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125 Der wilde Canarienvogel, eine Biographio yon Dr. Carl Belle. (Hierzu Tar. I, nach dem Originalbilde yon W. F. B/i d e k e r.) ~') Viana, Por,sus aires volaban varias aves De musica sonora y muchedumbre De aquellos~'oein'gleros pajarueios Que per Canaries los eelebra el mundo. Antiguedades de las islas Afortunadas. Dreihundert Jahre sind verflossen , seit der Canarienvogel dureh Z~ihmung fiber die Grenzen seiner wahren Heimath hinausgefiihrt ~ und Weltbtirger geworden ist. Wie wenn yon zwei Brtidern Einer eine Laufbahn w~hlt, die ihn dureh Gunst des Schicksals' seinen Talenten eine ungeahnte Entfaltung gestattend , auf einen jener g'l~inzenden Gipfel des Ruhmes hebt, an denen das;Auge der Mensehheit haftet; der Andere aber im nfichsten Umkreise seiner Geburtssttitte , den stillen Sitten und der sehliehten fraeht seiner l~indliehen Vorfahren getreu, nur yon we- mgen nahen Freunden gekannt und geseh~itzt, unberiihmt, und doch gliieklieher vielleicht, fortlebt; ganz so ist es den beiden Raqen eines Vogels ergangen, den die ~atur ursprtinglich zum sehmueke einsamer Inseln des 0eeans bestimmt hatte. Der eivilisirte Menseh hat die Hand t naeh ibm ausgestreekt, ihn verpflanzt, vermehrt, an sein eignes Sehieksal gefesselt und dureh Wartung und Pflege'zahlreieh auf einander folgen- der Generationen so durehgreifende Ver~inderungen an ihm bewirkt, dass wir jetzt fast geneigt sind mit Linnd und Brisson zu irren, indem wir in dem ~ goldgelben V6gelehen den Typus der Art erkennen mtich- ten, und dariiber die Wilde, griinliehe Stammraqe, dieunverandert" ge- blieben ist, was sie yon Anbeginn her war, beinahe vergessen haben. Wenn es nun fur den Freund der Natur tiberhaupt yon Wiehtigkeil~ ist, das Lebensbild jeder beliebigen Species in m6gliehst klaren Ziigen vor sieh entrollt zu sehen, so wird im vorliegenden Falle die Theilnahme dadureh noeh erhiJht, dass wir es mit dem Urzustande eines Wesens zu thuu haben, welches eine Geschichte besitzt und Vergleiehe mannieh- faeher Entwieklungsstufen gestattet, welches, als ein fast nothwendiger Bestandtheil h~iuslieher Behagliehkeit~ sich mit unset'en frtihesten Erinne- ~) Diese Talel wird zu einem der n~ichsten Hefte geliefert werden. D. llerausg.

Der wilde Canarienvogel, eine Biographie

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Der wilde Canarienvogel, eine Biographio

y o n

Dr. Carl Belle.

(Hierzu Tar. I, nach dem Originalbilde yon W. F. B/i d e k e r.) ~')

Viana,

Por,sus aires volaban varias aves De musica sonora y muchedumbre De aquellos~'oein'gleros pajarueios Que per Canaries los eelebra el mundo.

Antiguedades de las islas Afortunadas.

Dreihundert Jahre sind verflossen , seit d er Canarienvogel dureh Z~ihmung fiber die Grenzen seiner wahren Heimath hinausgefiihrt ~ und Weltbtirger geworden ist. Wie wenn yon zwei Brtidern Einer eine Laufbahn w~hlt, die ihn dureh Gunst des Schicksals' seinen Talenten eine ungeahnte Entfaltung gestattend , auf einen jener g'l~inzenden Gipfel des Ruhmes hebt, an denen das;Auge der Mensehheit haftet; der Andere aber im nfichsten Umkreise seiner Geburtssttitte , den stillen Sitten und der sehliehten fraeht seiner l~indliehen Vorfahren getreu, nur yon we- mgen nahen Freunden gekannt und geseh~itzt, unberiihmt, und doch gliieklieher vielleicht, fortlebt; ganz so ist es den beiden Raqen eines Vogels ergangen, den die ~atur ursprtinglich zum sehmueke einsamer Inseln des 0eeans bestimmt hatte. Der eivilisirte Menseh hat die Hand

t

naeh ibm ausgestreekt, ihn verpflanzt, vermehrt, an sein eignes Sehieksal gefesselt und dureh Wartung und Pflege'zahlreieh auf einander folgen- der Generationen so durehgreifende Ver~inderungen an ihm bewirkt, dass wir jetzt fast geneigt sind mit Linnd und Brisson zu irren, indem wir in dem ~ goldgelben V6gelehen den Typus der Art erkennen mtich- ten, und dariiber die Wilde, griinliehe Stammraqe, dieunverandert" ge- blieben ist, was sie yon Anbeginn her war, beinahe vergessen haben. Wenn es nun fur den Freund der Natur tiberhaupt yon Wiehtigkeil~ ist, das Lebensbild jeder beliebigen Species in m6gliehst klaren Ziigen vor

sieh entrollt zu sehen, so wird im vorliegenden Falle die Theilnahme dadureh noeh erhiJht, dass wir es mit dem Urzustande eines Wesens zu thuu haben, welches eine Geschichte besitzt und Vergleiehe mannieh- faeher Entwieklungsstufen gestattet, welches, als ein fast nothwendiger Bestandtheil h~iuslieher Behagliehkeit~ sich mit unset'en frtihesten Erinne-

~) Diese Talel wird zu einem der n~ichsten Hefte geliefert werden. D. llerausg.

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rungen verknUpft, fast m/iehten wir sagen, als Echo des Familiengltieks, ein wahrhaftes Interesse des Herzens in Ansprueh nimmt und zuletzt noeh, abgesehen yon seiner Seh0nheit und seinen iibrigen fesselnden Eigensehaften, aus weiter Ferne in unser Vaterland eingebtirgert, seit lange sehon far mehrere sonst arme Gegenden desselben eine nieht unbedeutende Erwerbsquelle geworden ist.

Das helle Lieht, in dem der zahme Canarienvogel vor uns steht, die genaue und ersehiJpfende l{enntniss, die wir yon seinen Sitten und Eigenthtimliehkeiten besitzen, seheint neben der Entfernung, in weleher der wilde yon uns lebt, die Hauptursaehe der ziemlieh geringen Aus- kunft zu sein, die wir tiber letzteren besitzen. Im Lande ~einer Geburt hat man die naturhistorisehe Betraehtung der Erzeugnisse des heimath- lichen Bodens bisher fast g~inzlieh vernaehl~ssigt, und die M~inner der Wissensehaft, die dort verweilten, waren theils yon weir wiehtigeren und grossartigeren Studien in Ansprueh genommen, theils betraehteten sie den Aufenthalt in jenen Gegenden nur wie eine Station, die ihre Ungeduld, die neue Welt der Tropenl~inder zu sehauen, nieht genug abkUrzen konnte. Wir werden sp~iter die etwas dtirftigen Notizen wie- dergeben, die sieh bei Reisenden und anderen Sehriftstellern tiber den Gegenstand dieses Aufsatzes vorfinden. Obwohl sie nun aber, wenn aueh meist nur in gedr/ingter l{tirze und ohne jedwedes Detail, das Vorhandensein der wilden Art und zwar in einem yon dem uns gel~iu- figeren versehiedenen l{leide eonstatiren~ so seheint doeh neuerdings,

gen~ihrt dureh den Skeptieismus unserer Zeit und ihre Vorliebe far das Paradoxe, die Ansieht Raum gewonnen zu haben, als sei es keineswegs unzweifelhaft, dass der zahme Canarienvogel yon einer noeh auf den lnsein gleiehen Namens lebenden Art abstamme, als kiJnne er gar wohl seinen Ursprung der fortgesetzten Vermisehung einiger grtingelben~ leieht z~ihmbaren Fringillen unseres Welttheils verdanken. ~)

~') "Wohl irre geftihrt durch eine missverstandene Stelle Beehsteins, der in seiner Naturgeschichte der StubenvSgel sagt, ibm seien Bastarde vom Zeisig und Girlitz vorgekommen, die dem sogenannten gr/inen Canarienvogel t~iusehend ~hn- lieh sahen, haben Einige die Behauptung autgesteiit, die genannten beiden Fin- kenarten seien die Stamm~iltern unseres zahmen Stingers. Anderen Ortes erki~irte man den wilden Canarienvogel ftir identisch mit 1"ringilla cilrinella. Selbst dem wenig gekannten Serin de Mozambique hat man eine Stelle in diesem aufstei- genden l;eschleehts-Register anweisen wollen, w~hrend wieder Andere nicht abgeneigt seheinen, an die capsche Ft. bulgracea als Stammvater des Canarien- vogels zu denken. Wenigstens htirte der verstorbene Albers, der unseren Vogel in Madera beobachtete, dieser Anschauung ,,'on eminenten englischen Ornithologen ~Vorte leihet b ulid Vernojz Harcourt nenxlt ill seiiJer in den An~lals and l~lagazine of

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In Erw~igung dieser Unsicherheit und der vielen Liicken, welche die Naturgeschichte des wilden Canarienvoge]s noch darbietet, m0ge es uns daher verg0nnt sein, an. das ankntipfend, was wi t vor liingerer Zeit schon in unseren ~,Bemerkungen iiber die VOgel der canarischen Inseln" in Betreff desselben Gegenstandes niedergeschrieben hahen, das Ergeb- niss zweijfihriger auf jenen Inseln gesammelter Erfahrungen der Oef- fentlichkeit zu tibergeben.

Der wilde Canarienvogel , yon Spaniern und Portugiesen in seiner Heimath ,~Canar!o, genannt , ist merklich kleiner, gew0hnlich auch etwas schlanker, als die Mehrzahl der geziihmt in Europa unterhaltenen. Die domesticirte InsularraQe dagegen hat wohl hauptsiichlich, weil sie hiiufig wieder mit jenem gekreuzt wird, die urspriinglichen Dimensionen in.gr0s- serer Reinheit bewahrt. Was die Fiirbung betrifft, so .beabsichtigen wir am Schlusse dieser Zeilen eine ausfiihrliche Beschreibung der ver- schiedenen Kleider des Vogels zu liefern, bemerken daher vor!iiufig nur, dass das Colorit desselben in grossem Ganzen mit demjenigen des zah- men Canarienvogels, welchen wir den griinen oder grauen nennen, Ubereinstimmend, in seiner Prunklosigkeit doch ein sehr gefiilliges ge- nannt werden kann. Seiner vielfachen Ucbergfinge und Schattirungen wegen ist es schwer mit Worten auszudriicken. Es besteht beim er- wachsenen Vogel der Hauptsache nach in einem brfiunlich-graugriinen Mantel, mattschwarzen griinlich gesfiumten Schwingen und Schwanzfedern und einem grtingelben Biirzel; wiihrend an Stirn, Augengegend , Kehle und Brust ein schOnes, mattglfinzendes Goldgrtin vorherrscht, welches durch aschgraue Partien mit der Fiirbung des Riickens verbunden wird, nach unten zu aber in das Weiss des Bauches tibergeht, bis zu welchem sich die in's dunklere Schaftstriche gehoben wird. ein ungemein sanftes Verschwimmen der fieder des wilden Canarienvogels aus. Auf den man an ihm den dutch keinen Zwang entweihten

Briiunliche spielende Farbe der Seiten erstreckt, Ein eigenthiimlicher Farbenttine zeichnet

die durch Sehmelz, das Ge-

ersten Bliek erkennt Hauch des Freigebo-

renseins. Allerdings kommen einzelne Fiille vor, in denen die Natur freiwillig und vollkommen zu dem primitiven Typus zurtickkehrt, doch

Natural History, 1855 ver/Jffentlichten Liste yon Madera-Vtigeln, die uns hier be- schiiftigende Species gerade zu f~'. t, ul~iracea Lin., ohne zu bedenken, dass Linnd schon beide, zwar derselben Gruppe angeh(irige und analog gefiirbte, sonst abet vollkommen verschiedene VOgel in seh~" verstiindlichen Diagnosen scharf yon ein- under gesondert hat. Alle diese Irrthiimer haben Cours und finden hin und wie- der selbst bei Gelehrten Vertheidigung. Und doch hatte schon Bechstein, der Vater unserer deutschen Ornithologie, so klar iu dieser Sache gesehen'.

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pflegt meist selbst der grUngelber Nuance zu sein mischung yon Asehgraublau lend bezeichnet. Aueh sind ehen

dunkelfarbige zahme Vogel yon mehr durehweg und besitzt fast niemals die starke Bei- die das Gefieder des Wildlings so bei dem Geziihmten H~nnchen und

aber iibereinstimmend gefiirbt; im Zustand der 'Freiheit

auffal- Weib- be ide

Geschlechter, wenn aueh erst yore dritten FrUhling an, Wesentlich yon einander untersehieden. Das Nestkleid ist br~unlieh, an der Brust ' in's

. i

Oekergelbe spieletid mit sehr wenig schwaehem citrongelb' an" Wangen und Kehle: es h~ilt etwa die ylitte zwischen dem Jugendgefieder des Zeisigs. 'und dem bleibenden des Berghiinflings, (Fr. montiumO Das Herbstkleid der Alten weicht yon dem im Fi.tihjahr getragenen nur unbedeut:end ab.

Das Vaterland des Canarienvogels ist auf die Inselgruppen des atlantisehen Meeres, zwisehen dem 27. und 40. Grade N. B. besehriinkt. Sehon Linnd wusste indess, dass er nieht den Canaren aussehliesslich angehtirt. (,,Habitatin insulis Canariis aliisque marls atlantiei.~') ' Man hat ihrr bisher an keiner Stelle des nahegelegenen Festlandes angetrof- fen, und er ist mit um so grOsserer Wahrseheinliehkeit in den Faunen desselbeh eiu Fremdling', als der daselbst h~iut]ge Girlitz, (Serinus me- ridionalis Brm.,) die Inseln, auf welehen weit ntirdliehere Fringillen, wie Stieglitz und Hiinfling, v0rkommen, entsehieden meidet; die erst- genannten beiden so gleiehartigen VOgel mithin zwar als Reprlisen- tanten desselben Typus, stets aber in loealer Sonderung aufzutreten seheinen. Die Gegenden, welche Serinus canarius bewohnt, fallen

Ausdehnung naeh in die siidlich gemiissigte Zone und er- ihrer ganzen freuen sieh, yon 'den Extremen der Hitze einer milden und lauen, " Jahr aus, Jahr ein fast peratur. Auf den Eilanden, yon denen er den

und Kiilte unbertihrt, gleichmiissigen Tem- Namen entlehnt hat,

unbestimmten Bilde, welches der Leser mit diesen Worten verbindet, m0chten wir eine deutlichere Gestaltung geben.

Eigentliche Fliisse existiren auf den Canaren nicht~ abet durch ihre

besitzt ihn vorzugsweise der westliehe gebirgigere Theil, wo ein grt}s- serer Reichthum :des Baumwuehses seinen Aufenthalt begiinstigt und yon den vorherrsehenden Seewinden veranlasste bedeutendere :Feuchtigkeit der Atmosphiire, so wie kiihlere Luft, das Inselklima zu einem aus- gepriigteren, als in der 0stlichen H~ilfte des Archipels, macht. Auf Teneriffa, Palma, Gomera und Ferro ist er in grosser Menge vorhanden und zwar hauptsiichlich und am zahlreichsten da zu finden, wo n[cht allzu dicht wachsende Biiume mit GestrUpp abwechseln. ,,Sie pflanzen sich ~, sagt Bechstein, ,~an den Ufern kleiner Fliisse und Gr~iben fort." Dem

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tiefen, schluchtenartigen Thiiler winden sich in vielen Krtimmungen Ge- birgsbiiehe, die in der wasserreichen Jahreszeit bald breit und fluihend tibet' den Kies des Thalwegs hinstri~men, bald eineeengt in ihrem Laufe an den Basaltwtinden aufschiiumen und yon Terrasse zu Terrasse, mit- unter in priichtigen Wasserftillen niedersteigend, ihren Wee zum Meere suchen. So im Winter und Frtihling. Die spateren Monate des Jahres bieten ein weniger frisches Bild dar. I)erselbe Bach, dessen Liinge yon der waldbestandenen Cumbre, auf der seine 0uelle liegt, his zur Miin- dunff selten mehr als zwei bis drei Meilen betriigt, ist nun im unteren Theile seines Laufes versiegt; nut ein weisslicher Anflug, den das feuchte Element an Steinen und Felsbl0cken zuriickliess, so wie an nassgrtindigen Stellen lain und wieder eine Gruppe yon Binsen und ho- hem Rohre bezeiehnen noeh seine Bahn Mehr aufwfirts aber beginnen erst Ttimpel und kleine Laehen~ dann Reihen tieferer felsumhegter Kessel (Chupaderos), die selbst im hohen Sommer bis zum Rande mit klarem Wasser geftillt bleiben. So gelangt man aufsteigend in die oberen Gegenden des Barraneo und findet hier den lustig yon Stein zu Stein tanzenden Giessbaeh~ mit einzelnen immergriinen Waldbiiumen und Farrnkraut Umkriinzt~ u~versehrt wieder. Der Grund dieses regelmiis- sigen Versiegens liegt zum Theil in dem dureh das Klima bedingten Regenmangel der grtisseren Hiilfte des Jahres; zum Theil aber sind die unziihligen Aderl~isse~ welehe jedes durch bebaute Slriche fliessende Gewtisser unaufh0rlich erleidet, die Ursache davon. ~icht nur ganze Quellen der Waldregion werden, um Trinkwasser zu liefern, den tiefer gelegenen Ortschaften zugeftihrt, sondern ein fortgesetztes, htichst com- plicirtes und oft wahrhaft bewundernswiirdiges System yon Aqufiducten leitet durch unendlieh viele kleine Caniile das befruchtende Nass vom Bache auf Felder und Pflanzungen, die nur dutch im Sommer Ernten in Caniile der redet. An nieht

ertragsfiihig erhalten einem Jahre liefern. Wasserleitungen Wiesengriiben im

zu denken.

Oftere Ueberrieselun e werden k0nnen, so aber drei bis vier Diese meist in den Fels gehauenen

sind die ,,Griiben~', yon denen Bechstein schwarzen Moorgrunde ist dabei durchaus

Wie lieblich aber the diese Thiiler vor dem schmal, selten mehr als eingefasst, an deren der Flora der gltiekliehen fast jeder Sehritt in ihnen neue Thalsohle ist gew0hnlich

Journ . f. ()rnith. j VI. Jahrg . . Nr.

sind fast ohne Ausnahme die Blicke des Beschauers

fiinf Minuten breit und Cultur unzugiinglichen

Inseln ihre wunderbare Pracht Ueberraschungen

sich selbst tiberlassen und 3'2, Marz 18~8.

Landschaften, wel- enlrollen! Eng und yon schroffen Htihen

Abhiineen die wilde entfaltet ~ bietet

dar. Die ebnere erzeugt iippiffen

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Auf einem kleinen Acker schreitet, vor den Pflug gespannt, das i(ameel friedlich neben dem Esel. Anderw~rts fischen Knaben, bis an den Giirtel im Wasser stehend, wohlschmeckeade Aale~ den einzigen Sfiss- wasserfisch der Insel.a. Vom Walde her, dessert schwarze Laubmassen landeinwiirts den Horizont begrenzen, schreiten M~idchen und Frauen, schwerbelastet, aber heiter plaudernd und lachend zu Thai. Sie tragen Holz- und Reisigbtindel auf dem l(opfe fiber den gelben Mantillen, die ihre Gesichter madonnenartig umschliessen, der Stadt zum Verkauf zu. Auf alle diese lebensfrischen Bilder abet schauen ringsum yon den kahlen Kfimmen des Gebirges groteskzackige Felsgestalten fiber Meer und Land bis zum schneeigen Teyde-Pik hin, undes legt sich fiber das Alles in warmen Tonen der weiche, sonnige Duft des tiefsten Stidens. Dies ist das ungeftihre Bild eines Thales auf Teneriffa. So sehen die Ufer der ,,kleinen Fltisse" aus, an denen der Canarienvogel brtiten soil.

Er br~itet auch wirklich an ihnen, abet" nicht ausschliesslich. Wir haben ihn eben so wohl in Gegenden sich fortpflanzen sehen, wo er ziemlich welt yon fliessendem Wasser entfernt war uad die Natur einen ganz anderen Charakter, als den oben geschilderten, trug'; nut' diirfen einzelne Biiume und hohes, wenn auch lichtes Buschholz nicht fehlen. Von der Meeresktiste erstreckt sich seine Verbreitung bis zu der nicht unbedeutenden H0he yon 5--600') Fuss am Gebirg" hinauf, wtihrend er freilich an vielen dazwischen liegenden Punkten vergeblich gesucht wird Die G~irten volkreicher St~idte besitzen ihn zur Fortpflanzungs- zeit so gut, als die abgelegensten stillsten Winkel der Inseln. Matt kann wohl sagen, dass er in viel hOherem Grade, als seine Vettern, der H~infling und Stieglitz, die in derselben Htiufigkeit, wie er in seinem Vaterlande angetroffen werden, ein Baumvogel se i . I~ dichten, schat- tigen und feuchten Hochwald, der dort vorzu~,sv~ veise aus Lorbeern und Stechpalmen besteht, haben wir ihn nie beobachtet. H0chstens bewohnt er dessen ~iussere, lichte R/inder, wie er z. B. am Saume der immer- grtinen Waldschlucht Barranco de Badajoz bei Guimar mehrfach yon uns wahrgenommen worden ist. Da die Weingtirten, die vor dem Auf- treten des verderblichen Kryptogams in noch welt ausgedehnterem Maasse als jetzt vorhanden waren, fast immer mit isolirten Obstb~iumen untermischt sind, zwischen welchen die Rebe, wenig fiber den Boden erhaben, sich ausbreitet, so ist der Canarienvogel meist auch in ihnen hiiufig zu finden, um so mehr, da sie sich ohne Ausnahme einer sonni- gen Lage, wie er sie vorzugsweise liebt, erfreuen. Warm sind, im Sommer wenigstens auch die weiten Forsten der canarischen Fichte, (Pinus cana;'iensis Chr. Smith~) in denen wir ihm im April 1S5fl, ganz

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wider unser Vermuthen bei dem Flecken Chasna und welt tiber diesen hinauf in grosser Individuenzahl begegneten. Man hatte bisher nicht gewusst, dass er sich zur Brutzeit in so hochgeleg'enen Districten auf- halte; vielmehr war er best~indig als alleiniger Bewohner des Littorals betrachtet worden. Mit Bestimmtheit kSnnen wir jedoch versichern, dass er den Pinal an.den Abh~ingen des Teyde, so wie anderen Ortes bis zur angegebenen HShe bevSlkert und darin meist auf jungen Nadel- b~iumen sein Nest baut. Man entfernt sich also weniger yon der Natur, als man denkt, wenn man bei uns dem zahmen Canarienvogel in so- genannten fliegenden Hecken abgehauene kleine Kiefern hinsetzt, damit el-,. was er so gern thut, in deren Zweigen niste. Ob der wilde Cana- rienvogel die Hochregion yon Teneriffa und Palma, in welcher Pin~s canariensis fast allein mit Unterholz yon Cytisus proliferus, Ginster und Cistrosen die Waldbest~inde bildet, auch ~im Winter bewohne, ist uns unbekannt. Allerdings f~illt dort noch wenig Schnee; doch ist trotz dem die Temperatur des Pinal die Wintermonate durch, im Vergleich mit dem ewigen Frtihling" des unteren Landes, schon eine sehr niedere. Uns scheint jedoch, dass der Canarienvog'el auch in seiner Heimath einen gewissen Grad yon K~ilte zu ertragen vermSge und denselben nicht sehr scheue. Es w~ire sonst schwer zu erkl~iren: wie er im ge- z~ihmten Zustande den strengen Wintern des nSrdlichen Deutschlands in ungeheizten Zimmern~ wo binnen wenigen Stunden das Wasser bis auf den Grund der Gefiisse gefi'iert, trotzen kann; ja, bei einer solehen Behandlung' sich dauerhafter erweist, als wenn man ihn am warmen Ofen tiberwintert. Im Spiitherbst hat Berthelot unseren Vogel in den Bandas yon Chasna 4000 Fuss tiber dem Meere angetroffen, indess nie geglaubt, dass er hier und viel htiher hinauf noch brtite. Er war er- staunt, als wir ihm unsere hierauf beziiglichen Erfahrungen mittheilten. Wit selbst hatten bereits im September 1852 ganze Schaaren yon Ca- narios, dicht unter der Cumbre der Insel Palma, wo die Fichte aufh0rt und die Codeso-Dickichte mit einzelnen Cedern untermischt, vorherr- schend werden, in nahe an 6000 Fuss Htihe beobachtet.

Der Fortpflanzung des Canarienvogels haben wir im Thale yon Orotava auf Teneriffa mehrfach Aufmerksamkeit zugewendet und sind im Stande, Genaueres dartiber mitzutheilen. Paarung und Nestbau er- folgen im Miirz, meist erst in der zweiten Hiilfte desselben. Nie baute der Vogel in den uns zu Gesicht gekommenen Fallen niedriger, als acht Fuss tiber dem Boden, oft in sehr viel bedeutender Htihe. Ftir junge, noch schlanke Biiumchen scheint er besondere Vorliebe zu he- gen, und unter diesen wieder die immergriinen oder sehr frtih sich

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belaubenden vorztiglich gern zu wtihlen. Der Birn- und der Granat- baum werden ihrer vielfachen und doch lichten Vertistelung" halber sehr h~iufig; der Orangenbaum seiner immer allzu dunklen Krone wegen schon seltner, der Feigenbaum, wie man versichert, niemals zur Brut- st~itte ausersehen. Das Nest wird sehr versteckt angebracht; doch ist es, namentlich in G~irten, vermOge des vielen Hin- und Herfliegens der Alten und ihres nicht ffrossen Nistreviers unschwer zu entdecken. Wit fanden das erste uns zu Gesicht gekommene in den letzten Tagen des M~irz 1856, inmitten eines verwilderten Gartens der Villa Orotava, auf einem etwa zwfilf Fuss hohen Buchsbaum, der sich tiber einer Myrthen- hecke erhob. Es stand, nur mit dem Boden auf den Aesten ruhend, in der Gabel einiger Zweige, unten breit, oben sehr eng mit ~iussert zierlicher Rundung, nett und regelm~issig gebaut. Es war durchweg aus schneeweisser Pflanzenwolle zusammengesetzt und nur mit wenigen diirren H~ilmchen durchwebt. Das erste Ei wurde am 30. M~irz, dann t~iglich Eines hinzugelegt, bis die Anzahl yon fiinfen beisammen war, welches die Normalzahl des Geleges zu sein scheint, obwohl wit in anderen Fallen nut drei his vier Eier, hie aber mehr als ftinf in einem Neste gesehen haben. Die Eier sind blass meergrtin mit ri~thlich brau- hen Flecken bes~iet, selten beinahe oder ganz einfarbig. Sie gleichen denen des zahmen Vogels vollkommen. Eben so hat die Brutzeit dutch die Domestication keine Ver~indernr~g erlitten; sie dauert beim wilden Canarienvogel ebenfalls ungefiihr dreizehn Tage: Die Jungen bleiben im Neste bis sie vollst~indig" betiedert sind und werden noch eine Zeit lang nach dem Ausfliegen yon beiden Eltern, namentlich abet vom Vater auf das sorgsamste aus dem Kropfe geftittert. Die Zahl der Bruten, welche in einem Sommer gemacht werden, betr~igt in tier Regel vier, mitunter abet auch nut drei. Ende Juli beginnt die Mauser, mit welcher, wie nattirlich, die Fortpflanzungsperiode far das Jahr schliesst.

S~immtliche Nester~ welche wit in der Zahl yon sechs his sieben im Frtihling des genannten Jahres beobachteten, waren auf gleich saubere Weise aus Pflanzenwolle geformt. In einigen unterbrach kaum irgend ein Grashalm oder Reisigsttickchen das gl~inzende Weiss des Baues. Wahrscheinlich hatte in all' diesen Fallen der die Saamen der canari- schen Weide umhtillende zarte Flaum, nebst den Federkronen yon Pflan- zen aus der Familie der Cichoraceen den Stoff geliefert, aus welchem diese liebenswtirdigen Thierchen ihr Brautbett und die Wiege ihrer Kinder so kunstreich zu weben wissen. Einer ~iusseren Umkleidung dutch Flechten und dergleichen scheint das Nest wohl aus Grund seiner versteckten Lage nicht zu bediirfen. Im Sommer liefert den V0geln

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die so hfiulig das Gestriipp durchrankende Periploca laevigata, nebst ein oder zwei anderen Asclepiadeen, eine ungemein feine Seide zum Nistmaterial. An Orten, wo sie nur griibere Stoffe zur Verftigung ha- ben, soll man mehr aus Moos und Halmen gebaute Canariennester finden, die dann eine innere weiche Ausfiitterung n0thig haben.

Das Mfinnchen sitzt, wfihrend das Weibchen brfitet, in dessen Nfihe~ am liebsten hoch auf noch unbelaubten Bfiumen; im ersten Friihling gern aut' Akazien, Platanen oder echten Kastanien, Baumarten~ deren Blattknospen sich erst sprit Offnen; oder auch auf dtirren Zweigspitzen, wie sie die Wipfel der in G~irten und in der N~ihe der Wohnungen so allgemein verbreiteten Orangen nicht selten aufzuweisen haben. ¥on solchcn Standpunkten aus l~isst es am liebsten und l~ingsten seinen Ge-

sang h0ren. Es ist eine Freude, dann dem kleinen Virtuosen zu lau- schen, zumal wenn es, wie uns das h~iufig" verg0nnt war, von dem Bal- kon oder der Gallerie eines Islenno-Hauses herab geschehen kann, wo man sich oft im Niveau des singenden Vogels befindet, der in ganz geringer Entfernung vor uns sitzt. Wie bl~iht er dann seine kleine gesangreiche Kehle auf, wie wendet er die goldgrtin schimmernde Brust bald rechts, bald links, sich im Strahl seiner heimathlichen Sonne ba- dend, bis auf einmal der leise Ruf des im Neste verborgenen Weib- chens sein Ohr trifft und er mit angezogenen Fltigeln sich in das Bl~t- termeer der Baumkrone sttirzt, die fiber ihm zusammenschlagend, die stissen 3'Iysterien einem Moment,

Vaterlandes, ist sch0nsten Es ist ja rief, und unwiderstehlichen weiche und

seines Gattengliickes dem Auge verhtillt. In umgeben yon der Bltithenpracht und den Dill'ten

das unscheinbare grtine V0gelchen sch0ner

mit dem Reize des Fremdartigen

trfiumerische Erinnerungen der nichts mehr im Stande gewesen

soleh' seines

als die tragen. Dasein

seiner Brtider, die in Europa die Livree der Sklaverei an seiner Stelle~ da wo des Sch0pfers Wort es in's

die Melodie seines Liedes verfehlt um so weniger einen Zauber zu iiben~ als durch alle Sinne zugleieh

wohlthuende Empfindungen auf den Zuh0rer einwirken und sich gerade durch diese Vogelstimme,

Kindheit mischen. Unzweifelhaft ist uns anzuheimeln und das Gefiihl des

lnseln zu verscheuchen, als gerade der iiberall uns Gesang des wilden Canarienvogels, der dort etwa

wie der Schlag des Finken in Deutschland

Fremdseins auf den fl'eundlich grtissende in derselben Hfiufigkeit, ert0nt.

Es ist viel tiber den Werth dieses Gesanges geredet worden. Von Einigen 0bersch~itzt und allzu sehr gepriesen, ist er yon Anderen, die vielleicht nach wenigen zu uns gebrachten Individuen, deren Organ seine

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vollkommene Ausbildung nicht erlangt hatte, ihr Urtheil abmaassen, einer sehr strengen Kritik unterzogen werden. Man entfernt sieh nicht yon der Wahrheit, wenn man die Meinung aussprieht, die wilden Canarien- vi~gel sfingen, wie in Europa die zahmen. Der Sehlag dieser letzteren ist durehaus kein Kunstproduet, sondern, wenn aueh bin und wieder dureh die Einwirkungen fremder Vogelgesfinge modifieirt, doeh im grossen Ganzen unver~indert geblieben, was er ursprtinglich war. Ein- zelne Passagen hat die Erziehung umgestalten und zu glfinzenderer Ent- wiekelung bringen, andere der Naturzustand in grtisserer Frisehe und Reinheit bewahren m0gen, der Charakter beider Ges/~nge aber ist noch jetzt vollkommen tibereinstimmend, ja identiseh und beweist, dass, mag ein Volk aueh seine Spraehe verlieren ktinnen, eine Vogelspeeies die- selbe dureh alle Wandlungen fiusserer Verhtiltnisse unversehrt hindureh- tr~igt. So welt das objective Urtheii. Das subjective wird bestoehen dutch die tausend Reize der Landsehaft, dutch den Magnetismus des Ungewtihnlichen. Was wir vernehmen, ist schtin, aber es wird sehtiner noeh und klangreieher dadureh, dass es nieht im staubigen Zimmer, sondern unter Gottes freiem Himmel erschallt, da wo Rosen und Jasmin um die Cypresse ranken und die im Raum versehwimmenden l(lang- wellen das Harte yon sieh abstreifen, welches an dem meist in zu grosser Ntihe vernommenen Gesang des zahmen Vogels tadelnswerth erscheint. Und doeh begntigt man sieh nieht mit dem Ohre zu h5ren; unvermerkt vernimmt man aueh dureh die Einbildungskraft, und so ent- stehen Urtheile, wie ,,dem Gesange eines Vogels yon den eanarisehen Inseln kommt niehts gleich", (Heineken,) u. s. w., die spfiter bei An- deren Enttfiusehung hervorrufen. So wenig" wie alle Hfinflinge und Naehtigallen oder alle zahmen Canarienvtigel gleieh gute Sehlfiger sind, darf man dies yon den wilden fordern. Aueh unter ihnen giebt es st~irkere und sehwfiehere; das abet ist unsere entsehiedene Ansicht, die NaehtigallentiJne oder sogenannte Rollen, jene zur Seele dringenden tie- fen Brustt(ine haben wir nie seh6ner vortragen h0ren, als yon wilden Canarienvi~geln und elnigen zahmen der Inseln, die bei jenen in der Lehre gewesen. Nie werden wit in dieser Hinsicht die Leistungen eines wundervoll hoehgelben Mfinnchens yon Gran-Canaria, welches wir als Geschenk eines Freundes eine Zeit lang besassen, zu vergessen im Stande sein.-~== Am meisten mOge man sieh hiiten, den Naturgesang des Cana- rienvogels nach dem oft sttimperhaften sehr jung gefangener Exemplare, die im l(~ifig ohne guten Vorsehl~iger aufwuchsen, zu beurtheilen. ~'~)

*) Wenn hin und wieder Vogelhtindler behaupten, sie h~itten den wilden

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Der Flug des Canarienvogels gleicht dem des Hiinflings. Er ist etwas wellenftirmig und geht meist in mfissiger H0he yon Baum zu Baum, wobei, wenn der Vogel schwarmweise fliegt, die Glieder der Gesell- schaft sich nicht dicht an einander driingen, sondern jeder sich in einer kleinen Entfernung von seinem Nachbar hiilt und dabei einen abgebro- chenen, oft wiederholten Lockruf in der Luft hSren llisst. Die Schaa- ren, in die sie sich ausser der Fortpflanzungszeit zusammenthun, sind

CP ** zahlreich, ]0sen sich aber den ~rossten Theil des Tages hindurch in kleinere Fliige auf, die an geeigneten Often ihrer ~ahrung nachgehen und sehr hiiufig liingere Zeit auf der Erde verweilen, vor Sonnenunter- gang abet sich gem wieder zusammenthun und ein gemeinschaftliches Nachtquartier suchen. Auf dem dazu gewiihlten Baum stimmen sie dann ein lautes und verwirrtes Concert an, welches man Unrecht thun wiirde mit ihrem eigentlichen Gesange zu verwechseln.

Die Nahrung des Canarienvogels besteht grossentheils, wenn nicht ausschliesslich, aus Pflanzenstoffen, kleinem Gesiime theils mehliger, theils til iger Substanz, zartem Grtin und saftigen Friichten, nament- lich Feigen, welche letztere er, wie fast alle Singvogel der canari- schen Inseln und selbst exotische Fringillen, auch in der Gefangen- schaft mit grosser Vorliebe zu verzehren pflegt. Eine durchgebrochene reife Feige bietet ihnen in der innigen Durchdringung von Fieisch, stissem Safte und sehr kleinen Kernen einen ersichtlichen Leckerbissen dar, den sie gleichsam ausschltirfen, zu welchem sie im Freien jedoch nut gelangen kiinnen, sobald die Frucht vor Ueberreife ihren violett- blauen oder gelbgrtinen Mantel sprengt. Vorher ist es ihnen unmtiglich mit ihrem zarten Schnabel durch die feste, yon etwas scharfem Milch- saft strotzende Htille zu dringen. Solch' ein Feigenbaum mit geplatz- ten Frtichten bietet einen wahrhaft interessanten Anblick dar, denn er bildet den Sammelplatz einer Menge yon SingvOgeln. Amseln, Platt- mtinche, WeidenlaubvOgel, Stieglitze, Steinsperlinge, Blaumeisen u. a. m. finden auf seinen Zweigen einen gedeckten Tisch, an dem Insecten- und KOrnerfresser bunte Reihe machen. Unter den Pflanzenfamilien, welche dem Canarienvogel seinen Unterhalt liefern, scheinen die li~reuz- bltithigen und Syngenesisten vorzugsweise yon ihm aufgesucht zu wer- den. Den Kropf yon im Frfihling erlegten fand ich fast ausschliesslich

Canarienvogel in England oder Holland gesehen, er singe aber nicht, so erkl~irt sich dies durch das diesen Leuten gel~illfig'e Verwechseln sehr verschiedenartiger Species. Wir selbst haben in Berlin F. lepida und /". chr~jsop~/ua unter dem Namen ,wilder Canarienv/Jgel" feilbieten sehen.

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mit grUnen Crueiferensaamen verschiedener Art angeftillt. Diese waren yon der Reife noeh weir entfernt, daher um so zarter und diirften leieht

das Hauptfutter fur die noeh kleinen Jungen abgeben. Dem Kohl- und Salatsaamen gehen sic den Sommer hindureh auf Feldern und in G~irten naeh. Die zahlreichen, zum Theil ausserordentlieh seh0nen und oft arboreseirenden Sonchus- und Prenanthes-Speeies, die ein Stolz der eanarisehen Flora sind, werden oft yon ihnen besueht und liefern in ihren, denen des Salates nieht un/ihnliehen Aeh~inien gewiss eine sehr willkom- mene Speise. Auf Disteln haben wit dagegen den Canarienvogel hie erblickt. Noeh verdient bemerkt zu werden, dass die Strassen yon Santa Cruz, um wie viel mehr also abgelegenere Orte roller Kreuz- kraut und Vogelmiere stehen, und an feuehten Stellen unser Wegebreit, so wie an Quellen und B~ichen Brunnenkresse im Ueberflusse wiichst, so wie auch der Mohn, (Papaver somniferum,) im wilden Zustande aug Htigeln und zwisehen dem Getreide spriesst. So findet der Canarien- vogel bereits in seinem Vaterlande mit Ausnahme des Hanfes fast alle die Leekerbissen reiehlieh vor, dureh welehe wir ihm die Gefangen- sehaft versiissen. Noch eines Hauptnahrungsmittels miissen wir erwiih- nen. Es ist dasjenige, welches in Europa am meisten Rug erlangt hat und so allgemein zur Fiitterung der StubenviJgel verwendet wird. Man erriith, dass das Canariengras, (Phalaris canariensis,)gemeint ist, welches auf den Inseln, so wie in allen L~indern des Mittelmeerbeekens einheimisch, in Deutschland namentlieh bei Erfurt im Grossen cultivirt wird und fi'tiher lange fiir die aussehliessliehe Kost des Canarienvogels galt. In Holland baute man es bereits in der zweiten Hiilfte des sie- benzehnten Jahrhunderts. Es dient noeh jetzt auf den lnseln unter dem Namen Alpiste zum allein gebr~iuehliehen Vogelfutter, wird daselbst aber gegenw~irtig nieht mehr gewonnen, sondern als Handelsartikel yon Spa- nien hintibergebraeht. Wildwaehsend trifft man es in etwa zwei Fuss hohen diinnen Halmen, die an der Spitze eine rundliehe, kopff0rmige Aehre tragen, an Feldrainen und unter der Saat, so wie bin und wieder auch auf steinigen H~geln an, wo es yon den Canarienv0geln allerdings, jedoch nieht mehr als andere Phalaris-Arten und Hirsegriiser auf- gesucht wird.

Wasser ist far den Canarienvogel Er fliegt oft, meist gesellig zur Trfinke er sich zahmen.

Die ausserhalb

sehr nass macht, im wilden

geographische Verbreitung der ihm glcichnamigen

ein gebieterisches Bediirfniss. und liebt das Baden, bei dem

Zustande eben so sehr, als im

des Canarienvog'els erstreckt sich Inseln noch tiber Madera und die

G~

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sich aus den Fluthen erhebt, und der sehr Ostlichen Lage, so wie sei- tier Bodenbeschaffenheit nach gleich wenig zum Wohnplatz yon Canarios geeignet scheint Dennoch liegt kein Grund vor, an der durch Auto- ritliten gestUtzten, noch heute im Munde des Volkes lebenden Tradition zu zweifeln. An einer Quelle jenes Felsen-Eilandes soil hohes Busch- work gestanden haben und dies der Aufenhalt jener wunderbar sch0n singenden Loca/rasse gewesen sein, bis Hirten oder Fischer es in Brand gesteckt und so die V0gelchen vertrieben haben. Dieses Ereigniss hat sich nach einer handschriftlichen Aufzeichnung meines Freundes Berthelot in den ersten Jahren des gegenwfirtigen Jahrhunderts zugetragen. Es ist sehr wohl denkbar, dass die tiefe Abgeschiedenheit und Oede der Stelle, deren Gebtisch wahrscheinlich aus Euphorbia balsamifera oder regis Jubae bestand, vor Alters eine Colonie von Canarienv0geln an-. gelockt und gerade die weite Entfernung yon ihres Gleichen, hier wo nur Sturmtaucher und M0ven ihre Nachbarn waren, zuerst innerhalb wcniger Familien die Ausbildung" einer ganz besonderen Gesangsfertig- keit begtinstigen konnte, welche sich spiiter, je enger der l(reis, um so leichter~ als Erbtheil fortpflanzte. Wir selbst haben nicht Ge]egenheit gehabt, Montanna-Clara zu besuchen; woh[ aber sind wir, da wir des- sen schroffen Riicken mehr als einmal am Horizont erblickten, mit seinem erofil vertraut. Es wiire interessant sich von seinem gegen- wiirtigen Zustande zu tiberzeugen und nicht g'anz unmi~glich, dass man daselbst in dem vielleicht auf's Neue emporgesehossenen Gestriiuch auch die VOgel zu ihrem einstigen Lieblings-Aufenthalte zurtickgekehrt, wie- derf~nde.

Der Verfasser dieser Zeilen hat die ersten wi]den Canarienvi3gel in Madera gesehen, obwohl alle seine spliteren Beobachtungen auf den canarischen Inseln angesteIlt wurden. In den tiberaus reizenden welt- beriihmten G~irten um Funchal trifft man diese VOgel hfiufig an~ und hier war es, wo Heineken, der von 1820--29 auf Madera verweilte~ die ersten guten~ ausfiihrlicheren Studien fiber ihre Lebensweise gemacht hat. Man kann seinen Bericht, dem eine sehr naturwahre Beschreibung beigegeben ist, im Zoological Journal, Nr. 17, Art. ~17, und in der Isis yon 1831, S. 7:.)5, nachlesen, aus wel~her ]etzteren er unter anderen auch seinen Weg in Lenz's treffliche Naturgeschichte gefunden hat. Man nennt den wilden Vogel in Madera ,Canario de terra", wfihrend er in Teneriffa ,,Canario de campo" heisst. Die domesticirte Ra~e triigt auf ersterer Insel den Namen ,Canario de fora ~'~ (fremder Canarien~'ogel,) obwohl man ihn jetzt auch dort, und zwar vom sch0nsten Gelb, in grossen Hecken zieht. Vernon Harcourt hat dem Vogel ebenfalls in

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Madera Aufmerksamkeit gewidmet , und J. Yate Johnson, der talent- voile Autor des Buches: Madeira, its climate and scenery, bemerkt darin fiber denselben S. 260: ,Wahrend der Brutzeit ist er sehr zutraulich und besucht furchtlos die Giirten mitten in der Stadt. Ist diese vortiber, so schaart er sich mit H~inflingen und anderen V0geln zusammen und treibt dann vorzugsweise auf Feldern und an weniger besuchten Orten sein Wesen. Er l~isst den gr0ssten Theil des Jahres hindurch seinen Gesang h0ren. Gelbe Canarienv0gel werden in bedeutender Menge aus Lissabon nach Funchal zum Verkauf gebracht. Die Kreuzung zwischen wilden und zahmen scheint eine Raqe hervorzubringen, die k0rperlich kriiftiger und mit st~irkerer Stimme als die gelben begabt ist."

Weder Johnson noch irgend ein anderer Schriftsteller belehrt uns dartiber, ob auf der in geringer Entfernung yon Madera nach 3t". O. zu gelegenen Insel Porto Santo wilde Canarienv0gel anzutreffen seien. Der grossen Kahlheit und der Wasserarmuth halber, an welcher sie leidet, m0chten wir fast daran zweifeln, l'qicht minder schweigen die Nach- richten von dem etwaigen Vorkommen tier Art auf den drei Desertas yon Madera. Ueber die zwischen letzterer und den Canaren mitten inne liegenden Salvages, die ebenfalls unbewohnt sind und h0chstens yon Pardelajiigern regelmassig besucht werden, finder man nut die fabelhaft klingende Angabe La Caille's, die CanarienvOgel seien auf ihnen so gemein, dass man zu einer gewissen Jahreszeit nicht ein Paar Schritte thun k0nne, ohne ihre Eier zu zertreten. (I)

Auf den Azoren endlich sind tiber das Vorkommen des Canarien- vogels noch durchaus keine genaueren, wissenschaftlichen Beobachtungen ang'estellt worden. Wir erfahren nut, dass die grtine Raqe daselbst im wilden Zustande vorhanden sei. Es scheint jedoch auch bier in dem n0rdlichen Bezirke ihres Gebietes eine nicht ganz gleichmiissige Ver- theilung der Art tiber die langgedehnte Inselkette stattzufinden. Der Pater Cordeyro schreibt, sie seien in St. Miguel selten, wahrend sie auf dem waldigen St. Jorge unter den h~iufigeren V0geln angeftihrt werden. Es geht aus seinem Vorkommen auf den Azoren tibrigens hervor, dass dieser grosse, tonbegabte Girlitz der atlantischen Inseln, den wir Cana- rienvogel nennen, der Ornis unseres Erdtheiles, was bisher noch nir- gends geschehen ist, als integrirendes Glied zuzurechnen ist.

Der Fang dieser Thierchen ist sehr leicht, zumal gehen die Jun- gen fast in jede Falle, sobald nut ein Lockvogel ihrer Art daneben steht; ein Beweis mehr ftir die grosse Geselligkeit der Species. Ich babe sie sogar in Canaria einzeln in Schlagnetzen, deren Locker nut H~inflinge und Stieglitze waren, sich fangen sehen. Gewtihnlich bedient

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man sich, um ihrer habhaft zu werden, auf den Canaren eines Schlag- bauers (Falsete,) das aus zwei seitliehen Abtheilungen, den eigentliehen Fallen mit aufstellbarem Trittholz, getrennt dureh den mitten inne be- findlichen K~ifig, in welehem der Loekvogel (reelamo) sitzt, besteht. Dieser Fang wird in baumreiehen Gegenden, wo Wasser in der l'q~ihe ist, betrieben und ist in den frtihen Morgenstunden am ergiebigsten. Er

"Or ist, wie wir das aus el~ener Anschauung wissen, ungemein anziehend, da er dem im Gebiiseh versteekten Vogelsteller Gelegenheit giebt, die Canarienv0gel in gr0sster b/abe zu beobaehten und sieh ihrer graziOsen Bewegungen und Manieren ungesehen zu erfreuen. Wir haben auf diese Weise binnen wenigen Stunden 16 .......... 20 StUck, Eins naeh dem andern, fangen sehen. Die Mehrzahl davon waren indess noch unvermauserte Junge. Bes~isse man, was nieht der Fall ist, auf den Inseln ordentlieh eingeriehtete Vogelherde, so wiirde der Ertrag natiirlieh noeh ein weir lohnenderer sein.

Wir haben Canarienwildlinge genug in der Gefangensehaft beob- aehtet und mitunter deren Ein bis anderthalb Dutzend auf einmal be- sessen. Der Preis junger, bereits ausgeflogener Vogel pflegt in Santa Cruz, wenn man mehrere auf einmal nimmt, 1 Fisea (etwa 21/o. Silber- groschen,) ftir das Sttiek zu betragen. Frisch gefangene alte M~inn- ellen werden mit 1 Toston (10 Silbergroschen) bezahlt. In Canaria sind, trotz der daselbst herrsehenden gr0sseren Billigkeit, die Preise um vieles holler, was allein sehon hinreiehen wtirde, ihre gr0ssere Seltenheit daselbst darzuthun.

Es sind unruhige VOgel, die ltingere Zeit brauehen, ehe sie ihre angeborene Wildheit ablegen und sieh, besonders in engen K~ifigen zu mehreren zusammengesperrt, das Gefieder leieht zerstossen. Sie sehn~i- beln sich sehr gern unter einander und die jungen Mannehen geben sieh binnen Kurzem dureh ein fortgesetztes lautes Zwitsehern zu erkennen. bleine jungen VOgel fingen in der zweiten H~ilfte des August zu mau- sern an; einige unter ihnen hatten indess noeh im December den Fe- derweehsel nieht vollst~indig bewerkstelligt. Wahrseheinlieh sind dies die am sp~itesten Ausgeflogenen gewesen. Das helle Gelbg'riin zeigt sieh zuerst an der Brust. Kaum giebt es einen weiehlieheren K0rner- fresser. Man verliert die meisten an l£r~impfen, ( ,se les da una ton- tura",) deren zweiter, oder drifter Anfall mit dem Tode zu endigen pflegt. Wer diese VOgel fiber See mit sieh nehmen will, wird wohl thun sieh l~ingere Zeit vor der Abreise mit wenigstens der doppelten Anzahl yon denen, die er wiinseht, zu versorgen und dieselben in einem jener flaehen, h01zernen, nur vorn mit einem sehr~igen Gitter versehenen

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Kiifige, wie sie zwischen Frankreich und der Westktiste Afrika's eircu- liren, fortzuschaffen. Trotz aller Vorsichtsmaassregeln kann man darauf rechnen, wiihrend der Seereise und unmittelbar nach derselben die Hiilfte der VOgel einzubtissen. Wit haben von eilf gliicklich heimgebrachten, bereits vermauserten, vollkommen eingewohnten und zum Theil schon schlagenden Canarienv6geln, im Laufe des ersten Winters noch mehrere ganz unerwartet epileptisch zu Grunde gehen sehen. Vor Allem ver- meide man, diese VOgel in die Hand zu nehmen,, viele von ihnen ver- st tragen das durchaus nicht. Spiiter scheinen sie hiirter zu werden. Die Unserigen mauserten im zweiten Sommer ihres Lebens schon im Juli, also einen vollen Monat frtiher als die zahmen. Das eine Weibchen, welches wit die Heckzeit des Jahres 1857 durch in einer Voli~re mit wilden und domesticirten Miinnchen zusammen umherfliegen liessen, hat sich zu keiner Paarung verstanden. Wohl aber gehen die wilden Hfihn- then mit grosset Leichtigkeit Verbindungen mit der gezfihmten Raqe ein und werden ~usserst treue, liebevolle Gatten~ die nicht aufhOren die Dame ihres Herzens auf's Ziirtlichste zu ftittern, meist sogar die Nacht auf dem Neste derselben sitzend zubringen. Sie bieten jedem anderen Vogel, der ihnen zu nahe kommt, die Spitze; ja ein iilteres M~innchen, dem beim Kampfe mit einem grfinen Hiinflinff yon diesem doppelt stfir- keren Gegner der Beinknochen durchbissen worden war~ h0rte in die- sere beklagenswerthen Zustande nicht auf durch .~chmetternden Gesang seinem Widersacher auf's Neue den Handschuh vor die Ftisse zu schleu- dern, und konnte nur durch rasche Entfernung aus der Voli~re gerettet werden.

Die werden

heissen in Teneriffa Verdegais und Wit haben yon einer hochgelben

sich durch grosse Schtinheit und eine empfahlen. Sie waren am Oberleib dun-

an rein goldgelb gefiirbt und erinnerten oder bugyracea, zwei afi'ikanische

l/leid tragen. Diese VOgel galten und sehr Seltenes. In den zahmen und wilden angelegt

einem M~innchen letzterer Ra~e seiner Weibchen zuzugesellen. ~)

Mischlinge beider Raqen besonders hoch gesch~itzt.

Mutter Gefallene gesehen, die ganz ungewiihnliche Zeichnung kelgriin, unten yon der Kehle so lcbhaft an Fringilla chrysopyga Arten, die constant ein fihnliches aber auch fiir etwas Ausserordentliches Hecken (crias,) die auf den Canaren yon werden, befolgt man das Princip, grossen Energie wegen stets zwei

*) Mein Freund, Itr. All'r. l l a n s m a n n , fiigt zu 0bigem folgende Bemer- kung aus dem Schatze seiner eigenen Erfahrung hinzu: ,,Der wilde Canarien- vogel lernt v,'ahrscheintich ziemlich spilt in seinem ersten Lebensjahre den roll-

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In einer ungedruckten Notiz fiber den Canario im wilden Zuslande, welehe uns Sabin Berthelot~ dieser grtindliehe und berahmte Forseher, der den Archipel der sieben Inseln wie kein Anderer kennt~ mit ge- wohnter Gate zur Verfagung stellte, heisst es unter Anderem:

,Diese VOgel sind auf den Inseln, deren Namen sie uns zuraek- rufen, sehr verbreitet. Sie bewohnen die Obstg~irten der l(iistenregion; am hiiufigsten trifft man sie in den Thfilern und auf miissig hohen Ha- geln. Uebrigens wechseln sie ilJren Aufenthalt je nach den Gegenden oder vielmehr nach ihren Lebensbedfirfnissen. So werden sie bald von den schwarzen Maulbeeren, nach deren lt?ernen sie, wenn die Frucht vertroeknet ist, ltistern sind, vom Wegebreit und tier Miere naeh ge- wissen Localitiiten, bald yon den Chenopodeen und Fuchsschwanzarten~ (Amaranthus,) anderwiirts hingelockt. In Teneriffa sieht man im Frah- ling' in den Thfilern yon Guimar~ und Orotava~ so wie auf den lachenden Fluren yon Matanza und La Victoria grosse Schaaren beisammen; spfiter finder man sie im Herbste bei Chasna, 1600 M~tres fiber der Meeres- fi~iche. Huerta

Vor mehr als zwanzig Jahren jagte ich einmal in der Gran- des Marquis yon las Palmas und erlegte auf einen Schuss 17

stfindigen Gesang der alten Miinnchen. Exemplare, welche friiher sehon einmal yon dem verstorbenen Geheimen illedizinalrath Dr. A l b e r s yon Madeira mit- gebracht waren, und welche ich zu hOren Gelegenheit hatte, zwitseherten nut ziemlich laut, zuweilen stiirkere fl6tende oder rollende Passagen einfleehtend. - Mit dem eigentlichen, so eharakteristisehen des Canarienvogels hatte dieser Ge- sang nur gerizJge Aehnlichkeit, eben so wie derjenige eines jungen Anffingers, dessen Liede denn auch, wie wohl in erh(ihtem Maassstabe, jenes oben besehrie- bene Zwitschern entsprach. Leider konnte ich nicht erfahren, zu welcher Jah- reszeit die jungen Stinger eingel'angen worden waren. Diess jedoch war mir genau bei meinem wilden Canarienvogel bekannt, lm llerbste eingelangen, hatte sich bis kurz vor Weihnachten durchaus noch nieht der deutlich syllabirte Schlag aus dem Gezwitscher herausbilden wollen. Aus Furcht, diess l¢,0nne zuletzt ganz unterbleiben, brachte ich meinen Vogel zu einem seiner wilden Cameraden, der sein orpheisches Talent bereits vollkommen en~wickelt, llier lernte er denn in der Zeit yon etwa drei Wochen einen ertriiglichen Schlag, welcher, ausser der den wilden Canarienv0geln eigenthiimlichen Weichheit und Tiefe einzelner T0ne~ eben nichts Besonderes aufweisen konnte. Das den zahmen ViJgeln eigene iingstliche ,,Piep, Piep!" liess auch mein wilder h(iren~ sobald eine ihm fremde Person sich seinem Kafige zu sehr niiherte. Mich unterschied er deutlich, und angeredet, oder sonst, wenn ich dicht zu ihm herangetreten war, antwortete oder griisste er mit einem freundlichen Kirren, das auch, nur lauter, zum Lock- ruf far voriiberfliegende Sperlinge dienen musste. Bei pl0tzlichem Schreck liess er ein zwei- oder dreisylbiges schnell ausgeslossenes leises Zwitschern verneh- men."

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Canarienviigel. Noch heute und nur die Erinnerung an Resultat davon waren, liisst

wirft mir mein Gewissen dies Blutbad vor, die kOstlichen" kleinen Spiessbraten, die das mich Beruhigung finden.

ort. Unter dem Laubdache versammelt, lassen Ruhe der Natur wieder hergestellt ist und die vorbricht, ein betiiubendes Gezwitscher htiren.

Biiffon hat gesagt: ,,Wenn die 51achtigali

In den roller Orangenbiiume stehenden Gfirten wiihlen sie an stiir- mischen Tagen und bet gewitterschwiiler Luft dieselben zum Zufluchts-

sie dann, so bald die Sonne auf's Neue her-

der Siinger des Waldes ist, so giebt der Canarienvogel dagegen den Musiker des Zimmers ab." lm wilden Zustande ist sein Lied dann unharmonisch und zu gellend, wenn er es im Verein mit vie]en Anderen erschallen ]~sst. Der Vogel muss isolirt sein, soll er uns dutch seinen Gesang entziicken; dann be- streitet die Natur alle Kosten der Kunst, die Modulationen wechseln in unendlicher Mannichfaltigkeit, in allen TOnen: hell, brillant, in Caden- zen, kurz und schmetternd oder lang anhaltend. Es liegt ein besonderer Ausdruck darin, dificationen oft t0nender ausgestattet.

den man im geziihmten wiederfindet. Der Gesang und lauter, dafiir aber mit

Zustande nur mit gewissen Mo- des zahmen Canarienvogels ist weniger markirten Uebergiingen

Labillardibre hat in der Nachbarschaft nicht buchstfiblich genommen werden; denn schaft des Piks ~ das vulkanische Tafelland ist zu bezweifeln, dass der Canarienvogel

in Teneriffa den Canarienvoffel an einsamen Orten des Piks angetroffen. Diese Wahrnehmung darf

wenn man unter,51"achbar- der Cannadas verstiinde, so in diesem Felsencircus eine

angemessene Nahrung finden k0nne, dort wfichst als einziger nur der weisse den Vtigel doch eine Pajar6 de sein scheint. ~)

Manche Autoren falsche Angaben nieder- ten, Bory de St. Vincent den Style, indem er die noch tiberbietet: ,,Auf dieser Vogel

Strauch Ginster, und obwohl die vom Saamen desselben leben-

ebenfalls zur Familie der Fringillen gehOren, so bilden sic ganz verschiedene Species: Fringilla teydea Berth., den

la. Cumbre, der dieser Oertlichkeit einschliesslich eigen zu

haben iiber den S~inger der canarischen Inseln oder nachgeschrieben. Einer unter Ande- sag't, in dem ihn auszeichnenden gltinzen- unbeslimmten Beobachtungen Labillardi~re's

den HOhen des Piks von Teneriffa feiert unaufhtirlich ein stets neues Liebesgliick. Fern yon

*) Man vergleiche hieriiber, was ich halt in ,,Journal f. Ornith.", 1857, S 312.

fiber diesen Vogel gesagt habe.

und seinen Aufent-

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menschlichen Wohnungen, wo keines andern Vogels Stimme erttint, gentigt es ibm seine Gattin zu bezaubern. ~: Und an einer andern Stelle lesen wir: ,Hin und wieder rausctlt yon in Sehwiirmen versammelten Canarienv0geln das Laub der Lorbeeren oder Palmen und pliJtzllch htirt man aus einem Baume ein hinreissendes Concert hervorbreehen., Wir haben bereits unsere Meinung fiber den Werth dieser Melodic und fiber die Wirkung die sic, vielstimmig exeeutirt, hervorbringt, abgegeben. Was den Aufenthalt yon Kanarienvi~geln in den Kronen der Lorbeerbiiume betrifft, so k0nnen wit" versiehern, dass sic sich iiusserst selten in den Lorbeerforsten blicken lassen. Das lilima dieser Region ist ihnen zu feueht. Der Sehatten den jene jungfriiulichen Waldungen werfen, wtirde ihnen nieht izusagen; denn fiber Alles lieben sic das helle Licht des Tages und die busehigen Hiigel, an deren Abhiingen der Sonnenstrahl das Reifen der Pfianzensamen besehleunigt. An diesen Orten abet

nie auf Dattelpalmen nieder, weil deren vom einen schleehten Sitz fiir sic abgeben wiirden."

lassen sic sich wiederum Wind gepeitschte Wedel Soweit Berthelot.

Der iilteste Autor, welcher des Canarienvogels, und zwar schon mit dankenswerther Ausftihrlichkeit gedenkt, ist Conrad Gessner, der sein Bueh ,De avium natura ~: in tier ersten Hiilfte des sechszehnten Siicu- lures sehrieb; den Vogel indess noch nieht selbst gesehen hat, sondcrn ihn nach dem Bericht eines Freundes sehildert. Er nennt ihn Canariam aviculam, zu deutsch ,ZuckervOgele". lhm folgt Aldrovand Ornithol. II. p. 814, dessen noch ziemlich unf0rmliehe Abbildung daneben zugleich das t(anariengras, des Vogels Lieblingsnahrung darstellt; der sonst aber Gessner's Angaben fast w0rtlich wiederholt. Beide kennen nut den griinen, zu ihrer Zeit noch durch Kaufleute direct yon den Inseln nach

Europa Gebraehten; doch weiss Aldrovand schon das M~innchen, da- durch, dass es mehr Gelb hat, yore Weibchen zu unterscheiden, lhres hohen Preises und ihrer Seltenheit halber, waren sic damals nut in den Paliisten der Grossen anzutreffen.

Die frtihesten Schriftsteller, die yon der Entdeckung und Geschichte der Fortunaten oder gltic.klichen Inseln handeln,, schweigen fiber unsern Vogel. Von jenen frommen Briidern, die das Kreuz Christi Felle gekleideten Guanchen trugen, yon jenen Seefahrern, die Columbus das geheimnissvolle Weltmeer durchfurchten und Knappen des Infanten Don Enrique nach unentdeckten Inseln diirfen wir dergleichen ins Einzelne gehende Beobachtungen warren. Erst 1594 erwiihnt der M0nch Alonso de Espinosa in Werke yore Ursprung und den Wundern des Gnadenbildes

JouLn. f. Ornith.~ VI. Jahrg., Nr. 32, Miirz 1858. 10

zu den in lange vor

mit den suchten,

nicht er- seinem U l l s r e r

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lieben im Voriibergehen auch den Canarienvogel. man das goldgelbe Vi~gelehen, welches der heisst, wunderbar ersehienenen Maria, der

Frau yon Candelaria (Origen y milagros de N.S. de Candelaria)

auf dem .Finger trug, einst auf den nen; nur der wilde ist ihm bekannt allei'lei Gefliigel und viele yon den

Er ahnt noch nicht, dass Jesusknabe jener, wie es Schutzpatronin der Inseln,

Canarienvogel werde deuten k0n- ,Es giebt daselbst (aufTeneriffa) Singv0geln, die man in Spanien

Canarios nennt. Sic sind klein und griin." Wenig spiiter spricht, eben- falls beiliiufig, der eanarisehe Diehter Viana yon ihnen in einem die Eroberung des Arehipels feiernden Epos, welches 1604 in Sevilla el.- schien und dessen hierauf beztigliehe Verse wir dieser Schrift als Motto vorgesetzt haben, lm Jahre 1676 begntigt sich Nunez de la Penna, der Historiker, anzuftihren, Teneriffa sei yon Canarienvi~geln bewohnt, die mit ihrem Gesange das Jahr zu einem immerwtihrenden Friihling maehten, so mild sei die Luft und gedenkt des Vogels bald darauf flt~chtig noch einmal, als es tiber die Etymologie des l~amens Canaria griibelt.

Der Holl~inder Dapper sagt in seiner Beschreibung yon Afrika und dessen Inseln (1668), yon den Canaren redend, es g~ibe daselbst ,ze- kere kleine vogeltjes, hier te lande na deze eilanden l(anaryvogels ge- noemt, die zeer scheen angenaem zingen, en van daer herwaerts over- gebracht worden; en telen deze ook hier te lande voort."

Olina hat in seiner Uccelliera (169..2) auf Tab. 7 die Passera di Canaria nieht tibel dargestellt. Er ist es, der die oft wiederholte Er- ztihlung yon dem zeitweiligen Verwildern des Canarienvogels auf Elba, in Folge des Sehiffbruehs eines naeh Livorno bestimmten Fahrzeugs, giebt. ~)

Mit der Annfiherung des 18. Jahrhunderts und in diesem selbst wird die Literatur fiber den Gegenstand reicher. Sie besch~iftigt sich aber, so Willoughby, Albin, Hervieux de Chanteloup, Fritsche u. a. m., fast aussehliesslich mit der gez~ihmten Rasse, deren Zucht fiir Tyrol schon in der zweiten H~ilfte des 17. Jahrhunderts einen Handelsartikel nach England lieferte. Brisson hat in seiner Ornithologie t. IlI. p. 184 die hellfarbige Spielart f~lschlich fiir die Urspecies genommen und in folgender Phrase beschrieben: Serinus canariensis. Passer in toto cot-

*) Es ist auch yon verwilderten Canarienvtigeln auf der Insel Meinau im Bodensee die Rede gewesen. Wir bitten Faehgenossen aus jener Gegend, uns mitzutheilen, was an dieser 5Tachrieht Wahres ist und ob es noeh jetzt welche daselbst giebt oder nicht. Vielleicht fiberniihme es der rnit der Ornithologie des stidwestlichen Deutsehlands so griindlich vertraute, verdienstvolle Herr Baron yon Koenig-Warthausen unsre Zweifel fiber diesen Pu,:ct aufzukliiren.

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pore eitrinus, remigibus reetrieibusque lateralibus interius et subtus albis. Der grosse Linnt!, der sein Systema Naturae bald naeh Brisson heraus- gab, sagt, in einem iihnliehen Irrthum befangen: Fringilla canaria: rostro eorporeque albo-flavicanti, rectrieibus remigibusque vireseentibus, rostro albido (Cf. zugleieh Fauna sueeiea I. hr. 207). Er zieht bei dieser Gelegenheit auch den Serin de Mozambique als Var. fl zum Ca-

" I nartenvoge.

Bei ButTon wird die Ungewissheit hinsiehtlich der Begrenzung der Species noeh gr0sser. Girlitz und Citronfink mtissen sich bequemen zu Loealrassen einer und derselben fiber einen grossen Theil Europa's und Afrika's, so • wie fiber die canarischen Inseln verbreiteten Art herabzu- steigen. ,In dem glticklichen Himmelsstrich der Hesperiden, heisst es, seheint dieser Vogel entstanden zu sein oder daselbst wenigstens alle seine Vorziige erlangt zu haben. Man kennt indess aueh in Italien eine Art, die kleiner als die der Canaren ist und in der Provence eine zweite fast eben so grosse wie diese: beide mehr als wilde VOgel, die doch aber als Grundlage.,;einer civilisirten Rasse zu betrachten sind. Diese drei paaren sieh in der Gefangenschaft miteinander, lm Natur- zustande aber scheinen sie sieh, jeder in seiner Zone selbststiindig fort- zupflanzen Sic bilden milhin drei konstante varietiiten." Wir finden Biiffon jedoch zugleich, die fiir manchen unsrer so miihselig errungenen Begriffen weiteren Gesichtskreis als viele dunkelfarbigen Stamme bekannt.

trotz der Specieskonfusion die er anrichtet und Zeitgenossenen eine Warnung sein diirfte, mit

nicht leichtsinnig zu spielen, - einen Andre beherrschend, mit dem wilden,

H6bert, einer seiner Correspondenten, druckt sich im Texte des Werkes folgendermaassen Canarienvogel ist vielleicht der eehte, unveriindert Varietfit verdankt man der Ziihmun,," " Und ~ ,

Histoire des voyages, II. p. 2-tl citirt wird: nach England bringt, sind in den Barranco's geboren, welche das yon den Bergen

Aus der schwer zu tibersehenden bei denen vom Canarienvogel, resp. yon seinem ist, hebea wir noch folgende hervor.

Adanson (174 O. Der Canarienvogel, wird, ist auf Teneriffa yon fast so dunklem Seine Farbenfinderung entstand wahrscheinlich Klima's "=').

i , ii III [[11~ I 1 ~

*) Unter den V6geln der azorischen der Rfickreise yore Senegal einige Zeit

aus: ,Der graue gebliebene. Die

weiter heisst es, indem die ,Die Canarienv6gel, die man oder Schluchten (der Inseln)

herabsteigende Wasser bi[deti" Menge der tibrigen Schriftsteller,

wilden Bruder die Rede

der in Europa ganz weiss Gefieder als ddr Hiinfling.

durcll die Kiilte unsres

lnsel Fayal, auf welcher Adanson auf verwei|;e, erwiihnt derselbe, obschon

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Ledru (1796): rNaeh Blumenbach hat man zu Anfang des 16. Jahrhunderts den Canarienvogel zuerst nach Europa gebracht. Seitdem ist derselbe in mehre Spielarten degenerirt. Die ursprtingliehe wilde Rasse hat einen graubr~iunliehen OberkOrper, eine gelbe Brust und gr0n- liehe Sehwung- und Schwanzfedern. Von fern wtirde man ihn ftir den europ~iischen Htinfling ansehen. Die kleine lnsel Montanna Clara er- zeugt die am meisten geseh~itzten CanarienviJgel. Dieser Vogel fliegt mit grosser Leiehtigkeit. Er lasst sieh leicht z~hmen. In Santa Cruz sieht man wenige Kaufleute und Hand,,verker, die nieht ihren Canarien- vogel im Ktifieh hielten. '~

Alexander yon Humboldt, t Voyage aux rdgions dquinoxiales, vol. I ) dessen denkwtirdiger Aufenthalt auf Teneriffa in das Jahr 1799 f~illt und der den Vogel beim Herabsteigen yore Pik beobaehtete: ,Als wit uns Villa Orotava n~iherten, sticssen wir auf grosse Sehaaren yon Cana- rienv6geln. Diese in Europa so bekannten Thierehen sind yon ziemlich einft)rmigem Griin; bei einige n war der Rtieken gelblieh tiberflogen. Ihr Gesang ist vollkommen derselbe wie der der Gez~ihmten. Man be- merkt indess, dass die auf Gran Canaria und dem Inselehen $lontanna Clara Gefangenen eine st~irkere und wohlklingendere Stimme haben~ als die anderen. Uebrigens hat unter allen Himmelsstriehen~ bei VOgeln jeglicher Art auch jeder Flug seine Eigenthtimlichkeiten in der Stimme. Die gelben Canarienvi~gel sind eine in Europa entstandene Abart und diejenigen, welehe wir in Orotava und Santa Cruz de Tenerife im K~ifich gesehen haben, waren in Cadiz oder irgend einem andern spa- nischen Hafenplatz gekauft ~').~

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er die grosse Aehnlichkeit des Landes mit Teneriffa hervorhebt~ doch des Cana- rienvogels mit keiner Sylbe. Zur Wfirdigung seiner ornithologischen Forscher- verdienste bemerken wir indess, dass er auf Fayal iJberhaupt nur zwei Vogel- species beobachtete: Die Wachtel auf freiem Felde und auf der ItShe des Ge- birgs eine bedeutende Anzahl Amseln. Unter Letzteren sah er viele, deren schwarzes Gefieder sehr htibsch weiss gescheckt war. Sie hielten sich trupp- weise auf Erdbeerbtiumen~ deren Eriichte sic unter fortw~ihrendem Plaudern ver- zehrten.

*j tteut zu Tage ist der zahme Canarienvogel in den grfsseren St/idten der lnseln sehr allgemein verbreitet. Man findet ihn in allen, anderw~irts vorkom- menden Farbenabstufungen: brennend hoehgelb~ weisslich gelb, biseuittarben oder elbern und vielfach geseheekt, yon welehen Letzteren uns sogar Individuen mit kastanienbraunert Rtieken roll dunklerer Schahstrische zu Gesicht gekommen sind.

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Da diese S~inger jedoch im Ganzen mehr yon Liebhabern als aus Speculation gezogen werden~ so sind ihre Preise durchschnittlich hOher als in Deutschland. Fiir einen besonders sehSn geftirbten Schl~iger sahen wir mit Freuden vier spani- sche Piaster zahlen. Diese gezahmten V6gel geben nebst Stieglitzen undAmseln

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Lesson (Traitd d'Ornithologie 1831) kennt die grtine wilde Art yon Teneriffa und ftihrt den geziihmten gelben frier weisslichen Vogel nebenbei als Varietiit an.

Zwei Werke yon denen man sich viel Aufschluss iiber den hier abgehandelten Gegenstand versprechen ktinnte, erftillen in dieser Hin- sicht die Erwartungen des Lesers durchaus nicht. Es ist dies zuerst Viera's I)iccionario de historia natural de Canarias (1799). Ueber den wilden Canarienvogel ist darin so gut wie nichts gesagt und nicht minder ist hier so Wie in den so iiberaus anziehenden historischen ,,Noticias" desselben Autors die Geschichte seiner Domestication, die es so inter- essant wiire, yon ihrem Ursprunge an zu verfolgen, .'nit vollstiindigem Stillschweigen iibergangen. Es wird im Artikel Canaria ganz einfach auf eine Abhandlung yon Valmont de Bomare; dann in Betreff der ge- ziihmten Rasse auf Wichede und Hervieux verwiesen. I)as ist wirklich zu bedauern, denn yon wem h/itte man fiber dies letztere, ftir ihn vaterliindisch bedeutsame Kapitel wohl besseren Aufschluss gehofft, als grade yon dem geistvollen, stets so wohl unterrichteten ¥iera!

I)as zweite Buch, welches auf unsre Fragen mit Schweigen ant- wortet, ist die Ornithologie canarienne yon Webb und Berthelot. l)as biindereiche, kostbare Werk, yon dem sie ein Theil ist und welches in vieler I-Iinsicht als eine Untibertreffliche Monographie der canarischen Inseln betrachtet werden kann, hatte, periodisch erscheinend, einen Umfang erreicht, der im letzten Bande seinen Yerfassern Raumerspar- niss zur gebieterischen Pflicht machte. So waren sie gen0thigt auf we- nige Zeilen zu beschr~inken, was ihre Erfahrung zu einem Bande hiitte ausdehnen k(innen. Leider k0nnen wir auch die in ihrem Atlas gege- benen Abbildungen beider Geschlechter des Canarienvogels nicht als ge- lungen bezeichnen. Die Fiirbung ist, in grellem Abstande yon den fibrigen ansgezeichnet sch0n und treu ausgefiihrten ornithologischen Kupfern, wahrscheinlich durch Schuld des Coloristen, eine so willkiihr- liche, dass wit uns veranlasst sehen, zum Schluss eine ausftihrliche Beschrei- bung des ¥ogels in seinen verschiedenen Kleidern hier folgen zu lassen.

einen kleinen Ausfuhrartikel nach ltavanna ab. Auch-von der grossen Braban- ter-Rasse vo'n Canarienv(igeln hat man in Canaria-und Teneriffa bereits Kennt- niss. Ffir noch kostbarer als die schiinsten Canarios aber werden gute Stieg- litzbastarde (Mulos) gehalten, die man mitunter in wahrhaft blendender Farben- pracht zieht. Wir sahen einen solchen durch Gefieder und Schlag gleich Be" wundernswfirdigen bei einem Schumacher der Ciudad de las Palmas, ffir welchen dem nicht wohlhabenden Besitze, r schon mehrmals 14 Dollars vergeblich geboten worden waren. Diese Bastarde, die einzigen deren Zucht man Sorgfalt zu schenken pflegt, Stehen ausserdem noch in dem Rule ein besonders hohes Lebens- alter zu erreichen.

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Beschreibung des alten Mtinnehens am 1, April 1856 bei Orotova gegenwiirtig' im kiiniglichen Museum zu

Stelle niedergeschrieben :

im Hochzeitkleide, nach einem welches sich

an Ort und geschossenen Exemplare,

Berlin befindet,

Rticken gelbgriin mit s eh r breiten hell-aschgrauen Federriindern, welche ihn fast yon dieser Farbe erscheinen lassen. Jede Feder des Riickens mit einem schwiirzlichen Schaftstrich; Fopf und Nacken gelb- grtin mit sehr schwachen aschgrauen Federr~indern; Stirn und ein breiter Augenstreif, der nach dem Nacken zu kreisf0rmig verliiuft, ohne oben seharf begrcnzt zu sein, grOnlich goldgelb, die Slirn am gelbsten; Kehle nebst Oberbrust gr0nlich goldg'elb; zwischen den Backen und dem Augenstreif, so wie an den Halsseiten aufw~irts, besonders an letzterer Stelle fast reines Aschgrau. Die Brust verl~iuft nach unten in helles Goldgelb. Schultern schon zeisiggrtin, darunter eine mattschwarze Binde, auf welche eine blassgrOnliche: durch die Spitzen der Deckfedern ge- bildete folgt. die ktirzeren grossen Schwungfedern fast schw~irzlichen Schaftstrichen.

Schwungfedern schwiirzlich, sehr schmal griinlieh gesiiumt; nach der Schulter zu weisslich eingefasst; die Spitzen der

ganz mattschwarz; Seiten weissgrau, mit Biirzel gelbgriin, mit einigen griinen breit schliessend. Schwanz schwarzgrau, mit Bauch und untere Steissfedern weiss]ich.

Das Miinnchen muss, um diese vollendete Tracht zu erlanffen, we- nig'stens zwei Jahre alt sein. Ich glaube nicht, dass dies Prachtkleid sich in der Gefangenschaft ganz vollkommen entwickelt.

Beschreibung des zweijiihrigen Weibchens, im M~irz: Riicken braungrau, mit breiten schwarzen Schaftstrichen. Von der-

selben Farbe sind die Federn des Nackens und Oberkopfes, nur ist ihr Grund gelbgriin, und diese nach vorn immer mehr zunehmende Nuance schimmert durch und wird allmlihlich zu dem zwar scbmalen, aber rei- nen Griingelb der Stirn, welches seinerseits wieder mit dem vollkom- men gleichen Farbenton des nach dem Nacken zu verlaufenden Augen- streifes, der unteren Augengegend und der Kehle verschmilzt. Ziigel grau; Wangen theils griingelb, theils aschgraublau. Diese Farbe ver- bindet sich ringf0rmig mit der des Oberkopfes. Dahinter nimmt die

ein, hin

ohne beide anders als dutch einen schwachen Hauch yon ein- trennen, wie denn alle zuletzt genannten Schattirungen tiber-

Halsseiten ein gelbgrtiner, weiter rUckwlirts aschgraublauer Halbring" der wenig deutlich nach der Gegend zwischen Brust und Kehle verliiuft, ander zu

tier Farbe der Fosse, am Grunde des Unterschnabels heller.

aschgrau eingefassten Federn schmalen weisslichen Siiumen. FOsse briiunlich fleischfarben, mit hornfarbenen N~igeln. Schnabel von

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