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Dr. Reiner Selbach, Februar 2010 Seite 1 Der Statthalterhof im Spiegel historischer Urkunden der Antoniter Es mag sein, dass dem heimatgeschichtlich interessierten Betrachter der liebevoll gestalteten Krippe in St. Pankratius anstelle der Weihnachtsgeschichte oder vielleicht anstelle der Dreikönigsreliquien der tragische Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln in den Sinn kommt. Nämlich dann, wenn er schon einmal die für Junkersdorf heimatgeschichtlich so bedeutsamen Urkunden in Händen hielt, von denen nun niemand genau sagen kann, ob sie geborgen wurden und in welchem Zustand sie sich befinden. Zwei Information gleich vorweg: Erstens, die Verantwortlichen sind zuversichtlich, dass die Urkunden, die sich in einem Raum unter dem Verwaltungstrakt des Historischen Archivs befanden, bis auf wenige Ausnahmen gerettet wurden. Dennoch sind sie derzeit nicht nutzbar. Zweitens, die Urkunden befanden sich wirklich dort und nicht etwa im Landesarchiv NRW Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. Schenken Sie also bitte Texten, die ohne Überprüfung eine Quelle aus dem letzten Jahrhundert zitieren, wonach die Urkunden noch in Düsseldorf archiviert seien, keinen Glauben, denn tatsächlich sind die Urkunden bereits 1949 von Düsseldorf nach Köln gebracht worden, wo sie jetzt schließlich unter den Trümmern des Stadtarchivs landeten. Im Lesesaal des am 3. März 2009 eingestürzten Archivs in der Severinstraße gab es ein sogenanntes „Findbuch“ zum Bestand Nr. 202, in dem 484 Dokumente der Antoniter (= 3 Meter Akten) verzeichnet waren. Drei davon, die auch heute noch Bedeutung für Junkersdorf haben, wollen wir einmal näher betrachten. Diese Urkunden betreffen alle auch den in der Krippenszene dargestellten Hof, heute „Statthalterhof“, früher zunächst „Sterrenhof“, später auf lateinisch „villa dominicata“ und dann im Volksmund lange Zeit „Tönneshof“ genannt, der sehr lange im Besitz der Antoniter war. Die Urkunden sind jedoch auch wichtig für das Verständnis der Junkersdorfer Historie insgesamt. Unwidersprochen ist, dass die „Herrlichkeit Junkersdorf“ auf dem Gelände des Statthalter- hofs entstand. Die „Herrlichkeit“ war eine so genannte „freie Herrschaft“ im Erzstift Köln, die jeweils dem Eigentümer des Statthalterhofs zustand. Solche Frohnhöfe oder Vogteien waren in Anlehnung an römische und fränkische Rechtsstrukturen für die territoriale Rechts- prechung und steuerliche Verwaltung zuständig. Das Herrenhaus des Statthalterhofs,Ostseite. Von der ehemals freistehenden geschlossenen Hofanlage, die vermutlich Ende des 9. Jahrhunderts (also noch deutlich vor der ersten urkundlichen Erwähnung Junkersdorfs 962) errichtet wurde, ist nur das barocke Herrenhaus von 1785 sowie ein Teil eines Flügelbaus erhalten (Fotos R. Selbach, 2008).

Der Statthalterhof Im Spiegel Historischer Urkundender Antoniter_2010-02

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Der Statthalterhof im Spiegel historischer Urkunden der Antoniter Es mag sein, dass dem heimatgeschichtlich interessierten Betrachter der liebevoll gestalteten Krippe in St. Pankratius anstelle der Weihnachtsgeschichte oder vielleicht anstelle der Dreikönigsreliquien der tragische Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln in den Sinn kommt. Nämlich dann, wenn er schon einmal die für Junkersdorf heimatgeschichtlich so bedeutsamen Urkunden in Händen hielt, von denen nun niemand genau sagen kann, ob sie geborgen wurden und in welchem Zustand sie sich befinden. Zwei Information gleich vorweg: Erstens, die Verantwortlichen sind zuversichtlich, dass die Urkunden, die sich in einem Raum unter dem Verwaltungstrakt des Historischen Archivs befanden, bis auf wenige Ausnahmen gerettet wurden. Dennoch sind sie derzeit nicht nutzbar. Zweitens, die Urkunden befanden sich wirklich dort und nicht etwa im Landesarchiv NRW Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. Schenken Sie also bitte Texten, die ohne Überprüfung eine Quelle aus dem letzten Jahrhundert zitieren, wonach die Urkunden noch in Düsseldorf archiviert seien, keinen Glauben, denn tatsächlich sind die Urkunden bereits 1949 von Düsseldorf nach Köln gebracht worden, wo sie jetzt schließlich unter den Trümmern des Stadtarchivs landeten. Im Lesesaal des am 3. März 2009 eingestürzten Archivs in der Severinstraße gab es ein sogenanntes „Findbuch“ zum Bestand Nr. 202, in dem 484 Dokumente der Antoniter (= 3 Meter Akten) verzeichnet waren. Drei davon, die auch heute noch Bedeutung für Junkersdorf haben, wollen wir einmal näher betrachten. Diese Urkunden betreffen alle auch den in der Krippenszene dargestellten Hof, heute „Statthalterhof“, früher zunächst „Sterrenhof“, später auf lateinisch „villa dominicata“ und dann im Volksmund lange Zeit „Tönneshof“ genannt, der sehr lange im Besitz der Antoniter war. Die Urkunden sind jedoch auch wichtig für das Verständnis der Junkersdorfer Historie insgesamt. Unwidersprochen ist, dass die „Herrlichkeit Junkersdorf“ auf dem Gelände des Statthalter-hofs entstand. Die „Herrlichkeit“ war eine so genannte „freie Herrschaft“ im Erzstift Köln, die jeweils dem Eigentümer des Statthalterhofs zustand. Solche Frohnhöfe oder Vogteien waren in Anlehnung an römische und fränkische Rechtsstrukturen für die territoriale Rechts-prechung und steuerliche Verwaltung zuständig.

Das Herrenhaus des Statthalterhofs,Ostseite. Von der ehemals freistehenden geschlossenen Hofanlage, die vermutlich Ende des 9. Jahrhunderts (also noch deutlich vor der ersten urkundlichen Erwähnung Junkersdorfs 962) errichtet wurde, ist nur das barocke Herrenhaus von 1785 sowie ein Teil eines Flügelbaus erhalten (Fotos R. Selbach, 2008).

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Urkunde von1280: Wie es zum Namen „Sterrenhof“ kam Die erste bedeutsame Urkunde ist eine besonders eindrucksvolle mit ursprünglich neun und zuletzt noch sieben erhaltenen Siegeln. Sie ist die älteste Urkunde des Antoniterbestandes und gleichzeitig die älteste Urkunde zum Statthalterhof. Aus dem lateinischen Text lässt sich der ältere Name „Sterrenhof“ herleiten, denn der Name „Sterrenhof“ geht sicherlich auf jenen Hermann Sterre („Hermano da Sterre“) und seine Gattin Agneta zurück, die gemäß dieser Urkunde am 29. November 1280 den Hof hinter der Kirche mit 108 Morgen Land zu je 19 Solidos von Daniel von Bachem und seiner Ehefrau Sophia erwarben. Der Verkäufer Daniel von Bagheym (Sohn von Winrich von Bagheym und seiner Gemahlin Sophie) ist Nachkomme des des kölnischen Rittergeschlechts Scherffgen, dass politischer Inhaber der Dörfer Bachem, Frechen, Buschbell und Junkersdorf war. Mit der Übertragung des Hofes wird auch die Herrlichkeit übertragen. Damit geht die Recht-sprechung für die Burschaft von Junkersdorf auf den Eigentümer über aber auch und das Recht mit Hilfe der Halfen und der Lehensleute und die Wege und Wasserstellen (wie zum Beispiel das „Himmelreich“ an der danach benannten Straße Am Himmel) in Ordnung zu halten“. Urkunde von 1280 aus dem im März 2009 eingestürzten historischen Archiv der Stadt Köln, Bestand 202, Antoniter, Nr. 1/2/1 im Findbuch mit vergrößertem Ausschnitt (Foto R. Selbach, Januar 2009).Die Namen von Verkäufer und Käufer sind gut zu erkennen.

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Urkunde von 1425: Die Antoniter begründen ihre örtliche Herrschaft Die zweite im Zusammenhang mit dem Hof und der Geschichte Junkersdorf besonders interessante Urkunde, die hoffentlich aus den Trümmern des Archivs gerettet wurde, stammt aus dem Jahre1425. In diesem Jahr begründen die Antoniter ihre fast 4 Jahrhunderte währende Herrschaft über die Herrlichkeit Junkersdorf. Die zwischenzeitlichen Eigentümer, „Ludolph Lampe und Drutgyn“ verkauften am 10. März 1425 gemäß dieser Urkunde den "hoff genant der Sterenhoff mit alle dem artlande …in dem kirspel van Guntersdorp geleigen, " für 1100 rheinische Gulden an den "erwirdigen geistlichen Herrn broider Peter van Bellon, meister ind gebieder des huyss tzo sent Anthonys in Coelne". Abb. links: Ausschnitt aus der Urkunde von 1425 aus dem 2009 eingestürzten historischen Archiv der Stadt Köln, Nr. 181/3/170 im Findbuch (Foto R. Selbach, Januar 2009). Abb. rechts: Der Sterrenhof „hinder der kirchen“; Ausschnitt aus bekannten Karte von 1777. Die Herrlichkeit Junkerdorf endet erst im Zuge der Sekularisation im Jahre 1798. Die Kölner Antoniter waren schließlich noch bis 1802, also fast vier Jahrhunderte, Eigentümer des Hofes und somit die Herren über Junkersdorf. Daher wurde der „Hof von St. Antony“ im Volksmund noch lange „Tönneshof“ (vom kölschen Tönnes/Tünnes für Anton oder Antonius) genannt. Urkunde von 1489: Das Schöffensiegel Der „Tönneshof“ war Sitz des örtlichen Schöffengerichtes. Von diesem Gericht zeugt heute noch das Schöffensiegel des "Hohen Gerichts" vom Jahre 1489 also in der Anfangszeit der langen Herrschaft des Antoniterordens. Das in Junkersdorf recht gut bekannte Siegel, das heute noch stilisiert im Wappen der Maigesellschaft Junkersdorf e.V. zu finden ist und von dem es zur 1000-Jahr-Feier im Jahre 1962 eine stilisierte Plastiknachprägung gab, die vermutlich der ein oder andere Bürger verwahrt hat, hängt im Original an der dritten hier vorgestellten Urkunde. Das Siegel, zeigt mit St. Antonius (für den Tönneshof) und St. Gereon (für den Frohnhof) die Patrone des Klosters des hl. Antonius und des Stifts St. Gereon, also der beiden Kölner Konvente, die in Junkersdorf reichen Grundbesitz und Einfluss hatten.

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Für die Antoniter steht (links) der Heilige Einsiedler Antonius Abbas mit Kreuzstab, Glocke und dem Antoniterkreuz auf dem Wppen (links, fast vollständig in der Legende). Das „T“-förmige „Antoniuskreuz“, „Antoniterkreuz“ oder „Taukreuz“ (lat. „crux commissa“, d.h. „aneinandergefügtes Kreuz“) steht dabei freilich nicht für das „T“ als Anfangsbuchstaben für „Tünnes“ wie mancher Kölner vermuten mag, wenngleich sich die Bezeichnung „Taukreuz“ auch ganz einfach von der Buchstabenform, nämlich dem griechischen Buchstaben Tau bzw. dem hebräischen Buchstaben Taw ableitet. Der „T“-förmige Kreuz der Antoniter ist wohl vielmehr aus der frühen Darstellung des Heiligen Antonius des Großen entstanden, der meist (z.B. am Isenheimer Altar) mit einem Stab (urspünglich wohl dem Wandestab des Heiligen) dargestellt wird, welcher in einem „T“-förmigen Kreuz ausläuft. Das ist beim Junkersdorfer Schöffensiegel auch der Fall, wenngleich spätere Zeichnungen und Nachbildungen einen Kreuzstab zeigen. Da sich die Antoniter der Krankenpflege widmeten, wird das Antoniterkreuz regelmäßig auch als Krücke für Gelähmte gedeutet, die an der durch den Mutterkornpilz (claviceps purpurea) an Roggenähren ausgelösten und „Antoniusfeuer“ genannten Seuche erkrankten. So wurde also aus dem Wanderstab der stilisierte Krückstock. Auch die abgebildete Glocke in der linken Hand des Heiligen Antonius hat ihre Bedeutung. Sie weist auf Allmosensammlungen hin. Die benötigten Geldmittel für die Krankenpflege wurden durch sogenannte „Terminierer aufgebracht. Zu erkennen an dem hellblauen Taukreuz, das sie an ihrem schwarzen Mantel trugen, durchstreiften sie mit päpstlichen Empfehlungen, oft eine Reliquie („Heiltumb") mit sich führend, alljährlich die Region. Bei ihren Kollekten machten sie sich mit (teilweise auch am Wanderstab angebrachten) Glöckchen bemerkbar. St. Gereon (rechts) erkennt man am Wappen des Stiftes St. Gereon auf dem Schild. Als Heerführer in Ritterrüstung hält er eine Fahne mit dem Kreuzzeichen. Das bedeutungsvollere und weitaus am meisten begüterte Stift St. Gereon scheint somit die Antoniter unter seinen Schutz zu stellen, wobei die Antoniter Wert darauf legten, dass die „Herren von St. Gireon“ in „gemehntsachen nicht mit zu reden“ hätten. Dies mag sich im Zeitverlauf auch geändert haben denn es wird vermutet, dass der „Tönneshof“ und der Frohnhof (im Besitz des Stift St. Gereon) sich zeitweise die Zuständigkeiten teilten und daher das Siegel mit den Patronen beider Konvente gemeinsam benutzen. In der Legende am Rand des Siegels liest man bei späteren Zeichnungen und Nachbil-dungen häufig „Siegel der Schöffen von Junkersdorf“. Tatsächlich kann man links oben eher entziffern: „S. des hohe(n)“ und rechts oben „Gerichtz“. Die Schrift im unteren Teil kann man leider beim besten Willen nicht mehr entziffern. Kommen wir nochmals zurück zum „Taukreuz“ am Beginn dieser Legende, das in der Mythologie des alten Orients als Zeichen der assyrischen Herrscher die Vollendung symbolisiert und das ebenso zum Symbol des Franziskanerordens wurde:

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Abb. links: Zeichnung des Siegels des „Hohen Gerichts zu Gunterstorp“, bekannt als „Schöffensiegel“. Abb rechts: Das „Schöffensiegel“ im Original an der Urkunde von 1489 aus dem historischen Archiv

der Stadt Köln (eigenes Foto). Das Taukreuz ist gut zu erkennen.

Abb. links: Urkunde von 1489 aus dem 2009 eingestürzten historischen Archiv der Stadt Köln, Nr. 310/3/284 im Findbauch (eigenes Foto). Abb. rechts: Detail aus dieser Urkunde (eigenes Foto). Neben dem Namen des Käufers erkennt man auch die Ortsbezeichnung „Gunterstorp“.

Abb. links: Wappen der Gemeinde Lövenich mit dem Taukreuz für Junkersdorf vom 9. Januar 1937. Abb rechts: Schlussstein in der Antoniterkirche der Schildergasse (http://www.antonitercitykirche.de)

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Interessanterweise findet das Wappen des Antoniterklosters mit dem Taukreuz am 9.1.1937 auch Eingang in das Wappen der Gemeinde Lövenich, das heute viele jüngere Menschen, die 1975 die Eingemeindung nach Köln nicht mehr bewusst miterlebt haben, nicht mehr kennen aber etwa im Karneval an dem gemeinsamen Kinderdreigestirn aus Lövenich, Weiden und Junkersdorf oder auf vielerlei Karnevalsorden der Großen Junkersdorfer Karnevalsgesellschaft von 1973 e.V. entdecken können. Das alte Gemeindewappen setzt sich aus Elementen der Orte Junkersdorf, Lövenich und Königsdorf zusammen. Neben dem Junkersdorfer Antoniterkreuz sind dies das Johanniterkreuz für Lövenich und der Pfeil als Attribut des Heiligen Sebastianus für Königsdorf. Das Taukreuz führt uns abschließend auch noch in die Antoniterkirche auf Schildergasse in der Kölner Innenstadt. Dort zur Decke blickend findet man das Taukreuz in leuchtendem Gold auf rotem Hintergrund auf dem zweiten Schlussstein des Deckengewölbes. Die Kirche der Antoniter in der Schildergasse wurde in der Zeit von 1350 bis 1378 erbaut, also von der Vollendung gerechnet etwa 50 Jahre bevor die Antoniter den Besitz in Junkersdorf erwarben. Das Grundstück hatten die Antoniter aber schon 1298 bei der Auflösung des Bettelordens der Sackbrüder erhalten. 1802, im Zuge der Säkularisation während der französischen Besatzung des Rheinlandes, wurde den Protestanten, denen erstmals das Recht der freie Religionsausübung zugestanden wurde, die Antoniterkirche und die angrenzenden Gebäude zugesprochen. Im weniger bedeutenden Text der Urkunde geht es um den Verkauf des „Wyntrudengutes“ und des „Potzwylregutes“ in „Gunterstorp“ von Dr. jur. „Johann vom Hyrtze“ und seiner „Ehefrau Grietgen Roitkirchen“ an „Arnould Ruydtz“. Bezeugt wird das vor den Geschworenen und Lehenleuten des „Hohen Gerichts zu Gunterstorp an der Linde“ und vor den Geschworenen v. S. Anthoenis“. Das Ende der „Herrlichkeit Junkersdorf“ und der Name „Statthalterhof“ Heute wird der Hof als „Statthalterhof“ bezeichnet. Zu diesem Namen kam er schon zur Antoniterzeit, weil das Kloster St. Antony rechtlich allein vertreten wurde durch seinen Praeceptor generalis in Frankfurt, den Statthalter, der wiederum durch den Pächter des Hofes, den „Statthalfen“, sowie durch zwei Schöffen, in wichtigen Angelegenheiten auch durch den Prior von St. Antony vertreten wurde. Einer der Halfen während der Herrschaft der Antoniter ist übrigens 1696 Johann Herr(i)ger (Sohn des Stüsserwirthen am Nippes). Dieser heiratet als Witwer Christina Clemens (St. Gertrudshof). Deren am 12. Januar 1716 geborener Sohn Wilhelm Herriger spielt auch eine besondere Rolle für Junkersdorf. Er war nämlich 22 Jahre lang Abt von Brauweiler und schenkte der Junkersdorfer Pfarrkirche am 1. August 1765 Reliquien des heiligen Pankratius. Der Abt starb am 4. Juli 1778 „am Schlage“. Hierzu darf ein weiterer kleiner Exkurs nicht fehlen: Das Reliquar wurde nämlich 1919 von Einbrechern gestohlen, woraufhin die Pfarrei 1928 Ersatz aus der Lipsanothek in Rom erhielt (vermutlich zu dieser Zeit aus der Lateranbasilika, da die Reliquien erst 1966 wieder in der Basilika S. Pancrazio überführt wurden).

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Der Heimatforscher Dünn fand 1896 in den Kirchenbüchern außerdem noch folgende Statthalfen 1629 Kneustgen, 1636 Knisgen, Peter Damen und Margaretha Höningen, 1676 Friedrich Wermelskirchen, 1739 Jacob Knapp (durch Heirat von Margaretha Herriger), 1783 Fredericus Paefgen und Christine K(n)app. Der Statthalterhof wurde während der napoleonischen Besatzung schließlich verstaatlicht und am 28. Dezember 1812 von der französischen Präfekturverwaltung für 45.300 Francs an den Weinhändler Adrian Konstantin Josef Schmitz de Prée (ab 1816 auch hälftiger Besitzer des Lammetzhofs) verkauft. Dessen Erben verkauften 1834 wiederum an den Dompropst und späteren Weihbischof Anton Gottfried Clässen. Um 1896 kaufte die Stadt Köln den Hof, deren letzter Pächter bis nach 1950 der Landwirt Matthias Bauer („Buursch Matthes“) war. Nach dessen Tod erwarb Sophie Stegemann, eine Nichte von Franziskus Graf Wolff Metternich zur Gracht, das Anwesen. Zeitweise diente der Besitz als Reitschule.

Rückansicht (Westseite) des Statthalterhofs (Foto Weingarten 1962 zur Tausendjahrfeier)

Frau Stegemann verkaufte schließlich das Gelände an eine Wohnungsgesellschaft, die das Grundstück nach dem Abriss der Wirtschaftsgebäude zu dichter Wohnbebauung nutzte. Frau Stegemann wanderte nach Kanada aus. Das Herrenhaus blieb als ihr Eigentum erhalten und bildet immer noch den Endpunkt der Statthalterhofallee. Aktueller Eigentümer ist deren Sohn Friedrich Karl Stegemann, der weiter in Kanada lebt.

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Quellen: Clemens, Hans: 1000 Jahre Junkersdorf, Weiden 1962. Clemens, Hans: Die Gemeinde Lövenich im Spiegel der Geschichte, Beiträge zur kölnischen Geschichte, Sprache, Eigenart, hrsg. vom Heimatverein Alt Köln e.V., Band 56, Köln 1975. Dorfgemeinschaft Junkersdorf (Hrsg.): 1025 Jahre Junkersdorf, Festwoche vom 3.-11. Oktober 1987, (Redaktion: Ursula Ehlen, Leni Müller, Fritz Franken und Dr. Helmut Fußbroich). Dünn, Johann: Geschichte der Ehemaligen Herrlichkeit Junkersdorf bei Köln, Heft I der Geschichte der Gemeinde Lövenich, Köln 1896. [Johann Heinrich Dünn (1858-1918) lebte zeitweise auf dem Wickrather Hof mitten in Uesdorf, und war Gemeindeverordneter von Lövenich). Wintzen, Johann Michael: Carte Anno 1777. Die von „Landmeßer“ Johann Michael Wintzen (aus Erpel) gefertigte Karte zeigt das damalig Junkersdorf mit allen umliegenden Feldern. Sie ist durch die Verwendung auf der Titelseite der Kirmeshefte der Dorfgemeinschaft in Junkersdorf allgemein bekannt. Selbach, Christoph P. / Selbach, Dr. Reiner: Junkersdorfer Höfe. Eine Übersicht über die Entwicklung Junkersdorfs am Beispiel der landwirtschaftlichen Höfe rund um die alte Dorf-kirche in Köln-Junkersdorf mit Bezug auf eine Landkarte aus dem Jahre 1777 Köln-Junkersdorf, 2008. Im Internet auf den Seiten der Maigesellschaft Junkersdorf e.V. und der Großen Junkersdorfer Karnevalsgesellschaft veröffentlichter Aufsatz. Hundgeburth, Franz-Josef: Die Herrlichkeit Junkersdorf und der Statthaltershof, aus dem Wendelinusboten. Welters, Dr. H.: Die Antoniter und der Statthalterhof in Junkersdorf, in: Zwischen Scholle und Grube, Heimatblätter für den Landkreis Köln, 5. Jg. 1951, S. 55 f.