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DL-76344-2013 | © pixologic – Fotolia.com Die Bedeutung der Kerntemperatur – Pathophysiologie und Messmethoden

Die Bedeutung der Kerntemperatur – Pathophysiologie und ... · 04|05 INHALTSVERZEICHNIS 1 Vorwort 7 2 Das Wesen der Temperatur 9 2.1 Temperatur und Wärme als Grundbedingungen des

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Die Bedeutung der Kerntemperatur –Pathophysiologie und Messmethoden

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Die Bedeutung der Kerntemperatur –Pathophysiologie und Messmethoden

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DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | INHALTSVERZEICHNIS

HerausgeberDräger Medical GmbHMoislinger Allee 53–5523558 Lübeck, Deutschland

www.draeger.com

Wichtiger HinweisDas medizinische Fachwissen ist aufgrund von Forschung und klinischen Erfahrungen beständiger Veränderung unterworfen. Der Autor dieses Buches war darauf bedacht sicherzugehen, dass die hier dargestellten Ansichten, Meinungen und Annahmen, insbesondere diejenigen mit Bezug auf Anwendungen und Wirkungen, dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Dies befreit allerdings den Leser nicht von der Verpflichtung, für klinische Maßnahmen selbst Verantwortung zu tragen.

Alle Rechte an diesem Buch, insbesondere das Recht auf Reproduktion und Kopie, liegen bei der Dräger Medical GmbH. Kein Teil dieses Buches darf ohne die vorherige schriftliche Genehmigung der Dräger Medical GmbH mechanisch, elektronisch oder fotografisch reproduziert oder gespeichert werden.

Design und Grafik ProfiRepro, Lübeck

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04|05

INHALTSVERZEICHNIS

1 Vorwort 7 2 Das Wesen der Temperatur 9 2.1 Temperatur und Wärme als Grundbedingungen des Lebens 9 2.2 Thermoregulation 9 2.3 Die Kerntemperatur 11 3 Hypothermie 14 3.1 Definition der Hypothermie 14 3.2 Ursachen und Arten der Hypothermie 15 3.2.1 Perioperative Hypothermie 15 3.2.2 Therapeutische (protektive) Hypothermie 17 3.3 Folgen von Hypothermie 18 3.4 Prävention und therapeutische Interventionen bei Hypothermie 20 4 Fieber und Hyperthermie 22 4.1 Definition von Fieber und Hyperthermie 22 4.2 Ursachen und Arten von Fieber 22 4.3 Folgen von Fieber 25 4.4 Therapeutische Interventionen bei Fieber 25 4.5 Ursachen und Arten von Hyperthermie 26 4.5.1 Therapeutische Hyperthermie 27 4.5.2 Maligne Hyperthermie 27 4.6 Folgen von Hyperthermie 27 5 Messorte und Messmethoden 28 5.1 Stand der Technik 28 5.2 Nichtinvasive Methoden der Kerntemperaturmessung 31 5.2.1 Hauttemperaturmessung axillar 31 5.2.2 Hauttemperaturmessung auf der Stirn 32 5.2.3 Temporalarterienthermometer 33 5.3 Wenig invasive Methoden der Kerntemperaturmessung 34 5.3.1 Orale Messung 34 5.3.2 Kerntemperaturmessung über das Trommelfell 34 5.3.3 Rektale Messung 35 5.4 Invasive Methoden der Kerntemperaturmessung 36 5.4.1 Nasopharynx 36 5.4.2 Ösophagus 37 5.4.3 Harnblase 37

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06|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | INHALTSVERZEICHNIS

5.5 Neue Technologien 38 5.5.1 Zero-Heat-Flux-Technologie 38 5.5.2 Heat-Flux-/Doppelsensortechnologie 38 5.5.3 Thermographie 39 5.6 Experimentelle Technologien 41 5.6.1 Temperaturmessung mit Ultraschall 41 5.6.2 Temperaturmessung mit Magnetresonanz 41 5.6.3 Simulation der Kerntemperatur 41 5.6.4 Hirntemperaturtunnel 41 6 Nichtinvasive Messung der Kerntemperatur mittels Doppelsensortechnologie 42 7 Zusammenfassung 45 8 Häufig gestellte Fragen 47 9 Literaturverweise 49

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Die Bedeutung der Kerntemperatur und der Themenkomplex „Thermo­management“ – also die Aufrechterhaltung, therapeutische Modifikation und exakte Messung der Patientenkerntemperatur – waren vorenwiegend in der Entwicklung der Anästhesie und in geringerem Maße auch der Intensivmedizin viele Jahrzehnte von untergeordnetem Interesse. Im Konzert der messbaren Parameter eines anästhesiologisch / intensivmedizinischen Patienten wurde die Stimme der Kerntemperatur nicht selten überhört. Nicht zuletzt deswegen, da der Parameter Kerntemperatur vergleichsweise einfach und wenig innovativ erschien. Auch wenn Nachwirkungen dieser Einstellung bis heute vorhanden sind, änderte sich der Stellenwert der Kerntemperatur wesentlich aufgrund der Forschungen des Thermoregulations­Pioniers Dr. Daniel Sessler vor etwa 25 Jahren.

Dr. Sessler konnte unter anderem zeigen, welche Zusammenhänge zwischen Anästhesie und Thermoregulation bestehen und welchen Einfluss anästhesiologische Medikamente auf die autonomen thermoregulatorischen Schwellen haben – die Schwellen der Vasokonstriktion, des Kältezitterns und der Schweißproduktion. Auch das rasche initiale Absinken der Körperkerntemperatur nach Narkoseein­leitung konnte durch die vasodilatationsbedingte Umverteilung von warmem Kernblut in die kalte Peripherie geklärt werden. Ungefähr zehn Jahre später deuteten Forschungsergebnisse von Sesslers Arbeitsgruppe auf einen weiteren, bis dahin unerkannten Aspekt der Thermoregulation hin und verliehen der Thematik erneut hohe Relevanz: Akzidentelle perioperative Hypothermie war nicht nur eine für den Patienten unangenehme Nebenwirkung einer Narkose ohne suffizientes Thermo management. Vielmehr hat die akzidentielle perioperative Hypothermie weitreichende Konsequenzen für das Langzeit­Patientenoutcome. Akzidentielle perioperative Hypothermie erhöht unter anderem den Blutverlust, die Inzidenz von Infektionen und kardiale Komplikationen und verlängert die Krankenhausver­weildauer. Somit hielt aktives Thermomanagement des Patienten in Anästhesieab­teilungen als Teil eines outcomeorientierten, evidenzbasierten Vorgehens allerorten Einzug. Aufrechterhaltung von perioperativer Normothermie wird in den letzten Jahren in den USA im Rahmen der sogenannten Pay­for­Performance­Initiative von Krankenkassen sogar vergütet. Auch erlangten weitere Aspekte der Modifikation von Kerntemperatur in den letzten Jahren hohe Wichtigkeit – so zum Beispiel die Festschreibung der therapeutischen Hypothermie nach Reanimation oder Neugeborenenasphyxie in Guidelines der jeweiligen Fachgesellschaften.

1 Vorwort

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08|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | VORWORT

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Trotz all dieser Entwicklungen, die der Bedeutung der Kerntemperatur wieder einen zentralen Stellenwert in Anästhesie und Intensivmedizin gaben, wird ein Bereich weiterhin durchaus „stiefmütterlich“ behandelt: die Messung der Kerntemperatur. Nach wie vor werden insuffiziente Thermometer, deren Ungenauigkeit durch zahlreiche Studien belegt ist, in Anästhesie und Intensivmedizin eingesetzt. Nach wie vor kommt es zur Verordnung thermoregulatorischer Therapien ohne Messung des Therapieerfolges oder Feedback – aktives perioperatives Wärmen, ohne dass Kerntem­peraturmessung praktiziert wird. Dies mag teilweise darauf zurückzuführen sein, dass die scheinbar einfache Kerntemperaturmessung in der klinischen Realität eine hochkomplexe Thematik ist: mit einer großen Zahl an Messorten, mit zahlreichen technischen Implementierungsmöglichkeiten und nicht zuletzt aufgrund der starken Variation der möglichen Invasivität des Messverfahrens. Die Entwicklung und Markteinführung eines Kerntemperaturmessverfahrens, das die Vorteile sehr geringer Invasivität und sehr hoher Genauigkeit in sich vereint und darüber hinaus noch preiswert ist, ist ein wesentlicher Schritt hin zu einer Weiterentwicklung des Thermomanagements. Das thermoregulatorische Management des Patienten hat in den letzten Jahren eine besonders hohe Relevanz erlangt. Neue, innovative Messme­thoden der Kerntemperatur tragen dieser Entwicklung Rechnung und ermöglichen ein nichtinvasives, jedoch exaktes Feedback der zahlreichen evidenzbasierten thermo­regulatorischen Therapien mit dem Ziel der Verbesserung des Patientenoutcomes.

Das vorliegende Booklet soll dem Leser einen prägnanten und umfassenden Überblick über die Thermoregulation von Patienten, die Entwicklung und den aktuellen Stand der Kerntemperaturforschung bis hin zu den genannten Neuent­wicklungen im Bereich der Kerntemperaturmessung geben.

Stefan Quast Produkt Manager Dräger Medical GmbH

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Dr. Oliver Kimberger MDOberarzt und ForschungskoordinatorAbteilung für Allgemeine Anästhesie und IntensivmedizinMedizinische Universität Wien

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2.1 TEMPERATUR UND WÄRME ALS GRUNDBEDINGUNGEN DES LEBENSTemperatur ist eine physikalische Größe – und eine grundlegende Bedingung für alle Formen des Lebens. Viele Eigenschaften von Stoffen sind abhängig von ihrer Temperatur. Selbst kleine Änderungen können große Änderungen bewirken wie den Übergang zwischen Aggregatzuständen. Auch der Stoffwechsel von Organismen wird in hohem Maß von der Temperatur beeinflusst. Zu hohe oder zu niedrige Temperaturen verändern den Metabolismus, stören die Organfunktionen und schädigen Gewebe. Somit hat die Körpertemperatur ebenso wie die Umgebungstemperatur eine herausragende Bedeutung für das Leben und die Gesundheit.

2.2 THERMOREGULATIONDie Regulation der Körpertemperatur gehört zu den existentiellen Funktionen jedes Organismus. Die Körpertemperatur ist ein Vitalparameter wie die Atemfrequenz, die Herzfrequenz oder der Blutdruck. Thermoregulatorisches Zentrum ist der Hypothalamus. Hier werden Informationen von anderen Gehirnregionen, Rückenmark, Geweben und peripheren Thermosensoren in der Haut kontrolliert. Um ein Gleichgewicht zwischen Wärmeproduktion und Wärmeabgabe herzustellen, können bewusste Verhaltensänderungen (z. B. das Anziehen von Kleidung) oder unbewusst gesteuerte Mechanismen Einfluss nehmen. Zu den unbewusst gesteuerten Mechanismen zählen Schwitzen und Vasodilatation bei zu viel Wärme sowie Zittern (Thermogenese) und Vasokonstriktion bei Kälte. Unter gesunden Bedingungen hält der menschliche Organismus die Kerntemperatur mit Abweichungen von nur +/­0,2 °C um den Sollwert konstant. [1] [2] [3] [4]

2 Das Wesen der Körpertemperatur

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Abb. 1: Körperkern und Peripherie

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2.3 DIE KERNTEMPERATURWährend die Temperatur in den äußeren Körperregionen und den Extremitäten abhängig von Umgebungsfaktoren schwankt, ist sie im Körperkern, bestehend aus den tiefer liegenden Geweben, den Organen und dem Cerebrum, unter Normalbedingungen weitgehend konstant. Die Spanne der Umgebungstemperatur, in der der menschliche Körper seine Kerntemperatur, ohne zu zittern oder zu schwitzen, konstant halten kann, wird als thermoneutrale Zone bezeichnet. Die thermoneutrale Zone liegt für einen nahezu unbekleideten, ruhenden, erwachsenen Menschen etwa zwischen 27 und 32 °C. [2] [5] [6] [7]Der Normalbereich der Kerntemperatur liegt je nach Definition zwischen

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Abb. 2: Thermoneutrale Zone

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36,5 und 37,2 °C. Allerdings variiert die Kerntemperatur im Tagesverlauf. Im zirkadianen Rhythmus ist sie frühmorgens am niedrigsten und erreicht am Nachmittag ein Maximum. Auch der weibliche Menstruationszyklus geht mit einer regelmäßigen Schwankung der Kerntemperatur einher. Zudem beeinflussen die körperliche Fitness, akute Belastungen, das Alter, die Nahrungsaufnahme und das Schlafverhalten die individuelle Kerntemperatur. [2] [3] [4] [6] [8] [9] [10]

Auf schädigende Einflüsse von außen wie Infektionen und manche Medikamente reagiert der menschliche Organismus mit einem Anstieg der Kerntemperatur. Häufig erhöht sich die Kerntemperatur auch nach einem Herz­Kreislauf­Stillstand, einem Schädel­Hirn­Trauma oder einem Schlaganfall. Um Temperaturwerte in klinischen Situationen richtig interpretieren zu können, ist daher eine fundierte Kenntnis der natürlichen Schwankungsbreite und Variabilität erforderlich. [4] [6] [11]

33 °C – 36 °Cmilde Hypothermie

28 °C – 32 °C mittelgradige Hypothermie

< 28 °Cschwere Hypothermie 37,8 °C – 38,5 °C

mäßiges Fieber

40 °C – 42 °Csehr hohes Fieber

> 42,6 °C Denaturierung von

Proteinen bzw. Enzymen

> 39 °C hohes Fieber

> 42 °CKreislauf-versagen

27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

36,5 °C – 37,2 °C normaler Temperaturverlauf

während eines Tages

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Abb. 3: Temperaturspektrum des menschlichen Organismus

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33 °C – 36 °Cmilde Hypothermie

28 °C – 32 °C mittelgradige Hypothermie

< 28 °Cschwere Hypothermie 37,8 °C – 38,5 °C

mäßiges Fieber

40 °C – 42 °Csehr hohes Fieber

> 42,6 °C Denaturierung von

Proteinen bzw. Enzymen

> 39 °C hohes Fieber

> 42 °CKreislauf-versagen

27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

36,5 °C – 37,2 °C normaler Temperaturverlauf

während eines Tages

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14|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | HYPOTHERMIE

3.1 DEFINITION DER HYPOTHERMIEHypothermie bezeichnet eine Abkühlung des Körpers, die über das normale Maß der Temperaturschwankungen hinausgeht. In der Praxis gilt meistens ein Grenzwert von 36 °C. Unterhalb dieser Grenze beginnen Beeinträchtigungen der Organfunktionen.

Im Bereich von 36 bis etwa 33 °C spricht man von milder Hypothermie. Der Körper reagiert darauf mit thermoregulatorischen Mechanismen wie Zittern und Vasokon­striktion. Außerdem treten Symptome wie ein beschleunigter Puls (Tachykardie), eine erhöhte Atemfrequenz (Tachypnoe), Störungen der Bewegungskoordination (Ataxie) sowie Apathie und eine Verminderung der zirkulierenden Blutmenge (Hypovolämie) auf. Im Bereich der mittelschweren Hypothermie bei Kerntempera­turen zwischen 32 und 28 °C kommt es zu Atemdepression (Hypoventilation), einem verlangsamten Puls (Bradykardie), niedrigem Blutdruck (Hypotonie), verminderten Reflexen (Hyporeflexie), erweiterten Pupillen und zunehmender Bewusstseinstrübung. Das Muskelzittern hört auf. Bei noch tieferen Temperaturen (schwere Hypothermie) reagiert der menschliche Organismus schließlich mit Kreislauf­ und Atemstillstand. [2] [6] [7] [12] [13] [14]

3.2 URSACHEN UND ARTEN DER HYPOTHERMIE 3.2.1

3 Hypothermie

Temperatur Klassifikation> 42,6 °C Denaturierung von Proteinen40 – 42,6 °C Versagen der Thermoregulation, Hitzschlag37,8 – 40 °C Fieber, Hyperthermie36 – 37,8 °C Normothermie33 – 36 °C Milde Hypothermie28 – 32 °C Hypothermie, reduzierter Metabolismus, Atemdepression, Bewusstseinstrübung< 28 °C Tiefe Hypothermie, Versagen der Thermoregulation, Kammerflimmern, Körperstarre, lichtstarre Pupillen, Bardykardie, Asystolie

Abb. 4: Auswirkungen einer veränderten Kerntemperatur nach [6]

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PERIOPERATIVE HYPOTHERMIESchon bei der Vorbereitung für eine Operation beginnt in vielen Fällen eine ungewollte Abkühlung des Patienten. Niedrige Raumtemperaturen und leichte oder keine Bekleidung begünstigen den Wärmeverlust. Der Organismus steuert durch thermoregulatorische Mechanismen zunächst erfolgreich dagegen. Periphere Vasokonstriktion bewirkt, dass nur die äußere Schale abkühlt, während der Körperkern warm bleibt. Aber die Verabreichung von Anästhetika verzögert die körpereigenen Regulationsmechanismen (siehe Abbildung 5 und 6). Während einer Narkose oder rückenmarksnaher Regionalanästhesie setzt eine weitere Abkühlung in drei Phasen ein (siehe Abbildung 7).

Im Detail ereignet sich beim ungewärmten perioperativen Patienten Folgendes: Die meisten Anästhetika bewirken eine Vasodilatation. Das kalte periphere Blut vermischt sich nach der Narkoseeinleitung mit dem warmen Blut des Körperkerns; die Kerntemperatur fällt in den ersten 30 bis 60 Minuten um bis zu 1,6 °C. Auch bei kurzen Eingriffen ist deshalb das Monitoring der Kerntemperatur sinnvoll. In der zweiten Phase verlangsamt sich die Auskühlung, doch wegen der Verschiebung der Zitter­ und Vasokonstriktionsschwelle ist der Organismus nicht in der Lage, seine Wärmeproduktion kompensatorisch zu steigern. In Abhängigkeit vom Raumklima erreicht die Kerntemperatur schließlich nach zwei bis drei Stunden eine Plateau­phase, die bis zu drei Grad Celsius unter der Normaltemperatur liegen kann. [2] [4] [5] [15]

Ker

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pera

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300 2 4 6 8

Legende:Schwitzen

Vasokonstriktion

Zittern

[Propofol] (µg/ml)

Zittern

Schwitzen

Vasokonstriktion

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Abb. 5: Verschiebung der Aktivierungsgrenzen thermoregulatorischer Mechanismen durch Anästhetika nach [4]

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16|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | HYPOTHERMIE

Auch bei rückenmarksnahen Regionalanästhesien (Epidural­ und Spinalanästhesie) besteht das Risiko einer Hypothermie. Hier kommt es ebenfalls zur Vasodilatation und zur Verschiebung der Zitter­ und Vasokonstriktionsschwelle. Die mittlere Hauttemperatur steigt jedoch und der Patient fühlt sich warm, obwohl er faktisch auskühlt. Deswegen ist die Überwachung der Kerntemperatur auch bei regionalen Anästhesien unerlässlich. [3] [5] [15] [16] [17]

3.2.2 THERAPEUTISCHE (PROTEKTIVE) HYPOTHERMIEVergleichbare Folgen wie eine akzidentelle hat die gezielt eingeleitete therapeutische Hypothermie, bei der der Patient kontrolliert auf 34 bis 32 °C heruntergekühlt wird.

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Abb. 6: Vermischung des zentralen und peripheren Blutes nach Narkoseeinleitung nach [4]

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Abb. 7: Verlauf der Kerntemperatur nach Narkoseeinleitung beim ungewärmten Patienten nach [4]

Ziel ist es, eine zerebrale Schädigung infolge apoptotischer Prozesse, durch erhöhte Konzentrationen freier Sauerstoffradikale, stimulierende (exzitatorische) Neurotransmitter und entzündungsbegünstigende (proinflammatorische) Mediatoren zu begrenzen. Diese therapeutische Intervention ist in den Leitlinien für Patienten nach außerklinischem Herzstillstand aufgrund von Kammerflimmern oder einer pulslosen ventrikulären Tachykardie festgeschrieben. Auch bei neonataler Asphyxie kommt die aktive Kühlung regelmäßig zur Anwendung. Bei Herzoperationen werden durch die Herz­Lungen­Maschine sogar Temperaturen von nur 14 bis 20 °C erreicht. [11] [18] [19] [20]Um eine wirksame Neuroprotektion zu erreichen, muss die therapeutische Hypothermie nach einem Herz­Kreislauf­Stillstand frühzeitig und schnell erfolgen. Der Metabolismus reduziert sich mit jedem Grad Celsius um zehn Prozent. Nach 12 bis 24 Stunden erfolgt dann die langsame, kontrollierte Wiedererwärmung. Für die Durchführung therapeutischer Hypothermien stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die sich in ihrer Effizienz, Invasivität und den Kosten unterscheiden. Bei allen ist ein kontinuierliches Monitoring der Kerntemperatur unabdingbar, um den Bereich der milden Hypothermie einzuhalten und unerwünschte Wirkungen zu minimieren. Die typischen Nebenwirkungen der Unterkühlung treten bei der thera­peutischen Hypothermie ebenso wie bei akzidenteller Unterkühlung auf, nur dass in diesem Fall der Nutzen höher als das zusätzliche Risiko zu bewerten ist. [3] [11] [15] [17] [18] [19] [20]

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3.3 FOLGEN VON HYPOTHERMIEHypothermie wirkt sich auf den gesamten Organismus aus. Subjektiv kommt es zu Stress, Unwohlsein und Kältegefühl. Muskelzittern ist der Ausdruck kompensatorischer Regulation.

Weitere Auswirkungen von Hypothermie:– verlängerte Wirkung von Medikamenten– Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen– Insulinresistenz, Hyperglykämie– erhöhte Amylaseaktivität, Pankreatitis– Infektionen, Wundinfektion, Wundheilungsstörungen – Thrombozytenfunktionsstörung, Thrombozytopenie, Erhöhung des intraoperativen

Blutverlustes, intrazerebrale Blutungen[3] [4] [5] [6] [15] [16] [17] [21]

Nicht selten wird Hypothermie erst zu spät oder gar nicht erkannt. Der Patient kühlt unbemerkt aus und oft wird der Zusammenhang von Auswirkung und Ursache nicht erkannt. Mit einem konsequenten Temperaturmonitoring und ­management lassen sich die negativen Folgen unerkannter Hypothermien vermeiden. Das birgt erheb­liches Einsparpotenzial, denn jeder perioperativ unterkühlte Patient ver ursacht im Durchschnitt zusätzliche Kosten zwischen 2.412 und 6.839 US­Dollar für die Behandlung der Hypothermiefolgen. Die Liegezeit verlängert sich im Mittel um durchschnittlich 2,6 Tage. [2] [22] [23] [24] [25]

3.4 PRÄVENTION UND THERAPEUTISCHE INTERVENTIONEN BEI HYPOTHERMIEObwohl die Inzidenz für Hypothermie bei postoperativen Patienten zwischen 41 und 60 Prozent beträgt, wird in europäischen Krankenhäusern die Temperatur bei Allgemeinanästhesien durchschnittlich nur bei jedem vierten Patienten gemessen. Bei Regionalanästhesien sind es sogar nur sechs Prozent. Als Prädikatoren für die Entstehung perioperativer Hypothermie gelten die präoperative Kerntemperatur, das Ausmaß des operativen Eingriffs, der intraoperative Flüssigkeitsumsatz und der postoperative Krankheitsschweregrad, gemessen anhand des SAPS­II­Score. [2] [26]

Um der Auskühlung im operativen Umfeld vorzubeugen, hat sich die Vorwärmung der Patienten bewährt. Die Peripherie kühlt dadurch den Körperkern nach der Narkoseeinleitung weniger ab. Empfohlen wird eine Vorwärmung für 30 bis 60 Minuten, doch auch bei einer Dauer von nur 15 Minuten zeigen sich bereits

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KOSTENEFFEKTIVITÄT BEI ERHALT VON NORMOTHERMIE: ANNAHME GERINGER KOSTEN PRO PATIENT

Bezugsgröße Effektgröße Kosten je Einheit [$] Einsparung [$]Erythrozyten [Einheiten] 1,05 112,00 117,60Plasma [Einheiten] 1,10 65,00 71,50Thrombozyten [Einheiten] 0,70 54,38 38,07Verweildauer [d] 7,67 200,00 1.534,00Zeit auf der Intensivstation [h] 4,19 25,00 104,75Infektion [%] 12,12 4.500,00 545,40Myokardinfarkt [%] 1,77 3.823,33 67,67Transfusion [%] 9,76 0,75 0,07Beatmung [%] 6,42 250,00 16,05Summe Einsparungen – – 2.495,11nach Mortalität – – 2.412,57 KOSTENEFFEKTIVITÄT BEI ERHALT VON NORMOTHERMIE: ANNAHME HOHER KOSTEN PRO PATIENT

Bezugsgröße Effektgröße Kosten je Einheit [$] Einsparung [$]Erythrozyten [Einheiten] 1,05 218,50 229,43Plasma [Einheiten] 1,10 69,91 76,90Thrombozyten [Einheiten] 0,70 54,38 38,07Verweildauer [d] 7,67 600,00 4.602,00Zeit auf der Intensivstation [h] 4,19 75,00 314,25Infektion [%] 12,12 14.000,00 1.696,80Myokardinfarkt [%] 1,77 5.097,60 90,23Transfusion [%] 9,67 2,00 0,20Beatmung [%] 6,42 400,00 25,68Summe Einsparungen – – 7.073,56nach Mortalität – – 6.839,55

Alter kleine Eingriffe mittlere Eingriffe große Eingriffe20 219 (53 – 563) £ 611 (159 – 1.557) £ 770 (274 – 1.727) £50 1.476 (426 – 3.649) £ 1.868 (633 – 4.120) £ 2.027 (763 – 4.269) £70 1.576 (461 – 3.903) £ 1.968 (663 – 4.461) £ 2.127 (813 – 4.554) £

Abb. 8: Einsparpotenzial durch Aufrechterhaltung von Normothermie nach [22]

Abb. 9: Einsparpotenzial durch Aufrechterhaltung von Normothermie nach [13]

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positive Effekte. [2] [9] [27] [28]

Im klinischen Rahmen ist es möglich, akzidentelle Hypothermien effektiv zu verhindern und somit unerwünschte Folgen zu minimieren. Bei sehr kurzen Eingriffen reicht es aus, den Patienten besser zu isolieren, um über die körpereigene Temperaturregulation Normothermie zu erhalten. Ebenso kann der Wärmeabfluss an die Umgebung durch Anhebung der Raumtemperatur verringert werden. Dieses Prinzip des Temperaturmanagements kommt in medizinischen Spezialbereichen, wie der Versorgung von Frühgeborenen im Inkubator oder auf Brandverletztensta­tionen, zum Einsatz. Pro Grad Celsius erhöhte Raumtemperatur verringern sich Wärmeverluste um jeweils zehn Prozent. Im regulären OP­Betrieb jedoch ist das Temperaturmanagement über die Raumtemperatur wegen der belastenden Auswir­kungen für das Personal meist nicht praktikabel.

Wenn passive Maßnahmen zur Erhaltung der Normothermie nicht ausreichen, kann Wärme auch mittels aktiver Maßnahmen zugeführt werden. Hierfür stehen diverse Systeme für unterschiedliche Anwendungsgebiete zur Verfügung, die sich hinsichtlich Effizienz, Invasivität und Kosten unterscheiden. [2] [29] [30]

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Kategorie Methode Invasivitätpassiv, extern Ungewärmte Tücher gering Angefeuchtete Atemluft geringaktiv, extern Umlufterwärmung gering Konduktive Wärmung gering Warmwasserbad (hoch) Infrarotstrahler gering Anhebung der Umgebungstemperatur geringaktiv, intern Angewärmte und angefeuchtete Atemluft mittel Gewärmte Infusionen mittel Intravaskuläre Wärmekatheter hochextrakorporal Hämodialyse/Hämofiltration hoch Venovenöses Wärmen hoch Arteriovenöses Wärmen hoch Extrakorporale Membranoxygenierung sehr hoch Kardiopulmonaler Bypass sehr hoch

Abb. 10: Kategorisierung verschiedener Wärmemethoden nach [29]

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22|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | FIEBER UND HYPERTHERMIE

4.1 DEFINITION VON FIEBER UND HYPERTHERMIEDie Begriffe Fieber und Hyperthermie beschreiben beide den Zustand einer über den Normalbereich hinaus erhöhten Kerntemperatur. Während es sich jedoch bei Fieber um eine geregelte physiologische Reaktion des Organismus handelt, stellt Hyperthermie eine Überforderung der körpereigenen Thermoregulation dar. Je nach Definition gelten bereits Werte ab 37,5 °C als erhöht.

4.2 URSACHEN UND ARTEN VON FIEBERMit Fieber reagiert der menschliche Körper sowohl auf infektiöse als auch auf nichtinfektiöse Auslöser. Bei intensivmedizinischen Patienten sind Infektionen die häufigste Ursache für Fieber. Vor allem handelt es sich dabei um Lungenent­zündungen und Sepsen. [31]

Neben Infektionen führen auch nichtinfektiöse, entzündliche Ursachen zu fieber­artigen Reaktionen. Dazu zählen Myokardialinfarkte, pulmonale Embolien und Tumore. Nur selten verursachen nichtinfektiöse Ursachen Temperaturen von mehr als 38,9 °C. Ausnahmen sind Patienten mit fiebrigen Reaktionen auf Medikamente oder Bluttransfusionen. Auch zerebrale Schädigungen können Temperaturen von bis zu 40 °C hervorrufen. Deswegen erfordert Fieber eine strukturierte Differenti­aldiagnostik, um unnötige und unangebrachte Medikamentengaben zu vermeiden. [31]

4 Fieber und Hyperthermie

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Nichtinfektiöse UrsachenAlkohol-/DrogenentzugPostoperatives Fieber (48 h postoperativ)Posttransfusionelles FieberArzneimittelfieberSchlaganfall/intrazerebrale BlutungNebennierenrindeninsuffizienzMyokardinfarktPankreatitisCholezystitis ohne CholelithenIschämische Darmerkrankung Aspirationspneumonie Atemnotsyndrom Subarachnoidalblutung

Fettembolie Abstoßungsreaktionen von TransplantatenTiefe VenenthromboseLungenembolieGicht/PseudogichtHämatom Zirrhose (ohne primäre Peritonitis) Gastrointestinale Blutung Phlebitis/ThrombophlebititsIntravenöse Gegenreaktion Neoplasie Dekubitus

Abb. 11: Ursachen für Fieber auf der Intensivstation nach [31]

Infektiöse UrsachenVentilatorassoziierte PneumonieSinusitisKathetersepsisSepsis durch gramnegative Erreger

Clostridium difficile DiarrhöAbdominale SepsisKomplizierte Wundinfektionen

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24|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | FIEBER UND HYPERTHERMIE

Zentrum der körpereigenen Temperaturregulation ist der Hypothalamus. Bei Fieber ist der Sollwert der Kerntemperatur im Hypothalamus gesteigert. Charakteristisch für Fieber ist ein Anstieg der Kerntemperatur bei fallender peripherer Temperatur. Kontinuierliches Thermomonitoring kann diese Divergenz nutzen, um Fieber von anderen Ursachen einer erhöhten Kerntemperatur abzugrenzen. In thermoregu­latorisch sensiblen Bereichen, wie der intensivmedizinischen Versorgung Frühgeborener in Wärmetherapiegeräten, ist das parallele Monitoring sowohl der zentralen als auch der peripheren Temperatur mittlerweile Routine. [6] [32] [33]

Vermittelt wird der Anstieg der Kerntemperatur bei Fieber durch Pyrogene. Eine Untergruppe davon sind die exogenen Pyrogene, die aus Toxinen und Hüllbestand­teilen von Mikroorganismen bestehen. Endogene Pyrogene dagegen bildet der Organismus selbst. Dabei handelt es sich vor allem um pyrogene Zytokine, die im Rahmen einer Abwehrreaktion von Immunzellen (Neutrophile, Makrophagen, Lymphozyten) produziert werden. [32]

Zu starke Temperaturanstiege im Rahmen der Fieberreaktion werden durch einen Regelmechanismus verhindert. Antiinflammatorische wirken der Synthese pyrogener Zytokine entgegen. Aber auch die Blockade zytokiner Rezeptoren und eine Steigerung der Wärmeabgabe durch die Stimulierung wärmesensitiver Neuronen begrenzen den Temperaturanstieg. Diese antipyretischen Systeme schützen den Organismus vor schädlichen Konsequenzen unkontrollierten Fiebers. [32]

Die Dauer und die Höhe von Fieber können Rückschlüsse auf dessen Genese zulassen. Akutes Fieber mit einer Dauer von unter sieben Tagen ist typisch für infektiöse Ursachen („fiebriger Infekt“), während subakutes Fieber von weniger als zwei Wochen unter anderem auf einen intraabdominalen Abszess hinweisen kann. Chronisches Fieber tritt bei chronischen Infektionen wie der HIV­Infektion auf, aber auch bei Malignomen. Hohe Temperaturen oberhalb von 38,9 °C deuten auf die Abwehr einer Infektion hin. [32]

Auch der Verlauf einer Fieberreaktion sowie deren Rückgang hat diagnostische Aussagekraft. So können charakteristische Fieberkurven auf die Ursache der Temperaturerhöhung hinweisen. [32] [34] [35]

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40

39

38

37

104.0

102.2

100.4

98.6

Tag 1Zeit

°C

Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 Tag 6 Tag 7 Tag 8

Legende:

°F

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2

Abb. 12: Verlauf verschiedener Fieberkurven nach [36]

4.3 FOLGEN VON FIEBERFieber ist eine maßgebliche Funktion im Rahmen der unspezifischen Abwehr. Eine Temperaturerhöhung aktiviert T­Lymphozyten, Neutrophile und Makro­phagen sowie die Produktion von Antikörpern und Zytokinen und moduliert so die Immunität. Gleichzeitig wird das mikrobielle Wachstum vieler Erreger gehemmt, die bei normaler Körpertemperatur optimale Wachstumsbedingungen haben. Sehr hohe Temperaturen von über 41 °C können zu Störungen der Blutgerinnung und von Enzymfunktionen führen. Auch Wahrnehmungsstörungen oder Verwirrtheit sind möglich. Darüber hinaus kommt es wie bei Hyperthermie zu einem gestei­gerten Herzminutenvolumen, einem erhöhten Sauerstoffverbrauch sowie zu Flüssig­keitsverlusten. [31] [35]

4.4 THERAPEUTISCHE INTERVENTIONEN BEI FIEBERFieber ist nicht nur ein Symptom, sondern erfüllt wichtige Aufgaben in der Abwehr von Erkrankungen, weshalb in den meisten Fällen nicht die Senkung des Fiebers an sich, sondern die Behandlung von dessen Ursache im Mittelpunkt stehen sollte. Darüber hinaus liefert der Verlauf einer Fieberkurve wertvolle Informationen über eine Erkrankung und den Erfolg therapeutischer Interventionen. Wegen des erhöhten Sollwerts im Hypothalamus reagiert der Organismus bei Fieber mit peripherer Vasokonstriktion und somit bereits wie auf eine kalte Umgebung. Zusätz­liche äußere Kühlung kann in dieser Situation zu Hypermetabolismus und anhaltendem Fieber führen. Daher sind kühlende Maßnahmen bei Patienten mit

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26|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | FIEBER UND HYPERTHERMIE

Fieber (nicht Hyperthermie) oft kontraindiziert. [31] [32]Eine aktive Fiebersenkung mit kühlenden Maßnahmen und antipyretischer Medikation kann sinnvoll sein, wenn eine hohe Körpertemperatur selbst starken

Leidensdruck verursacht. Hier sind die Vor­ und Nachteile der Fiebersenkung abzuwägen. Bei der Neigung zu Fieberkrämpfen bei Kleinkindern ist eine frühe medikamentöse Intervention sinnvoll, um einen zu schnellen Fieberanstieg zu vermeiden. Eindeutig indiziert ist die Fiebersenkung bei akuten Kopfverletzungen, bei Patienten mit eingeschränkter Herz­Lungen­Funktion und bei sehr hohen Kerntemperaturen von mehr als 40 °C. Bei Fieber über 41 °C spricht man von Hyperpyrexie, die als medizinischer Notfall einzustufen ist. [31] [32]

4.5 URSACHEN UND ARTEN VON HYPERTHERMIEHyperthermie ist im Gegensatz zu Fieber ein durch den Körper nicht geregelter Zustand. Wenn einem Organismus mehr Wärme zugeführt wird oder bei starker körperlicher Aktivität mehr Wärme entsteht, als er an die Umgebung abführen kann, steigen sowohl die periphere als auch die Kerntemperatur an. Pyrogene sind an der Entwicklung einer Hyperthermie nicht beteiligt, weshalb antipyretische Medika­mente in diesem Fall keine Wirkung zeigen.

4.5.1 THERAPEUTISCHE HYPERTHERMIEDie Überwärmung entweder von begrenzten Körperarealen oder auch des ganzen

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38

39

Kältegefühl,geringe Haut-durchblutung,Schüttelfrost

Hitzegefühl,starke Haut-

durchblutung,Schwitzen

Ker

ntem

pera

tur

in °C

Zeit

Legende:Sollwert Istwert

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-201

2

Abb. 13: Fieberkurve

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Körpers kommt vorwiegend in der Krebstherapie zum Einsatz. Tumorzellen können Wärme aufgrund ihrer Blutversorgung weniger effektiv abführen als gesundes Gewebe. Die therapeutische Hyperthermie verursacht im Tumorgewebe einen Hitzestau, der zu einer Unterversorgung der Tumorzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen führt. Zudem gibt es Evidenz, dass Zytostatika in Kombination mit einer Wärmetherapie besser wirken, indem die Erwärmung Reparaturmechanismen in den Tumorzellen hemmt. Hyperthermie aktiviert die körpereigene Tumorabwehr, indem sie die Präsentation von tumorantigenen Strukturen auf der Oberfläche der Tumorzellen verstärkt, was eine Erkennung als Tumorzelle ermöglicht. Außerhalb der Onkologie wird die therapeutische Hyperthermie bei Rheuma, Arthrose und Migräne eingesetzt. [37] [38] [39] [40] [41]

4.5.2 MALIGNE HYPERTHERMIEDie Maligne Hyperthermie ist eine sehr seltene, lebensbedrohliche Entgleisung des Stoffwechsels der Skelettmuskulatur, die als Komplikation einer Narkose auftreten kann. Frühe Zeichen sind eine erhöhte Kohlenstoffdioxidkonzentration (Hyper­kapnie), eine Steigerung der Herzfrequenz (Tachykardie), Muskelstarre (Rigor), Übersäuerung (metabolische Azidose) und Sauerstoffmangel (Hypoxie). Im weiteren Verlauf kommt es dann zum Temperaturanstieg (Hyperthermie). Auch Herzrhyth­musstörungen, Blutdruckabfall (Hypotonie), Muskelzerfall (Rhabdomyolyse) und Kaliumfreisetzung (Hyperkaliämie) treten auf. Die Maligne Hyperthermie ist ein anästhesiologischer Notfall, der als Sofortmaßnahme die Unterbrechung der Narkosemittelzufuhr erfordert. Mit dem Muskelrelaxans Dantrolen, das zur Standardausstattung jedes Anästhesieplatzes gehört, steht eine kausal wirksame Therapie zur Verfügung. [42]

4.6 FOLGEN VON HYPERTHERMIEDurch Schwitzen kommt es zu Flüssigkeitsverlusten. Negativ wirkt sich aus, dass mit der Körpertemperatur das Herzminutenvolumen steigt. Auch der Energieaufwand steigt und der Sauerstoffverbrauch erhöht sich mit jedem Grad Celsius um 10 Prozent. [31] [35]

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28|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR |MESSORTE UND MESSMETHODEN

5.1 STAND DER TECHNIKSchon in der Antike wurde der Zusammenhang zwischen Wärme und Ausdehnung von Materialien erkannt. Eines der frühesten Temperaturmessgeräte war das Thermoskop (Abbildung 14), ein Glasbehälter, in Wasser getaucht, in dem je nach Temperatur der Wasserstand stieg oder fiel. In weiterer Folge wurde anstatt Luft die Ausdehnung von Alkohol und später von Quecksilber und Gallium zur Tempera­turmessung herangezogen. Ausgehend von der ersten Temperaturskala, die Ole Christensen Rømer 1701 entwickelt hatte, legten schließlich 1724 Daniel Gabriel Fahrenheit und im Jahr 1742 Anders Celsius verbindliche Referenztemperaturen fest und begründeten damit die Thermometrie im heutigen Sinne.

Eine erste umfangreiche Untersuchung der Kerntemperatur hat Carl Reinhold

5 Messorte und Messmethoden

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4730

-201

2

Abb. 14: Thermoskop [43]

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August Wunderlich durchgeführt („Das Verhalten der Eigenwärme in Krankheiten“, 1868, Abbildung 15). Der Physiologie­ und Medizinpionier vermaß die Körpertempe­ratur zahlreicher Patienten und legte damit den Grundstein für eine systematische Betrachtung. Wunderlich beschrieb ausführlich die noch heute aktuellen Probleme und Schwierigkeiten, die Kerntemperatur zu messen.

Lange Zeit war für das Erfassen der Körpertemperatur die Messung mittels eines Quecksilberthermometers Standard. Diese Messmethode ist mit zahlreichen

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2

Nachteilen behaftet: Vor allem in der Anfangszeit wurden dabei große und teilweise schlecht ablesbare Instrumente verwendet. Darüber hinaus ist sie langsam und bei einem Entweichen von Quecksilber aus dem Thermometer potentziell gesund­heitsschädlich. Während weltweit noch immer zahlreiche Quecksilberthermometer im Einsatz sind, wird die Technologie der Ausdehnungsthermometer zunehmend zugunsten der elektronischen Thermometrie und anderer neuer Technologien verlassen.

Elektronische Messmethoden, die heute häufig am Patienten verwendet werden, arbeiten mit Thermistoren und Thermoelementen, mit einer sehr guten (Labor­)

Abb. 15: Das Verhalten der Eigenwärme in Krankheiten

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30|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | MESSORTE UND MESSMETHODEN

Genauigkeit von ± 0,1 °C. Auch Flüssigkeitskristall­ und Infrarotsensortechnologien kommen in modernen Thermometern zur Anwendung. Elektronische Thermometer auf der Basis von Thermistoren oder Thermoelementen bestehen aus einem gut wärmeleitenden Gehäuse, in dem sich der entsprechende Sensor befindet. Diese Gehäuse können für die Messung auf der Haut, aber auch in Körperhöhlen und sogar im Gewebe und Blutkreislauf entsprechend adaptiert und miniaturisiert werden.

Temperaturmessmethoden, die auf der Erfassung von Wärmestrahlung beruhen, haben den Vorteil, berührungslos messen zu können. Weit verbreitet ist das Prinzip, unter Verwendung von Infrarottechnologie von der Temperatur des Trommelfells oder der Temporalarterie auf die Kerntemperatur zu schließen. Schließlich existieren Methoden, die Temperaturen über den Wärmefluss messen. Aktive Wärmefluss­thermometer (sogenannte Zero­Heat­Flux­Thermometer) und passive Wärme­flussthermometer basieren in der Regel ebenfalls auf Thermistorentechnologie.

Alle elektronischen Messmethoden haben den inhärenten Nachteil, dass ihre Ausgabe – eine digitale Zahl – falsche Genauigkeit suggerieren kann. Dazu kommt, dass kaum ein Kerntemperaturthermometer auf Fehlmessung, Dislokation oder Artefakte hinweist.

Grundsätzlich lassen sich die Methoden der Kerntemperaturmessung nach der Invasivität der Messverfahren unterscheiden:

– Nichtinvasiv sind alle Temperaturmessmethoden, bei denen die Messung über die Haut erfolgt.

– Wenig invasive Messmethoden erfordern ein Einführen der Temperatursonde in ein natürliches Orificium ohne größere Komfortbeeinträchtigung des Patienten (Mund, Ohr, Rektum).

– Invasive Messmethoden erfordern ebenfalls das Einführen von Temperatursonden, jedoch entweder in ein natürliches Orificium mit Komfortbeeinträchtigung des Patienten (Ösophagus, Harnblase, Nasopharynx), direkt in Körpergewebe (Nadelsonden) oder in das Blutgefäßsystem (z. B. Pulmonaliskatheter).

Die genauesten Messergebnisse lassen sich mit invasiven Verfahren erzielen. Diese kommen jedoch nur unter intensivmedizinischen Bedingungen zum Einsatz. Bei Patienten mit einer Gefährdung zerebralen Gewebes, zum Beispiel nach Schädel­Hirn­Trauma, Hirnblutung oder während chirurgischer Eingriffe mit verringerter Hirndurchblutung, kann ein Monitoring der intrazerebralen Temperatur in Kombination mit intrazerebraler Gewebsoxymetrie indiziert sein. Die in Herznähe gemessene Kerntemperatur ist bei vielen herzchirurgischen Patienten relevant.

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Aber diese beiden Verfahren sind maximalinvasiv: Die intrazerebrale Temperatur lässt sich nur über eine Schädel­Trepanation direkt im Hirngewebe messen. Für das Erfassen der Kerntemperatur in Herznähe sind die Punktion einer großen Vene und das Einführen eines Swan­Ganz­Einschwemmkatheters (Pulmonaliskatheter) erfor­derlich. Beide Methoden sind, obwohl theoretisch „Goldstandard“, nur realisierbar, wenn weitere Indikationen für eine Schädeltrepanation oder für das Legen eines Pulmonaliskatheters bestehen. Ausschließlich zum Zweck der Temperaturmessung und für Temperaturvergleichsstudien sind sie nicht geeignet.

Die optimale Auswahl einer Temperaturmessmethode ist in der Praxis von zahlreichen Faktoren abhängig:

– Der Wachheitszustand des Patienten (Wachzustand, Sedierung oder Narkose) determiniert die tolerable Invasivität.

– Die Wahrscheinlichkeit, dass schnelle Temperaturänderungen auftreten, und die Notwendigkeit, rasch eine Einzelmessung durchzuführen, beeinflussen die Wahl einer schnellen oder langsamen Messmethode.

– Die Notwendigkeit, Temperaturen im Verlauf zu dokumentieren und zu beurteilen, entscheidet darüber, ob eine singuläre Messung ausreicht oder eine kontinuierliche Messmethode über einen längeren Zeitraum zu wählen ist.

– Ein einfaches Screening zur Erkennung von Fieber oder Hypothermie erfordert weniger Aufwand als eine möglichst genaue Messung.

5.2 NICHTINVASIVE METHODEN DER KERNTEMPERATURMESSUNG

5.2.1 HAUTTEMPERATURMESSUNG AXILLAR

Die axillare Temperaturmessung ist weltweit noch immer eine der am häufigsten angewendeten Messmethoden; nicht nur im häuslichen Bereich, sondern trotz bekannter Ungenauigkeit auch im Krankenhaus. Zur axillaren Temperaturmessung

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Abb. 16: Digitales Fieberthermometer

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32|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR |MESSORTE UND MESSMETHODEN

wird ein Thermometer in der Nähe der Arteria axillaris in die Achselhöhle eingelegt und für einige Minuten über ein Anpressen des Oberarmes in der Achselhöhle des Patienten fixiert. Die axillare Temperatur ist typischerweise um ein bis zwei Grad Celsius niedriger als die eigentliche Kerntemperatur. Zusätzliche Messfehler mit falschen niedrigen Ergebnissen entstehen bei der axillaren Temperaturmessung durch eine zu kurze Messdauer oder Dislokationen des Thermometers. Wegen ihrer Langsamkeit, der Anfälligkeit für Messfehler und der hohen systemimmanenten Ungenauigkeit gilt die axillare Temperaturmessung heute als nicht empfehlenswert für den klinischen Einsatz. [44] [45] [46] [47] [48] [49]

5.2.2 HAUTTEMPERATURMESSUNG AUF DER STIRN

Die Messung der Körpertemperatur auf der Stirn ist ebenfalls eine weit verbreitete Methode. Hier ist der wohl am häufigsten zum Einsatz kommende „Sensor“ die menschliche Hand, deren Fähigkeit zur Unterscheidung von Fieber oder Normo­thermie durchaus vergleichbar ist mit anderen ungenauen, aber technologisch aufwändigeren Messmethoden. [50] [51] [52]

Häufig wird die Stirntemperatur auch mit Flüssigkristallthermometern gemessen. Thermochrome Flüssigkristalle ändern temperaturabhängig ihre Farbe. Flüssig­kristallthermometer zeigen entweder eine grobe Temperaturskala an oder nur das Vorhandensein von Normothermie beziehungsweise Fieber. Für klinische Zwecke sind Flüssigkristallthermometer zu ungenau. [53] [54] [55] [56]

Eine direkte Hauttemperaturmessung ist mit der Thermistoren­ oder Thermo­elementtechnologie möglich. Dabei müssen etwa zwei Grad Celsius zur gemessenen Stirntemperatur addiert werden, um zu einer ungefähren Schätzung der Kerntem­peratur zu kommen. [57] Hauptproblem der Temperaturmessung an der Stirn ist, dass sie – wie an allen

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Abb. 17: Flüssigkristallthermometer

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anderen Hautbereichen auch – nicht für die Kerntemperatur repräsentativ ist. Die Hauttemperatur ist gerade hier stark von externen Faktoren (Sonneneinstrahlung, kalte Luft) und internen Faktoren (Schwitzen, Vasokonstriktion) abhängig. [58]

5.2.3 TEMPORALARTERIENTHERMOMETER

Temporalarterienthermometer messen die Temperatur ebenfalls an der Stirn, aber

gezielt über der Arteria temporalis. Solche Thermometer werden über die Stirn geführt und registrieren die Temperatur an der Stelle des höchsten Wertes, die in der Regel direkt über der Temporalarterie liegt. Temporalarterienthermometer weisen ähnliche Einschränkungen und Probleme auf wie die Stirntemperaturmessung: mangelnde Übereinstimmung mit der Kerntemperatur, Abhängigkeit von Umgebungs­faktoren und falsche Werte durch Abkühlung der Haut bei starkem Schwitzen. Temporalarterienthermometer sind für klinische Situationen, die hohe Messge­nauigkeit und Reproduzierbarkeit erfordern, nicht geeignet. Mit bisher erhältlichen Systemen ist auch keine kontinuierliche Messung möglich. [59] [60] [61] [62] [63]

5.3 WENIG INVASIVE METHODEN DER KERNTEMPERATURMESSUNG

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Abb. 18: Temporalarterienthermometer

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34|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | MESSORTE UND MESSMETHODEN

5.3.1 ORALE MESSUNG

Ein häufig genutzter Messort für die Körpertemperatur ist die Mundhöhle. Typischer­weise wird der Patient angewiesen, das Thermometer für die Dauer der Messung in sublingualer Position zu halten. Je nach Patientencompliance ist so eine mehr oder weniger akzeptable Annäherung an die Kerntemperatur möglich. Problematisch an dieser Messmethode sind die Beeinflussung der oralen Temperatur durch Nahrungs­mittel, mokusale Entzündungen und Luftzirkulationen in der Mundhöhle. Auch hier ist eine kontinuierliche Temperaturmessung nicht möglich. [64] [65]

5.3.2 KERNTEMPERATURMESSUNG ÜBER DAS TROMMELFELL

Eine der am häufigsten eingesetzten Temperaturmessmethoden ist die tympanische Temperaturmessung mittels Infrarotsensor. Aber auch dieses Prinzip ist fehleran­fällig und ungenau. Die Messung erfolgt über das Einführen eines Sensors in den

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Abb. 19: Digitales Fieberthermometer

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Abb. 20: Infrarotthermometer

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Gehörgang des Patienten. Im Idealfall misst der Sensor dann die Temperatur des Trommelfells, woraus auf die Kerntemperatur geschlossen werden kann. Meist jedoch gelingt dies nicht: Oft wird das Thermometer zu zögerlich eingeführt, oder es ist schon vom Hersteller aus Sicherheitsgründen so gebaut, dass es nicht ausrei­chend tief in den Gehörgang eingeführt werden kann. Im Gehörgang befindet sich nicht selten Cerumen, das den Messwert verfälscht. Bei der tympanischen IR­Messung wird also oft statt der gewünschten Kerntemperatur nur die des äußeren Gehörgangs oder von Cerumen vermessen. [66] [67] [68] [69] [70] [71] [72] [73]

Eine direkte Temperaturmessung am Tympanon ist mittels spezieller Wattesonden möglich, die in Kontakt mit dem Trommelfell gebracht werden. Diese Messmethode ist ähnlich genau wie die ösophageale Messung, in der Handhabung allerdings aufwändig. Für wache Patienten ist sie nur bedingt tolerabel, da der Kontakt der Sonde mit dem Trommelfell schmerzhaft ist. Zudem birgt die Methode das (aller­dings geringe) Risiko einer Trommelfell­Perforation. [74] [75]

5.3.3 REKTALE MESSUNG

Für die rektale Messung wird ein Temperaturkatheter in den Anus eingeführt und

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Abb. 22: Temperatursonde

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Abb. 21: Temperatursonde zur kontaktbehafteten Messung am Trommelfell

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DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | MESSORTE UND MESSMETHODEN

mehrere Zentimeter ins Rektum vorgeschoben. Ein großer Nachteil dieser Methode ist die hohe Latenz der rektalen Temperatur, abhängig von der Füllung der Ampulla recti. Bei gefüllter Ampulle kann sie bis zu einer Stunde gegenüber der realen Kerntemperatur verzögert sein. Auch ist die Fixierung der rektalen Temperatur­sonde über längere Zeiträume in der Praxis oft schwierig. In sehr seltenen Fällen kann es zu Darmperforationen kommen, insbesondere wenn die Temperatursonde zu tief eingeführt wird. Trotz ihrer Nachteile ist die rektale Temperaturmessung in der Regel den anderen wenig invasiven Messmethoden vorzuziehen. Sie ist jedoch ungenauer als invasivere Temperaturmessungen wie im Ösophagus oder in der Blase. [48] [76] [77] [78]

5.4 INVASIVE METHODEN DER KERNTEMPERATURMESSUNG

5.4.1 NASOPHARYNX

Die Temperaturmessung über den Nasopharynx ist in der Regel nur beim narko­tisierten Patienten einsetzbar. Hierzu wird der Sensor in die Nase eingeführt und oberhalb des harten Gaumens in der Nasenhöhle platziert. Nicht narkotisierte Patienten empfinden die Temperatursonde als Fremdkörper und oft als unangenehm. Zudem kann der Luftstrom der Atmung im Nasopharynx die Messwerte deutlich verfälschen. Eine mögliche Komplikation der nasopharyngealen Temperaturmessung ist die Auslösung von Epistaxis. Aber unter geeigneten Bedingungen ist die Methode verhältnismäßig genau und bildet die Kerntemperatur akzeptabel ab. [79] 5.4.2 ÖSOPHAGUS

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Abb. 23: Temperatursonde

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Für die ösophageale Temperaturmessung wird eine Sonde durch Nase oder Mund in den Ösophagus eingeführt und in Herzhöhe positioniert. Beim Einführen der Sonde über die Nase kann es zu Epistaxis kommen; bei Ösophagusvarizen kann eine Varizenblutung entstehen. Wie die nasopharyngeale ist auch die ösophageale Tempe­raturmessung für wache Patienten unangenehm. Bei narkotisierten Patienten kommt sie oft zum Einsatz, da sie eine hohe Genauigkeit aufweist und weil diese Katheterposition für Dislokationen wenig anfällig ist. Die ösophageale Messung wird daher auch in Methodenvergleichsstudien als Alternative zu invasiveren Methoden (z. B. dem Pulmonaliskatheter) eingesetzt. [48] [80] [81]

5.4.3 HARNBLASE

Zur Messung der Temperatur in der Harnblase wird ein Blasenkatheter eingeführt, an dessen Ende sich eine Temperatursonde befindet. Diese Methode ist vor allem für Patienten sinnvoll, die im Laufe ihrer Behandlung ohnehin einen Harnkatheter

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Abb. 25: Blasenkatheter mit Temperatursonde

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Abb. 24: Temperatursonde

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benötigen, und birgt im Vergleich zum Harnkatheter ohne Temperatursonde keine zusätzlichen Risiken. Vorteilhaft bei dieser Messtechnik sind die geringe Disloka­tionsgefahr und die verhältnismäßig hohe Genauigkeit der Methode. [48] [82] [83] Sie wird in Methodenvergleichsstudien bei nicht narkotisierten Patienten, die eine Harnkatheterisierung benötigen, daher ebenfalls als Alternative zu inva siveren Messmethoden herangezogen. In mehreren Publikationen wird aller­dings einschränkend darauf hingewiesen, dass die Temperatur in der Blase von der Harnproduktion abhängen kann. [84] [85]

5.5 NEUE TECHNOLOGIEN

5.5.1 ZERO-HEAT-FLUX-TECHNOLOGIEDie Zero­Heat­Flux­Technik basiert auf der thermischen Isolation eines Hauta­reals und einem aktiven Wärmeelement. Zwischen dem Wärmeelement und dem Hautareal wird ein thermisches Gleichgewicht hergestellt. Damit lässt sich auf die Kerntemperatur rückschließen. Das System benötigt für das aktive Wärmeelement zwangsläufig eine Stromversorgung. Für den Patienten wird das Tragen des Sensors aufgrund der Wärme auf Dauer unangenehm und unter Wärmesystemen ist der Einsatz, bedingt durch das Wirkprinzip, nicht möglich. Zero­Heat­Flux­Sensoren sind kommerziell erhältlich, allerdings trotz guter Genauigkeit bisher nur mit geringer Verbreitung. [86] [87]

5.5.2 HEAT-FLUX-/DOPPELSENSORTECHNOLOGIE

DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | MESSORTE UND MESSMETHODEND

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Abb. 26: Heat-Flux-/Doppelsensortechnologie

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Die Heat­Flux­ oder Doppelsensortechnologie verzichtet auf ein aktives Wärmelement. Hier wird der Wärmefluss eines isolierten Hautareals mittels zweier Temperatursensoren und eines definierten thermischen Isolators gemessen und daraus auf die Körperkerntemperatur rückgeschlossen. Dadurch wird ein Einsatz unter hohem Tragekomfort auch in Kombination mit Wärmesystemen möglich. [88] [89]

Beide Wärmeflussmethoden zeichnen sich durch geringe Invasivität und hohe Genauigkeit aus. Ungeeignet sind sie für Screenings, da genaue Ergebnisse erst mit einer Verzögerung von einigen Minuten nach der Herstellung eines thermischen Gleichgewichts möglich sind. Nach Erreichen dieses Zustandes ist allerdings eine zügige Anpassung an Änderungen der Kerntemperatur gegeben.

5.5.3 THERMOGRAPHIE

Thermographie ist die Aufnahme von Körperarealen mittels Infrarotkamera. Damit ist es möglich, die Temperaturverteilung auf der Haut von Patienten zu registrieren. Die Technik ist für eine Messung der Kerntemperatur zu ungenau, bietet aber spezielle Anwendungsmöglichkeiten wie die Beobachtung der Temperatur von Transplantaten, Erkennen von Vasokonstriktion und Zentralisierung, Messung von Wärmeverlust bei Operationen oder Massentemperaturscreenings. [90]

5.6 EXPERIMENTELLE TECHNOLOGIEN

38|39

D-6

4741

-201

2

Abb. 27: Wärmebildkamera

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DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | MESSORTE UND MESSMETHODEN

Ort Genauigkeit Reaktionszeit Invasivität Komfort AspektePulmonalarterie Gold- kurz hoch gering Infektion, Komplikationen standard aufgrund von Punktionen*Ösophagus gut kurz mäßig gering Lokale Irritationen, ösopha- geale Perforation (selten), unangenehm für wache Patienten, mögliche Beein- flussung durch AtmungBlase gut kurz hoch gering Infektion**, Genauigkeit ab- hängig von UrinproduktionRektum mäßig lang mäßig gering Lokale Irritationen, rektale PerforationNasopharynx gut kurz mäßig gering Lokale Irritationen/Schnitt- wunden, Dislokation, NasenblutenGastrointestinale gut mittel/lang gering hoch Keine Standardmess-Pille positionTrommelfell, gut kurz mäßig gering Lokale Irritation,mit Kontakt Perforation des Trommel- fells, DislokationTrommelfell, gering kurz gering hoch Genauigkeitkontaktlos (IR)Oral mäßig kurz gering mäßig GenauigkeitAxillar gering lang gering hoch GenauigkeitStirn gut lang gering hoch Lange StartzeitInnerer Lidwinkel gering mittel gering hoch Nicht verlässlich

* Pulmonaliskatheter werden fast ausschließlich zum hämodynamischen Monitoring verwendet. In diesem Fall erhöht die Temperaturmessung nicht die Invasivität oder das Risiko für Komplikationen.

** Urinkatheter werden für die Urindrainage eingeführt. In diesem Fall erhöht die Temperaturmessung nicht die Invasivität oder das Risiko für Komplikationen. Es besteht keine medizinische Indikation, einen Tempe-ratursensor in die Blase einzuführen, wenn es keine Indikation für einen Urinkatheter gibt.

Abb. 28: Vergleich verschiedener Temperaturmessmethoden [6]

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5.6.1 TEMPERATURMESSUNG MIT ULTRASCHALLDie Geschwindigkeit, mit der Ultraschall das Gewebe durchdringt, hängt unter anderem von der Temperatur des Gewebes ab. Aus der Reflexion von Ultraschall­wellen kann so auf die Temperatur im Gewebe rückgeschlossen werden. [91]

5.6.2 TEMPERATURMESSUNG MIT MAGNETRESONANZEbenso werden verschiedene Parameter im Kernspintomogramm von der Tempe­ratur beeinflusst. Prinzipiell lässt das Messungen mit einer Genauigkeit von bis zu 0,2 – 0,3 °C zu. Großer Vorteil einer Implementierung dieser Methode wäre die Möglichkeit, die Temperatur während langer Untersuchungen im Magnetresonanz­tomographen zu messen, bei denen die Kerntemperatur der Patienten durch die applizierten Radiowellen bis in pathologische Bereiche ansteigen kann. [92] [93]

5.6.3 SIMULATION DER KERNTEMPERATURÄnderungen in der Kerntemperatur können auch mittels Simulation antizipiert werden. Dies kann bei der Entscheidungsfindung, welche Wärmeerhaltungs­methode appliziert werden soll (z. B. aktives Wärmen versus passives Wärmen während Operationen), hilfreich sein. Für eine solche Simulation werden Patienten­ und Umgebungsparameter sowie Zeitabläufe in ein Programm ein gegeben, das dann den wahrscheinlichen weiteren Kerntemperaturverlauf simuliert. Dies ermöglicht in wenig komplexen Situationen eine gute Näherung an die tatsächliche Entwicklung der Kerntemperatur. [94] [95] [96]

5.6.4 HIRNTEMPERATURTUNNELDie Theorie des Hirntemperaturtunnels besagt, dass es einen direkten „Tempe­raturtunnel“ (über die Vena ophtalmica superior) gibt, der vom Gehirn über den inneren Augenkanthus nach außen führt und über den eine „direkte“ Messung der Hirn temperatur möglich ist. Im wissenschaftlichen Diskurs ist die Existenz eines solchen Temperaturtunnels zwischen Gehirn und Augeninnenwinkel umstritten. Erste Hirntemperaturtunnel­Messgeräte sind aber in den USA kommerziell erhältlich. [97]

40|41

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42|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | NICHTINVASIVE MESSUNG DER KERNTEMPERATUR MITTELS DOPPELSENSORTECHNOLOGIE

Im anästhesiologischen und intensivmedizinischen Bereich gehört das Messen der Kerntemperatur bei vielen Patienten zum Routinemonitoring der Vitalparameter. Wenn eine genaue und kontinuierliche Messung indiziert ist, kommen invasive Messmethoden zum Einsatz (Rektum, Ösophagus, Blase). Diese Verfahren liefern zuverlässige Ergebnisse, sind jedoch aufwändig und für die Patienten teilweise belastend. In der Praxis wird daher oft auch in Fällen, in denen das kontinuierliche Temperaturmonitoring indiziert wäre, darauf verzichtet. Nichtinvasive Messver­fahren wie die axillare, orale oder die Ohrtemperaturmessung sind deutlich einfacher zu handhaben und wenig invasiv, aber ungenau und nicht für eine konti­nuierliche Überwachung geeignet. Ihr Nutzen für den klinischen Einsatz ist deshalb beschränkt.

Eine neue Möglichkeit, die Kerntemperatur kontinuierlich und nichtinvasiv zu messen, bietet die Doppelsensormethode.

Das Doppelsensorsystem misst die Kerntemperatur des Patienten an der Körperober­fläche. Es besteht aus zwei separaten Temperatursensoren, die durch eine isolie­rende Schicht voneinander getrennt sind. Zur Anwendung wird der Doppelsensor auf die Stirn geklebt.

6 Nichtinvasive Messung der Kerntemperatur mittels Doppelsensortechnologie

Thermoelement (Th1)

Thermoelement (Th2)Thermischer Isolator (ks)

Gewebe (kg)

Q1

Tcore

Q2

D-6

4727

-201

2

Abb. 29: Schematischer Aufbau des Doppelsensors

Während der eine Sensor die oberflächennahe Hauttemperatur registriert (Th1), misst der andere (Th2) den Wärmefluss (Q2) zur Umgebung. Diese Informationen ermöglichen es, die kernnahe Körpertemperatur zu berechnen.

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Die Berechnung erfolgt nach der Formel:

ks beschreibt den Wärmeleitungskoeffizient des Sensors, kg den Wärmeleitungskoeffizienten des Gewebes. Th1 und Th2 sind die Temperaturen der beiden Sensoren, Tcore entspricht der Kerntemperatur im Kopf. Q1 entspricht dem Wärmefluss zwischen dem Kern und der Haut, Q2 dem Wärmefluss zwischen den beiden Sensoren.

Ausgehend davon, dass der Wärmefluss Q2 durch den Sensor dem Wärmefluss durch die Haut Q1 entspricht, lässt sich die Kerntemperatur durch Messung der beiden Sensortemperaturen errechnen. Das System liefert valide, kontinuierliche Messwerte, sobald der Sensor auf der Haut appliziert ist und sich nach einigen Minuten ein thermisches Gleichgewicht eingestellt hat.

In einer klinischen Studie wurde gezeigt, dass die Genauigkeit des Doppelsensors der von invasiven Verfahren wie der Ösophagus­ oder Blasenmessung entspricht. Die technische Genauigkeit (Laborgenauigkeit) wird für die elektronischen Kompo­nenten des Doppelsensors mit ± 0,1 °C angegeben. Die klinische Genauigkeit erreicht im Vergleich zur Ösophagus­ bzw. Blasenmessung bei Kerntemperaturen zwischen 35 und 38 °C sowie Umgebungstemperaturen zwischen 15 und 40 °C eine Standardabweichung von ± 0,3 °C und ein Bias von annähernd 0 °C. 90 Prozent der Messwerte weichen um weniger als 0,5 °C vom Referenzverfahren ab. In einer weiteren Studie wurde nachgewiesen, dass zwischen Operationen in Vollnarkose und mit regionaler Anästhesie keine Unterschiede in der Genauigkeit bestehen. [89] [98]A: Patientenmonitor

Tcore = Th1 + ks (Th1 – Th2) kg

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44|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | NICHTINVASIVE MESSUNG DER KERNTEMPERATUR MITTELS DOPPELSENSORTECHNOLOGIE

B CA

D-6

4728

-201

2

Abb. 30: Praktische Anwendung des Doppelsensors

B: Doppelsensor C: Sinushöhlen

Das Prinzip der Wärmeflussmessung macht das Doppelsensorsystem von der Umgebungstemperatur unabhängig. Geprüft ist die zuverlässige Funktion auch beim Einsatz von Warmluftdecken und in Operationsumgebungen mit laminarem Luftstrom.

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Im Körper existieren verschiedene Temperaturkompartimente mit jeweils eigener Bedeutung. Für klinische Diagnosen sowie in Bezug auf rechtliche Grenzwerte ist die Kerntemperatur maßgebend. Da die Kerntemperatur einer gewissen Schwankung unterliegt, ist für ihre Beurteilung die genaue Kenntnis ihrer natür­lichen Variabilität erforderlich.

Obgleich die Temperatur ein wichtiger Vitalparameter ist, wird ihr im medizi­nischen Alltag noch vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Das mag darauf zurückzuführen sein, dass dieser Parameter recht einfach erscheint und sich die Kerntemperatur (zumindest bei Erwachsenen) verhältnismäßig langsam ändert. Doch bereits eine Abweichung der Kerntemperatur von weniger als 0,5 °C gegenüber dem Sollwert löst die thermoregulatorischen Mechanismen des Körpers aus. Daher ist es erforderlich, die Kerntemperatur in engen Grenzen zu regulieren, denn das Verlassen des normothermen Bereichs hat bekanntlich vielfältige Folgen. Ein unterschätztes Problem ist insbesondere die akzidentelle perioperative Hypothermie, deren Auswirkungen auf das Behandlungsergebnis und somit letzt­endlich den Patienten sowie die medizinische Einrichtung oftmals erst spät sichtbar werden. Eine kausale Zuordnung von Ursache zu Wirkung wird dadurch deutlich erschwert.

Zur Messung der Kerntemperatur gibt es heutzutage zahlreiche Methoden, wobei tendenziell die invasiveren Verfahren die bessere Genauigkeit bieten. Als Goldstandard gilt nach wie vor die Messung in der Pulmonalarterie oder im Cerebrum, die jedoch aufgrund ihrer Invasivität vornehmlich durch Messungen in der Blase oder im Ösophagus ersetzt wird. Um korrekte Messergebnisse zu erhalten, ist sowohl die Messmethode beziehungsweise der Messort als auch die Interpretation des gemes­senen Wertes von Bedeutung. Viele in der Praxis häufig verwendete nichtinvasive Digitalthermometer sind für klinische Zwecke zu ungenau und sollten daher nicht verwendet werden, auch wenn durch die digitale Anzeige eine hohe Genauigkeit suggeriert wird. Ein ideales Verhältnis zwischen geringer Invasivität und hoher Genauigkeit bei einfacher Handhabung bietet die Doppelsensortechnologie, die auf dem Prinzip der Wärmeflussmessung beruht.

In vielen Ländern wird das Thema Thermomanagement in Leitlinien und Empfeh­

7 Zusammenfassung

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46|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | ZUSAMMENFASSUNG

lungen für den OP und die Intensivstation aufgegriffen, die im Kern allesamt eine kontinuierliche sowie exakte Kerntemperaturmessung befürworten. Um zukünftig Behandlungsergebnisse zu verbessern, Kosten zu reduzieren und den Komfort für Patienten sowie Anwender zu optimieren, ist es erforderlich, das Bewusstsein stärker auf das Thema Thermomanagement zu konzentrieren und der Kerntemperatur­messung konsequent mit adäquaten Technologien in der Praxis zu begegnen.

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WELCHE GENAUIGKEIT SOLLTE EIN THERMOMETER FÜR DEN KLINISCHEN EINSATZ HABEN?Mit dem Begriff Genauigkeit werden umgangssprachlich häufig zwei unterschied­liche Dinge bezeichnet, die beide Aufschluss über die Güte eines Messgerätes geben. Die Genauigkeit ist ein Maß dafür, welche Abweichung ein gemessener Wert gegenüber dem wahren Wert hat. Die Präzision oder Wiederholgenauigkeit gibt dagegen an, inwieweit mehrere Messungen desselben Gegenstandes miteinander übereinstimmen. Eine gute Messung sollte also genau und präzise sein. Weiterhin stellt die Streuung eine unverzichtbare Information zur Beurteilung der Qualität dar, denn sie beschreibt, wie viele der Messwerte tatsächlich im angegebenen Bereich liegen. Bei einer Streuung von einer Standardabweichung sind es nur rund 68 Prozent der Messwerte, während es bei zwei Standardabweichungen hingegen schon etwa 95 Prozent sind. In Bezug auf die Kerntemperaturmessung sollte ein gutes Thermometer eine Genauigkeit von 0,5 bis 0,6 °C bei zwei Standardabwei­chungen im Vergleich zum Goldstandard erreichen. Dies ist die Schwelle, ab der thermoregulatorische Mechanismen aktiv werden. Deshalb wurde dieser Wert auch in zahlreichen Studien als Grenzwert herangezogen.

KANN EIN NICHTINVASIVES THERMOMETER SO GENAU SEIN WIE EIN INVASIVES?Um diese Frage zu beantworten, ist es zunächst notwendig, zwischen der techni­schen und der klinischen Genauigkeit zu unterscheiden. Häufig beziehen sich die Genauigkeitsangaben bei Thermometern auf die technische Genauigkeit. Hier wird mit dem Thermometer in einem genormten Wasserbad gemessen. Die für die praktische Anwendung ausschlaggebende klinische Genauigkeit ist hingegen häufig geringer, weil im klinischen Umfeld viele zusätzliche Einflüsse auf die Messung wirken. Ein entscheidender Faktor ist die Handhabung. So wird beispielsweise mit einem Ohrthermometer häufig gar nicht die Temperatur am Trommelfell bestimmt, sondern die des Gehörgangs, wodurch sich ein Messfehler gegenüber der tatsächlichen Kerntemperatur ergibt. Ein weiterer Faktor ergibt sich daraus, inwieweit die genutzte Methode beziehungsweise der gewählte Messort überhaupt Rückschlüsse auf die Kerntemperatur zulassen. Ist die handhabungsbedingte Fehleranfälligkeit gering und das Verfahren hinsichtlich der Methode und des Messortes geeignet, kann auch ein nichtinvasives Thermometer die Kerntemperatur sehr genau bestimmen. Für den Doppelsensor wurde beispielsweise nachgewiesen, dass er geeignet ist, die Blasen­ oder Ösophagusmessung zur Bestimmung der

8 Häufig gestellte Fragen

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48|DIE BEDEUTUNG DER KERNTEMPERATUR | HÄUFIG GESTELLTE FRAGEN

Kerntemperatur im klinischen Einsatzfeld zu ersetzen.

WIESO IST ES SCHWIERIG, IN EINER STUDIE DEN TRADITIONELLEN GOLDSTANDARD ALS REFERENZ FÜR DEN DOPPELSENSOR HERANZUZIEHEN?Als Goldstandard der Kerntemperaturmessung gilt die Messung in der Pulmonalar­terie oder im Cerebrum. Diese Methoden sind allerdings bekanntermaßen hoch­invasiv. Daher lässt es sich bei dem umfangreichen wissenschaftlichen Kenntnis­stand über den Temperaturparameter ethisch nicht rechtfertigen, diese Verfahren als Referenz einzusetzen. Gleiches gilt für die Forschung in extremen Bereichen der Kerntemperatur. Stattdessen wird als Referenz alternativ die weniger invasive Blasen­ oder Ösophagusmessung herangezogen. Bedingt dadurch, dass diese Ersatz­verfahren ebenfalls eine eigene Messunsicherheit haben, kann unter Umständen in der Vergleichsmessung das Ergebnis des Doppelsensors beeinflusst werden.

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