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ENTWICKLUNG Elektrik | Elektronik 940 ATZ 11I2006 Jahrgang 108 Dezentrale elektrische Antriebe im Automobil Schon heute regeln dezentrale Steuergeräte und Elektromotoren für Bremsas- sistent, Motormanagement, Klimaanlage oder Fahrwerkstabilisierung diverse Funktionen im Fahrzeug. Die Antriebsenergie beziehen aber praktisch alle Funk- tionen noch aus Zusatzaggregaten, die direkt oder indirekt mit dem Verbren- nungsmotor mechanisch gekoppelt sind. Hier steckt ein großes Entwicklungs- und Einsparpotenzial. Dieser Beitrag des Elektromotorenherstellers EBM-Papst stellt neue Konzepte im Kleinantriebsbereich auf Basis von EC-Motoren vor, die für dezentrale Antriebe ein breites Einsatzgebiet im Fahrzeugbereich eröffnen. Elektronisch kommutierte Gleichstrommotoren für mehr Nutzen im Automobil Electronic commutated DC motors for increasing benefit in the automobile

Dezentrale elektrische Antriebe im Automobil - Springer · Flexibilität und Modularität durch ein umfassendes Baukasten- system mit verschiedensten Auslöse- und Signalisierungsbausteinen

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940 ATZ 11I2006 Jahrgang 108

Dezentrale elektrische Antriebe im AutomobilSchon heute regeln dezentrale Steuergeräte und Elektromotoren für Bremsas-sistent, Motormanagement, Klimaanlage oder Fahrwerkstabilisierung diverseFunktionen im Fahrzeug. Die Antriebsenergie beziehen aber praktisch alle Funk-tionen noch aus Zusatzaggregaten, die direkt oder indirekt mit dem Verbren-nungsmotor mechanisch gekoppelt sind. Hier steckt ein großes Entwicklungs-und Einsparpotenzial. Dieser Beitrag des Elektromotorenherstellers EBM-Papststellt neue Konzepte im Kleinantriebsbereich auf Basis von EC-Motoren vor, diefür dezentrale Antriebe ein breites Einsatzgebiet im Fahrzeugbereich eröffnen.

Elektronisch kommutierte Gleichstrommotoren für mehr Nutzen im AutomobilElectronic commutated DC motors for increasing benefit in the automobile

Bild 1: Herkömmliche Lösung mit einem Riemen für den Antrieb von zahllosen Neben- und ZusatzaggregatenFigure 1: Conventional solution with a belt to drive countless auxiliary and ancillary units

Der Autor

Dipl.-Ing. (FH)Andreas Rauist Projektingenieur imVerkauf Antriebstechnik bei der EBM-Papst St. Georgen GmbH & Co. KG in St. Georgen.

1 Einleitung

Nicolaus Otto setzte bei seinem Verbren-nungsmotor mangels Alternativen auf einestarre Kopplung von Kurbelwelle und No-ckenwelle. Diese einfache aber unflexibleLösung übernahmen Generationen von In-genieuren für den Antrieb von zahllosen Ne-ben- und Zusatzaggregaten. Mit steigendemKomfort und Sicherheitsdenken wurde soder Zahnräder-Ketten-Riementrum am Mo-tor immer monströser, Bild 1. Heute behin-dert dieses historisch gewachsene Konzeptneue technische Lösungen und optimalesaerodynamisches Design. Abhilfe schaffthier der Einsatz moderner dezentraler An-triebe. Elektronisch gesteuert können EC-Motoren vielfältige Sicherheits- und Zusatz-funktionen im KFZ antreiben. Platzproble-me und aufwendige Inspektionen von Rie-men und Spannrollen etc. entfallen, derkompakte Antrieb vor Ort ist platzsparendund wartungsarm.

2 Stand der Technik

Bisher werden im Automobil nur wenigeFunktionen durch dezentrale Elektroantrie-be bedient. Meist sind es Komponenten mitsehr einfachen Bewegungsabläufen bezie-hungsweise Funktionen, die unabhängigvom Haupt- oder Verbrennungsmotor ablau-fen müssen. Bestes Beispiel sind Scheibenwi-scher, Fensterheber oder Fahrzeuglüftung.

Doch auch hier wird gern auf Zentralitätgesetzt. So ist es weithin üblich, die über eineinzelnes, großes und lautes Gebläse geför-derte Frischluft innerhalb des Fahrzeugs perRohrleitung zu verteilen. Konstruktionsbe-dingt ist der Einsatz individueller Antriebebei Fensterhebern, Sitzverstellungen, Geblä-sen für die Klimaanlage oder im Kühlerven-tilator weiter fortgeschritten. Allerdingswerden fast ausschließlich unflexible Bürs-tenmotoren verwendet. Zudem fehlt es oftnoch an einer klugen Steuerung, die dieFunktionen überwacht und Überlastungenvermeidet. Auch simple Ein-Aus-Schalter fürden Kühlerventilator erlauben keine Rege-lung der Kühlmitteltemperatur, die der Mo-torbeanspruchung und dem Kraftstoffver-brauch entsprechen.

3 Moderne Lösungen

Die meisten Systeme, die elektrische Ener-gie benötigen, sind im Fahrzeug nur kurzin Betrieb oder nur zeitweise unter vollerLast im Einsatz. Eine starre mechanischeKopplung zum Verbrennungsmotor hat da-her immer zwei bedeutende Nachteile: Ers-tens variiert die Drehzahl des Verbren-

nungsmotors und damit sein Leistungsver-mögen; zweitens divergieren oft Leistungs-angebot des Motors und Leistungsnachfrageder Systeme. Aus beiden Gründen ist einemechanische Kopplung energetisch seltensehr effektiv.

Weitere negative Beispiele für Systeme,die permanent mit voller Leistung beauf-schlagt werden, obwohl sie es nicht benöti-gen, sind etwa die Kühlflüssigkeitspumpedes Motors und die Hydraulikpumpe derServolenkung. Diese typischen „leistungs-fressenden Vertreter“ sind mechanisch anden Verbrennungsmotor gebunden. Da die-se Systeme vom ersten Augenblick einerFahrzeugbewegung an auf ihr Leistungs-maximum hochgefahren werden, sind siesehr ineffizient in ihrer Energiebilanz.Auch unter Emissionsgesichtspunkten be-trachtet, sind solche Antriebe kritisch zubewerten.

3.1 EC-Motor als dezentraler AntriebGeht man dagegen bei den Zusatzaggrega-ten zu elektronisch kommutierten Elektro-motoren (elektronisch gesteuert, electroni-cally controlled, EC) als Kraftquelle über, soentkoppelt sich das Leistungsangebot desVerbrennungsmotors und die Leistungs-nachfrage der Zusatzaggregate. Wenn dieMotoren elektronisch kommutiert sind,bleibt als einzige mechanische Verschleiß-komponente die Rotorlagerung. Mehrerezigtausend Betriebsstunden unter Volllastsind heute Standard, ein EC-Motor hält da-her ein Automobilleben lang.

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auch als BLDC-Motor bekannt, abgeleitet von„Brushless direct current“-Motor.

3.2 Möglichkeit zum Beschleunigen oder BremsenDie EC-Motoren lassen sehr feinfühlig in al-len Last- und Drehzahlbereichen regeln. So

Bild 2: Moderne EC-Motoren für das Kraftfahrzeug: so vielfältig wie die AnforderungenFigure 2: Modern automotive EC motors: as diverse as the requirements

Bild 3: EC-Motor als Prüfling im Labor, robust bei Vibration und TemperaturenFigure 3: Tested EC motor in the laboratory, robust for vibration and temperatures

Bild 4: Zwei Mal bereits in Serienfertigung (links und rechts): hoch dynamischer EC-Motor und Überlagerungsgetriebe für elektrische ServolenkungenFigure 4: Two times already in series production (left and right): highly dynamic EC motor and modulation gear for electrical power steerings

Die Eigenschaften moderner EC-Motoren,Bild 2, prädestinieren diese Antriebe für alleAnwendungsfälle im Kraftfahrzeug bei de-nen eine kompakte, gut regelbare Leistungverlangt wird. Das Funktionsprinzip ist rechteinfach: Basis ist ein Synchronmotor und ei-ne interne oder externe Steuer-Elektronik,

die aus Gleichstrom das notwendige, in derRegel dreiphasige, Drehfeld erzeugt. Das Mo-torverhalten entspricht dem des Gleich-strommotors, so dass auch in dieser Hinsichtdie Bezeichnung als elektronisch kommu-tierter Gleichstrommotor gerechtfertigt ist.Der Motor ist im englischen Sprachbereich

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ist ein so genannter Vier-Quadranten-Be-trieb, also Beschleunigen oder Bremsen inbeide Drehrichtungen, problemlos möglich.Gerade diese Eigenschaften erlauben denEinsatz in vielen Kraftfahrzeuganwendun-gen, weil hier oft sowohl ein Beschleuni-gungs- als auch Bremsbetrieb gefordertwird. Im Gegensatz zu Hydraulikantriebensind dazu keine weiteren Komponenten wieUmschaltventile oder Rückholfedern nötig.

Dank des stets optimal geregelten Win-kels zwischen Anker/Rotor und Statormag-netfeld lässt sich das Drehmoment gut ein-stellen – ein wichtiger Punkt, um hohe Los-brechmomente zu überwinden und danachauf Position zu regeln. Auch ist der Wir-kungsgrad solcher Motoren wegen der opti-malen Magnetflussregelung sehr hoch.

3.3 Merkmale der EC-MotorenDank heutiger Miniaturisierung der Elektronikund neuer, hochenergetischer Magnetwerkstof-fe lassen sich die EC-Motoren als dezentralekompakte Antriebe für jeden Einsatz maß-schneidern. Schock- und Vibrationsbelastungenbis über 10 g Beschleunigung dauerhaft stand-

zuhalten, ist dabei noch eine kleinere Übung.Auch andere Umwelteinflüsse wie ein breiterTemperaturbereich (–40 bis +120 °C) oder einegute Festigkeit bei Temperaturschocks sowie ei-ne hohe chemische und mechanische Resistenzsind ebenfalls wichtig, Bild 3.

Neben dem Einhalten der rein mechani-schen Ansprüche sollte der EC-Motor-Antriebzusätzlich sicherheitsrelevante Funktionenselbsttätig überwachen. Die integrierte Elek-tronik für die Motorsteuerung kann heuteschon problemlos weitere Aufgaben erfüllen.So ist eine Drehmoment- oder Drehzahlkon-trolle kein Problem, ebenso das Vorhanden-sein eines Fehlermeldungsausgangs oder dieEinbindung des Antriebs in ein Bussystem desFahrzeugs. Der Motor entlastet mit dieserKompakt-Lösung den oder die zuständigenRechner und ist ein Plug-and-play-System, wel-ches sich nach dem Einbau selbst konfiguriertund überwacht. Kompakte Innen- oder Au-ßenläufermotoren in vielen Größen mit ihrenjeweiligen Vorzügen erlauben eine optimaleAnpassung des Aktuators an die individuelleAntriebstechnik. Sie sind zudem jedem Zahn-rad-, Riemen- oder Kettenantrieb in Lebens-

dauer und Wartungsfreiheit deutlich überle-gen. Bei direktem elektrischen Antrieb ent-fällt auch noch die heute übliche Hydraulik.

4 Typische Anwendungen in der Praxis

In den gehobenen Fahrzeugklassen sind einigeAnfänge der Dezentralisierung bereits zu se-hen. So ist eine Lenkunterstützung per Elektro-motor und Überlagerungsgetriebe, Bild 4, be-reits in Serie, ebenso Servolenkungen mit Elek-tromotor statt Hydraulikmotor. Gerade bei derLenkhilfe ist der Motor extrem gefordert: Überdie gesamte Lebensdauer sind wechselndeDrehzahlen zwischen 0 und 6000/min durch-zustehen. Für die dezente Lenkunterstützungist dabei sowohl der feinfühlige, fast als Schritt-motor zu bezeichnende, Einsatz gefragt (kleins-te Korrekturen für verbesserte Fahrstabilität)als eben auch im schnellen Wechsel der dyna-mische Hochlauf in typischen Einparksituatio-nen oder aber auch bei der Unterstützung dy-namischer Fahrsituationen (Slalomkurs).

Der Motor wird dabei im Fahrzeugeinsatzständig im Vier-Quadranten-Betrieb belastet.Ein in den Motor integrierter Drehgeber mit

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einer Drehwinkelgenauigkeit von kleiner 1 %stellt sicher, dass Motor und Regelungselek-tronik die nötigen exakten Daten erhalten.

Lüfter und Kleingebläse mit „intelligenten“EC-Motoren sind bereits etablierte Technik.Diese werden speziell in der Elektronikküh-lung im Kraftfahrzeug, aber auch im Komfort-bereich zur Sitzklimatisierung, Bild 5, zur Kli-masensorik, zur Einzelplatzklimatisierungoder als Hilfsgebläse in großen Stückzahleneingesetzt. Auch geregelte Kühlerventilatoren,elektrisch angetriebene Kühlwasser- und Mo-torölpumpen sind auf dem Markt. Sie erwei-tern die Möglichkeiten des Verbrennungsmo-tormanagements und helfen, Kraftstoffver-brauch und Schadstoffausstoß zu vermindern.

Noch etwas weiter in der Zukunft für denPkw – und heute noch auf Lkws beziehungs-weise Prototypen beschränkt – liegen folgen-de EC-Motoren-Anwendungen: Elektroantrie-be ersetzen die herkömmliche starre mecha-nische Kopplung bei Antrieb oder Bremseund binden sie so in ein Fahrmanagementein. Dazu zählen Getriebeaktuatoren, dieelektrisch angesteuerte Kupplung oder eineelektrisch gesteuerte Ölabscheidung und Ab-gasrückführung beziehungsweise Abgasrei-nigungssysteme mit Harnstoff-Wasser-Lö-sung für Dieselmotoren. Weitere zukunfts-trächtige Anwendungsgebiete für EC-Moto-ren sind das Kurvenlicht, eine automatischeBremsbelagnachstellung bei Fahrtbeginn

Bild 5: Aktive Sitzbelüftung für maximalen Sitzkomfort in Pkw und NutzfahrzeugFigure 5: Active seat ventilation for maximum seating comfort in passenger car and commercial vehicle

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und eine elektrohydraulische Niveauregulie-rung beziehungsweise aktive Fahrwerke.

Moderne EC-Motoren bilden in Zukunftdie Schnittstelle zwischen flexibler Elektronikund relativ starrer mechanischer Peripherie.Als dezentraler Aktuator vor Ort eingesetzt er-lauben sie feinfühlige Antriebsleistung nachBedarf. Zudem können sie sich als „intelligen-ter“ Antrieb selbst überwachen und Sicher-heitsfunktionen übernehmen. Sie eröffnendamit dem Fahrzeugmanagement völlig neueRegelungsmöglichkeiten. Für Entwickler bie-tet sich so eine höhere Flexibilität und mehrFreiheitsgrade für Design, Konstruktion undindividuelle Abstimmung. ■

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