12
Arch. klin. exp. Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.IIeilk. 204, 309--320 (1973) © by Springer-Verlag 1973 Der Zeitgang der Lautst irkenunterschiedsempfindlichkeit und sein EinfluB auf die Ergebnisse iiberschwelliger H6rpriifungen P. Plath Abteilung fiir Hals-Nasen-Ohrenheilkundeder Medizinischen Fakult/it an der Rheiniseh-Westf/~lischen Technischen Hochschule Aachen Eingegangen am 28. Juli 1973 Change of DL with Time and its Influence onto Supraliminal Audiometrical Results Summary. Decreasing of the difference limen for intensity after loading the ear with the unmodulated test frequency is significant not only in normal hearing subjects but also in patients with different kinds of hearing defects. From these results, the following conclusions must be drawn: 1. Performance of the SISI-test is to be done without a preliminary loading of the test ear; patient's training must be done on the one ear before beginning the test procedure on the other ear. 2. Performance of evaluating the difference limen for intensity must be done with modulated tones of about 1 see duration. The method employed by Jerger is to be recommended, measuring DL at 10 and 40 dB SL, for this method gives the most significant results. Zusammen/as~ntng. Ein in friiheren Untersuehungcn festgestellter Zeitgang der Lautstgrkenunterschiedsempfindlichkeit bei NormalhSrenden wurde in einer neuen Untersuchungsreihe best~tigt und konnte auch fiir Patienten mit SchwerhSrigkeit nachgewiesen werden. Die _~derung der Lautst~rkemmterschiedsempfindlichkeit mit der Zeit wird zuriickgefiihrt auf eine Kontrastbildung in der Schnecke. Fiir die Durchfiihrung iiberschwelliger HSrpriifungen ergeben sieh aus den Befunden fol- gende Konsequenzen: 1. Der SISI-Test sollt~ so durchgefiihrt werden, dall das gepriifte Ohr vorher nicht belastet ist. 2. Der Liiseher-Test sollte nur mit Tonimpulsen yon etwa 1 sec Dauer bei einer Modulationsfrequenz yon 4 Hz durchgeffihrt werden. Wegen der starken Streuung dcr Absolutwerte empfiehlt sich die Durchfiihrung nach der Empfehlung yon Jerger, bei der die Untersehiedsschwellen bei jcweils 10 dB SL trod 40 dB SL bestimmt werden. In unserem Material erh~lt man mit diesem Verfahren die signifikantesten Ergebnisse in bezug auf die Lautstgrkenunterschiedsempfindlieh- keit des Ohres. Die Bedeutung der audiometrisehen Priifung der Lautstiirke~nunter- sehiedsempfindliehkeit wurde durch die Untersuehungen von Liischer u. Zwislocki nachgewiesen, die eine enge Beziehung zwischen Recruit-

Der zeitgang der lautstärkenunterschiedsempfindlichkeit und sein einfluß auf die ergebnisse überschwelliger hörprüfungen

  • Upload
    p-plath

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Arch. klin. exp. Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.IIeilk. 204, 309--320 (1973) © by Springer-Verlag 1973

Der Zeitgang der Lautst irkenunterschiedsempfindlichkeit

und sein EinfluB auf die Ergebnisse iiberschwelliger H6rpriifungen

P. P la th

Abteilung fiir Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Medizinischen Fakult/it an der Rheiniseh-Westf/~lischen Technischen Hochschule Aachen

Eingegangen am 28. Juli 1973

Change of DL with Time and its Influence onto Supra l imina l Audiometr ica l Resul ts

Summary. Decreasing of the difference limen for intensity after loading the ear with the unmodulated test frequency is significant not only in normal hearing subjects but also in patients with different kinds of hearing defects. From these results, the following conclusions must be drawn:

1. Performance of the SISI-test is to be done without a preliminary loading of the test ear; patient's training must be done on the one ear before beginning the test procedure on the other ear.

2. Performance of evaluating the difference limen for intensity must be done with modulated tones of about 1 see duration. The method employed by Jerger is to be recommended, measuring DL at 10 and 40 dB SL, for this method gives the most significant results.

Zusammen/as~ntng. Ein in friiheren Untersuehungcn festgestellter Zeitgang der Lautstgrkenunterschiedsempfindlichkeit bei NormalhSrenden wurde in einer neuen Untersuchungsreihe best~tigt und konnte auch fiir Patienten mit SchwerhSrigkeit nachgewiesen werden. Die _~derung der Lautst~rkemmterschiedsempfindlichkeit mit der Zeit wird zuriickgefiihrt auf eine Kontrastbildung in der Schnecke. Fiir die Durchfiihrung iiberschwelliger HSrpriifungen ergeben sieh aus den Befunden fol- gende Konsequenzen:

1. Der SISI-Test sollt~ so durchgefiihrt werden, dall das gepriifte Ohr vorher nicht belastet ist.

2. Der Liiseher-Test sollte nur mit Tonimpulsen yon etwa 1 sec Dauer bei einer Modulationsfrequenz yon 4 Hz durchgeffihrt werden. Wegen der starken Streuung dcr Absolutwerte empfiehlt sich die Durchfiihrung nach der Empfehlung yon Jerger, bei der die Untersehiedsschwellen bei jcweils 10 dB SL trod 40 dB SL bestimmt werden. In unserem Material erh~lt man mit diesem Verfahren die signifikantesten Ergebnisse in bezug auf die Lautstgrkenunterschiedsempfindlieh- keit des Ohres.

Die Bedeu tung der audiometr isehen Pr i i fung der Lautstiirke~nunter- sehiedsempfindliehkeit wurde durch die Un te r suehungen von Liischer u. Zwislocki nachgewiesen, die eine enge Beziehung zwischen Recrui t -

310 P. Plath

ment und einer ErhShung der Lautst~rkenuntersehiedsempfindlichkeit fanden. Diese ErhShung der Lautst~irkenunterschiedsempfindliehkeit beim Ohr mit Lautheitsausgleieh kann dadureh erkl~rt werden, dab der Anstieg der LautheRsempfindung mit zunehmender Lautst~rke sehr viel steiler ist als beim normalhSrenden Ohr, so dab bereits geringe ~mde- rungen der Lautst~rke, die ffir das normalhSrende Ohr noch unterhalb der Lautst~rkenuntersehiedssehwelle liegen, bereits zu einer subjektiv wahrnehmbaren ~Luderung der Lautheitsempfindung ffihren. Recruit- ment und ErhShung der Lautst~rkenunterschiedsempfindlichkeit sind eharakteristiseh ffir eoehle~re HSrseh~den (KSnig; Lfischer u. Zwis- locki). Die praktisehe Anwendung der von Lfischer u. Zwislocki emp- ~hlenen Methode zur Lautst~rkenunterschiedsempfindlichkeit hat sich j~doch in der praktischen Audiometrie nur wenig durehsetzen kSnnen. Starke Streuungen der Werte und ein h~ufiger Mangel an Signifikanz der Priifergebnisse ffihrten dazu, dab diese Methode der indirekten, audiometrischen Prfifung auf Recruitment nur vereinzelt regelm~Big durehgefiihrt wurde. Im Gegensatz dazu konnte sich der yon Jerger empfohlene SISI-Test (short increment sensitivity index) allgemein durehsetzen, bei dem dem Patienten ein Dauerton yon 20 see L~inge mit einer Lautst~rke yon 20 dB SL angeboten wird, der w~ihrend dieser Zeit 20mal um jeweils 1 dB fiir eine Zeit yon 200 msee verst~rkt wird. Die Ergebuisse des SISI-Testes sind deutlich signifikanter als die des Lfiseher-Testes (Lehnhardt; Plath, 1967b), da entweder nur wenige Incre- mente wahrgenommen werden, wie das beim NormalhSrenden oder bei retroeoehle£ren StSrungen der Fall ist, oder, bei coehle~ren StSrtmgen, nahezu alle Incremente als gehSrt angegeben werden.

Als eine der Ursachen, die fiir die Unsieherheit bei der Bestimmung der Lautst~rkenunterschiedsempfmdliehkeit nach Lfiseher u. Zwislocki verantwortlich sind, konnten wir in Untersuchungen fiber den Zeitgang der Lautst~rkenunterschiedssehwellen (Plath u. Lerehe; Plath, 1967) eine deutliehe Abh~ngigkeit dieser Sehwellen yon der Dauer der Belastung des Ohres naehweisen: Wenn das Ohr fiber l~ngere Zeit mit einem Sinuston belastet wurde, an dessen Ende eine Amplitudenmodulation knackfrei fiir etwa 2 see eingesehaltet wurde, dann wurde die Laut- st~rkenunterschiedssehwelle innerhalb einer Zeit yon etwa 30 see wesent- lieh kleiner, erreiehte nach etwa 30 see einen Minimalwert und stieg naeh mehr als 60 see wieder an (Abb. 1). Dieser Effekt war bei Laut- st~rken des Belastungstones und des Testtones yon 80 dB deutlich geringer als bei 40 dB und 20 dB. Dieses untersehiedliche Verhalten des Zeitgangs der Lautst~rkenunterschiedsschwelle bei versehiedenen Lautst~rken erkl~rt, warum Lfischer u. I~epple bei Belastung mit 80 dB fiber 5 min eine signifikante ~nderung der Lautst~rkenunter- schiedssehwellen nicht finden konnten.

zd [*D~+

J,5

hi

l,O

o,9-

Der Zeitgang der Lautst~rkenunterschiedsempfindlichkeit 311

q6-

q5-

4@-

0,2-

O~I-

4K Flz [- Zl.o.~ B SL

Abb. 1. Zeitgang der Lautst~rkenunterschiedsschwelle bei 1 kHz fiir 40 und 80 dB SL (aus Plath, 1967)

Tabelle 1. Zeit t (s), bis der Proband die Amplitudenmodulation A I h6rt, die yon Beginn an eingeschaltet ist (/max = 80 dB SL; ] = 1 kHz)

A I (dB) 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,6 1,0 t (8)

1 - 5 0 0 2 4 6 10 15 6 - 1 0 0 0 0 2 4 6 1

11-20 1 1 4 2 3 0 0 21--30 1 3 0 0 0 0 0 3 0 - 6 0 1 1 1 0 0 0 0 Not heated 13 11 9 8 1 0 0

D a b die Lau t s t~ rkenun te r seh iedssehwel le eine F u n k t i o n der Zei t ist , war schon y o n yon B6k~sy b e o b a e h t e t worden, de r den modu l i e r t en Ton fiber verseh ieden lange Ze i ten den P r o b a n d e n angebo ten ha t t e . W i r h a b e n die Versuche yon yon B~k~sy wiederhol t und konn t e n seine Ergebn i sse qua l i t a t i v u n d q u a n t i t a t i v r ep roduz ie ren (Tab. l ) . Aueh

312 P. Plath

Upton u. Holway fanden in ihren Untersuchungen mit Vorbelastung des Ohres dutch unmodulierte Sinust6ne, dab sowohl monaural als auch binaural eine deutliche Verkleinerung der Lautst/~rkenunter- schiedsschwelle nach Vorbelastung fiber 1 rain Dauer eintritt. Im Gegensatz dazu konntc Zwicker eine .~mderung der Lautst/~rkenunter- schiedsschwelle nach V0rbelastung nieht feststellen. Wird start eines Tones ein weiSes Rauschen zur Vorbelastung verwandt,/~ndert sich die Lautst/~rkenunterschiedsschwelle ebenfalls nieht (Altena). Aufgrund diescs letzteren Befundes haben wir vermutet (Plath, 1971), dab es durch die Dauerbeschallung mit einem Sinuston zu unterschiedlichen Adaptationszust/~nden innerhalb des Cortischen Organes kommt, so dab bei :4ndcrung tier Lautst~rke dann Haarzellen in einem untcrschied- lichen Adaptationszustand erregt werden, was eine vom Grad dieses Adaptationszustandes abh/~ngige Empfindlichkeit ffir die.se Laut- st~rken/~nderung bedingt; bei Vorbeschallung mit weiSem Rauschen finder eine umschriebene Adaptation im Cortischen Organ sicher nicht start. DiG Tatsache, dal3 bei cochle/~ren HSrseh/~den mit partiellem Aus- fall von Haarzcllen ebenfalls eine erh6hte Lautst/~rkennntersehieds- empfindlichkeit besteht, 1/Ll~t vermuten, dab die unterschiedliehen Adaptationszust/~nde im HSrorgan, die zu einer _~nderung der Laut- st/~rkenunterschiedscmpfindlichkeit ffihren, vorwiegend sich im Bereich der Schnecke abspielen, da ja aueh der Ausfall yon Haarzellen, ~hnlich wie ein Funktionsverlust dutch Vorbelastung, einer erh6hten Kontrast- bildung gleichkommt, /~hnlich wie es auf tier Haut der Fall ist. Dabei spielcn m6glicherweise, wie bei tier Haut , auch in der Schnecke Rfick- koppelungen fiber Efferenzen eine Rolle.

Da dig Bestimmung der Lautst/~rkenunterschiedsempfmdliehkeit als indirekter Nachweis ffir das Vorliegen yon Recruitment yon Be- deutung ist, war es notwendig, den Zcitgang der Lautst/~rkenunter- schiedsempfmdhchkeit auch bei Patienten zu untersuchen. In einer Voruntersuehung hatten wir in den Ergebnissen des SISI-Testes bei 100 Patienten ausgez~hlt, wit h/iufig die einzelnen Incremente Nr. 1 --20 geh6rt worden waren. Dabei hatte sich ergeben, dab innerhalb der ersten 6 Incremente eine deutliche Zunahme der H/~ufigkeit auftrit t , w/~hrend nach 6 Incrementen die H/~ufigkeit nicht mehr wesentlich schwankt (Abb.2). Diese 6 Ineremente t reten im SISI-Test im Verlauf yon etwa 30 see auf, so da$ gesagt werden kann, dab innerhalb yon 30 see die Wahrscheinlichkeit, da$ ein Increment innerhalb des SISI-Testes gehSrt wird, einem Optimalwert zustrebt. Die Zeit yon 30 see deckt sich genau mit der, die ffir den Zeitgang der Lautst/~rkenunterschiedssehwelle in unseren fr/iheren Versuchen bestimmt wurde. Es war daher zu vermuten, dab auch alas schwerh6rige Ohr den bei Normalh6renden naehgewiesenen Zeitgang der Lautst/irkenunterschiedsempfindlichkeit aufweist.

Der Zeitgang der Laut~t~rkenunterschiedsempfindlichkeit 313

2 ,~ e0- E '70-

,~ 60.

, .o 50- 40.

.c 30' "~ 2O' z 10.

g ~ XXxXXXX X X XX ~

X

X X

| i i i i i i i i ~ i i i ~ i i i a i |

5 10 15 20 Na of increment

Abb.2. Die Kreuze geben an, wie oft die einzelnen Ineremente (1--20) des SISI- Testes gehSrt wurden (ans PIath, 1973a)

Material und Methodlk Es wurden 91 Patienten im Alter zwischen 26 und 63 Jahren untersucht.

Zumeist handelte es sich um Personen, die wegen Verdacht auf eine berufsbedingte L~rmsch~dig~ng des GehSrs zur gutachtlichen Untersuchnng in nnsere Klinik kamen. Eine zweite Gruppe bestand aus 12 normalhSrenden Studenten zwischen 21 und 30 gahren. Bei ihnen durfte der HSrverlust bei 4000 Itz nicht mehr als 10 dB betragen.

Die Untersuehungen wurden an einer Phonak-Audiometrie-Anlage mit einem Peters-Audiometer SP 5 sowie einem Amplitudenmodulater der Fa. Krupp-Atlas durchgeffihrt. Bei diesem Ger~t konnte die Lautst~rke kontinuierlich yon 0--400/0 sinusf6rmig ver~nder~ werden. Die Untersuchungen erfolgten in einem sehallge- schfitzten Raum fiber Kopfh6rer monaural.

Die Patientengruppe wurde zunEehst otologisch grfindlich untersucht. An- sehlieBend wurde yon jeder Versuchsperson ein Tonaudiogramm fiir Luft- und Knochenleitung angefertigt. Zur Differenzierung der Schwerh6rigkeit wurden zu- s~tzlich folgende Tests durehgeffihrt, und zwar alIe bei 4000 Hz:

1. SISI-Test, 2. Ermiidungstest nach Carhart, 3. Fowler-Test (wenn mSglieh), 4. Bestimmung der Dynamikbreite.

Anschlie6end wurden bei jeder Versuchsperson vier Testreihen durchgeffihrt: Bei einer Lautst/£rke von 40 dB oberhalb der jeweiligen HSrschwelle und einer Frequenz yon 4000 Hz wurden die Lautst/~rkenunterschiedsschwellen bestimmt. Dazu wurde die Amplitudenmodulation ffir etwa 1 see eingeschaltet, damit trafen auf das zu untersuehende Ohr in dieser Zeit ungef/~hr 6 bis 8 Lautst~rken- ~nderungen. Anschliel3end wurden diese Versuehe wiederholt, naehdem das Ohr vorher jedoch 15, 30 und 60 sec lang mit einem unmodulierten Dauerton gleieher Lautstarke und gleicher Frequenz belastet wurde. Am Ende der Belastung wurde wiederum fiir 1 see die Amplitudenmodulation knackfrei eingesehaltet. Die Probanden muBten angeben, ob sic eine Sehwankung gehSrt hatten oder nieht.

Die Ergebnisse wurden in einen Erfassungsbogen eingetragen und anschlieBend in Lochkarten gegeben. Die statistische Auswertung wurde im Institut ffir Medizinisehe Statistik und Dokumentation (Vorstand: Prof. Dr. Repkes) dureh- geffihrt.

2 2 A r c h . k l i n . e x p . O h r . - , N a s . - u . K e h l k . H e i l k . , B d . 2 0 4

314 P. Plath

E r g e b n i s s e

1. Bei den normalh6renden Probanden werden die Lautsti~rken. un~erschiedsschwellen bei zunehmender Dauer der Vorbelastung kleiner (Tab.2). Nach 30 sec Vorbelastung ist die mitt lere Lauts t~rkenunter- sehiedssehwelle (2,0833°[o) gegeniiber der Lautst~rkenunterschieds- sehwelle ohne Vorbelastung (12,0833) signifikant versehieden (t ---- 6,9178 bei 11 Freiheitsgraden). Ffir die Belastungszeiten yon 30 sec un4 60 see ergibt sich m i t t = 0,9776 und 17 Freiheitsgraden keine Signifi- kanz mehr.

2. Fiir Pa t ien ten mi t SchwerhSrigkeit ergib~ sieh ebenfalls eine Erniedrigung der LauSst~rkenuntersehiedssehwellen bei zunehmender Dauer der Vorbelastung (Tab.3). Auch hier ist die Lau~stgrkenunter- sehiedssehwelle ohne Vorbelastung yon der nach 30 sec Vorbelastung signifikant versehieden (t = 5,1907 bei 105 Freiheitsgraden), die Laut - st~rkenuntersehiedssehwellen naeh 30 sec und 60 see Vorbelastungszeit sind dagegen m i t t = 1,0216 und 174 Freihei tsgraden nicht signifikant.

Tabelle 2. Mittelwerte ~ und Standardabweichungen s der Lautst~rkenunter- schiedsschwellen dI ohne und nach Vorbelastung mit der unmodulierten Priif- frequenz ffir tB ---- 15, 30 und 60 sec bei NormalhSrenden. Ferner werden Student-t

und Freiheitsgrad ~ im Vergleich zu tB ~ 0 angegeben (N ~ 12)

tB (see) ~ s t ,~

0 12,0833 4,9810 - - - -

15 5,5000 2,2361 4,1768 15 30 2,0833 0,5149 6,9178 11 60 1,9167 0,2887 7,0586 11

Tabelle 3. Mittelwerte ~ und Standardabweichungen s der Lautst~rkenunter- schiedsschwellen d1 ohne und nach Vorbelastung mit der unmodulierten Priif- frequenz fiir tn = 15, 30 und 60 sec bei Patienten mit SchwerhSrigkeit (Student-t s. Text), sowie Mittelwerte der anderen iiberschwelligen HSrpriifergebnisse. Alle

Priifungen warden mit 4 kHz durchgefiihrt

8

HSrverlust bei 4 kHz 59,1758 17,4843 dI ohne Vorbelastung 6,6593 6,3844 dI nach tB = 15 sec 4,6044 4,0658 dI nach tv ~ 30 sec 3,0110 1,9235 dI nach tB ~ 60 sec 2.6923 2,2494

SISI (°/o) 47,0330 40,8519 Carhart (dB) 11,4945 6,2847 Dynamikbreite (dB) 61,5385 17,5862

Der Zeitgang der Lau~st~rkenunterschiedsempfindlichkeit 315

3. Die Lautst~rkenunterschiedsschwellen ohne Vorbelastung sind bei den norma]hSrenden Versuehspersonen mit einem Mittelwert yon 12,0833°/o signifikant grSBer als bei den Patienten (6,6593°/o). Naeh 30 see und 60 see Vorbelastung sind die Unterschiedssehwellenwerte der Patinten im Mittel etwas grSBer als die der normalhSrenden Versuchs- personen; dieser Untersehied ist statistiseh signifikant (naeh 30 see t = - - 3 , 6 9 0 1 bei 63 Freiheitsgraden; nach 60see t = - - 3 , 0 8 6 bei 99 Freiheitsgraden).

D i s k u s s i o n

1. Die Ergebnisse bei normalhSrenden Versuchspersonen best~tigen die frfiheren Untersuchungsergebnisse fiber den Zeitgang der Laut- st~rkenunterschiedsschwelle. Wie aus Abb.3 zu ersehen ist, liegen die Werte der jetzigen Untersuehung und die der frfiheren Untersuchung sehr dicht beieinander. Die Werte ohne Vorbelastung sind mit t = - - 0 , 7 6 6 8 bei 19 Freiheitsgraden nicht signifikan~ verschieden. Die Werte nach 30 sec und 60 sec Belastungsdauer sind ffir eine Irrtumswahrseheinlichkeit yon 5°/o signifikant, ffir eine Irrtumswahr- seheinliehkeit yon 1 °/0 jedoeh nieht signifikant, Diese geringe Differenz

d I (%) ], is

14

13

12

11

10

9

8

7

6

5

3

2

1

i%... '\

\

2 I I 1 15 30 60 ) t ( S )

Abb. 3. Zeitgang der Lautst~rkenunterschiedsschwe]len bei Normalpersonen einer friiheren ( ) und der jetzigen ( . . . . ) Untersuchung sowie bei Patienten mit

SchwerhSrigkeit ( . . . . . )

22*

316 P. Plath

31

30-

20-

10-

LO

I

O

19

6

2

o[- o 1.o L,~ LO L¢') t .~ L~ t .~ l.O

I t t I I I [ !

15

6

O C:~ O O O O

Abb. 4. H~ufigkeitsverteilung der Ergebnisse des SISI-Testes bei den 91 Patienten der vorliegenden Untersuchung: Die meisten Werte finden sich bei 0--35o/o (negatives Ergebnis) und bei 70--1000/e (positives Ergebnis des SISI-Tes~s)

kann allein dadurch erkl~rbar werden, ds~ bei der friiheren Unter- suchung ~rapezfSrmige, jetzt sber sinusfSrmige Modulationen verwand~ wurden. Auch stsnden sehr unterschiedliche Audiometrie-Anlagen zur Verfiigung. Diese geringen Differenzen sind jedoch nicht geeignet, Zweifel an dem Bestehen und an dem Verlauf des Zeitgangs dcr Lsutst~rken- unterschiedsschwellc entstehen zu lassen.

2. Der fiir NormalhSrende nachgcwiescne Zeitgsng bes~ch~ such bei Pst ienten mit SchwerhSrigkeit. Wie aus den Ergebnisscn der andercn, (iberschwelligen HSrpriifungen hervorgeht, hat bei e inem erhcblichen Tell dieser Pst ienten eine cochle~re SchwerhSrigkcit be- s~anden. Die Vertcilung der Ergebnisse des SISI-Tests ist aus Abb.4 zu ersehcn, der Mit~elwert licgt knapp unter 50°]0. Durchschnittlich bestcht eine dcutlichc Einengung der Dynamik. Die durchschnittliche Lautst~rkenunterschiedsschwelle ohne Vorbelastung liegt mi~ 6,6593o/o niedrig. Trotzdem finder nach Vorbelastung ein zus~tzliches Absinken der Lautst~rkenuntcrschiedsschwcUe auf Werte start, die nur wenig

Der Zeitgang der Lautstiirkenunterschiedsempfindlichkeit 317

fiber denen der NormalhSrenden liegen. Zwischen den Unterschieds- schwellen nach Belastung der NormalhSrenden und der Patienten be- steht eine signifikante Differenz, diese Differenz ist jedoeh vorwiegend darauf zuriiekzufiihren, da$ es sich um unerfahrene Probanden handelte, die sieh meistens erstmalig in einer solehen Prfifungssituation befanden. Dariiber hinaus handelt es sich iiberwiegend um altere Patienten. Die Signifikanz der Unterschiedsschwellen naeh Belastung zwischen Normal- hSrenden und Patienten ist daher nicht als prinzipielle Differenz im Verhalten tier LautstarkenunterschiedsschweUen in diesen beiden Gruppen anzusehen. Die Lautstarkenuntersehiedsempfindliehkeit ist danaeh bei den SchwerhSrigen ohne Vorbelastung deutlich kleiner als bei den NormalhSrenden, wird jedoch nach Vorbelastung noch kleiner und erreicht Werte, die in dem Bereieh tier normalhSrenden Probanden liegen.

3. Dureh den Nachweis eines Zeitgangs der Lautstarkenunter- schiedsempfindlichkeit auch bei Patienten wird die friiher gcmaehte Beobachtung bestatigt, dal3 im SISI-Test fiir die ersten 6 Incremente eine statistisch signifikante Zunahme der Erkennbarkeit besteht. Die unterschiedliche Erkennbarkeit der ersten 6 Incremente fiihrt im Einzelfall dazu, dall bei einer yon vorne herein hohen Lautstarken- empfindlichkeit vom 1. Increment an alle oder die meisten Incremente wahrgenommen werden, in Fallen mit geringerer Lautstarkenunter- sehiedsempfindlichkeit jedoeh erst ab 2., 3., 4., 5. oder 6. Increment die ErhShungen der Lautstarken regelmaBig wahrgenommen werden. Ffihrt man den SISI-Test so durch, dab er ohne vorherige Belastung des Ohres begonnen wird, dann erhalt man also dadurch ein zusatzliches MaB fiir die Lautstarkenunterschiedsempfindiichkeit des nicht adap- tierten Ohres des Patienten, da$ man feststellt, yon welchem Increment an regelmaltige Wahrnehmungen der LautstarkenerhShung erfolgen. Diese zusatzliehe Information geht verloren, wenn man, wie es haufig gemacht wird, zunachst mit hohen Incrementen yon bis zu 5 dB zur Einffihrung des Patienten in die Methode beginnt und dann die Incremente allmahlich verkleinert, um dann kontinuierlich in die Aus- zahlung des SISI-Tests mit Incrementen yon 1 dB fiberzugehen. Fiir die Mehrzahl der Falle mit erhfhter Lautstarkenunterschiedsempfind- lichkeit ist bei diesem Verfahren zu erwarten, da$ die Zahl der gehSrten Incremente nahe bei 100°/o liegt; Lehnhardt bestatigt mit seinen Befunden diese ]~berlegung. Wird die Einfiihrung des Patienten in das Verfahren jedoeh zunachst auf dem einen Ohr vorgenommen, und dann naeh einer kurzen Pause mit dem eigentlichen Test anf dem anderen Ohr begonnen, dann werden die ersten 6 Incremente in der be- schriebenen Weise unterschiediich h/~ufig wahrgenommen. Um die in diesem Zeitgang enthaltene, zusatzliche Information nicht zu verlieren,

318 P. Plath

sind wir routinem~Big dazu iibergegangen, die Einweisung des Patienten nicht mehr in zeitlichem Zusammenhang mit dem SISI-Test durch- zuffihren, sondern sie auf dem Ohr vorzunehmen, bei dem der eigent- liehe SISI-Test nach Priifung des anderen Ohres durchgefiihrt wird. Es wird dann so verfahren, dal] zun~chst z.B. auf dem linken Ohr der Dauerton cingeschaltet und die Erh5hungen um 5 dB gegeben werden, so dal~ zu erwarten ist, dab der Pat ient die Incremente sicher hSren kann. Er soll diese Incremente durch Knopfdruck anzeigen, so da ] gleichzeitig die MSglichkeit besteht, die Reaktionsschnelle des Patient'en zu beobachten. Wenn der Patient das Verfahren verstanden hat, wird der Ton abgeschaltet, und nach einer kurzen Pause yon 1 rain wird dann der eigentliehe SISI-Test auf dem anderen Ohr begonnen. Auf diese Weise ergibt sich im Mittel eine Verteilung der SISI-Werte, wie sie in Abb.4 dargestellt ist. Die von Lehnhardt beschriebene Sgnifikanz zwisehen negativem und positivem Beftmd ist jetzt zwar nicht mehr ganz so groB, ist jedoch weiterhin ausreichend, wenn man ab 70 dB einen sieher positiven, bis 30 dB einen sicher negativen SISI-Wert annimmt; die Zahl der dazwischen liegenden Werte ist sehr klein.

4. Eine Korrelationsanalyse der bei den Patienten gewonnenen HSrprfifergebnisse (s. Tab.3) zeigt, dab die L&utst~rkenunterschieds- schwellen ohne und mit Vorbelastung zu den anderen Priifwerten keine oder nur schlechte Korrelation aufweisen, w~hrend die Korrelationen der verschiedenen Lautst~rkenunterschiedsschwellen untereinander gut sind. Interessanterweise ergibt sich aueh zwischen den Lautst~rken- unterschiedsschwellen und dem Ergebnis des SISI-Testes keine Korrelation yon mehr als 0,3. Dieser Wert ist nut gerade eben signifikant gegen Null. Dieser Befund bedeutet, dal~ die Bestimmung der Lautst~rkenunterschiedsschwelle gegeniiber dem SISI-Test ebenso wie gegeniiber dem Carhart-Test und der Bestimmung der Dynamik- breite eine zus~tzliehe Information liefert. An anderer Stelle konnte bereits ausffihrlich darfiber berichtet werden, dab z.B. in der gutaeht- lichen Beurteilung der L~rmsehwerhSrigkeit die naeh Jerger bei 10 dB SL und 40 dB SL bestimmten Lautst~rkenunterschiedssehwellen fiir 1 und 4 kHz gegeniiber dem SISI-Test eine noeh bessere Differenzierung der L~rmsehwerhSrigkeit gegen andere Arten eochle~rer HSrseh~den gestatten (Plath, 1973b). Unter Berfieksichtigung unserer Unter- suchungsergebnisse mul3 bei der Priifung der Lautst~rkenunterschieds- schwelle jedoch stets so vorgegangen werden, dub die modulierten TSne nur fiir kurze Zeit dem Patienten angeboten werden. Wir sind dazu iibergegangen, die modulierten TSne nut noeh f/Jr wenig mehr als 1 see (Ungenauigkeit durch Handbedienung des Unterbreehers) auf das Ohr zu geben, so da ] bei einer Modulationsfrequenz yon 4 Hz (Zwicker u. Feldtkeller) insgesamt etwa 8 ~mderungen der Lautst~rke innerhalb

Der Zeitgang der Lautstiirkenunterschiedsempfindlichkcit 319

dieser Zeit erfolgen. Nach unserer Erfahrung reieht diese Zeit auch bei indolenten Patienten aus. Wird auf diese Weise die Lautst~rkenunter- sehiedssehwelle bei 10 dB SL und 40 dB SL naeh Jerger bestimmt, dann ergibt sieh bei erhShter Lautst/~rkenunterschiedsempfindliehkeit des nieht adaptierten Ohres, wie z.B. bei ehronischer L/~rmschwer- hSrigkeit, da$ die Lautst~rkenunterschiedssehwelle bei 10 dB SL kleiner ist als bei 40 dB SL, also umgekehrt wie bei NormalhSrenden oder bei retroeochle/~ren HSrseh/~den. Bei ehroniseher L/~rmschwerhSrigkeit finder sieh, wie an anderem Ort berichtet (Plath, 1973b), da$ dieses Verhalten der Lautst~rkenuntersehiedssehwellen bei 1 und 4 kHz untersehiedlieh ist. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens naeh Jerger liegt darin, da$ nieht mehr die Absolutwerte, sondern nur noeh die Relativwerte be- urteilt werden mfissen. Die an unserem Material durchgefiihrte Korrela- tionsanalyse zeigt eindeutig, da$ diese Relativwerte bessere Korrela- tionen untereinander haben als die Absolutwerte, und aueh ihre Korrela- tion zum SISI-Test-Ergebnis und zur Dynamikbreite ist besser als die der Absolutwerte. Damit kommt der Lautst~rkenuntersehiedssehwel- lenbestimmung naeh der Empfehlung yon Jerger bei Verwendung yon kurzen TSnen yon wenig mehr als 1 sea ein hoher diagnostiseher Wert zu. Der zeitliehe Aufwand fiir die Durehfiihrung des Tests in der empfohlenen Form betr~gt naeh unserer Erfahrung nieht mehr als 10 min.

Herrn Rainer Ziemons danke ich ffir die freundliche Unterstfitzung bei der Durchfiihrung der audiometrischen Untersuchungen. Herr Dr. Brurmer in der Abteilung Medizinische Statistik und Dokumentation (Vorstand: Prof. Dr. Repges) ffihrte freundlieherweise die statistisehen Berechnungen durch. Der Gcsellschaft der Freunde tier Hoehsehule (FAHO) danke ieh f~r die freundliche Zuwendung von Mitteln, mit denen diese Untersuchungen durchgefiihrt wurden.

Literatur

Altena, F.-W. : Untersuchungen fiber das Verhalten der Unterschiedsschwelle des HSrorgans far Amplitudenmodulationen nach kurzer Vorbeschallung mit weiBem Rausehen. Diss., Aachen 1972

yon B6k6sy, G.: Zur Theorie des HSrens. l:lber die eben merkbare Amplituden- und Frequenz/~nderung eines Tones. Die Theorie der Schwebungen. Phys. Z. 30, 721--746 (1929)

Jerger, J. F. : DL difference test. Arch. Otolaryng. 57, 490--500 (1953) Lehnhardt, E.: SISI-Test und Ger~usehaudiogramm. Z. HSrger~te-Akustik 10,

Suppl., 33--37 (1971) KSnig, E. : Difference limen for intensity. Int. Audiol. 1, 198--201 (1962) Liischer, E., Laepple, O.: Der Einflull der Beschallung auf die Intensit~tsunter-

schiedsschwelle des normalen und des kranken Ohres. Arch. Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.-Heilk. 172, 299--309 (1958)

Liischer, E., Zwisloeki, J.: Eine einfache 1Vfethode zur monauralen Bestimmung des Lautst~rkeausgleiches. Arch. Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.-Heilk. 155, 323--331 (1949)

320 P. Plath

Plath, P.: The behaviour of the difference limen for intensity of hearing after exposure to pure tones. Int. Audioh 6, 389--392 (1967)

Plath, P.: ])er EinfluB yon Adaptation und ErmSdung anf die Unterschieds- schwellen des H6rorgans. Z. H6rgerRte-Akustik 10, Suppl., 41--44 (1971)

Plath, P.: The difference limen for intensity as an indicator for adaptation and fatigue in auditory function. Audiology 12, 34--39 (1973a)

Plath, P.: ])ifferentiation of noise induced hearing loss from ether kinds of sensorineural hearing loss and presbyacusis. WHO Conference on "Neise as a common health problem", ])ubrovnik (1973b)

Plath, P., Lerche, E.: ~ber den Zeitgang der Unterschiedsschwellc fiir SchaU- pegel~,nderungen. Arch. Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.-Heilk. 178, 506--508 (1961)

Upton, 1~I., Holway, A. H.: On the psyehophysics of hearing. Prec. nat. Acad. Sci. (Wash.) 28, 32--34 (1937)

Zwicker, E., Feldtkeller, R.: Das Ohr als NachrichtenempfRnger. 2., neubearb. Au~. Stuttgart: Hirzel 1967

Prof. ])r. Peter Plath HNO-Klinik der Med. FakultRt ])-5100 Aachen Goethestr. 27/29 Bundesrepublik ])eutschland