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DESELAERS, Norbert: Nutzung von Bildschirmtext im Agrarbereich - Offene Fragen - Mögliche Antworten Die Einführung neuer Techniken wird stets von Euphorie und Skepsis begleitet. Dies gilt auch für Bildschirmtext (Btx). Zur Zeit überwiegen die Stimmen, die dem neuen Medium Btx, insbesondere für den Agrarbereich, eine positive Entwick- lung voraussagen. Die positiven Erwartungen werden jedoch nur in Erfüllung ge- hen, wenn sich für eine Reihe derzeit noch offener Fragen zufriedenstellende Lösungen finden lassen. Nachstehend werden einige dieser Fragen skizziert, be- vor auf notwendige Aktivitäten zur schnellen Klärung der Fragen eingegangen wird. Fragen der Btx-Teil nehmer o Nutzen und Kosten von Btx Viele Landwirte werden in den kommenden Jahren die Frage stellen, ob die Teilnahme am neuen Btx-Dienst lohnt. Vorteile können sich ergeben durch schnellere Information über Fakten, die für Entscheidungen relevant sind, bequemeren Informationszugang rund um die Uhr, kostengünstigeren und schnelleren Informationsaustausch, zuverlässigere Informationen (Beratungsempfehlungen auf der Basis von gebündeltem .Expertenwissen), einfachere Transaktionen (Bestellungen, Verkäufe, Zahlungsverkehr), direkte Nutzung des Großrechners (Nutzung von Programmen im Dialog; Übertragung, Verarbeitung und Abruf von Betriebsdaten sowie Kombination dieser Daten mit externen Daten). Dem möglichen Nutzen stehen Kosten gegenüber für technische Ausstattung, Btx-Gebühren, Fernsprechgebühren, Entgelte für Anbieter, Entgelte für Nutzer externer Rechner. Die Kosten-Nutzenrelation wird von Betrieb zu Betrieb, abhängig vom Angebot und der bereits vorhandenen technischen Ausstattung, unterschiedlich sein. Zumindest im Anfangsstadium wird das landwirtschaftliche Angebot auch noch deutliche regionale Unterschiede aufweisen. Mitentscheidend werden zudem die außerbetriebliche Nutzung von Btx sowie die Neigung und Begabung der Familienmitglieder sein. Kalkulierte positive Kosten-Nutzenrelationen gehen nicht auf, wenn die theoretisch gegebenen Möglichkeiten praktisch nicht ge- nutzt werden. o Technische Ausstattung Besonders schwierig wird für den Landwirt in der Einführungsphase die Aus- wahl des für ihn richtigen Gerätes sein. Er wird grundsätzlich die Wahl zwischen einem Farbfernsehgerät mit Decoder, einem speziellen Btx-Terminal und einem Btx-fähigen Kleincomputer haben. Außerdem wird er prüfen müssen, welche Zusatzausrüstung (alphanumerische Tastatur, eingebaute Speicher- und Verarbeitungskapazität, Drucker, Zweitanschluß beim Telefon) sofort oder zu DESELAERS, Bonn 19

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DESELAERS, Norbert: Nutzung von Bildschirmtext im Agrarbereich - Offene Fragen- Mögliche Antworten

Die Einführung neuer Techniken wird stets von Euphorie und Skepsis begleitet.Dies gilt auch für Bildschirmtext (Btx). Zur Zeit überwiegen die Stimmen, diedem neuen Medium Btx, insbesondere für den Agrarbereich, eine positive Entwick-lung voraussagen. Die positiven Erwartungen werden jedoch nur in Erfüllung ge-hen, wenn sich für eine Reihe derzeit noch offener Fragen zufriedenstellendeLösungen finden lassen. Nachstehend werden einige dieser Fragen skizziert, be-vor auf notwendige Aktivitäten zur schnellen Klärung der Fragen eingegangenwird.

Fragen der Btx-Teil nehmer

o Nutzen und Kosten von BtxViele Landwirte werden in den kommenden Jahren die Frage stellen, ob dieTeilnahme am neuen Btx-Dienst lohnt. Vorteile können sich ergeben durch

schnellere Information über Fakten, die für Entscheidungen relevantsind,bequemeren Informationszugang rund um die Uhr,kostengünstigeren und schnelleren Informationsaustausch,zuverlässigere Informationen (Beratungsempfehlungen auf der Basis vongebündeltem .Expertenwissen),einfachere Transaktionen (Bestellungen, Verkäufe, Zahlungsverkehr),direkte Nutzung des Großrechners (Nutzung von Programmen im Dialog;Übertragung, Verarbeitung und Abruf von Betriebsdaten sowie Kombinationdieser Daten mit externen Daten).

Dem möglichen Nutzen stehen Kosten gegenüber für

technische Ausstattung,Btx-Gebühren,Fernsprechgebühren,Entgelte für Anbieter,Entgelte für Nutzer externer Rechner.

Die Kosten-Nutzenrelation wird von Betrieb zu Betrieb, abhängig vom Angebotund der bereits vorhandenen technischen Ausstattung, unterschiedlich sein.Zumindest im Anfangsstadium wird das landwirtschaftliche Angebot auch nochdeutliche regionale Unterschiede aufweisen. Mitentscheidend werden zudemdie außerbetriebliche Nutzung von Btx sowie die Neigung und Begabung derFamilienmitglieder sein. Kalkulierte positive Kosten-Nutzenrelationen gehennicht auf, wenn die theoretisch gegebenen Möglichkeiten praktisch nicht ge-nutzt werden.

o Technische AusstattungBesonders schwierig wird für den Landwirt in der Einführungsphase die Aus-wahl des für ihn richtigen Gerätes sein. Er wird grundsätzlich die Wahlzwischen einem Farbfernsehgerät mit Decoder, einem speziellen Btx-Terminalund einem Btx-fähigen Kleincomputer haben. Außerdem wird er prüfen müssen,welche Zusatzausrüstung (alphanumerische Tastatur, eingebaute Speicher- undVerarbeitungskapazität, Drucker, Zweitanschluß beim Telefon) sofort oder zu

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einem späteren Zeitpunkt für ihn zweckmäßig ist. Nicht zuletzt wird ihm dieQual der Wahl zwischen einer Vielzahl von Herstellern bleiben.

In der Anfangsphase wird aus Kostengründen voraussichtlich dasFarbfernsehgerät mit Decoder deutlich überwiegen. Als Zusatzausrüstungsollte nach dem derzeitigen Stand der Überlegungen jedem Landwirt eine al-phanumerische Tastatur empfohlen werden. Neben dem Fernsehgerät könnte sichschon bald ein vom Fernsehgerät unabhängiges kleines Btx-Terminal stärkerdurchsetzen. Seine Vorteile (geringe Anschaffungskosten, räumliche Trennungvom Fernsehen, grundsätzlich alphanumerische Tastatur, angenehmereDialogarbeit am kleinen Bildschirm) sprechen für diese Annahme. ZusätzlicheNutzungsmöglichkeiten der Intelligenz vor Ort in Verbindung mit schnellweiter sinkenden Hardwarekosten dürften mitte! und längerfristik auch deman Btx oder andere Datenfernübertragungsleitungen angeschlossenen Klein-rechner hohe Zuwachsraten in landwirtschaftlichen Betrieben eröffnen.

Art und Umfang des AngebotesEine Vielzahl von Institutionen im Agrarbereich befaßt sich zur Zeit mitder Frage, was über Bildschirmtext künftig angeboten werden soll. Im Rah-men dieser Überlegungen wird geprüft, was in anderen Ländern, die wieGroßbritannien und Frankreich in der Entwicklung bereits weiter sind, undbei den Feldversuchen in Berlin und Düsseldorf gespeichert wurde. Anre-gungen vermitteln zudem die Btx-Überlegungen von Wissenschaftlern,Arbeitsgruppen und Beratungsinstitutionen sowie die Ergebnisse vonBegleituntersuchungen zu den Feldversuchen.

An den Feldversuchen nahmen jedoch keine Landwirte teil. Die Akzeptanz desAngebots durch Landwirte konnte daher in der Bundesrepublik Deutschlandbisher nicht getestet werden. Was die Landwirte von dem denkbaren Angebottatsächlich über Btx abrufen und nutzen werden, kann zur Zeit nur vermutetwerden. Nach den bisherigen Erfahrungen im nichtlandwirtschaftlichen Be-reich ist zu erwarten, daß über Btx vor allem relativ einfache,standardisiert darbietbare, unmittelbar verständliche Informationen be-grenzten Umfangs mit Erfolg angeboten werden können. Das gilt vor allemdann, wenn sie aktueller, billiger oder qualitativ besser als über andereMedien den Interessenten erreichen. Zu den möglichen, zur Zeit viel disku-tierten Angeboten rechnen Empfehlungen der Beratung zu anstehendenEntscheidungen in der pflanzlichen und tierischen Produktion. Diese Empfeh-lungen können fachlich auf hohem Niveau stehen, wenn sie auf der einenSeite auf betriebsindividuellen, über Btx eingegebenen Daten und auf deranderen Seite auf gebündeltem Expertenwissen basieren. Es bleibt jedoch alsManko, daß nicht quantifizierbare Betriebsbesonderheiten sowie die jahre-langen Erfahrungen des Betriebsleiters und des Beraters vor Ort nicht odernur unzureichend einfließen. Nur die praktische Anwendung kann zeigen, wel-che standardisierten Empfehlungen über Btx mit Erfolg angeboten werdenkönnen.

Offen ist auch, ob umfangreicheres, in Datenbanken gespeichertes FachwissenBtx-geeignet ist. Diese Datenbanken werden bisher fast nur von geübten In-formationsvermittlern online genutzt. Eine Nutzung über Bildschirmtextsetzt eine Umstellung auf Btx-Format und auf benutzerfreundlichere Abfrage-prozeduren voraus. Erwartungen, schon bald die großen Literatur- und Fak-tendatenbanken einem breiten Benutzerkreis direkt zugänglich zu machen,sind derzeit noch kaum begründet.

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Abstimmung mit anderen AnbieternLandwirte erhalten ihre Fachinformation vor allem von

Offizial- und Ringberatunglandwirtschaftlichen VerlagenHerstellern landwirtschaftlicher ProduktionsmittelLandhandel und GenossenschaftenBanken und Versicherungenlandwirtschaftlichen RechenzentrenVerbänden und landwirtschaftlichen Institutionen wie AID, KTBL, KWF,OLG und ZMP.

Die Aufteilung des Angebots mit herkömmlichen Mitteln ist historisch ge-wachsen und im wesentlichen eingespielt. Alle Anbietergruppen werden vor-aussichtlich auch das neue Medium Btx einsetzen. Nicht auszuschließen ist,daß hierbei Institutionen ihr Angebot ausweiten möchten. Konkurrenz- undWettbewerbskämpfe zwischen den Anbietern und eine verwirrende Vielfalt desAngebots für Landwirte wären die wenig erfreulichen Begleiterscheinungen.Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang freiwillige Absprachen Doppel- undMehrfachangebote einschränken können. Aus Wettbewerbs- und Prestigegründenwerden sie sicher nicht voll vermeidbar sein.

Organisatorische AnpassungDas neue Medium Btx wird nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der In-stitutionen zu lebhaften Diskussionen und zu Veränderungen führen. In derEinführungsphase entwickeln sich die Aktivitäten zunächst überwiegend beibesonders engagierten Mitarbeitern. Spätestens dann, wenn die neuenAktivitäten in Konkurrenz zu bestehenden treten oder die Mitarbeit andererOrganisationseinheiten erforderlich wird, ist eine Koordination und einesinnvolle organisatorische Eingliederung der Angebotserstellung erforder-lich, um Widerstand und Ärger zu vermeiden. Ebenso wichtig erscheint eineeingehende Analyse eventueller Änderungen bisheriger Tätigkeiten, z.B. derBeratung vor Ort, und eine sorgfältige Vorbereitung aller von dem neuenMedium betroffenen Mitarbeiter.Nur von der Zweckmäßigkeit des neuen Mediumsüberzeugte Mitarbeiter werden es sinnvoll und erforderlich nutzen.

Einfluß auf den MarktablaufDurch Bildschirmtext sind auf den Agrarmärkten folgende Änderungen denkbar:

Ausweitung des Warenbezugs direkt vom Hersteller, Importeur oderVersandhändler,

Bessere Markttransparenz durch aktuellere Marktinformationen und ein-facheren Vergleich der Preise sowohl beim Verkauf als auch beimEinkauf,

Aufbau neuer Vermarktungsformen, z.B. Angebot und Nachfrage von Ferkelnüber Btx, Ermittlung des Gleichgewichtspreises und Geschäftsabschluß.

Ob und in welchem Ausmaß sich diese Änderungen tatsächlich durchsetzen wer-den, ist zur Zeit allerdings noch äußerst ungewiß.

Zugriffstechni kDie bisherigen Erfahrungen mit Btx zeigen, daß das Auffinden dergewünschten Information schon bei der zur Zeit noch relativ geringen Infor-

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mationsmenge oft sehr zeitaufwendig ist. Btx wird voraussichtlich nur dieerhoffte Verbreitung finden, wenn Wege gefunden werden, die Sucherei aufdem Bildschirm wesentlich zu vereinfachen. Für das Suchen der Informationgibt es grundsätzlich folgende Möglichkeiten:

Inhaltsverzeichnis = hierarchisch gegliederter Suchbaum

Anbieterverzeichnis

Schlagwortverzeichnis

Direktzugriff, wenn Seitennummer bekannt ist oder aus einer Broschüremit kombiniertem Schlagwort-Anbieterverzeichnis vorweg ermittelt wird.

Logisches Suchen mit Schlagwörtern (nur auf externem Rechner möglich)

Ein erster Schritt zur Erleichterung und Vereinheitlichung des Suchens istdie Einigung mehrerer Institutionen auf einen RahmensuchbaumLandwirtschaft. Offen ist, wer diesen Suchbaum nach der allgemeinenBtx-Einführung anwenden wird, wie er im Rahmen des Gesamtsystems amzweckmäßigsten einzusetzen ist und wie die notwendige Weiterentwicklung or-ganisiert wird. Die Entwicklung verbesserter Zugriffstechniken und dieständige Aktualisierung ist sicher eine Daueraufgabe mit einem hohen Ab-stimmungsaufwand, über die bald eine Einigung herbeigeführt werden sollte.Ziel muß es sein, die gewünschte Information schnell, gezielt und einfachzu erreichen. Wesentlich mehr als 3 bis 5 Suchschritte erscheinen kaum zu-mutbar. Vorrangig dürfte die Erarbeitung und ständige Aktualisierungeines kombinierten Schlagwort-Anbieterverzeichnisses sein. Zu einemspäteren Zeitpunkt sollte auch das logische Suchen getestet werden. DieEignung für Btx-Teil nehmer im Agrarbereich sollte jedoch nicht zu positiveingeschätzt werden.

RechnernutzungDer Anbieter hat die Möglichkeit, seine Btx-Informationen auf derBildschirmtextzentrale der Deutschen Bundespost, auf einem an Btx ange-schlossenen Fremdrechner oder - soweit vorhanden - auf einem eigenen Rech-ner mit Btx-Anschluß zu speichern.

Welche Alternative zweckmäßigerweise gewählt wird, hängt in erster Linievon der Art und dem Umfang des Angebots und den sich daraus ergebenden Ko-sten ab. Wenn lediglich Informationen bereitzustellen sind, bietet sich füreine relativ geringe Anzahl von Btx-Seiten die Btx-Zentrale oder die Mitbe-nutzung eines Fremdrechners, für eine größere Zahl von Seiten zusätzlichder eventuell vorhandene eigene Rechner an. Ein Rechner außerhalb derBtx-Zentrale, ein sog. externer Rechner, ist in jedem Falle erforderlich,wenn neben Informationen auch Dialogprogramme angeboten oder Daten land-wirtschaftlicher Betriebe über Btx erfaßt und ausgewertet werden sollen.Die Anschaffung eines eigenen Rechners ausschließlich oder überwiegend fürBtx dürfte sich allerdings im Agrarbereich nicht lohnen.

Sicher wird die Entscheidung der Anbieter nicht ausschließlich von den Ko-sten der Alternativen bestimmt werden. Die Benutzerfreundlichkeit (Antwort-zeiten, Ausfallrisiko, zeitliche Verfügbarkeit, Suchhilfen) sowieBereitschaft und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit anderen Partnern wer-den ebenfalls als gewichtige Kriterien mit heranzuziehen sein.

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o Anpassung des Angebots an Geräteausstattung der AnbieterFür die Anbieter wird sich die Frage stellen, ob die an Btx angeschlossenenLandwirte einheitlich über eine alphanumerische oder zum Teil nur über einerein numerische (Fernbedienung) Tastatur verfügen. Noch schwieriger wirdzumindest für einige Anbieter die Frage zu entscheiden sein, ob sie dasgleiche fachliche Angebot nicht nur für das Format des Fernsehgerätes (24Zeilen a 40 Zeichen), sondern auch für den Bildschirm des Kleincomputers(24 Zeilen a 80 Zeichen) und eventuell darüber hinaus für den großen Termi-nalbildschirm (43 Zeilen a 80 Zeichen) entwickeln sollen.

o Umlage der KostenEntwicklung, Aktualisierung und Bereitstellung der Informationen und Pro-gramme über Btx sind für den Anbieter nicht gerade billig. Je nach Aufgabeund Finanzierung der Institution sowie nach dem Eigeninteresse (Werbung,Verkauf, Buchung) wird der Anbieter versuchen, die Kosten selbst zu tragenbzw. voll oder teilweise an die Teilnehmer weiterzugeben. Umgelegt werdenkönnen die Kosten über Gebühren für Informationsseiten, die von der Bundes-post eingezogen werden, über Rechnungen des Anbieters, deren Höhe von Artund Umfang der Nutzung bestimmt wird, über pauschale Nutzungsgebühren füreinen Zeitraum, durch einen Aufschlag auf angebotene Waren oder Dienstlei-stungen sowie durch Erhöhung der Mitgliedsbeiträge. In welcher Form bei dererwarteten Vielzahl von Anbietern im Agrarbereich Kosten umgelegt werden,ist zur Zeit nicht abschätzbar. Nur eines ist sicher. Soweit die Kostennicht aus allgemeinen Steuermitteln getragen werden, wird der Landwirt alsNutzer die Kosten in der einen oder anderen Form zu übernehmen haben.

o Entwicklung der NutzungMit welcher Teilnehmerzahl ist nun im Agrarbereich zu rechnen? DieDeutsche Bundespost rechnet 1986 mit einer, 1990 mit vier MillionenBtx-Teil nehmern. Wenn diese Vorhersage zutrifft, würden 1986 etwa 4 % derHaushalte, 1990 etwa 16 % der Haushalte angeschlossen sein. Überträgt mandiese Prozentsätze auf die Landwirtschaft, dann ergeben sich für 1986 rund31 000, für 1990 rund 120 000 angeschlossene landwirtschaftliche Betriebe,darunter 15 000 bzw. 60 000 Vollerwerbsbetriebe. Wird unterstellt, daß einfür Landwirte interessantes fachliches Angebot und steuerlicheAbsetzungsmöglichkeiten zu einer prozentual doppelt so hohen Teilnehmerzahlführen, dann würde 1990 bereits etwa ein Drittel der Landwirte Btx nutzen.

Ob diese Zahlenspielerei der tatsächlichen Entwicklung nahekommen wird, istabhängig von der Attraktivität des landwirtschaftlichen und nichtlandwirt-schaftlichen Angebots, von der Entwicklung der Kosten für Geräte undBtx-Nutzung, von der Werbung für Btx sowie von der Zuverlässigkeit desNetzes und der Geschwindigkeit seines Ausbaus. Vorerst ist die Teilnahmean Btx für die Anbieter noch eine Reise ins Ungewisse.

Mögliche AntwortenDie Klärung der vorstehend aufgeworfenen Fragen könnte weitgehend sich selbstüberlassen werden. Dies würde jedoch in erheblichem Umfang zu vermeidbarenFehlinvestitionen führen. Außerdem würde der durch Btx mögliche Fortschritt nurverspätet genutzt. Für die Wettbewerbsfähigkeit wäre dies sicher von Nachteil.Es gilt daher aktiv mit dem Ziel einzugreifen, für die anstehenden Fragenschnell optimale Lösungen zu finden.

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o Arbeitsgruppen für FachgebieteAus fachlichen und wirtschaftlichen Gründen wird es künftig kaum vertretbarsein, all das, was einzelnen Personen einfällt, in Btx einzugeben. DasBtx-Angebot wird in der Regel nur erfolgreich sein, wenn es vorweg aufseine Btx-Eignung kritisch geprüft und getestet wird. Es erscheintsinnvoll, dies in kleinen Arbeitsgruppen zu tun, die aus Experten des je-weiligen Fachgebietes, Btx-Experten und Nutzern (Landwirte, Berater)bestehen. Ansätze hierzu sind vorhanden; sie sind ausbau- undverbesserungsbedürftig.

o Wissenschaftliche UnterstützungDie Forschung in der Bundesrepublik Deutschland befaßt sich nur sehrzögernd mit dem Einsatz der Elektronik und neuer Kommunikationstechniken inder Landwirtschaft. Sie überläßt diesen Bereich weitgehend den Beratungsin-stitutionen, der Wirtschaft, den Verbänden und der Verwaltung. Aus diesenBereichen kommt auch die weitaus überwiegende Zahl der Redner auf dieserTagung. Bei der erwarteten großen Bedeutung der neuen Techniken und Medienauch für den Agrarbereich muß die Zurückhaltung der Wissenschaftler ein we-nig überraschen.

Das Interesse scheint jedoch zuzunehmen. Dies ist zu begrüßen, da vieleFragen wohl nur mit wissenschaftlicher Unterstützung zufriedenstellendgelöst werden können. Das gilt sowohl für die Erarbeitung neuerAnwendungsmöglichkeiten in den einzelnen Fachbereichen als auch fürWirtschaftlichkeits- und Akzeptanzuntersuchungen.

o ErfahrungsaustauschMit Btx betreten Anbieter und Nutzer völliges Neuland. Dabei ist kaum zuvermeiden, daß Pioniere in nicht unerheblichem Umfang Lehrgeld zahlen. Nurdurch einen Austausch und eine Veröffentlichung von Erfahrungen kann ver-hindert werden, daß Lehrgeld gleich mehrfach gezahlt wird. Doch der Erfah-rungsaustausch stößt auf Schwierigkeiten. Wettbewerbs- undKonkurrenzdenken setzen enge Grenzen. Nicht alle sind bereit, die eigenenArbeiten und die dabei gesammelten Erfahrungen uneingeschränkt weiterzuge-ben. Pioniere neigen zudem zu Schönfärberei, weil Mut dazu gehört,Mißerfolge offen zuzugeben.

Für den Erfahrungsaustausch empfehlen sich Absprachen. Ohne sie besteht dieGefahr, daß Teilbereiche von verschiedenen Institutionen mehrfach, anderewichtige Teilbereiche dagegen nicht oder nicht intensiv genug erörtert wer-den. Der Austausch von Erfahrungen sollte nicht an den Grenzen halt machen.Im Bereich Btx können insbesondere Anregungen in den USA, Großbritannienund Frankreich gewonnen werden.

o Pilot- und Modell vorhabenBei der Einführung völlig neuer Techniken wie Btx sind Pilot- und Modell-vorhaben von besonderer Bedeutung. Sie können die Möglichkeiten, aber auchdie Grenzen der Nutzung im praktischen Einsatz aufzeigen und den vielenspäteren Nutzern manch negative Erfahrungen ersparen.

Zu begrüßen ist daher, daß unter Federführung des Deutschen BauernverbandesBtx in Bayern, in Schleswig-Holstein und im Rheinland in einer größerenZahl von Betrieben getestet werden soll. Von diesem breit angelegtenAkzeptanztest sind wertvolle Erkenntnisse zu erwarten über

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Vor- und Nachteile unterschiedlicher technischer Ausstattungen beimNutzer und beim Anbieter,

Akzeptanz und Nutzen der angebotenen Programme und Informationen,

wünschenswerte Weiterentwicklung des Angebots.

Begleituntersuchungen durch sachverständige, möglichst nicht direkt betei-ligte Institutionen können wesentlich dazu beitragen, klare Aussagen undgesicherte Empfehlungen für die weitere Entwicklung zu erhalten.

Arbeitsteilung und ZusammenarbeitEin altes Sprichwort in der Landwirtschaft lautet "Kumpanei ist Lumpanei".Trotz psychologischer Barrieren hat sich unter dem Druck der technischenund wirtschaftlichen Entwicklung in vielen Bereichen Arbeitsteilung undeine meist gut funktionierende Zusammenarbeit durchgesetzt.

Im Bereich Btx ist weniger die Zusammenarbeit der Landwirte als die der an-bietenden Institutionen gefordert. Sie kann den Entwicklungsaufwand fürBtx-Seiten und Programme sowie die Kosten für die Rechnernutzung erheblichsenken, die breite und sachgerechte Einführung von Btx beschleunigen, denLandwirten zu einem abgestimmten und übersichtlichen Angebot verhelfen. Ho-her Koordinierungsaufwand, Streben nach Unabhängigkeit, Berücksichtigungregionaler Besonderheiten und Wettbewerbsüberlegungen werden der Zusammen-arbeit jedoch Grenzen setzen. Konkurrenz und Parallelentwicklungen könnensich mittelfristig auch positiv auf die Entwicklung auswirken. Es gilt hiereinen gesunden Kompromiß zu finden. Zu bedauern wäre, wenn infolge man-gelnder Bereitschaft zur Zusammenarbeit in der Bundesrepublik Deutschlandder technische Fortschritt nicht in gleichem Maße genutzt werden könnte wiein anderen Ländern.

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