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Fette und Seifen 1937, Heft 3 95 Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit ist zu be- riicksichtigen, darJ wertvoller fur die natioiiale Wirtschaft die Stoffe sind, die zwar vielleicht etwas hohere Gestehungskosten erfordern, die aber ohne Aufwand von Devisen aus eigenen Rohstoffen zu beschaffen sind und daher der deutschen Wirtschaft in jedem Falle zur Verfii- gung stehen. Ich darf in dieser Hinsicht auf die Bestrebungen zur Herstellung deutschen Gummis verweisen, als ein klares Beispiel dieser volkswirtschaftlichen Einstellung. In diesem Sinne wunsche ich den Xrbeiten der Gesellschaft fur Fettforschung besten Er- folg. Sie kann dabei jeder Unterstiitzung der Ministerien, Reichsstellen und des Reichsnahr- standes sicher sein. Wenn bei diesen Arbeiten das Wort des Beauftragten des Vierjahrespla- nes, Ministerprasident Generaloberst G o r i n g , je- dem einzelnen vorschwebt: ,,Es gibt kein un- moglich"!, muD es deutschem Genie, deutschem FleiD und deutscher Zahigkeit gelingen, das Problem der deutschen Fettversorgung befriedi- gend zu losen! Die Versanimlung belohnte diesen Vortrag mit lebhaftem Beifall. Ich danke Ihnen, Herr Ministerialrat Dr. W e - g e n e r , herzlich fur den eindrucksvollen Vor- trcig, der uns einen Ueberblick iiber die gesamte Luge und die Mapnnhmen des Reichserndhrungs- ministeriums verschcifft hat. Wir wissen die Fett- frtcge bei unseren Bchorden und Wirtschafts- stellen in guten Hiinden. Ich darf das Gesagte zusammenfassen: Die Liisung des deutschen Fett- problems ist eine Frage der 0 r g a n is a t i o n , insbeson- tlere der Erfassung rind Verteilung der Fette; eine Frrige der =1 u f k 1 u r ri n g iiber den Fett- bedcirf in der Erniihrung; eine Aufgabe der L a n d w i r t s c h a f t als wichtigster Triigerin der Fettproduktion und - cine Aufgabe deri c h e m i s c h e n T e c h - n i k , zu losen durch Verunderung der Roh- stoffbcisis, durch Veredlung rind Erhaltung der zur Verfiigung stehenden Fettmengen und durch Synthesen a m antleren deutschen Rohstoffen. Dab diese Aufgaben nur uuf Grund systema- tischer und unermiidlicher Forschung zu losen sind, dciriiber sind wir uns alle klar. Der zahl- reiche Besuch unserer heutigen Veranstaltung - dieser 1000 Personen fassende Saul ist bis auf wenige P1iit:e besetzt - zeigt deutlich genug das grope Interesse, das Sie dcr Fettforschung entgegenbringen. Aber auch ohne die heutige Zwangslage were die Fettforschung ein Teil der Wissenschuft, der nach jahrzehntelanger Ver- nachlussigung einer Fiirderung in uieler Richtung bediirftig ist. Heute miissen wir aber in erster Linie z w e c k g e b u n d e n e Wissenschaft betreiben und die Fragen herciusgreifen, die im Interesse des Vollisganzen liegen. Wir achten und ehren die ,,reine" Forschung, auf der jede angervandte Wissenschaft aufbauen mup, und wir wissen, daB rcus einer Entdeckung von heute ein? Er- findung von morgen hervorgehen kann. Aber daruuf zu wcirten, haben wir keine Zeit. So miissen sich auch die deutschen Hochschulen nach dem gropen hlarsch innerhalb des Vier- jahresplunes ausrichten, und sie haben es freudi- gen Herzens getan! Hochschullehrer haben in friiheren Jahrzehnten die Grundlagen der chemi- schen lnclustrie geschrcffen, wie aus den Namen von A. W. von H o f m a n n , Adolf v. Bayer, Emil F i s c h e r, Ludwig K n o r r, Wilhelm 0 s t- w a 1 d u. a. hervorgeht. Heute betreibt die Indu- strie, gestiitzt auf bessere Hilfsmittel und zahl- reichere hlitarbeiter, selbst die Forschung. Aber die Vertreter cler Wissenschaft konnen noch ein gewichtiges W'ort mitsprechen. Sie sind gewillt, mit Lcindwirtschaft und lndustrie in engster Ver- bundenheit Hand in Hand zu arbeiten. Lnssen Sie mich die Aufgaben der deutschen Fettforschung in einem kurzen Ueberblick ZU- sammenfussen. Die Aufgaben der deutrchen Fettforschung. Von Prof. Dr. H. P. K a u fm a n n , Munster i. W. Auf dem Gebiet der landwirtschaft- 1 i c h e n , P r o d u k t i o n pflanzlicher und tieri- scher Fette ist die Forschung in erster Linie eine B e r a t e r i n des Landwirtes, des Ziichters, des Betriebswissenschaftlers und des landwirt- schaftlichen Gewerbes. Sie mu6 insbesondere die a n a 1 y t i s c h e S e i t e pflegen, die schnelle Er- fassung des Fettes im Rohstoff nach Menge und Art. Die Ziichtung von Hunderten und Tau- senden von Oelpflanzen verschiedener Varie- taten stellt auch den Fettforscher vor neue und nicht ganz leichte Aufgaben. Hier mu13 die physikalische Fettanalyse die notwendigen S c h n e l l m e t h o d e n liefern, wie wir es in der refraktometrischen Fettanalyse in bedeu- tLlllgsvollen Anfangen sehen. Die Fettforschung mu13 weiter die ErschlieDung neuer Fette durch die systematische Fettanalyse unter- stutzen. Diese Tatigkeit ist auch fur den Chemi- ker nicht uninteressant. Schon die Zusammen- setzung von 2 verschiedenen deutschen Lein- olen, die eine Jodzahl von 150 und zoo haben, eroffnet reizvolle Ausblicke. Dariiber hinaus fallen uns ganz neue Fette in die Hand aus bisher unbekannten oder vernachlassigten Roh- stoffen, bei deren Auffindung der Fettforscher mitzuhelfen hat. Zu dieser Tatigkeit der Unterstiitzung der Fett- produktion aus natiirlichen Quellen gehort auch die Mithilfe des Chemikers bei der G e w i n - n u n g d e s W a 1 0 1 s. Es ist charakteristisch, daD der neue deutsche Walfang durch chemische

Die Aufgaben der deutschen Fettforschung

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Page 1: Die Aufgaben der deutschen Fettforschung

Fette und Seifen 1937, Heft 3 95

Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit ist zu be- riicksichtigen, darJ wertvoller fur die natioiiale Wirtschaft die Stoffe sind, die zwar vielleicht etwas hohere Gestehungskosten erfordern, die aber ohne Aufwand von Devisen aus eigenen Rohstoffen zu beschaffen sind und daher der deutschen Wirtschaft in jedem Falle zur Verfii- gung stehen. Ich darf in dieser Hinsicht auf die Bestrebungen zur Herstellung deutschen Gummis verweisen, als ein klares Beispiel dieser volkswirtschaftlichen Einstellung.

In diesem Sinne wunsche ich den Xrbeiten der Gesellschaft fur Fettforschung besten Er- folg. Sie kann dabei jeder Unterstiitzung der Ministerien, Reichsstellen und des Reichsnahr- standes sicher sein. Wenn bei diesen Arbeiten das Wort des Beauftragten des Vierjahrespla- nes, Ministerprasident Generaloberst G o r i n g , je- dem einzelnen vorschwebt: ,,Es gibt kein un- moglich"!, m u D e s d e u t s c h e m G e n i e , d e u t s c h e m F l e i D u n d d e u t s c h e r Z a h i g k e i t g e l i n g e n , d a s P r o b l e m d e r d e u t s c h e n F e t t v e r s o r g u n g b e f r i e d i - g e n d z u l o s e n !

Die Versanimlung belohnte diesen Vortrag mit lebhaftem Beifall.

Ich danke Ihnen, Herr Ministerialrat Dr. W e - g e n e r , herzlich fur den eindrucksvollen Vor- trcig, der uns einen Ueberblick iiber die gesamte Luge und die Mapnnhmen des Reichserndhrungs- ministeriums verschcifft hat. W i r wissen die Fett- frtcge bei unseren Bchorden und Wirtschafts- stellen in guten Hiinden. Ich darf das Gesagte zusammenfassen: Die Liisung des deutschen Fett- problems ist

eine Frage der 0 r g a n i s a t i o n , insbeson- tlere der Erfassung rind Verteilung der Fette; eine Frrige der =1 u f k 1 u r r i n g iiber den Fett- bedcirf in der Erniihrung; eine Aufgabe der L a n d w i r t s c h a f t als wichtigster Triigerin der Fettproduktion und

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cine Aufgabe deri c h e m i s c h e n T e c h - n i k , zu losen durch Verunderung der Roh- stoffbcisis, durch Veredlung rind Erhaltung der zur Verfiigung stehenden Fettmengen und durch Synthesen a m antleren deutschen Rohstoffen. Dab diese Aufgaben nur uuf Grund systema-

tischer und unermiidlicher Forschung zu losen sind, dciriiber sind wir uns alle klar. Der zahl- reiche Besuch unserer heutigen Veranstaltung - dieser 1000 Personen fassende Saul ist bis auf wenige P1iit:e besetzt - zeigt deutlich genug das grope Interesse, das Sie dcr Fettforschung entgegenbringen. Aber auch ohne die heutige Zwangslage were die Fettforschung ein Teil der Wissenschuft, der nach jahrzehntelanger Ver- nachlussigung einer Fiirderung in uieler Richtung bediirftig ist. Heute miissen wir aber in erster Linie z w e c k g e b u n d e n e Wissenschaft betreiben und die Fragen herciusgreifen, die i m Interesse des Vollisganzen liegen. W i r achten und ehren die ,,reine" Forschung, auf der jede angervandte Wissenschaft aufbauen mup, und wir wissen, daB rcus einer Entdeckung von heute ein? Er- findung von morgen hervorgehen kann. Aber daruuf zu wcirten, haben wir keine Zeit. So miissen sich auch die deutschen Hochschulen nach dem gropen hlarsch innerhalb des Vier- jahresplunes ausrichten, und sie haben es freudi- gen Herzens getan! Hochschullehrer haben in friiheren Jahrzehnten die Grundlagen der chemi- schen lnclustrie geschrcffen, wie aus den Namen von A. W . von H o f m a n n , Adolf v. B a y e r , Emil F i s c h e r, Ludwig K n o r r , Wilhelm 0 s t- w a 1 d u. a. hervorgeht. Heute betreibt die Indu- strie, gestiitzt auf bessere Hilfsmittel und zahl- reichere hlitarbeiter, selbst die Forschung. Aber die Vertreter cler Wissenschaft konnen noch ein gewichtiges W'ort mitsprechen. Sie sind gewillt, mit Lcindwirtschaft und lndustrie in engster Ver- bundenheit Hand in Hand zu arbeiten.

Lnssen Sie mich die Aufgaben der deutschen Fettforschung in einem kurzen Ueberblick Z U - sammen fussen.

Die Aufgaben der deutrchen Fettforschung. Von Prof. Dr. H. P. K a u f m a n n , Munster i. W.

Auf dem Gebiet der l a n d w i r t s c h a f t - 1 i c h e n , P r o d u k t i o n pflanzlicher und tieri- scher Fette ist die Forschung in erster Linie eine B e r a t e r i n des Landwirtes, des Ziichters, des Betriebswissenschaftlers und des landwirt- schaftlichen Gewerbes. Sie mu6 insbesondere die a n a 1 y t i s c h e S e i t e pflegen, die schnelle Er - fassung des Fettes im Rohstoff nach Menge und Art. Die Ziichtung von Hunderten und Tau- senden von Oelpflanzen verschiedener Varie- taten stellt auch den Fettforscher vor neue und nicht ganz leichte Aufgaben. Hier mu13 die physikalische Fettanalyse die notwendigen S c h n e l l m e t h o d e n liefern, wie wir es in der refraktometrischen Fettanalyse in bedeu- tLlllgsvollen Anfangen sehen. Die Fettforschung

mu13 weiter die ErschlieDung neuer Fette durch die s y s t e m a t i s c h e F e t t a n a l y s e unter- stutzen. Diese Tatigkeit ist auch fur den Chemi- ker nicht uninteressant. Schon die Zusammen- setzung von 2 verschiedenen deutschen Lein- olen, die eine Jodzahl von 1 5 0 und z o o haben, eroffnet reizvolle Ausblicke. Dariiber hinaus fallen uns ganz neue Fette in die Hand aus bisher unbekannten oder vernachlassigten Roh- stoffen, bei deren Auffindung der Fettforscher mitzuhelfen hat.

Zu dieser Tatigkeit der Unterstiitzung der Fett- produktion aus natiirlichen Quellen gehort auch die Mithilfe des Chemikers bei der G e w i n - n u n g d e s W a 1 0 1 s. Es ist charakteristisch, daD der neue deutsche Walfang durch chemische

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Fabriken in die Hand genommen worden ist. In einem spateren Vortrag wird uns Herr Direk- tor B e n z vor Augen fuhren, welch’ verschieden- artige Probleme der W a l a l s R o h s t o f f dem Chemiker zu losen gibt.

Gehen wir zur V e r a r b e i t u n g des fetthal- tigen Materials uber, so spielt zunachst die technisch-chemische Forschung bei der Ab- trennung der olliefernden Bestandteile von Pflanze und Tier eine Rolle. Ueber die verschiedenen Fragen der Pflege der Saat und ihrer Lagerung kommen wir zu den Verfahren der F e t t i s o - l i e r u n g . Wir diirfen nicht glauben, daD rnit den althergebrachten Methoden der Pressung, der Extraktion, des Ausschmelzens und der Schleuderung das letzte Wort gesprochen ist. Neue Rohstoffe verlangen mitunter neue Iso- lierungsverfahren, rnit besonderer Beriicksichti- gung der Nichtfettbestandteile, die als Futter- mittel, als Faserrohstoffe usw. wichtig sein kon- nen. Hier arbeitet der Chemiker rnit der Ma- schinen- und Apparate-Industrie Hand in Hand. Da letztere z. T. rnit anderen Aufgaben des Vierjahresplanes stark beschaftigt ist, muD auf die Vordringlichkeit der Durchfiihrung der von dem Fettchemiker gewunschten Arbeiten hinge- wiesen werden.

Der Fettanfall ist oft zeitlich gebunden, wie der Zucker in der Campagne-Zeit. Daher heiDt es, fur die Zeiten des Bedarfs Fette zu speichern undsie v o r V e r a n d e r u n g e n z u s c h u t z e n . Auch hier ,,Kampf dem Verderb”! Wie groD und schwer hier die Aufgaben der Forschung sind, werden wir aus dem Vortrag des Herrn Prof. T a u f e l erkennen. An diesen Fragen sind wir bei der Butter, den flussigen Fetten, den Fisch- fetten, der Margarine, ja sogar schon des Oeles in seinem Rohstoff, in glebcher Weise inter- essiert. Sie setzen ein in dem Augenblick, wo der fetthaltige Rohstoff, der aus der Pflanze oder dem Tierleib abgetrennt wird, und ver- folgen uns auf dem langen Weg bis zum Ver- brauch der Fette.

Jeder Verlust an Fett ist heute EinbuDe an kostbarstem Gut unserer Nation. Das gilt nicht nur fur die L a g e r u n g , sondern auch fur den V e r b r a u c h . Bei der Ernahrung durfen Fettabfalle nicht in die Abflusse gehen, daher mu6 die Forschung ihr Augenmerk auf die Me- thoden des Fettfanges aus Spulwassern richten.

Wenn alle natiirlichen Fette moglichst restlos der Ernahrung zugefiihrt werden sollen, so miisen sie fur den jeweiligen Zweck umgeformt werden konnen. Abfallfette bedurfen einer Raffi- nation, einer Desodorisierung, einer Entsauerung. Somic mussen die entsprechenden Methoden ver- vollkommnet werden. Bei der Raffination darf man dile Ergebnisse moderner Forschyng, ins- besondere der B i o c h e m i e , nicht ubersehen. 1st es nicht merkwurdig, daD wir einerseits durch die chemische Raffination und die Behandlung durch Bleicherden Farbstoffe entfernen, die -. wie die Carotinoide - als akzessorische Nahr- stoffe bedeutsam sind, wahrend z. B. bei der Margarine-Fabrikation einer Vitaminisierung das

Wort geredet wird? Unter Verzicht auf wasser- helle Oele muD eine s e l e k t i v e R a f f i n a t i o n erfolgen, die nur solche Stofie beseitigt, unter denen die Haltbarkeit leidet, wahrend wertvolle Bestandteile unverandert bleiben.

Zum anderen mussen wir in der Lage sein, jedes Fett durch eine V e r e d 1 u n g zu dem Ver- wendungszweck umzugestalten, dem es dienen soll. Durch die H a r t u n g konnen wir aus flussigen Fetten solche beliebigen Schmelzpunk- t,es erhalten: aus dem Oel wird dss streich- bare Fett. Das Hartungsgebiet birgt aber noch eine Fulle von Problemen. Man kann wohl sa- gen, daD es vor der Gefahr stand, in konven- tionellen Methoden zu erstarren. Die Hochdruck- hydri,erung zur Gewinnung der Fettalkohole be- deutet einen Einbruch in Althergebrachtes und zeigt neue Wege. Aber auch die eigentliche Fett- hartung muD nach verschiedenen Seiten ausge- baut werden: In der Richtung der Verbesserung der Eichung von Katalysatoren, einer selektiveri Hartung, der Hartung bei Zimmertemperatur, kontinuierlich arbeitender Hartungsapparate uswT.

Auch der umgekehrte Vorgang kann erwunscht sein. Festes Fett soll flussig, nichttrocknen- des Fett soll trocknend werden. Wir ha- ben fur die Erreichung dieses Ziel,es noch keine Methoden, ja, wir haben noch nicht einmal eine technische Bezeichnung fur eine Arbeitsweise, die der ,,Hartung” gegenuberzustellen ist, und die wir wissenschaftlich ,,Dehydrierung” nennen. I-Iier stecken Probleme, die in bestimmten Fall’en einer Beachtung wiirdig sind. Wenn z. B.’ der Hartungstechniker aus einem Waltran oder aus Sojaijl streichbare Fette herstellt, so mussen wir umgekehrt in der Lage sein, hochschmelzende Hammel- oder Rindertalge in leicht verdauliche Produkte rnit hoherem Gehalt an ungesattigten Fettsauren uberzufuhren, ja, sie sogar bis zu trocknenden Oelen umzugestalten. Auch das Ge- biet der bisher wenig beachteten U m e s t e r u n g rnit niedrigmolekularen Fettsauren tritt wieder in den Vordergrund des Interesses.

Gehen wir nun zu der V e r w e n d u n g d e r F e t t e i n d e r T e c h n i k iiber, so mussen wir uns von den gleichen Gedankengangen leiten lassen: Umgestaltung des Fettes zu jedem ge- wunschten Zweck und Vermeidung jeglicher Verluste, also restlose Zufuhrung fur die je- weilige Verwendungsart. Damit beruhre ich die Frage der k a l k f e s t e n W a s c h m i t t e l und der Wasserenthiirtung und kann mich rnit einem Hinweis begniigen, da wir spater uber dieses Problem noch sprechen werden. Diese Sorge be- schaftigt uns solange, wie wir natiirliche Fette zu industriellen Zwecken benotigen. Unsere Indu- strie muD aber erkennen, daD d e u t s c h e F e 1: t - p r o b l e m e a n d e r s s i n d a l s d i e r o h - s t o f f r e i c h e r L a n d ’ e r ! -Fur uns mu0 in Zukunft das Ziel sein: K e , i n n a t u r - l i c h e s , z u r E r n a h r u n g b r a u c h b a r e s F e t t f u r d i e I n d u s t r i e ! Dieses Motto ist insbesondere fur Fabriken, die bisher alleifi auf dem Fett als Rohstoff aufbauten, bitter. Eine grundsatzliche Verschiebung der Rohstoffbasis wird sich aber erst nach und nach und unter

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Schonung der schwacheren Betriebe durchsetzcn miissen. Die Anfange beobachten Sie bereits auf demGebiet der A n s t r i c h m i t t e l , so z.B. bei dem EL-Firnis. Die Verwendung trocknender Oele als Anstrichmittel ist uralt und wird in roh- stoffreichen Landern wohl kaum ganz verlassen werden. Wir aber mussen ausschauen nach dem Rohstoff, der uns noch Hunderte von Jahren zur Verfugung steht, der K o h l e . Aus Kohle wer- den wir Phenol - Formaldehyd - Harze, die Po- ly merisate ungesat tigter Kohlenwasserstoff e, das Chlorierungsprodukt des synthetischen Kaut- schuks und andere Rohstoffe fur Anstrichmittel herstellen, die bei weiterer Fortbildung die bis- herigen Anstrichmittel zu ubertreffen berufen sind. Das gleiche gilt aber auch fur die W a s c h m i t t e 1 i n d u s t r i e. Mussen Wasch- niittel Fettsauren enthalten und brauchen wir dazu Naturfette ? Die Waschvorgange, in deren Wesen die physikalische Chemie - deren Be- deutung auf dem Fettgebiet immer klarer zu- tage tritt - mehr und mehr eindringt, brauchen keineswegs nur mit Seifen moglich zu sein. Be- netzung, Adsorption, Peptisierung, Schaument- wicklung usw. werden sich auch durch ganz anders konstituierte Stoffe erreichen lassen. Ich bin uberzeugt, daD unsere Waschmittelindustrie in Zukunft hier neue Wege gehen wird. Viel- leicht werden spatere deutsche Generationen auf uns Iachelnd zuriickblicken, die wir genul3fahige Naturfette zu Anstrichen oder Seifen verarbeiteten. Ganz ahnlich liegen die Verhiiltnisse auch auf anderen Gebieten der technischen Fettverwen- dung. Ueberall sollen die groBen Fabriken mit ihren umfassenden Forschungsmoglichkeitzn vor- angehen und dem schwacheren Betrieb die natur- lichen Rohstoffe so lange uberlassen, bis auch dieser die Umstellung bewerkstelligen kann.

Solange die angedeuteten Verfahren, die auf prinzipiell anderen Rohstoffen aufbauen, nicht gefunden sind, haften wir an dem Vorbild der Natur und des Althergebrachten, am Glycerid- molekul der Fette. Auch das G l y c e r i n ent- nehmen wir ja den Fetten und brauchen es fur mannigfaltige Zwecke. Glycerin konnen wir aus naturlichen Rohstoffen auf dem Weg der biologischen Synthese gewinnen, die vielleicht ausbaufahig ist. Aber auch hier sollten wir unser Augenmerk auf das Ausgangsrnaterial richten, das uns am sichersten und am billigsten zur Ver- fugung steht, auf die K O h l e . Die Methoden der Glycerin-Gewinnung aus Kohlenwasserstoffen mussen studiert werden. Bei den F e t t s a u r e n ist das Problem noch mannigfaltiger. Wie schaffen wir die mit einer Carboxylgruppe verschlos- sene , Kette der Kohlenstoffatome? Xehmen wir einen Kohlenwasserstoff als Ausqangs- material, also ein Paraffin? Wenn ja, dann muD es sich darum handeln, wie in mog- lichst einfacher und verlustloser Weise die Carb- oxylgruppe eingefuhrt wird. Es ist durchaus nicht gesagt, d a D der oxydative Weg, der heute im Vordergrund des Interesses steht, der beste ist. Es gibt noch andere Arten der Carboxylie- rung! Sind vielleicht auch die ungesattigten Fett- sauren in technischem MaDstab zu syntheti-

sieren? Hier haben wir im Acetylen uber den Acetaldehyd und den Crotonaldehyd Ausgangs- stoffe, die zu den Polyen-Fettsauren nach den schonen Arbeiten von R. K u h n umgewandelt werden konnen. Das Problem ist aber, wie ich aus eigener Erfahrung wei0, recht scliwierig.

Wenn wir nicht auf Paraffine oder auf Koh- lenwasserstoffe als Rohstoffe zuruckgehen, son- dern andere bereits in der Natur vorgebildete Ketten ins Auge fassen, so treffen wir auf die Kohlehydrate. Der Organismus der Pflanze und des Tieres geht den Weg von der Glukose zu den Fetten. Wir wissen, daD dieser Vorgang nicht schematisch zu formulieren ist und mannigfache Zwischenreaktionen sich abspielen konnen. Auf- gabe der Forschung ist es, die uberflussigen OH-Gruppen zu beseitigen und gleichzeitig meh- rere Molekule zu verknupfen.

Bei der Erorterung dieser Fragen mu13 ich mich einer leicht verstandlilchen Zuriickhaltung befleiDigen, wie ich Ihnen ja auch nur einen fliichtigen Ueberblick uber die gesamten Probleme geben kann. Unsere Vortrage wer- den auf zahlreichen Gebieten Genaueres bringen.

Auch die Forschung bedarf einer Pla- nung und Organisation. Damit komme ich zu den besonderen Aufgaben, die sich die DGF und der Forschungsdienst gestellt haben. Die Organisation verlangt richtige Einsetzung der Forschung, Sammlung des Materials, Schulung und nicht zuletzt Unterstiitzung der Forschen- den. Wir wissen, daD diese Aufgaben bei unseren staatlichen Stellen in guten Handen liegen. Bei der Fiille der Arbeit konnen wir aber nicht verlangen, dal3 die Fettprobleme uberall die iiberwiegende Sorge vorstellen. Hier mu13 die private Initiative einsetzen, bei der sich alle interessierten Kreise zu einer selbstlosen Ge- meinschaftsarbeit zusammenzufinden haben.

Grundlegende Erfindungen beruhen letzten Endes auf der Initiative e i n e r Personliclikeit; der Einzelerfinder ist der Pionier. Hat daneben die Gemeinschaftsarbeit aber nicht auch ihren Platz? Ich glaube, wir mussen diese Frage be- jahen. Erfindungen haben haufig ihren Keim im G e d a n k e n a u s t a u s c h d e r F a c h g e - n o s s e n . D i e A u f d e c k u n g d e r P r o - b 1 e m e ist nicht weniger wichtig, um weitere Kreise auf sie aufmerksam zu machen. Die S a m m l u n g u n d S i c h t u n g d e s M a t e r i - a l s , der Austausch der Erfahrungen, sind von nicht zu unterschatzendem Wert. Das gilt in hervorragendstem MaDe von der a n a 1 y t i - s c h e n Seite, bei der die Gemeinschaftsarbeit geradezu unentbehrlich ist. Di'e Analyse ist die allseitig benotigte Dienerin der aufbauenden Forschung; sie ist die Grundlage der Beurteilung der Qualitat der Handelsprodukte, nicht nur f u r die deutschen Chemiker und Techniker, sondern fur alle Kulturlander. Unsere Gesellschaft ver- tritt die deutsche Fettchemie im Rahrnen der internationalen Kommission fur Fettfragen.

Wenn ich uber diese allgemeinen Bemerkungen hinaus zum Schlufi auf einige Sonderaufgaben der DGF hinweise, so moge mir die Heraus-

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Fette und Seifen 1937, Heft 3 98

hebung deshalb gestattet sein, weil wir mit der heutigen Gemeinschaftstagung unsere erste Haupt- versammlung beginnen. Die Aufgaben der DCF sind:

Die H e r a n z i e h u n g a l l e r K r e i s e z u d e n b e a r b e i t e n d e n P r o b 1 e m e n. Der Landwirt nimmt mit dem Oelmiiller, der Fettfabrikant rnit der fettverarbeitenden In- dustrie Fuhlung, alle vereinigt rnit dem Ap- parate- und Maschinenfachmann, durchdrun- gen von der Idee ,,FORSCHUNG TUT NOT”. So sind wir nicht nur eine Vereinigung von Fettchemikern, sondern wir haben Techniker, Wirtschaftsfuhrer, Ingenieure in unseren Reihen. Wir gehen noch einen Schritt weiter. Der nati’onalsozialistische Staat kennt nicht die Abgrenzung von Akademikern und Nicht- akademikern, sondern nur Arbeitskameraden. Im selbstandigen Kleingewerbe und in den Laboratorien und Betrieben unserer Fabriken ar- beiten viele nichtakademische Krafte, die wissen- schaftliches Interesse haben, ob sie sich nun Sei- fensieder, Chemotechniker oder Laboranten nennen. Auch diese Arbeitskameraden sollen in unseren Reihen willkommen sein. Wir wollen ihnen helfen und sie fordem, soweit es in unseren Kraften steht. Dazu dienen nicht nur unsere Vortragsveranstaltungen, die wir in Zu- kunft durch das ganze Reich tragen werden, sondem auch praktische Fortbildungskurse, di: stets das Neueste lehren. Der erste wird im Sept. ds. Jahres in Munster stattfinden.

Die H e r a n b i l d u n g e i n e s h o c h q u a - l i f i z i e r t e n N a c h w u c h s e s fur die Hoch- schule und Industrie ist weiter eine uns be- sonders beschaftigende Aufgabe. Wir konnin sie nicht ernst genug nehmen. Es hat keinen Zweck, sich vor der Tatsache zu verschliefien, da5 sich der Mange1 an chemisch geschulten Kraften in den nachsten Jahren starker und starker bemerkbar machen wird. Hier hei5t es, mit Nachdruck auf die Belange der Fettfor- schung hinzuweisen, deren Arbeit gefahrdet ist, wenn ein tuchtiger und uberragender Nach- wuchs fehlt. Daher wollen wir schon heute unter unseren Studierenden Ausschau halten, jiingere Krafte zu uns heranziehen und sogar fertige Jungakademiker verwandter Wissen- schaften, die ein befriedigendes Unterkommen nicht finden, fur unsere Zwecke umschulen.

Zu dem Austausch der wissenschaftlichen Gedanken und dem Verkehr der Fachgenossen untereinander gehort auch ein wissenschaft- lich h o c h s t e h e n d e s P u b 1 i k a t i o n s o r - g a n . Aus der Tagungsnummer unserer Zeit- schrift, die vor Ihnen liegt, werden Sie er- kennen, daB wir auf diesem Gebiet bereits eifrig tatig sind.

SO wollen wir durch die Veranstaltung des heutigen und der folgenden Tage den Beweis erbringen, daD die deutsche Fettforschung, die heute durch die Deutsche Gesellschaft fur Fettforscliung und den Forschungsdienst hier vertreten ist, ihre Aufgaben k e n n t und ge- willt ist, sie rnit Einsatz ihrer ganzen Energie zu losen. Wir wissen, wie schwer die Losung

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ist, aber wir gehen an sie heran niit dem BewuDtsein, daD es ein ,,Unmoglich” nicht gibt und nicht geben darf! Wir Deutsche sind auf wirtschaftlichem Ge-

biet heute fast wie in einer Festung eingeschlos- sen, ohne unsere Schuld vom Warenaustausch der Volker und den Rohstoffquellen anderer Erdteile abgeschnitten. Feindliche Krafte sind vielerorts gegen uns am Werk und versuchen, MiDtrauen zu saen. Aber auch hier, meine deutschen Volksgenossen, wird das Wort G o e t h e s von der Kraft, die stets das Bose wi!l und stets das Gute schafft, zur geschichtlichen Wahrheit werden. Nur auf den deutschen BO- den und nur auf das Konnen des deutschen Menschen angewiesen, wollen wir die Nahrungs- und Rohstoffreiheit unseres Volkes niit den Waf- fen des Geistes erkampfen!

AnschlieDend wurden nachstehende Vortrage gehalten, die zunachst nur als Referate, spater aber ausfiihrlich in ,,Fette und Seifen” gebracht werden sollen. Professor Dr. W. R u d o r f , Direktor des K a s e r Wilhelm Instituts fur Pflanzenzuchtung, Miincheberg- Mark:

Zuchtungsforschung und Oelsaatenanbau. E s wird ein kurzer Ueberblick iiber Deutschlands

Fettversorgung im allgemeinen und die besonderen Aufgaben des Oelsaaterianbaues gegeben. Deutschland hat seit 1934 beachtliche Erfolge in der Inlandserzeu- gung zu verzeichnen. Zur Beurteilung der Moglich- keit der Oelpflanzenzuchtung und des Oelpflanzenan. baues ist eine genugende Kenntnis der Abhangigkeit des Oelgehaltes und der Oelbeschaffenheit von den Pflanzenarten und von Umweltfaktoren, insbesondere vom Klima, Boden und Diingung erforderlich. Aut Grund der Ergebnisse der russischen geogr. Versuche werden die natiirlichen Voraussetzungen des Oelpflan- zenanbaues und der Ziichtung von Leinijl mit stark trocknender Eigenschaft gefordert, und kann man auch halbtrocknende Oele und solche ohne trocknende Eigen- schaften erzeugen. Die Schwierigkeiten des deutschen Oelsaatenanbaues liegen vor allem darin. dnD nicht geniigend viele, den verschiedenen Bedingurigcn von Klima und Boden angepaDte 0 e 1 p f 1 a n z e n a r t e n mit hoheri und sicheren Ertragen zur Verfiigung stehen. Die Zuchtungsforschung hat daher die groDe Aufgabe, solche Oelpflanzen zu schaffen. Die Ziichtung von Leinsorten rnit hoheren Samenertraigen unrl hoherem Oelgchalt a15 die E’aserflachssorten sie aufweisen, be- deutet einen groDen Fortschritt. Die Sojaziichtung. ha: Sorten mit geniigend hohen und sicheren Ertragen fur die milden Klimabezirke Deutschlands zu schaffen. D a aber Raps und Lein auf leichten Boden unsicher sind und ersterer auch wegen Auswinterung im Osten noch besonders unsicher wird, fehlt fiir die leichteren Boden des Ostens eine ertragreiche Oelpflanze. Diese kann aus Herkiinften von L u p i n u s a 1 b u s geziichtet werden. Die groDte Aussicht dieser Ziichtung liegt darin, daD ihre klimatische Anpassung moglich und ihre Ertragsfahigkeit nachgewiesen ist. Sie eignet sich fur den Anbau auf besseren Boden. Auch aus L u p. i n u s m u t a b i 1 i s kann vielleicht eine deutsche Oelpflanze geziichtet werden. Weitere Aufgaben der Ziichtung werden behandelt, SO die Steigerung von Oel- unti EiweiDgehalt, d a Oelpflanzen gleichzeitig wichtigc Ei - weiberzeuger sind. V o r s i t z e n d e r : Ich danlce dem Herrn Vortragenden f iir seine au/3erordentlich interessanten dusfi ihrungen. Wir sehen, welch muchtigen Inlpals das Fettprobleh der Suutenziichtung gegeben hut. Gerade auf diescm Gebiet tlurfen iuir noch nlit bedeutenden Fortschritten rechnen. DIcntit werden die fiir die Oelbildung ungiinstigen klinitr- tisclien Uedingungen Deutschlands erfolgreich iiberwunden.

Page 5: Die Aufgaben der deutschen Fettforschung

Fette and Seifen 1937, Heft 3 99

professor Dr. J. S c h m i d t , Direktor des Instituts fur 'rierzuchtung und Haustiergenetik, Berlin:

Ueber die Steigerung der tierischen Fetterzeugung. Unsere wesentlichsten Produzenten tierischen Fettes

sind Rind und Schwein. Sie lieferten 193j 430000 t Butter und 328000 t Speck und Schmalz. Demgegen- iiber betrug der gesamte Butterverbrauch jor 000 t, von dein 14,z o/o eingefuhrt wurden und der gesamte Speck- und Schmalzverbrauch 367000 t, rnit einer Einfuhr von ro,6 o/o . An sonstigen Nahrungsfetten wurden 640 ooo t verzehrt, von denen rund 90 o/o ( I ) aus dem Ausland bezogen wurden, darunter 415 000 t Margarine, also fast so vie1 wie unsere gesamte inlandische Butterer- zeugung. Insgesamt betrug das Fettdefizit 685 000 t oder ,45,4 o/o des Gesamtbedarfs. Zu berucksichtigen 1st hierbei, daD eiri Teil der im Inland erzeugten Buttermenge aus auslandischen Oelkuchen stammt (1935: ca. 4j000 t).

Da eine zahlenmaDige Erweiterung unseres Rind- viehbestandes wegen der geringen verfugbaren Futter- menge nicht moglich ist, bleibt nur der Weg der Leistungssteigerung, um die erforderliche Buttermenge im eigenen Lande herzustellen. Dazu ware eine jahr- liche Erhijhung des Milchertrages um 200 1 je Kuh iiber den bisher erreichten Durchschnitt von 2 3 jo 1 hinaus erlordcrlich. Eine vollstandige Selbstversorgung rnit Butterfett ergabe sich erst dann, menn die bis- herige Milchleistung und die notwendige Steigerung ausschlieDlich mit idandischen Futtermitteln erreicht wird.

Zur Deckung des Defizits an Schweinefett ware die Erzeugung schwererer Fettschweine erforderlich. Diese ist jedoch auch nur dann moglich, wenn die zur Zeit bestehenden Schwierigkeiten einer vermehrten Futterbeschaffung behoben werden konnen; denn bei der Fettmast sind weit hohere Nahrstoffmengen je Gewichtseinheit Zuwachs erforderlich als bei der Fleischmast.

Die Steigerung der tierischen Fetterzeugung aus der deutschen Landwirtschaft ist also heute in erster Lkie eine Futterfrage.

V o r s i t z e n d e r : Der Herr Vortragende hat uns ohne jetle Beschonigung die tatsachliche Lage auf dem Gebiet der Erzeugung tierischer Fette uor Augen gefiihrt. Fett- er:eugung und Futtermittel-Beschaffung sind aufs engste verknupft. Der Forschungsdienst schafft hier die not- wendige Querverbindung zwischen Wissenschaft und Prnxis und widmet der Futtermittelfrage seine be- sondere Aufmerksamkeit, Zch danke lhnen, Herr Professor S c h m i d t , uielmals fur lhren Vortrag.

Wir kommen nun zu dem letzten Vortrag des Vor- mittags. Herr Direktor B e n z wird die Freundlichkeit hnben, iiber ,, Walfang und WalBlgeminnung" auf Grund eigener Erfahrungen zu sprechen. Dipl. Ing. F. B e n z, Direktor der Fa. Brinckman & Mergell, Harburg-Wilhelmsburg:

Walfang und Walolgewinnung. Der Vortragende gibt zunachst einen kurzen Ueber-

blick uber die Geschichte., des Walfanges, der im 16. und 17. Jahrhundert in Deutschland in hoher Bliite stand. Der mit primitiven Methoden gewonnene Tran dieiite bis in die neuere Zeit nur zu technischen Zwecken, als Brennol, Schmiermittel usw. Erst die Fetthartung brachte einen grundsatzlichen Umschwung. Seit dieser Zeit gingen viele Millionen fur Waliil nach dem Ausland. Vortragender schildert die An- fange der Fetthydrierung auf Grund eigener Erlebnisse und Erfahrungen. Er hat in Norwegen (Frederikstad) die erste Anlage fur Fetthartung gebaut. Der schon da- mnls gefaDte EntschluB, die Gewinnungsmethoden des Walols bei dem Fang selbst zu studieren, konnte infolge des Weltkrieges nicht verwirklicht werden. Erst 1932 begann die Firma Brinckman & Mergell derartige Versuche und errichtete anschlieDend in 1 , o p r a auf den F a r o e r - I n s e l n eine Versuchs- fabrik. Anhand der Filmvcrrfiihrungen werden die Ver- schiffung der Anlagen, die Errichtung der Fabrik, der Walfang, die Walolgewinnung und die Verarbei-

tung der Abfalle geschildert. Die gewonnenen zwei- jahrigen Erfahrungen werden z. Z. in der Antarktis auf einer schwimmenden Kocherei vermertet und er- ganzt. Zahlreiche mit der Waltranbereitung zusammen- hangende Aufgaben harren der intensiven chemischen Erforschung. V o r s i t z e n d e r : Der reiche Beifall der Hdrer zeigt Ihnen, Herr Direktor B e n z , welch grojes lnteresse Ihre Ausfuhrungen gefunden haben. Hier eriiffnet sich in der Tat die Aussicht, unsere Fettversorgung bedeutend zu verbessern. Wir wunschen lhrer Arbeit, wie der der fibrigen am Walfang interessierten Unternehmungen, den besten Erfolg. Moge die deutsche Fettchemie, die durch die Fetthartung das Wa161 erst fur den mensch- lichen. Genuj geeignet gemacht hat, auch die Probleme des neuzeitlichen Walfangs erfolgreich losen!

Damit hnben wir das I'rograrnm des Vorniittngs er- ledigt. Ich schlieje die Versamnilung.

Zum Mittagessen versammelten sich die Teil- nehmer in den Gastraumen des Landwehrkasinos zu ,einem gemeinsamen S o j a - E s s e n. Alle Speisen waren mit Sojamehl bzw. Sojaol zu- bereitet. Sie fanden allgemeine Anerkennung.

Bei der N a c h m i t t a gs - S i t z u n g wurden unt,er Vorsitz von Prof. Dr. M e y e r folgende Vortrage gehalten: Professor Dr. S c h i 11 i n g , Direktor des Forschungs- instituts fur Bastfasern, Sorau:

Oellein und Faserlein. Deutschlands Versorgung auf den drei Gebieten

der Faserstoffe, Fette und Futtermittel ist eine der z. Z. brennendsten Fragen der wissenschaftlichen Forschung und der Praxis. Zwischen allen drei Gebieten be- stehen insofern Zusammenhange, als die beiden eh- zigen wertvollen deutschen Textilpflanzen, namlich E'lachs und Hanf, neben der Faser gleichzeitig auch Oel und Futtermittel liefern. Forschungsergehnisse ha- ben gezeigt, daD man es durch Ziichtung in der Hand hat, den Anbau vorwiegend entweder auf Faser- stofferzeugung oder auf Oelerzeugung abzustellen oder schlieBlich einen Mittelweg zu beschreiten. Die sich hieraus ergebenden Moglichkeiten fur Oelindustrie, Textilindustrie und Landw.irtschaft werden besprochen. Theoretisch sind groDe Moglichkeiten vorhanden, SIC mussen jedoch rnit der landwirtschaftlichen Praxis in Einklang gebracht werden, besonders, um die E r - nahrungsflache nicht zu verringern. \'om Oelstand- punkt ,aus verfiigen wir bereits uber einheimische Zuchtsorten von Lein, deren Oelgehalt an La-Plata- Saat und sogar a n indische Saat heranreicht.

Professor Dr. G. S e s s o u s , Direktor des Instituts fur Pflanzenbau und Pflanzenzuchtung der Universitat GieDen:

Deutscher Sojaanbau. Ziichterische Arbeit und Anbauversuche haben in

sorgfaltiger Kleinarbeit bewiesen, daD die Einfiihrung der Sojakultur in Deutschland durchaus moglich is[. Die wertvollen Eigenschaften der Sojabohne, nament- lich ihr Gehalt a n hochwertigem EiweiB und Fetr, zwingen angesichts der auDenpolitischen Verhaltnisse dazu, ihren Anbau nunmehr in planvoller Weise ein- zuleiten. Zu dem Zweck hat die Maisanbaugesellschaft eine Abteilung Sojakultur geschaffen und stellt dafiir ihre groBen Erfahrungen zur Verfiigung. E s werden diejenigeii Sorten, welche sich bei den mnmehr d r a - jahrigen Anbauversuchen bewahrt haben, zur Erzeugung von Saatgut und Handelsware vermehrt. Man wird zweckmaBig, ahnlich wie bei der Einfiihrung der IGr- nermaiskultur, fur den Anfang diejenigen Gebiete Deutschlands auswahlen, welche genugende Sicherheit fur die Ausreife der Bohnen bieten. Selbstverstandlich mussen die Bohnen auch angemessene Preise bringen; diese sind auch bereits vorgesehen.

1st es der Zuchtung bisher gelungen, relative Friih- reife rnit Ertrag zu veremen, so wird eine weitere Verkiirzung der Wachstumszeit unter Beibehaltung des

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100 Fette uad Seifen 1937, Heft 3

Ertrages noch weiter angestrebt werden miissen, wenn man a n eine weitere Ausdehnung des Anbaues denken will. Selbstverstandlich wird auch Zuchtung auf Qua- litat betrieberi. Nach den bisherigen Untersuchungen schlieDt hoher Fettgehalt hohen EiweiDgehalt nicht aus. E s erscheint moglich, beides zu steigern. Diese Aussicht erschwert allerdings die zuchterische Arbeit; denn man muD bei der Auslese demnach beide Eigen- schaften ermitteln. Hierzu sind geeignete Schnellme- thoden notwendig, zu deren Auffindung bereits gute Aussichten vorhanden sind.

Professor Dr. M o h r , Direktor de5 Physikalischen Instituts der PreuD. Versuchs- und Eorschungsanstalt fur Milchwittschaft, Kiel:

Butterherstellung. Der Vortragende behandelt einleitend die geschicht-

liche Entwicklung der Butterherstellung bis zum heuti- gen Stand der Technik in den verschiedenen be- deutendsten Butterlandern der Welt. Das Problen?, eine Butter von hervorragendem Geruch und Ge- schmack nicht nur in frischem Zustande, sondern vor allem nach einer langeren Kiihlhauslagerung mit Sicher- heit herstellen zu konnen, ist gerade in Deutschland eines der vordringlichsten Probleme der Fettversorgung uberhaupt. E s ist von Wissenschaftlern und Praktikern nur dann zu losen, wenn der Wissenschaftler genau iiber die praktischen landwirtschaft1,ichen und die milch- wirtschaftlichen Verhaltnisse in der Meierei Bescheid weiD, und der Praktiker genugend gute bakteriologische, chemische und physikalisch-chemische Grundkenntnisse uber Milch, Rahm und Butter besitzt. Die Anforderun- gen, die an die Pasteurisierung, Entgasung bzw. Be- luftung des Rahms, an die Sorgfalt bei der Her- stellung der Reinkulturen, a n die Art der Sauerung und Reifung des Rahms zu stellen sind, werden er-' lautert: z. B. Pasteurisierung des Rahms in behord- lich zugelassenen Apparaten nach anerkannten Pa- steurisierungsverfahren, um mit %herheit schadliche Keime abzutijten; Verwendung einer wirklich einwand- freien ,Reinkultur von Bacterium lactis und Bdct. cremorls, in der auch die zweckmaige Menge an Aromastoff (Diacetyl) gebildet wird, sowie Anwendung der richtigen Temperatur zum Sauern und Reifen des Rahms bis zum Verbuttern, j e nach dem Fett- gehalt des zur Verfiigung stehenden Rahms und der Konsistenz des im Rahm vorhandaen Fettes. Die Umkehr der Emulsion Fett in Milch (Rahm) in die Emulsion Wasser in Fett (Butter) wahrend des But- terns wird an Hand mikrophotographischer Bilder vorgefiihrt. Der letzte Vorgang der Butterherstellung, das Waschen und Kneten, ist von nicht zu unter- schatzender Bedeutung fur die Cute der erhaltenen Butler, d a von der Sorgfalt und richtig angewandten Temperatur des Waschens und der Art des Knetens das Gefiige, die Streichfahigkeit, der Wassergeha!t urid die Wasserverteilung in der fertigen Butter ab- hangen. Der schadliche EinfluD bestimmter Metalle, wie Kupfer und Eisen, i m , Rahm, der bereits bei seiir geringen im Rahm gelosten Mengen, z. B. bei Kupfer I / IOO m g pro Liter, auftreten kann, hat zu der Entwicklung gefiihrt, Kupfer bei den milchwirtschaft- lichen Apparaten und Geraten d w c h andere in Deutsch- land zur Verfiigung stehende Rohstoffe zu ersetzen. Die unbedingte Notwendigkeit, Infektionen der Milch, des Rahms oder der Butter rnit schadlichen Bakterien zu vermeiden, hat zu sorgfaltiger Auswahl der Reini- gungsmethoden und zur Anwendung geeigneter, auch die Gerate und Apparate schonender Reinigungs- pnd Desinfektionsmittel, sowie zur Verwendung bakterio- logisch und chemisch unschadlicher Hilfsstoffe (ein- wandfreies Wasser. zurn Waschen der Butter, chemisch und bakteriologisch einwandfreie Salze zum Salzen d e r Butter, geeignete Einwickel- uncl Xrerpackungs- materialien!) gefiihrt.

Eingehende Versuche uber Lagerung haben er- wiesen, daB eine Lagerung bei tiefen Temperaturen ( - -20 0) fur 1ar.geres Fsischhalten der Butter (bis zu 8 Monaten) die giinstigsten Ergebnisse liefert, daL3 es aber auch bei zielbewuDtem Ausschalten aller

bakteriologischen und chemischen Fehlerquellen durch- aus moglich ist. bei den heute iiblichen Kiihlhaus- lagertemperaturen von - 6 bis 7 O - deutschc Butter gut handelsfahig zu erhalten. Auf die Bedeutung der Entwicklung neuerer Verfahren, die Haltbarkeit durch besondere Behandlung, z. B. unter Sauerstoffdruck (Hofius-Verfahren) zu erhohen, auf die Moglichkeit der Entwicklung neuerer Verfahren zum Zweck der Fettersparnis (Herstellung eines streichfahigen Butter- fettes mit niedrigerem Fettgehalt als bei den zur Zeit im Handel befindlichen deutschen Buttersorten) wurde in den SchluDbetrachtungen verwiesen.

Dr. 0. D o p f e r , Direktor der Fa. H. Schlink & Cie. A. - G., Harburg - Wilhelmsburg:

Die Anwendung neuerer Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Margarineherstellung.

Der Vortragende schildert die Entwicklung der Magarineindustrie seit der Erfindung der Margarine, die eng verkniipft ist mit den Fortschritten der Wis- senschaft und Technik auf dem Gebiete der Oele und Fette. Als wesentliche Abschnitte der Entwick- lung werden geschildert: Die wissenschaftlichen Er- kenntnisse der Oel - Wasser - Emulsionen und ihre Ver- besserung durch Emulgatoren, die Einfiihrung der Raffination der pflanzlichen Fette und Oele, die den Kreis der Rohstoffe erweiterte, und die Herstellung ron Margarine aus Pflanzenfetten ermoglichte, ferner die Erfindung der Oel- und Tranhartung und ihr EinfluD auf die .Margarinenerstellung. Weiter spricht der Vortragende uber die Aromabildung in der Mar- garine und den hygienisch vollkommenen Fabrikations- gang. Alle Faktoren haben zusammen dazu beige- tragen, die Marg.arine zu einem qualitativ hochstehenden Volksnahrungsmittel zu gestalten.

Der Vortrag des Herrn Prof. T a uf e 1 wurde wegen der vorgeschrittenen Zeit auf den nachsten Tag verschoben.

Am Abend des 19. Februar versammelten sich etwa zoo Teilnehmer mit ihren Damen zur G e s e l l - s c h a f t s - V e r a n s t a 1 t u n g Landwehrkasino. E s nahmen u. a. Ministerialrat Dr. W e g e n e r . die Reichsbeauftragten R i e t d o r f und H u b e n e r , Ober- regieruiigsrat Dr. R i e D vom Reichsgesundheitsamt, rnit ihren Damen, der Vorsitzende des Vereins Deut- scher Lebensmittelchemiker, Prof. N o t t b o h m , der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft fur Nineral- olforschung, Prof. Dr. U b b e 1 o h d e , die Leiter der wirtschaftlichen Fachgruppen usw. teil. Im Namen des Vorsitzenden der D G F begriiDte Prof. iL1 e y e r , der Obmann des Forschungsdienstes, die Erschienenen und gedachte des Fuhrers. Weiter sprach Ministerial- rat Dr. W e g e n e r , der u. a. daran erinnerte, daD vor Jahresfrist die D G F gegriindet wurde. Das Geburtstagskind konne man auf Grund der schnellen Entwicklung mit Recht als ein Wunderkind bezeich- nen. Seine aufrichtigen Wiinsche begleiteten die zu- kiinftige Tatigkeit und den weiteren Aufschwung der D G F. I n humorvollen Worten feierte der Reichs- beauftragte R i e t d o r f die anwesenden Damen. Bei angeregter Aussprache und Tanz blieben die Teil- nehmer noch lange vereinigt. - Derartige Veran- staltungen sind geeignet, die Mitglieder der D G F einander personlich naherzubringen. Auf diese Wzise lassen sich manchmal auch berufliche Fragen erfolgreicher erledigen a l s bei offiziellen Verhandlun- gen.

im

- D e r 2. T a g d e r V e r a n s t a l t u n g e n , bei

denen wahrend der ersten Vortrage Dr. S c h w e i g a r t den Vorsitz fuhrte, war in der Hauptsache der Erorterung technisch - wissen- schaftlicher Fragen gewidmet. Zunachst hielt Professor Dr. T a u f e l den urspriinglich fur den Vortag angesetzten Vortrag:

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Fette und Seifen 1937, Heft 3 101

Die Fettchemie im Kampfe gegen den Lebensmittelverderb.

Beim Lebensmittelverderb, dessen Auswirkungen in lehensmittelchemischer, technologischer, ernahrungs- physiologischer und volkswirtschaftlicher Beziehung sich weiter erstrecken als bisher vielfach angenornmen wor- den ist, steht an vorderster Stelle das Verderben der Fette und der fetthaltigen Lebensmittel. Verringerung hzw. Hintanhaltung der dadurch verursachten Verluste stellen der Fettchemie grundsatzlich wichtige Aufgaben, die nur auf breiter wissenschaftlicher Grundlage zu lo- sen sind.

Ein AbriB des Standes unserer Kenntnisse 1aDt erkennen, daD zwischen den beiden Moglichkeiten des Fettverderbens, dem rein chemischen Umsatz einer- seits und dem biologisch bedingt.en Umsatz andererseits, weitgehend Parallelen gezogen werden konnen, und daD sich die stattfindenden Umsetzungen in die all- gemein chemisch bekannten Reaktionsfolgen einordnen untl zu dem Geschehen des Fettstoffwechsels in Be- ziehung setzen lassen. Durch diesen Umstand wer- den die Einblicke in den Mechanismus der Vorgange wesentlich vertieft, und der Ausbau der Analytik wird begunstigt. Man gewinnt den zuverlassigen Ausgangs- punkt fur die Ausgestaltung der physikalisch und chemisch gegebenen Moglichkeiten zur Bekampfung des Fettverderbens bei gleichzeitig schonender Behand- lung der sonst anwesenden Nahr-, Anregungs- und Wirkstoffe.

AnschlieDend sprach an Stel1,e des durch drin- gende Dienstgeschafte verhindert’en Prof. Dr. T h i e s s e n dessen Mitarbeiter Dr. S t a u f f uber:

Ergebn isse n euzeitlich er Seifen fo rsc h ung. Fur die Seifen ist ihre kolloide Natur in wasserigen

Zerteilungen charakteristisch. Dieses Verhalten beruht auk dern Bauprinzip des Seifenmolekuls, welches e k e lange offene Kohlenstoffkette von polarem Bau dar- stellt. E s ist nun rnoglich, daraus die kolloiden Eigen- schaften im einzelnen zu erklaren und mit den Eigen- schaften der Seife in Zusammenhang zu bringen.

Bei den Seifensolen konnen Loslichkeit, Aggre- gation, Solvation, Oberflachenaktivitat, sowie elektro. lytische Eigenschaften u. a. luckenlos a d das Vorhanden- sein dieses besonderen Molekultyps zuriickgefuhrt wer- den. Ebenso ist die Eigenart der Gele cine nicht zu ver- kennende Molekulfunktion. Besonders deutlich tritt die hervorragende Rolle des Molekulbaues bei der Sol- Gel-Umwandlung zutage. Diese Umwandlung steht im engen Zusammenhang rnit dem Verhalten der Seifen im festen Zustande, welches sich ehenfalls unmittelbar aus dem Bauprinzip der Molekule ergibt. Letzteres ist aus Struktumntersuchungen, insbesondere aus Ietzter Zeit, bekannt gewmorden. - Die Seifen sind nach allen Richtungen sehr eingehend untersucht, und man ist deshalb nicht mehr weit davon entfernt, eine Struk- turthcorie der Seifenkolloide aufzustellen, die alle an Seifen beobachteten Erscheinungen auf einfache Weke zu erklaren vermag.

Nun folgte das K o l l o q u i u m uber , , F e t t - e r s p a r n i s i n d e r S e i f e n b e r e i t u n g ” . Einleitend legte Professor K a u f m a n n das We- sen derartiger Aussprachen dar. Sie sollen ‘in Zukunft standig und in weiterer Ausgestaltung allen Mitgliedern der DGF die Moglichkeit eines Gedankenaustausch,es uber akute Fragen geben. Es sol1 sich nicht um verkappte Vortrage han- deln, sondern um ganz kurze Referate mit Dis- kussionen. Insbesondere sol1 jeder Fachgenosse, der neue Vorschlage zu machen hat, neue Ver- fahcen der Oeffentlichkeit bekanntgeben will USW. hier ein sachverstandiges Forum finden, auf dessen Kritik er allerdings auch gefaDt sein muB. Durch diese Einrichtung wird erreicht, daD wirklich wertvolle, gerade bei der jetzigen Roh-

stofflage begruoenswerte Anregungen, Erfindun- gen usw. beachtet werden. Geheimverfahren kon- nen natiirlich nicht Gegenstand einer Diskussian sein.

Im AnschluD an diese Kennzeichnung des Kolloquiums durch den Vorsitzenden nahm der Reichsbeauftragte fur die industrielle Fettver- sorgung, Direktor R i e t d o r f , das Wort zu richtunggebenden Ausfuhrungen. Er dankte zu- nachst der D G F fur ihre nur dem allge- meinen Besten dienende uneigennutzige Arbeit, die jederzeit seine Unterstutzung finden werde. E r hoffe, daD es bis zur nachsten Tagung der D G F in Hamburg keinen Betrieb mehr gebe, der auDerhalb der D G F stehe. Uebergehend zu dem Thema des Kolloquiums fuhrte der Reichsbeauftragte u. a. aus: Es liegt die unbe- dingte Notwendigkeit vor, wertvolle Speisefette der Ernahrung vorzubehalten. Der Vorgang friiherer Zeiten, d a D Speisefette zu Seifen ver- arbeitet wurden und die Fettsauren zu Schleu- derpreisen ins Ausland wanderten, kehrt nicht wieder. Auf neuen Rohstoffen aufbauend oder neue Verfahren anwendend, sollen nicht ,,Er- satz”-Fabrikate geschaffen werden, sondem es sollenAustauschstoffe benutzt werden, die gleich gut oder besser sind. Seifen nach Art der K. A. - Seifen kommen heute nicht mehr in Be- tracht. In bezug auf die Schonung der Haut sind an Toiletteseifen ebenso scharfe Anforde- rungen zu stellen, wie an die Haushaltseifen bei der Schonung der Wasche. Es hieDe den Teufel mit Beelzebub austreiben, wollte man zur Er- sparnis von Fetten Seifen in den Handel brin- gen, die durch Faserschadigungen wertvollstes Nationalvermogen zerstoren. AnschlieDend schil- derte der Reichsbeauftragte die bisher getrof- fenen MaDnahmen zur Sicherstellung einer ge- regelteii Verteilung der industriellen Fette. Sie haben sich bewahrt; seit 1934 sind Kurzungen nicht mehr vorgenommen worden. Er schloD mit einem Dank an die Wissenschaft, die berufen sei, auf den Gebieten der bisherigen technischen Anwendung von Fetten neue Wege aufzuzeigen.

Die Aussprache wurde auf Wunsch des Vor- sitzenden der D G F von Dipl. - Ing. H a u f f , dem Leiter der Fachgruppe Maschinen in der Seifenindustrie, mit einem Referat uber die ,,Me- chanische Technologie der Seifen” eingeleitet. Dann schilderte J. S c h a a l -Hamburg das von ihm ausgearbeitete ,,Descha-System” und Dr. B r a u n - Berlin die ,,Verwendung von Sulfitab- lauge bei der Seifenfabrikation”. Dariiber haben die Genannten in dem Februarheft von ,,Fette und Seifen” berichtet. Auf Einzelheiten der sich anschlieI3enden Aussprache, die von dem Ob- mann des Ausschusses V, Herrn Direktor Dr. B e r t s c h , geleitet wurde, kann nicht einge- gangen werden. Es beteiligten sich die Herren: Prof. R a u e r , Dr. D i t t m e r , Dr. F l a m m e r , Dr. H e l l e r , A. I m h a u s e n , Prof. K a u f - m a n n , Prof. K i n d s c h e r , Dr. N i c h t e r - l e i n , P l a u s o n , Prof. S o m n i e r , Dr. W a l - t e r. Die Vorschlage der Referenten fanden teils Anerkennung, teils Ablehnung. AbschlieDend

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102 Fette und Seifen 1937, Heft 3

konnte aber Dr. B e r t s c h feststellen, daD in beiden Fallen Anregungen gegeben wurden, deren weitere Bearbeitung durchaus wiinschens- wert ist.

Den AbschluD des Vormittags brachte der Vortrag des Herrn Dr. S t ii m g e s - Koln: Mechanische Technologie der Korperpflegemittel unter besonderer Berucksichtigung der Bereitung

von Cremes und Salben. Nach einigen Ausfuhrungen iiber den Umfang des

Gcbietes der Industrie der Kosmetika wird ihre wirt- schaftliche Brdeutung, unter besonderer Berucksichti- gung der deutschen kosmetischen Industrie, mit einigen Zahlen nachgewiesen. E s werden dann die verschie- denen Gruppen der Korperpflegemittel, in denen Fette und Oele verwendet werden, besprochen. Nicht nur vom kosmetischen, sondern vor allem vom hy- gienischen und medizinischen Standpunkt aus be- trachtet, stellen die Korperpflegemittel an die Qualitat dieser Rohstoffe die hochsten Anforderungen. Bei der Besprechung der verschiedenen Methoden fur die Ver- arbeitung der Fette und Oele zu kosmetischen Erzeug- nissen werden die neuereri Emulsionsverfithren und ihre technischen Hilfsmittel geschildert. Die Rohstofflagc und ihre Entwicklung stellt auch der Industrie der Korperpflegemittel neue, wichtige Aufgaben.

Die anregenden und interessanten Ausfiihrun- gen des Vortragenden zeigten, welch bedeutsame Aufgaben die Fettforschung gerade auf dem Gebiet der Korperpflegemittel und der bisher stark vernachlassigten kosmetischen Chemie zu losen hat.

Der Nachmittag war der A n s t r i c h - F o r - s c h u n g gewidmet. E r begann mit einer Ueber- sicht von Prof. S c h e i b e r - Leipzig, iiber die Verwendung von fetten Oelen und ihren Ersatz- stoffen in der Anstrichtechni,k:

Fette als Anstrichmittel und ihr Ersatz. Fette Oele bilden bis heute das Ruckgrat der ge-

samten Anstrichtechnik .und machen reichlich 7 j 010 der gesamten Filmbildner aus. Ihre jetzt eingetretene Ver- knappung zeigt indes die Notwendigkeit, hierin all- mahlich cine:i Wandel schaffen 7u miissen, um die Unabhangigkeit der deutschen Anstrichtecliriik sicher zu stellen. Vorlaufig muD versucht werden, durch Ein- sparmahahmen, Verbreiterung der Oelbasis durch Her- anziehung sonst nicht benutzter Produkte von Fett- charakter, rationelle Oelverarbeitung und vermehrte An- wcndung kiinstlicher Filmbildner einen Ausgleich zu schaffen. Man darf hierbei indes nicht stehen bleiben, sondern muD vor allem darauf bedacht sein, regnlare Oelersatzmittel von entsprechender Qualitat und Eig- nung zu schaffen, wozu die weitere Entwicklung na- mentlicli der Polpmerisatharze aussichtsvolle Moglkh- keiten zu bieten scheint. I m ubrigen ist auch darauf hinzuarbeiten, daD rnoderne Lackprodukte olfreier bzw. blsparender Art mehr als bisher in den Kreisen des Malergewerbes zur Verwendung gelangen, wenngleich dies in mancher Hinsicht zu Umstellungen zwingen wird, die heute noch als lastig empfunden werden. Auf jeden Fall kann gesagt werden, dal3 die Unab- hangigmachung der deutschen Anstrichtechnik von den Auslandsprodukten zu viele Probleme aufrollt, deren endgiiltige Losung keinesfalls leicht sein wird, aber im ubrigen bei allseitigem guten Willen und bei Zu- sammenarbeit aller in Betracht kommender Kreise durchaus moglich erscheint.

AnschlieDend sprach Dr. ing. habil. R O D - m a n n - Berlin iiber: Neue Methoden zur Pru fung von Anstrich filmen.

Die technische Prufung von Anstrichfilmen erstreckt sich auf B r a u c h b a r k e i t , d. s. notige chem. und

physik. Eigenschaften, und auf H a 1 t b a r k e i t , d. i. der Grad der Veranderlichkeit dieser Eigenschaften bis zur Unbrauchbarkeit der Filme durch verschieden- artige Beanspruchung.

Line neue p II - Messung des Quellungswassers der Anstrichfilme verspricht eine Beurteilung des Rost- sc!)utzgrades. Die mechanischen Eigenschaften der Filme: Elastizitat, Bruchdehnung und ReiDfesti,gkeit konnten noch nicht zweckmai0ig ausgewertet werden, d a die Haftfestigkeit noch nicht zu bestimmen war. Dies erscheint mit Hilfe von zwei neucn Methoden in einfacher Weise miiglich. Interesssanterweise er- scheint dabei die Haftfestigkeit in Abhangigkeit von der Zeit als charakteristische Haftkurve eines Anstrich- filmes.

Die kiinstliche Alterung mit ultraviolettern Licht oder hoherer Temperatur sol1 die in naturlicher Alterung entstehenden Veranderungen der Filmeigenschaften her- beifuhren.Die vielfach zu groDe Energ,iesteigerung bei der Alterung erscheint entbehrlich, wenn die Zeit durch VergrODerung der Reaktionsoberflache oder durch Schichtdickenverminderung verkurzt wird.

Der Vortrag wurde durch die Demonstration neuer Apparate erganzt, die groDtes Interess? fanden. Sie werden in ,,Fette. und Seifen” in Kiirze geschildert.

Das sich anschlienende Kolloquium leitete der Obmann des Arbeitsausschusses VII, Prof. S c h e i b e r. Es behandelte folgende Fragen: EL- Firnis, Leinol und praparierte Leiniile (Olool und Bisol), Trane, Holzol, Perillrtol, Oiticicz- ol, Tallol; kritischer Oelgehalt von Pi, omentan- reibungen; wasserunempfindliche Zwischenschich- ten zwischen Grund- und Deckschicht; Cumarm- harze, Alkydprodukte, Glycerinersatz, Chlorkaut- schuk, Firnagral; synthetische trocknende Oele aus Divinylacetylen, Synourinol; Haftfestigkeits- priifungen und Kurzpriifmethoden.

Die SchluDworte der Vortragstagung sprach Dr. S c h w e i g a r t . Er dankte dem Vorsitzen- den fur seine Tatigkeit in der Arbeitsgruppe Oele und Fette, umriD dann in groDen Ziigen die gemeinsanien Arbeitsziele des Forschungs- dienstes und der Deutschen Gesellschaft fur Fettforschung, sowie die Notwendigkeit der Zu- sammenarbeit aller Fachgenossen. hlit begei- sternden Worten rief er zum Kampf fur die deutsche Rohstoff -Freiheit auf und schlo5 mit der Ehrung des Fuhrers.

Der Abend des 2. Vortragstages sah einen groI3en Teil der Tagungsteilnehmer bei einem gemiitlichen Bierabend zusammen.

111. Mitgliederversammlung. Die satzungsgemal3e Mitgliederversammlung

fand am Sonntag, den 21. Februar, vorniittags 10,30 Uhr statt. Der Vorsitzende gedachte zu- nachst in ehrenden Worten der verstorbenen Mitglieder der D G F , Prof. Dr. B o m e r , F. T h o r l , Dr. M e r g e 1 1 und Dr. J o r r e . Sie haben der Gesellschaft als Mitglieder des Vor- standsrates bzw. als Forderer stets helfend zur Seite gestanden. Die Anwesenden erheben sich zu Ehren der Verstorbenen von ihren Platzen.

Im Mittelpunkt der weiteren Aussprache stand der Bericht des Vorsitzenden iiber die bisherige Entwicklung der Gesellschaft und ihre zukiinf - tigen Aufgaben.

Page 9: Die Aufgaben der deutschen Fettforschung

Fette und Seifen 1937, Heft 3 103

Mitgliederfragen. Als Rest der Wizoff konnte die D G F vor

Jahresfrist etwa 60 Mitglieder iibernehmen. Durch Aufklarung iiber ihre Arbeitsziele gelang es, diese Zahl bisher zu v e r z e h n f a c h e n. Das Mitgliederverzeichnis war kurz vor der Tagung versandt worden. Der Vorsitzende gedachte in Dankbarkeit der Forderung seiner Arbeit durch die maBgebenden Behorden, Wirtschaftsstellen, Fachgenossen und Firmen. Als F o r d e r e r sind der Gesellschaft bisher beigetreten: B o h m e Fettchemie-Gesellschaft m.b.H., Chemnitz Deutsche Linoleum- W e r k e A.-G., Delmenhorst-

Dreiring-Werke m. b. H., K.-G., Krefeld Dreiturm-Seifenindustrie G. m. b. H . , Steinau Fcichabteilung Talgschmelzen der Reichsfachgr.

Fleischwarenindustrie, Halle Fachgruppe Korperpflegemittel der Wirtschafts-

gruppe Chemische Industrie, Berlin Fuchgruppe Sei fen- und Waschmittelindustrie

der Wirtschaftsgruppe Chemische Industrie, Berlin

Oldenburg

Fuchuntergruppe Oelmuhlenindustrie, Berlin Hrrrburger Oelwerke Br inckman & illergell, Har-

burg- Wilhelmsburg Henkel B Cie., G . m. b. H., Diisseldorf Glockengasse Nr. 4711 Ferd. Miilhens, Koln I . G. Farbenindustrie A.-G., Frankfurt lNain Jurgens-van d e n Bergh Margarine-Verkaufs-Union

F . Wol f f & Sohn , Karlsruhe Kraemer & Flammer , Heilbronn Aug. Luhn & Co., G. m. b. H., Wuppertal-Barmen Miirkische Seifenindustrie, Wit ten-Ruhr Miiurer B W i r t z , G . m. b. H., StolberglRhld. Noblee & Thor l G. m. b. H., Harburg-Wilhelms-

Reichsuerband der deutschen Oelmiihlen e. V .

F . Thorl’s Verein. Harburger Oelfabriken A.-G.,

Vereinigte Margarine- W e r k e uorm. Hch. Lang

G. m. b. H., Berlin

burg

Berlin

Harburg- Wilhelmsburg

& Sohne, vorm. Salb & W o h l , Niirnberg. Wahrend der Tagung trat die

I. G. Mouson & Co., FrankfurtlMain als weiteres fordemdes Mitglied bei.

Anknupfend an den Wunsch des Reichsbeauf- tragten R i e t d o r f , alle an Fettfragen inter- essierten Betriebe in der D G F zu sehen, be- tonte der Vorsitzende, daD auch der Beitritt der Firmenangehorigen als E i n z e 1 m i t g 1 i e d e r erwiinscht sei, um die notwendige personliche Fuhlungnahme pflegen zu konnen. Er bat die Mitglieder, sich ihrerseits fur die D G F wer- bend einzusetzen. Auslandische Fachgenosszn konnen in Zukunft als a u J 3 e r o r d e n t l i c h e Mitglieder aufgenommen werden. Weiterhin ist die Mitgliedschaft nicht beschrankt auf Che- miker mit Hochschulbildung, da die D G F im nationalsozialistischen Sinne nur Arbeits- kameraden kennt. Somit steht auch den an der

Wissenschaft interessierten Chemotechiltern, La- boranten, Seifensiedern USW. der Beitritt durchaus offen. Gerade in der Vereinigung a l l e r an Fetten interessierten Kreise Iiegt eine besondere Aufgabe der D G F , die aul3er Chemiker auch Wirtschaftler, Landwirte, Ingenieure, Maschinen- bauer usw. in ihren Reihen zahlt. Besondere Pflege werden die Beziehungen zu landwirtschaft- lichen Kreisen finden. Die enge Verbindung mit dem Forschungsdienst der Landbauwissenschaf- ten - eine Griindung der Reichsniinister R u s t und D a r r C - hat sich sehr anregend und befruchtend gestaltet. So wird eine Querverbin- dung zwischen dem Anbau der Saaten und ihrer Verarbeitung, zwischen Fettproduzenten und Fett- verarbeitern, zwischen diesen und der Maschinen- und Apparateindustrie, zwischen Wissenschaft und Praxis geschaffen.

Diese heterogene Zusammenstellung der D G F erschwert die Einfiigung in eine geeignete Dachorganisation, die nur unter Wahrung ihrer besonderen Belange moglich ist, wenn diie erfolgreich begonnene Arbeit nicht gestort wer- den soll. Entsprechende Verhandlungen sind ein- geleitet worden. Der Vorsitzende wird durch die Aenderung der Satzungen (siehe spater) in die Lage versetzt, notwendig werdende Entschei- dungen alsbald zu treffen. Bisherige und Zukiinftige Arbeit der D G F .

Das vergangene Jahr war in erster Linie dem Aufbau gewidmet, doch sind schon sachliche Arbeiten in Angriff genommen worden. a) Die A r b e i t s a u s s c h i i s s e .

Die Arbeitsausschiisse haben ihre Tatigkeit be- reits begonnen. Dariiber wird auch weiterhin unter der Ueberschrift ,,Gemeinschaftsarbeit der D G F” in dem Organ der Gesellschaft berichtet. Zahlreiche Probleme harren der Bearbeitung. Der Vorsitzende gab ,der Hoffnung Ausdruck, dsD die ,,Arbeits”-Ausschiisse ihrem Namen aucn Ehre machen werden; fur ,,Horchposten” ist in ihnen kein Platz. Gutevorschriften zu erlassen, ist nicht Aufgabe der D G F , sondern der wirt- schaftlichen Verbande. Wohl aber mu13 sie herm- gezogen werden bei der Auswahl der Unter- suchungsmethoden. Gestiitzt auf eine groDe Zahl von Mitarbeitern, durch die Erfahrung von Hun- derten von Betrieben (deren analytisches Ma- terial gesammelt wird), ist die D G F wie keine andere Stelle in der Lage, brauchbare und un- brauchbare Methoden zu unterscheiden. In die- sem Zusammenhang gibt der Vorsitzende der Hoffnung Ausdruck, daD auch von Seiten der Behorden fettanalytische Methoden nicht gesetz- lich vorgeschrieben werden, ohne daD die D G F vorher gehort wird.

Bei der Frage der Normung verdient das Walol heute besondere Beachtung, da diese Frage Z. z. von dem englischen und norwegischen Normen- ausschuD behandelt wird.

Es hat sich als notwendig erwiesen, zwei neue Arbeitsausschusse ins Leben zu rufen: den Ausschufi X , , F e t t e i n d e r KO r - p e r p f l e g e u n d A r z n e i b e r e i t u n g ” und den AusschuD XI , , M a s c h i n e n - u n d A p -

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104 Fette und Seifen 1937, Heft 3

p a r a t e w e s e n i m D i e n s t e d e r F e t t - f o r s c h u n g ” . Die Ausschusse werden z. Z. zusammengestellt; der Ausschu5 Korperpflege- mittel hat bereits seine I . Sitzung im AnschluD an die Mitgliederversammlung abgehalten (siehe unten).

b) P r e i s a u s s c h r e i b en . Das Preisausschreiben des Jahres 1936 hat

5 Bearbeiter gefunden; eine Arbeit ist bereits eingereicht. Einem an ihn gerichteten Wunsche folgend, verlangerte der Vorsitzende den Termin der Abgabe bis zum I . Juli 1937. Fur das Thema des Jahres 1937 wird Anregungen von Seiten der Mitglieder entgegengesehen.

c) U n t e r g r u p p e n . Um eine engere Fuhlungnahme mit den Mitglie-

dern zu ermoglichen, plant der Vorsitzende die Or- ganisation einiger Untergruppen, die den Gedan- kenaustausch, insbesondere durch Vortragsveran- staltungen, pflegen sollen.

d) P u b 1 i k a t i o n s o r g a n . Dem gleichen Zwecke dient die Unterhaltung

eines wissenschaftlich hochstehenden Publika- tionsorgans. In dieser Beziehung wurde auf die Tagungsnummer von ,,Fette und Seifen” ver- wiesen. Dem Organ der Gesellschaft fallt die Aufgabe zu, den wissenschaftlichen Hoch- stand der deutschen Fettchemie zu vertreten.

e) F o r t b i l d u n g s k u r s e . Der Vorschlag des Vorsitzenden, fur die Rlit-

glieder der D G F praktische Fortbildungs- kurse einzurichten, hat bereits den Beifall des Vorstandsrates gefunden. Es sollen die jeweils neuesten Forschungs- und Analysenmethoden in etwa 8-tagigen Kursen von fuhrenden Spezia- listen gelehrt werden. Die erste derartige Ver- anstaltung findet im September d. J. in ;LI ii n s t e r statt. Vorlaufig sind folgende Themen vorge- sehen :

I . ) Physikalische Analyse der Fette und Fett- produkte: Refraktometrische Schnellmethoden; chromatographische Analyse; absolute Farbmes- sung; spektrographische Fettanalyse; Viscositats- messung; neue Methoden der mechanischen Prii- fung von Anstrichfilmen.

2 . ) Chemische Analyse: Jodzahlbestimmung; Rhodanzahl; Dienzahl; Hydrierzahl; Hexabromid- zahl; Wasserbestimmung in Fetten auf titrime- trischem Wege; Ranziditatspriifungen; Diace- tyl - Bestimmung.

f ) F o r s c h u n g s i n s t i t u t. Die heutige Wirtschaftslage erlaubt die Schaf-

fung eines Deutschen Institutes fur Fettchemie nicht, daher muI3 die D G F die Forschung Funachst dezentralisiert, gestutzt auf treue und opferbereite Mitarbeiter, betreiben. Sie wird aber dieses groDe Ziel nicht aus dem Auge verlieren. Auch wenn es erst nach Jahren oder Jahrzehnten zu erreichen ist, wird sie Stein auf Stein fugen, um spater einer jungen, aufstrebenden Kraft die Stailte fur erfolgreiches Schaffen zu bereiten.

g ) I n t e r n a t i o n a 1 e 2 u s a m m e n a r b e i t. Der Vorsitzende erstattet Bericht uber die Td-

gung der I.C. in Luzern (s. ,,Fette u. Seifen” 43, 163 [1936]) und bittet um rechtzeitige Einsen- dung der Analysenbefunde bzw. Kritik der VOT-

geschlagenen Methoden anhand der versandten Vergleichsmuster. Die nachste Siitzung wird vor- aussichtlich in diesem Jahre in Paris stattfinden.

Satzungsanderungen.

Die bisherige Satzung der D G F enthalt zwar i m $ 8 a die Angabe, da5 fur die Tatigkeit des Vorsitzenden das Fuhrerprinzip gilt. In den $9 5, und 10 sind aber Abstimmungen vorge- sehen, z. B. bei der Entlastung des Vorsitzenden. Es wird einstimmig beschlossen, die darauf Be- zug nehmenden Satze der genannten Paragraphen zu. streichen. $ 13 wird dahiin abgeandert, da3 Satzungsanderungen - wie sie besonders im Hinblick auf die Eingliederung der D G F in eine Dachorganisation notwendig werden - von dem Vorsitzenden nach Anhorung des Vor- standsrates durchgefuhrt werden konnen.

Der Vorsitzende gibt schlieDlich bekannt, daD Hamburg fur die nachste Jahresversammlung in Aussicht genommen ist. E r schloD seine Aus- fuhrungen mit der Bitte um rege Mitarbeit an den Aufgaben der D G F .

Direktor B e n z sprach zum SchluD dem Vor- sitzenden den Dank der Versammlung aus. Keiner der Anwesenden hatte es im vergangenen Jahre, als die W i z o f f ein Ende fand, fur mijglich gehalten, daD in so kurzer Zeit eine Organ;- sation derartigen AusmaDes unter Beteiligung aller Fachkreise geschaffen werden konne. Nur mit groDtem Optimismus und dem Aufwand auDerster Energie habe sich ein derartiger Erfolg erzielen lassen, fur den die hochste Anerkennung gezollt werden musse.

Sitzung der Arbeitsausschusse.

Der AusschuD V (Seifen, Waschmittel, Netzmit- tel) hatte bereits am Donnerstag, den 18. Febrwr, gemeinsam mit dem Staatl. Materialpriifungsamt unter Leitung von Prof. S o m m e r und Dr. B e r t s c h getagt. Die Seifenanalyse erfordert auch im Hinblick auf die kommenden Verhandlungen der I. C. besondere Beachtung. Der AusschuD VII (Firnisse, Standol, Lacke) trat schon am Freitag Abend nach dem Kolloquium unter dem Vorsitz von Prof. S c h e i b e r zusammen. Am Sonntag tagten die Ausschusse I11 (Fettchemische Fra- gen in der Lebensmittelchemie; Obmann I’raf. T a u f e 1) und VI (Kennzahlen-Kommission, Ein- heitsmethoden; Obmann Dr. G r e i t e m a n n). Berichte uber die z. Z. bearbeiteten Aufgaben werden von den Obmamern gegeben.

In den AusschuD I11 traten Dr. H. A. S c h w e i - g a r t - Berlin und Dr. H. W e r n e r - Hamburg, in den AusschuD V Dir. Dr. R i e h l und ‘Dr. Lindt-Dusseldorf, in den AusschuD VI Dr. D i t t m e r - Rheingonheim, in den AusschuD IX Professor Dr. S c h w a r t z - Karlsruhe ein.

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Fette nnd Seifen 1937, Heft 3 105

Der AusschuD X (Fette in der Korperpflege und der Arzneibereitung) trat erstmalig zusam- men. Professor K a u f m a n n berichtete kurz uber die zu bearbeitenden Aufgaben und die Art der Zusammenarbeit. E r berief folgende Herren in den AusschuD: Dr. B a u s c h i n g e r - Frankfurt / M., Dr. H o f f m a n n - Berlin, Dr. K e i l - Berlin, med. L i e s e g a n g - Leip- zig, Dr. L u c k m a n n - Berlin, Oberreg. - Rat M e 11 e s - Berlin, Prof. Dr. med. SI e m m e s - h e i m e r - E s s e n , Prof. Dr. med. M u l z e r - Hamburg, Prof. Dr. S c h m a 1 f u D - Hamburg, Dr. S t o r z - Waldheim, Dr. S t u m g e s - Koln, Dr. W e r n e r - H a m b u r g , Dipl. Ing. W o l f f - Karlsruhe.

In der von Prof. K a u f m a n n geleiteten Aussprache wurden folgende Probleme fur die Gemeinschaftsarbeit herausgestellt:

I . ) G l y c e r i n u n d g e e i g n e t e A u s - t a 11 s c h s t o f f e. a), Analytische Bestimmung von Glycerin, allein und neben Glykol; b) Vis- cositat; c) Stockpunkt.

Dr.

2.) F e i n s e i f e n. a) Beurteilung und Mes- sung des Schaumes; b) Bestimmung der Ab- nutzungsgeschwindigkeit von Seifen; c) Priifung und Analyse der Riechstoffe.

3.) E m u l s i o n e n , E m u l g a t o r e n . ajKon- sistenzmessung von Emulsionen; b) Priifung der Haltbarkeit von Emulsionen; c) Untersuchungs- methodik des Vergleichs von Emulgatoren (mit EinschluD maschineller Fragen) ; d) Einheitsme- thoden fur die Analyse fetter und fettloser Emul- gatoren.

4.) S a 1 b e n . a) Organvenvandte und organ- fremde Salbengrundlagen. Untersuchung der Re- sorptionsverhaltnisse; b) EinfluD der Fette auf die Pigmentbildung in der Haut (Sonnenbrand- salben); c) Methoden der Beurteilung von vita- minhaltigen Salben.

Die Leitung dieses Ausschusses ist bis auf weiteres dem Obmann des Ausschusses IX, Prof. Dr. S c h m a 1 f u D - Hamburg ubertragen worden.

Damit fand die arbeitsreiche Tagung ihren AbschluD.

Zur Thermodynamik der Feffspalfung. (Studien auf dem Fettgebiet, XXXIV. Mitteilung.]

Von Prof Dr. H. P. K a u f m a n n und Dr. M. C. Ke l l e r . Aus dem Institut fur Pharmazie und chemische Technologie der Universitat Munster i. W.

In der letzten Mitteilunglj haben wir den Reaktionsverlauf und das Reaktionsgleichge- wicht der Fettspaltung untersucht. Von nicht minderem Interesse erschien die Ermittlung der VJ a r m e t o n u n g dieser Esterhydrolyse. Da an eine direkte Bestimmung unter den bei der Spaltung obwaltenden Versuchsbedingungen nicht gedacht werden kann, wurden zwei in- direkte, aber thermodynamisch begriindete Wege eingeschlagen.

Zunachst konnte man die bei der Esterhydro- lyse auftretende Warmetonung aus den B i 1 - d u n g s w a r m e n der beteiligten Stoffe berech- nen, die dem Zahlenwert nach gleich, dem Vor- zeichen nach umgekehrt den Spaltwarmen sind. Ein derartiger Versuch ist an anderer Stelle2) wiedergegeben worden. Unter Zugrundelegung der aus der Literatur entnommenen Verbrennungs- warmen der Komponenten wurden die Bildungs- warmen einer Anzahl von Estem berechnet und miteinander verglichen. Bei den Glycerinestern lieD sich in der aufsteigenden Reihe von Tri- butyrin bis Trieruzin eine GesetzmaDigkeit in bezug auf die Bildungswarmen nicht erkennen. Letztere bewegten sich zwischen 0,06 und I ,O o/o der Verbrennungswarmen, also in einer GroDen- ordnung, die als Fehlergrenze der kalorimetri- schen Bestimmung angesehen werden kann. Aus den mit Hilfe der Verbrennungswarmen berech- neten Bildungswarmen der Ester lassen sich demnach sichere Schlusse nicht ziehen.

l j Diese Zeitschrift 44, 42 [1937]. 2 , H. P. K a u f m a n n , Studien auf dem Fettgebiet,

Verlag Chemie G. m. b. H., Berlin 1935, S. 252.

Erfolgreicher war der Versuch, die Bildungs- warme der Ester aus der R e a k t i o n s i s o - c h o r e d e s E s t e r g l e i c h g e w i c h t e s zu er- mitteln. Die thermodynamische Auswertung der Hydrolysengleichgewichtskonstanten liefert die Gleichung der Reaktionsisochore.

Reagieren in einem beliebigen Losungsmittel m Mo- lekiile eines Stoffes A mit n Molekulen des Stoffes B zu p AIolekulen des Stoffes D und q Molekulen des Stoffes E, so gilt fur eine bestinimte Tenipe- ratur die Gleichung des Massenwirkungsgesetzes:

b I r n * [BI: [ D I P * [ E l P

K =

Ueber den Einflu5 der Temperatur auf die GroDe der Gleichgewichtskonstanten unterrichtet uns die Gleichung der Reaktionsisochore:

dlnK = U dT R - T2

Hierbei bezeichnet 1nK den naturlichen Logarithmus von K, T die absolute Temperatur, R die Gaskon- stante und U die gesuchte Warmetonung des Pro- zesses. Die Integration der Gleichung .

- d T liefert U

R - T2 dlnK =

- d T f C = - f C , U

R - T2 R O T 1nK = f worin C eine unbestimmte Integrations-Konstante dar- stellt.

TI) die Werte K2 und K, an, dann ist

lnK1 = - -

Nimmt K fur die Temperaturen T, und T, (T,)

+ C und lnK, = - - + c . U R T, R T2

Durch Subtrakt-ion ergibt sich U 1 1

lnKl - InKl = - R (T-T)’ Fur den praktischen Gebrauch, bei welchem man U

in Kalorien ausdruckt, betragt der Wert fur die Gas-