscribed Monuments from Gebel Barkal II', ZAS 69 (I933), gegeniiber S. 76.

4 Steindorff, 'The So-called Omphalos of Napata', JEA 24 (1938), I47. 5 Griffith, 'An Omphalos from Napata', JEA 3 (I9I6), 255. 6 Zeichnung bei Steindorff, op. cit. 148, Fig. 2B. 7 Ibid. I47. 8 Griffith, op. cit. 255. 9 Steindorff, Ricke und Aubin, 'Der Orakeltempel in der Ammonsoase', ZAS 69 (I933), 23 f.

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berichtet ein Jahrhundert spater (Diodor lebte in der Mitte des i. vorchristlichen, Curtius Rufus in der Mitte des i. nachchristlichen Jahrhunderts): 'Id, quod pro deo colitur, non eandem effigiem habet, quam vulgo diis artifices accommodaverunt: umbilico maxime similis est habitus, smaragdo et gemmis coagmentatus' (iv, 25).

Woher nun Curtius Rufus Kenntnis von dem omphalosartigen Aussehen des Ammon- bildes hatte, laI3t sich nicht ausmachen. Diodor stiitzte sich in seinem Bericht iiber den Alexanderzug auf Kleitarchos von Alexandreia, der den Omphalos dann wohl nicht erwahnt; Curtius Rufus schopfte eindeutig aus Diodor oder aber aus Kleitarchos, der uns jedoch nur in Diodor erhalten ist. Es ist nun nicht ausgeschlossen, daB der Zusatz von Curtius Rufus selbst stammt und daB3 er moglicherweise die anikonische Nabelgestalt irgendeines Gottes auf Ammon ubertrug. Omphaloi als Kultsymbole waren im Mittelmeerraum ja nicht ungewohnlich.'

Wainwrightz verband den sogenannten Omphalos von Napata und den Bericht des Curtius Rufus mit der anikonischen 'Darstellung des Amun von Theben (Tafel LXVI, 3).3 Doch mutet dieses sackartige Gebilde eher wie eine roh geformte sitzende Gestalt an und hat nach dem Aussehen gar nichts mit dem sudanishen s en Fund zu tun. Die Identi- fizierung aller drei angeblichen Amundarstellungen mit Meteoriten wird von Bonnet angezweifelt.4

In seinem Artikel aus dem Jahre 1933 nahm Steindorff an,5 'da3 der in Napata in _ D nOmphalosgestalt verehrte und als Orakelgott gefeierte Amun uber

Agypten oder auf anderem Wege zur Athiopenzeit in die Am- monsoase gekommen .. .' sei. Als er jedoch einige Jahre spater im

\ B Museum zu Boston den sogenannten Omphalos zu Gesicht bekam, stellte er fest, da13 man wohl einem Irrtum erlegen war.6 Es handelte sich gar nicht um eine Gotterdarstellung, wie man nach den bisheri-

inf, c gen Abbildungen annehmen muBte, sondern offensichtlich um einen Behalter. An der Vorderseite befindet sich namlich eine Offnung von

FIG. I 0,24 m mal 0,20 m (Tafel LXVI, ia); im Innern ist eine unregel-

maBig rechteckige Aushohlung, in deren Boden eine unregelmaBige Vertiefung von un-

gefahr 0,085 m mal 0,I3 m eingelassen ist.7 Offensichtlich stand darin die Statuette eines Gottes, etwa eine der kleinen Bronzeplastiken, die bei der Ausgrabung von Kawa so zahlreich zum Vorschein kamen.8 Die neuen Fofografien zeigten au3erdem deutlich, daB3 auch noch etwas auf der Kuppel gestanden haben muB; die Bruchstelle ist klar erkennbar.

Steindorff halt das Sandsteingebilde fiir den Schrein eines Gottes, einen Naos.9 Er nimmt an, daB solche Schreine auch in Agypten den Wohnhausern oder Tempeln nachgebildet seien und verweist auf die Darstellungen bei Schaferio (Tafel LXVI, 2).

1 Wainwright, 'The Aniconic Form of Amon in the New Kingdom', Ann. Serv. 28 (1928), 184 ff.; RE xvi i1,

I, 385. 2 Wainwright, op. cit. i84 ff.; id. 'Some Aspects of Amun', JEA 20 (I934), 147. 3 Daressy, 'Une nouvelle forme d'Amon', Ann. Serv. 9 (I908), 64 ff. und Taf. I und ii. 4 Bonnet, Reallexikon der dgyptischen Religionsgeschichte (Berlin, 1952), 32. 5 Steindorff, Ricke und Aubin, op. cit. 24. 6 Steindorff, JEA 24 (1938), 147 ff. 7 Ibid. 147, Fig. IB. S Macadam, The Temnples of Kawa, II (Oxford, I955), Taf. LXXV ff. 9 Steindorff, op. cit. 150.

IO Schafer und Andrae, Die Kunst des Alten Orients (Berlin, 1925), 405.

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DER SOGENANNTE OMPHALOS VON NAPATA

Analog dazu sucht er den Vorwurf zu dem sogenannten Omphalos unter den Hausern der meroitischen Epoche und glaubt, ihn in der Darstellung auf einer Schiissel aus Karanog' zu finden:

/AI 1111 ; FIG. 2 FIG. 3 FIG. 4

Dazu sind nun einige Bemerkungen zu machen (s. Fig. 2). Wie aus der Abbildung bei Schafer hervorgeht, sind die agyptischen Schreine rechteckig mit einem leicht gew6lbten Dach, das auf das sogenannte oberagyptische Reichsheiligtum zuruckgeht.2 In der Spatzeit koinnen die Naoi auch ein pyramidenformiges Dach haben,3 doch scheinen Rundformen fur G6tterschreine bisher nicht gefunden worden zu sein. Auf den Reliefs erscheinen die Heiligtumer einiger Gotter zwar als Rundhiitten, wie z. B. die der Neith, der Krokodile im Delta oder des Min, aber es werden eben keine Naoi nach ihnen gebildet. Es mag nun eingewendet werden, daB die Meroiten, obwohl sie sonst in solchen AuBerlichkeiten stark von Agypten her beeinfluf3t waren, ihre G6tter in eine ihnen naherliegende Wohnkultur stellten. Alle bisher gefunden Tempel und alle Hauser im meroitischen Reich sind aber rechteckig angelegt.4 Die Schiissel von Karanog zeigt eine landliche Szene, in der Rinder herangetrieben, Kuhe gemolken und Milch abgeliefert wird. Es erscheint mir nun nicht wahrscheinlich, daB man einen Gott, moglicherweise sogar Amun, da der Omphalos aus seinem Tempel stammt, in die Nachbildung einer Schilfhutte der Hirten setzt.

Bevor nun die Frage nach der Bedeutung des sogenannten Omphalos weiter ver- folgt wird, soill versucht werden, ihn zu datieren. Auf den oben erwahnten Kartuschen

I Woolley und Randall-MacIver, Karanog, the Romano-Nubian Cemetery (Philadelphia, 1910), Taf. xxvii; Reinach, 'La civilisation meroitique', L'Anthropologie 24 (1913), 249; Shinnie, op. cit. i8, 19; igyptische Darstellungen nubischer Rundhuitten aus dem Neuen Reich finden sich in den Tempeln von Beit el-Wali (Roeder, Der Felsentempel von Bet el-Wali (Kairo, 1938), Taf. 29) und Derr (Blackman, The Temple of Derr (Kairo, I913), Taf. xvi, xviii).

2 Emery, Archaic Egypt (Harmondsworth, 1961), I80, Fig. 102. 3 Bonnet, op. cit. 504. 4 Shinnie, op. cit. 62 ff.; Hofmann, Die Kulturen des Niltals von Aswan bis Sennar vom Mesolithikum bis

rum Ende der christlichen Epoche (Monographien zur Vdlkerkunde, Bd. iv, Hamburg, 1967), 415 ff.

I89

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steht in einem Ring gut lesbar der Name Nb-m;rt-Rr, der als Vorname bei den meroitischen Konigen Amanitenmemide (begraben in Beg. N. I7)' und Amanikhata- shan (begraben in Beg. N. I8)2 nachgewiesen ist. In dem anderen Ring steht nach Dunham3 was Mnhnqerme gelesen werden mu13 (s. Fig. 3). Da das Zeichen ; mog- licherweise = sein k6nnte, hieBe der Konig somit auch Mnhtqerme. Dieser Konig ist bisher aber nirgends sonst belegt.4 Sieht man sich nun aber die Umzeichnung des Bildstreifens bei Steindorff5 an, dann sehen die Reste der fraglichen Zeichen folgender- maBen aus (s. Fig. 4): Der Name k6nnte vielleicht auch Mnh[b gelesen werden, wie es Leclant und Heyler6 tun. Nach der Umzeichnung sind folgende Zeichen zu identifizieren m-n-h-?-e-e-r-m-e, wobei das vierte Zeichen mglicherweise ein Widder (b) sein knnte. Das fiinfte Zeichen sieht nach der Umzeichnung (auf dem Foto ist es gar nicht zu

erkennen) ganz wie e aus und ist schwerlich als I (±), sicher aber nicht als q (A) zu identifizieren. Die letzten Zeichen werden wohl nicht mehr zum eigentlichen Namen

gehren, sondern wie auf dem Konus von Kawa7 ein Zusatz sein. Der Konigsname Mnhble, in der Literatur meist Amanikhabale genannt, ist bisher

von vier meroitischen Statten bekannt. Er findet sich auf einem kleinen Sandstein- lowen aus Basa,8 auf dem Bruchstiick einer Opferschale (?), die aus dem Amuntempel in Naqa stammen soll,9 auf dem oben erwahnten Bronzekonus aus Kawalo und auf dem Bruchstiick einer Opfertafel von Meroe."I Sie wurde auf der Treppe der Pyramide Beg. N. 3 gefunden, gehort aber wohl zu Beg. N. 2, der Pyramide, die mit groBer Wahrscheinlichkeit dem Konig Amanikhabale zuzuschreiben ist. Er regierte nach Hintze von 65-41 v. Chr., nach Dunham von 43-26 v. Chr.12 Wenn die fragliche Kartusche auf dem Omphalos tatsachlich Mnhble gelesen werden kann, dann wurde das Sandsteingebilde demnach in der zweiten Halfte des i. vorchristlichen Jahr- hunderts angefertigt oder wenigstens mit den Reliefs und den Kartuschen verziert worden sein.

Da der Gotterschrein aus Napata weder auf einheimische noch auf agyptische Vorbilder zuriickgeht, soil versucht werden herauszufinden, von welcher Kultur, mit

I Steindorff, op. cit. 149; Hintze, Studien zur meroitischen Chronologie und zu den Opfertafeln aus den Pyra- miden von Meroe (1959), 33. Er regierte nach Hintze zwischen 45 und 62 n. Chr., nach Dunham von 78-93 n. Chr.

2 Steindorff, loc. cit.; Hintze, loc. cit. Er regierte nach Hintze von 62-85 n. Chr., nach Dunham von 93-I 15 n. Chr. 3 Zt. bei Steindorff, op. cit. 150, fig. 3.

4 Vgl. die Chronologie der meroitischen Herrscher bei Shinnie, op. cit. 58 ff. 5 Steindorff, op. cit. 148, Fig. 2B.

6 Leclant und Heyler, 'Preliminaires a un repertoire d'epigraphie meroitique (REM)', Meroitic News- letter (Bulletin d'informations meroitiques), no. i, Oct. 1968, I5; sie geben jedoch keine Begrundung ihrer Schreibweise an.

7 Monneret de Villard, 'Iscrizione meroitica di Kawa', Aegyptus 17 (1937), IOI ff. 8 Griffith, Meroitic Inscriptions, Part I, S6ba to Dangel (London, 1911), 70, Inscr. 46; Hintze, op. cit. i9,

Abb. 4; id., 'Preliminary Report of the Butana Expedition, 1958', Kush 7 (1959), 178. 9 Hintze, Studien zur meroitischen Chronologie, 45.

10 Kirwan, 'Preliminary Report of the Oxford University Excavations at Kawa, 1935-6', JEA 22 (1936), 2o8, Taf. xxiii; Macadam, op. cit., Taf. cvi, a und d; Hintze, op. cit. i9, Abb. 3; Shinnie, op. cit. 49, Fig. 6.

" Hintze, op. cit. 44, Abb. 13 und Taf. ix, Abb. 49. 12 Hintze, op. cit. 33; Shinnie, op. cit. 60 f.; nach Hintze ist er der 42., nach Dunham der 45. meroitische

Herrscher.

INGE HOFMANN I90o

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PLATE LXVI

b

c d

i. Der 'Omphalos'. Boston Museum of Fine Arts. (Steindorff, JEA 24, Taf. vii)

* e ' . M_ s

Il l/ .. .' .....'....... .... .

a b 2. Kapellen fuiir Gotterbilder: a. Paris, Louvre, b. Kairo Museum

(Schafer, Kunst des Alt. Or. 405) 3. Amun-Darstellung aus Karnak.

Kairo Museum (Daressy, Ann. Serv. 9, Taf. i)

DER SOGENANNTE OMPHALOS VON NAPATA

a

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PLATE IXVII

i. Relief mit Darstellung eines Stfpa aus Amaravati. Madras Museum (Franz, Buddhistische Kunst Indiens, Abb. 231)

2. Verehrung eines Stupa. Bharhut. Prasnajit-Pfeiler, seitlicher Ansicht, oberstes Relief. Calcutta, Indian Museum. (Franz, Buddhistische Kunst Indiens, Abb.

20)

3. Stupa-Reliquiar aus Stein. Taxila Museum. (Franz, Buddhistische Kunst Indiens, Abb. I32)

DER SOGENANNTE OMPHALOS VON NAPATA

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DER SOGENANNTE OMPHALOS VON NAPATA

der das meroitische Reich um die Zeitenwende in Verbindung stand, die Rundform beeinfluf3t worden sein mag. Hier bietet sich die indische Kultur mit ihren Stilpas an. 'Stuipa' bedeutet urspriinglich 'Haarknoten' und wandelt sich iiber 'Scheitel' und 'Gipfel' zu 'Hiigel'. Es wurde damit das in prahistorische Zeiten zuriickgehende, halbkugelige Tumulusgrab eines Fiirsten bezeichnet.' Der aus Steinen massiv errich- tete Rundbau enthielt eine Grabkammer fur die Asche oder die Gebeine. Wahr- scheinlich wurde ein Stupa auch iiber den sterblichen Resten des historischen Buddha errichtet. Der Stiipa war jedoch nicht allein Grabmal, sondern gait auch schon friih als Gedenkmonument; beide Formen wurden vom Buddhismus ubernommen und in den Mittelpunkt seiner Sakralkunst gestellt. Doch erst unter dem Maurya-Herrscher Asoka (274/3-236 v. Chr.) wurden Grab- und Reliquienmal ins Monumentale ge- steigert.

Die alteste Form des Stupa ist eine halbkugelige Steinkuppel, die direkt auf dem Boden aufliegt; spater, aber noch in vorchristlicher Zeit, wird sie auf einen niedrigen, vorspringenden zylindrischen Sockel gesetzt.2 Der Sockelring dient als Prozessions-

pfad. Eine weitere Stufe von dem in sich ruhenden Grabbau fort zu einem Richtungsbau ist die Streckung der Halbkugel durch einen Zylinder als Unterbau.3 Besonders deutlich zeigt sich diese neue Form der zylindrisch gestreckten Bauten in den Minia-

turstupas. Bei den Zwergstupas sind zwei Typen zu unterscheiden: die Reliquiar- stupas und die Votivstipas. In vielen Stiipas wurden an verschiedenen Stellen des massiven Bauwerks, meist, aber durchaus nicht immer, in der Mittelachse, Reliquien- behalter gefunden. Die Reliquien, die 'Samen' im 'SchoB' des Stiipa, wurden meist in winzigen Behalter aus kostbarem Material aufbewahrt; diese wiederum wurden von mehreren anderen, nach auBen immer weniger kostbaren, Behaltern umschlossen.4 Die Behalter haben oft selber die Form eines Stipa.5 Franz weist darauf hin, daB die

Reliquienbehalter, aus Stein oder Metall gearbeitet, 20-40 cm. hoch und meist innen hohl waren.6 Wie bei den groBen Stuipas, so gab es auch bei ihren kleinen Nach-

bildungen keinerlei Zugang zu der innen befindlichen Reliquie. Reliquiarstupas wurden auch in Kapellen und Klostern aufgestellt. Der Votivstupa ist monolithisch und etwas groBer als der Reliquienbehalter.7

Die Kuppel jedes Stipa wurde gekront von einem umzaunten Quadrat (Harmika), iiber dem sich ein Schirm (Chatra) als Wirdezeichen erhob. Die Harmika wurde im Laufe der Zeit kiinstvoller ausgeschmiickt und die Anzahl der Schirme vermehrt.8

I Seckel, D., Kunst des Buddhismus (Kunst der Welt) (Baden-Baden, 1962), 99; Franz, H. G., Buddhistische Kunst Indiens. Der indische Kunstkreis in Gesamtschau und Einzeldarstellungen (Leipzig, I965), 17 und Taf. i mit einem Grab aus Brahamagiri.

2 Vgl. einen Stfpa aus Sanchi bei Combaz, G., 'L'evolution du stGpa en Asie', Melanges chinois et boud-

dhiques, 2 (1932/3), 210, Fig. 20, und Franz, op. cit., Taf. 39. 3 Franz, 'Ein unbekannter Stupa der Sammlung Gai und die Entwicklung des Stupa im Gebiet des alten

Gandhara', ZDMG I09 (NF 34) (I959), I33. 4 Seckel, op. cit. 101 f. s Ibid. I02; Franz, ZDMG I09 (NF 34) (I959), I3I, 135, I44- 6 Franz, op. cit. 131, 135. 7 Franz, op. cit. I31; die H6he des Votivstupa aus der Sammlung Gai betrigt 52 cm. 8 Seckel, op. cit. Ioi.

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Die gestreckten zylindrischen Stiipas sind friihestens im i. vorchristlichen Jahr- hundert nachzuweisen;' im i. und 2. Jahrhundert n. Chr. entstanden unter iranisch- westasiatischen Einfluissen quadratische Sockel und Reliefschmuck im nordwestlichen Indien, wahrend Sudindien den runden Sockel beibehielt.2

Vergleicht man den sogenannten Omphalos von Napata mit einem Votivstupa (Tafel LXVII, 3) oder mit dem Relief eines Stiipa (Tafel LXVII, i, 2), so erkennt man die gro3e Ahnlichkeit, die zwischen dem sudanischen Fund und einem indischen

Miniaturstupa besteht. Die Bruchstelle auf der Kuppel des 'Omphalos' weist auf

weggebrochene Harmika und Schirme hin. Auch die friesartige Flachengliederung beider Exemplare (besonders Tafel LXVII, i) unterstreicht die Ahnlichkeit.

Es erhebt sich nun die Frage, wie die Idee i einer Stpanachbildung in das mero- itische Reich gelangte. Die zeitliche Einordnung erscheint nicht so schwierig: der so-

genannte Omphalos von Napata ist, wie oben dargelegt, wahrscheinlich in die Mitte oder 2. Halfte des I. vorchristlichen Jahrhunderts zu datieren. Das stimmt zeitlich mit dem Aufkommen gestreckter zylindrischer Stipas in Indien im i. Jahrhundert v. Chr. uberein. Die Handelsbeziehungen zwischen dem meroitischen Reich iber Abessinien und Sdarabien nach Indien waren nach Iwohl noch intensiver, als man bisher angenom- men hat.3 Ob nun ein meroitischer Kinstler in Indien Stuipas gesehen hat und den Gedanken eines Relinquienbehalters in einen Gotterschrein umwandelte oder ob ein Inder im meroitischen Reich ein ihm vertrautes Kultobjekt in ein neues religioses Gewand kleidete, ist nicht zu entscheiden; beide Moglichkeiten scheinen mir aber nicht recht wahrscheinlich. Im 5. und . Jahrhundert n. Chr. brachten chinesische Pilger- monche Modelle beriihmter indischer Stuipas von Indien mit nach China, um sie dort nachzubauen.4 Es ist nun m6glich, daB analog zu dem chinesischen Beispiel ein Miniaturstupa, etwa in der Art der unverzierten Votivgabe aus dem Museum in Taxila (Tafel LXVII, 3), in den Sudan gelangte, nur hier wohl auf dem Handelsweg. In den monolithischen Votivstuipa wurde zur Aufnahme einer G6tterstatuette eine

Aush6hlung geschlagen. Tafel LXVI, Ia zeigt deutlich, daB dabei nicht allzu sorgsam zu Werke gegangen wurde. AnschlieBend wurde der 'Omphalos' mit Reliefs der mero- itischen religiosen Vorstellungen verziert, und zwar so, da13 zu beiden Seiten des

Einganges der Konig mit erhobenen Armen die G6tterstatuette in ihrem Behalter verehrte. Ein Stupa eignet sich insofern gut zu einem Gotterschrein, als er ja auch ein Reliquienbehalter sein konnte, beide also Kultobjekte waren.

Doch kann erst eine geologische Untersuchung klaren, ob es sich bei dem Material des sogenannten Omphalos aus Napata um nubischen oder auslandischen Sandstein handelt. Ebensogut kann ja der Fund vom Jebel Barkal einem echten indischen

Stuipa nachgebildet worden sein.

I Franz, op. cit. 138. 2 Franz, op. cit. 136, 146. 3 Hofmann, 'Die historische Bedeutung der Niltalkulturen zwischen Aswfn und Sennar', Saeculum 19

Heft 2-3 (1968), I28, Abb. 24, 27. 4 Franz, 'Pagode, Stupa, Turmtempel' in Kunst des Ostens, Bd. 3 (1959), I5.

INGE HOFMANN I92

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