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r Weg nach La Pimeria Alta. Eine Reisebeschreibung von vier deutschen Jesuiten im nördlichen Mexiko um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Bericht von: Nathan Harwell Deutsch 430: Crossing Borders, Crossing Cultures Professor Albrecht Classen Frühling 2006

Der Weg nach La Pimeria Alta. Eine Reisebeschreibung von vier deutschen Jesuiten im nördlichen Mexiko um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Bericht von: Nathan

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Page 1: Der Weg nach La Pimeria Alta. Eine Reisebeschreibung von vier deutschen Jesuiten im nördlichen Mexiko um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Bericht von: Nathan

Der Weg nach La Pimeria Alta.

Eine Reisebeschreibung von vier deutschen Jesuiten im nördlichen Mexiko um die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Bericht von: Nathan Harwell

Deutsch 430: Crossing Borders, Crossing Cultures

Professor Albrecht Classen

Frühling 2006

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Europäische DurchreiseUnsere Hauptfiguren für diesen Bericht, nämlich P. Michael Gerstner (31 Jahre alt) und P. Joseph Och (29 Jahre alt) aus der oberrheinischen Provinz der Jesuiten und Bernhard Middendorff ( 31 Jahre alt) und Ignaz Pfefferkorn (29 Jahre alt) aus der niederrheinischen Provinz der Jesuiten, stammen alle aus deutschen Gebieten, die am Rhein liegen. Im Juli 1754 reisten die vier Missionare von Augsburg über Landsberg, Innsbruck, den Brennerpass, Trento, Brescia, Mailand, Turin und Pass Bocchetta, um endlich am 3. August in Genua anzukommen. Och schrieb von der Gefährlichkeit des Weges durch die steile Berglandschaft der Alpen. In Genua kamen auch acht weitere Jesuiten dazu,von denen drei Patres waren. Am 2. November wurden die Missionare auf einem englischen Schiff nach Spanien gebracht, und das Schiff ward den Anker vor Alicante am 22. November, wie Joseph Och schrieb. Am 30. November zog ein heftiger Sturm im Mittelmeer auf, aber trotzt das Tobens des Meeres ging die Expedition weiter nach Cadiz, wo am 24. Dezember ein günstiger Wind das Schiff in die Bucht von Cadiz trieb. Och war mit andere Jesuiten für Paraguay bestimmt gewesen, schrieb er, aber über diese Provinz war eben die Legende vom Jesuitenkönig Nikolaus in Umlauf gekommen, und so wagten es die Ordensverantwortlichen nicht, gerade zu diesem Zeitpunkt Ausländer dorthin zu schicken, und dirigierten die ganze Gruppe (170 insgesamt) nach Mexiko um. In Cadiz mußten die Missionare genau ein Jahr auf eine Anweisung und Schiff für Mexiko geduldig warten. Och schrieb, daß gleich beim anbrechenden Weihnachtstage 1755 durch einen Kanonenschuß von ihrem Schiff das Zeichen zum Aufbruch nach Mexiko gegeben wurde.

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Atlantischer Ozean und die LandungAm 19. März 1756 sind die Jesuiten erschöpft in dem Hafen von Ciudad Veracruz angekommen. Fast drei Monate dauerte es, den großen Atlantik zu überqueren. Abgesehen von vielen ungeladenen Gäste, die auf das Schiff bei der Abfahrt von Cadiz geklettert waren, verlief die Reise quer über den Atlantik ohne Schwierigkeiten. Solche ,,Schiffsmäuse”, die Och in seinen Anmerkungen beschrieb, verzehrten einen guten Teil des Proviants (Essen, wasser), worauf eine Ernährungkrise sich entwickeln konnte. Och schrieb, daß die Missionare 8 Tage Erholungszeit gebraucht hätten, bevor sie weiter nach Mexiko reiten konnten. Gleich bei der Landung hätten alle solchen Schwindel erfahren, schrieb Och, daß sie bei der Lesung der Heiligen Messe am Altar sogar getaumelt wären. Sobald sie wieder stabil waren, mußten die Jesuiten sich darum bemühen, teils auf Pferden teils auf Maultieren weiterzureisen, bis sie in Puebla, Mexiko ankommen sind. In Puebla hatten die Missionare ihren ersten Kontakt mit den Indianern, die sie den ganzen Tag mit ihrer indianischen Musik beehrt hätten. In Puebla mußten Och und seine Reisegefährten (Pfefferkorn u. Gerstner) über drei Monate bleiben, während die anderen weiterfuhren, weil der Bischof von Kuba drei der deutschen Jesuiten für Puerto Principe auf seiner Insel gewünscht hatte. Dieser Plan wurde jedoch fallengelassen, und die drei

gingen 24 Stunden weiter westlich nach Mexiko-Stadt und von dort schon am 14. Juli 1756 weiter in den Norden.

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Der Weg durch Mexiko Obwohl Och und seine Mitbrüdern viele schöne Städte wie Genua, München u.s.w. erlebt hatten, wurden sie von der Cuidad Mexiko noch mehr beeindruckt. Och schrieb, daß die Stadt Mexiko ohne Frage eine der besten und schönsten der Welt sei. Er beschreibt Straßen die so breit gewesen waren, daß 4 Kutschen nebeneinander Raum hätten. Die Stadt Mexiko brauchte ja effiziente Transportswege, weil die Stadt wie ein Trichter für die Waaren Mexikos funktionierte. Über Queretaro, San Luis Potosi, Zacatecas und Durango kamen Och und seine Mitbrüdern endlich nach Sonora. Am 14. Juli 1756 ritten die Jesuiten auf Mauleseln aus Ciudad Mexiko los. Ohne Beschwerung schrieb Och, daß sie meistens auf freiem Feld lagerten und nachts in einem großen Zelt geschlafen hätten. Wegen Monsun-Überschwemmungen mussten die drei Jesuiten (Och, Pfefferkorn, u. Gerstner) 8 Tage in San Luis Potosi einen Aufenthalt machen. Wegen des schweren Schlammes mussten sie gegen große Ermüdung kämpfen, bis sie in der früher schon von den Jesuiten gegründeten Stadt Zacadecas angekommen sind und im Collegium dort einquartiert wurden. Weiter ging die Reise nach Durango, wo die Jesuiten die Aufgabe bekommen hatten, elf neue Missionen in der sonorischen Provinz zu gründen. Och meinte, als die Reise weiter nördlich in die Pimeria Alta vordrang, wurde der Weg wegen der kaum übersteigbaren Felsen im Land Tarahumara immer schlimmer, wo ihre vorbestimmte Missionen erst angefangen hatte. Im Januar 1756 kam dieser vollkommene Jesuiten-Zigeunerzug endlich nach Mission San Ignacio, wo jeder von den drei Missionaren eine bestimmte Aufgabe bekam.

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Joseph Och war von adliger Abstammung und Sohn von Georg Och und Silvia Stern. Begann sein Noviziat 1743 in der Oberheinischen Provinz des Ordens Jesu. Er studierte in Mainz, Speyer und Heidelberg. Er assistierte dem P. Kaspar Stiger in San Ignacio und Magdalena, Sonora, bis 1757, wo er auch seine ,professio quatuor votorum’ leistete. Er betreute dann die Mission von Cumuripa, jedoch da seine Gesundheit das dortige Klima nicht ertrug, übergab er den Ort am 16.Juni 1761 an P. Johann Plank und ging selbst nach Baseraca und Bavispe, wo er ab September 1761 nachzuweisen ist, weil er alle Missionen in kurzer Zeit in Ordnung brachte. Der Erfolg brachte aber seiner Gesundheit keine Besserung. Im Juni 1764 mußte er seine Mission Baseraca an einen Nachfolger übergeben. P. Johann Nentuig übernahm die weitere Behandlung Ochs und begleiten ihn nach Gauzabas, wo sich Ochs Zustand dramatisch verschlechterte. Noch im Juli hatte Och dem Nentuig trotz seiner Schwäche für Arispe empfohlen. Vor der Ausweisung wurde Och nach Ciudad Mexico auf dem Weg von den Indianern hochgetragen. Hier wurde er im Colegio Maximo untergebracht, bis er im Zuge der Ausweisung nach Puerto de Santa Maria gelangte. Trotz seiner ständigen Leiden überlebte Och die mühsame Deportation im Unterschied zu vielen seiner kräftigeren Mitbrüder, und kehrte gegen1770 nach Würzburg zurück. Er starb 1773 als er 48 Jahre alt war.

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Michael Gerstner begann sein Noviziat am 12. Juli 1744 in der Oberrheinischen Ordenzprovinz Jesu, und er studierte in Mainz und Würzburg. Ende 1756 kam er nach Sonora, wo er zusammen mit P. Hlava in der Pimeria Alta bei den Sobiapuris Indianer eingesetzt werden sollte, die niemals einen Missionar gehabt hatten. Aufgrund der feindlichen Haltung, die die Indianer einnahmen, mußten Hlava und Gerstner abgezogen werden. Gerstner wurde kurzzeitig bei P. Pauer in Guevavi, dann in Tecoripa bei P. Sedelmayr untergebracht. Gerstner wurde 1757 verbittert darüber, in Sonora immer von einem Ort zum anderen geschoben zu werden. Er bat um die Versetzung in eine andere Provinz, und ihm wurde das weiter südlich gelegene Onapu angeboten. Dort missionierte er bis 1759 und ab 1760 war er wieder in Guevavi, das er am 25.Mai 1761 an P. Ignaz Pfefferkorn übergab. Gerstner wechselte nun nach Saric wo er bis 1767 tätig blieb, bis er vom Dekret der Ausweisung erreicht wurde. Nach Spanien deportiert, wurde er zuerst in Puerto de Santa Maria und ab 1775 im Kloster der Bernhardiner in Sandoval festgehalten. Dort wartete er fünf Jahre, bis es ihm gelungen ist, einen Brief an den Fürstbischof von Würzburg zu senden, der mit Hilfe des kaiserlichen Gesandten in Madrid Anfang 1780 seine Befreiung erreichte, worauf er

endlich nach Deutschland heimkehrte.

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Bernhard Middendorff trat am 21 Oktober 1741 in der Niederheinischen Provinz der Gesellschaft Jesu bei. Er studierte in Büren und Münster und wollte trotzt seiner Tuberkulose und anderer Krankheiten in die amerikanischen Missionen einziehen. Im Herbst 1756 begleitete er als Kaplan eine Militärexpedition des Gobernador Juan de Mendoza an den Rio Gila. Begeistert vom erkundeten Land forderte der Gobernador die Jesuiten auf, zumindest zwei neue Missionen in diesem Gebiet zu gründen. Neben den Padres Gerstner, Hlava und Pfefferkorn wurde auch Middendorff für dieses Projekt ausgewählt. 1757 ging er an die Nordgrenze der Pimeria Alta nach San Xavier del Bac und dann weiter nach Tucson, wo er versuchte, eine Mission zu etablieren. Och schrieb auch dazu, daß Middendorff eine neue Mission unter den Papagos in S. Catharina anlegte, wobei sie ihn auf alle erdenkliche Art plagten und ihm alle geschickten Lebensmittel stahlen. Och meinte auch, daß der Verlust von Nahrung und einer stabilen Unterkunft diesen baumstarken Mann nieder warf, so daß er an fiebriger Krankheit gestorben wäre, wenn er nicht von dort abgeholt worden wäre. 1753 ging er südlich nach Batuc, wo er 1760 seine ,profesio quartuor vorotum’ ablegte. 1761 wurde Middendorff nach Movas weiter im Süden versetzt. Beim Abtransport aus den Missionen mußte er im Okt. 1768 neben acht anderen Mitbrüdern krank und transportsunfähig in Izatlan in Nayarit zurückgelassen werden, wo weitere fünf von ihnen starben. Middendorff kam aber Mai 1775 in Puerto de Santa Maria an und wurde ein Jahr festgehalten, bis eine Intervention Maria Theresias ihm die Freiheit verschaffte.

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Ignanz Pfefferkorn trat am 22. Oktober 1742 in der Niederheinischen Provinz der Gesellschaft Jesu bei und studierte in Trier, Düsseldorf, Büren und Koblenz. Ab März 1757 versuchte Pfefferkorn zuerst bei P. Kaspar Stiger in Mission San Ignacio etwas Pima zu lernen und sich dann in Sonoita zu etablieren. Das war Pfefferkorn jedoch unmöglich und so arbeitete er bis Mai 1761 in Atil und danach auch in Guevavi. Aus gesundheitlichen Gründen ging er 1763 nach Cucurpe, wo er bis zur Ausweisung blieb. Für kurze Zeit betreute er 1765 auch Opodepe, nachdem der dortige Missionar plötzlich gestorben war.Nach der Deportation der Jesuiten wurde Pfefferkorn in Spanien einige Jahre festgehalten, zuerst in Puerto de Santa Maria, dann ab 1775 in Ciudad Rodrigo. Auf Ersuchen seiner Schwester intervenierte der Fürstbischof von Köln Anfang 1777 beim spanischen König, worauf Pfefferkorn bald nach Deutschland zurückkehren durfte. Kurz nach seiner Heimkehr veröffenlichte er seine bekannte zweibändige Beschreibung der Landschaft Sonora. Pfefferkorn konnte neben seinen persöhnlichen Erfahrungen auch die Mitteilungen des P. Jakob Sedelmayr heranziehen, mit dem er gemeinsam jahrelang in Spanien als politischer Gefangener Zeit verbrachte.

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Die Ausweisung der Jesuiten Ohne Frage steckte das jesuitische Missionssystem in Mexiko um die Mitte des 18. Jahrhunderts in einer tiefen Krise und hatte das Gros seiner ehemaligen Energie langsam verloren. Die Ausweisung wurde teils unter sehr harten Umständen durchgeführt, insbesondere in der Provinz Sonora. Auf Grund einer ungenügenden Planung des Abtransports wurden die Missionare der Provinz fast neun Monate in dem heißen Küstenort Guaymas gleichsam als religiöse/politische Gefangene festgehalten. Epidemien breiteten sich schnell aus, zahlreiche Padres erkrankten, viele starben. Als es endlich weiterging, waren einige der Überlebenden so geschwächt, daß auch sie unterwegs starben. Insgesamt haben 24 der 51 festgenommenen Padres den Abtransport aus Sonora nicht überlebt. Im Oktober 1768 mußte ein Teil der Gruppe krank und transportsunfähig in Izatlan in Nayarit zurückgelassen werde, wo weitere fünf davon starben. Aus allen Ecken des Landes wurden die Jesuiten in die Hafenstadt Veracruz gebracht, von wo die Spanier sie nach Kuba versetzten und schließlich nach Spanien weitertransportierten. Als Beweis der unerträglichen Zustände kann man den Selbstmord des P. Fransisco Morales ansehen, der sich in La Habana erhängt hatte. Einige der amerikanischen Missionare wurden als Geheimnisträger angesehen und auf der Rückkehr in Einzelhaft gehalten. Teile der Gruppe waren einige Missionare aus der Provinz Sonora, nämlich die Padres Fraidenegg, Gerstner, Michel, Middendorff, Pfefferkorn und Sedelmayr. Verantwortlich für diese Situation war höchstwahrscheinlich der Laienbruder Joseph Göbel, der 1767 noch vor der Ausweisung aus Mexiko nach Europa abreiste und in Spanien verhaftet wurde. Die spanische Behörde fanden Pläne bei ihm, eine Verschwörung einiger deutscher Padres aufzudecken. Möglicherweise hat Göbel alles selbst erfunden, aber die spanischen Beamten sahen die Situation sehr ernst an. Nach zehnjähriger Haft in diversen spanischen Klöstern sind die meisten der Genannten in ihrer Heimat endlich angekommen.