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Der verlegerische Peritext Unter dem Begriff „ verlegerischer Peritext“ ist die gesamte Zone des Peritextes zu verstehen, für die der Verleger oder Verlage direkte und hauptsächliche Verantwortung trägt. Diese „Zone“ ist durch räumliche und materielle Charakteristika erkennbar und sie bezieht sich auf den äußerlichsten Peritext ( Umschlag, Titelseite und deren Anhang) und auch auf die materielle Realisierung des Buches ( Wahl des Formats, des Papiers, der Schrift). Genette hatte aber keine Absicht sich mit den technischen Vorgänge der Buchkunde zu beschäftigen, er will aber die Wirkung dieser Elemente, also die paratextuelle Wert, untersuchen. Die Aufarbeitung des Peritextes, die im wesentlichen durch typographische und bibliographische Methoden gekennzeichnet ist, liegt in Ära der Veröffentlichung ( Anfänge des Buchdrucks, die historische Epoche der Neuzeit) zurück. Die Ära vor Gutenberg, der handschriftlichen und mündlichen Weitergabe der Texte kannte aber laut Genette, keinen verlegerischen Peritext. Formate Die Wahl des Formats ist der globalste Apekt bei der Gestaltung eines Buches. Dadurch entsteht die Materialisierung eines Textes als Buch für das Lesepublikum. Der Begriff des Formats kannte zwei Bedeutungen: 1) die Weise, in der ein Bogenpapier gefalzt wurde, um die Blätter eines Buches zu ergeben und 2) die Dimension des ursprünglichen Bogens selbst. Im Lauf der Geschichte, gab es verschiedene Falzformate: Folio-Band (2-4 Seiten pro Bogen) und Quart-Format ( 8 Seiten pro Bogen), die für die „seriöse“ Bücher genutzt wurden – als „Großformate“ erschienen, in der Klassik, zum Beispiel, religiöse oder philosophische Werken oder Prestigeausgaben literarischer Werke; Oktav-Band bezeichnet ein mittleres Buch und war in 19. Jahrhundert ein übliches Format für die seriöse Literatur; im Duodez-, Sedez- und Oktodez-Band, also im Kleinformat, wurden im 19. Jahrhundert die Populärliteratur oder auch erfolgreiche Bücher in Neuausgaben ( „Taschenausgabe“) veröffentlicht. Das Kleinformat oder Taschenformat konnte ein Zeichen des Erfolgs als auch ein des „populären“ Charakter eines Werkes sein. Der paratextuelle Wert der Formatunterschiede kommt in der Frage bei der Ausdifferenzierung zwischen „gängigen Ausgabe“ und

Der Verlegerisch Peritext n Binczek Was Ist Ein Text

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Der verlegerische Peritext

Unter dem Begriff „ verlegerischer Peritext“ ist die gesamte Zone des Peritextes zu verstehen, für die der Verleger oder Verlage direkte und hauptsächliche Verantwortung trägt. Diese „Zone“ ist durch räumliche und materielle Charakteristika erkennbar und sie bezieht sich auf den äußerlichsten Peritext ( Umschlag, Titelseite und deren Anhang) und auch auf die materielle Realisierung des Buches ( Wahl des Formats, des Papiers, der Schrift). Genette hatte aber keine Absicht sich mit den technischen Vorgänge der Buchkunde zu beschäftigen, er will aber die Wirkung dieser Elemente, also die paratextuelle Wert, untersuchen.Die Aufarbeitung des Peritextes, die im wesentlichen durch typographische und bibliographische Methoden gekennzeichnet ist, liegt in Ära der Veröffentlichung ( Anfänge des Buchdrucks, die historische Epoche der Neuzeit) zurück. Die Ära vor Gutenberg, der handschriftlichen und mündlichen Weitergabe der Texte kannte aber laut Genette, keinen verlegerischen Peritext.

Formate

Die Wahl des Formats ist der globalste Apekt bei der Gestaltung eines Buches. Dadurch entsteht die Materialisierung eines Textes als Buch für das Lesepublikum. Der Begriff des Formats kannte zwei Bedeutungen: 1) die Weise, in der ein Bogenpapier gefalzt wurde, um die Blätter eines Buches zu ergeben und 2) die Dimension des ursprünglichen Bogens selbst. Im Lauf der Geschichte, gab es verschiedene Falzformate: Folio-Band (2-4 Seiten pro Bogen) und Quart-Format ( 8 Seiten pro Bogen), die für die „seriöse“ Bücher genutzt wurden – als „Großformate“ erschienen, in der Klassik, zum Beispiel, religiöse oder philosophische Werken oder Prestigeausgaben literarischer Werke; Oktav-Band bezeichnet ein mittleres Buch und war in 19. Jahrhundert ein übliches Format für die seriöse Literatur; im Duodez-, Sedez- und Oktodez-Band, also im Kleinformat, wurden im 19. Jahrhundert die Populärliteratur oder auch erfolgreiche Bücher in Neuausgaben ( „Taschenausgabe“) veröffentlicht. Das Kleinformat oder Taschenformat konnte ein Zeichen des Erfolgs als auch ein des „populären“ Charakter eines Werkes sein. Der paratextuelle Wert der Formatunterschiede kommt in der Frage bei der Ausdifferenzierung zwischen „gängigen Ausgabe“ und „Taschenbuchausgabe“. Heutzutage aber, besitzt das Format einen geringeren paratextuellen Wert, wegen der Standardisierung und Banalisierung dieses Begriffs. Es gibt noch ein paar Tendenzen in puncto Großformate, zum Beispiel: die Bestseller werden noch in relativ Großformat veröffentlicht und auch die Prachtausgaben von Gallimard. Der Rest bleibt aber, unter der Herrschaft von „Taschenformat“. Die Unterscheidung zwischen „ gängigen Ausgabe“ und „ Taschenbuchausgabe“ lässt sich durch technische und kommerzielle Gegebenheiten und Werbungstrategien zu erkennen und ist sehr eng mit der Unterscheidung zwischen hardcover ( gebundene Bücher) und paperback ( broschierte Bücher) verknüpft. Heute, bezeichnet das Taschenformat, als großartige paratextuelle Mitteilung, kein Format mehr, sondern ein Mikrokosmos von Reihen, der zwei wesentlichen

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Bedeutungen hat: eine ökonomische, die Illusion eines günstigeren Preis zu schaffen und eine kulturelle, auch paratextuelle Bedeutung, in dem Sinn, dass das Format die Gewißheit einer Auswahl, die auf der Wiederaufnahme einer Neuausgabe ins Verlagsprogramm beruht.

ReihenIn der Welt der Taschenbuchausgabe, spielt der Begriff der „Reihen“ eine wichtige Rolle. Genette betrachtet diesen Begriff als intensivere und späktakuläre Spezifizierung des Verlagssignets. Als Verdopplung des Verlagssignets, zeigt das Reihensignet dem Leser mit welcher Typ oder Gattung von Werk zu tun hat. Genette erklärt seine These durch das Beispiel von den „Weißen Reihe“ Gallimards. Die Taschenbuchreihen haben schon eine Nomenklatur der Gattungseinteilung entwickelt. Mithilfe von Symbolen ( bestimmte Farbe oder geometrische Formen) werden verschiedene Informationen über den Autor selbst oder über den Inhalt des Buches geliefert (Essayst, Linguist, Poetiker oder Belletristik, Wissenschaft etc.). In der Taschenbuchindustrie gilt als wichtiger das Erfüllen eines bestimmten Profils und nicht mehr die Einordnung in einem bestimmten Format.

Umschlag und Zubehör

Der Umschlag, die Titelseite und deren Anhang liefern zahlreiche verlegerische und auktoriale Angaben, unter denen zählt sich auch das Verlagssignet. In der Zeit der Klassik hatten die Bücher einen Lederumschlag und der verlegerische Paratext wurde am häufigsten auf der Titelseite lokalisiert. Am Anfang des 19. Jahrhunderts, wurde der Umschlag auf Papier oder Karton gedruckt und musste, heute schon, praktisch obligatorische Angaben, wie der Autorname, der Titel des Werkes und das Verlagssignet, enthalten. Der paratextuelle Wert des Umschlages gewann immer mehr an Bedeutung. Die Umschlagsseite eins enthält sprachliche ( Name/Pseudonym des Autors, Titel des Werks, Gattungsangabe, Motto etc.), numerische ( Aufflagenummer oder „Edition“) und ikonographische Angaben ( Porträt des Autors, Faksimile der Unterschrift des Autors, Illustrationen, Emblem der Reihe und/oder des Verlags). Eine wichtige Rolle spielen auch die globalere Angaben, wie der Stil und das Design, die, durch die Farbwahl, zum Beispiel, auf charakteristische Merkmale eines Verlags oder einer Reihe hinweisen. Die Umschlagseiten zwei und drei sind gewöhnlich stumm, also sie enthalten keine paratextuelle Mitteilung. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie Illustrationen ( Verlag Seuil) oder redaktionelle Angaben bei Zeitschriften. Die Umschlagseite vier ist strategisch von größter Bedeutung und kann Wiederholungen ( von Autorennamen, Werktitel), biographische oder biobliographische Hinweise, Waschzettel, Auszüge aus der Presse oder andere lobende Urteile, die als promotional statement wirken, oder Angaben über ISBN, Preis oder MagnetCode enthalten. Der Umschlagrücken, auch wenn ein schmaler Raum, ist von großer Bedeutung auch. Hier treten Autorennamen, das Verlagssignet und der Titel des Werks auf. Die Art und Weise, in der der Titel gedruckt wird – horizontal oder vertikal,

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absteigend oder aufsteigend – kann als Argument der Kohärenz mit der Umschlagseiten und der gesamten Kohärenz, betrachtet wird. Der Klappentext oder Waschzettel dient dafür, weitere Informationen über das Programm der Reihe oder Aufzählungen von Werken desselben Autors darzustellen. Eine stumme Klappe wird aber, auf jeden Fall, als Zeichen der Prestige angesehen. Der Schutzumschlag oder die Bauchbinde sind Paratextträger, die den Umschlag vollständig oder teilweise bedecken. Ihr gemeinsames Merkmal – als Anhang des Umschlags - ist, dass sie abnehmbar sind und eine kurze Lebensdauer besitzen. Sie enthalten meistens paratextuelle Mitteilungen, die aber nur kurzfristig wirken und danach werden sie vergessen. Die Hauptfunktion des Schutzumschlages ist die Aufmerksamkeit des Lesers, durch auffallende Illustrationen oder Hinweise auf eine Verfilmung des Buches, zu erregen. Die Bauchbinde ist eine Art Miniatur-Schutzumschlag, der auf das untere Drittel der Buchhöhe reduziert ist. Hier kommen Wiederholungen der Namen, Verweisungen auf einen Literaturpreis, auktoriale oder allographe Ausdrücke vor und beweisen eine offensichtliche paratextuelle Funktion.Das Lesezeichen, als aussterbende Gepflogenheit, kann wertvolle oder spezifischen Angaben enthalten. Laut Genette, hat dieses Konglomerat von peripheren Elemente als Folge, das Abdrängen von dem „eigentlichen“ Umschlag ins Buchinnere, wo es der Status oder die Funktion eher einer ersten Titelseite, bekommen wird. Dieser Raum bleibt offen und gastfreundlich für das Ansiedeln von Paratext.

Titelseite und Zubehör

Der verlegerische Paratext bezieht sich auch auf die ersten und letzten ( nicht paginierten) Seiten. Die „Vorsatzblätter“ ( Seiten eins und zwei) bleiben, im Allgemeinen, „weiß“, also unbedruckt. Die Seite drei ist als Seite des „ Schmutztitels“ bezeichnet und ist ein beliebter Ort für den abgekürzten Titel oder für die Widmung des Exemplars. Die Seite vier und sechs wiederholen verschiedene verlegerische Angaben, wie Titel der Reihe, Titelbild, Frontispiz oder gesetzliche Angaben ( Copyright, ISBN- Nummer). Ein Gesichtspunkt Genettes sei die Beschreibung der typographischen Gestaltung des Buches ein wichtiger Aspekt, darüber der Leser informiert werden sollte. Die Seite fünf ist die „Titelseite“ und enthält neben dem Titel auch den Name des Autors, Verlagsname, die Gattungsangabe, das Motto oder Erwähnung einer Widmung. Die letzten Seiten enthalten wiederholende Angaben. Ein Merkmal für das französische Verlagswesen ist das Kolophon, der Druckvermerk, der folgende Informationen enthält: den Namen des Druckers, das Datum des Drucks, die Seriennummer oder das Datum der Aufnahme in das Bücherverzeichnis.

Satz, Auflagen

Die Wahl der Schrift und des Satzspiegels ist der Vorgang durch den der Text als Buch gestaltet wird. Die typographische Entscheidungen können die Funktion

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eines indirekten Kommentars zum Text haben, in dem Sinn, dass sie die Aufmerksamkeit des Lesers lenken oder Fragezeichen stellen kann. Die Wahl des Papiers ist weniger relevant als die Wahl der Schrift und des Satzspiegels. Die Unterschiede sind ästhetisch ( gefälliges Papier, Druckqualität), ökonomisch ( Handelswert) und eventuell stofflich ( Haltbarkeit). Sie bilden aber einen symbolischen Unterschied, die an die Seltenheit und Unikat-Wert eingeht, die für die Bibliophilen sehr wichtig ist. Wenn die satztechnischen Angaben eine riesige Rolle in der Ökonomie der verlegerischen Paratext spielen – sie dienen der Materialisierung des Textes-, erfüllt das Papier nur die Rolle des Trägers dieser Materialisierung.