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Der Speyerer Dom und seine Bedeutung als zentrale Grablege des abendländischen Kaisertums im Zusammenhang mit den Beisetzungen während des 12. Jahrhunderts Von Hartmut Jericke Es kommt nicht allzu häufig vor, daß Fachkollegen öffentlich einräumen, eine sich zu eigen gemachte Überzeugung aufgrund neuer und besserer Erkenntnisse wieder preisgeben zu müssen. Um so mehr verdient ein derartiges Bekenntnis Respekt, insbesondere dann, wenn die Forschung an dieser neuen Sichtweise teilhaben kann. Konkret geht es um den Stellenwert des Speyerer Domes als kaiserliche Grablege für die Staufer bzw. um die Überlegung, ob sich der Speyerer Dom nach dem Aussterben des salischen Herrscherhauses „zu einer Kirche der Könige des Reiches schlechthin wandelte.“ Odilo Engels, der diese Frage für die Stauferzeit seinerzeit im Jahr 1980 noch bejaht hatte 1 , kam 15 Jahre später zu einer völlig gegensätzlichen Bewertung. Was Speyer - und insbesondere die dortige Grablege - betreffe „könnte man nun meinen, sie habe als Repräsentanz des Reiches unter den Saliern einen glänzenden Aufstieg erlebt, um anschließend für längere Zeit nur noch Erinnerung an eine vergangene Dynastie zu sein“ 2 . Bei den Staufern zeige die Grablege „sofern sie Ausdruck der Zusammengehörigkeit eines Adelshauses ist, im 12. Jahrhundert eine nur unzureichende Kontinuität“ 3 . So habe Konrad III. nicht in Speyer, sondern im Kloster Lorch, in proprio fundo, bestattet werden wollen 4 , und auch die Beisetzung der Kaiserin Beatrix in Speyer „scheint auf eigenen Wunsch“ erfolgt zu sein 5 . Darüber hinaus sei „von einem Wunsch Barbarossas, in Speyer beigesetzt zu werden“ 6 nichts bekannt, und auch „die nächsten Stauferkaiser, Heinrich VI. und Friedrich II., dachten nicht an Speyer als ihre Grabstätte, sondern ließen sich in dieser Hinsicht in die Tradition der normannischen Hauteville einbinden“ 7 . Nun kann an der Tatsache nicht gerüttelt werden, daß außer der Kaiserin Beatrix, ihrer frühverstorbenen Tochter Agnes und - nach der Umbettung von 1213 - des jüngsten Sohnes der Kaiserin, König Philipp von Schwaben, keine weiteren Personen aus dem staufischen Herrscherhaus im Königschor des Speyerer Doms beigesetzt wurden. Die insgesamt doch sehr spärliche Überlieferung hinsichtlich dieser keineswegs unbedeutenden Fragestellung nach dem tatsächlichen oder zu vermutenden Stellenwert der Speyerer Grablege für das staufische Herrschergeschlecht läßt in jedem Fall einen großen Spielraum für Interpretationen oder Vermutungen zu 8 . Das wird man bei einer Annäherung an dieses Problemfeld auch stets 1 Odilo Engels , Der Dom zu Speyer im Spiegel des salischen und staufischen Selbstverständnisses, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 32 (1980) S. 27-40, dort insbesondere S. 32. 2 Odilo Engels , Die kaiserliche Grablege im Speyerer Dom und die Staufer, in: Papstgeschichte und Landesgeschichte, Festschrift für Hermann Jakobs zum 65. Geburtstag, Köln/Weimar/Wien 1995 S. 227-254, dort S. 251. 3 Engels , Grablege (wie Anm. 2) S. 231; an dieser Meinung hält Engels bis heute fest. Siehe dazu jetzt Odilo Engels , Die Königsgräber der nachsalischen Zeit, in: Caspar Ehlers /Helmut Flachenecker (Hg.), Geistliche Zentralorte zwischen Liturgie und Architektur, Gottes- und Herrscherlob: Limburg und Speyer, Göttingen 2005 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 11/6) S. 175-181, dort S. 180, wonach „die Grablege im Speyrer Dom den Anschein, aber auch nur den Anschein einer kollektiven Grabstätte der Herrscher des Reiches schlechthin besaß“. 4 Engels , Grablege (wie Anm. 2) S. 231f. 5 Engels , Grablege (wie Anm. 2) S. 239. 6 Engels , Grablege (wie Anm. 2) S. 241. 7 Ebenda. 8 Dazu mit wichtigen Erkenntnissen Caspar Ehlers , Metropolis Germaniae - Studien zur Bedeutung

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  • Der Speyerer Dom und seine Bedeutung als zentrale Grablege desabendländischen Kaisertums im Zusammenhang mit den Beisetzungen

    während des 12. Jahrhunderts

    VonHartmut Jericke

    Es kommt nicht allzu häufig vor, daß Fachkollegen öffentlich einräumen, eine sich zu eigen gemachte Überzeugung aufgrund neuer und besserer Erkenntnisse wieder preisgeben zu müssen. Um so mehr verdient ein derartiges Bekenntnis Respekt, insbesondere dann, wenn die Forschung an dieser neuen Sichtweise teilhaben kann. Konkret geht es um den Stellenwertdes Speyerer Domes als kaiserliche Grablege für die Staufer bzw. um die Überlegung, ob sich der Speyerer Dom nach dem Aussterben des salischen Herrscherhauses „zu einer Kirche der Könige des Reiches schlechthin wandelte.“ Odilo Engels, der diese Frage für die Stauferzeit seinerzeit im Jahr 1980 noch bejaht hatte1, kam 15 Jahre später zu einer völlig gegensätzlichen Bewertung. Was Speyer - und insbesondere die dortige Grablege - betreffe „könnte man nun meinen, sie habe als Repräsentanz des Reiches unter den Saliern einen glänzenden Aufstieg erlebt, um anschließend für längere Zeit nur noch Erinnerung an eine vergangene Dynastie zu sein“2. Bei den Staufern zeige die Grablege „sofern sie Ausdruck der Zusammengehörigkeit eines Adelshauses ist, im 12. Jahrhundert eine nur unzureichende Kontinuität“3. So habe Konrad III. nicht in Speyer, sondern im Kloster Lorch, in proprio fundo, bestattet werden wollen4, und auch die Beisetzung der Kaiserin Beatrix in Speyer „scheint auf eigenen Wunsch“ erfolgt zu sein5. Darüber hinaus sei „von einem Wunsch Barbarossas, in Speyer beigesetzt zu werden“6 nichts bekannt, und auch „die nächsten Stauferkaiser, Heinrich VI. und Friedrich II., dachten nicht an Speyer als ihre Grabstätte, sondern ließen sich in dieser Hinsicht in die Tradition der normannischen Hauteville einbinden“7.Nun kann an der Tatsache nicht gerüttelt werden, daß außer der Kaiserin Beatrix, ihrer frühverstorbenen Tochter Agnes und - nach der Umbettung von 1213 - des jüngsten Sohnes der Kaiserin, König Philipp von Schwaben, keine weiteren Personen aus dem staufischen Herrscherhaus im Königschor des Speyerer Doms beigesetzt wurden. Die insgesamt doch sehr spärliche Überlieferung hinsichtlich dieser keineswegs unbedeutenden Fragestellung nach dem tatsächlichen oder zu vermutenden Stellenwert der Speyerer Grablege für das staufische Herrschergeschlecht läßt in jedem Fall einen großen Spielraum für Interpretationen oder Vermutungen zu8. Das wird man bei einer Annäherung an dieses Problemfeld auch stets 1 Odilo E n g e l s , Der Dom zu Speyer im Spiegel des salischen und staufischen Selbstverständnisses, in:

    Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 32 (1980) S. 27-40, dort insbesondere S. 32.2 Odilo E n g e l s , Die kaiserliche Grablege im Speyerer Dom und die Staufer, in: Papstgeschichte und

    Landesgeschichte, Festschrift für Hermann Jakobs zum 65. Geburtstag, Köln/Weimar/Wien 1995 S. 227-254,dort S. 251.

    3 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 231; an dieser Meinung hält Engels bis heute fest. Siehe dazu jetzt Odilo E n g e l s , Die Königsgräber der nachsalischen Zeit, in: Caspar E h l e r s /Helmut F l a c h e n e c k e r (Hg.), Geistliche Zentralorte zwischen Liturgie und Architektur, Gottes- und Herrscherlob: Limburg und Speyer, Göttingen 2005 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 11/6) S. 175-181, dort S. 180, wonach „die Grablege im Speyrer Dom den Anschein, aber auch nur den Anschein einer kollektiven Grabstätte der Herrscher des Reiches schlechthin besaß“.

    4 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 231f.5 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 239.6 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 241.7 Ebenda.8 Dazu mit wichtigen Erkenntnissen Caspar E h l e r s , Metropolis Germaniae - Studien zur Bedeutung

  • im Auge behalten müssen. Ob und inwiefern dabei jene Schlußfolgerungen, die Odilo Engels, aber auch andere Bearbeiter dieser Thematik, gezogen haben, bestätigt werden können, oder ob diese möglicherweise weiterer Untersuchungen bedürfen, soll durch die folgende Abhandlung hinterfragt werden.Als am 7. August 1111, dem fünften Todestag Heinrichs IV., der Sarkophag mit den Gebeinen des Kaisers feierlich, mit allen Ehren und unter Abhaltung der gottesdienstlichen Handlungen unmittelbar neben dem Sarkophag seines Vaters Heinrich III. in geweihter Erde beigesetzt wurde9, da war dem Wunsch des verstorbenen Herrschers endlich Genüge getan worden, dereinst an der Seite seiner Vorfahren im Dom zu Speyer zur ewigen Ruhe bestattet zu werden10. Seit dem Spätsommer 1106 war der Sarg mit dem Leichnam des in Lüttich verstorbenen und von dort nach Speyer überführten exkommunizierten Kaisers in der damals noch nicht geweihten Kapelle der heiligen Afra11 an der Nordseite des Doms abgestellt gewesen12. Erst in jenem Jahr 1111 hatte Heinrich V. in Italien dem damaligen Papst Paschalis II. das Einverständnis für die kirchliche Bestattung der sterblichen Überreste seines Vaters abgetrotzt13. Mit der Beisetzung Heinrichs IV. endeten die Bestattungen in der sogenannten ‚Kaiserreihe‘ vor dem Kreuzaltar im Chor des Speyerer Doms. Die dort vorhandenen fünf Sarkophage aus Sandstein ruhten nunmehr unter einer durchschnittlich etwa 70-80 cm hohen Gußmörtelschicht innerhalb einer umrandeten Bruchsteinaufmauerung, die zunächst nur die drei ältesten, mittleren Gräber umfaßt hatte. Nach der Beisetzung Heinrichs IV. wurde diese Aufmauerung aber auf die beiden anderen Gräber ausgedehnt14, so daß ein einheitlicher Grabblock entstand, der vermutlich mit Steinplatten abgedeckt war15. Neben dem Stifterpaar, Kaiser Konrad II. und seiner Gemahlin Kaiserin Gisela, lagen in dieser Reihe deren Sohn, Kaiser Heinrich III., Kaiserin Bertha, die erste Frau Heinrichs IV. und seit 1111 nun auch Kaiser Heinrich IV. selbst16. Zwei Kaiserinnen des salischen Herrscherhauses, die vor

    Speyers für das Königtum (751-1250), Göttingen 1996 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte Bd. 125) S. 166ff.

    9 Egon B o s h o f , Die Salier, Stuttgart 1987 S. 265; E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 121f.10 Zur Bedeutung des Speyerer Doms für die salischen Kaiser Stefan W e i n f u r t e r , Herrschaftslegitimation und

    Königsautorität im Wandel - Die Salier und ihr Dom zu Speyer, in: Die Salier und das Reich Bd. 1, Sigmaringen 1991 S. 55-96, dort bes. S. 56 und S. 73ff.; wie die Hildesheimer Annalen melden, war es der ausdrückliche Wunschdes Kaisers gewesen, an der Seite seiner Vorfahren im Dom zu Speyer bestattet zu werden (MGH SS III S. 111: et rogans (Henricus IV.) eum (Henricum V.) etiam Spire iuxta parentes suos sepelire). Daß Heinrich IV. jemals ernsthaft beabsichtigt haben könnte, in der Burgkirche der Harzburg eine neue Grablege der salischen Herrscher anzulegen, halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Anders E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) 251f., der nicht genauzwischen einer Grablege der königlichen Familie und der Grablege des kaiserlichen Herrschers unterscheidet, und dessen Schlußfolgerungen somit des Konjunktivs bedürfen. Dagegen weist E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 100 nachdrücklich darauf hin: „In diesen Grablegen (auf der Harzburg H.J.) gleichwohl die Absicht Heinrichs IV. erkennen zu wollen, anstelle der salischen Grablege in Speyer eine neue im Harz einzurichten, überfordert die Quellen.“ Und an anderer Stelle (S. 117): „Vor allem das frühe Scheitern Heinrichs IV. in Sachsen läßt keine Spekulationen über eine neue Grablege außerhalb Speyers zu, denn die Bestattung von nicht regierenden Familienangehörigen hat eine andere Qualität.“ Siehe auch W e i n f u r t e r , Herrschaftslegitimation (wie Anm. 10) S. 86 und unten S. XX.

    11 Gotfried von Viterbo, MGH SS XXII S. 253.12 Weitere Quellenangaben bei Hans Erich K u b a c h /Walter H a a s , Der Dom zu Speyer, 3 Bde., Berlin 1972 (=

    Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz Bd. 5) Textband S. 34ff. und allgemein Hans Erich K u b a c h , Der Domzu Speyer, Darmstadt³ 1988.

    13 B o s h o f , Salier (wie Anm. 9) S. 279; E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 121.14 Den Sarkophag Heinrichs IV. ganz außen links und jenen von dessen erster Gattin Bertha ganz außen rechts

    betreffend.15 Hermann G r a u e r t , Die Kaisergräber im Dome zu Speyer, in: Sitzungsberichte der phil.hist. Klasse der kgl.

    bayr. Akademie der Wissenschaften, München 1901 S. 539-617, dort S. 551 und S. 553. Auf diese Bauarbeiten ist zurückzuführen, daß nur fünf Gräber in dieser Reihe angelegt sind, obwohl zumindest theoretisch noch genügend Platz im Bodenbereich des Chores zur Verfügung gestanden hätte, um noch ein oder zwei weitere Gräber in dieser Reihe anzulegen.

    16 Zur Anordnung dieser Gräber G r a u e r t , Kaisergräber (wie Anm. 15) S. 549ff.; K u b a c h /H a a s , Dom (wieAnm. 12) Tafelband, dort Tafel 112.

  • 1111 starben, wurden nicht in Speyer beigesetzt: Agnes17, die Gattin Heinrichs III., starb 1077 in Rom und wurde dort auch beerdigt. Adelheid oder Praxedis bzw. Eupraxia, die zweite Frau Heinrichs IV., soll im Höhlenkloster von Kiew bestattet worden sein, nachdem sie in ihre russische Heimat zurückgekehrt und im Jahr 1109 gestorben war18. Im westlichen Chorbereich des Domes wurden während des Mittelalters auch fünf Bischöfe bestattet. Bei der hier interessierenden Fragestellung ist die Geschichte dieser Gräber jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Aufsatzes.Im Zusammenhang mit der Beisetzung Heinrichs V. 1125 fanden im Bereich des Chores im Speyerer Dom wiederum umfangreiche Bauarbeiten statt, wobei das Bodenniveau erneut beträchtlich erhöht wurde. Der vermauerte Grabblock der vorhandenen Kaisergräber wurde dabei mit einer Erdschicht von etwa 80 cm Stärke bedeckt19. Die fünf Sarkophage lagen nach diesen Arbeiten zum Teil fast 2 m unter dieser Aufschüttung und der darunter befindlichen Aufmauerung verborgen. Diesem Umstand ist es letztendlich allein zu verdanken, daß die Gräber der älteren salischen Herrscher im Jahr 1689 während des Pfälzischen Erbfolgekrieges trotz des Einsatzes von mindestens einem Minenbohrer20 nicht ebenfalls aufgebrochen und geplündert wurden, so wie es mit dem Sarkophag Heinrichs V. und mit den meisten der jüngeren Herrschergräber aus der Königsreihe geschah.Als Kaiser Heinrich V. am 23. Mai 1125 im friesischen Utrecht starb ohne legitime Leibeserben hinterlassen zu haben, erlosch mit ihm das im Reich bis dahin regierende salische Herrscherhaus. An der Seite seiner Vorfahren sollte der Kaiser in Speyer beigesetzt werden21. Am Sterbeort wurde der Leichnam Heinrichs deshalb geöffnet und für die Überführung einbalsamiert22. Man entnahm dabei die inneren Organe, die kurz darauf in der St. Martinskirche von Utrecht neben jenen seines Urgroßvaters Konrad II. beigesetzt wurden. Der Leichnam wurde dagegen auf ein Schiff gebracht und auf dem Rhein nach Speyer überführt23. Durch die im Jahre 1111 erfolgte Neugestaltung des Bodenbereichs im Chor des Doms war jedoch die Lage der älteren Kaisergräber nicht mehr erkennbar. Dies könnte der Grund dafür sein, warum das Grab für Heinrich V. nicht exakt an der alten Gräberreihe ausgerichtet wurde. Der schwere, einfach behauene Sarkophag aus rotem Sandstein wurde damals linksseitig über dem Sarkophag Heinrichs IV. in die aufgeschüttete Erdschicht unter dem Fußboden des Chores eingelassen. Allerdings stand er leicht nach rechts versetzt und war dabei auch noch etwas nach links verdreht, so daß er gleichermaßen den Zwischenraum der beiden darunter befindlichen Särge Heinrichs IV. und Heinrichs III. mit überdeckte, die wiederum von Heinrichs V. eigenem Sarg jeweils zu einem kleinen Teil abgedeckt wurden24. Obwohl die Beisetzung Heinrichs V. zeigte, daß die Möglichkeit durchaus bestand, über der bestehenden alten Gräberreihe noch eine zweite Reihe von Gräbern anzulegen, blieb die Bestattung des letzten Saliers über den Grabstellen seiner Vorfahren ohne Fortsetzung. Über die Gründe hierfürkann nur spekuliert werden, dürfte aber mit der Anordnung und der Aufschrift der Grabplatten25, insbesondere aber mit dem Erlöschen der salischen Dynastie überhaupt zusammenhängen. Möglicherweise sollte damit augenscheinlich gemacht werden, daß über und neben den salischen 17 : Marie Luise B u l s t - T h i e l e , Agnes, in: Lexikon des Mittelalters I, Taschenbuch-Ausgabe (2002) Sp. 212;

    zur Biographie der Agnes von Poitou: Marie Luise B u l s t - T h i e l e , Kaiserin Agnes, Leipzig/Berlin 1933, Nachdruck Hildesheim 1972 (= Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters und der Renaissance).

    18 Theodor S c h i e f f e r , Adelheid, in: Lexikon des Mittelalters I, Taschenbuch-Ausgabe (2002) Sp. 146.19 G r a u e r t , Kaisergräber (wie Anm. 15) S. 554f.; Fritz K l o t z , Speyer - Kleine Stadtgeschichte (= Beiträge zur

    Speyerer Stadtgeschichte Heft 2,4) erweiterte Auflage (1988) S. 22ff.20 G r a u e r t , Kaisergräber (wie Anm. 15) S. 560f.21 E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 124ff.22 Ekkehardi Chronicon Universale, MGH SS VI S. 264; weitere Quellenangaben bei K u b a c h /H a a s , Dom (wie

    Anm. 12) Textband S. 38f.23 Otto von Freising, Gesta Frederici seu Cronica, in: Franz-Josef S c h m a l e (Hg.), Ausgewählte Quellen zur

    deutschen Geschichte des Mittelalters Bd. XVII, Darmstadt³ 1986, S. 82-S. 391, dort I,15 S. 156: sepultisque ibidem(Traiectum) interioribus, per ripam Rheni ad superiora deportatus in civitate Spira patribus suis appositus est; Annales Rodenses, MGH SS XVI S. 706: Defunctus est Heinricus Romanorum augustus huius nominis quintus aputTrajectum. Inferius et eviscerato corpore Spiram est asportatus.

    24 K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Tafelband, dort Tafel 112.25 G r a u e r t , Kaisergräber (wie Anm. 15) S. 562ff. und S. 612.

  • Kaisern kein verstorbener Herrscher eines anderen Geschlechts beigesetzt werden sollte. Auch Mathilde, Heinrichs V. junge Witwe, wurde später nicht mehr in Speyer bestattet. Bald nach dem Tod des Kaisers hatte sie Deutschland für immer verlassen und war an den königlichen Hof ihrer Eltern nach England zurückgekehrt. Durch ihre Ehe mit Gottfried von Anjou wurde sie die Stammutter der künftigen englischen Könige. Nach ihrem Tod im Jahr 1167 wurde ihr Leichnam in der Abteikirche Bec-Hellouin in der Normandie beigesetzt26. Als unter der Regierung Friedrich Barbarossas die Beisetzungen im Dom zu Speyer später wieder aufgenommen wurden, begann man jedenfalls damit, eine neue Grabreihe westlich bzw. vor den Gräbern der salischen Kaiser anzulegen.In Speyer ruhten nun sämtliche Kaiser aus dem salischen Haus sowie zwei ihrer Gemahlinnen. Doch obwohl mit Ausnahme des höchstwahrscheinlich zeugungsunfähigen Heinrich V. alle salischen Herrscher neben dem jeweiligen Thronfolger auch noch weitere Kinder beiderlei Geschlechts gehabt hatten, wurde während der gesamten salischen Epoche im Reich kein einziger dieser Nachkommen je im Königschor des Kaiserdoms bestattet27. Auf diesen Tatbestand wird noch zurückzukommen sein. Der Chor des Mariendoms, so bleibt festzuhalten, blieb als Grablege ausschließlich den Kaisern und gegebenenfalls noch deren Gattinnen vorbehalten. Über den salischen Kaisergräbern wurden irgendwann nach der Beisetzung Heinrichs V. dann sechs Marmorplatten angebracht, auf denen die Namen und Todestage der Verstorbenen zu lesen waren28. Viel später erst wurde ein tumbenförmiges Grabmal errichtet, auf dem eine schlicht gehaltene Inschriftenplatte an die vier salischen Herrscher und die zwei Kaiserinnen erinnerte, die an diesem Ort ihre letzte Ruhe gefunden hatten. Entgegen dem Wunsch Heinrichs V. gelang es 1125 bekanntlich nicht, die deutsche Königskrone auf seinen älteren Neffen, den Stauferherzog Friedrich II., zu übertragen29. Vielmehr gelangte sie an den sächsischen Herzog Lothar von Supplinburg30. Anders als später die staufischen Herrscher konnte Lothar jedoch nicht an eine familiäre Traditionslinie mit den Saliern anknüpfen und tat es auch nicht. Vielmehr sah er in seinem Königtum den Übergang auf eine neue Herrscherdynastie, welche durch die Ehe seiner einzigen Tochter Gertrud mit Herzog Heinrich dem Stolzen von Bayern nach seinem Ableben auf dessen Geschlecht, die Welfen, übertragen und fortgesetzt werden sollte. Dies zeigte sich nicht zuletzt auch an der Wahl eines neuen Bestattungsortes. Als Herrschergrablege wurde der Speyerer Dom nun aufgegeben31. Diese Entscheidung bewirkte einen doppelten Bruch. Denn damit wurde nicht nur eine inzwischen nahezu einhundertjährige Beisetzungstradition der deutschen Könige und römischen Kaiser unterbrochen, sondern die Stadt Speyer auch als ein, wenn nicht gar als d a s eigentliche künftige Zentrum im Regnum Teutonicum aufgegeben32. Bald schon nach Lothars Krönung zum Kaiser 1133 wurden die Schritte für die

    26 Karl S c h n i t h , Mathilde, in: Lexikon des Mittelalters VI, Taschenbuch-Ausgabe (2002) Sp. 392.27 Eine möglicherweise 1076 frühverstorbene Tochter Kaiser Heinrichs IV. mit Namen Adelheid, derer man

    ausweislich eines der Nekrologe des Speyerer Domstifts am 4. Juni gedachte, war wohl im Speyerer Dom beigesetztworden, allerdings nicht im Königschor, sondern in Spirensi cripta (DHIV. Nr. 466). Dazu auch Wolfgang M e t z , Das älteste Nekrolog des Speyerer Domstifts, in: Archiv für Diplomatik 29 (1983) S. 193-208, dort S. 198f.; vgl. auch dort S. 202f.; Peter A u f g e b a u e r , Der tote König, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 45 (1994) S. 680-693, dort S. 688; Karl S c h m i d , Die Sorge der Salier um ihre Memoria, in: Memoria - Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter, München 1984 S. 666-726, dort S. 677 mit Anm. 66; E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 104ff.

    28 G r a u e r t , Kaisergräber (wie Anm. 15) S. 562ff. und S. 592ff.; K l o t z , Speyer (wie Anm. 19) S. 22ff.29 Zum Vater Kaiser Friedrichs Barbarossa jüngst umfassend Hansmartin S c h w a r z m a i e r , Pater imperatoris,

    Herzog Friedrich II. von Schwaben, der gescheiterte König, in: Mediaevalia Augiensia (= Vorträge und Forschungen54), Stuttgart 2001 S. 247-284.

    30 Noch immer unverzichtbar ist Wilhelm B e r n h a r d i , Lothar von Supplinburg, (Jahrbücher der deutschen Geschichte Bd. 15), Leipzig 1879.

    31 Mit Recht schreibt E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 229, daß die Beisetzung Lothars im Speyerer Dom ansonsten eine Frage der Selbstachtung gewesen wäre.

    32 Welche herausragende Bedeutung die salischen Kaiser der Stadt Speyer und dem dortigen Dom zugedacht zu habenscheinen, erschließt sich nun auch durch die Ergebnisse der Stadtvermessung, die eine genau durchdachte Planung belegen, ausgehend von der Vierung des Domes und damit direkt von der ursprünglichen Stelle des Stiftergrabs in der Mitte des Königschores: Klaus H u m p e r t /Martin S c h e n k : Entdeckung der mittelalterlichen

  • Ausgestaltung einer neuen Herrschergrablege vollzogen.Das im Besitz des Kaisers befindliche Kanonissenstift in Lutter33, dem heutigen Königslutter, keine zehn Kilometer westlich von Süpplingenburg gelegen, wurde 1135 in ein Benediktiner-Kloster umgewandelt oder besser rückumgewandelt, denn das Kanonissenstift war ehemals selbst aus einemBenediktiner-Kloster hervorgegangen. Vögte des neuen Klosters wurden 1135 die Welfen. Die alte Petrus-Stiftskirche sollte nach dem Willen Kaiser Lothars durch einen ansprechenden, ja anspruchsvollen Kirchenneubau34 ersetzt werden, der den möglicherweise durchaus programmatischzu verstehenden Namen St. Peter und Paul erhielt. Dieser Kirchenbau sollte nicht nur der Repräsentation des neuen lotharingisch-welfischen König- bzw. Kaisertums dienen, sondern auch die neue zentrale Grablege des Kaiserpaares und wahrscheinlich auch seiner potentiellen welfischenNachfolger werden35. Noch im Jahr 1135 wurde mit der Errichtung von Chor, Vierung und Querhaus des Kirchenneubaus begonnen. Kaiser Lothar starb nun allerdings während der Heimkehr von seinem zweiten Italienzug am 4. Dezember 1137 in Breitenwang bei Reutte im heutigen Tirol36. Der Leichnam des Kaisers sollte - Lothars Wunsch entsprechend - in den Neubau der Stiftskirche nach Lutter überführt werden. Vermutlich standen jedoch die erforderlichen Personen oder Mittel für eine Einbalsamierung des Leichnams in dieser ländlichen Bergregion nicht zur Verfügung. Man behalf sich auf eine spektakuläre Weise. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde die Leiche eines verstorbenen deutschen Herrschers abgekocht, um das verderbliche Fleisch von den Knochen zu lösen37. An einerunbekannt gebliebenen Stätte dürften die fleischlichen Überreste zusammen mit oder auch getrennt von den inneren Organen wenig später bestattet worden sein. Die Gebeine Lothars dagegen wurden von seinem Schwiegersohn Heinrich dem Stolzen nach Lutter überführt. Am 31. Dezember 1137 wurden die Überreste des Kaisers inmitten einer Baustelle im Langhaus der alten Kirche und räumlich somit vor dem im Bau befindlichen neuen Chor bestattet38. Die Bauarbeiten am neuen Langhaus hatten bis zu diesem Zeitpunkt dagegen überhaupt noch nicht begonnen. Während die Arbeiten am Chor der Kirche auch nach der Beisetzung des Kaisers zunächst noch weitergingen, starb kaum zwei Jahre später, im Oktober 1139, Herzog Heinrich der Stolze. Wiederum zwei Jahre darauf, verschied im Jahr 1141 auch die Kaiserinwitwe Richenza. An der Seite Lothars fanden beide ihre Ruhestätte in dem unfertigen Kirchenneubau. Infolge des 1138

    Stadtplanung - Das Ende vom Mythos der „gewachsenen Stadt“, Stuttgart 2001, dort insbesondere S. 150-171 und S. 271-274. Möglicherweise handelte es sich bei Speyer um die „erste große Neuanlage einer Planstadt nördlich der Alpen seit der Römerzeit.“ (Ebenda S. 150) Die in vieler Hinsicht überraschenden Ergebnisse der Vermessung lassen sogar darauf schließen, daß Kaiser Konrad II. in Speyer weit mehr beabsichtigt haben könnte als die Errichtung des Domes als signifikantes, ja programmatisches Zeichen und kaiserliche Grablege. Vielmehr scheint die Planung von Dom und Stadt zeitgleich entwickelt worden zu sein, mit dem Ziel, „zugleich die Hauptstadt seines Reiches zu errichten.“ (Ebenda S. 151) Daß Speyer später auch unter den Staufern immer eine besondere Bedeutunghatte, belegt u.a. die Deutsche Kaiserchronik (MGH Dt. Chron. I,1 S. 389), die noch in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts von Speyer als einer „houbetstat“ der Staufer spricht, womit allerdings nicht „Hauptstadt“, sondern eher „Hauptstützpunkt“ gemeint sein dürfte. Vgl. Hermann S c h r e i b m ü l l e r , Herzog Friedrich IV. von Schwaben und Rothenburg (1145-1167), in: Zeitschrift für bayrische Landesgeschichte 18 (1955) S. 213-242, dort S. 232; E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 27ff.; zu bedenken ist dabei zweifellos aber auch die außerordentlich günstige Lage Speyers praktisch im geographischen Zentrum des Regnum Teutonicum.

    33 Dazu und zum folgenden Wolfgang P e t k e , Königslutter, in: Lexikon des Mittelalters V, Taschenbuch-Ausgabe (2002) Sp. 1330f.; E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 229.

    34 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 229 spricht von „aufwendiger Monumentalität“.35 Die Pläne gingen jedenfalls weit darüber hinaus, Königslutter lediglich zu einer Art von „süpplingenburgisch-

    welfischem“ Hauskloster zu machen. Siehe hierzu Jutta S c h l i c k , König, Fürsten und Reich (1056-1159) - Herrschaftsverständnis im Wandel (= Mittelalter-Forschungen 7), Stuttgart 2001, dort insbesondere S. 119ff.und S. 127ff.

    36 B e r n h a r d i , Lothar (wie Anm. 30) S. 785f. mit Anm. 6 bzgl. der Quellen.37 Dazu allgemein: Dietrich S c h ä f e r , Mittelalterlicher Brauch bei der Überführung von Leichen, in:

    Sitzungsberichte der preuß. Akademie der Wissenschaften Jahrgang 1920, Berlin 1920, S. 478-498 besonders S. 482ff.; zu dieser besonderen Art der Leichenbehandlung, die im 12. und 13. Jahrhundert als more teutonico in Europa weite Verbreitung fand siehe auch A u f g e b a u e r , König (wie Anm. 27) S. 690f.

    38 Helmut R ö t t i n g , Die Grablege Lothars III. in der Stiftskirche zu Königslutter, in: Kirchen, Klöster, Manufakturen, Braunschweig 1985 S. 61-82.

  • erfolgten erneuten Dynastiewechsels auf dem deutschen Königsthron lösten sich nunmehr alle Pläne auf, Königslutter möglicherweise zu einer neuen zentralen Königs-/Kaisergrablege ausbauen zu können. Kaiser Lothars neue Grabeskirche St. Peter und Paul konnte deshalb in der Folge nicht mehr nach den ursprünglichen Plänen fertiggestellt werden39.Mit dem Königtum Konrads III. verlagerte sich das Machtzentrum des Reiches zurück nach Süden. Dreizehn Jahre nach dem Tod Heinrichs V. war die Krone, ob nun ganz rechtmäßig oder nicht40, doch noch an die Staufer gelangt. Konrad hatte sich dadurch einen späten Triumph und eine nachträgliche Rechtfertigung für sein einstiges Gegenkönigtum erkämpft41. Die Krone war also an die Staufer gekommen, aber - wie man betonen muß - eben doch nicht an denjenigen, dem sie ursprünglich zugedacht gewesen war, nämlich Konrads Bruder Herzog Friedrich II. von Schwaben. Der 1125 leer ausgegangene Herzog Friedrich mit dem Beinamen „der Einäugige“ mochte sich nun irgendwann damit abgefunden haben, niemals selbst die Krone zu tragen. Jedenfalls zeigte er sich bis zu seinem Tod im Jahre 1147 seinem Bruder gegenüber anscheinend stets korrekt und loyal42. Ob sich dessen ehrgeiziger Sohn und Nachfolger Friedrich Barbarossa aber gleichermaßen damit zufrieden gegeben hätte, niemals die Königswürde zu erlangen, steht auf einem anderen Blatt. Unterdem Namen Friedrich III. war Barbarossa seinem Vater nach dessen Tod in der Herzogswürde gefolgt und hatte bald darauf seinen Onkel Konrad auf den 2. Kreuzzug begleitet. Obwohl der Neffedem König gegenüber ebenfalls loyal war, kühlte sich das Verhältnis zwischen den beiden Staufern nach dem unglücklichen Ausgang des Kreuzzuges doch merklich ab, und die Zusammenarbeit Konrads mit seinem Neffen Friedrich „ließ zu wünschen übrig“43.Hierzu mochte mit beigetragen haben, daß sich die Aussichten für den Fortbestand des Königtums innerhalb von Konrads Familienzweig der Staufer während der letzten Regierungsjahre des Königs deutlich verschlechtert hatten. Konrad selbst war nach Krankheit und den vielen Strapazen währenddes Kreuzzuges gesundheitlich angeschlagen, als er im Frühjahr 1149 aus dem Vorderen Orient nach Deutschland zurückkehrte. Schon bald nach der Rückreise aus Palästina hatte er wochenlang eine schwere Erkrankung durchgemacht44, von der er sich anscheinend nie wieder ganz erholte. Möglicherweise handelte es sich dabei um eine Form der Malaria, die er sich in Kleinasien zugezogen haben könnte. Jedenfalls soll ihn nach seiner Heimkehr aus dem Osten während der zweiten Jahreshälfte 1149 ein Wechselfieber wieder und wieder auf das Krankenlager gezwungen haben45. Über Wochen hinweg war er anscheinend nur unter großen Schwierigkeiten dazu in der Lage, die Regierungstätigkeiten wahrzunehmen46. Nachdem Konrad schon 1146 seine Frau Gertrud von Sulzbach verloren hatte, traf den alternden König47 nun der nächste Schicksalsschlag. Wohl war es ihm seinerzeit auf dem Frankfurter Reichstag im März 1147 gelungen, vor Antritt der Kreuzfahrt ins Heilige Land seinen erstgeborenen

    39 Ernst S c h u b e r t , Stätten sächsischer Kaiser, Leipzig 1990 S. 240: „Entscheidend dürfte gewesen sein, daß nun nicht mehr die - kinderlos gebliebene - kaiserliche Familie als Auftraggeber und Bauherr fungierte, sondern die Geistlichkeit des Reformklosters“.

    40 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 228; dazu auch Roland P a u l e r , War König Konrads III. Wahl irregulär?,in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 52 (1996) S. 135-160; Gerhard L u b i c h , Beobachtungen zur Wahl Konrads III. und ihrem Umfeld, in: Historisches Jahrbuch 117 (1997) S. 311-339: S c h l i c k , König (wieAnm. 35) S. 134ff.

    41 Allgemein Wilhelm B e r n h a r d i , Konrad III. (Jahrbücher der deutschen Geschichte Bd. 16), Leipzig 1883; Odilo E n g e l s , Die Staufer, 8. Auflage Stuttgart 2005 S. 34f.

    42 Werner H e c h b e r g e r , Konrad III. - Königliche Politik und „staufische Familieninteressen“?, in: Hubertus S e i b e r t /Jürgen D e n d o r f e r (Hg.), Grafen, Herzöge, Könige - Der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152), Ostfildern 2005 S. 323-340, dort S. 334f.

    43 E n g e l s , Staufer (wie Anm. 41) S. 52f.44 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,65 S.264: et non modica infirmitate correptus.45 Wilhelm von G i e s e b r e c h t , Geschichte des deutschen Kaisertums Bd. 4, Taschenbuch-Ausgabe, Mundus-

    Verlag 2000 ohne Ort S. 523.46 Auch im Jahr 1150 verweist der König in Briefen und Urkunden immer wieder auf seinen angeschlagenen

    Gesundheitszustand. Vgl. etwa MGH DKIII. Nr. 222, 223, 229, 230.47 Konrads Geburtstag ist wie bei vielen anderen Herrschern dieser Epoche nicht bekannt. Geboren wurde er im Jahr

    1093. 1150 war er demzufolge etwa 57 Jahre alt. Siehe etwa Odilo E n g e l s , Konrad III., in: Lexikon des Mittelalters V, Taschenbuch-Ausgabe (2002) Sp.1339; MGH DKIII. S. XIX.

  • Sohn Heinrich zu seinem Nachfolger wählen und ihn noch im selben Monat in Aachen dann auch zum deutschen König krönen zu lassen48. Doch völlig unerwartet starb der zum damaligen Zeitpunkt etwa 13-jährige Heinrich (VI.) im Jahr 115049. Nur ganz allgemein gehaltene Aufzeichnungen sind hierüber bekannt geworden, und so sind weder die Umstände, noch Ort oder Sterbedatum des jungen Königs überliefert50. Den ihm verbliebenen Sohn Friedrich noch zu seinen Lebzeiten zu seinem Nachfolger in der Königswürde wählen zu lassen, gelang dem Vater indes nicht mehr51.Über die Umstände von Konrads Ableben und des Übergangs der Herrschaft auf Barbarossa bleibt wegen einer allzu spärlichen Überlieferung vieles im dunkeln und wird sich wohl auch künftig nichtmehr aufhellen lassen52. Als der König Ende Januar 1152 in Bamberg eintraf53, muß er bereits todkrank gewesen sein. Nur mit Mühe gelang es ihm überhaupt noch, den dorthin einberufenen Hoftag abzuhalten. Als sich abzeichnete, daß er nicht mehr genesen würde, soll sein Neffe FriedrichBarbarossa, der sich während der letzten Wochen Konrads praktisch ständig am Hofe aufhielt54, die politische Situation mit dem Bamberger Bischof Eberhard erörtert haben55, der bald einer von Friedrichs engsten Vertrauten am Hof werden sollte. Die Thronfolge von Konrads zweitem, damals etwa siebenjährigem Sohn Friedrich würde das Königtum im Reich weiter schwächen und den päpstlichen Einfluß wieder verstärken, da angesichts einer solchen Sachlage nicht nur der Mainzer Erzbischof die Regentschaft bis zur Mündigkeit des kleinen Königs beanspruchen konnte56, sonderndie von Konrad betriebene politische Isolierung Heinrichs des Löwen wahrscheinlich wieder aufgebrochen werden würde57. Dies sollte unter allen Umständen verhindert werden. Deshalb sollte die Königswürde eben nicht auf den Königssohn, sondern auf den Neffen übertragen werden. Der sterbende König soll jenem Plan dann zum Wohl des Reiches und des Königtums ausdrücklich zugestimmt haben, weil er eine Nachfolge seines Sohnes für aussichtslos hielt58. Als Konrad III. am 15. Februar 1152 wohl in der bischöflichen Pfalz in der Nähe des Bamberger Doms starb, standen als einzige Zeugen sein Neffe Friedrich und Bischof Eberhard an seinem Bett59. Eberhard dürfte dem König auch die Sterbesakramente erteilt und ihm die Beichte 48 Ulrich S c h m i d t , Königswahl und Thronfolge im 12. Jahrhundert, Köln/Wien 1987 S. 109ff.49 Wahrscheinlich irgendwann zwischen Ende April und Ende Juni 1150; vgl. MGH DKIII. S. 519; B e r n h a r d i ,

    Konrad III. (wie Anm. 41) S. 852 mit Anm. 36.50 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,68 S. 274; G i e s e b r e c h t , Geschichte (wie Anm. 45) S. 535;

    E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 235f.; im Lexikon des Mittelalters IV, Taschenbuch-Ausgabe (2002) Sp. 2043, wo Heinrich (VI.) auch noch fälschlich zum (IV.) wird und somit an die falsche Ordnungsstelle rückt, wird nur auf den Beitrag von Engels zu Konrad III. verwiesen (Lexikon des Mittelalters V, Taschenbuch-Ausgabe (2002) Sp. 1339f.). Dort findet der junge König jedoch lediglich in einem Nebensatz Erwähnung.

    51 S c h r e i b m ü l l e r , Herzog Friedrich (wie Anm. 32) S. 232; dazu auch Gerd A l t h o f f , Friedrich von Rothenburg - Überlegungen zu einem übergangenen Königssohn, in: Karl Rudolf S c h n i t h /Roland P a u l e r (Hg.), Festschrift für Eduard H l a w i t s c h k a , (1993) S. 307-316; Jan-Paul N i e d e r k o r n , Friedrich von Rothenburg und die Königswahl von 1152, in: Sönke L o r e n z /Ulrich S c h m i d t (Hg.), Von Schwaben nach Jerusalem - Facetten staufischer Geschichte (= Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts Nr. 61), Sigmaringen1995 S. 51-59.

    52 Neben der Hauptquelle Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,71 S. 280 wären auch noch zu nennen die Kölner Königschronik (MGH SS rer. Germ. 18 S. 88), die Halberstädter Bischofsgeschichte (MGH SS XXIII S. 107) und die Metzer Bischofschronik (MGH SS XXIV S. 501).

    53 Dazu und zum folgenden etwa B e r n h a r d i , Konrad III. (wie Anm. 41) S. 922-925.54 MGH DKIII. Nr. 267, 268, 269.55 Zur Schlüsselstellung, die Bischof Eberhard in den ersten Regierungsjahren Barbarossas einnahm, siehe etwa Peter

    C l a s s e n , Gerhoch von Reichersberg, Wiesbaden 1960 S.122f., besonders S. 264ff. sowie Heinrich A p p e l t , Die Kaiseridee Friedrich Barbarossas, in: Sitzungsberichte der österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.hist. Kl., 4. Abh., Bd. 252 (1967) dort S. 7ff.

    56 Dazu auch Johannes L e h m a n n , Die Staufer, München 1978 S. 41.57 N i e d e r k o r n , Friedrich von Rothenburg (wie Anm. 51) S. 52ff.58 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,71, S. 280; G i e s e b r e c h t , Geschichte (wie Anm. 45) S. 547;

    E n g e l s , Staufer (wie Anm. 41) S. 56; Ferdinand O p l l , Friedrich Barbarossa, Darmstadt³ 1998 S. 33 streift die für Barbarossas Rechtfertigung zur Erlangung der Krone so bedeutsamen Ereignisse während der letzten Tage Konrads III. nur oberflächlich. Siehe auch N i e d e r k o r n , Friedrich von Rothenburg (wie Anm. 51) S. 59.

    59 B e r n h a r d i , Konrad III. (wie Anm. 41) S. 925ff. mit Anm. 40-42; Rudolf W a h l , Friedrich Barbarossa, München 1941/1976 S.25; L e h m a n n , Staufer (wie Anm. 56) S. 41.

  • abgenommen haben. Beide sollen später übereinstimmend berichtet haben, daß Konrad „bei klarem Bewußtsein“60 gestorben sei. Er habe seinen Neffen Herzog Friedrich den deutschen Fürsten als seinen Nachfolger anempfohlen und diesem die Reichsinsignien ausgehändigt bzw. aushändigen lassen61. Im Gegenzug habe Barbarossa zugesichert, Konrads Sohn Friedrich das Herzogtum Schwaben zu überlassen, das er bis zu dessen Mündigkeit jedoch selbst weiter verwalten werde62.Ob sich die Vorgänge im Sterbezimmer König Konrads damals nun aber tatsächlich zugetragen haben wie sie auf uns gekommen sind, muß angesichts der spärlichen Überlieferung offen bleiben. Falls der sterbende Herrscher andere Anordnungen für seine Nachfolge und die eigene Beisetzung getroffen haben sollte, so sind diese jedenfalls nie öffentlich bekannt geworden. Auffällig am Sachverhalt um das Ableben Konrads III. ist indes nicht allein - wie immer wieder mit Recht herausgestellt wurde - die hektische Eile, mit der sein Nachfolger daraufhin innerhalb weniger Tage vollendete Tatsachen zu schaffen vermochte63, sondern nicht minder auch die Vorgänge um die Beisetzung des verstorbenen Königs. Ausdrücklicher Wunsch Konrads soll es nämlich gewesen sein, im Kloster Lorch bei Schwäbisch Gmünd, also auf staufischem Hausbesitz, bestattet zu werden64. Tatsächlich lag in der dortigen Klosterkirche bereits Herzog Friedrich I. von Schwaben, also Konrads Vater, dessen Sarg der erste Staufer auf dem Thron noch im Jahr 1139, und somit bald nach seiner Erhebung zum König, zusammen mit den Gebeinen anderer staufischer Vorfahren von der Lorcher Stiftskirche in der Ortsmitte in die Klosterkirche auf dem Bergrücken oberhalb der kleinen Ortschaft hatte umsetzen lassen65. Und so ist der angeblich ausgesprochene Wunsch Konrads nach einer Beisetzung in Lorch aus familiendynastischen Gründen somit durchaus nachvollziehbar. Andererseits muß aber wenigstens darauf hingewiesen werden, daß der König nicht die Vogteirechte am „Hauskloster“ der Staufer in Lorch besaß. Bis zu Philipp von Schwaben am Ende des 12. Jahrhunderts waren diese nämlich an die Person des schwäbischen Herzogs gebunden66.Und so war jene Umbettungsaktion zu Anfang von Konrads Regierung auch keineswegs der Auslöser für die Einrichtung einer zentralen Familiengrabstätte gewesen. Daß der König eine solcheÜberlegung wohl auch niemals ernsthaft verfolgte, belegen nicht zuletzt die weiteren Todesfälle innerhalb der königlichen Familie: Nur wenige Jahre nach den Ereignissen von Lorch starb in der Abtei Hersfeld Konrads Gattin Gertrud von Sulzbach, die Mutter der beiden Söhne Heinrich und

    60 W a h l , Barbarossa S. 25.61 Werner G o e z , Von Bamberg nach Frankfurt und Aachen - Barbarossas Weg zur Königskrone, in: Jahrbuch für

    fränkische Landesforschung 52 (= Festschrift für Alfred W e n d e h o r s t Bd. I), Neustadt/Aisch 1992 S. 61-71 dort S. 69 mit Anm. 80.

    62 Jener Friedrich erhielt später den Beinamen „von Rothenburg“, benannt nach den staufischen Besitzungen um Rothenburg ob der Tauber im heutigen Mittelfranken. Vereinzelt wurde er auch als „von Staufen“ bezeichnet. 1167, nun etwa 22 Jahre alt, begleitete der junge Herzog von Schwaben seinen kaiserlichen Vetter auf den Feldzug nach Italien. Im August jenes Jahres fiel er - wie so viele andere auch - jener furchtbaren Seuche zum Opfer, von der das kaiserliche Heer damals befallen wurde. Barbarossas junger Vetter war mit Gertrud, einer Tochter Herzog Heinrichs des Löwen verheiratet, hatte mit ihr aber keine Kinder. Sofort beanspruchte der Kaiser deshalb das Herzogtum Schwaben für das Reich und zog es ein. Alsbald übertrug er es einem seiner eigenen Söhne, nämlich dem im Februar 1167 zunächst unter dem Namen Konrad erwähnten Friedrich, der seinen Vater 1189 dann auf den 3. Kreuzzug begleitete, im Januar 1191 vor Akkon starb und dort auch beigesetzt wurde. Zur Biographie Friedrichs etwa S c h r e i b m ü l l e r , Herzog Friedrich (wie Anm. 32); kurz auch bei Hansmartin S c h w a r z m a i e r , Friedrich IV. von Rothenburg, in: Lexikon des Mittelalters IV Taschenbuch-Ausgabe (2002) Sp. 960 mit weiteren Literaturangaben.

    63 E n g e l s , Staufer (wie Anm. 41) S. 59; L e h m a n n , Staufer (wie Anm. 56) S. 42; G o e z , Bamberg (wie Anm. 61) S. 69; N i e d e r k o r n , Friedrich von Rothenburg (wie Anm. 51) S. 54ff. u.a.

    64 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,71 S.280: ad Laureacense monasterium . . . in proprio fundo.65 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 235; Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,9 S. 148: in monasterio

    Laureacensi . . . humatus est.66 Hans-Martin M a u r e r , Zu den Anfängen Lorchs als staufisches Hauskloster, in: Felix H e i n z e r /Robert

    K r e t z s c h m a r /Peter R ü c k e r t (Hg.), 900 Jahre Kloster Lorch - Eine staufische Gründung vom Aufbruch zur Reform, Stuttgart 2004 S. 1-28; Hubertus. S e i b e r t , Die frühen Staufer: Forschungsstand und offene Fragen,in: Hubertus S e i b e r t /Jürgen D e n d o r f e r (Hg.), Grafen, Herzöge, Könige - Der Aufstieg der frühen Stauferund das Reich (1079-1152) (= Mittelalter-Forschungen Bd. 18), Ostfildern 2005 S.1-39, dort S. 35f.

  • Friedrich. Der Leichnam der im April 1146 verschiedenen Königin67 wurde von Hersfeld im heutigen Hessen in die fränkische Zisterzienserabtei Ebrach im Steigerwald überführt und dort beigesetzt68. Wäre das Kloster Lorch von Konrad III. tatsächlich zuvor zur Familiengrabstätte des von ihm fortgesetzten Familienzweiges des staufischen Geschlechts bestimmt worden, dann wäre die verstorbene Königin zweifellos dorthin überführt worden. Doch an keiner Stelle finden sich Belege oder wenigstens Hinweise darauf, daß Konrad je die Absicht verfolgt hätte, das Kloster Lorch zu einer zentralen Grablege seines eigenen Familienzweigs zu machen, wenn spätere Überlieferungen auch immer wieder genau diesen Eindruck zu vermitteln suchten69. Und so bietet auch der nächste Todesfall innerhalb der Königsfamilie keinen Beweis für eine Familiengrabstätte in Lorch. Viel eher ist das Gegenteil zu vermuten. Nur vier Jahre nach seiner Mutter starb wohl noch in der ersten Jahreshälfte 1150 Konrads Thronfolger, sein bereits zum römisch-deutschen König gekrönter Sohn Heinrich (VI.)70. Obwohl auch in diesem Fall in der Forschung mitunter behauptet wurde, der junge König sei im Kloster Lorch beigesetzt worden71, gibt es hierüber keine überprüfbaren, vor allem aber keine verifizierbaren Angaben72. Insofern scheint mir die Vermutung jedenfalls wesentlich mehr Wahrscheinlichkeit zu besitzen, der junge Stauferkönig könnte 1150 an der Seite seiner Mutter Gertrud ebenfalls im Kloster Ebrach beigesetztworden sein73, genauso wie 17 Jahre später sein jüngerer Bruder Friedrich von Rothenburg dort bestattet wurde, nachdem dessen Gebeine 1167 von Italien nach Deutschland überführt worden waren74. Wenn man also überhaupt von einer konradinisch-staufischen Familiengrablege sprechen möchte, dann war diese jedenfalls eher im Kloster Ebrach zu finden als in Lorch.Trotzdem soll nun aber keine zwei Jahre nach dem Verlust seines Sohnes der König den Wunsch ausgesprochen haben, im Kloster Lorch an der Seite seines Vaters bestattet zu werden75. Dies ist 67 B e r n h a r d i , Konrad III. (wie Anm. 41) S. 471f. nennt wohl richtig den 14. April 1146.68 MGH SS XVI S.81: Gertrudis regina obiit, sepulta in Everacensi ecclesia. Siehe auch MGH SS XV,2, S.1042;

    B e r n h a r d i , Konrad III. (wie Anm. 41) S. 471f. mit Anm. 11.69 So behauptet eine in Verbindung mit der Chronik Burchards von Ursbergs stehende, aber aus dem späten 15.

    Jahrhundert stammende Inschrift fälschlich, die Königin Gertrud und ihr Sohn Heinrich (VI.) seien dereinst daselbst bestattet worden: MGH SS XXIII S. 384: Gertrud regina, Conradi regis amica, illic cum nato Heinrico iacet cinerato. Dazu auch E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 235 mit Anm. 37; allgemein Klaus G r a f , Staufer-Überlieferungen aus Kloster Lorch, in: Sönke L o r e n z /Ulrich S c h m i d t (Hg.), Von Schwaben nach Jerusalem - Facetten staufischer Geschichte (= Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts Nr. 61), Sigmaringen1995 S. 209-240, besonders S. 228f.

    70 S c h r e i b m ü l l e r , Herzog Friedrich (wie Anm. 32) S. 216f.; letzter bekanntgewordener Brief Heinrichs (VI.) datiert vom 16./20. April 1150. Siehe MGH DKIII. Nr. 11 S. 531f.

    71 Ohne jeden Quellenverweis etwa Hansmartin D e c k e r - H a u f f , Das staufische Haus, in: Die Zeit der Staufer III, Stuttgart 1977 S. 339-S. 374, dort Nr. 58 S.354; Karl Rudolf S c h n i t h (Hg.): Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern - Von den Karolingern zu den Staufern, Graz 1990 S.273; S c h r e i b m ü l l e r , Herzog Friedrich (wie Anm. 32) S. 217: „vermutlich Lorch“, S. 236 dagegen „vielleicht Ebrach“.

    72 Im sog. „Roten Buch“ des Mönches August Seiz wird in der Gründungserzählung über das Kloster Lorch ebenfalls behauptet, Heinrich (VI.) sei im Kloster Lorch beigesetzt worden. Doch ist auch diese Nachricht nicht unverdächtig,weil die Beisetzung des jungen Mitkönigs angeblich zusammen mit der Überführung des Leichnams Herzog Friedrichs I. von Schwaben in das Kloster Lorch durchgeführt worden sein soll. Die Umbettung Herzog Friedrichs erfolgte jedoch etwa elf Jahre vor dem Tod Heinrichs (VI.). Dazu allgemein G r a f , Staufer-Überlieferungen (wie Anm. 69) S. 212ff., besonders aber S. 219 und S. 228; siehe dazu auch Werner S e i f f e r : Jakob Spindler, Stadtpfarrer zu Gmünd, und die Geschichtsforschung über das Kloster Lorch und die Staufer im 16. Jahrhundert, Tübingen 1969.

    73 Vgl. E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 235; dazu auch S c h r e i b m ü l l e r , Herzog Friedrich (wie Anm. 32) S. 236 und jüngst wieder E n g e l s , Königsgräber (wie Anm. 3) S. 177, dort indes schon als feststehende Tatsache.

    74 S c h r e i b m ü l l e r , Herzog Friedrich (wie Anm. 32) S. 236; E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 237; in der Klosterkirche von Ebrach finden sich heute keinerlei Überreste jener Staufergräber aus dem 12. Jahrhundert mehr. Schon im Bauernkrieg zu Beginn des 16. Jahrhunderts sollen die Gräber, bei denen es sich um Tumben gehandelt haben könnte, vollständig zerstört worden sein. S c h r e i b m ü l l e r S. 237 berichtet dagegen, allerdings ohne Belege, daß sie noch 1739 zu sehen gewesen seien. In Erinnerung an die einstige Grabstätte der Königin Gertrud und ihres Sohnes Friedrich von Rothenburg wurden später zwei Grabplatten mit den stilisierten Figuren der beiden Personen hergestellt, die heute direkt am Eingang in das Kirchenschiff links nebeneinander an der Wand angebracht sind. Für Heinrich (VI.) existiert jedoch keine solche Grabplatte.

    75 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,71 S. 280: iuxta eius (Conradus rex) petitionem.

  • nicht nur deshalb auffällig, weil das Anliegen des sterbenden Königs somit anscheinend den Beweisdafür liefert, daß Konrad eine gemeinsame Grabstätte für sich und seine Familie niemals ins Auge gefaßt bzw. auf eine solche sogar verzichtet hatte. Sonderbar ist aber mindestens in gleichem Maße, daß Konrad III. angeblich Lorch als Grabstätte für sich ausgesucht haben soll, obwohl sich in der Zisterze Ebrach das Grab seiner Gattin Gertrud und möglicherweise auch das des gemeinsamen Sohnes Heinrich befand. Hätte es nicht nahegelegen, daß der König im Sterben vielmehr den Wunsch geäußert haben könnte, an der Seite seiner allernächsten Verwandten ebenfalls in Ebrach bestattet zu werden, zumal das Kloster nur einen einzigen Tagesritt von Bamberg entfernt lag76, und sogar der Abt von Ebrach in den letzten Tagen Konrads III. am Hof nachweisbar ist77? Wie dem auch sei. Es bleibt festzuhalten, daß sich ganz anders als im Falle der salischen Herrscher und auch Kaiser Lothars beim ersten Stauferherrscher nirgends irgendwelche Hinweise dafür erkennen bzw. finden lassen, eine dynastische königlich-staufische Grablege anlegen zu lassen. Und schon gar nicht läßt sich die Absicht erkennen, an die Bestattungen der salischen Herrscher im Speyerer Dom anzuknüpfen, obwohl Konrad III. ansonsten nichts unterließ, um an seine salischen Vorfahren anzuknüpfen78.Wie Otto von Freising, unser Informant über die Ereignisse um Tod und Beisetzung Konrads III. berichtet79, wollten die familiares80 des Königs der Bitte Konrads angeblich entsprechen und den verstorbenen Herrscher nach Lorch in die dortige Klosterkirche überführen. Doch die Babinbergensis ecclesia81 wollte den Leichnam Konrads nicht mehr freigeben. Vielmehr soll sie darauf bestanden haben, den verstorbenen König in ihrem Dom an der Seite Kaiser Heinrichs II. und seiner Gattin Kunigunde beizusetzen. Für die Bamberger Kirche wie auch für das Reich sei es convenientissimum et honestissimum, den verstorbenen König in der Grabkirche Heinrichs II. zu bestatten, zumal der verblichene Kaiser auf Betreiben des amtierenden Bischofs Eberhard von Bamberg82 erst wenige Jahre zuvor von Papst Eugen III. heiliggesprochen worden war83. So fanden denn am 17. Februar 115284 die Beisetzungsfeierlichkeiten in kleinem, aber würdigem Rahmen statt, und Konrad III. wurde im Bamberger Dom zur letzten Ruhe getragen85.76 Das Kloster Ebrach liegt nur 35 Kilometer westlich von Bamberg entfernt.77 G o e z , Bamberg (wie Anm. 61) S. 69; siehe jetzt auch Elke G o e z , Königin Gertrud - Gemahlin Konrads III.,

    in: Frauen der Staufer (= Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst Bd. 25), Göppingen 2006 S. 28-42, dort S. 36 mit Anm. 97, die darauf hinweist, daß man sich später erzählt habe, Konrad habe vor seinem Tod darum gebeten, an der Seite seiner Gattin in Ebrach bestattet zu werden. Dies sei daran gescheitert, daß Bischof Eberhard dies zu verhindern gewußt habe und der Kirchenbau in Ebrach zu jenem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt war.

    78 Wie sehr Konrad III. immer wieder versuchte, die Legitimität seines Königtums „in geradezu penetranter Weise“ mit dem ständigen Verweisen auf die Kontinuität seiner Herrschaft zu den Saliern zu unterstreichen und zu verstärken, hat soeben Werner Hechberger nochmals herausgestellt: H e c h b e r g e r , Konrad III. (wie Anm. 42) S. 331.

    79 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,71 S. 280. Zu den Gesta Frederici nun auch Lars H a g e n e i e r , Die frühen Staufer bei Otto von Freising oder Wie sind die Gesta Friderici entstanden?, in: Hubertus S e i b e r t /Jürgen D e n d o r f e r (Hg.), Grafen, Herzöge, Könige - Der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152), Ostfildern 2005 S. 363-396.

    80 Adolf S c h m i d t , der Übersetzer der Gesta Frederici des Otto von Freising übersetzte „familiares“ (I,71 S. 281) mit „die Verwandten“, was demzufolge die Unterstützung von Konrads Wunsch durch Friedrich Barbarossa stillschweigend mit einschlösse. Neben der Blutsverwandtschaft dürften damit jedoch auch Personen aus dem engsten Umfeld des Königs am Hof gemeint sein, die mit Konrad III. nicht familiär verwandt gewesen sein mußten.

    81 Zur Übersetzung auch E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 232 mit Anm. 22; daß mit der ecclesia Babinbergensis an vorderster Stelle Bischof Eberhard gemeint war, dürfte unbestritten sein. Vgl. A p p e l t , Kaiseridee (wie Anm. 55) S. 10.

    82 A p p e l t , Kaiseridee (wie Anm. 55) S. 10.83 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,71 S. 280; siehe auch E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 231f.84 G o e z , Bamberg (wie Anm. 61) S. 70 mit Anm. 86.85 Genau wie das Grabmal Heinrichs II. und seiner später ebenfalls heiliggesprochenen Gattin Kunigunde befand sich

    das Grab Konrads III. und einige weitere Grabstätten von Bamberger Bischöfen ursprünglich im Mittelschiff des Doms, ehe diese Gräber bei den großen Umbauarbeiten innerhalb des Doms zu Beginn des 16. Jahrhunderts dann sämtlich aufgelassen wurden. Mit Ausnahme der beiden Heiligen, deren Überreste in dem von Tilman Riemenschneider geschaffenen und 1513 aufgestellten Grabmal eine neue Ruhestätte in der Oberkirche fanden, wurden die Gebeine aus den anderen Gräbern - also auch jene Konrads III. - lange Zeit im Bamberger Domschatz verwahrt. Erst auf Anordnung König Ludwigs I. von Bayern bekam der erste Stauferkönig 1845 dann wieder eine

  • Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte läßt sich mit der Beisetzung Konrads III. der Nachweiserbringen, daß sich die hierfür verantwortlichen Personen, zu denen neben Bischof Eberhard II. mit Sicherheit auch der designierte Nachfolger Konrads, Friedrich Barbarossa, gezählt haben mußte, über den Wunsch des sterbenden Königs, an einem bestimmten Ort beigesetzt zu werden, wenn auch nicht unbegründet, so dennoch willkürlich hinwegsetzten86. Dieser Tatbestand ist immerhin so auffällig, daß die Frage erlaubt sein muß, ob die Begründung, die Bischof Otto von Freising für die Beisetzung Konrads am Sterbeort gibt, unter Umständen verdecken könnte, daß nicht nur die ecclesia Babinbergensis ein begründetes Interesse daran gehabt haben könnte, den Leichnam des Königs in Bamberg zu behalten, sondern insbesondere auch Konrads designierter Nachfolger87. Dieser Verdacht erhärtet sich nämlich noch, wenn man dem Urheber unseres Wissens um jene Ereignisse in seiner Funktion als Geschichtsschreiber nähertritt. Die Schilderungen und Ausführungen Ottos von Freising, des Stiefbruders Konrads III., in dessen „Gesta Frederici“ erweisen sich bei näherer Betrachtung nämlich als höfische Geschichtsschreibung mit dem Ziel der Verherrlichung der Staufer, insbesondere jedoch der Person Friedrich Barbarossas: „Sie (die „Gesta Frederici“ H.J.) lassen Friedrich I. als den Herrscher erscheinen, auf den die Geschichte von annähernd einem Jahrhundert hinzielte“88.Es besteht somit Grund dafür zu hinterfragen, ob sich die Vorgänge um den Tod des Königs tatsächlich wie von Otto berichtet zugetragen haben. Ohne dabei kühne Theorien aufstellen zu wollen, wird man folgendes festhalten dürfen: Aus der Bestattung Konrads III. in Bamberg ergaben sich wenigstens drei Konsequenzen: Weder konnte das Kloster Ebrach dadurch zu einer konradinisch-staufischen Grablege für Konrad und seine Familie werden, noch konnte sich eine dynastische Herrschergrablege im Kloster Lorch entwickeln, die mit der Umbettung Herzog Friedrichs I. im Jahr 1139 ihren Anfang genommen, mit der Bestattung König Konrads III. 1152 daraufhin ihre Fortsetzung gefunden hätte, und welche später möglicherweise von dessen Sohn Friedrich, immerhin einem Anwärter auf die Kaiserkrone, hätte weitergeführt werden können89. Dadurch wurde letztlich aber auch die Bestattung Konrads im Königschor des Speyerer Doms verhindert, mit der an die Beisetzungstradition der salischen Kaiser angeknüpft worden wäre, was

    würdige Grabstelle, allerdings nicht mehr in der Oberkirche des Doms. Aus dunklem Stein wurde ein Sarkophag angefertigt. Es handelt sich um ein in neoromanischem Stil gefertigtes Hochgrab, das heute direkt an der nördlichen Wand in der Ostkrypta unter dem dortigen Chor steht. Die Seitenflächen verzieren insgesamt zehn kleine Säulen, aufdenen Rundbögen aufgesetzt sind. Diese tragen die Grabplatte. Auf dem Deckel eingearbeitet sind Schwert, Zepter und ein Wappenschild mit dem Reichsadler. Hierzu Hans Günter R ö h r i g , Eine Demonstration der Vergänglichkeit - Überführungen, Auslagerungen und Beisetzungen in der Krypta des Doms, in: Hans Günter R ö h r i g (Hg.), Bamberger Dom - Dieses große Fest aus Stein - Lesebuch zum 750. Weihejubiläum, Bamberg 1987 dort S. 71-78.

    86 Bisher hatte man, so weit dies anhand der Quellen nachprüfbar ist, den Wunsch des jeweiligen Herrschers immer berücksichtigt, dessen sterbliche Überreste an den gewünschten Bestattungsort zu bringen und dort beizusetzen. Wiedie Beispiele Konrads I., Heinrichs I., Ottos I., Ottos III., Heinrichs II., Konrads II., Heinrichs III., Heinrichs IV., Heinrichs V. und Lothars belegen, wurden die Leichname bzw. die Gebeine der verstorbenen Kaiser oder Könige selbst über Strecken hinweg transportiert, die sogar mehr als 1000 Kilometer betragen konnten. Nur im Falle Ottos II. könnte es sein, ohne daß dies meiner Kenntnis nach bislang schlüssig bewiesen werden konnte, daß sich die Kaiserinwitwe Theophanu möglicherweise aus politisch-programmatischen Gründen über den Wunsch ihres Gatten hinweggesetzt haben könnte und Ottos Beisetzung in Rom veranlaßte, obwohl es Hinweise zu geben scheint, die darauf schließen lassen, daß Otto II. in Memleben, dem Sterbeort seines Vaters und Großvaters, bestattet werden wollte.

    87 Daß bei Friedrich auch der Faktor „Zeit“ eine wesentliche Rolle spielte, soll dabei keineswegs übersehen, sondern ausdrücklich unterstrichen werden. Vgl. N i e d e r k o r n , Friedrich von Rothenburg (wie Anm. 51) S. 54f. und G o e z , Bamberg (wie Anm. 61) S. 66.

    88 Franz-Josef S c h m a l e , Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters Bd. XVII, Darmstadt³ 1986 S. 13.

    89 Zu diesem Zeitpunkt im Jahr 1152 stand keineswegs fest, ob Barbarossa nicht dereinst vor seinem Vetter Friedrich von Rothenburg und möglicherweise sogar ohne männliche Leibeserben sterben würde. Unter solchen Umständen hätte sich aus dem Kloster Lorch nämlich durchaus eine konradinisch-staufische Königsgrablege herausbilden können. Dazu auch S c h r e i b m ü l l e r , Herzog Friedrich (wie Anm. 32) S. 220 und S. 225. Zu den Beziehungen Barbarossas zu seinem Vetter Thomas Z o t z , Friedrich Barbarossa und Herzog Friedrich (IV.) von Schwaben - Staufisches Königtum und schwäbisches Herzogtum um die Mitte des 12. Jahrhunderts, in: MediaevaliaAugiensia (= Vorträge und Forschungen 54), Stuttgart 2001 S. 285-306.

  • selbstverständlich die Kontinuität von Konrads Herrschaft in ihrem Anknüpfen an die salische Vergangenheit unterstrichen hätte. Dagegen waren mit der Beisetzung des Königs in Bamberg vollendete Tatsachen in ganz anderer Hinsicht geschaffen worden. Wie es dem ersten Staufer auf dem Thron seit der Wiederbegründung eines abendländischen Kaisertums durch Otto I. als bislang einzigem Herrscher nämlich nicht gelungen war, die Kaiserkrönung zu erlangen, so zeigte sich nun, daß er auch keine eigene Herrschergrablege besaß. Aus einer dynastisch orientierten Sichtweise heraus ging von der Bestattung Konrads im Bamberger Dom ein unmißverständliches Signal aus: Konrads Königtum zeigte sich als ein politisches Zwischenspiel, das mit seinem Ableben zu Ende gegangen war! Dies habe der sterbende König, wie uns Otto von Freising Glauben machen will, auch selbst so empfunden. Da er jedoch ein kluger Mann (vir prudens) gewesen sei, sei er selbst zu der Einsicht gelangt, daß es für seine persönlichen Interessen wie für das Reich besser sein werde, wenn der Neffe Friedrich Barbarossa sein Nachfolger werde90. Eine trefflichere Rechtfertigung für die Begründung seiner Ansprüche auf das Königtum konnte Friedrich kaum bekommen. Doch damit nicht genug. Auch die zur Wahl berechtigten Fürsten hätten den schwäbischen Herzog mit dieser Begründung dann zum König gewählt. Nicht, weil sie etwa - wie Otto versichert - gegen den toten Konrad eingenommen gewesen wären, sondern zum allgemeinen Besten hätten sie Barbarossa Konrads kleinem Sohn Friedrich vorgezogen91 und auch deshalb, weil Friedrich über seine Eltern beiden großen Familien im Reich - den Staufern wie den Welfen - (utriusque sanguinis consors) angehörte92, über die Ehe seines Großvaters väterlicherseits insbesondere aber der familia regum, dem einstigen salischen Herrschergeschlecht93. Damit schließt sich der Kreis, und es wird deutlich, worauf es Otto ankam. Es ist einmal mehr „der Versuch einer historischen Rechtfertigung des Königtums Friedrichs I. mit einer origo, die die Saliernachfolge durch die Staufer nicht nur erklärt, sondern geradezu begründet“94.Daran, daß in Barbarossas Herrschaftsverständnis neben anderem95 dem Begriff der Kontinuität vom ersten Tag seiner Regierung an eine herausragende Bedeutung zukam, ja daß seine Herrschaft geradezu „in einer Kontinuität wurzelte“96, kann kein Zweifel bestehen. Friedrich sah sich von Anfang an nicht nur als Rechtsnachfolger, sondern als direkter Nachkomme seiner kaiserlichen Vorgänger und somit als legitimer Fortsetzer der Kaiserwürde97. Als Sohn der Kaisertochter Agnes stand Konrad III. selbstverständlich ebenfalls in der Traditionslinie der Herrschergeschlechter98, die dessen Sohn Friedrich als König bzw. Kaiser nahtlos fortgesetzt hätte. Erst mit Barbarossas Wahl zum römisch-deutschen König jedoch waren die erbrechtlichen Dinge - zumindest aus Sicht König Friedrichs - wieder völlig in Ordnung gekommen. Nun erst war dem Wunsch Kaiser Heinrichs V. nämlich Genüge getan worden, nicht nur das persönliche Erbe der Salier, sondern auch das König- und Kaisertum auf den schwäbischen Herzog und somit natürlich auf dessen Erben zu übertragen. Wenn einst der Vater die Krone auch nicht erlangen konnte, so war es wenigstens der Sohn, mit demdie Dynastie der Salier auf den „richtigen“ Zweig der staufischen Familie übergegangen war und fortgesetzt wurde. In dieser so auffällig im Vordergrund stehenden Frage der Legitimation lag sicherlich einer der wesentlichen Gründe dafür, warum dem Begriff der Kontinuität bei Barbarossa

    90 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) I,71 S. 280: idcirco et private et rei publice melius profuturum iudicabat, siis potius, qui fratris sui filius erat, . . . sibi succederet.

    91 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) II,2 S. 286: universitatis boni intuitu hunc Fredericum eius (Conradus) filio item Frederico adhuc parvulo preponere maluerunt. Dagegen unterläßt Otto jeden Hinweis darauf, daß Barbarossas Wahl zum römisch-deutschen König keineswegs „so ganz ohne jede Schwierigkeit vonstatten gegangen“ war. S c h m a l e , Quellen (wie Anm. 88) S. 11 mit Anm. 40.

    92 Für S c h m a l e , Quellen (wie Anm. 88) S. 11 ist dieses Argument „möglicherweise, ja wahrscheinlich nur eine subjektive Ansicht Ottos“.

    93 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 23) II,2 S. 286.94 Karl S c h m i d , De regia stirpe Waiblingensium, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 124 (1976) S.

    63-73, dort S. 72.95 A p p e l t , Kaiseridee (wie Anm. 55) S. 17ff.96 A p p e l t , Kaiseridee (wie Anm. 55) S. 32.97 A p p e l t , Kaiseridee (wie Anm. 55) S. 18; S e i b e r t , Frühe Staufer (wie Anm. 66) S. 11.98 H e c h b e r g e r , Konrad III. (wie Anm. 42) S. 331.

  • eine so herausragende Bedeutung, wenn nicht gar der Wert einer politischen Maxime, zukam99. Friedrich dürfte deshalb auch kaum etwas dagegen einzuwenden gehabt haben, als die ecclesia Babinbergensis den Leichnam Konrads nicht mehr freigeben wollte, wenn er nicht sogar selbst ein starkes eigenes Interesse an der Beisetzung seines Onkels am Sterbeort Bamberg hatte. Der erste Stauferherrscher fand im dortigen Dom wohl an einem würdigen, einem König angemessenen Ort, seine letzte Ruhestätte. Gleichzeitig aber wurde mit der Entscheidung für diese Grabstätte jedoch auch unterstrichen, daß das Königtum Konrads eben doch nur eingeschränkt die Traditionslinie fortgesetzt hatte. Um so auffälliger ist deshalb auch, wie Barbarossa vom ersten Augenblick seiner Herrschaft an immer und immer wieder darauf abhob, das legitimierende Element der Kontinuität zu seinen kaiserlichen Vorgängern stets sichtbar zu machen100. So sehr Friedrich selbst also genauestens darauf achtete, bei jeder sich bietenden Gelegenheit sein Königtum als das vorläufig letzte Glied einer schier endlos langen Kette kaiserlicher und königlicher Vorgänger darzustellen, die er bis auf Karl den Großen zurückführte101, so wenig scheint er dies seinem Onkel Konrad ebenfalls zugebilligt zu haben.Vor diesem Hintergrund kommt Speyer, der zentralen Grablege aller salischen Herrscher, als weiteres Kontinuitätssymbol eine besondere Bedeutung zu. Wann die Symbolkraft des Kaiserdoms ins Blickfeld Barbarossas geriet, ist nicht bekannt. Daran aber, daß dies geschah, kann meiner Ansicht nach kein Zweifel bestehen. Als Inhaber des Throns der deutschen Könige und römischen Kaiser, vor allem jedoch als legitimer Fortsetzer der salischen Herrscherdynastie, bedurfte es keiner Überlegungen zur Errichtung einer neuen, eigenständigen staufisch-kaiserlichen Grablege. Für Barbarossa - und wie gleich hinzufügen ist - auch für seine Gattin Beatrix als den beiden rechtmäßigen Inhabern der Kaiserwürde - konnte es, wie ich hoffe im folgenden aufzeigen zu können, keinen angemesseneren Bestattungsort geben als den Königschor des Kaiserdoms zu Speyer. Die Kontinuität des Kaisertums und seiner Träger über die Zeiten hinweg zeigte sich ja nicht zuletzt auch an der gemeinsamen letzten Ruhestätte der salischen Herrscher, als deren legitimen Erben und ersten „richtigen“ Nachfolger sich der erste Stauferkaiser stets verstand102.Dieser Gedanke ist im Kern nicht neu. Auch früher schon wurde in der Forschung immer wieder einmal darauf hingewiesen, daß Barbarossa wohl in Speyer beigesetzt worden wäre, wäre der Kaiser in Deutschland oder Italien, und nicht auf dem Weg ins Heilige Land gestorben. Mitunter wurde dabei auch auf die bis zur Beisetzung König Rudolfs von Habsburg im Jahr 1291 freie Grabstelle rechts neben dem Grab der Kaiserin Beatrix hingewiesen, die angeblich für die

    99 In geradezu bestechender Weise läßt sich dieser Traditionalismus an der Namensgebung für die Kinder des Kaiserpaares Barbarossa und Beatrix ablesen. Wie sehr hierbei auf die legitimierende „Kraft“ der Kontinuität abgehoben wurde, zeigte schon Erwin A s s m a n n , Friedrich Barbarossas Kinder, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 33 (1977) S. 435-472, dort bes. S.442ff.

    100 Deshalb glaube ich auch nicht, daß die wahrscheinlich Ende 1184 verstorbene zweite Tochter des Kaiserpaares, deren Namen wir nicht kennen, nach Konrads III. Gattin Gertrud geheißen hatte, wie A s s m a n n , Barbarossas Kinder (wie Anm. 99) S. 456 Anm. 89 noch für möglich hielt. Seine an gleicher Stelle gemachte Überlegung dagegen, diese unbekannte Tochter könnte nach Gisela von Schwaben, der Gattin Kaiser Konrads II., ihren Namen erhalten haben, halte ich für sehr viel wahrscheinlicher.

    101 A p p e l t , Kaiseridee (wie Anm. 55) S. 18; dies zeigt sich auch signifikant im Betreiben Friedrichs, „Karl den Großen“ heiligsprechen zu lassen und ihn anschließend als „Reichsheiligen“ in Anspruch zu nehmen. Dabei dürfte Barbarossas Kanzler Rainald von Dassel ganz wesentlich daran beteiligt gewesen sein, wenn die Initiative dazu nicht sogar von ihm ausgegangen war. Vgl. O p l l , Barbarossa (wie Anm. 58) S. 289.

    102 Auch daraus läßt sich schlußfolgern, daß Friedrich I. keinerlei Interesse daran gehabt haben dürfte, etwa die Beisetzung seines Onkels Konrad in Speyer zu veranlassen. Wenn er nämlich prinzipiell wieder an die salische Tradition der Beisetzung der römisch-deutschen Herrscher im Dom zu Speyer hätte anknüpfen wollen, dann hätte Konrad III., der über seine Mutter Agnes ja ebenfalls das salische Erbe weitertrug, konsequenterweise weder in Lorch, noch in Ebrach, noch wie es dann geschah in Bamberg, sondern eben in Speyer beigesetzt werden müssen. Spätestens mit dem Entschluß Friedrichs, Speyer wieder als zentrale Grabstätte zu nutzen, hätte der Leichnam Konrads auch später noch nach Speyer überführt werden können, wie das im Falle Philipps von Schwaben 1213 geschah. Daß dies eben nicht erfolgte, könnte als ein weiteres Indiz dafür angesehen werden, daß Barbarossa erst mit seiner eigenen Herrschaft im Reich - vor allem aber mit seinem Kaisertum - die vollständige Wiederherstellung der Kontinuität als tatsächlich gegeben ansah, diese aber dem Königtum Konrads eben nicht uneingeschränkt zubilligte.

  • Aufnahme der sterblichen Überreste Friedrich Barbarossas freigehalten worden sei103. Um so mehr muß es allerdings verwundern, daß die Erkenntnisse aus der Grabung in Speyer zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts in diesem Zusammenhang bislang anscheinend nur in bescheidenem Maße die Aufmerksamkeit der historischen Forschung gefunden haben. Wenn man auch nicht erwarten darf, damit alle wesentlichen Fragen einer endgültigen Beantwortung zuführen zu können, so wird man andererseits auch nicht einfach über sie hinwegsehen dürfen104.Beginnen wir unsere Überlegungen zunächst mit der unzweifelhaften Tatsache, daß die seit 1125 unterbrochenen Beisetzungen im Chor des Speyerer Doms unter der Regierung Kaiser Friedrich Barbarossas mit der Bestattung seiner Gattin, der Kaiserin Beatrix und ihrer gemeinsamen Tochter Agnes, wieder aufgenommen wurden. Doch schon an diese Feststellung knüpfen sich bereits erste Unsicherheiten. Es ist nämlich keineswegs zweifelsfrei überliefert, zu welchem Zeitpunkt diese beiden Bestattungen in Speyer vorgenommen wurden105. Solange sie verheiratet war, hatte die Kaiserin ihren Gatten auf jeden seiner Züge nach Italien begleitet. Als Friedrich Anfang September 1184 dann aber zu seinem sechsten Italienzug aufbrach, war Beatrix zum ersten Male nicht dabei. Schon Erwin Assmann hatte dies mit der einleuchtenden und überzeugenden Vermutung zu erklären versucht, daß eine schwere Erkrankung der kleinen Agnes, des jüngsten Kindes des Kaiserpaares106, möglicherweise aber auch schon eine Erkrankung 103 Wiederum ohne Beleg D e c k e r - H a u f f , Staufisches Haus (wie Anm. 71) Nr. 44 S.351; genauso S c h n i t h ,

    Mittelalterliche Herrscher (wie Anm. 71) S.273; K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 955: „eineransprechenden Vermutung zufolge“; G r a u e r t , Kaisergräber (wie Anm. 15) S. 613; vorsichtiger E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 177ff.

    104 Engels scheinen die Grabungsberichte nicht bekannt zu sein. Nur so erklärt sich für mich, daß er nicht nur davon spricht (E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 240), die Überreste der Kaiserin Beatrix seien 1309 „an eine andere Stelle der kaiserlichen Grabkammer verlegt“ worden, sondern daran auch jetzt noch festhält (E n g e l s , Königsgräber (wie Anm. 3) S. 180): „An die Stelle der Stauferin Beatrix wurde Albrecht und an die Stelle der kaiserlichen Tochter Agnes wurde Adolf bestattet. Wohin die beiden weiblichen Toten innerhalb der Kaisergruft verlegt wurden, wissen wir nicht.“ Dies ist schlichtweg falsch. Weder gab es zu irgendeinem Zeitpunkt im Speyerer Dom eine kaiserliche Grabkammer, noch wurden die Särge mit der toten Kaiserin und ihrer Tochter jemals verlegt. Dazu K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 956, S. 1042f. und Bildband mit Bild Nr. 1443.

    105 E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 175ff., S. 349f.; möglich scheinen zwei Termine für die Bestattung, nämlich ein Termin zu Ende (24.) November 1184 bzw. am 28. August 1185. Diese Daten erschließen sich beide durch die Mitteilung bei Otto von St. Blasien, MGH SS rer. Germ. 47 (1912) S. 1-88 dort S. 38, die Beisetzung habein Anwesenheit Heinrichs VI. stattgefunden. Der Termin am 28. August wird zusätzlich gestützt durch den Eintrag für das Totengedenken an die Kaiserin m Speyerer Nekrolog II; dazu E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) a.a.O., der mit Recht darauf hinweist, daß die Anwesenheit Heinrichs VI. am 28. August 1185 in Speyer lediglich vermutet wird, aber nirgends belegt ist. Dennoch wird an diesem Termin allgemein festgehalten. Siehe hierzu etwa Felicia von K e s z y c k a , Kaiserin Beatrix, Gemahlin Friedrichs I. Barbarossa, Posen/Poznan 1923 S. 86; Peter C s e n d e s , Heinrich VI., Darmstadt 1993 S. 60; Regesta Imperii IV,3, Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich VI. 1165(1190)-1197, Johann Friedrich B ö h m e r (Hg.), neubearbeitet von Gerhard B a a k e n , Köln/Wien 1972, dort Reg. 4a; O p l l , Barbarossa (wie Anm. 58) S. 155, der anstatt vom Königschor fälschlich von der „Kaiserkrypta“ spricht, die es zu keinem Zeitpunkt gegeben hat. Zu Beatrix siehe auch Elke G o e z , Beatrix von Hohenstaufen. Eine politische Kaiserin?., in: Otto B o r s t (Hg.), Frauen bei Hof, Stuttgart 1999 S. 28-40 und S. 240-245.

    106 A s s m a n n , Kinder (wie Anm. 99) S. 453; insbesondere aufgrund der Forschungen von Ferdinand G ü t e r b o c k , Barbarossas ältester Sohn und die Thronfolge des Zweitgeborenen, in: Historische Vierteljahresschrift 29 (1935) S. 509-540, Gerhard B a a k e n , Die Altersfolge der Söhne Friedrich Barbarossas und die Königserhebung Heinrichs VI., in: Karl-Augustin F r e c h /Ulrich S c h m i d t (Hg.), Imperium und Papsttum - Zur Geschichte des 12. und 13. Jahrhunderts, Festschrift zum 70. Geburtstag, Köln/Weimar/Wien 1997 S. 1-30, vor allem aber A s s m a n n , Kinder (wie Anm. 99) zu diesem Themenkomplex kann wohl auch künftig davon ausgegangen werden, daß die Fragen nach der Anzahl der Kinder des Kaiserpaares und deren Altersfolge endgültig als beantwortet und somit geklärt zu gelten haben. Um so unbegreiflicher ist es, daß Norbert Ohler sich nun dieses Themas angenommen hat, ohne vom gegenwärtigen Forschungsstand auch nur im geringsten Kenntnis zu nehmen (Norbert O h l e r , Sterben und Tod im Hochmittelalter, in: Alltagsleben im Mittelalter (= Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst Bd. 24), Göppingen 2005 S. 136-159). Gestützt auf Decker-Hauffs in weiten Teilen nachweislich falsche Überlegungen werden dessen 1977 veröffentlichten Ergebnisse (D e c k e r - H a u f f , Staufisches Haus (wie Anm. 71)) sogar noch aufwendig als Schaubild präsentiert, obwohl Decker-Hauff jede Beweisführung seiner Ergebnisse schuldig geblieben war und auch später nicht dazu bereit gewesen war, den Fachkollegen die entsprechenden Belegstellen zu benennen. Daß Ohler in diesem Zusammenhang (S. 149) dann auch gleich noch Konrad III. zum Kaiser macht, fällt bei der Beantwortung der Frage nach dem Erkenntniswert

  • der Mutter selbst, die Kaiserin gezwungen habe, daheim zu bleiben107. Tatsächlich verschied die kleine Agnes schon einen Monat später, am 8. Oktober 1184108. Der Sterbeort ist nicht überliefert. Keine sechs Wochen später war auch die Mutter tot. Beatrix starb am 15. November 1184 zu Jouhe bei Dole in Burgund109. Ihr Leichnam und der ihrer Tochter wurden nach Speyer überführt. In Anwesenheit ihres Sohnes, König Heinrich VI.110, wurde die Kaiserin wohl zusammen mit ihrer Tochter111 im Königschor des Doms feierlich beigesetzt. Soweit die Fakten, denen noch hinzuzufügen wäre, daß die Kaiserin offenbar dem Speyerer Dom zuLebzeiten112 ein kostbares Geschenk gemacht hatte. Für das Haupt des ehemaligen Papstes und Märtyrers Stephan soll die Kaiserin einen wertvollen Reliquienschrein gestiftet haben113. Für Odilo Engels ist dies der einzige Beleg dafür, daß „die Kaiserin auf eigenen Wunsch im Speyerer Dom“ bestattet werden wollte. „Insofern“, fügt er hinzu, „scheint Barbarossa keinen Einfluß auf die Auswahl der Grabstätte genommen zu haben“114. Allein, damit wird man sich nicht zufrieden geben können.Obwohl in der Forschung immer wieder darauf hingewiesen wurde115, daß zumindest jene Kinder des Kaiserpaares, die nördlich der Alpen starben116, im Kloster Lorch bestattet wurden117, wurde der Tatsache bislang anscheinend kaum Rechnung getragen, daß die Beisetzung der kleinen Agnes in Speyer nicht nur einen Bruch mit dieser Gewohnheit bedeutete, sondern darüber hinaus in noch stärkerem Maße auch einen Bruch mit der bisher gehandhabten Beisetzungstradition im Königschordes Doms. Wie bereits oben angesprochen wurde, war die Grablege bislang ausschließlich den gesalbten und gekrönten Kaisern sowie ihren ebenfalls gesalbten und gekrönten Gattinnen vorbehalten, nicht aber deren Kindern118.Der Grund hierfür ist nun aber durchaus nachzuvollziehen und dürfte ganz wesentlich mit dem religiösen Selbstverständnis des salischen Kaisertums zu tun haben. Danach verstand sich der

    dieses Aufsatzes kaum noch ins Gewicht.107 A s s m a n n , Barbarossas Kinder (wie Anm. 99) S. 457.108 Wir sind darüber nur informiert, weil bei der Öffnung ihres Grabes im Jahr 1309 auch ein heute verschollenes

    Bleitäfelchen aufgefunden worden war, auf dem Name und Todestag der Kaisertochter vermerkt war: Octavo idus Octobris Agnes filia Friderici Imperatoris obiit. Eine Jahreszahl ist nicht überliefert. Das Todesjahr wurde erschlossen. K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 957.

    109 C s e n d e s , Heinrich VI. (wie Anm. 105) S. 60; Theodor T o e c h e , Kaiser Heinrich VI. (= Jahrbücher der deutschen Geschichte Bd. 18), Leipzig 1867 S. 34 Anm.1 mit ausführlichen Quellenbelegen.

    110 Otto von St. Blasien, MGH SS rer. Germ. (47) S. 38.: presente Heinrico rege filio suo.111 Cronica St. Petri Erfordensis moderna, MGH SS rer. Germ. (42) S. 117-369, dort S. 193: Beatrix imperatrix una

    cum filia, licet parvula, . . . moritur et Spire sepelitur.112 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 239 ohne Beleg: „kurz vor ihrem Tod“.113 Iohannis Seffried de Mutterstadt, Chronica Praesulum Spirensis civitatis - 1478 (1513), in: Johann Friedrich

    B ö h m e r (Hg.), Fontes Rerum Germanicarum Bd. 4, Stuttgart 1868 dort S. 345: Ista imperatrix Beatrix fieri fecitcapsam magnam in summo altari reconditam, que in festivitatibus summis et in altari et in processionibus superponitur capiti sancti Stefani pape et martiris, in cuius quidem capse circumferentia hec habentur metra ...; E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 176 mit Anm. 450.

    114 E n g e l s , Grablege (wie Anm. 2) S. 239.115 Mit Beleg auf einen nur in später Abschrift überlieferten Epitaph in Versform, der im Kloster Lorch angebracht

    gewesen war (MGH SS XXIII S. 384) etwa Erich M a s c h k e , Das Geschlecht der Staufer, 2. Neudruck Aalen 1977 S. 58f. mit Anm. 173; B a a k e n , Altersfolge (wie Anm. 106) S. 15f. mit Anm. 103; A s s m a n n , Barbarossas Kinder (wie Anm. 99) S. 439ff.; G r a f , Staufer-Überlieferungen (wie Anm. 69) S. 228f. u.a.

    116 Zur Beisetzung der Ende 1184 ältesten Tochter unbekannten Namens A s s m a n n , Kinder (wie Anm. 99) S. 457 mit Anm. 95.

    117 Als letztes der Kinder des Kaiserpaares soll 1196 Konrad hier beigesetzt worden sein, der jüngere Bruder Kaiser Heinrichs VI. und Herzog von Schwaben. Von Durlach, Konrads Sterbeort, wurde er nach Lorch überführt, nicht zuletzt vielleicht auch deshalb, weil die schwäbischen Herzöge über die Vogteirechte in Lorch mit dem Kloster in besonderer Weise verbunden waren. T o e c h e , Heinrich VI. (wie Anm. 109) S. 440 mit Anm. 1; G r a f , Staufer-Überlieferungen (wie Anm. 69) S. 228; S e i b e r t , Frühe Staufer (wie Anm. 66) S. 35f.; allgemein dazu M a u r e r , Zu den Anfängen Lorchs (wie Anm. 66) 1-28.

    118 Vgl. oben S. X mit Anm. 27; nur der Vollständigkeit wegen sei darauf hingewiesen, daß es auch für eine Beisetzungvon Kaiser Heinrichs III. und der Kaiserin Agnes gemeinsamen frühverstorbenen Sohn Konrad, dem jüngeren Bruder des späteren Kaisers Heinrich IV., in Speyer keine schriftlichen Belege oder archäologischen Funde gibt. Siehe hierzu E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S. 88ff.

  • Kaiser als das weltliche Oberhaupt der abendländischen, römisch-katholischen Christenheit, was in eindrucksvoller, sinnfälliger Weise mit dem Bau des Speyerer Doms und dessen Wahl zur kaiserlichen Grablege veranschaulicht wurde, ja geradezu seine architektonische Verkörperung fand. Zur Ehre Gottes, durch dessen Gnade allein (dei gratia!) das römische Kaisertum gerechtfertigt und gleichermaßen legitimiert war119, errichteten die salischen Herrscher den damals größten Kirchenbau im christlichen Abendland als im wahrsten Sinne des Wortes hervorragendes steinernes Zeichen ihrer mit der Kaiserwürde verknüpften Verpflichtung gegenüber dem einzig wahren, dem christlichen Gott. Damit wurde der Speyerer Dom als ein imperial-sakrales Bauwerk von Anfang an über jeden anderen Kirchenbau im Reich, ja im gesamten Einflußbereich der römisch-katholischen Kirche gestellt und erhoben, und zwar insbesondere auch dadurch, daß die verstorbenen Kaiser an diesem für sie geradezu geheiligten Ort ihrer Auferstehung entgegensehen wollten. Die Erweiterung Speyers zu einer Familiengrabstätte hätte die Profanierung dieser Grablege bedeutet und sie demzufolge ihrer Einmaligkeit beraubt120. Es ist daher wohl auch kaum davon auszugehen, daß dem so auffällig traditionsorientierten Barbarossa dieses Selbstverständnis seiner salischen Vorgänger nicht bekannt gewesen war. Vielmehr dürfte seine eigene Überzeugung vom religiösen Selbstverständnis des Kaisertums und dessen göttlicher Legitimierung nicht allzu weit von jener Vorstellung entfernt gewesen sein, wenn sie nicht sogar deckungsgleich gewesen war. Die Beisetzung der kleinen Agnes - nicht etwa in der Krypta des Domes -, sondern im Königschor, steht deshalb in einem derart krassen Widerspruch zur bisher ausgeübten Bestattungspraxis in Speyer, daß es sich lohnt, hierbei etwas genauer hinzuschauen121.Wie Erwin Assmann in seiner bereits mehrfach erwähnten Abhandlung ermitteln und glaubhaft machen konnte, war Agnes das Nesthäkchen der kaiserlichen Familie gewesen122. Dieses jüngste Kind dürfte „um die Wende von 1178 zu 1179“123 bzw. „etwa Anfang 1179“124 geboren worden sein.Als das Mädchen im Oktober 1184 starb, war es demzufolge zwischen fünfeinhalb und sechs Jahrenalt125. Agnes war somit noch ein verhältnismäßig kleines Kind und dürfte zum Zeitpunkt ihres Ablebens kaum größer als einen Meter gewesen sein126. Man bestattete die kleine Prinzessin links neben ihrer Mutter in parva capsula, in einem kleinen Bleisarg127. Der von einem seidenen Tuch vollständig umhüllte Leichnam zerfiel bis auf die Knochen und das Haupthaar, als man im Jahre 1309 das Grab öffnete128, um darin auch den Sarg mit den sterblichen Überresten des im Juli 1298 in

    119 Dazu auch W e i n f u r t e r , Herrschaftslegitimation (wie Anm. 10) S. 90ff.120 Wenn E h l e r s , Metropolis (wie Anm. 8) S.91 schreibt: „Spätestens die Überführung Konrads auf die Harzburg

    durch Heinrich IV. zeigt, daß Speyer von diesem zunächst nicht als Familiengrablege der Salier verstanden wurde.“, wird man dem nicht zustimmen können. Denn der Königschor im Speyerer Dom war während der gesamten Salierzeit die Grablege der abendländischen Kaiser, aber eben niemals eine salische Familiengrablege.

    121 Einer der wenigen, der sich an dieser Auffälligkeit stieß, war Josef P r a u n , Die Kaisergräber, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 53 (1899) S. 381-427, dort S. 393. Die Erklärung, mit der er sich behalf und begnügte, ist durchaus nachvollziehbar, entbehrt jedoch jeder wissenschaftlichen Grundlage: „ . . . man wollte eben im Tode nicht trennen, die fast gemeinschaftlich aus dem Leben geschieden waren. Möglich auch, dass sie als das jüngste Kind und als (vielleicht einziges noch lebendes) Töchterlein neben so vielen Brüdern der Liebling der kaiserlichen Eltern war.“

    122 A s s m a n n , Barbarossas Kinder (wie Anm. 99) S. 453.123 Ebenda.124 A s s m a n n , Barbarossas Kinder (wie Anm. 99) S. 459.125 Assmanns Altersbestimmung der kleinen Agnes wird auch durch die anthropologische Untersuchung während der

    Grabung von 1900 indirekt bestätigt. Siehe K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 957 Anm. 34: „Die Rückschlüsse aus dem anthropologischen Befund auf das Lebensalter schwanken zwischen 6 und mehr als 10 Jahren;“ dort S. 1071: „Die Wirbelentwicklung entspricht etwa einem Lebensalter von 6 (?) Jahren."

    126 Obwohl die wenigen Knochen, die man bei der Grabung in Speyer von ihrem Skelett gefunden hatte nicht ausreichten, um daraus die Körpergröße genau zu ermitteln, bietet der bei Johann Friedrich B ö h m e r , Fontes rerum Germanicarum 4 (1868) S. 344f. abgedruckte Bericht des Johann Seffried von Mutterstadt über die Öffnung ihres Grabes im Jahr 1309 einen weiteren Beleg dafür, daß Agnes als kleines Kind gestorben sein muß: In cuius quidem tumuli apertione inventa est parva capsula, in qua effigies cuiusdam puellule, que quondam erat filia Friderici imperatoris, adhuc aliqualiter restabat cum corpusculo involuto cum panno serico.

    127 K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 955.128 Johann Seffried von Mutterstadt, Chronica (wie Anm. 113) S. 344f.: Quod corpusculum, cum manibus tractaretur,

    statim in pulverem est redactam et remanserunt ossa sola, et coma seu pili capitis integri apparebant.

  • der Schlacht bei Göllheim in der Pfalz gefallenen und zunächst im Kloster Rosenthal bestatteten Königs Adolf von Nassau beizusetzen. Spätestens jetzt aber sollte man stutzig geworden sein. Wie war es möglich, daß der Sarg mit dem Leichnam eines erwachsenen Mannes in einem Kindergrab Platz finden sollte? Darauf kann es nur eine plausible Erklärung geben: Der Sarg mit den Überresten der kleinen Agnes konnte seinerzeit nicht in einem Kindergrab beigesetzt worden sein! Diese Antwort zwingt dazu, die archäologischen Befunde aus der Grabung im Jahr 1900 in unsere Überlegungen mit einzubeziehen. Ausnahmslos alle Beisetzungen der salischen Kaiser und ihrer ebenfalls in Speyer bestatteten Frauen waren Sarkophagbestattungen gewesen129. Die steinernen Särge aus rotem oder gelbem Sandstein kamen also nicht in ein zuvor eigens vorbereitetes Grab, sondern wurden direkt in den Erdboden versenkt. Bei den beiden Gräbern, welche die Bleisärge mitden Leichnamen der Kaiserin Beatrix und ihrer kleinen Tochter Agnes aufnahmen, handelte es sich dagegen um Steinplattengräber130, die einen ummauerten Grabraum bildeten. Dieser Raum war durch senkrecht gestellte Platten unterschiedlichen Ausmaßes aus rotem Sandstein hergestellt worden, in welchen der Sarg versenkt und der später jeweils mit einer Monolithplatte abgedeckt und verschlossen wurde. Erstaunlicherweise waren die beiden unmittelbar benachbarten Gräber131 aber nicht baugleich. Das Grab der Agnes132 hatte die Außenmaße 210 cm/106 cm. Innen war es 75 cm breit und ca. 180 cm lang. Obwohl der Grabraum eine Innenhöhe von nur 33 cm aufwies, damit auffallend niedrig war und zudem 40 cm höher als der Grabboden des benachbarten Grabes lag, handelte es sich zweifellosum ein Grab, bei dessen Herstellung ganz offensichtlich nicht daran gedacht worden war, dort ein kleines Kind zu bestatten. Die Abmessungen des Grabraums deuten viel eher darauf hin, daß jenes Grab für eine erwachsene Person hergestellt wurde, welche zu Lebzeiten allerdings nicht größer als 160 - 165 cm gewesen sein durfte133.Ganz anders das Grab der Beatrix134. Dieser Grabraum, in dem der Sarg mit den Überresten der Kaiserin beigesetzt worden war, war in seinen Abmessungen signifikant größer. Die Außenlänge des Grabes betrug beachtliche 262 cm, hatte demzufolge eine Innenlänge von deutlich über zwei Meter. Auch war der Innenraum wesentlich großzügiger bemessen als bei dem benachbarten Grab. Er war leicht trapezförmig, die eine Seite 104 cm, die gegenüberliegende 88 cm breit, und er hatte ursprünglich eine Innenhöhe von ca. 50 cm gehabt. Zudem war dieses Grab auch tiefer in den Boden eingelassen. Der Grabraum bot somit problemlos Platz für eine Person von größerer Statur bzw. für einen voluminöseren Sarg oder gar einen Sarkophag. Trotz jener weiträumigeren Abmessungen war es aber zweifellos ein Grab, das ebenfalls für die Bestattung von nur einer Person ausgelegt war, nicht aber für zwei. Um im Jahr 1309 den Sarg mit den sterblichen Überresten König Albrechts I. in diesem, von der Kaiserin Beatrix belegten Grab zusätzlich unterbringen zu können, mußte der vorhandene Grabraum deshalb nach oben hin erweitert werden. Dies geschah durch eine ca. 35 cm hohe Aufmauerung mit Bruchsteinen, wodurch das ursprüngliche Aussehen des Grabes stark abgeändert wurde135. Danach erst war es möglich, die beiden Särge übereinander in diesem Grab zu versenken. Die Erkenntnisse um die ursprüngliche Beschaffenheit der beiden ältesten Gräber in der

    129 K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 955.130 K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 954ff., auch zum folgenden.131 Vgl. dazu den Lageplan bei K u b a c h / H a a s Dom (wie Anm. 12) Tafelband, dort die Tafeln 111 und 112.132 Dazu und zum folgenden K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 957.133 Der Sarg mit den Gebeinen König Adolfs von Nassau paßte auch nur deshalb in diesen Grabraum hinein, weil der

    König zu Lebzeiten von mittlerer Statur gewesen war. K u b a c h / H a a s Dom (wie Anm. 12) Textband S. 1084: „Die Körpergröße (Adolfs H.J.) ist eine mittlere, aus der Länge der erhaltenen Armknochen berechnet sie sich zu 1,64 m.“ Da der Leichnam der kleinen Agnes bei der Öffnung ihres Sarges zerfiel und lediglich die Knochen zurückblieben (Johann Seffried von Mutterstadt, Chronica S. 344f.: Quod corpusculum, cum manibus tractaretur, statim in pulverem est redactam et remanserunt ossa sola), wurden ihre Gebeine damals in einem eigenen Behältnis,einem Kästchen, im Sarg mit den Überresten Adolfs von Nassau wiederbestattet. K u b a c h / H a a s Dom (wie Anm. 12) Textband S. 1055: „. . .und seitlich in dem Grabe, mit den Bruchstücken eines Kästchens, wenige Gebeineeines jungen Kindes, ebenfalls ohne Kopf, Agnes.“

    134 Hierzu und zum folgenden K u b a c h / H a a s , Dom (wie Anm. 12) Textband S. 956.135 Abbildung in K u b a c h / H a a s Dom (wie Anm. 12) Bildband dort Bild Nr. 1443.

  • Königsreihe zwingen zu einer erstaunlichen Schlußfolgerung: Die kleine Agnes wurde in einem Grab beigesetzt, das nicht etwa aus Anlaß ihrer Bestattung in Speyer angelegt wurde, sondern welches zu diesem Zeitpunkt bereits existiert haben mußte! Für die Bestattung eines Kindersarges bedurfte es nicht der Anlage eines ummauerten G