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Rebus: Welches Land in Europa suchen wir? Diesmal zu gewinnen: Sonntagsbrunch für zwei Personen in der Sudpfanne Lösungen an: [email protected] Die Lösung des letzten Rätsels lautet Malta. Der Gewinner ist Martin Ekardth. Herzlichen Glückwunsch! Tip-Rätsel s Vor einem komplett gefüllten Audimax hielt Dr. h. c. Joachim Gauck die zehnte Weihnachts- vorlesung an der Universität Bay- reuth. Im Zentrum seines Vor- trages stand die wechselseitige Beziehung von Freiheit und Ver- antwortung. Dabei ging Gauck auf die DDR und sein Erleben der Wiedervereinigung, sowie die gegenwärtige deutsche Gesell- schaft ein. (bb, lk) Ob Joachim Gauck wohl auch als Bundespräsident die Weihnachtsvorlesung 2010 gehal- ten hätte? Wohl kaum. Und so hat es doch auch sein Gutes, dass er sich weiterhin lediglich als „pensi- onierter Bürgerrechtler“ engagiert und Vorträge hält. Seine Vorlesung wurde von Prof. Dr. Eckhard Nagel eingeleitet, der zuerst darauf hin- wies, dass Joachim Gauck an der Uni Bayreuth nicht unbekannt ist: Er hielt die erste Weihnachtsvor- lesung 2001, damals zum Thema „Der 11. September und die Fol- gen: Wie wehrhaft ist die Demo- kratie?“. Nagel hob die Bedeutung der Universitäten als „Grundlage für die Weiterentwicklung unseres Landes“ hervor und kritisierte die „Ökonomisierung der Lebenswel- ten“, die verhindere, dass man sich beispielsweise als verantwortungs- voller Bürger in der Demokratie einbrächte. Damit übergab er das Rednerpult an Joachim Gauck. In der Vorlesung ging Gauck als erstes auf seine Kandidatur für das Bundespräsidentenamt ein. Die enorme Sympathie und Zu- stimmung, welche ihm entgegen- gebracht wurde, sei sehr überra- schend für ihn gewesen. „Ich bin doch nicht Lena“, sagte er mit ei- nem augenzwinkernden Seitenhieb auf Lena Meyer-Landruts Grand Prix-Sieg und die damit verbun- dene nationale Euphorie. Überra- schend wäre der Zuspruch für ihn vor allem deswegen gewesen, weil es sich immer einer Minderheit angehörig gefühlt habe: Großen Teilen der Gesellschaft erschei- ne Besitz und Wohlstand als das Wesentliche und Schützenswerte. Gauck sprach von einem „virtuellen Artikel 1: ‚Die Besitzstandswah- rung ist unantastbar‘“. Im Gegen- satz dazu sei für ihn, bedingt durch seine Kindheit in einem totalitären System, die Freiheit das wichtigste Gut im öffentlichen Raum. In der DDR erlebte er das plötzli- che Verschwinden seines Vaters in einem Straflager, ohne rechtmäßi- gen Prozess, ohne auch nur eine Mitteilung. Alle offiziellen Stellen wiesen seine Mutter ab. Als aber dieses Regime der Unfreiheit dann 1989/90 unterging, hätten viele DDR-Bürger es versäumt, die ge- wonnene Freiheit als solche zu le- ben, so Gauck. „Befreiuung ist wie Hochzeit – ja, und frei leben, das ist dann wie Ehe.“ Freiheit bedeu- te Verantwortung zu übernehmen. „Zu leben als Bezogener“, also wie in einer Beziehung zu jemanden, so Gauck wörtlich. „Die Bekloppten“ gingen immer wählen. Wenn man selbst nicht bereit sei, Verantwor- tung zu übernehmen, müsse man sich nicht wundern, wenn man nicht wie gewünscht vertreten wer- de. Auch heute sei die Bereitschaft dazu bei vielen nicht vorhanden. Dass eine so breite Bewegung für seine Kandidatur auf das Amt des Bundespräsidenten gegeben habe, wertete er dennoch als ein Signal dafür, dass die Bürger nicht nur Konsumenten sein wollten, son- dern in Sorge um ihr Land seien und sehr wohl gute Politiker woll- ten. Gauck wandte sich in seiner Rede stark gegen grundlegende System- kritik. Bevor man die Abschaffung eines Systems als ganzes fordere, müsse man erst einmal eine durch- dachte Alternative anbieten. Sonst sei Systemkritik nur ein leerer Fluchtversuch. Dies mag vor allem politisch links stehenden Zuhörern ein Wermutstropfen in seiner Rede gewesen sein. Hier zeigen sich Gaucks eigentlich ja konservative Wurzeln, die, insbesondere als er zum Bundespräsidenten kandidier- te, mutmaßlich von weiten Teilen der Bevölkerung nicht wahrge- nommen wurden. Auf welcher Sei- te des politischen Spektrums man sich selbst auch einordnen mag, die Frage ist, ob Gaucks Einstellung zur Systemkritik wirklich so falsch ist. Er schloss mit den Worten: „Wenn wir Fähigkeit zur Verantwortung haben, dann ist Zukunft da für unser Land.“ Es folgten mehrere Minuten stehender Applaus. Auch ein etwas unpassender Bandeinsatz der Big Band, welche die Veranstal- tung begleitete und unglücklicher- weise in den Applaus hereinspiel- te, tat der besonderen Stimmung keinen Abbruch. Als jemand, der dabei war, kann ich sagen, dass ich in diesem Moment eine Gänsehaut hatte. Nun ist der Gedanke, dass eine Demokratie nur überleben kann, wenn es engagierte Bürger in ihr gibt, ja so neu nicht. Aber dennoch, in der Art wie Joachim Gauck es ausdrückte, hatte es eine Lebendigkeit, die jedem der zu- hörte, deutlich machte, dass dieses Thema für jeden selbst relevant ist. Und dass es tatsächlich wichtig ist, danach zu leben. Prof. Nagel dankte ihm im An- schluss für seine „Fähigkeit, nicht nur unsere Köpfe, sondern auch unsere Herzen anzusprechen“. Jawohl, dachte ich, da ist was dran. Und genau das ist eine Fähigkeit, die fast allen unseren amtierenden Politikern so dramatisch fehlt. Keine Freiheit ohne Verantwortung Zur Weihnachtsvorlesung des vergangenen Jahres sprach Joachim Gauck über sein Lebensthema: Die Freiheit Dioxin: Ob die Vegetarierquote in der Mensa jetzt steigt? 13. Januar 2011 • Nr. 440 37. Semester • www.tipbt.de 2011 – Wunderbar Von Stefan Karnitzschky Was für ein Jahr! 2010 glänz- te mit Hochgebirgen, angefan- gen bei Klimagipfeln wie einst Floppenhagen und Scheinhei- ligendamm. „Unsere Erde hat nur noch 20 Jahre!“, na herrlich, wenn sie weg ist, fährt man halt woanders in Urlaub. Nach Haiti oder Pakistan beispielsweise. Be- troffenheitsorgie und Spenden- gala sind da die Zauberworte. Die hunderttausend Toten sind ja nicht nur Opfer von Natur- katastrophen geworden. Nein, diese ungeheure Zahl haben auch wir zu verantworten, durch unsere Ausplünderung und Aus- beutung. Unsere Lebensweise hat dazu geführt, dass die Leid- tragenden nicht mal mehr ein anständiges Dach über dem Kopf hatten. Aber so etwas kommt in Sondersendungen nie gut. Weiter beim Integrationsgipfel mit dem Schlagwort „Multikulti ist tot!“. Das war jetzt sogar mehr als ein Wort. Wissentlich schafft sich Deutschland auch noch ab, denn während Millionen Deut- sche abends im Bett Sarrazins Kassenschlager schmökern, wird so ja nicht für den dringend erforderlichen Nachwuchs ge- sorgt. Es ist schockierend. Dann Arbeitsmarkt- und Konjunktur- gipfel, wo das Wachstum per Gesetz verpflichtend beschlos- sen wurde. Überragend! Wäre da nicht diese blöde Rezession ge- wesen. Also gilt weiter der Auf- ruf: Taschendiebe meldet euch beim Finanzministerium zwecks Schuldenabbau und ihr Chemi- ker und Biologen, löst endlich das Rentenproblem. Oder ist man schon dabei? Seit Monaten mampfen wir bereits dioxinver- seuchtes Fleisch, Ei oder Milch- produkte, weil niemand was be- merkt hat. Zu viel Geldgier? Zu wenige Kontrollen? Rätsel über Rätsel, aber die Zeit heilt alle Wunden, außer Krebs. So, positiv soll man aufhören. „Nur womit?“, wird zu Recht ge- fragt werden. Wie kann man bei solchen Erinnerungen und Aus- sichten überhaupt noch schla- fen? Tja, das hängt ganz davon ab, verehrte Leserinnen und Le- ser, ob nachts das Licht ein- oder ausgeschaltet wird. In diesem Sinne ein gesundes neues Jahr. Vorwort – Anzeige – Donnerstag, 13.1. (kh) I‘m a Impro, Improthea- ter, ab 19.30 Uhr im Podium. // Mein Kampf, Farce von George Tabori, ab 20 Uhr in der Stu- diobühne. // iLLBiLLY HiTEC, Dub/Breakbeat/Dubstep, ab 21 Uhr im Glashaus. Freitag, 14.1. Ingolf Lück – „Lück im Glück“, ab 20 Uhr im ZENTRUM. // Daydreamer, Coverrock, ab 20.30 Uhr im Podium. // „Party Safari Vol. II“, Electro, HipHop, Partytunes by DJ Peny, ab 21 Uhr im Borracho. Samstag, 15.1. Otello darf nicht platzen, Pre- miere, ab 20 Uhr im Branden- burger Kulturstadl. // Mein Kampf, Farce von George Tabo- ri, ab 20 Uhr in der Studiobüh- ne. // 12-Stunden-Party, mit Dougles Greed, ab 21 Uhr im Glashaus. // Night of the Profs, DJ-Abend mit den Professo- ren Egger, Schäfer, Napel und Leible hinter den Turntables. Unterstützt werden durch die Erlöse dieses Abends die Initi- ativen „Offroadkids“ und „Der bunte Kreis Bayreuth“. Ab 21 Uhr im Sophie's. Sonntag, 16.1. Jugendchor „St. Peters Chora- le“ aus Australien, ab 17 Uhr in der Evang. Kirche St. Johannis. // Delikatessen: Kinshasa Sym- phony, Vorstellungen um 17 und 20 Uhr im Cineplex. // Ki- limandscharo, Geographisches und Medizinisches vom Dach Afrikas, ab 19 Uhr im Gym- nasium Christian-Ernestinum. // Charles Gayle Trio, Freejazz aus New York, ab 20 Uhr im Podium. Montag, 17.1. The Bishops, Britpop/Indie/ Rock, ab 21 Uhr im Glashaus. Dienstag, 18.1. Filmforum: „Das Geheimnis der Buschleute“, ab 20 Uhr in der ESG. Mittwoch, 19.1. Delikatessen: Kinshasa Sym- phony, Vorstellungen um 17 und 20 Uhr im Cineplex. // Ethikcafe: „iPhone – also bin ich“, ab 19.30 Uhr im Café Ros- si. // Mein Kampf, Farce von George Tabori, ab 20 Uhr in der Studiobühne. Kurz-Tips Der Tip www.tipbt.de Keine Panik! Das neue Jahr startet mit vielen interessanten Vorträgen Seminar der Gründungs- und Erfinderberatung (kh) Heute von 18 bis 20 Uhr findet im S110 (AI) ein von der Gründungs- und Erfinderberatung organisiertes Seminar über „Rechtliche Grundfra- gen der Existenzgründung“ statt. Re- ferent ist Rechtsanwalt Klaus Dier- kes. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung ist jedoch erforder- lich (telefonisch unter 0921/55-7608 oder per Mail an gruendungsbera- [email protected]). Religionswissenschaftliches Nachtcafé Der Alumniverein der Bayreuther religionswissenschaftlichen Studien- gänge e. V. lädt am Freitag zu Vor- trägen im Glashaus ein, die zeigen sollen, wie vielfältig und spannend Religionswissenschaft sein kann. Dabei wird es Beiträge zu aktuellen Themen wie „Sport und Religion“ (beispielsweise Fußballstadien als Kathedralen des 21. Jahrhunderts oder Herausforderungen muslimi- scher Bundesligaprofis während des Ramadans) oder „Umwelt und Reli- gion“ (Ist der Buddhismus wirklich eine umweltfreundliche Religion? Das Christentum – ein Klimakiller? Neo-Pagane – die neuen Ökos?) ge- ben. Im Anschluss der Vorträge findet sich dann ausreichend Gelegenheit in gemütlicher Runde, bei Bier, wei- teren Getränken und Lounge-Musik die Themen zu vertiefen und/oder das Studium der Religionswissen- schaft näher kennenzulernen. Beginn ist um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Keine Panik! – Physik der Fußgän- gerdynamik und Evakuierungspro- zesse Am Dienstag findet um 18 Uhr im H19 (NW II) ein von Studenten or- ganisierter Physikvortrag im Rah- men des Physikalischen Kolloquiums statt. Der Verkehrsphysiker Prof. Dr. Andreas Schadschneider von der Universität zu Köln wird über das Thema „Keine Panik – Physik der Fußgängerdynamik und Eva- kuierungsprozesse“ reden. Durch den guten Bezug zum Alltagsleben lassen sich, auch ohne tiefergehen- de Vorkenntnisse, interessante Er- kenntnisse über Fußgängerdynamik und Evakuierungsprozesse aus dem Vortrag gewinnen. Dabei wird Prof. Schadschneider unter anderem Fra- gen wie „Aber wie entsteht eigentlich eine Massenpanik und wie kommt es dadurch zur Katastrophe?“ oder „Welche Präventionsmaßnahmen sind notwendig?“ aus der Perspektive der theoretischen Physik beleuchten. Anschließend findet ein Stehemp- fang statt, der ein Forum für an- schließende Diskussionen unter den Gästen und mit dem Referenten bie- ten wird. Für Verpflegung ist gesorgt. Let's Debate! (bb) Die englische Debating Union Bayreuth hält am Samstag ab 10 Uhr in den Räumen S21 und S22 (GEO) ihr erstes Inhouse-Tournament ab. Alle Interessierten sind herzlich will- kommen, zum Zusehen und auch Mitdiskutieren. Debattiererfahrung ist gern gesehen, aber keine Voraus- setzung. Anmeldung unter sebbe- [email protected] ist erwünscht. Kino-Tip Somewhere (Tragikomödie) (ul) Filmstar Johnny Marco (Stephen Dorff ) residiert dau- erhaft in einer Suite im legen- dären Chateau Marmont Hotel am Sunset Boulevard. Nach einigen früheren Filmerfol- gen muss er sich in monetären Angelegenheiten keine Sor- gen mehr machen und lebt in den Tag hinein. Seine Karriere verfolgt der Mittdreißiger nur noch lustlos und widmet sich lieber Partys, Alkohol und One- Night-Stands. Seine Einsamkeit vermag er dadurch aber nicht zu kompensieren. Etwas mehr Struktur in seinem Leben er- hält Johnny, als seine Tochter Cleo (Elle Fanning) unerwartet für längere Zeit bei ihm bleibt. Da die Mutter der 11-jährigen sich um sich selbst kümmern möchte, teilt Cleo eine Zeit lang das Leben ihres Vaters und be- gleitet ihn auch zu einer Fern- sehpreisverleihung nach Italien. Abgesehen von diesem Ausflug verbringen die beiden ihre ge- meinsame Zeit recht unspekta- kulär mit Videospielen, Eisessen und dem Sonnen am Hotelpool. Zwischen Alltäglichkeiten und Presseterminen kommen sich Vater und Tochter näher und nebenbei kommt Johnny zu der Erkenntnis, dass auch er endlich erwachsen werden und sein Le- ben wieder in die Hand nehmen muss. Nach „Marie Antoinette“ kehrt Regisseurin Sofia Coppola („The Virgin Suicides“) wieder zu dem Stil ihres Meisterstücks „Lost in Translation“ zurück. Erneut lässt sie ihren Film in einem Ho- tel spielen und erzählt in langen Einstellungen über Ziellosigkeit und Verlorenheit. Die Hinter- gründe der Figuren interessie- ren die Regisseurin dabei nicht sonderlich, es geht ihr vielmehr um das Einfangen von bestimm- ten Stimmungen. Die unaufge- regte Vater-Tochter-Geschichte wird dabei vorwiegend über stille Blicke und flüchtige Ges- ten erzählt. Große Konflikte kommen in „Somewhere“ nicht auf und bis auf die lakonische Darstellung der italienischen Medienlandschaft und der von Johnny so verhassten Presseter- mine geht es auch nicht um den Hollywood-Glamour, sondern um die Alltäglichkeit dahinter. Manche werden den Film daher als spröde und langweilig emp- finden, andere aber die eigen- willige atmosphärische Qualität der unaufdringlichen Story und die subtile Entwicklung der bei- den verlorenen Hauptfiguren genießen können. 7 von 10 Punkten – Impressum – Der Tip Die einzige wöchentliche unabhängige Studentenzeitung Bayerns Redaktionsschluss: Dienstag um 18 Uhr Redaktionskonferenz: Dienstag ab 18 Uhr im S 107 (FAN D, Untergeschoss). Neue Interessenten sind immer willkommen. Anschrift: Der Tip • ZUV • Universität Universitätsstraße 30 • 95440 Bayreuth E-Mail: [email protected] • Internet: www.tipbt.de Chefredaktion: Caroline Braun (cab), V.i.S.d.P., Kevin Höbig (kh), Jasper Niebuhr (jn), Redaktion: Ulf Lepelmeier (ul), Martha Teresa Münder (mtm), Wjatscheslav Loev (wjl), Stephan Otto (so), Verena Maisch (vlm), Rebecca Braun (rb), Bastian Benrath (bb), Susi Filipiak (suf), Lucas Knorr (lk), Robert Conrad (rrc), Annika Waymann (aew) Rätsel / Karikaturen: Anika Dörge (ad) Layout: Marcus Pietz (mp) Webmaster: Kevin Höbig (kh) Lektorat: Sofia Rüdiger, Rebecca Püttmann, Sabine Friedrich, omas Sachs Werbung / Finanzen: Stefan Karnitzschky (sky) Druckerei: J.M. Weyh Auflage: 1.800 Stück Die einzelnen Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Gesamtredaktion wieder. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Artikel und Leserbriefe in gekürzter Form zu veröffentlichen. Für unverlangt eingesandtes Material wird keine Haftung übernommen. – Anzeige – – Anzeige – – Anzeige – The Dø – A Mouthful (jn) Manchmal braucht es einen unvorhersehbaren Zufall, um et- was Wundervolles zu erschaffen. Ganz zufällig haben sich auch der französische Filmkomponist Dan Levy und die finnische Sängerin Olivia Merilahti getroffen. Beide arbeiteten an der Musik zum Film „Das Imperium der Wölfe“ und fanden großen Gefallen an der Zu- sammenarbeit. Aus dem zufälligen Treffen resultierte The Dø. Dem Finnischen entnommen bedeutet „Dø“ Ricke (weibliches Reh). Einfa- cher lässt sich der Name (oft auch „The Do“) durch die jeweilig ersten Buchstaben der Mitglieder ablei- ten. Das Debütalbum „A Mouth- ful“ wurde 2008 in Frankreich ver- öffentlicht und stürmte auf Platz eins der Albumcharts. In Deutsch- land wurde die Platte 2009 auf den Markt geworfen, fand allerdings kaum Beachtung. Zu Unrecht. Oftmals zielt gerade das erste Werk eines Künstlers darauf ab, ein möglichst stimmiges Klangbild zu kreieren. Absolute Disharmo- nie hingegen erschafft dieses Duo mit seinem Debüt – zumindest auf den ersten Blick. Mit der Absicht „mehr Farbe ins Popspektrum zu bringen“ pickt sich The Dø stets die gerade benötigten Bausteine aus Rock'n'Roll, Blues, Jazz und Hip Hop heraus. So klingen die einzel- nen Songs sehr unterschiedlich und sorgen für eine erfrischende Unordnung. Chaos hat noch nie schöner geklungen. Das Album eröffnet mit Playground Hustle. Verspielt, aber zielstrebig marschiert ein Kinderchor im Hip Hop-Gleichschritt über den Spiel- platz und man ist versucht, seine eigene imaginäre Sandburg zu er- richten. Der schließlich einsetzende Gesang der Finnin, begleitet von psychedelischen Synthie-Klängen, verhindert das endgültige Abdriften in Kindheitsträume. In schönster Hängematten-Blues-Manier prä- sentiert At Last anschließend ganz entspannt und ohne große Aufruhr das Klangorgan Olivia Merilahtis. Zart, sympathisch naiv und ein- prägend erinnert die Stimme an die frühen Werke Nina Perssons (The Cardigans). Der harmlose Beigeschmack ihrer Stimme jedoch täuscht, erwartet man nun ein nach Unschuld lechzendes Popalbum. Songs wie On My Shoulders oder The Bridge kreieren durch Dan Le- vys bemerkenswertes Gespür für die Magie eines Songs den passen- den Grad zwischen Harmonie und Eigenartigkeit. Herrlich komisch und wundervoll anders auch das auf Finnisch eingespielte Unissasi Laulelet. Auch wenn man kein Fin- nisch spricht, liefert das Stück ein kleines Meisterwerk der Weltmu- sik, welches durch tollen Percus- sioneinsatz glänzen kann. Queen Dot Kong wiederum protzt fett und kopfnickend im Hip-Hop-Funk-Stil der 90er Jahre. Auch Dan Levy ist zur Abwechslung am Mikrofon zu hören und ergänzt Merilahtis Rap- Passagen hervorragend. In voller Ernsthaftigkeit blüht die Ballade When Was I Last Home auf. Ohne die sonst präsente und stets wohl- tuenden Eigenartigkeit vieler Song- passagen brilliert das Duo nun durch eine fabelhafte Harmonie zwischen Stimme und Streichern und beweist so erneut, wie vielsei- tig das Spektrum ihrer Musik ist. Leider verpasst es die Band an die- ser Stelle, die Notbremse zu ziehen und ein wirklich gelungenes Stück Klangkunst abzuschließen. Die drei letzten Songs der Platte schaffen es nicht, dem Niveau der bisherigen Nummern das Wasser zu reichen, und so verliert die Scheibe auf den letzten Metern etwas an Beschwö- rungskraft. Immer noch erfrischend experimentell, jedoch nicht mehr konsequent glänzend, bröckelt die erstaunliche Klangfarbe somit ver- einzelt vom Kunstwerk ab. Dem Gesamteindruck des Albums bricht dies jedoch keinen Zacken aus der Krone. „A Mouthful“ überzeugt mit intelligenten Melodien und erfri- schendem Abwechslungsreichtum. Stilsicher und angenehm anders. 9 von 10 Punkten Musik-Tip Der Tip Gauck zwischen Präsident Bormann und Professor Nagel Foto: UBT Im Anschluss an seinen Vortrag war Joachim Gauck bereit, dem Tip zwei Fragen zu beantworten: Der Tip: Herr Gauck, Sie waren als Leiter der „Gauck-Behörde“ zehn Jahre lang verantwortlich für die Stasi-Unterlagen. Haben Sie aus Ihrer Beschäftigung mit diesen Zeugnissen des DDR-Regimes eine Lehre gezogen über die Schwäche des Menschen und seine Verführ- barkeit? Vielleicht etwas, dass Sie gerade an uns Studenten weiterge- ben möchten? Joachim Gauck: Bei der Betrach- tung des Lebens, zum Beispiel auch durch dieses Aktenmate- rial, erschließt sich uns ein stets geltender Grundsatz: Wir haben immer eine Wahl. Gerade in ei- ner Diktatur haben wir nicht jede Wahl, aber keine Wahl haben wir auch nicht. Wenn Sie beispiels- weise von der Stasi als Inoffi- zieller Mitarbeiter angeworben werden sollten, dann konnten Sie nein sagen. Diese Wahl hatte je- der. Und die Akten belegen, dass es diese Menschen gab, die auch nein gesagt haben. Und dass der Mensch nun mal verführbar ist, das wissen wir schon seit ein paar tausend Jahren. Wie haben Sie den Mauerfall am 9. November 1989 erlebt? Das war ganz merkwürdig. An diesem Tag war ich als Redner auf einer Demonstration in Rostock. In Rostock war immer am Don- nerstag Demo und dieser 9. No- vember war ein Donnerstag. Am 8. war ich noch mit einer Reisege- nehmigung in West-Berlin gewe- sen und kam in der Nacht vom 8. zum 9. zurück. Beim Grenzüber- tritt wurde ich noch ganz normal kontrolliert. Abends sprach ich dann auf der Demo in Rostock und spät in der Nacht kamen zwei Polizisten auf mich zu und sagten: „Herr Gauck, in Berlin ist die Mauer auf.“ Ich habe einfach nur geantwortet: „Nun ist ja gut meine Herren, jetzt gehen Sie mal schön nach Hause. Wir demonst- rieren hier weiter, dann wird das irgendwann passieren.“ Zu Hause sah ich es dann im Fernsehen und die Tränen kullerten, weil es tat- sächlich stimmte. Von einem Tag zum anderen hatte es sich geän- dert. So ist das, wenn eine Bevöl- kerung daran glaubt: Wir sind das Volk. Der Tip bedankt sich für das In- terview. Kurz-Interview i

Der Tip ab 19.30 Uhr im Podium. // Mein Kampf, Farce von George Tabori, ab 20 Uhr in der Stu-diobühne. // iLLBiLLY HiTEC, Dub/Breakbeat/Dubstep, ab 21 Uhr im Glashaus. Freitag, 14.1

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Page 1: Der Tip ab 19.30 Uhr im Podium. // Mein Kampf, Farce von George Tabori, ab 20 Uhr in der Stu-diobühne. // iLLBiLLY HiTEC, Dub/Breakbeat/Dubstep, ab 21 Uhr im Glashaus. Freitag, 14.1

Rebus: Welches Land in Europa suchen wir?

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Die Lösung des letzten Rätsels lautet Malta.Der Gewinner ist Martin Ekardth. Herzlichen Glückwunsch!

Tip-Rätselss

Vor einem komplett gefüllten Audimax hielt Dr. h. c. Joachim Gauck die zehnte Weihnachts-vorlesung an der Universität Bay-reuth. Im Zentrum seines Vor-trages stand die wechselseitige Beziehung von Freiheit und Ver-antwortung. Dabei ging Gauck auf die DDR und sein Erleben der Wiedervereinigung, sowie die gegenwärtige deutsche Gesell-schaft ein.

(bb, lk) Ob Joachim Gauck wohl auch als Bundespräsident die Weihnachtsvorlesung 2010 gehal-ten hätte? Wohl kaum. Und so hat es doch auch sein Gutes, dass er sich weiterhin lediglich als „pensi-onierter Bürgerrechtler“ engagiert und Vorträge hält. Seine Vorlesung wurde von Prof. Dr. Eckhard Nagel eingeleitet, der zuerst darauf hin-wies, dass Joachim Gauck an der Uni Bayreuth nicht unbekannt ist: Er hielt die erste Weihnachtsvor-lesung 2001, damals zum Thema „Der 11. September und die Fol-gen: Wie wehrhaft ist die Demo-kratie?“. Nagel hob die Bedeutung der Universitäten als „Grundlage für die Weiterentwicklung unseres Landes“ hervor und kritisierte die „Ökonomisierung der Lebenswel-ten“, die verhindere, dass man sich beispielsweise als verantwortungs-voller Bürger in der Demokratie einbrächte. Damit übergab er das Rednerpult an Joachim Gauck.In der Vorlesung ging Gauck als erstes auf seine Kandidatur für das Bundespräsidentenamt ein. Die enorme Sympathie und Zu-stimmung, welche ihm entgegen-gebracht wurde, sei sehr überra-schend für ihn gewesen. „Ich bin doch nicht Lena“, sagte er mit ei-nem augenzwinkernden Seitenhieb auf Lena Meyer-Landruts Grand Prix-Sieg und die damit verbun-dene nationale Euphorie. Überra-schend wäre der Zuspruch für ihn vor allem deswegen gewesen, weil es sich immer einer Minderheit angehörig gefühlt habe: Großen Teilen der Gesellschaft erschei-ne Besitz und Wohlstand als das Wesentliche und Schützenswerte. Gauck sprach von einem „virtuellen Artikel 1: ‚Die Besitzstandswah-rung ist unantastbar‘“. Im Gegen-satz dazu sei für ihn, bedingt durch seine Kindheit in einem totalitären System, die Freiheit das wichtigste Gut im öffentlichen Raum.In der DDR erlebte er das plötzli-

che Verschwinden seines Vaters in einem Straflager, ohne rechtmäßi-gen Prozess, ohne auch nur eine Mitteilung. Alle offiziellen Stellen wiesen seine Mutter ab. Als aber dieses Regime der Unfreiheit dann 1989/90 unterging, hätten viele DDR-Bürger es versäumt, die ge-wonnene Freiheit als solche zu le-ben, so Gauck. „Befreiuung ist wie

Hochzeit – ja, und frei leben, das ist dann wie Ehe.“ Freiheit bedeu-te Verantwortung zu übernehmen. „Zu leben als Bezogener“, also wie in einer Beziehung zu jemanden, so Gauck wörtlich. „Die Bekloppten“ gingen immer wählen. Wenn man selbst nicht bereit sei, Verantwor-tung zu übernehmen, müsse man sich nicht wundern, wenn man

nicht wie gewünscht vertreten wer-de. Auch heute sei die Bereitschaft dazu bei vielen nicht vorhanden. Dass eine so breite Bewegung für seine Kandidatur auf das Amt des Bundespräsidenten gegeben habe, wertete er dennoch als ein Signal dafür, dass die Bürger nicht nur Konsumenten sein wollten, son-dern in Sorge um ihr Land seien und sehr wohl gute Politiker woll-ten.Gauck wandte sich in seiner Rede stark gegen grundlegende System-kritik. Bevor man die Abschaffung eines Systems als ganzes fordere, müsse man erst einmal eine durch-dachte Alternative anbieten. Sonst sei Systemkritik nur ein leerer Fluchtversuch. Dies mag vor allem politisch links stehenden Zuhörern ein Wermutstropfen in seiner Rede gewesen sein. Hier zeigen sich Gaucks eigentlich ja konservative Wurzeln, die, insbesondere als er zum Bundespräsidenten kandidier-te, mutmaßlich von weiten Teilen der Bevölkerung nicht wahrge-nommen wurden. Auf welcher Sei-te des politischen Spektrums man sich selbst auch einordnen mag, die Frage ist, ob Gaucks Einstellung zur Systemkritik wirklich so falsch ist.Er schloss mit den Worten: „Wenn wir Fähigkeit zur Verantwortung haben, dann ist Zukunft da für unser Land.“ Es folgten mehrere Minuten stehender Applaus. Auch ein etwas unpassender Bandeinsatz der Big Band, welche die Veranstal-tung begleitete und unglücklicher-weise in den Applaus hereinspiel-te, tat der besonderen Stimmung keinen Abbruch. Als jemand, der dabei war, kann ich sagen, dass ich in diesem Moment eine Gänsehaut hatte. Nun ist der Gedanke, dass eine Demokratie nur überleben kann, wenn es engagierte Bürger in ihr gibt, ja so neu nicht. Aber dennoch, in der Art wie Joachim Gauck es ausdrückte, hatte es eine Lebendigkeit, die jedem der zu-hörte, deutlich machte, dass dieses Thema für jeden selbst relevant ist. Und dass es tatsächlich wichtig ist, danach zu leben.Prof. Nagel dankte ihm im An-schluss für seine „Fähigkeit, nicht nur unsere Köpfe, sondern auch unsere Herzen anzusprechen“. Jawohl, dachte ich, da ist was dran. Und genau das ist eine Fähigkeit, die fast allen unseren amtierenden Politikern so dramatisch fehlt.

Keine Freiheit ohne VerantwortungZur Weihnachtsvorlesung des vergangenen Jahres sprach Joachim Gauck über sein Lebensthema: Die Freiheit

Dioxin: Ob die Vegetarierquote in der Mensa jetzt steigt?13. Januar 2011 • Nr. 440 37. Semester • www.tipbt.de

2011 – Wunderbar

Von Stefan Karnitzschky

Was für ein Jahr! 2010 glänz-te mit Hochgebirgen, angefan-gen bei Klimagipfeln wie einst Floppenhagen und Scheinhei-ligendamm. „Unsere Erde hat nur noch 20 Jahre!“, na herrlich, wenn sie weg ist, fährt man halt woanders in Urlaub. Nach Haiti oder Pakistan beispielsweise. Be-troffenheitsorgie und Spenden-gala sind da die Zauberworte. Die hunderttausend Toten sind ja nicht nur Opfer von Natur-katastrophen geworden. Nein, diese ungeheure Zahl haben auch wir zu verantworten, durch unsere Ausplünderung und Aus-beutung. Unsere Lebensweise hat dazu geführt, dass die Leid-tragenden nicht mal mehr ein anständiges Dach über dem Kopf hatten. Aber so etwas kommt in Sondersendungen nie gut. Weiter beim Integrationsgipfel mit dem Schlagwort „Multikulti ist tot!“. Das war jetzt sogar mehr als ein Wort. Wissentlich schafft sich Deutschland auch noch ab, denn während Millionen Deut-sche abends im Bett Sarrazins Kassenschlager schmökern, wird so ja nicht für den dringend erforderlichen Nachwuchs ge-sorgt. Es ist schockierend. Dann Arbeitsmarkt- und Konjunktur-gipfel, wo das Wachstum per Gesetz verpflichtend beschlos-sen wurde. Überragend! Wäre da nicht diese blöde Rezession ge-wesen. Also gilt weiter der Auf-ruf: Taschendiebe meldet euch beim Finanzministerium zwecks Schuldenabbau und ihr Chemi-ker und Biologen, löst endlich das Rentenproblem. Oder ist man schon dabei? Seit Monaten mampfen wir bereits dioxinver-seuchtes Fleisch, Ei oder Milch-produkte, weil niemand was be-merkt hat. Zu viel Geldgier? Zu wenige Kontrollen? Rätsel über Rätsel, aber die Zeit heilt alle Wunden, außer Krebs. So, positiv soll man aufhören. „Nur womit?“, wird zu Recht ge-fragt werden. Wie kann man bei solchen Erinnerungen und Aus-sichten überhaupt noch schla-fen? Tja, das hängt ganz davon ab, verehrte Leserinnen und Le-ser, ob nachts das Licht ein- oder ausgeschaltet wird.In diesem Sinne ein gesundes neues Jahr.

Vorwort

– Anzeige –

Donnerstag, 13.1.(kh) I‘m a Impro, Improthea-ter, ab 19.30 Uhr im Podium. // Mein Kampf, Farce von George Tabori, ab 20 Uhr in der Stu-diobühne. // iLLBiLLY HiTEC, Dub/Breakbeat/Dubstep, ab 21 Uhr im Glashaus.Freitag, 14.1.Ingolf Lück – „Lück im Glück“, ab 20 Uhr im ZENTRUM. // Daydreamer, Coverrock, ab 20.30 Uhr im Podium. // „Party Safari Vol. II“, Electro, HipHop, Partytunes by DJ Peny, ab 21 Uhr im Borracho.Samstag, 15.1.Otello darf nicht platzen, Pre-miere, ab 20 Uhr im Branden-burger Kulturstadl. // Mein Kampf, Farce von George Tabo-ri, ab 20 Uhr in der Studiobüh-ne. // 12-Stunden-Party, mit Dougles Greed, ab 21 Uhr im Glashaus. // Night of the Profs, DJ-Abend mit den Professo-ren Egger, Schäfer, Napel und Leible hinter den Turntables. Unterstützt werden durch die Erlöse dieses Abends die Initi-ativen „Offroadkids“ und „Der bunte Kreis Bayreuth“. Ab 21 Uhr im Sophie's.Sonntag, 16.1.Jugendchor „St. Peters Chora-le“ aus Australien, ab 17 Uhr in der Evang. Kirche St. Johannis. // Delikatessen: Kinshasa Sym-phony, Vorstellungen um 17 und 20 Uhr im Cineplex. // Ki-limandscharo, Geographisches und Medizinisches vom Dach Afrikas, ab 19 Uhr im Gym-nasium Christian-Ernestinum. // Charles Gayle Trio, Freejazz aus New York, ab 20 Uhr im Podium.Montag, 17.1.The Bishops, Britpop/Indie/Rock, ab 21 Uhr im Glashaus.Dienstag, 18.1.Filmforum: „Das Geheimnis der Buschleute“, ab 20 Uhr in der ESG.Mittwoch, 19.1.Delikatessen: Kinshasa Sym-phony, Vorstellungen um 17 und 20 Uhr im Cineplex. // Ethikcafe: „iPhone – also bin ich“, ab 19.30 Uhr im Café Ros-si. // Mein Kampf, Farce von George Tabori, ab 20 Uhr in der Studiobühne.

Kurz-Tips

Der Tip www.tipbt.de

Keine Panik!Das neue Jahr startet mit vielen interessanten Vorträgen

Seminar der Gründungs- und Erfinderberatung(kh) Heute von 18 bis 20 Uhr findet im S110 (AI) ein von der Gründungs- und Erfinderberatung organisiertes Seminar über „Rechtliche Grundfra-gen der Existenzgründung“ statt. Re-ferent ist Rechtsanwalt Klaus Dier-kes. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung ist jedoch erforder-lich (telefonisch unter 0921/55-7608 oder per Mail an [email protected]).

Religionswissenschaftliches Nachtcafé Der Alumniverein der Bayreuther religionswissenschaftlichen Studien-gänge e.  V. lädt am Freitag zu Vor-trägen im Glashaus ein, die zeigen sollen, wie vielfältig und spannend Religionswissenschaft sein kann. Dabei wird es Beiträge zu aktuellen Themen wie „Sport und Religion“ (beispielsweise Fußballstadien als Kathedralen des 21. Jahrhunderts oder Herausforderungen muslimi-scher Bundesligaprofis während des Ramadans) oder „Umwelt und Reli-gion“ (Ist der Buddhismus wirklich eine umweltfreundliche Religion? Das Christentum – ein Klimakiller? Neo-Pagane – die neuen Ökos?) ge-ben.

Im Anschluss der Vorträge findet sich dann ausreichend Gelegenheit in gemütlicher Runde, bei Bier, wei-teren Getränken und Lounge-Musik die Themen zu vertiefen und/oder das Studium der Religionswissen-schaft näher kennenzulernen.Beginn ist um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Keine Panik! – Physik der Fußgän-gerdynamik und Evakuierungspro-zesseAm Dienstag findet um 18 Uhr im H19 (NW II) ein von Studenten or-ganisierter Physikvortrag im Rah-men des Physikalischen Kolloquiums statt. Der Verkehrsphysiker Prof. Dr. Andreas Schadschneider von der Universität zu Köln wird über das Thema „Keine Panik – Physik der Fußgängerdynamik und Eva-kuierungsprozesse“ reden. Durch den guten Bezug zum Alltagsleben lassen sich, auch ohne tiefergehen-de Vorkenntnisse, interessante Er-kenntnisse über Fußgängerdynamik und Evakuierungsprozesse aus dem Vortrag gewinnen. Dabei wird Prof. Schadschneider unter anderem Fra-gen wie „Aber wie entsteht eigentlich eine Massenpanik und wie kommt es dadurch zur Katastrophe?“ oder „Welche Präventionsmaßnahmen

sind notwendig?“ aus der Perspektive der theoretischen Physik beleuchten. Anschließend findet ein Stehemp-fang statt, der ein Forum für an-schließende Diskussionen unter den Gästen und mit dem Referenten bie-ten wird. Für Verpflegung ist gesorgt.

Let's Debate!(bb) Die englische Debating Union Bayreuth hält am Samstag ab 10 Uhr in den Räumen S21 und S22 (GEO) ihr erstes Inhouse-Tournament ab. Alle Interessierten sind herzlich will-kommen, zum Zusehen und auch Mitdiskutieren. Debattiererfahrung ist gern gesehen, aber keine Voraus-setzung. Anmeldung unter [email protected] ist erwünscht.

Kino-Tip

Somewhere (Tragikomödie)

(ul) Filmstar Johnny Marco (Stephen Dorff ) residiert dau-erhaft in einer Suite im legen-dären Chateau Marmont Hotel am Sunset Boulevard. Nach einigen früheren Filmerfol-gen muss er sich in monetären Angelegenheiten keine Sor-gen mehr machen und lebt in den Tag hinein. Seine Karriere verfolgt der Mittdreißiger nur noch lustlos und widmet sich lieber Partys, Alkohol und One-Night-Stands. Seine Einsamkeit vermag er dadurch aber nicht zu kompensieren. Etwas mehr Struktur in seinem Leben er-hält Johnny, als seine Tochter Cleo (Elle Fanning) unerwartet für längere Zeit bei ihm bleibt. Da die Mutter der 11-jährigen sich um sich selbst kümmern möchte, teilt Cleo eine Zeit lang das Leben ihres Vaters und be-gleitet ihn auch zu einer Fern-sehpreisverleihung nach Italien. Abgesehen von diesem Ausflug verbringen die beiden ihre ge-meinsame Zeit recht unspekta-kulär mit Videospielen, Eisessen und dem Sonnen am Hotelpool. Zwischen Alltäglichkeiten und Presseterminen kommen sich Vater und Tochter näher und nebenbei kommt Johnny zu der Erkenntnis, dass auch er endlich erwachsen werden und sein Le-ben wieder in die Hand nehmen muss. Nach „Marie Antoinette“ kehrt Regisseurin Sofia Coppola („The Virgin Suicides“) wieder zu dem Stil ihres Meisterstücks „Lost in Translation“ zurück. Erneut lässt sie ihren Film in einem Ho-tel spielen und erzählt in langen Einstellungen über Ziellosigkeit und Verlorenheit. Die Hinter-gründe der Figuren interessie-ren die Regisseurin dabei nicht sonderlich, es geht ihr vielmehr um das Einfangen von bestimm-ten Stimmungen. Die unaufge-regte Vater-Tochter-Geschichte wird dabei vorwiegend über stille Blicke und flüchtige Ges-ten erzählt. Große Konflikte kommen in „Somewhere“ nicht auf und bis auf die lakonische Darstellung der italienischen Medienlandschaft und der von Johnny so verhassten Presseter-mine geht es auch nicht um den Hollywood-Glamour, sondern um die Alltäglichkeit dahinter. Manche werden den Film daher als spröde und langweilig emp-finden, andere aber die eigen-willige atmosphärische Qualität der unaufdringlichen Story und die subtile Entwicklung der bei-den verlorenen Hauptfiguren genießen können.

7 von 10 Punkten – Impressum –

Der TipDie einzige wöchentliche unabhängige Studentenzeitung Bayerns

Redaktionsschluss: Dienstag um 18 UhrRedaktionskonferenz: Dienstag ab 18 Uhr im S 107 (FAN D, Untergeschoss). Neue Interessenten sind immer willkommen.

Anschrift: Der Tip • ZUV • Universität Universitätsstraße 30 • 95440 Bayreuth E-Mail: [email protected] • Internet: www.tipbt.de Chefredaktion: Caroline Braun (cab), V.i.S.d.P., Kevin Höbig (kh), Jasper Niebuhr (jn), Redaktion: Ulf Lepelmeier (ul), Martha Teresa Münder (mtm), Wjatscheslav Loev (wjl), Stephan Otto (so), Verena Maisch (vlm), Rebecca Braun (rb), Bastian Benrath (bb), Susi Filipiak (suf), Lucas Knorr (lk), Robert Conrad (rrc), Annika Waymann (aew)Rätsel / Karikaturen: Anika Dörge (ad)Layout: Marcus Pietz (mp)Webmaster: Kevin Höbig (kh)Lektorat: Sofia Rüdiger, Rebecca Püttmann, Sabine Friedrich, Thomas Sachs Werbung / Finanzen: Stefan Karnitzschky (sky) Druckerei: J.M. WeyhAuflage: 1.800 Stück

Die einzelnen Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Gesamtredaktion wieder. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Artikel und Leserbriefe in gekürzter Form zu veröffentlichen. Für unverlangt eingesandtes Material wird keine Haftung übernommen.

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The Dø – A Mouthful

(jn) Manchmal braucht es einen unvorhersehbaren Zufall, um et-was Wundervolles zu erschaffen. Ganz zufällig haben sich auch der französische Filmkomponist Dan Levy und die finnische Sängerin Olivia Merilahti getroffen. Beide arbeiteten an der Musik zum Film „Das Imperium der Wölfe“ und fanden großen Gefallen an der Zu-sammenarbeit. Aus dem zufälligen Treffen resultierte The Dø. Dem Finnischen entnommen bedeutet „Dø“ Ricke (weibliches Reh). Einfa-cher lässt sich der Name (oft auch „The Do“) durch die jeweilig ersten Buchstaben der Mitglieder ablei-ten. Das Debütalbum „A Mouth-ful“ wurde 2008 in Frankreich ver-öffentlicht und stürmte auf Platz eins der Albumcharts. In Deutsch-land wurde die Platte 2009 auf den Markt geworfen, fand allerdings kaum Beachtung. Zu Unrecht.Oftmals zielt gerade das erste Werk eines Künstlers darauf ab, ein möglichst stimmiges Klangbild zu kreieren. Absolute Disharmo-nie hingegen erschafft dieses Duo mit seinem Debüt – zumindest auf den ersten Blick. Mit der Absicht „mehr Farbe ins Popspektrum zu bringen“ pickt sich The Dø stets die gerade benötigten Bausteine aus Rock'n'Roll, Blues, Jazz und Hip Hop heraus. So klingen die einzel-

nen Songs sehr unterschiedlich und sorgen für eine erfrischende Unordnung. Chaos hat noch nie schöner geklungen. Das Album eröffnet mit Playground Hustle. Verspielt, aber zielstrebig marschiert ein Kinderchor im Hip Hop-Gleichschritt über den Spiel-platz und man ist versucht, seine eigene imaginäre Sandburg zu er-richten. Der schließlich einsetzende Gesang der Finnin, begleitet von psychedelischen Synthie-Klängen, verhindert das endgültige Abdriften in Kindheitsträume. In schönster Hängematten-Blues-Manier prä-sentiert At Last anschließend ganz entspannt und ohne große Aufruhr das Klangorgan Olivia Merilahtis. Zart, sympathisch naiv und ein-prägend erinnert die Stimme an die frühen Werke Nina Perssons (The Cardigans). Der harmlose Beigeschmack ihrer Stimme jedoch täuscht, erwartet man nun ein nach Unschuld lechzendes Popalbum. Songs wie On My Shoulders oder The Bridge kreieren durch Dan Le-vys bemerkenswertes Gespür für die Magie eines Songs den passen-den Grad zwischen Harmonie und Eigenartigkeit. Herrlich komisch und wundervoll anders auch das auf Finnisch eingespielte Unissasi Laulelet. Auch wenn man kein Fin-nisch spricht, liefert das Stück ein kleines Meisterwerk der Weltmu-sik, welches durch tollen Percus-

sioneinsatz glänzen kann. Queen Dot Kong wiederum protzt fett und kopfnickend im Hip-Hop-Funk-Stil der 90er Jahre. Auch Dan Levy ist zur Abwechslung am Mikrofon zu hören und ergänzt Merilahtis Rap-Passagen hervorragend. In voller Ernsthaftigkeit blüht die Ballade When Was I Last Home auf. Ohne die sonst präsente und stets wohl-tuenden Eigenartigkeit vieler Song-passagen brilliert das Duo nun durch eine fabelhafte Harmonie zwischen Stimme und Streichern und beweist so erneut, wie vielsei-tig das Spektrum ihrer Musik ist. Leider verpasst es die Band an die-ser Stelle, die Notbremse zu ziehen und ein wirklich gelungenes Stück Klangkunst abzuschließen. Die drei letzten Songs der Platte schaffen es nicht, dem Niveau der bisherigen Nummern das Wasser zu reichen, und so verliert die Scheibe auf den letzten Metern etwas an Beschwö-rungskraft. Immer noch erfrischend experimentell, jedoch nicht mehr konsequent glänzend, bröckelt die erstaunliche Klangfarbe somit ver-einzelt vom Kunstwerk ab. Dem Gesamteindruck des Albums bricht dies jedoch keinen Zacken aus der Krone. „A Mouthful“ überzeugt mit intelligenten Melodien und erfri-schendem Abwechslungsreichtum. Stilsicher und angenehm anders.

9 von 10 Punkten

Musik-Tip Der Tip

Gauck zwischen Präsident Bormann und Professor Nagel Foto: UBT

Im Anschluss an seinen Vortrag war Joachim Gauck bereit, dem Tip zwei Fragen zu beantworten:Der Tip: Herr Gauck, Sie waren als Leiter der „Gauck-Behörde“ zehn Jahre lang verantwortlich für die Stasi-Unterlagen. Haben Sie aus Ihrer Beschäftigung mit diesen Zeugnissen des DDR-Regimes eine Lehre gezogen über die Schwäche des Menschen und seine Verführ-barkeit? Vielleicht etwas, dass Sie gerade an uns Studenten weiterge-ben möchten?Joachim Gauck: Bei der Betrach-tung des Lebens, zum Beispiel auch durch dieses Aktenmate-rial, erschließt sich uns ein stets geltender Grundsatz: Wir haben immer eine Wahl. Gerade in ei-ner Diktatur haben wir nicht jede Wahl, aber keine Wahl haben wir auch nicht. Wenn Sie beispiels-weise von der Stasi als Inoffi-zieller Mitarbeiter angeworben werden sollten, dann konnten Sie nein sagen. Diese Wahl hatte je-der. Und die Akten belegen, dass es diese Menschen gab, die auch nein gesagt haben. Und dass der Mensch nun mal verführbar ist, das wissen wir schon seit ein paar tausend Jahren.

Wie haben Sie den Mauerfall am 9. November 1989 erlebt?Das war ganz merkwürdig. An diesem Tag war ich als Redner auf einer Demonstration in Rostock. In Rostock war immer am Don-nerstag Demo und dieser 9. No-vember war ein Donnerstag. Am 8. war ich noch mit einer Reisege-nehmigung in West-Berlin gewe-sen und kam in der Nacht vom 8. zum 9. zurück. Beim Grenzüber-tritt wurde ich noch ganz normal kontrolliert. Abends sprach ich dann auf der Demo in Rostock und spät in der Nacht kamen zwei Polizisten auf mich zu und sagten: „Herr Gauck, in Berlin ist die Mauer auf.“ Ich habe einfach nur geantwortet: „Nun ist ja gut meine Herren, jetzt gehen Sie mal schön nach Hause. Wir demonst-rieren hier weiter, dann wird das irgendwann passieren.“ Zu Hause sah ich es dann im Fernsehen und die Tränen kullerten, weil es tat-sächlich stimmte. Von einem Tag zum anderen hatte es sich geän-dert. So ist das, wenn eine Bevöl-kerung daran glaubt: Wir sind das Volk.Der Tip bedankt sich für das In-terview.

Kurz-Interviewi

Page 2: Der Tip ab 19.30 Uhr im Podium. // Mein Kampf, Farce von George Tabori, ab 20 Uhr in der Stu-diobühne. // iLLBiLLY HiTEC, Dub/Breakbeat/Dubstep, ab 21 Uhr im Glashaus. Freitag, 14.1

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Keine Macht dem StuPa?Studentische Mitbestimmung an deutschen Unis

Eine Gruppe von 18 Teilnehmern findet sich im stickigen, etwas zu dunklen Raum ein. Zwei der An-wesenden wirken seltsam deplat-ziert – neben den sonst eher an-gegrauten Herren erscheinen sie ungewöhnlich jung. Nachdem die zu klärende Angelegenheit vorge-tragen wurde, schnellen die Hände der beiden jungen Leute einsam aber entschlossen in die Luft und bestätigen das anfängliche Gefühl: Sie passen nicht ins Bild. Am Ende der Sitzung stellt das Protokoll tro-cken fest: zwei Stimmen dafür, 16 dagegen. Antrag abgelehnt.

(wjl) So oder so ähnlich sieht biswei-len der Versuch studentischer Teilha-be an der Unipolitik aus – manchmal auch mit 85 Prozent des Wahlvolks im Rücken. Tatsächlich ist Hoch-schulpolitik demokratisch gesehen ein interessanter Kasus. Insbesonde-re aus studentischer Sicht gestaltet sich der Einfluss auf die universitäre Entscheidungsfindung spärlich. Der beschriebene, fiktive Fall ist exemp-larisch für die Ohnmacht. Die hierin enthaltene Botschaft scheint recht klar: Solange man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnt – ein vegeta-risches Gericht hier, ein Fahrrad-ständer dort – herrscht Generosität,

Offenheit und Harmonie. Doch sollte sich der studentische Wille einmal gegen seinen Herren richten, ihm gar in den Geldbeutel langen, hört der Spaß schlagartig auf. Dann sollte man sich fügen, zu Vernunft kom-men. Andernfalls wird man nieder-gestimmt. Was nützen Argumente ohne Stimme? Die absolute Mehrheit liegt letztlich beim Establishment – auch ohne Argumente.Abgesehen von dieser grundsätzli-chen, durchaus bestreitbaren Pro-blematik hat die Regelung der Ver-fassten Studierendenschaften (VS) – das heißt des Organs, dass die stu-dentischen Interessen in der Unipo-litik vertritt – in unserem Freistaat eine besondere Finesse: De jure gibt es gar keine Grundlage. Die Hoch-schulgesetze in Bayern, wie auch in Baden-Württemberg sehen anders als die der übrigen Bundesländer keine verfasste und damit rechtlich legitimierte Studierendenschaft vor. Diese wurde in Reaktion auf die zu-nehmend allgemeinpolitische linke Positionierung der Studierendenver-treter in den Siebzigern abgeschafft und seitdem nicht wieder eingeführt. Der Streit darum, ob Studierenden-vertreter allgemeinpolitisch Flagge bekennen sollten, ist das Vermächt-nis dieser Zeit.

De facto gibt es natürlich trotzdem engagierte Menschen, die ungeach-tet der misslichen Lage versuchen, Veränderungen im studentischen Interesse zu erwirken. Diese Tatsa-che haben wir der Anwendung der sogenannten Experimentierklausel in den Hochschulgesetzen zu verdan-ken. Diese stellt der Universität frei, bestimmte beschränkende Klauseln außer Kraft zu setzen, um „alterna-tive Organisationsformen“ zu erpro-ben, also beispielsweise ein StuPa wie unseres zuzulassen. Dies ändert in-des nichts daran, dass die Auslegung schließlich vom Gutdünken der Uni-leitung abhängt.Sicher hat der ein oder andere schon einmal vom sogenannten Allgemeinen Studentenausschuss (AStA) an ande-ren Unis gehört. Dahinter verbirgt sich die von der VS gewählte Exeku-tive mit deutlich weitereichenderen Kompetenzen. ASten sind nicht nur rechtlich handlungsfähig, sondern auch finanziell autonom. Anders als die in Bayern und Baden-Würt-temberg üblichen Unabhängigen Studierendenschaften, welche stark von Eingeständnissen und Mitteln der Unileitung abhängen, verfügen sie über Möglichkeiten, Mitglieds-beiträge über den Semesterbeitrag einzuziehen, denn jeder Studierende

wird automatisch Mitglied der VS. Es bleibt fraglich, ob sich bei der notorisch geringen Wahlbeteiligung Ansprüche auf Beiträge von jedem einzelnen legitimieren lassen – ande-rerseits könnte es auch so zu einem größeren Bewusstsein und Einstehen für Uni-Politik führen. Viele lernen manche Dinge bekanntlich erst dann schätzen, wenn diese etwas kosten. Hier handelt es sich meistens nur um ein paar Euro – nichtsdestotrotz kommen so mehrere zehntausend zusammen, welche Vorhaben und Organisation der VS stützen. Dennoch gilt: Aus mehr Macht folgt auch mehr Verantwortung. Gerade hier fehlt es oft an Transparenz und der Fähigkeit, mit Geld umzugehen – die kurzen Legislaturperioden von einem Jahr mögen die Problematik weiter verschärfen, wenn es um eine Klärung von Verantwortlichkeiten geht. Mancherorts wurde die Glaub-würdigkeit der ASten mit peinlichen Aktionen zu Grabe getragen. Mal wurden Reisen zu einem Treffen „fe-ministischer Lesben“ in Rio de Janei-ro spendiert, ein anderes Mal Indus-trievertreter im Berliner Nobelhotel Adlon zum Essen ausgeführt. Auch das sind leider keine Einzelfälle. Es bleibt dabei: Macht korrumpiert, doch Ohnmacht verbittert!

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Schon gewusst?s

Der Schwur der Mau-Mau-Krieger

(cab) Wie viele andere afrikani-sche Staaten befand sich Kenia bis ins 20. Jahrhundert unter britischer Kolonialherrschaft. Erst 1963 konnte Kenia seine Unabhängigkeit erklären. Be-reits in den 1950ern formierte sich heftiger Widerstand gegen das britische Empire, welcher als der Mau-Mau-Aufstand in die Geschichte eingegangen ist. Hervorgerufen wurde der Auf-stand durch die Ausbeutung der Briten. Seit Beginn des 20. Jahr-hunderts fanden vermehrt Land-enteignungen zugunsten weißer Siedler statt. Enteignete Afri-kaner sahen sich gezwungen, für geringen Lohn auf „weißen“ Farmen zu arbeiten. Durch die zunehmende Technisierung der Farmen wurden viele von ihnen jedoch wieder arbeitslos. Au-ßerdem fanden zahlreiche Um-siedlungen von Afrikanern statt, von denen vor allem dis Volk der Kikuyu betroffen war. Auf dieser Basis begann sich Wider-stand zu formieren. Ein wichti-ges Mittel der Solidarisierung war die Tradition des Schwurs, die vor der Kolonialisierung eine wichtige Rolle im Rechtssystem der Kikuyu gespielt hatte. Einem Eid wurde eine sakrale Macht zu geschrieben, die alle Beteilig-ten eng miteinander verbindet. In den 1940ern schworen viele Kikuyu, gemeinsam gegen die britische Herrschaft zu kämp-fen. Nach einer zweiten Umsie-delung der Kikuyu breitete sich Wiederbelebung des Schwurs auch nach Zentralkenia und Nairobi aus. Es formierte sich eine Gruppe aus Widerstands-kämpfern – die sogenannten „Mau-Mau-Krieger“. Unter der Verwendung von Guerilla-Me-thoden kämpften sie gegen die Kolonialherren, weiße Siedler, aber auch gegen Afrikaner, die die Kolonialverwaltung unter-stützen. Der Aufstand der Mau-Mau-Krieger führte 1951 zu ersten gewaltsamen Auseinan-dersetzungen. Das britische Em-pire sandte Truppen nach Kenia und ließ mehrere tausend Ki-kuyu in Lagern internieren. Die Ablegung eines Mau-Mau-Eides stellten sie unter Todesstrafe. Bis zur endgültigen Niederschla-gung des Mau-Mau-Aufstandes im Jahr 1956 kamen mindestens 200 britische Soldaten und 32 europäische Siedler ums Leben. Die Zahl der kenianischen To-desopfer wird zwischen 11.503 und 70.000 geschätzt. Heute werden die Mau-Mau-Krieger von vielen Kenianern als Helden verehrt. Allerdings gibt es auch Stimmen, die die gewaltsame Vorgehensweise der Mau-Mau kritisieren und sich gegen eine Glorifizierung aussprechen.

Leserecke

Zum Artikel „Die vielen Ge-sichter des Mister X-Mas“MARK schrieb: Moin, nach der letzten Ausageb mit dem albernen und derb lah-men Selbsttest ist diese Seite 1 endlich mal wieder lesenswert. bravo

Isobell schrieb: klasse geschrieben hat mit echt gut gefallen, solche Artikel gerne öfter, dass macht lust auf mehr <;)

Zum Vorwort „Besinnliche Weihnachten!“Samuel schrieb: Eines der besten Vorworte, die ihr je hattet! Im Kontrastpro-gramm zu diesem konfusen „Mis-ter X-Mas“-Geschreibsel noch eindrücklicher.

HannesH schrieb: Man kann auch nur nörgeln. Wenn du gegen unsere große Re-gierung bist, geh in Schnee, de-monstrieren. Hippie.

Alex antwortete: Das kann man tausendmal als nörgeln bezeichnen. Sei froh, dass du nicht in dieser Situation bist HannesH (zumindest gehe ich mal davon aus). Schon inte-ressant wie manche reagieren, wenn sie mit der Wahrheit kon-frontiert werden. [...]

David schrieb: Ein solch gutes Vorwort hätte ich dem Tip gar nicht zugetraut – Gratulation! [...]

Tom schrieb: Gezahlte Gebühren, die irgend-wo versickern. Studenten, die sich gewissenlos ihre Bäuche vollschlagen... Leider werden an dieser Stelle die zahlreichen Stu-denten – auch mit „Bilderbuch- kleinfamiliären“ Hintergrund – vergessen, die sich ehrenamtlich in karikativen und kirchlichen Einrichtungen sowie in der Hoch-schulpolitik dafür einsetzen, dass eben jene Probleme sinnvoll an-gegangen werden und auch den Benachteiligten unserer Gesell-schaft gerade an Weihnachten geholfen wird. [...]

Samuel antwortete: @Tom: Du hast absolut recht. Nur ist es leider so (und wird auch von vielen gesellschaftsbeherrschen-den Interessen gewünscht), dass zur Weihnachtszeit Friede, Freu-de und Eierkuchen angesagt ist. Deshalb finde ich das Vorwort sehr mutig (weil unangepasst!) und möchte das honorieren. [...]

Ihr wollt auf einen Artikel ant-worten und Eure Meinung los-werden? Dann schickt uns entwe-der einen Leserbrief per E-Mail an [email protected] oder kom-mentiert die Artikel dyirekt auf unserer Website www.tipbt.de.

Geschüttelt, nicht gerührt„Physik am Samstagvormittag“ geht in eine neue Runde

„Physik am Samstagvormittag“ ist eine der erfolgreichsten populär-wissenschaftlichen Veranstaltun-gen, welche die Uni Bayreuth im Programm hat. Zwischen 300 und 1.000 Besucher aus Franken und der Oberpfalz kommen zu den jeweili-gen Vorträgen und lassen sich von hochkarätigen Wissenschaftlern die physikalischen Hintergründe span-nender und top-aktueller Themen erklären. Den Auftakt bildet am Samstag ein Vortrag mit dem Titel „James Bond im Visier der Physik“, bei dem die Zuhörer auch eine Ant-wort auf die Frage, warum der Top-Agent seinen Drink stets geschüt-telt und niemals gerührt nimmt, erhalten werden.

(kh) Den Organisatoren um Professor Dr. Walter Zimmermann, Inhaber des Lehrstuhls Theoretische Physik I, lie-gen bereits zahlreiche Anmeldungen für den diesmal besonders spektaku-lären Auftakt der Reihe „Physik am Samstagvormittag“ vor. „Die Begeis-terung und die Aufmerksamkeit jun-ger wie erwachsener Teilnehmer für die Physik ist äußerst erfreulich und wichtig für unsere Zukunft“, erklärt Zimmermann, Initiator der „Physik am Samstagvormittag“. Den Auftakt der Veranstaltung bildet ein Vortrag von Professor Dr. Metin Tolan, der an der Universität Dortmund forscht und lehrt. „In meinem Vortrag wird über-prüft, wie realistisch eine Auswahl der gezeigten Szenen in den weltbekann-

ten James-Bond-Filmen sind“, ver-rät Professor Tolan schon mal vorab. „Beispielsweise wird erörtert, unter welchen Umständen es anzuraten ist, einem Flugzeug hinterher zu springen oder ob bestimmte Uhrenmodelle des Top-Agenten wirklich funktionieren können.“ Ebenso wird Professor To-lan der Frage nachgehen, ob im Film Goldfinger die mit goldener Farbe bestrichene Dame durch Erstickung oder Überhitzung starb. Am Ende des Vortrags soll das Mysterium geklärt werden, warum James Bond seine Wodka-Martinis immer geschüttelt und nie gerührt zu sich nimmt.Genauso interessant wird es beim zweiten Teil am 22. Januar, bei dem es um das heiß diskutierte Thema „Kli-

maschutzziel und die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad“ gehen wird. Welche Konsequenzen kann die Erderwärmung auf Europa und ande-re Erdteile haben? Wird es mit dem Klimawandel überall wärmer oder zwischendurch auch einmal kälter? Diese und andere Fragen diskutiert Professor Jochen Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, der zu den weltweit füh-renden Klimaexperten zählt und auf dem Gebiet der physikalischen Oze-anographie forscht. Er widmet sich dabei auch der Frage, wie eine globale Klimaerwärmung den Golfstrom, also unsere „Heizung“ in Europa, stören kann und welche Auswirkungen dies auf das Klima haben könnte.

Den Abschluss der Vortragsreihe am 5. Februar werden die Themen Ener-gie, Klimawandel und die weltweite Bevölkerungsentwicklung bilden, die eng miteinander verflochten sind und eine breite Öffentlichkeit beschäfti-gen. „Viele Diskussionen dazu sind allerdings emotional aufgeladen und tragen nicht immer zu einer sachli-chen Aufklärung bei“, so Professor Zimmermann. Was sind Träume und was sind harte Fakten? Darauf, aber auch auf neueste Energieversorgungs-pläne in Deutschland geht der Physi-ker Professor Dr. Gerd Ganteför von der Universität Konstanz in seinem Vortrag ein. Seine Schlussfolgerung ist eine gute Botschaft: „Der Weltun-tergang findet nicht statt.“Vor dem Beginn am kommenden Samstag wird der Bayreuther Ober-bürgermeister Dr. Michael Hohl die Emil-Warburg-Preise verleihen. Die zum Gedenken an Emil Warburg be-nannte Stiftung fördert Forschungs-vorhaben an der Uni Bayreuth auf dem Gebiet der Physik durch finan-zielle Mittel und zeichnet besondere Leistungen im Fach Physik durch die Verleihung von Preisen aus. Die Emil-Warburg-Preise werden seit mehr als 25 Jahren alljährlich vergeben. Die Teilnahme an den Veranstaltun-gen, die jeweils um 10.30 Uhr im H15 (NW I) stattfinden, ist kostenlos, um eine kurze Anmeldung unter [email protected] wird aber gebeten. Weitere Infos unter http://samstag.physik.uni-bayreuth.de.

„Mehr Auma als Obama”Eine Lesung mit der kenianischen Germanistin Dr. Auma Obama

Eins macht der Leiter des Iwalewa-Hauses Ulf Vierke von Anfang an klar: Die Veranstaltung wird eine Enttäuschung für all diejenigen werden, die wegen des Namens Obama hier sind. Auma Obama ist nicht gekommen, um über ihren be-rühmten Halbbruder zu reden, den sie erst mit über 20 Jahren kennen gelernt hat. Sie ist gekommen, um über ihr Leben zu reden.

(aew) Darüber, wie sie sich immer be-nachteiligt gegenüber ihren Brüdern vorkam. Wie sie in der Schule in Nai-robi zu einer „kleinen Britin” erzogen werden sollte. Wie sie zum Studieren nach Deutschland kam, weil sie als Frau ihren eigenen Weg gehen woll-te. Wie sie hier auf Angst gegenüber Fremden und Unwissen stieß und ih-ren Wunsch, sich selbst zu verwirkli-chen, schließlich erfüllen konnte. Über all diese Dinge hat sie ein Buch geschrieben: „Stationen einer Reise – Das Leben kommt immer dazwi-schen” Am 15. Dezember 2010 ist sie zurückgekommen in eine ihrer ehemaligen Studienstädte, um ande-re an ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen. Viele sind gekommen, um ihre Geschichte zu hören. Die 70 Sitzplät-ze waren schon zwei Tage nach Be-kanntgabe der Veranstaltung verge-ben. Als das Blitzlichtgewitter endlich verebbt ist, beginnt Dr. Ulrich Bauer, Mitarbeiter des Instituts für interkul-turelle Germanistik, seine ehemalige Dozentin über ihr Buch auszufragen. Manchmal bittet er sie, eine Passage vorzulesen, auch wenn sie sie sich sträubt. Das Schreiben, sagt sie, sei viel einfacher gewesen als das Vorle-sen. Auma Obama ist eine fröhliche, schöne und selbstbewusste Frau. Sie lacht viel und wenn sie redet, klingt sie nicht abgehoben, sondern natür-lich und bescheiden. Sie trägt Rasta-locken, wie es früher die Mau-Mau-Kämpfer in Kenia taten. In der Schule war es den Mädchen immer verboten, ihre Haare so zu tragen. Ihre ehemali-ge Schulleiterin, meint sie, würde sich sicher im Grabe umdrehen, wenn sie sie jetzt sehen könnte. Sie selber ist nicht wie ihre ehemaligen Leh-rerinnen, die sie für sehr „lebendig” hielten um, es „nett auszudrücken” und die ein Problem mit den vielen Fragen der jungen Auma hatten. Mit ihrem ehemaligem Studenten Ulrich Bauer duzt sie sich und immer wieder macht sie neckische Bemerkungen zu seinen Fragen. Einmal fügt sie nach einer Antwort hinzu: „Das klingt so kompliziert. Ich hoffe, Sie haben das verstanden. Das passiert mit Ulli. Er ist so sehr Akademiker.” Sie selbst drückt sich mit einfachen Worten aus, obwohl auch sie etliche Jahre an Universitäten verbracht hat.Mit 19 Jahren kam sie dank eines Sti-pendiums des DAAD nach Deutsch-land. Ihrem Vater Barack Hussein Obama, zu dem sie ein schwieriges Verhältnis hatte, erzählte sie nicht, dass sie Kenia verlassen würde. „Ich hatte Angst, er würde zum Flughafen

kommen und mich stoppen.” Es war alles sehr kompliziert damals. Sie war noch nicht alt genug, um einen Pass zu besitzen und die Identität von Frauen wurde definiert durch ihren Vater oder Mann. Vielleicht kommt daher ihr ambivalentes Verhältnis ge-genüber Männern. „Die Vorstellung einem Mann zu gehören – eine Lie-besbeziehung setzte ich damals mit einem Besitzverhältnis gleich – stieß mich ab“, schreibt sie über ihre ersten Jahre in Deutschland. Als Mädchen in Kenia hatte sie es nicht einfach. Des-wegen ihr Wunsch, nach Deutschland zu kommen. Sie wollte einen „Raum, um sich zu gestalten”. Wollte ihre Stimme benutzen und gehört werden, nachdem sie selbst immer nur von anderen zu hören bekommen hatte: „Du bist ein Mädchen. Du sollst dich fügen.” Aber auch die erste Zeit in Saarbrü-cken war nicht leicht für sie. Im Bus oder in der Straßenbahn starrten sie die Menschen, die Schwarze teilwei-se nur aus dem Fernsehen kannten, unverhohlen an. Die Art, wie sie an-gesehen wurde, empfand sie als sehr unhöflich und es schien ihr nicht Neugierde, sondern Angst zu sein, die aus den Augen der Menschen sprach. Nie zuvor war sie sich ihrer Anders-artigkeit und ihrer Hautfarbe so be-wusst. Und nie musste sie sich selbst so sehr erklären und hat so sehr über sich selbst und ihre Rolle in der Welt reflektiert. Sehr wichtig, um sich selbst zu er-klären, war die deutsche Sprache. Und so suchte Auma auf Empfeh-lung einer Freundin per Zeitungsin-serat nach einer deutschen Familie, die ihr helfen konnte, ihr Deutsch zu verbessern. Die Familie, bei der sie landete, entsprach jedoch nicht ganz ihren Vorstellungen vom deutschen Familienleben. Der erste Schock kam beim Abendessen, als der Bruder des Vaters einen Joint kreisen ließ. „Sie sagten, stell dich nicht so an, in Af-rika raucht doch jeder Marihuana. Ich hatte solche Angst. Ich dachte, ich sitze irgendwo in der Pampa und nehme Drogen. Marihuana war für mich eine Droge.“ Der zweite Schock

kam am nächsten Morgen, als der Familienvater nur mit einem T-Shirt bekleidet aus dem Schlafzimmer kam. „Mit deutschen Familien war ab da für mich Schluss. Heute weiß ich, dass das Hippies waren. Sie waren sehr offen und sehr nett, aber damals habe ich gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt.”Weil viele Menschen nur sehr wenig über Afrika wussten, das für sie kein Kontinent sondern ein großes Land war, fing Auma an, Seminare über ihre Heimat zu geben. „Ich war jünger und hatte mehr Energie.” Ihre Energie je-doch reichte nicht aus, um die Vorur-teile in den Köpfen der Menschen zu bekämpfen. Ihr Bild war sehr von den Medien geprägt und sie hielten „die Afrikaner” für ein unselbstständiges Volk, dem man immer helfen muss, ohne dass es je Erfolg hätte. Schließ-lich nahmen sie die Seminare zu sehr mit und sie versuchte auf andere Wei-se, „in die Köpfe der Leute rein” zu kommen. Sie machte ein Volontariat beim WDR und musste lernen, dass Journalisten nicht frei sind. Sie habe „nichts gegen Journalisten” fügt sie hinzu (das Publikum besteht zu ei-nem Großteil aus Journalisten), aber sie müssten immer schreiben, was der Sender wolle. Sie selbst erhoffte sich in Bildern freier ausdrücken zu kön-nen und bewarb sich um eine Ausbil-dung bei der Berliner Filmakademie. Sie wurde als eine von zehn unter 500 Bewerbern ausgewählt und besuchte die Akademie parallel zur Promotion an der Universität Bayreuth, was sie im Nachhinein als „verrückt” bezeich-net. Doch auch der Film war nichts für sie. „Man braucht sehr viel Geld und viel läuft über Networking. Man muss abends im Pub sitzen, Bier trin-ken und Kontakte knüpfen. Und ich mag kein Bier.” Sie schaut ihren In-terviewer an und lacht: „Du guckst so mitgenommen. Das ist okay. Ich bin im Moment sehr zufrieden mit dem, was ich mache.” Im Moment arbeitet sie für die Hilfs-organisation CARE. Nach so vielen Jahren in der Fremde kehrt sie zu-rück in ihre Heimat, um Jugendlichen eine Zukunftsperspektive zu geben.

„Wir wollen Kindern beibringen, ein Bewusstsein für sich selbst zu ent-wickeln”, sagt sie. „Kinder müssen spielen. Die Kinder dort müssen im Haushalt helfen, Geld verdienen und sich um ihre Geschwister kümmern. Sie nehmen sich nicht als Individu-en, sondern als Teil der Familie wahr. Durch Sport lernen sie, dass es sie gibt, dass sie ein Recht haben da zu sein. Sie brauchen Kraft, um etwas für sich selbst zu tun. Dazu gehört auch Aufklärung über HIV, Mädchen zu erklären, wie sich ihr Körper ver-ändert und dass sie ein Recht haben nein zu sagen und nicht früh heiraten und Kindsmütter werden müssen. Wir wollen Türen öffnen, durchgehen sollen die Jugendlichen selbst.” Zum Schluss darf das Publikum Fra-gen stellen. „Was sind Sie jetzt ei-gentlich, sind Sie Deutsche oder ...” möchte ein älterer Herr wissen. Die Antwort ist einfach: „Ich bin Auma.” – „Auma Obama“, fügt Dr. Ulrich Bauer hinzu. „Mehr Auma als Obama”, erwi-dert sie daraufhin. Die Frage nach ih-rer Identität scheint auch die Zuhörer sehr zu beschäftigen. Sarrazin kommt ins Spiel und Auma Obama versteht die ganze Debatte nicht: „Deutsch-land ist nicht deutsch. Deutschland ist ein Mix aus allen Kulturen. Geht mal auf die Straße und denkt euch alle ausländischen Restaurants weg. Neulich habe ich eine Talkshow im Fernsehen über dieses Thema gese-hen. Ihr seid selbst so interkulturell, wie ihr da sitzt und diskutiert, aber ihr merkt es nicht. Das ist so irre und komisch. Da sitzen Menschen, die alle einen verschiedenen Hintergrund ha-ben und alle fühlen sich als Deutsche und diskutieren auf Deutsch dieses Problem. Die Debatte findet nur in den Köpfen der Menschen statt. Man spielt mit den Ängsten der Menschen. Diese Vorstellung, dass es etwas Ur-deutsches gibt, ist falsch.” Sie wünscht sich, dass die Deutschen mehr auf Ausländer zugehen. „Redet Deutsch mit den Leuten. Wo soll die türkische Mutter mit vier Kindern Deutsch ler-nen?“Mit ihrem Buch hofft sie, Deutschen etwas von ihrem Misstrauen gegen-über Fremden zu nehmen. „Ich will, dass die Leute Menschen, die anders aussehen, nicht gleich vorverurtei-len. Dass sie denken ‚Hey, da könnte mehr dahinter stecken.‘ – ‚Don't judge your book by its cover.‘ Wir, die wir in Deutschland gelebt und geliebt ha-ben. Es klingt vielleicht kitschig, aber das ist mein Beitrag.” Ihr Buch kann man vielleicht schon anhand seines Umschlags bewerten, denn er zeigt eine kluge, nachdenkliche Frau. Und ihr Beitrag ist sicher jede Aufmerk-samkeit wert, die man ihm zukom-men lässt. Auch wer ihr Buch nicht gelesen hat, bekommt nach diesen knapp zweieinhalb Stunden Lust, es nachzuholen und mehr über diese vielfältige und willensstarke Frau zu erfahren. Ganz unabhängig davon, ob sie mit einem amerikanischen Präsi-denten verwandt ist oder nicht.

Metin Tolan hinterfragt James Bond aus physikalischer Sicht Foto: UBT

Auma Obama gab im Iwalewa-Haus einen Einblick in ihr Leben Foto: Fuchs