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Die Branche Detailhandel Analyse, Ziele und Forderungen der Unia

Die Branche Detailhandel - Unia · Der Detailhandel ist für die Schweizer Wirtschaft von zentraler Wichtigkeit. Die Branche erwirtschaftet knapp 5 Prozent der natio-nalen Wertschöpfung

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Die Branche Detailhandel Analyse, Ziele und Forderungen der Unia

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Vorwort

Der Detailhandel ist mit über 320 000 Beschäftigten die zweitgrösste Branche der Schweiz. Zudem bildet sie rund 26 000 Lehrlinge aus und ist damit die grösste Lehrlingsausbildnerin. Die Arbeitsbedingungen im Detailhandel jedoch sind ungenügend: Die Arbeitszeiten sind lang, die Löhne tief und prekäre Arbeitsbedingungen weit verbreitet. Jede zehnte beschäf­tigte Person verdient für ein Vollzeitpensum weniger als 3673 Franken im Monat. Weder Ausbildung noch Berufserfahrung werden genügend honoriert. Die Produktivität pro Arbeits­kraft dagegen ist im Detailhandel zwischen 2000 und 2009 um ganze 23 Prozent gestiegen. Das bedeutet: Weniger Beschäftigte leisten immer mehr und müssen erst noch längere Öffnungszeiten abdecken. Dies führt für die Beschäftigten zu mehr Stress und gefährdet ihre Gesundheit. Angesichts der schwierigen Arbeitsbedingungen im Detailhandel wäre eine branchenweite sozialpartnerschaftliche Regulierung bzw. ein effektiver Schutz der Arbeit­nehmenden besonders wichtig. Doch genau dieser fehlt: Ein nationaler branchenweiter Ge­samtarbeitsvertrag, wie er für diese wichtige Branche eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, existiert nicht.Mit 13 500 Mitgliedern ist die Gewerkschaft Unia die grösste Gewerkschaft im Detailhandel. Als Vertragspartner des Gesamtarbeitsvertrages Coop – aber auch aller bestehenden all ge­mein verbindlichen kantonalen und lokalen Branchen­Gesamtarbeitsverträge – setzt sich die Unia für bessere Arbeitsbedingungen ein. Mit rund 200 000 Mitgliedern ist die interprofes­sionelle Unia die grösste Gewerkschaft in der Schweiz. Die Unia ist auf dem Terrain präsent und verfügt darüber hinaus über ein breites Netz von rund 90 lokalen Sekretariaten in der ganzen Schweiz und ist so nahe bei den Anliegen des Personals im Detailhandel.In der vorliegenden Broschüre liefern wir eine Analyse der eingangs skizzierten Punkte. In einem Grundlagenteil werden die wirtschaftliche Entwicklung der Branche und ihr Stellen­wert erörtert. Besonders analysiert werden der Strukturwandel der letzten Jahre und die fortschreitende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. In den Anhängen werden zudem Steckbriefe der wichtigsten Player der Branche zusammengetragen (sowohl in der Sparte Nahrungsmittel als auch in den verschiedenen Subbranchen).Diese Analysen zeigen, dass der Detailhandel grosses Potential hat, um gute Arbeitsbedin­gungen zu bieten. Im Perspektiventeil definiert die Gewerkschaft Unia deshalb zusammen mit den Mitgliedern des Detailhandels Ziele für die Branche. Die von der Branchenkonferenz Detailhandel diskutierten und verabschiedeten Ziele sind drei: Aufwertung des Verkaufsbe­rufes; gute Arbeitsplätze mit verantwortlicher Arbeitszeitpolitik; Stärkung des gesetzlichen, sozialpartnerschaftlichen und vertraglichen Rahmens für eine nachhaltige Stärkung der Branche. Dabei werden die Problemfelder eruiert und Vorschläge bzw. Forderungen formu­liert, wie die Ziele zu erreichen sind und das Potential zu nutzen ist.

Vania AllevaLeiterin Sektor Tertiär und Mitglied der Geschäftsleitung Unia

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ImpressumHerausgeberin: Gewerkschaft Unia | Redaktion: José Corpataux, SGB; Eva Geel, Unia; Vania Alleva, Unia; Anne Rubin, Unia | Grafik: Carole Lonati, Esther Wickli | Druck: Unia, Bern | Auflage: 350 Exemplare | Zu beziehen bei: Unia Zentralsekretariat, Postfach 272, CH­3000 Bern 15 | Bern, Juni 2012

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Inhaltsverzeichnis

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Grundlagen 6

1. Überblick 6

2. Zweitgrösste Branche der Schweiz, dominiert von Coop und Migros 8

2.1 Entwicklung seit 2000: Beschäftigung geht zurück, Produktivität steigt 82.2 Migros und Coop dominieren 11

3. Charakter der Branche: hoher Frauenanteil und tiefe Löhne 13

3.1 Frauen­ und Teilzeitarbeit 133.2 Migranten und Migrantinnen 163.3 Lehrlinge, Aus­ und Weiterbildung 183.4 Löhne 21

4. Detailhandel – eine Branche im permanenten Strukturwandel 28

4.1 Konzentrations­ und Rationalisierungsprozess 284.2 Harddiscounter, Tankstellen­ und Convenienceshops 304.3 Starker Filialisierungstrend, unabhängige Detaillisten verschwinden 324.4 Scheinselbständigkeit durch Franchising 35

5. Verschlechterung der Arbeitsbedingungen 36

5.1 Arbeitszeiten, Stress und Gesundheit 385.2 Organisationen der Arbeitgeber 425.3 Organisationen der Arbeitnehmenden 445.4 Gesamtarbeitsverträge im Detailhandel 45

Perspektiven – Ziele und Vorschläge der Unia 48

6. Handlungsperspektiven 48

6.1 Ziel 1: Aufwertung des Verkaufsberufes 486.2 Ziel 2: Gute Arbeitsplätze mit verantwortlicher Arbeitszeitpolitik 506.3 Ziel 3: Stärkung des gesetzlichen, sozialpartnerschaftlichen und vertraglichen Rahmens

für eine nachhaltige Stärkung der Branche53

Anhänge 54

Anhang A: Die wichtigsten Markteilnehmer in der Sparte Nahrungsmittel 54Anhang B: Die wichtigsten Teilnehmer in verschiedenen Subbranchen 62

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1. Überblick

Der Detailhandel ist für die Schweizer Wirtschaft von zentraler Wichtigkeit. Die Branche erwirtschaftet knapp 5 Prozent der natio-nalen Wertschöpfung und beschäftigte im Jahr 2011 über 321 000 Personen. Das sind 7,4 Prozent aller Beschäftigten in der Schweiz. Damit ist der arbeitsintensive Detailhandel der zweitgrösste Ar-beitgeber der Schweiz.

Grundlagen – Überblick

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Die Branche weist spezifische Eigenschaften auf: So sind grösstenteils Frauen im Detailhan­del beschäftigt, und sie arbeiten meist Teilzeit. Obwohl der Detailhandel von allen Branchen die meisten Ausbildungsplätze anbietet, sind die Aufstiegsmöglichkeiten sehr gering. Ein überwiegender Teil der Angestellten hat denn auch keine Führungsfunktion inne; ein Phä­nomen, das unter den weiblichen Beschäftigten noch ausgeprägter ist. Dazu kommt, dass die Löhne im Vergleich zu anderen Branchen sehr niedrig sind.

Klare Markführer sind die beiden einheimischen Detailhandelsriesen Migros und Coop, die ihre Vormachtstellung in den letzten Jahren trotz zunehmender internationaler Konkurrenz ausbauen konnten. Allerdings ist auch festzuhalten, dass der Detailhandel zahlreichen strukturellen Veränderungen unterworfen war und immer noch ist. Dazu gehören:n Konkurrenzkampf und Konzentration: Die grossen Marktteilnehmer haben zahlreiche

Unternehmen aufgekauft. Mit dem Markteintritt der Harddiscounter aus Deutschland verstärkt sich der Konkurrenzkampf in der Schweiz weiter.

n Filialisierung und neue Formate: Die Anzahl der Tankstellen­ und Convenience­Shops hat in einer Dekade beinahe um das Doppelte zugenommen. Diese neuen Formate werden häufig in Franchise eines grossen Detailhandelsunternehmens geführt. Generell ist die Branche gekennzeichnet durch eine starke und wachsende Filialisierung.

n Rationalisierungsprozesse und Personalabbau haben die Produktivität der Angestellten erheblich erhöht, die Umsätze und Gewinne in der Branche sind entsprechend gestiegen.

Der erbitterte Kampf um Marktanteile hat fatale Folgen für das Verkaufspersonal:n Rationalisierungs­ und Sparmassnahmen verschlechtern die Arbeitsbedingungen.n Der Stress am Arbeitsplatz ist in den letzten Jahren durch die permanente Verlängerung

der Ladenöffnungszeiten und den Personalabbau massiv gestiegen.

Kapitel 6 zeigt die gewerkschaftlichen Handlungsperspektiven hinsichtlich dieser proble­matischen Entwicklung auf.

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2. Zweitgrösste Branche der Schweiz, dominiert von Coop und Migros

2.1 Entwicklung seit 2000: Beschäftigung geht zurück, Produktivität steigt

Der Detailhandel ist eine der grössten Branchen der Schweiz, auch wenn die Beschäfti­gung stark zurückgegangen ist und seit 2006 stagniert. Aktuell zählt der Detailhandel über 321 000 Arbeitsplätze. Umgerechnet auf 100 %­Pensen ergibt das 253 500 Arbeitsstellen, was rund 7,4 % des gesamten Schweizer Arbeitsmarktes ausmacht (Grafik 2.1.1).

Grafik 2.1.1: Beschäftigungsanteil der Branchen in Prozent an der Gesamtwirtschaft, 2011*

*ohne LandwirtschaftQuelle: BFS (Bundesamt für Statistik)

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Grundlagen – Zweitgrösste Branche

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Im Vergleich zu den vier Nachbarländern Österreich, Deutschland, Frankreich und Italien klassiert sich der Schweizer Detailhandel mit seinem Beschäftigungsanteil von 7,4 % in der Mitte. In Österreich und Deutschland arbeiten – gemessen an der Gesamtbeschäftigung – mehr Menschen im Detailhandel, in Italien und Frankreich weniger (Grafik 2.1.2). Gleichzei­tig ist aber die Wertschöpfung der schweizerischen Detailhandelsbranche vergleichsweise hoch. 2009 lag sie bei 4,7 Prozent. Nur Österreich lag höher mit 4,8 Prozent. In Deutschland machte dieser Anteil im Jahr 2009 nur gerade 3,6 Prozent aus.

Grafik 2.1.2: Anteil des Detailhandels an der Wertschöpfung und der Beschäftigung in diversen Ländern, 2009

Quelle: Eurostat, mit Ausnahme der Wertschöpfung in der Schweiz (Quellen: BFS/Seco)

Anteil (in %) an der Wertschöpfung

Anteil (in %) an der Gesamtbeschäftigung

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Grundlagen – Zweitgrösste Branche

Die Arbeitsproduktivität1 ist in den letzten Jahren enorm gestiegen – zwischen 2000 und 2009 um gute 23 Prozent (Grafik 2.1.3). Das heisst, ein Angestellter/eine Angestellte pro­duziert im Detailhandel heute weit mehr als früher. Zurückzuführen ist dies auf effizientere und rationellere Arbeitsabläufe, aber auch auf den Personalabbau und den vermehrten Druck auf das Personal (siehe Kapitel 5). Zum Vergleich: Im selben Zeitraum stieg die reale Arbeitsproduktivität in der gesamten Schweizer Wirtschaft nur gerade um 5 %. Auch die Finanz­ und Wirtschaftskrise von 2008–2009 hat der schweizerische Detailhandel bisher vergleichsweise gut überstanden, da die Migrationsbevölkerung wächst und den Geschäftsgang im Detailhandel durch ihren Konsum stützt.

Grafik 2.1.3: Entwicklung von Produktivität und Beschäftigung in Detailhandel und Gesamtwirtschaft, 2000–2009, in %

Quelle: Seco/BFS, eigene Berechnungen

1 Die Arbeitsproduktivität misst den Zusammenhang zwischen den produzierten Waren oder Dienstleistungen und den Arbeitsstunden, die dafür verwendet wurden. Wenn also die Arbeitsproduktivität pro Person zunimmt, heisst dies, dass die Beschäftigten in einem gewissen Zeitraum mehr Waren oder Dienstleistungen produziert haben.

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Reale Arbeitsproduktivitätpro Vollzeitstelle, in %

Entwicklung der Beschäftigung, in %

Detailhandel Schweizer Wirtschaft (ohne Landwirtschaft)

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Grundlagen – Zweitgrösste Branche

1 Mit Denner und anderen Tochtergesellschaften 2 Mit Interdiscount, Fust und anderen Tochtergesellschaften 3 Diese Zahlen beinhalten nur die Geschäftstätigkeiten in der Schweiz. Die Migros und die Coop­Gruppe sind je­doch nicht nur im Schweizer Detailhandel tätig. Daher ergibt sich zwischen den oben erwähnten Zahlen und den in den Geschäftsbericht publizierten Zahlen teilweise eine Differenz. 4 Volg und Landi sind Unternehmen der Fenaco (Volg betreibt u.a. eigene Läden, die Landi ist ein Vertriebs­ und Dienstleistungsunternehmen).

2.2 Migros und Coop dominieren

Die Detailhandelsbranche verfügt über eine beinahe duopolistisch geprägte Struktur. Ein Blick auf die Umsatzzahlen der zehn grössten Schweizer Detailhändler zeigt, dass Migros und Coop den Markt klar dominieren (Tabelle 2.2.1). Sie registrierten 2010 einen Umsatz von 19,6 Milliarden respektive 16,9 Milliarden Franken und übertrafen damit die anderen Marktteilnehmer bei weitem. Manor zum Beispiel nähert sich als drittgrösstes Unternehmen knapp der 3­Milliarden­Marke.

Tabelle 2.2.1: Die 10 grössten Schweizer Detailhändler gemäss Umsatzzahlen im Jahr 2010

Detailhändler Umsatz 2010in Millionen CHF3

Rechtsform Beschäftigte

Migros1 19’613 Genossenschaft ca. 86’000Coop2 16’925 Genossenschaft knapp 53’000

(ohne Transgourmet)Manor 2’988 Aktiengesellschaft, im Besitz der Maus

Frères Holding in Genf11’799

Aldi Suisse 1’410 Aktiengesellschaft, im Besitz der Aldi Süd AG (Mühlheim an der Ruhr/D)

über 2’000

Volg Gruppe4 1’295 AG ca. 3’000(ohne Visavis und Tankstellenshops)

Landi4 1’100 AG ca. 300Media Markt Schweiz 1’038 AG, im Besitz der Media Saturn Holding,

die sich wiederum im Besitz der Metro­Gruppe befindet (beide in Ingolstadt/D)

ca. 1’160

Ikea 987 AG, im Besitz der Ingka­Stiftung (Leiden/NL)

ca 3’000

Valora 974 AG 5’801Dosenbach­Ochsner 949 AG, im Besitz der Deichmann­Gruppe

(Essen/D)3’896

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland, Sites der diversen Unternehmen

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Die gesamte Detailhandelsbranche erwirtschaftete 2010 einen Umsatz von 97,8 Milliarden Franken. Die Subbranche «Nahrungsmittel» bildet dabei den grössten Bereich und verbucht mit einem Umsatz von 48.3 Milliarden beinahe 50 Prozent. Die Grafik 2.2.2 zeigt die Bedeu­tung der Sektoren punkto Beschäftigung (siehe auch Anhänge).

Tabelle 2.2.2 Beschäftigung nach Sparten, in %

Quelle: Die Volkswirtschaft 12/2007

Das Wichtigste in Kürze: n Der Detailhandel ist einer der grössten Arbeitgeber der Schweiz. n Im letzten Jahrzehnt hat die Arbeitsproduktivität pro Mitarbeitender im Vergleich zur Ge­

samtwirtschaft stark zugenommen. Die Produktivität im schweizerischen Detailhandel ist auch höher als im benachbarten Ausland.

n Die Branche wird klar dominiert von Migros und Coop.

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Grundlagen – Zweitgrösste Branche

37

12 7 7 5 4 3 2

5 2

16

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10 15 20 25 30 35 40

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Grundlagen – Zweitgrösste Branche

3. Charakter der Branche: hoher Frauenanteil und tiefe Löhne

3.1 Frauen- und Teilzeitarbeit

Der Detailhandel weist zwei spezifische Eigenschaften auf. Vor allem Frauen arbeiten in der Branche. Dies im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft, wo die Frauen mit 43,9 % noch in der Minderheit sind. Im Detailhandel arbeiten über 213 000 Frauen, dies macht bei insgesamt 321 000 Angestellten beinahe 67 Prozent der Beschäftigten aus. Nur gerade 33,6 Prozent der Arbeitsplätze werden durch Männer besetzt, was etwa 108 000 Stellen entspricht (Grafik 3.1.1).

Grafik 3.1.1: Beschäftigung nach Geschlecht in %, 2011

Quelle: Beschäftigungsstatistik (BESTA), BFS

56.1

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Sekundärer und tertiärer Sektor zusammen

Detailhandel

Männer Frauen

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Grundlagen – Branchencharakter

Zudem gibt es im Vergleich zur Gesamtwirtschaft sehr viele Teilzeitstellen. Im Jahr 2011 machte die Teilzeitarbeit 31 Prozent aller Stellen im Sekundär­ und Tertiärsektor aus. Im Detailhandel lag dieser Anteil wesentlich höher und machte beinahe 41 Prozent aus. n 24 Prozent der Personen im Detailhandel haben eine Stelle, die als «Teilzeit 1» definiert

ist. Dies bezeichnet Teilzeitarbeit zwischen 50 und 89 Prozent (gegenüber 19 % in der Schweizer Wirtschaft).

n 16,7 Prozent belegen eine «Teilzeit 2»­Stelle. Dies bezeichnet Teilzeitarbeit unter 50 Pro­zent (gegenüber 12 % in der Schweizer Wirtschaft).

Die Aufschlüsselung nach Geschlechtern zeigt, dass die Teilzeitarbeit in erster Linie Frauen betrifft, und das sowohl in der gesamten Schweizer Wirtschaft als auch im Detailhandel (Grafik 3.1.2). In der Gesamtwirtschaft arbeiten 53,7 Prozent der Frauen Teilzeit, im Detail­handel sind es mit 53,2 Prozent praktisch gleich viel. Männer hingegen arbeiten nur gerade zu 15,9 Prozent Teilzeit (in der Gesamtwirtschaft zu 13,2 Prozent).

Grafik 3.1.2: Voll- und Teilzeitstellen, Aufteilung nach Geschlecht und Beschäftigungsgrad in %, 2011

Quelle: Beschäftigungsstatistik (BESTA), BFS

Vollzeit Teilzeit 1 Teilzeit 2

84.1

46.8

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Nicht nur, dass Frauen häufig Teilzeit arbeiten – sie verfügen meist auch über niedriger qualifizierte Stellen als Männer. So sind Frauen in Stellen ohne Führungsfunktion über­proportional vertreten: 67,7 Prozent der Frauen hatten im Jahr 2000 eine Stelle ohne Führungsfunktion. Demgegenüber arbeiteten nur 42,1 Prozent der Männer in einer Stelle ohne Führungsfunktion (Grafik 3.1.3). Damit ist das Ungleichgewicht noch stärker als in der Gesamtwirtschaft. Dort arbeiteten 65,5 Prozent der Frauen und 45,8 der Männer in Positionen ohne Führungsfunktion.

Grafik 3.1.3: Beschäftigungsstatus unterteilt nach Geschlecht in %, 2000

Quelle: Eidgenössische Volkszählung, BFS

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Grundlagen – Branchencharakter

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Selbständig mit Angestellten

Selbständig ohne Angestellte

Mitarbeitende Familienmitglieder

Mitglieder der Geschäftsleitung

Eigentümer der Firma

Mittleres und niederes Kader

Angestellte ohne Führungsfunktion

Lernende

Frauen Männer

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Grundlagen – Branchencharakter

3.2 Migranten und Migrantinnen

Im Detailhandel arbeiten vergleichsweise wenige Migrantinnen und Migranten. Jedoch auch hier belegen sie mit 21,6 Prozent rund einen Fünftel aller Arbeitsplätze (Grafik 3.2.1). Im Vergleich dazu erreichen sie 25 Prozent auf gesamtschweizerischer Ebene und 23 Prozent im Tertiärsektor.

Grafik 3.2.1: Anteil ausländische Arbeitnehmende an Gesamtbeschäftigung in %, 2008

Quelle: BFS

Die im Detailhandel beschäftigten Migrantinnen und Migranten arbeiten vornehmlich in nicht­spezialisierten Betrieben. Diese Kategorie umfasst sowohl Grossmärkte als auch verschiedene Kleinbetriebe, insgesamt beinahe 90 000 Stellen. Dort machen die Migran­tinnen und Migranten beinahe 28 Prozent aus, was weit höher ist als ihr Anteil am übrigen Detailhandel oder der Gesamtwirtschaft.

25.0 23.0 21.6

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Wirtschaft CH Sektor Tertiär Gesamter Detailhandel

nicht spezialisierterDetailhandel

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Grundlagen – Branchencharakter

Grafik 3.2.2: Beschäftigungsstatus nach Nationalität in %, 2000

Quelle: Eidgenössische Volkszählung, BFS

Zudem belegen Migrantinnen und Migranten generell niedriger qualifizierte Positionen als Schweizer Arbeitnehmende. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 belegten in der Gesamtwirtschaft 67,2 Prozent der MigrantInnen eine Stelle ohne Führungsfunktion. Bei den Schweizer Ar­beitnehmenden betrug dieser Anteil nur 51 Prozent. Dieselbe Tendenz ist, wenn auch etwas weniger ausgeprägt, auch im Detailhandel auszumachen. So arbeiteten im Jahr 2000 66,4 Prozent der Migrantinnen und Migranten in Positionen ohne Führungsfunktionen (Grafik 3.2.2) während 57,2 Prozent der Schweizer Beschäftigten keine Führungsfunktion inne hatten.

0 10 20 30 40 50 60 70

Selbständig mit Angestellten

Selbständig ohne Angestellte

Mitarbeitende Familienmitglieder

Mitglieder der Geschäftsleitung

Eigentümer der Firma

Mittleres und niederes Kader

Angestellte ohne Führungsfunktion

Lernende

MigrantenSchweizer

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Grundlagen – Branchencharakter

3.3 Lehrlinge, Aus- und Weiterbildung

Die Zahl der Lehrlinge in der Detailhandelsbranche ist hoch. Gemäss einer im Jahr 2008 durchgeführten Betriebszählung ist der Detailhandel die Branche mit den meisten Lehrlin­gen (Grafik 3.3.1). 2008 zählte sie über 26 000 Lehrlinge und lag mit einem Anteil von 13 % vor dem Baugewerbe (mit über 24 400 Lehrlingen).

Grafik 3.3.1: Lehrlinge im Branchenvergleich, in absoluten Zahlen und %, 2008

Quelle: Eidgenössische Betriebszählung, BFS

Zwar bildet die Branche viele Lehrlinge aus, die Grafik 3.3.2 zeigt aber auch, dass ein grosser Teil der Detailhandelsangestellten keine weiterführende Ausbildung absolviert. 81 Prozent der Beschäftigten haben keine oder nur die obligatorische Schulzeit absolviert, eine Lehre abgeschlossen oder eine Berufsschule besucht. Lediglich rund 15 Prozent der Detailhan­delsangestellten haben einen Maturitätsabschluss oder das Diplom einer höheren Fach­schule in der Tasche. In der Gesamtwirtschaft hingegen liegt der Anteil der Beschäftigten mit einem Maturitätsabschluss oder einer höheren Fachausbildung mit gut 29 % beinahe doppelt so hoch.

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Grundlagen – Branchencharakter

Tabelle 3.3.2: Erwerbstätige nach der höchsten abgeschlossenen Ausbildung, 2000

Höchste abgeschlossene Ausbildung CH Wirtschaft % Detailhandel %Keine abgeschlossene Ausbildung 2,3 2,1Obligatorische Schulzeit 17,8 23,010. Schuljahr oder allg. Berufsvorbereitung 2,7 3,6Lehre, vollzeitliche Berufsschule 41,6 52,3Maturität 4,8 3,8Fachmittelschule 3,2 1,3Höhere Berufsausbildung 8,5 5,8Höhere Fachschule 3,3 0,9Fachhochschule 1,3 0,5Universität, Hochschule 8,3 2,9Keine Angaben 6,3 3,9

Quelle: Eidgenössische Volkszählung, BFS.

Auch hier zeigt sich ein Graben zwischen den Geschlechtern: 22,7 % der Männer können einen Maturitätsabschluss oder das Diplom einer höheren Fachschule vorweisen. Bei den Frauen ist es nicht mal die Hälfte (11,1 %). Auch haben über 85 % der Frauen keine über die Lehre hinausgehende Ausbildung absolviert. Bei den Männern hingegen beträgt dieser Anteil nur 73,2 %. Besonders augenfällig wird der Unterschied auf der Stufe der obligatori­schen Schulzeit. Dort beträgt der Anteil der Frauen 25,6 %, der Anteil der Männer nur gerade 18 % (Tabelle 3.3.3).

Tabelle 3.3.3: Erwerbstätige im Detailhandel nach Ausbildung und Geschlecht, 2000

Höchste abgeschlossene Ausbildung Männer % Frauen %Keine abgeschlossene Ausbildung 2,0 2,2Obligatorische Schulzeit 18,0 25,610. Schuljahr oder allg. Berufsvorbereitung 1,9 4,5Lehre, vollzeitliche Berufsschule 51,3 52,8Maturität 4,1 3,5Fachmittelschule 1,0 1,5Höhere Berufsausbildung 11,1 3,0Höhere Fachschule 1,8 0,5Fachhochschule 0,8 0,3Universität, Hochschule 3,9 2,3Keine Angaben 4,0 3,8

Quelle: Eidgenössische Volkszählung, BFS.

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Grundlagen – Branchencharakter

Mit anderen Worten: n Die Detailhandelsbranche bildet zahlreiche Lehrlinge aus;n Die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten sind nach wie vor bescheiden:

nur wenige Personen erreichen eine leitende Stellung; n Noch ausgeprägter zeigt sich dies bei den weiblichen Erwerbstätigen.

Diese Entwicklung widerspiegelt sich auch in den Zahlen zur Weiterbildung: 7000 Lehrlinge starten jedes Jahr die berufliche Grundbildung zu Detailhandelsfachfrau/Detailhandels­fachmann oder zum Detailhandelsassistenten. Diese beiden Ausbildungen schliessen mit einem eidgenössisch anerkannten Fähigkeitszeugnis resp. eidg. Berufsattest ab. Nur wenige absolvieren weiterführende Lehrgänge: Gerade 260 schliessen pro Jahr als Detail­handelsspezialistIn (Textildetailhandel, Früchte & Gemüse) ab und noch weniger absolvieren die höheren Fachprüfungen zur Detailhandelsökonomin oder zum Detailhandelsmanager.1

1Durchgeführt werden die Lehrgänge von BDS (Bildung Detailhandel Schweiz). BDS ist die Dachorganisation je­ner Arbeitgeber, die im Detailhandel eine Aus­ und Weiterbildung organisieren, sie wird getragen von Coop, Post, Migros, Gewerbeverband, Swiss Retail und dem Verband Schweizerischer Filialunternehmungen.

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Grundlagen – Branchencharakter

1BAK Basel Economics (2010), Preise, Kosten und Performance. Der Schweizer Detailhandel im internationalen Vergleich, Basel. 2CS (2012), Retail Outlook 2012, Fakten und Trends, Zürich.

3.4 Löhne

Die Arbeitskosten im schweizerischen Detailhandel sind vergleichsweise tiefViele beklagen sich über die zu hohen Preise im Schweizer Detailhandel. Die Frankenstärke hat diese Preisdebatte neu angefacht. Als Ursache für die hohen Preise gelten häufig die ver­meintlich hohen Löhne und Arbeitskosten. Dem ist aber nicht so. Eine Studie des BAK zeigt, dass 2009 der Preisunterschied vor allem in den höheren Kosten für die Warenbeschaffung lag. Dagegen waren die Lohnstückkosten im Schweizer Detailhandel geringer als in den vier Nachbarländern Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien.1

Grafik 3.4.1: Zerlegung der Schweizer Hochpreisinsel, 2009

Quelle: BAK (2010).

Die Frankenstärke hat diese Preisstruktur verzerrt (Veränderung der Beschaffungskosten). Zudem hat die Frankenstärke die Konsumenten veranlasst, vermehrt im Ausland einzu­kaufen – der Verdienstausfall durch den Einkaufstourismus dürfte sich 2011 auf 4 bis 5 Milliarden Franken oder 5 % des Branchenumsatzes belaufen.2 Die grossen Schweizer Detailhändler haben auf diese Situation reagiert und die Preise gewisser Produkte gesenkt, was sich wiederum auf die Umsätze niederschlug. Grosse Unternehmen wie Coop und Mi­gros führen den anhaltenden Einkaufstourismus und die Preiserosion nun als Gründe für die mageren Lohnerhöhungen oder gar Personalentlassungen an.

11

9

6

2

-1

2

-7

-10 -5 0 5 10 15

Mehrwertsteuer

Andere Faktoren

Arbeitskosten

Vorleistungskosten

Warenbeschaffung Ausland

Warenbeschaffung Inland

Detailhandelspreis

Durchschnittswert der verschiedenen, für die Preisunterschiede verantwortlichen Kostenfaktoren im Vergleich zu Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien

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Grundlagen – Branchencharakter

Weil die Preissenkungen aber dazu führen, dass wieder mehr Ware gekauft wird, sind die Beschäftigten gleich doppelt belastet: Das Personal wird abgebaut, obwohl die Warenmen­ge zunimmt. Und Lohnerhöhungen werden kaum gewährt, obwohl die Arbeitskosten in der Schweiz ohnehin schon tiefer sind als im benachbarten Ausland.

Niedrige LöhneDer monatliche Bruttomedianlohn1 beträgt im Detailhandel 2010 nur 4605 Franken (Grafik 3.4.2). Er liegt damit unter dem Lohnniveau in anderen grossen Wirtschaftssektoren. In der Privatwirtschaft insgesamt beträgt der Medianlohn 5928 Franken und ist somit 1323 Franken höher als im Detailhandel. Vereinzelte Branchen haben allerdings einen tieferen Bruttomedianlohn, so beispielsweise die Bekleidungsindustrie oder das Gastgewerbe. Nichtsdestotrotz ist der Bruttomedianlohn in der Detailhandelsbranche sehr tief. Erschwe­rend kommt hinzu, dass die meisten Beschäftigten Teilzeit arbeiten und somit noch weniger verdienen. Zudem zählt Erfahrung im Detailhandel kaum – die Löhne stagnieren im Gegen­satz zu anderen Branchen meist nach einigen Jahren.

Grafik 3.4.2: Differenz des monatlichen Bruttomedianlohns im Detailhandel zu anderen Branchen (in Franken), 2010

Quelle: BFS.

4823

4336

1552

1323

1303

1243

-499

-538

-1000 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000

Banken/Finanzdienste

Pharmaindustrie

Verarbeitungsindustrie

Privatwirtschaft insgesamt

Metallindustrie

Baugewerbe

Hotellerie/Gastgewerbe

Bekleidungsindustrie

Medianreferenzlohn Detailhandel: 4605 Franken

1Der Medianwert erlaubt, ein Ganzes in zwei gleich grosse Gruppen zu unterteilen. Der Medianlohn bezeichnet also jenen Lohn, bei dem die Hälfte der Löhne darunter liegt und die andere Hälfte darüber.

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Grundlagen – Branchencharakter

Das tiefe Lohnniveau im Detailhandel wirkt sich auch auf die Schlechtestverdienenden aus, das zeigt ein Blick auf die 10 % Beschäftigten, die am wenigsten verdienen. Sie liegen rund 250 Franken unter dem schweizerischen Durchschnitt. Und das in einem Bereich, in dem jeder Rappen zählt. In Zahlen heisst das: Die am schlechtesten entlöhnten 10 % im Detailhandel haben 2010 einen monatlichen Bruttolohn unter 3673 Franken erzielt. Zum Vergleich: Die am schlechtesten Verdienenden in der Privatwirtschaft haben 2010 einen monatlichen Bruttolohn unter 3928 Franken erzielt (Grafik 3.4.3). Die am schlechtesten entlöhnten 25 % haben im Detailhandel einen Bruttolohn unter 4078 Franken erhalten (Gesamtwirtschaft: 4694 Franken).Rund 23 000 Vollzeitstellen sind von Löhnen unter 3673 Franken betroffen. Solch ein Betrag liegt deutlich unter dem existenzsichernden Mindestlohn, den der SGB mit seiner Initiative fordert, nämlich 4000 Franken für eine 42­Stunden­Woche.

Grafik 3.4.3: Monatlicher Bruttolohn für verschiedene Gruppen, Detailhandel und Privatwirtschaft, 2010

Quelle: BFS.«Quantil 10 %» bezeichnet die 10 % der Beschäftigten, die am wenigsten verdienen«Quantil 25 %» bezeichnet die 25 % der Beschäftigten, die am wenigsten verdienen

3673 3928 4078

4694

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

Detailhandel Privatindustrieinsgesamt

Detailhandel Privatindustrieinsgesamt

Quantil 10% Quantil 25%

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Grundlagen – Branchencharakter

Die Lohnunterschiede Mann/Frau verringern sich, sind aber noch nicht beseitigt In der Privatwirtschaft geht der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen zurück. Er ist in den letzten zehn Jahren von 21,3 % auf 18,4 % gesunken. In der Detailhandelsbranche war der Lohnunterschied 2000 höher und betrug 24,4 %. Zehn Jahre später belief er sich noch auf 18 %; im Vergleich zur Privatwirtschaft insgesamt hat sich der Lohnunterschied im Detailhandel also stärker verringert. Dies gilt allerdings vor allem für die weniger qualifizier­ten Beschäftigungskategorien: Bei den repetitiven Tätigkeiten hat sich der Lohnunterschied von 15,6 % (2000) auf 7,6 % (2010) verkleinert und bei den Tätigkeiten, die Berufs­ und Fachkenntnisse voraussetzen, von 21,8 % auf 13,7 %.

Grafik 3.4.4: Lohnunterschied Männer/Frauen, bezogen auf den Bruttomedianlohn in %, 1998–2010*

* laut Definition NOGA 2002 bis 2006. Danach laut Definition NOGA 2008. Quelle: BFS.

Bei den hochqualifizierten Tätigkeiten allerdings geht die Lohnschere immer noch weit auf und liegt sogar über dem schweizerischen Durchschnitt. Liegt der Lohnunterschied in der Gesamtwirtschaft noch bei 17,9 %, so beträgt er im Detailhandel satte 23,2 %.

Tabelle 3.4.5: Bruttomedianlohn, Lohnunterschiede Männer/Frauen nach Qualifikationen, 2010

HochqualifizierteArbeiten

Berufs- und Fachkenntnisse

Einfache,repetitive Arbeiten

Branche Jahr Frauen Männer Diff. Frauen Männer Diff. Frauen Männer Diff. Detailhandel 2010 5350 6969 23,2 % 4360 5052 13,7 % 4164 4508 7,6 %Privatwirtschaft 2010 6671 8125 17,9 % 5202 5909 12,0 % 4225 4901 13,8 %

Quelle: BFS.

0

5

10

15

20

25

1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010

Berufs- und Fachkenntnisse

einfache, repetitive Arbeit

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Grundlagen – Branchencharakter

Mit anderen Worten: n Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen verringern sich zwar, insbesondere

auf den unteren Lohnstufen, sie bestehen aber weiterhin. Die Tatsache, dass sich der Lohn unterschied im Detailhandel verringert hat, ist unter anderem darauf zurückzufüh­ren, dass ein grosser Teil der Detailhandelsbeschäftigten im Tieflohnbereich arbeitet, was die Lohnunterschiede einebnet.

n Sobald die Löhne steigen, steigt auch die Diskriminierung wieder n Bei den mittleren und hohen Qualifikationen ist der Lohnunterschied sogar wesentlich

ausgeprägter als im schweizerischen Durchschnitt.

Weitergehende ökonomisch­statistische Auswertungen erlauben es zudem, den diskrimi­nierenden Anteil zu eruieren. Damit wird jener Teil des Lohnunterschiedes festgestellt, der nicht auf unterschiedliche Qualifikation, hierarchische Position oder Anforderungen der Stelle zurückgeführt werden kann. Im Detailhandel beträgt dieser Anteil 58 %, ist also sehr hoch – Frauen verdienen weniger, weil sie Frauen sind.1Die Lohndiskriminierung betrifft übrigens alle Betriebe gleichermassen, sowohl kleine Be­triebe als auch solche mit über 2500 Beschäftigten. Dies hat eine vertiefte Auswertung der Lohnstrukturdaten durch die Universität Genf ergeben.

GAV und Mindestlöhne sorgen für eine Anhebung des Lohnniveaus Die Reallohnerhöhungen für Detailhandelsangestellte von Unternehmen, die einem GAV unterstellt sind, sind in den letzten Jahren deutlich höher ausgefallen. So sind sie seit dem Jahr 2000 um 10,5 % gestiegen, was wesentlich mehr ist als der Zuwachs von 7,3 % für die gesamte Detailhandelsbranche (Grafik 3.4.6).

1Silvia Strub, Desirée Stocker: Analyse der Löhne von Frauen und Männern anhand der Lohnstrukturerhebung 2008. Aktuelle Entwicklungen in der Privatwirtschaft und Situation im öffentlichen Sektor des Bundes, S.62, 2010.

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Grundlagen – Branchencharakter

Grafik 3.4.6: Entwicklung der allgemeinen Löhne im Vergleich mit den GAV-Löhnen (Basis 2000 = 100)

Quelle: BFS.

Dank der Öffentlichkeitskampagne der Unia konnten die Mindestlöhne in einigen grossen Detailhandelsunternehmen stark nach oben korrigiert werden. Innerhalb von 12 Jahren konnten beispielsweise die Löhne bei Coop und Migros erheblich verbessert werden; je nach Umstand und Region bewegt sich die Steigerung in der Bandbreite von 900 bis 1300 Franken, was einer nominalen Erhöhung von maximal 54 % für Coop und 48 % für Migros entspricht.

Tabelle 3.4.7: Entwicklung der verbindlichen Mindestlöhne (x 13) für ungelernte Angestellte (in Franken/Monat)

1998 2002 2004 2008 2010 Max. Differenz in %Coop 2400–2700* 3200 3300 3600 3700 54 %Migros 2500–2800* 3150 3300 3300–3600* 3700 48 %

*Regional unterschiedliche Mindestlöhne

Reallöhne mit und ohne GAV

Reallöhne mit GAV

99

101

103

105

107

109

111

113

2000

Basis 2000 = 100

2002 2004 2006 2008 2010

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Grundlagen – Branchencharakter

Die Unia will im Übrigen einen gesetzlichen Mindestlohn von 4000 Franken für die ganze Branche durchsetzen. Die Frauen, die generell weniger verdienen als die Männer – und das erst recht im Detailhandel, wo die Löhne ausgesprochen tief sind – würden in hohem Mass von einem gesetzlichen Mindestlohn von 4000 Franken profitieren. Gleichzeitig könnte ein weiterer Schritt in Richtung Lohngleichheit realisiert werden. Nicht zu vergessen, dass hö­here Löhne im Detailhandel auch zu einer Steigerung der Kaufkraft führen – was wiederum für die Detailhandelsbranche selbst von Vorteil wäre.

Das Wichtigste in Kürze: Die Detailhandelsbranche weist etliche Besonderheiten auf: n Es sind hauptsächlich Frauen im Detailhandel beschäftigt. n Sie arbeiten überwiegend Teilzeit.n Ungefähr jede fünfte Stelle ist von MigrantInnen besetzt.n Die Branche bildet zwar viele Lehrlinge aus, bietet aber wenig Möglichkeiten, beruflich

aufzusteigen. n Im Detailhandel arbeiten viele Beschäftigte ohne leitende Funktion, darunter überpropor­

tional viele Frauen. n Der Detailhandel ist eine Tieflohnbranche. Über 23 000 Arbeitsstellen werden mit weniger

als 3673 Franken entlöhnt. n Die Frauen sind schlechter bezahlt als die Männer, auch wenn sich die Lohnunterschiede

zwischen den Geschlechtern tendenziell verringern. Dies gilt allerdings nur für die tiefsten Einkommen – bei den höheren Einkommen steigt die Diskriminierung der Frauenlöhne deutlich und überdurchschnittlich.

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Grundlagen – Strukturwandel

4. Detailhandel – eine Branche im permanenten Strukturwandel

Die Branche wurde in den letzten Jahren geprägt von einem Kon-zentrationsprozess und diversen Rationalisierungsschüben. Ver-schärft wurde dieser Strukturwandel durch den Markteintritt inter-nationaler Harddiscounter wie Media Markt oder Aldi und Lidl. Die Verkaufsflächen wurden in den letzten Jahren stetig vergrössert, kleine Detaillisten verschwanden zusehends. Gleichzeitig lancier-ten grosse Ketten jedoch neue, flexible Kleinformate wie Tankstel-len- und Convenienceshops (häufig in scheinselbständigen Fran-chisemodellen). Diese sind, zusammen mit den Einkaufszentren, führend im Kampf für eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten.

4.1 Konzentrations- und Rationalisierungsprozess

Die Umsatzzahlen belegen, dass sich die grossen Unternehmen in den letzten zehn Jahren ausgezeichnet behaupten konnten. Ihr realer Umsatz hat seit 2000 um mehr als 29 % zuge­nommen. Auch die mittelgrossen Unternehmen konnten sich mit einem Zuwachs von 28 % sehr gut halten. Nicht so die kleinen Unternehmen, deren Umsatzzahlen seit dem Jahr 2000 praktisch stagnieren und lediglich 1,1 % zugelegt haben. Das wirkt sich aus: Unabhängige Detaillisten verschwinden zusehends, der Konzentrationsprozess führt dazu, dass wenige grosse Ketten ein dichtes Netz von Filialen über die Schweiz ziehen.

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Grundlagen – Strukturwandel

Grafik 4.1.1: Umsatz nach Unternehmensgrösse (Basis 2000 = 100)

Quelle: BFS.

Der Löwenanteil des Detailhandel­Geschäfts entfällt auf Migros und Coop. Ihr Anteil am Gesamtumsatz beträgt weit über 30 % und ist im Wachsen begriffen. 2005 lag er noch bei 33,1 %, 2010 schon bei 37,3 %. Auch die Gewinne haben sich bei Coop und Migros gestei­gert. Während Migros 2005 einen Gewinn von 699 Millionen und 2010 einen Gewinn von 852 Millionen verbuchen konnte, was einem Zuwachs von 22 % entspricht, konnte Coop den Gewinn im gleichen Zeitraum noch stärker steigern, nämlich von 270 auf 470 Millionen Franken, was einem Zuwachs von über 74 % entspricht! Die Löhne haben mit dieser Entwicklung allerdings nicht mitgehalten. Sie wurden zwar ebenfalls erhöht, aber niemals in diesem Ausmass.

Kurz: Die beiden Genossenschaften nehmen im helvetischen Detailhandelsgeschäft eine einzigartige und beherrschende Stellung ein. Diese für Europa einzigartige Konzentration ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die beiden Grossen über Jahre hinweg auf Einkaufstour gegangen sind: So hat Coop beispielsweise EPA, Waro, Interdiscount, Fust, Carrefour und Christ aufgekauft. Und Migros hat sich ABM, Globus, LeShop und Denner angeeignet. Mit den diversen Firmenaufkäufen haben die beiden traditionellen Akteure ihre Marktposition gefestigt.

Sie sind, zusammen mit anderen grossen Ketten, auch federführend bei vielen Einkaufs­zentren. Die Idee der Einkaufszentren ­ viele Läden an einem Ort – ist alt. Neu jedoch werden die Einkaufszentren zu richtigen Erlebnistempeln umgestaltet – von der Sauna bis zum Schuhladen, vom Osterhasengiessen für Kinder bis zum Outdoor­Geschäft, vom Kino bis zur Kirche (Westside/BE, St. Jakobs­Park/BS, Sihlcity/ZH, Balexert/GE, Foxtown/TI). Die Ladenöffnungszeiten in den Einkaufszentren sind gegenüber den kleineren Läden im Detailhandel deutlich länger.

80

90

100

110

120

130

140

2000 2002 2004 2006 2008 2010

Total

Klein (weniger als 15 Vollzeitangestellte)

Mittelgross (15–45 Vollzeitangestellte)

Gross (mehr als 45 Vollzeitangestellte)

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Grundlagen – Strukturwandel

Die fortschreitende Konzentration geht zudem einher mit einem andauernden Rationalisie­rungsprozess. Nachdem schon in den letzten Jahren Arbeitsabläufe rationalisiert worden sind (elektronische Kassen), erlebt der Detailhandel zurzeit einen neuen Schub: Migros beispielsweise legt einzelne Produktionsstandorte wie Jowa zusammen, Coop zentralisiert die Logistik. Die Einführung von Onlineshopping, Selfscanning und neuen Kassensystemen wie Passabene von Coop lagert einen Teil der Arbeit an die Kundschaft aus. Beim Online­Shopping profitieren die Betreiber zudem von effizienten Lagermöglichkeiten und automa­tisierten Abläufen, die nicht mehr zwingend von geschultem Verkaufspersonal verrichtet werden müssen. Die anstehenden Veränderungen im Detailhandel werden das bisherige Berufsbild verändern und eventuell weiter schwächen.

4.2 Harddiscounter, Tankstellen- und Convenienceshops

Die Konkurrenz im Detailhandel hat sich durch den Markteintritt der beiden deutschen Harddiscounter Aldi und Lidl verschärft – Aldi ist seit 2005, Lidl seit 2009 in der Schweiz präsent. Die Tiefpreispolitik der deutschen Konkurrenz haben die Schweizer Detailhandels­riesen Migros und Coop bisher erfolgreich gekontert mit der Übernahme von Discountern wie Denner und Carrefour. Nach einigen Startschwierigkeiten scheint sich Aldi mittlerweile in der Schweiz behaupten zu können, während die Zukunft von Lidl ungewiss ist. Angesichts von bezugsbereiten, aber leer stehenden Filialen begannen die Medien 2011, über einen möglichen Rückzug von Lidl aus der Schweiz zu spekulieren – Gerüchte, die Lidl jedoch bisher heftig dementierte. 2010 verfügten die beiden Harddiscounter über 233 Verkaufs­stellen (Grafik 4.2.1), anfangs 2012 dürften es rund 250 Filialen gewesen sein, was im Lebensmittelbereich immerhin einen Marktanteil von fast 5 % bedeutet.1

1CS (2012), Retail Outlook 2012, Fakten und Trends, Zürich.

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Grundlagen – Strukturwandel

Grafik 4.2.1: Anzahl Verkaufsstellen von Aldi und Lidl, Schweiz

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

Parallel zum zunehmenden Druck der deutschen Harddiscounter hat sich die Zahl der Convenienceshops1 stetig vergrössert. Dabei handelt es sich um neue Ladenformate wie Tankstellenshops, Convenience­Shops, Bahnhofsläden oder grosse Kioske. Sie sind meist länger geöffnet als herkömmliche Lebensmittelläden, verfügen über eine vergleichsweise kleine Ladenfläche und führen ein eingeschränktes Sortiment (siehe auch Kap. 4.4.). Ihr Wachstum ist rasant. Im Jahr 2000 schätzte man ihre Zahl auf 830. Zehn Jahre später hat sich ihre Zahl bereits verdoppelt (Grafik 4.2.2). Branchenführer ist Coop mit seinen Pronto­Shops. Bei den traditionellen, unabhängigen Lebensmittelläden zeigt sich in den letzten Jahren eine stark gegenläufige Entwicklung. Sie verschwinden zusehends und ihr Niedergang setzt sich ungebremst fort. Waren 1985 noch fast 6000 kleine Detaillisten in der Schweiz tätig, so sind es heute gerade noch knapp 2400.

AldiLidl8

27

57

94

112

132

29

61

0

20

40

60

80

100

120

140

2005 2006 2007 2008 2009 2010

1Der Begriff «Convenience» wird erst seit Mitte der 90er­Jahre für vorverarbeitete, zeitsparend verwendbare Nah­rungsmittel verwendet

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Grundlagen – Strukturwandel

Grafik 4.2.2: Entwicklung der Convenience-Shops und unabhängigen Lebensmitteldetaillisten

Quelle: Schätzungen für das Jahr 2000 für die Tankstellen­ und Convenience­Shops, Detailhandel Schweiz 2007; für die übrigen Daten, Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

4.3 Starker Filialisierungstrend, unabhängige Detaillisten verschwinden

Die Branche ist also geprägt durch die Konzentration auf wenige grosse Unternehmen und durch das Verschwinden der traditionellen unabhängigen Lebensmitteldetaillisten. Nichts­destrotz gibt es immer noch sehr viele Quartierläden. Sie werden aber immer häufiger als Filiale oder Franchiseunternehmen einer grossen Kette geführt. Das Phänomen der «Filiali­sierung» ist im Detailhandel denn auch stark zunehmend. In der Schweiz arbeiten rund 45 Prozent aller Beschäftigten in einem Unternehmen mit mehreren Filialen. Der Filialisierungsgrad der Gesamtwirtschaft hat sich in der Periode 1998–2008 kaum verändert, ist aber je nach Branche unterschiedlich hoch. So arbeiteten 2008 im Gastgewerbe 21 Prozent der Beschäftigten in einem sogenannten Mehrbetriebs­unternehmen, in der Finanzbranche hingegen 75 Prozent. Im Detailhandel arbeiteten jedoch schon Ende der 90er Jahre überdurchschnittlich viele Angestellte in einem Mehrbetriebunternehmen, dieser Anteil stieg bis 2008 auf 55 % an.

5920 5258

4441 3878

2808 2489 2458 2377

830 1399 1505 1581 1622

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

1985 1990 1995 2000 2005 2008 2009 2010

Selbständige Lebensmitteldetaillisten (ohne Fachgeschäfte) Tankstellen- und Convenience-Shops (ohne Kioske)

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Grundlagen – Strukturwandel

Grafik 4.3.1: Filialisierungsgrad nach Branchen, Schweiz, 2008

Quelle: CS (2010), Die Struktur der Schweizer Wirtschaft 1998–2020, Zürich.

In einzelnen Subbranchen des Detailhandels ist die Filialisierung in den letzten Jahren mas­siv vorangetrieben worden, so etwa im Sporthandel (Tabelle 4.3.2). Die Subbranchen Wa­renhäuser und Supermärkte sind mit einem Anteil von 97 % respektive 87 % am stärksten filialisiert. Es folgen der Schuhhandel (83 %), die Parfümerien (70 %) und der Bekleidungs­handel (67 %). Den schwächsten Filialisierungsgrad weist der Spezialdetailhandel Food auf ­ zu dieser Kategorie gehören beispielsweise die Bäckereien und Metzgereien. Dort arbeiten 69 % der Angestellten in einem Betrieb ohne Filialen.

75%

55%

45%

21%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

Finanzbranche

Detailhandel

Schweizer Wirtschaft

Hotellerie-Gastgewerbe

Anteil Beschäftigung in Mehrbetriebsunternehmen im Verhältnis zur Gesamtbeschäftigung in der Branche, in %

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Grundlagen – Strukturwandel

Tabelle 4.3.2: Filialisierungsgrad Subbranchen, Entwicklung 1998–2008

Detailhandel Subbranchen

Filialisierungsgrad 1998

Filialisierungsgrad 2008

Durchschn. Anzahl Läden pro Filialkette

Sporthandel 21 % 37 % 4Apotheken und Drogerien 21 % 34 % 6Buchhandel 46 % 59 % 6Möbelhandel 43 % 55 % 4Bau­ und Heimbedarffachmärkte 42 % 51 % 5Optiker 31 % 39 % 6Papeterien 29 % 35 % 4Bekleidungshandel 62 % 67 % 8Uhren­ und Schmuckhandel 44 % 48 % 4Elektronikhandel 34 % 39 % 4Schuhhandel 79 % 83 % 18Spezialdetailhandel Food 27 % 31 % 3Supermärkte/Dorf­ und Quartierläden 85 % 87 % 31Warenhäuser 99 % 97 % 19Parfümerien 72 % 70 % 22Kioske 69 % 60 % 66Detailhandel total 52 % 55 % 8

Quelle: CS (2011), Retail Outlook 2011, Fakten und Trends, Zürich.

Der Filialisierungsgrad würde noch höher ausfallen, würde man die in Franchise geführten Betriebe einberechnen. Sie werden aber statistisch als «unabhängige Betriebe» gezählt, obwohl sie zu einer grossen Kette gehören. So sind die Zahlen beispielsweise bei den Kiosken mit Vorsicht zu geniessen. Dort scheint der Filialisierungsgrad abgenommen zu haben. In Tat und Wahrheit existieren jedoch nur noch wenige unabhängige Kioske – der Markt ist aufgeteilt zwischen Valora und Naville. Die 60 % sind viel eher Ausdruck der systematischen Umwandlung von Valora­Kiosken in scheinbar unabhängige Agenturen, die aber faktisch Valora gehören (siehe auch Kap. 4.4).

Aus gewerkschaftlicher Sicht kann das Phänomen der Filialisierung sowohl als Vor­ als auch als Nachteil betrachtet werden. Ein Vorteil ist sicher, dass sozialpartnerschaftliche Verhandlungen mit einem grossen statt mit vielen kleinen Partnern geführt werden können. Allerdings ist der Detailhandel eine wenig geregelte Branche, die Arbeitgeber weigern sich meist, in kollektivvertragliche Verhandlungen oder gar einen Rahmen­GAV für die ganze Branche einzusteigen. Deshalb überwiegt zurzeit eindeutig der Nachteil der Filialisierung.

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Grundlagen – Strukturwandel

4.4 Scheinselbständigkeit durch Franchising

Mit dem Konzentrationsprozess und dem Aufstieg der Convenience­Shops hat ein neues Ge­schäftsmodell Aufschwung erhalten: die Franchise oder Agentur. Das heisst, Mutterhäuser wie Valora, Coop Mineralöl AG oder Migrol machen Auflagen zu den Produkten, die geführt werden, bestimmen die Einkaufs­ und Preispolitik und zweigen einen Teil des Gewinns ab. Die Risiken werden einseitig auf die Franchisenehmer abgewälzt – und die Arbeitnehmen­den sind kaum geschützt, weil die Arbeitsbedingungen in dieser Branche kaum geregelt sind.Wie ein Konzern das Personal unter Druck setzt und gleichzeitig den Gewinn steigert, zeigt das Beispiel Valora. Die Kioskbetreiberin hat das Agentursystem stark ausgebaut. Die Kioskleiterinnen müssen nicht nur eigenes Geld in die Agentur einbringen, sie müssen auch das unternehmerische Risiko tragen. Das Agenturmodell bedeutet nebst vermehrter Selbstausbeutung der LeiterInnen auch zunehmenden Druck auf die Kioskmitarbeiterinnen. Denn der Valora­Gesamtarbeitsvertrag, der minimale Rahmenbedingungen bietet, gilt für diese Agenturen nach einem Jahr nicht mehr. Gleichzeitig beschäftigt der Konzern seine Angestellten vermehrt im Stundenlohn – ohne Garantie für eine Mindestbeschäftigung. Die Löhne sind tief und liegen vielerorts unter 20 Franken/Stunde. Zudem hat Valora 2011 Personal abgebaut – und gleichzeitig den Nettoerlös pro MitarbeiterIn um beinahe 10 % gesteigert. Migros und Coop verfolgen mit ihren Convenience­Shops «Migrolino» und «Coop Pronto» eine ähnliche Politik. Auch dort unterstehen die Angestellten nicht einem GAV – die Mutterhäuser übernehmen somit keine Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in ihren Franchisebe­trieben. Die Arbeitsverträge in den Franchisebetrieben sind häufig deutlich schlechter als der GAV des Mutterhauses. Die Folge sind Tieflöhne und die Aushebelung des Arbeitnehmer­schutzes. Besonders deutlich wird dies bei jenen Convenience­Shops, die sonntags illegal geöffnet haben, und gegen die die Unia teilweise gerichtlich vorgehen muss.Aber auch andere Unternehmen kennen Franchisesysteme. Dazu gehören beispielsweise Volg mit den Tankstellenshops «TopShop» und Denner mit den «Denner Satelliten» aber auch grosse Unternehmen wie Ikea oder Esprit.

Das Wichtigste in Kürze:n Der Markt ist gesättigt, die Branche ist geprägt von gewaltigen Strukturveränderungenn Der Konzentrationsprozess im Detailhandel führt zum Verschwinden der kleineren, unab­

hängigen Detaillistenn Neue Formate entstehen (Convenience­ und Tankstellenshops). n Vor allem Kleinläden werden zunehmend in Franchise oder einem Agenturmodell geführt

und sind abhängig von einer Kette.

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

5. Verschlechterung der Arbeitsbedingungen

Die fortschreitenden Konzentrations- und Rationalisierungspro-zesse bescheren den grossen Unternehmen in den letzten Jahren zwar stark steigende Gewinne, verstärken den Druck auf die Be-schäftigten aber erheblich: Arbeitsplätze werden abgebaut, die Arbeitszeiten zusehends ausgedehnt und gleichzeitig fragmentiert (kleine Pensen, grosse Pausen zwischen den Einsätzen, Wegfall garantierter Pensen). Die Anforderungen an die Flexibilität der Ar-beitnehmerInnen steigen (Arbeit auf Abruf, Stundenlohnverträge).

Ein erstes Signal für die Prekarisierung der Branche ist der wachsende Anteil der Teilzeitar­beit. Arbeiteten 1994 noch 35,5 % der Angestellten Teilzeit, so waren es 2010 über 40 % (Grafik 5.0.1). Eine Teilzeitstelle ist oftmals gleichzusetzen mit prekären Arbeitsbedingun­gen, ungenügender sozialer Sicherheit (z.B. Pensionskasse), eingeschränkten Weiterbil­dungs­ und Karrieremöglichkeiten. Andrerseits ermöglicht eine Teilzeitbeschäftigung auch, sich andern Aufgaben zu widmen, zum Beispiel der Weiterbildung, der Betreuung von Kindern oder der Freiwilligenarbeit. Die Teilzeitarbeit ist deshalb meistens charakteristisch für das Berufsleben der Frauen. Der Anteil der Frauen, die Teilzeit arbeiten, liegt bis 1997 knapp unter 50 % und schwankt seit 1999 zwischen 52 und 56 %. Der entsprechende Teilzeitstellenanteil bei den Männern liegt bis 1998 unter 15 %. Seit 2000 bewegt er sich zwischen 16 und 17,5 %.

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

Grafik 5.0.1: Anteil der Teilzeitbeschäftigung im Detailhandel, in %, 1992–2011

Quelle: Beschäftigungsstatistik (BESTA), BFS.

Mit dem Markteintritt der deutschen Harddiscounter stellt sich aus gewerkschaftlicher Sicht auch die Frage nach dem Niveau der sozialen Standards – beide Unternehmen sind bekannt dafür, die Rechte der Beschäftigten häufig zu missachten. Mit ihrem Markteintritt hat der Druck auch auf die Schweizer Unternehmen zugenommen. So hat Migros schon 2008 die Arbeitszeit für 8000 Beschäftigte von 41 auf 43 Wochenstunden angehoben. Diese Arbeits­zeiterhöhung betrifft immerhin rund 10 % der Migros­Belegschaft.

Weitere Faktoren tragen zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bei. So findet das Wachstum im Detailhandel häufig in der Agglomeration statt (z. B. Einkaufszentren), die Innenstädte entleeren sich zusehends. Der Personalbestand der Detailhandelsbranche in den Stadtzentren ist zwischen 1998 und 2008 stagniert.1 Im gleichen Zeitraum hat die Be­schäftigung in den Agglomerationsgemeinden deutlich zugenommen (+ 7 %). Das führt dazu, dass der Arbeitsweg für die Detailhandelsangestellten oftmals schwieriger wird, besonders für die nicht motorisierten Angestellten.

Frauen

Total

Männer10

15

20

25

30

35

40

45

50

55

60

1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010

1CS (2011), Retail Outlook 2011, Fakten und Trends, Zürich.

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

In der Agglomeration arbeiten, immer später Feierabend haben – dies wird für einen immer grösseren Teil der Detailhandelsangestellten zur Normalität. Dazu kommt ein steigender Druck am Arbeitsplatz. Die Arbeitsproduktivität pro Arbeitnehmer nimmt zu, die Rationalisie­rungsmassnahmen verändern den Arbeitsalltag und die Beschäftigten müssen eine immer grössere Verkaufsfläche bewirtschaften.1 Letzteres ist gemäss einer Studie der Credit Suisse sogar der Hauptgrund für die steigende Arbeitsproduktivität im Detailhandel.

5.1 Arbeitszeiten, Stress und Gesundheit

Der Kampf um Marktanteile wird im gesättigten Schweizer Markt momentan stark über die Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten geführt. Über verschiedene Initiativen, Motionen und Vorstösse sollen die Arbeitszeiten flexibilisiert und aus dem Sonntag ein Verkaufstag wie jeder andere gemacht werden. Seitdem das Volk 1996 das Arbeitsgesetz mit sechs Sonn­tagsverkaufstagen verworfen hat, versuchen die Liberalisierungsbefürworter, die vor allem bei FDP und SVP zu finden sind, ihr Ziel mit einer «Salamitaktik» zu erreichen und verlangen immer neue Ausnahmeregelungen für einzelne Bereiche.Wieso dieser Druck auf die Ladenöffnungszeiten? Von längeren Öffnungszeiten profitieren vor allem die Grossen. Die kleineren, unabhängigen Detaillisten können sich längere Laden­öffnungszeiten – und damit höhere Personalkosten – kaum leisten. Die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten geht zudem auf Kosten des Personals. Die Arbeitszeiten werden länger und zerstückelter, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer schwieriger. Kein Wunder, sprechen sich die Beschäftigten in Unia­Umfragen jeweils zu beinahe 100 % gegen eine weitere Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten aus. Auch die kleinen und mittleren Detaillisten sind grossmehrheitlich gegen die Verlängerung der Laden­öffnungszeiten. Nicht einmal die Kundschaft befürwortet das 24­Stunden­Shopping. Eine re­präsentative Umfrage des Internetdienstes Comparis.ch2 zeigt, dass 82 % der Bevölkerung zufrieden sind mit den geltenden Ladenöffnungszeiten. Sogar die flexibelste Altergruppe, die Jungen bis 25 Jahre, sind mehrheitlich gegen eine Ausweitung. Und nicht zuletzt zeigt ein Blick auf die Abstimmungen der letzten Jahre, dass das Stimmvolk eine Verlängerung in rund 90 % der Fälle abgelehnt hat. Trotzdem argumentieren die Liberalisierungsturbos mit einem fiktiven Kundenbedürfnis, wenn sie Vorstösse zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten lancieren.

1CS (2010), Retail Outlook 2010, Fakten und Trends, Zürich. 2www.cash.ch/news/alle/chdrei_von_vier_konsumenten_gegen_laengere_ladenoeffnungszeiten­1146852­448

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

Im Frühjahr 2012 sind folgende Vorstösse auf Bundesebene hängig: n Die parl. Initiative Lüscher will das 24­Stunden­Shopping bei Tankstellenshops an Auto­

bahnraststätten und Hauptstrassen einführen und bedroht so indirekt das allgemeine Nacht­ und Sonntagsarbeitsverbot in der Schweiz. Wie nah die Liberalisierungsturbos den grossen Detaillisten stehen, zeigt Initiant Lüscher exemplarisch: Der Genfer FDP­Nationalrat führte als Präsident die Geschicke des Fussballclubs Servette– zusammen mit Allain Rolland, dem damaligen Jelmoli­Direktor, und Olivier Maus, Verwaltungsratsmitglied bei Maus Frères, der Besitzerin von Manor.

n Die Motion des FDP­Nationalrats Markus Hutter verlangt, dass allein die Kantone über die Ladenöffnungszeiten entscheiden. Die Folge: Die Schutzbestimmungen des nationalen Arbeitsgesetzes werden ausgehebelt. Der Bundesrat hat sich gegen die Motion ausge­sprochen. Sie wird demnächst im Parlament behandelt.

n Der Vorstoss des Walliser CVP­Nationalrats Yves Buttet verlangt, dass in sogenannten Peripherieregionen Sonntagsarbeit erlaubt wird. Folge: Das Sonntagsarbeitsverbot wird ausgehöhlt. Buttet ist Verwaltungsrat bei «Les fruits de Martigny», einem Frucht­ und Ge­müseproduzenten, der auch Migros beliefert. Der Bundesrat lehnt die Vorlage ab.

n Der Vorstoss des Berner FDP­Nationalrats Christian Wasserfallen verlangt die Vereinheit­lichung der Ladenschlussgesetze durch den Bund und dabei – natürlich – eine möglichst liberale Regelung. Der Bundesrat lehnt die Vorlage ab.

Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten nützt gemäss einer Seco­Studie vor allem den Grossverteilern, die gemessen an der Verkaufsfläche weniger Personal beschäftigen als die kleinen Läden. Ob der Umsatz nachzieht, ist allerdings mehr als ungewiss. Denn der Franken, der am Abend oder am Sonntag ausgegeben wird, kann kein zweites Mal ausge­geben werden. Der Kampf um die Ladenöffnungszeiten ist somit vor allem Bestandteil der Verdrängungsstrategie der Grossen. Zudem weist die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten aus gewerkschaftlicher Sicht gra­vierende Nachteile auf.

n Gesundheit: Nachtarbeit, wie sie bei Tankstellenshops eingeführt werden soll, birgt ein be­trächtliches gesundheitliches Risiko. Zu den Folgen gehören gemäss Studien chronischer Schlafmangel, erhöhter Konsum von Schlaf­ und Aufputschmitteln und erhöhtes Risiko für Herzkreislauferkrankungen. Diverse Studien sehen auch einen Zusammenhang zwischen Nachtarbeit und erhöhtem Krebsrisiko.

n Sozialleben: Sonntagsarbeit, wie sie im Detailhandel zunehmend eingeführt werden soll, schränkt das Sozialleben massiv ein. Bereits heute arbeitet die überwiegende Mehrheit des Verkaufspersonals am Samstag, teilweise bis 20 Uhr. Wird auch noch der Sonntag zum Verkaufstag, haben die Betroffenen keine Zeit mehr für das Zusammensein mit Familie und Freunden.

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

n Arbeitsplätze: Ladenöffnungszeiten schaffen keine neuen Stellen. Es gibt keine Studien, die das belegen würden. Eine deutsche Untersuchung stellt im Gegenteil fest, dass die Beschäftigung trotz Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in den letzten Jahren per­manent zurückgegangen ist und die geringfügigen Arbeitspensen zugenommen haben. Sie geht nebst anderem davon aus, dass die verlängerten Ladenöffnungszeiten zu einem Konkurrenz­ und Kostenddruck führen, was sich bei der Beschäftigung auswirke. Zudem stellt diese Untersuchung keine Steigerung der Umsätze fest, sondern geht von einer Verschiebung aus.1

Weitere Nachteile: n Wer nachts und sonntags arbeitet, tut dies meist nicht freiwillig, sondern weil er oder sie

keine andere Wahl hat.n Wer regelmässig in der Nacht oder am Sonntag arbeitet, kann nicht auf einen Lohnzu­

schlag hoffen. Der Lohnzuschlag ist nur vorgeschrieben, wenn man weniger als 7 Sonn­tage oder weniger als 25 Nächte pro Jahr arbeitet.

n Liberalisierung hat Auswirkungen auf alle Beschäftigte. 24 Stunden konsumieren heisst, 24 Stunden arbeiten – langfristig für alle.

Kein Wunder, sind die Arbeitszeiten und der kontinuierliche Personalabbau das grösste Problem für die Beschäftigten im Detailhandel. Eine grossangelegte Umfrage der Unia ergab 2010: n Die Krise hat bei 44 % der Befragten zu erhöhtem Druck am Arbeitsplatz geführt. Der

grösste Handlungsbedarf besteht bei der Verbesserung der Arbeitsorganisation und beim Stressabbau (Stopp Personalabbau).

n Fast 40 % der befragten Detailhandelsangestellten haben den Eindruck, dass ihre Arbeit die Gesundheit gefährdet (zB. Heben schwerer Lasten, immer gleiche Bewegungen an der Kasse, aber auch psychischer Druck und Stress). Dies liegt deutlich über dem gesamt­schweizerischen Durchschnitt aller Branchen (31 %).

n Wenn Arbeitnehmende bei Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ein Mitspracherecht haben, dann verbessert sich ihre Situation deutlich.

Eine weitere Umfrage bestätigte 2012 dieses Bild: Die Beschäftigten klagen über Stress durch Personalabbau und über lange, zerstückelte oder schlecht planbare Arbeitszeiten.

1Jeanne d’Arc Sankari Slodowicz, Die Bedeutung der Ladenöffnungszeiten aus einzel­ und gesamtwirtschaftli­cher Sicht, München 2008.

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

Die häufigsten Arbeitszeitprobleme:n Verdeckte Arbeit auf Abruf. Die Angestellten werden nach Hause geschickt, wenn es we­

nig zu tun gibt, dafür wird erwartet, dass sie Überstunden leisten, wenn viel Arbeit anfällt. Der Unia sind Missstände bekannt, wo Angestellte über mehrere Wochen 50­ oder sogar 60­Stunden pro Woche arbeiten mussten.

n Kleine Pensen, keine Stundengarantie.n Lange Mittagspausen. Damit die langen Öffnungszeiten abgedeckt werden können, wer­

den die Beschäftigten teilweise mehrere Stunden in die Pause geschickt, bevor sie den zweiten Teil ihres Dienstes antreten. Das ist schwierig für Angestellte, die nicht gerade neben dem Arbeitsort leben.

n Fehlende oder kurzfristige Arbeitsplanung. Die Arbeitspläne liegen häufig nicht zwei Wo­chen im Voraus vor oder sie werden kurzfristig abgeändert. Oft werden die Angestellten über kurzfristige Änderungen nicht informiert, was dazu führen kann, dass sie nach einem freien Tag ihren Dienst antreten wollen, obwohl sie in der Zwischenzeit anders eingeteilt worden sind.

n Lange und unbezahlte Aufräum­ und Vorbereitungsphasen. n Zunehmende Unvereinbarkeit von Arbeit und Familie: Am Samstag arbeiten die meisten

Beschäftigten im Detailhandel, zum Teil bis 20 Uhr oder noch länger. An ausgewählten Sonn­ und Feiertagen muss im Detailhandel mittlerweile ebenfalls gearbeitet werden. Auch abends wird zunehmend länger gearbeitet. Kinderkrippen oder ähnliche Struktu­ren existieren für diese Zeiten kaum mehr. Auch Kurse können so kaum mehr besucht werden, ein aktives Vereinsleben kaum mehr stattfinden. Lange Ladenöffnungszeiten erschweren das Familien­ und Sozialleben somit erheblich.

Eine besondere Schwierigkeit in der Bekämpfung von Missständen liegt sicher darin, dass die gewerkschaftliche Verankerung in diesem Bereich schwächer ist als beispielsweise im Baugewerbe. Dies liegt einerseits in der Struktur der Branche begründet, andererseits aber auch darin, dass sich viele der Angestellten in einer ökonomischen Zwangslage befinden und sich nicht getrauen, für ihre Rechte einzustehen.

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

5.2 Organisationen der Arbeitgeber

Die Arbeitgeber des Detailhandels sind in verschiedene Verbände gespalten. Dies hat seine Gründe in der Geschichte, aber auch in den unterschiedlichen Interessen, die zu entspre­chend unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Positionen führen.

Schweizerischer Detaillistenverband SDVDer schweizerische Detaillistenverband ist die branchenübergreifende Dachorganisation des gewerblichen Detailhandels und vertritt die Interessen der kleinen und mittleren Unter­nehmen. Der Dachverband umfasst kantonale und örtliche Einheiten, Gruppierungen des Detailfachhandels und schliesslich Vereinigungen des gewerblichen Umfelds, z. B. Interes­sensgemeinschaften wie City­Vereinigungen und Innenstadtorganisationen. Auf nationaler Ebene ist der SDV nicht «vertragsfähig», d. h. er kann keine GAV unterzeichnen, da dies in seinen Statuten nicht vorgesehen ist. Einzelne kantonale Verbände (VS, GE, Lau­sanne, NE) können dies aber sehr wohl, u. a. weil sie die Statuten entsprechend angepasst haben. In der Mehrheit der kantonalen GAV ist die Unia Sozialpartnerin des SDV.Positionen: Der SDV lehnt eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten in der Regel ab, eben­so die parlamentarische Initiative Lüscher. Dies, weil die meist kleinen Geschäfte bei den langen Öffnungszeiten nicht mithalten können und einseitig gewichtige Marktteilnehmer im harten Wettbewerb des Detailhandels bevorteilt würden. Dies sei aus Sicht des traditionellen gewerblichen Detailhandels «inakzeptabel und nicht hinzunehmen.»1

Der SDV ist Mitglied im Gewerbeverband der Schweiz und dort insbesondere in der «Gruppe Handel» aktiv.

Gruppe Handel des GewerbeverbandsDiese Gruppe ist eine branchenübergreifende Plattform, welche die Erarbeitung handels­freundlicher Rahmenbedingungen zum Ziel hat. Sie umfasst knapp 30 Mitglieder, die rund 2600 Betriebe mit ca. 9000 Beschäftigten vertreten. Nebst dem schweizerischen Detaillis­tenverband gehören auch der Verein des schweizerischen Sportfachhandels, der Verband der Lebensmitteldetaillisten, der Verband der Kioskinhaber, der Schuhhändlerverband und der Möbelfachverband dazu.

1Medienmitteilung SDV vom 12.1.2012

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

Verbände des FachhandelsDie Unternehmen des Fachhandels sind oft zusätzlich in eigenen Fachorganisationen zusammengeschlossen, welche die ganz spezifischen Interessen einzelner Sparten organi­sieren, so die Optikervereinigung, die Apothekervereinigung, etc.. In Sachen Ladenöffnungs­zeiten sind sie mehrheitlich gegen die Ausdehnung.

Swiss RetailSwiss Retail ist hervorgegangen aus dem früheren «Waren­ und Kaufhäuserverband» und umfasst mittlere und grosse Betriebe des schweizerischen Detailhandels. Rund 35 Unter­nehmen sind Mitglied bei Swiss Retail, darunter Maus Frères, Manor, Nordmann & Cie, Loeb, Ikea, Charles Vögele, Molino, Valora, Volg, C & A, Landi, Spar.Swiss Retail konzentriert sich im Wesentlichen auf die Anliegen von Warenhäusern und Innenstadtgeschäften und lehnt weiterführende Regelungen oder strengeren Arbeitnehmer­schutz explizit ab. So spricht sich der Verband gegen jede kollektivvertragliche Regelung aus und wehrt sich auch dagegen, dass der Landes­GAV des Gastgewerbes auf Restaurations­betriebe im Detailhandel ausgeweitet wird. Positionen: Bezüglich Ladenöffnungszeiten befürwortet der Verband eine möglichst liberale Regelung und unterstützt Einkaufen am Abend und am Wochenende. Er fordert neuerdings die Abschaffung der kantonalen Ladenschlussgesetze.

IG DetailhandelDie IG Detailhandel wurde vor wenigen Jahren auf Initiative von Migros und Coop gebildet, die vorher noch nie in einem Verband vertreten waren und nun mit vier anderen grossen Unternehmen eine gemeinsame wirtschaftspolitische Lobbyorganisation gegründet haben. Organisiert in der IGDH haben sich nur die 6 Unternehmen Migros, Coop, Denner, Charles Vögele, Manor und Valora. Sie treten zu definierten Themenkreisen auf, zu denen sie gemeinsame Positionen beziehen. Dazu gehören unter anderem Agrarpolitik, Produktesi­cherheit, Parallelimporte, Frankenstärke und – aus gewerkschaftlicher Sicht zentral – La­denöffnungszeiten. Die IG Detailhandel fordert stark liberalisierte Ladenöffnungszeiten.Die IG Detailhandel will sich nicht als Arbeitgeberorganisation verstehen. Auf den Unia­ Vor­schlag eines Rahmen­GAV für Gross­Unternehmen ist sie nicht eingetreten. Migros, Coop und Valora wollen sich mit ihren Firmen­GAV begnügen.

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

5.3 Organisationen der Arbeitnehmenden

Die gewerkschaftliche Organisierung begann im schweizerischen Detailhandel bereits rund um den Generalstreik 1918/1919. Die Gewerkschaft VHTL trieb die Organisierung des Verkaufspersonals erfolgreich voran. Als Reaktion drängte die Arbeitgeberseite den Kaufmännischen Verband dazu, neben KV­Absolventinnen auch gelernte Verkäuferinnen aufzunehmen.1 Wenig später begannen die christliche Tessiner Gewerkschaft Ocst und das Syndicat Chrétiens Interprofessionelle du Valais (SCIV), Angestellte im Detailhandel zu organisieren. Der VHTL war ab den 50er Jahren insbesondere in den Verkaufs­Genossen­schaften von Coop, Migros und dem Lebensmittelverein Zürich aktiv, der KV Schweiz bei den Angestellten der Verwaltungen. Speziell für die Coop­Angestellten in höheren Positionen und in der Basler Zentrale wurde der (Haus­)Verband der Angestellten Coop (VdAC) gegründet. Im Detailhandel ebenfalls aktiv ist die christliche Gewerkschaft Syna.1994 beschloss die Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI), den gewerkschaftlichen Auf­bau im Dienstleistungsbereich in Angriff zu nehmen, insbesondere im Verkauf. Ähnliche Diskussionen fanden in der Uhren­ und Metallgewerkschaft SMUV statt. Im Bewusstsein, dass es sich um eine langfristige und äusserst aufwändige strategische Aufgabe handelte, die besser mit vereinten Kräften angepackt würde, gründeten GBI und SMUV zusammen die Dienstleistungsgewerkschaft unia, die 1996 ihre Arbeit aufnahm und Pilotprojekte im Verkauf und Gastgewerbe aufbaute. Einige Jahre später fusionierten die Gewerkschaften GBI, SMUV und VHTL zur interprofessionellen Grossgewerkschaft Unia. Damit wurde die Gewerkschaftspräsenz im Detailhandel auf eine völlig neue und breite Basis gestellt.

5.3.1 Die Organisationen der Arbeitnehmenden im Detailhandel heute:

Mitglieder im DetailhandelGewerkschaft Unia 13’500Syndicom und Sit 3’000KV Schweiz 6 ’000*Gewerkschaft Syna 3’000*Ocst / SCIV 3’000*andere Verbände 4’000* Schätzungen

Darüber hinaus sind Bäckerei­ und Metzgereiverkäufer teilweise bei den Bäckerei­ und Metzgereiverbänden organisiert. Die beiden Verbände sind jedoch eher Fachverbände.

1Für eine ausführliche Darstellung zur Entwicklung siehe «Gewerkschaftliche Organisierung» in: Rieger, Pfister, Alleva: Verkannte Arbeit. Dienstleistungsangestellte in der Schweiz, Zürich Herbst 2012

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

5.3.2 Der Organisationsgrad im Schweizer Detailhandel 2009:

Organisier- bar

Mitglieder Unia

Andere Verbände SGB

Org.- grad SGB

Andere Verbände

Total Mitglieder

Org.- grad alle

Detailhandel 321’000 13’500 3’000 5 % 16’000 32’500 10 %

Quelle: Rieger, Pfister, Alleva: Verkannte Arbeit. Dienstleistungsangestellte in der Schweiz, Zürich Herbst 2012

Die Gewerkschaft Unia ist auch international eingebettet und Mitglied von UNI Global Union, der globalen Gewerkschaft für Fach­ und Dienstleistungsberufe. Der Unterbereich UNI Han­del organisiert den Detail­ und Grosshandel und vertritt weltweit über 160 Gewerkschaften und mehr als 4 Millionen Beschäftigte. In den letzten Jahren hat UNI Handel globale Abkom­men abgeschlossen mit H&M, Inditex (Modekette Zara) und Carrefour. Globale Abkommen können verbindliche Vereinbarungen nicht ersetzen, verpflichten die Unternehmen aber zur Einhaltung gewisser Normen.

5.4 Gesamtarbeitsverträge im Detailhandel

Für Gesamtarbeitsverträge gibt es gute Gründe. Die einzelne Arbeitnehmerin, der einzelne Arbeitnehmer ist gegenüber den Arbeitgebern grundsätzlich in einer schwächeren Position. Im GAV geben die Arbeitnehmenden den Gewerkschaften, die das nötige Know­how, die Strukturen und die nötige Unabhängigkeit haben, ein Mandat zur kollektiven Regelung der Arbeitsverhältnisse. In der Regel definieren GAV Mindestbedingungen für alle GAV­Unterstellten.

Vorteile eines GAV aus Arbeitnehmersicht: n GAV erhöhen die Sicherheit und Berechenbarkeit der Anstellungn GAV schaffen einen gemeinsamen Rahmen für die Belegschaft und legen die Minimal­

standards fest, die in einer Branche oder Firma gelten sollenn GAV erhöhen die Transparenz und wirken im Sinne des sozialen Ausgleichsn Viele GAV fördern die soziale Sicherheit (Erwerbsausfall, frühzeitiger Altersrücktritt) und

unterstützen die berufliche Weiterbildungn Vertragsänderungen werden gemeinsam ausgehandelt. Die Beschäftigten nehmen dabei

aktiv Einfluss, setzen Prioritäten, erarbeiten Lösungen und beschliessen letztlich über die Annahme eines GAV

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

Vorteile eines GAV für Arbeitgeber: n Berechenbarkeit durch feste Laufzeit des Vertragsn Institutionalisierung von Vertragsänderungen, Lohnverhandlungen und Konfliktlösungs­

mechanismenn Streikverzicht während der Vertragszeitn Allgemeinverbindlich erklärte GAV schaffen in einer Branche zwischen den Arbeitgebern

gleich lange Spiesse und verhindern Lohn­ und Sozialdumping n Viele GAV legen die Basis für eine paritätisch finanzierte berufliche Weiterbildung, die den

Unternehmen zugute kommtn GAV fördern die Glaubwürdigkeit von Unternehmen und dienen der Imagepflege: Sozial­

Labels und Sozial­Kodexe erhalten immer grössere Bedeutung, so z. B. das Recht der Beschäftigten auf Kollektivvertragsverhandlungen.

Gesamtarbeitsverträge entfalten somit eine zentrale Wirkung für die gesellschaftliche Integra­tion, den Arbeitsfrieden und die Stabilität der Schweiz. Sie gewinnen denn auch immer mehr an Gewicht, meist in einvernehmlichen Verhandlungen, manchmal im Konflikt. Die meisten Beschäftigten, die einem GAV unterstellt sind, arbeiten heute im privaten Dienstleistungsbe­reich. Im Detailhandel sind schätzungsweise 50 % der Arbeitnehmenden durch einen GAV abgedeckt, sei es durch einen Firmen­GAV oder einen kantonalen Branchen­GAV, dies insbe­sondere in der Romandie. Hingegen gibt es keine Rahmen­GAV für den ganzen Detailhandel. Ein langjähriger Konflikt besteht mit der Migros. Weil sich die Unia nicht dazu verpflichten wollte, Auseinandersetzungen nur hinter geschlossenen Türen zu führen, kündigte Migros 2005 den GAV mit der Unia. Kurze Zeit später ist auch die Syna aus dem Migros­GAV gestiegen.

5.4.1 Von der Unia unterzeichnete GAV 2011

GAVCoop Schweiz ca. 37’000Non­Food Genève ca. 3’000Rahmen­GAV Genève (ave)1 ca. 20’000Lausanne (ave) ca. 9’000Nyon (ave ausstehend) ca. 1’000Neuchâtel (ave ausstehend) ca. 7’000Wallis (offen) ca. 10’000Magro­Casino ca. 500Foxtown Ticino ca. 600Payot ca. 400Buchhandel Deutschschweiz (Syndicom­GAV) ca. 1’500Tankstellen­Shops: SG (520), LU (150), FR (230) (ave) ca. 900Volg (Fenaco­Vertrag) ca. 1’3001ave = allgemein verbindlich erklärter GAV

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Grundlagen – Arbeitsbedingungen

5.4.2 GAV, die ohne Unia unterzeichnet wurden

GAV UnterstellteMigros­Genossenschaftsbund ca. 60’000Globus (inkl. Herren Globus, Interio, Office World) ca. 4’000Valora ca. 6’000Lidl ca. 1’400

Bei den Löhnen lässt sich ein direkter Nutzen der Gesamtarbeitsverträge ablesen: Mindest­lohnkampagnen und Lohnverhandlungen durch die Gewerkschaften führten dazu, dass die Mindestlöhne bei Coop und Migros in einem Zeitraum von zwölf Jahren um bis zu 54 Prozent resp. 48 Prozent gestiegen sind. Das ist wesentlich besser als bei jenen Firmen, die keinen GAV unterzeichnet haben (siehe auch Kap. 3). Dank der Signalwirkung von Mindestlöhnen mussten in den letzten Jahren auch Unternehmen wie Manor, Lidl oder Aldi die tiefsten Löhne zumindest teilweise anheben. Längerfristiges Ziel ist, einen allgemein verbindlichen Rahmen­GAV für den schweizeri­schen Detailhandel zu erreichen, so wie er in anderen Branchen bereits üblich ist. Dies in Ergänzung zu den einzelnen Firmen­GAV. Mittelfristig werden jedoch wohl die kantonalen Branchen­GAV ausgeweitet. Dabei ist aber häufig unklar, mit welchen Arbeitgebern ein GAV vereinbart werden kann. Offen ist vielfach auch die Frage des Vollzugs durch eine Paritä­tische Kommission sowie der Berufs­ und Weiterbildungsbeiträge, die in vielen GAV des Detailhandels fehlen.

Das Wichtigste in Kürze: n Die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich als Folge der Gewinnmaximierungsstrategien

in der Branche (z. B. Personalabbau, Verlängerung Ladenöffnungszeiten etc.). n Die zunehmende Flexibilität, die den Beschäftigten abverlangt wird, führt zu langen und

zerstückelten Arbeitszeiten (lange Pausen), kurzfristiger Einsatzplanung, zunehmend Arbeit auf Abruf und Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

n Im Detailhandel klagen überdurchschnittlich viele Beschäftigte über Gesundheitsproble­me und Stress.

n Bei den neuen Ladenformaten wie Tankstellenshops werden die Risiken an scheinselb­ständige Franchisenehmer oder Agenturleiterinnen überwälzt, die selbst unter enormen Druck geraten. Die Arbeitsbedingungen erodieren.

n Im Detailhandel gibt es keinen schweizweit gültigen Branchen­Gesamtarbeitsvertrag, sondern nur einzelne Firmenverträge und wenige kantonale Branchenverträge. Dies ist mit ein Grund für die prekären Arbeitsbedingungen.

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Perspektiven – Ziele und Vorschläge der Unia

6. HandlungsperspektivenDie hier beschriebenen gewerkschaftlichen Handlungsperspek-tiven wurden von den Mitgliedern der Unia-Branchenkonferenz Detailhandel diskutiert und verabschiedet.

6.1 Ziel 1: Aufwertung des Verkaufsberufes

n Die überfällige Aufwertung der Arbeit im Detailhandel wird endlich angepackt.n Angestrebt wird eine Besserstellung der Frauenarbeit, die Branche wird aus dem Tieflohn­

sektor geführt.n Der Detailhandel als typische Frauenbranche setzt auch Frauenförderung konsequent

um.n Die Produktivitätssteigerung muss an höhere Qualifikation (Weiterbildung, Bildungsur­

laub) gekoppelt werden.

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Perspektiven – Ziele und Vorschläge der Unia

Problemfelder Forderungen der Unia

Die Löhne sind im Detailhandel im nationa­len Vergleich tief.

Das Lohnniveau wird schrittweise angehoben, bis Löhne von mindestens für die ge­samte Schweiz Fr. 3800.– brutto x 13 (23.10.­ Franken/Std.) bzw. Fr. 4200.– brutto x1 3 für qualifizierte und erfahrene Berufsleute erreicht sind. Dieses Ziel ist für die Grossbetriebe und grossen Detailhandelsketten durchaus kurzfristig erreichbar. Mit­telfristig sind in Grossbetrieben Mindestlöhne von 4000.– bzw. 4500.– anzu streben. Für Kleinbetriebe des Detailhandels, welche dieses Ziel nicht so schnell erreichen können, verlangen wir Fr. 22.–/Std., die auch für den allgemeinen gesetz lichen Min­destlohn vorgesehen sind.

Den Mitarbeitenden im Detailhandel fehlt es an Anerkennung und Perspektiven. Eine all ­ g emeine «Entwertung» des Berufs findet statt.

Eine Aufwertung des Verkaufsberufes beginnt bei der Stärkung der Aus- und Wei-terbildung. D. h. der Lohnwert einer Berufslehre muss erhöht und die gemeinsam in der Branche organisierte berufliche Weiterbildung und der damit verbundene Wei­terbildungsurlaub müssen ausgebaut werden. Als wichtiges Instrument dafür sind Weiterbildungsbeiträge in GAV zu verankern. Qualifikation und Berufserfahrung, aber auch Funktionen und Verantwortlichkeiten, werden angemessen berücksichtigt und durch verbindliche Lohnkategorien hono­riert. Informell erworbene Kompetenzen (validation des aquis) müssen anerkannt wer­den. Ebenso Berufsausbildungen in einer anderen Branche, die aber für die auszu­übenden Tätigkeiten nützlich sind.Damit gelernte Berufsleute nicht aus ihrer Branche abwandern, braucht es eine An­erkennung, die sich in verbesserten Lohn­ und Arbeitszeiten niederschlägt.

Ein Alter in Würde Viele Beschäftigte im Detailhandel, insbesondere Frauen, erhalten im Alter eine Rente, von der sie kaum leben können. Den wichtigsten Anteil stellt für sie die AHV dar, welche gerade für solche Lohnabhängige stark ausgebaut werden muss (AHV­plus des SGB).Eine flexible frühzeitige Pensionierung ohne Renteneinbusse soll zudem auch im Detailhandel ab 62 Jahren möglich werden.

Zwischen Frauen und Männern bestehen im Detailhandel Lohn­differenzen, die auf Lohndiskriminierung hinweisen.

Das Gleichstellungsgesetz verbietet direkte und indirekte Lohndiskriminierung auf­grund des Geschlechts. Unia fordert, dass Unternehmen ihre Löhne auf Einhaltung der Lohngleichheit überprüfen und allfällige Lohndiskriminierungen beheben. Wird damit die Lohndis­kriminierung nicht behoben, so braucht es griffigere staatliche Massnahmen, um das Recht endlich durchzusetzen (insbesondere Behörden mit Untersuchungs­ und Durchsetzungskompetenz).Jegliche Form von Diskriminierung (aufgrund von Geschlecht, Alter, Herkunft, Famili­enstand, etc.) muss bekämpft werden. Der Grundsatz und entsprechende Massnah­men müssen in den Gesamtarbeitsverträgen verankert werden.

Obschon im Detailhandel grossmehrheitlich Frau­en arbeiten, sind sie auf allen Führungsebenen krass untervertreten.

Vorschläge zur aktiven Förderung der Frauen sind z. B. Schaffung von Kinderkrippen in den Betrieben oder finanzielle Unterstützung der Kinderbetreuung durch den Arbeitgeber sowie Investitionen der öffentlichen Hand für die Kinderbetreuung. Betriebliche Rahmenbedingungen, insbesondere planbare und familienfreundliche Arbeitszeiten, auf allen Hierarchiestufen ermöglichen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.Die Ausübung von Führungspositionen muss auch in Teilzeitanstellung möglich sein. Mittels gezielter Massnahmen wird die Vertretung von Frauen in Kaderpositionen gefördert.Durch die Schaffung sozialverträglicher Rahmenbedingungen können sich Frauen der beruflichen Aus­ und Weiterbildung widmen und dadurch ihre Chancen für den Zugang zu neuen Verantwortungsbereichen verbessern.

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Perspektiven – Ziele und Vorschläge der Unia

6.2. Ziel 2: Gute Arbeitsplätze mit verantwortlicher Arbeitszeit politik

n Die Möglichkeiten werden für die Arbeitnehmenden geschaffen, ihr berufliches, familiä­res und soziales Leben zu planen, wie auch mit den Flexibilitätsansprüchen der Betriebe umzugehen.

n Eine verantwortliche Arbeitszeitpolitik der Unternehmen gewährleistet auch, dass mittels geeigneter Arbeitszeitmodelle und ­planung Auswüchse wie zerstückelte Arbeitstage, Arbeit auf Abruf, hoher Anteil an Stundenlöhnern und Kleinstpensen vermieden werden.

n Planbarkeit von Beruf und Privatleben ist ein nicht zu vernachlässigender Bestandteil des generellen Gesundheitsschutzes.

n Diese Punkte stehen bei den Diskussionen rund um die Ausdehnung der Ladenöffnungs­zeiten und die Aushöhlung des Verbots von Nacht­ und Sonntagsarbeit klar im Vorder­grund.

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Perspektiven – Ziele und Vorschläge der Unia

Problemfelder Forderungen der Unia

Arbeitszeit und ­pensen sind so verteilt, dass das Familien­ und Privatleben darunter leidet.

Sozialverträgliche Arbeitszeiten sind ein Grundrecht der Arbeitnehmenden. Ziel ist die Durchsetzung der 40­Stunden­Woche verteilt auf 5 Tage. Kurzfristig verlangen wir die Generalisierung der 41­Stunden­Woche. Unia engagiert sich gegen die Aus­weitung von Sonntags­ und Nachtarbeit.Um eine vernünftige Vereinbarung von Beruf und Familie zu gewährleisten, sollten Arbeitstag und Arbeitswoche grundsätzlich wie folgt gestaltet sein:n 8 Stunden in einer Zeitspanne von höchstens 10 Stunden, zwischen 7.00 und

19.00 Uhrn 5­Tage­Woche, Sonntag frein Jedes zweite Wochenende zwei Tage frei (Sa–So oder So–Mo); mind. einen Sams­

tag pro Monat frein Mittagspausen max. 2 Stundenn Eventuelle Arbeitsreisen zwischen den Filialen wird als Arbeitszeit gerechnet.n Gute und transparente Arbeitszeit­Abrechnungen sind zu gewährleisten.Die Unia setzt sich dafür ein, dass alle Detailhandelsangestellten für jeweils vier Stunden Arbeit Anspruch auf eine bezahlte Pause von 15 Minuten haben.

Müssen Arbeitnehmende ausserhalb dieser Zeiten arbeiten, so muss die Arbeit wie Schichtarbeit organisiert werden:Die Zustimmung der Arbeitnehmenden ist erforderlich. Zudem werden folgende Lohnzuschläge gefordert:n 25 % für Arbeit, die nach 19.00 Uhr oder über den vereinbarten Beschäftigungs­

grad hinaus geleistet wird (einschliesslich Teilzeitpersonal);n 75 % für Nachtarbeit;n 75 % für behördlich bewilligte Sonntagsarbeit.Teilzeitangestellte haben nach Anstellungsgrad gestaffelt Anspruch auf fix definierte freie Tage. Wir fordern 5 Wochen Ferien bis zum 49. Altersjahr, 6 Wochen ab dem 50. und 7 Wochen ab dem 60. Altersjahr.

Stress und Druck steigen und machen Verkaufs­angestellte krank.

Arbeitspläne sind den Arbeitnehmenden wenigstens drei Wochen im Voraus be­kanntzugeben. Das gilt für alle Angestelltenkategorien eines Betriebes.Arbeitseinsätze, die nicht mindestens drei Wochen im Voraus bekanntgegeben wer­den, bedürfen der Zustimmung der Arbeitnehmenden und sind mit einem Lohnzu-schlag von 25 % abzugelten (Ausnahme: einspringen bei Krankheit/Unfall).Entstehen Minusstunden, weil der Arbeitgeber falsch plant oder kurzfristig die Arbeit­nehmerIn nach Hause schickt, d.h. wenn der Arbeitgeber kurzfristig auf die Arbeits­leistung verzichtet (Annahmeverzug) müssen diese gemäss gesetzlicher Vorschrift durch den Arbeitgeber entschädigt werden. Diese gesetzliche Vorschrift ist endlich umzusetzen.

Versteckte Formen der Arbeit auf Abruf nehmen zu.

Die Unia setzt sich für das gesetzliche und vertragliche Verbot von Arbeit auf Abruf ein. Mit dem Ziel, die Arbeit auf Abruf abzuschaffen, setzt sich die Unia dafür ein, dass die Angabe der wöchentlichen oder mindestens der monatlichen Arbeitszeit in jedem Arbeitsvertrag vertraglich, gesamtarbeitsvertraglich oder gesetzlich vorge­schrieben wird. Ende Monat wird ein Fixlohn überwiesen.Verlangt der Arbeitgeber, dass über die vertraglich vorgesehene Anzahl Arbeits­stunden hinaus gearbeitet wird, braucht er dafür die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmenden und muss zudem für alle Stunden, welche die vereinbarte Anzahl Stunden übersteigen, einen Lohnzuschlag von 25 % bezahlen (keine Abweichungen möglich; auch für Teilzeitangestellte).

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Perspektiven – Ziele und Vorschläge der Unia

Problemfelder Forderungen der Unia

Das Anhäufen von Plus­ oder Minusstunden setzt die Angestellten unter Druck.

Beschränkung der Plus- oder Minusstunden auf höchstens 30 pro Jahr: Die maximale erlaubte Abweichung von der Normalarbeitszeit darf ­ 20 Stunden oder + 40 Stunden nicht überschreiten. Effektive Minusstunden, für die keine zumutbare Nachleistung angeboten wurde, sind Ende Jahr abzuschreiben.Die Überstunden müssen jeweils Anfang Jahr (oder an einem anderem gemäss Gesamtarbeitsvertrag festgelegten Tag) auf Null zurückgestellt und mit Zuschlag ausbezahlt werden.

Verlängerte Laden­öffnungszeiten erschwe­ren die Planbarkeit und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben massiv.

Die Unia widersetzt sich der Ausweitung von Sonntags­ und Nachtarbeit und fordert die strikte Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen im Arbeitsgesetz.Die Unia kämpft gegen eine Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten. Sie fordert einen allgemeinverbindlichen GAV für das gesamte Verkaufspersonal. Sie wird über­all dort jede Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten systematisch bekämpfen, wo noch kein GAV besteht.

Franchisingmodelle über­wälzen das unternehme­rische Risiko einseitig auf Schein­Selbständige.

Grossunternehmen wie Coop, Migros und Valora übernehmen bei Franchisemodel-len keine Verantwortung als Arbeitsgeber, sondern schliessen ihre Franchisenehmer meist aus ihren GAV aus. Das führt zu Wildwuchs und unkontrollierbaren Zuständen bei den Arbeitsbedingungen. Um dies zu verhindern ist ein allgemeinverbindlicher Gesamtarbeitsvertrag (Rahmenvertrag) für den ganzen Detailhandel notwendig. Das unternehmerische Risiko wird sonst über solche Franchisemodelle oder Out­sourcingkonzepte einseitig auf Scheinselbständige überwälzt. Um dem entgegenzu­wirken, vertritt die Unia die Interessen aller Angestellten im Detailhandel und auch jene der Scheinselbständigen. Forderungen: n Wenn ein GAV besteht, muss er auch auf die Franchisenehmer und Agenturleitun­

gen ausgeweitet werden. Die Grossunternehmen müssen die Verantwortung für die Anstellungsbedingungen übernehmen (analog Solidarhaftung für Subunter­nehmen).

n Solange kein Firmen­GAV oder Rahmen­GAV besteht, müssen die Anstellungsbe­dingungen (Arbeitszeiten, Arbeitsplanung, keine Arbeit auf Abruf, Mindestlöhne, Zuschläge) mind. gemäss den obenstehenden Forderungen geregelt werden.

n Verstärkte Überprüfung der Arbeitsbedingungen in Franchisesystemen durch Ar­beitsinspektorate

n Ausnahmeklausel für Familienbetriebe (z. B. Sonntagsarbeit) ist restriktiv zu hand­haben und darf nicht auf Franchiseunternehmen von Grossverteilern angewandt werden.

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Perspektiven – Ziele und Vorschläge der Unia

6.3 Ziel 3: Stärkung des gesetzlichen, sozialpartnerschaftlichen und vertraglichen Rahmens für eine nachhaltige Stärkung der Branche

n Der Strukturwandel im Detailhandel darf nicht einzig dem Zwang der tiefen Preise folgen. n Wir folgen der Logik eines «umfassenden Nutzens» und einer nachhaltigen Preispolitik:

Kundennutzen und wirtschaftlicher Nutzen werden auch dadurch gesteigert, dass der Arbeitnehmernutzen in den Vordergrund gerückt wird.

n Die Sozialpartnerschaft wird als Instrument der Pflege der Arbeitnehmer­ und Arbeitgeber­interessen «auf Augenhöhe» akzeptiert.

n Nur Gesamtarbeitsverträge verhindern, dass der Preiskampf im Detailhandel über den Kampf um tiefere Arbeitskosten ausgetragen wird.

n Vollzug und Umsetzung vertraglicher Vereinbarungen werden gestärkt.

Problemfelder Forderungen der Unia

Im Detailhandel gibt es zu wenig vertragliche und verbindliche Überein­kommen, die den Schutz der Arbeitsbedingungen griffig regeln.

Erst etwas über 50 % der Arbeitnehmenden der Branche Detailhandel sind durch einen GAV geschützt – unser Ziel ist eine GAV­Abdeckung für alle!Als Zwischenschritt, bis es einen gesamtschweizischen Branchenvertrag gibt, stre­ben wir an:Ausbau der Firmenverträge der Grossfirmen: Ausweitung der GAV von Coop, Migros auf alle Tochterfirmen und Personalgruppen.Nationaler Rahmenvertrag für alle Grossfirmen:Allgemeinverbindlicher Rahmenvertrag für alle Firmen mit über 1000 Beschäftigten auf dem Niveau der wichtigsten Eckwerte der GAV Coop und Migros. Kantonale GAV für den übrigen Detailhandel: Für die kleineren/mittleren Betriebe des Detailhandels sollen auf kantonaler Ebene Detailhandels­GAV allgemein verbindlich erklärt werden, wie heute in Lausanne, Wallis, Neuchâtel, Genf. Dabei wird zur Bekämpfung des Dumpings das 30 %­Quo­rum angewendet. Das Verkaufspersonal muss dabei systematisch informiert und in die GAV­Verhand­lungen einbezogen werden.Kommt ein Gesamtarbeitsvertrag zustande, ist eine paritätische Kommission und ein Berufsbeitrag für die Kontrolle und die Durchsetzung des GAV vorzusehen.Allen Gewerkschaftsmitgliedern ist bezahlter Urlaub für gewerkschaftliche Bildung und Konferenzen einzuräumen.

Die gewerkschaftlichen Grundrechte werden zu wenig geschützt.

Den Arbeitnehmenden soll ein regelmässiger Meinungsaustausch ermöglicht wer­den z. B. mit kurzen monatlichen Gewerkschaftsversammlungen am Arbeitsplatz während des Arbeitstags. Damit soll auch Arbeitnehmenden mit Familienpflichten erleichtert werden, sich gewerkschaftlich zu beteiligen.Gewerkschaftlichen Vertrauensleuten darf wegen ihrer Tätigkeit nicht gekündigt werden.Gewerkschaftsarbeit wird anerkannt und Gewerkschaftsmitglieder dürfen nicht dis­kriminiert/benachteiligt werden.Zur Achtung der gewerkschaftlichen Grundrechte der Detailhandelsangestellten gehört das Zutrittsrecht der Gewerkschaften zu den Verkaufsgeschäften zwecks Ver­teilung von gewerkschaftlichen Informationen an die Arbeitnehmenden.

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Anhänge – Nahrungsmittel

Anhang A: Die wichtigsten Markteilnehmerin der Sparte NahrungsmittelViele Detailhandelsunternehmen liefern keine oder nur rudimen-täre Angaben zu Geschäftsgang und Beschäftigten. Die folgende Aufstellung basiert im Wesentlichen auf den Angaben von «Detail-handel Schweiz 2011», einem jährlich erscheinenden Nachschlage-werk der GfK Switzerland Hergiswil.

Tabelle A 1: Die 10 grössten Detailhändler im Lebensmittelbereich

Detailhändler Umsatzin Mio. CHF

Verkaufsfläche in 1000 m2

Anzahl Verkaufsstellen

Migros Super­ und Verbrauchermärkte* (Sitz Zürich) 12’265 1’034 543Coop Retail** (Sitz Basel) 11’301 946 816Denner (mit /ohne Satelliten; Sitz Zürich) 3’058 /2’276 n.d. /167 761 /441Aldi Schweiz (Sitz Schwarzenbach) 1’410 132 132Volg (mit/ohne Tankstellenshops und unabhängige Detaillisten; Sitz Winterthur)

1’295 /1’052 n. d. /94 872 /542

Spar (Sitz Gossau) 552 68 158Lidl (Sitz Weinfelden) 490 61 61Pam/Proxi/Treffpunkt (Distribution Suisse, Sitz Martigny) 441 85 496Maxi (Spar) 150 19 155Groupe Magro (Sitz Collombey) 149 30 12

*ohne Non­Food­Detaillisten und Tochtergesellschaften**ohne Grossgeschäfte und Non­Food­DetaillistenQuelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

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Anhänge – Nahrungsmittel

Steckbrief Migros

Der orange Riese hat seinen Hauptsitz in Zürich und umfasst 10 eigenständig operierende Genossenschaften. Die Verkaufsfläche nahm in den letzten 5 Jahren um ca. 100 000m2 zu. Bei Migros arbeiteten 2011 rund 86 000 Angestellte, davon rund 58 000 im Detailhandel. Migros besitzt folgende Unternehmen und Formate: n Detailhandelsunternehmen (wie Denner, Ex Libris, Globus (inkl. Herren Globus), LeShop,

Micasa, Office World, Interio, SportXX, Migros Partner) n Industriebetriebe (u. a. Chocolat Frey, Jowa, Micarna, Mibelle, Midor, Riseria, Cash + Carry

Angehrn, Bischofszell Nahrungsmittel)n Reiseunternehmen (Hotelplan, Interhome)n Verteilzentren in Neuendorf und Suhr (beide AG)n «Migrolino», ein Convenience­Konzept, das in Franchise geführt wird, vertreten an Tank­

stellen, Bahnhöfen und einigen City­Lagen. Migros hat einen GAV mit dem KV und dem Metzgereipersonalverband abgeschlossen, lehnt aber ab, mit der Unia, der grössten Gewerkschaft im Detailhandel, Verhandlungen zu führen.

Zentrale Punkte GAV: n 41 Std./Wch., ist im Durchschnitt innerhalb von max. 12 Mt. einzuhalten. Im Rahmen von

Migros­Branchen­ oder Betriebsvereinbarungen (Gastronomie, Logistik, Fleischverarbei­tung, Klubschulen, Freizeitanlagen) kann Migros von der 41­Std.­Woche und Ferienrege­lung abweichen. Die Beschäftigten von Micarna beispielsweise arbeiten 43 Stunden.

n 5 Wochen Ferien (ab 50: 6, je nach Dienstalter weitere Ferienwochen)n Mindestlöhne (können regional abweichen): CHF 3700 ohne Ausbildung, Alter 20, CHF 3800 mit zweijähriger Ausbildung, CHF 3900

mit dreijähriger Ausbildung, CHF 4100 mit vierjähriger Ausbildungn 13. Monatslohn

Tabelle A 2: Kennzahlen Migros-Gruppe

Migros-Gruppe 2005 2010 Entwicklung 2005–2010, in %Umsatz in Mio. CHF 20’385 25’040 22,8Verkaufsfläche (m2) 1’202’013 1’293’204 7,6Verkaufsstellen 590 610 3,4Eigenkapital in Mio. CHF 9’634 14’294 48,4Anzahl Beschäftigte in VZÄ 59’934 61’615 2,8Umsatz pro MA in CHF 340’124 406’395 19,5Verkaufsfläche pro MA (m2) 20 21 4,7Eigenkapital pro MA in CHF 160’743 231’989 44,3

Quelle: Verschiedene Jahresberichte

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Grundlagen

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Anhänge – Nahrungsmittel

Steckbrief Coop

Sitz in Basel, unterteilt in 5 Genossenschaften, aber im Gegensatz zu Migros zentral organi­siert. Besitzt nebst den Coop­Läden folgende Unternehmen und Formate: n Detailhandelsunternehmen wie Fust, Apotheken Coop Vitality, Body Shop, Mineraloel AGn Pronto Shops (Convenience­Format, teilweise mit restriktiven Franchiseverträgen)n Online­Shop coop@homen Produktionsbetriebe wie die Getreidemühle Swissmill, Chocolats Halba, Reismühle Brun­

nen, Pasta Gala, eine Teigwarenfabrik in Morges, die Kosmetik­ und Reinigungsmittelher­stellerin CWK/Steinfels­Cleaning­System sowie die Nutrex, eine Essig­Spezialistin.

n Zudem gehören das Reiseunternehmen ITS Coop Travel, der Verlag Betty Bossy, die Vered­lungsfirma Sunray, das Mineralwasserunternehmen Pearlwater und das Schuhgeschäft Per Piedi zur Gruppe.

n Grosshandelsunternehmen TransGourmet (tätig vor allem in Deutschland, Frankreich und Osteuropa)

Coop hat einen GAV mit der Unia abgeschlossen.

Wichtigste Punkte GAV: n 41 Std./Woche, in der Regel verteilt auf 5 Tagen Vorbereitungs­ und Aufräumarbeiten gelten als Arbeitszeit. n Einsatzpläne sind 2 Wochen im Voraus bekannt zu gebenn 5 Wochen Ferien (ab 50 6)n Mindestlöhne: CHF 3700 ungelernt, CHF 3800 mit zweijähriger Ausbildung, CHF 4000

mit dreijähriger Ausbildung, CHF 4100 mit vierjähriger Ausbildungn 13. Monatslohnn Überstunden sind rechtzeitig auszugleichen. Ist dies innerhalb von 4 Monaten nicht mög­

lich, sind sie mit einem Zuschlag von 25 % in Geld zu entschädigen.

Tabelle A 3: Kennzahlen Coop-Gruppe

Coop-Gruppe 2005 2010 Entwicklung 2005–2010, in %Umsatz in Mio. CHF 14’885 20’007 34,4Verkaufsfläche (m2) 1’480’907 1’741’914 17,6Verkaufsstellen 1’437 1’915 33,3Eigenkapital in Mio. CHF 4’602 6’412 39,3Anzahl Beschäftigte in VZÄ 37’370 43’925 17,5Umsatz pro MA in CHF 398’314 455’481 14,4Verkaufsfläche pro MA (m2) 40 40 0,1Eigenkapital pro MA in CHF 123’147 145’976 18,5

Quelle: Verschiedene Jahresberichte

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Grundlagen

Steckbrief Denner

Denner ist ein Unternehmen der Migros mit Sitz in Zürich. Der Discounter behauptet seine führende Position vor Aldi und Lidl mit über 440 Filialen in der ganzen Schweiz. Nach eigenen Angaben beschäftigt Denner ca. 3600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hinzu kommen 320 Denner Satelliten – selbstständige Detailhändler in ländlichen Gebieten –, welche neben dem Denner Sortiment eine erweiterte Produktepalette anbieten. Mit einem neuen Format – Denner express – startete der Migros­Discounter 2011 in Zürich ein neues, klein­flächiges Ladenformat. Es wird in Franchise geführt und vertreibt ein kleines Angebot mit Convenience­Produkten. Der Franchisenehmer kann das Grundangebot je nach Kundschaft individuell ergänzen. Der Migros­GAV gilt nicht für Denner.

Tabelle A 4: Denner Filialen, Umsatz, Verkaufsfläche und Anzahl Verkaufsstellen

Denner Filialen 2000 2005 2010 Entwicklung 2000–2010, in %

Entwicklung 2005–2010, in %

Umsatz in Mio. CHF 900 1’560 2’276 152,9 45,9Verkaufsfläche (m2) 112’186 126’586 167’173 49,0 32,1Anzahl Verkaufsstellen 302 470 441 46,0 ­6,2

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

Die obigen Angaben sind ohne Denner­Satelliten. Ihnen steht das Vollsortiment von Denner zur Verfügung. Auch sie sind im starken Wachstum begriffen und haben den Umsatz zwi­schen 2000 und 2010 mehr als verdoppelt. Die Zahl der Verkaufsstellen stieg in derselben Zeit von 220 auf 320.

Tabelle A 5: Denner total (Filialen und Satelliten), Anzahl Mitarbeitende in Vollzeitäquivalenten (VZÄ)

Denner total (Filialen und Satelliten)

2000 2005 2010 Entwicklung 2000–2010, in %

Entwicklung 2005–2010, in %

Anzahl MA in VZÄ 1’480 1’902 2’766 86,9 45,4

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

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Steckbrief Aldi

Aldi eröffnete am 27. Oktober 2005 die ersten Läden in der Schweiz und hat seinen Sitz in Schwarzenbach. Inzwischen ist der deutsche Harddiscounter bereits an über 150 Standor­ten aktiv und beschäftigt rund 2000 Mitarbeitende. Das erfolgreiche Discount­Konzept basiert auf einem kleinen Standardsortiment von ca. 1000 sogenannt schnell drehenden Produkten und niedrigen Lagerkosten. Immer wieder gerät der Konzern in die Schlagzeilen wegen schlechter Arbeitsbedingungen, zuletzt als ein ehemaliger Aldi­Geschäftsführer das Führungskonzept des Konzerns in einem Buch als totalitär, geheimniskrämerisch und geprägt vom Bedürfnis nach «Totalkontrolle» beschrieb.1

Aldi zahlt vergleichsweise hohe Löhne. Allerdings erfolgen Anstellungen oft nur zu 50 %, und dies auf Abruf – es wird verlangt, dass man jederzeit auch 100 % und mehr arbeitet. Die Ankündigung der Arbeitseinsätze erfolgt häufig erst kurzfristig. Arbeitseinsätze von 13 oder 14 Stunden mit lediglich zweimal einer halben Stunde Pause sind nicht unüblich. Vom Personal wird verlangt, die Artikelnummern der Produkte auswendig zu lernen. Die aufgewendete Lernzeit wird nicht bezahlt. Ähnliches wird auch im Erfahrungsbuch des Aldi­Geschäftsführers Fedtke beschrieben. Die Geschäftsführer, die sich selbstironisch als «Marionetten» beschrieben, hatten eine Tagesplanung im 15­Minuten­Takt einzuhalten, die Kassierinnen mussten dicke Regelwerke auswendig lernen und Leistungsvorgaben erfüllen. Aldi weigert sich, einen Gesamtarbeitsvertrag abzuschliessen.

Tabelle A 6: Aldi, Umsatz, Verkaufsfläche und Anzahl Verkaufsstellen

Aldi 2005 2010 Entwicklung 2005–2010, in %Umsatz in Mio. CHF 18 1’410 7733,3Verkaufsfläche (m2) 8’000 132’000 1550,0Anzahl Verkaufsstellen 8 132 1550,0

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

Anhänge – Nahrungsmittel

1Eberhard Fedtke, Aldi­Geschichten – ein Gesellschafter erinnert sich, 2011.

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Anhänge – Nahrungsmittel

Steckbrief Volg (Fenaco)

Volg ist ein Unternehmen der Fenaco mit Sitz in Winterhur. Fenaco ist ein genossenschaftlich organisiertes Unternehmen der Schweizer Bauern und 1993 durch den Zusammenschluss von landwirtschaftlichen Verbänden entstanden. Fenaco übernimmt die Produkte der Bau­ern, verarbeitet und vermarktet sie. Zudem verkauft das Unternehmen Agrola­Brennstoff und betreibt die TopShop­Tankstellenshops. Charakteristisch für Volg sind kleine Läden in den Dörfern, ausgerichtet auf die Güter des täglichen Bedarfs. Volg betreibt und beliefert vier Formate: n Volg­Läden. Rund 550 Läden, die von der Volg Konsumwaren AG beliefert und von Volg­

Detaillisten, Landi­Genossenschaften oder privaten Detailhändlern geführt werden. Rund 3000 Beschäftigte.

n frisch­nah­günstig. Lieferkonzept für freie Detaillisten, zusammen mit Cash+Carry Angehrn n Visavis: Dienstleistungen für kleine Dorfläden in der Westschweiz und im Oberwallis.n TopShop. Über 60 Tankstellenshops in Franchise, jeweils verbunden mit Agrola­Tankstellen. In den nächsten Jahren will Volg in der Romandie und im Oberwallis 70­80 eigene Volg­Läden betreiben und 100 Visavis­Läden beliefern. Ein Wachstumsmarkt liegt gemäss Volg­Angaben bei den Tankstellenshops. Verteilzentralen in Oberbipp, Landquart und Winterthur mit rund 500 Beschäftigten.

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Steckbrief Spar

Der Lebensmittelhändler Spar Schweiz hat seinen Sitz in Gossau/SG und ist Franchiseneh­mer der internationalen Spar­Gruppe in Amsterdam. Spar Schweiz ist ein Unternehmen der Ostschweizer Familie Leuthold, das 2000 in eine Holding mit drei operativen Firmen umgewandelt wurde: Spar Handels AG, Top CC AG (Abholmärkte) und Spar Management AG. Ein Drittel der Spar Nachbarschaftsmärkte sind eigene Filialen, die anderen zwei Drittel werden von selbstständigen Detaillisten im Franchising­System geführt. 155 selbständige Maxi­Detaillisten sowie 60 Treffpunkt­Dorfläden und 30 Mini Marchés werden ebenfalls von Spar beliefert. Spar beschäftigt insgesamt rund 2300 Mitarbeitende und betreibt (teilweise in Franchise) folgende Formate: n Spar­Supermärkten Spar­Express n Eurospar­Märkten Maxin Top CC AbholmärkteSpar Express wurde 2011 lanciert und ist ein Convenienceshop­Konzept für den 7­Tage­Betrieb. Spar kooperiert dabei mit der A.H Meyer&Cie, einem Mitglied des Avia­Tankstellen­verbundes. Das Format wird nicht nur an Tankstellen, sondern auch an anderen Lagen mit grossen Passantenströmen etabliert.

Anhänge – Nahrungsmittel

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Anhänge – Nahrungsmittel

Steckbrief Lidl

Der Harddiscounter Lidl hat seinen Sitz in Weinfelden (inkl. Verteilzentrum). Das deutsche Unternehmen eröffnete 2009 die erste Schweizer Filiale und beschäftigt mittlerweile rund 1500 Angestellte. Lidl hat das Unternehmensziel von 100 Filialen bis 2011 verfehlt und steht Mitte 2012 bei gut 80 Filialen, vor allem in der Deutschschweiz. Die Zukunft ist unge­wiss, immer wieder wird über einen Rückzug aus der Schweiz spekuliert. Der Harddiscounter geriet öfters in die Negativschlagzeilen, so etwa wegen Überwachung der Angestellten durch Minikameras in Deutschland oder durch massive Kritik von Angestellten an den Arbeitsbe­dingungen («Gehirnwäsche» oder «Sektenbetrieb»)1 wie 2012 in der Schweiz. Lidl hat einen GAV abgeschlossen mit dem Kaufmännischen Verband und Syna. Insgesamt ist der Lidl­Vertrag deutlich schlechter als die GAV bei Coop oder Migros und hat grosse inhaltliche Mängel: n keine fixen Mindestlöhne, n keine Zuschläge für Überstunden und Abendarbeit, n Sozialleistungen und Ferienregelung ungenügend. n Zwar sind die Löhne höher als bei Migros und Coop, aber Lidl bietet dem Verkaufspersonal

in der Regel nur 60–80 %­Jobs mit kaum planbaren Arbeitszeiten an.

Tabelle A 7: Lidl, Umsatz, Verkaufsfläche und Anzahl Verkaufsstellen

Lidl 2009 2010 Entwicklung 2009–2010, in %Umsatz in Mio. CHF 220 490 122,7Verkaufsfläche (m2) 29’000 61’000 110,3Anzahl Verkaufsstellen 29 61 110,3

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

1Sonntag, 18. März 2012

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Anhänge – Subbranchen

Anhang B: Die wichtigsten Teilnehmer in verschiedenen SubbranchenSchuhhandel

Dosenbach­Ochsner, der grösste Schuhhändler in der Schweiz, gehört dem deutschen Konzern Deichmann. Zu Dosenbach­Ochsner gehören Dosenbach, Ochsner Sport und Ochsner Shoes. Die Schweizer Gruppe Karl Vögele betreibt die Vögele Shoes, Bingo Schuh­Discount und Max Shoes. Das Unternehmen Karl Vögele ist nicht mit Charles Vögele identisch.Der tschechische Schuhkonzern Bata betreibt ca. 63 Filialen in der Schweiz mit 450 Mit­arbeiterInnen, veröffentlicht aber keine Geschäftszahlen und ist deshalb hier nicht aufge­führt.

Tabelle B 1: Schuhhandel 2010

Detailhändler Umsatzin Mio. CHF

Verkaufsfläche in m2

Anzahl Verkaufsstellen

Beschäftigte

Dosenbach­Ochsner (Dietikon)

523 128’985 266 3’896

Karl Vögele (Uznach)

295 96’300 296 ca. 2’500

Schuhhaus Walder (Brüttisellen)

72 n.d. 31 ca. 420

Navyboot­Gruppe/Abteilung Schuhe (Zürich)

70 6’200 57 k.a.

Pasito­Fricker (Spreitenbach) 64 10’471 59 ca. 370

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland. Beschäftigte Angaben der Firmen/Websites, Zahlen für 2012

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Kleiderhandel

Der Kleiderhandel ist geprägt von ausländischen Billigketten wie H&M und C&A. Keine Gesamtarbeitsverträge. Die grösste Schweizer Gruppe – Charles Vögele – befindet sich seit Jahren in der Krise. Zahlen sind schwierig zu beschaffen: Der schwedische Modekon­zern H&M, der sich mehrheitlich im Besitz der Familie Persson befindet, ist traditionell verschwiegen. Dies gilt auch für C&A, eine weitere internationale Modekette. Sie befindet sich im Besitz der niederländischen Familie Brenninkmeijer mit Hauptsitz in Brüssel und Düsseldorf. Zu Brunschwig & Cie gehört auch die Nobelkette Grieder. Das Familienunternehmen PKZ umfasst Blue Dog, Feldpausch, Burger und die Herrenmo­deläden Paul Kehl Zürich (abgekürzt PKZ, als shop­in­shop oder stand­alone).

Tabelle B 2: Kleiderhandel 2010

Detailhändler Umsatzin Mio. CHF

Verkaufsfläche in m2

Anzahl Verkaufsstellen

Beschäftigte

Hennes & Mauritz (CH­Sitz: Genf) 880 58’000* 75 Rund 2’200**C&A Mode (Baar) 605 n. d. 94 k.a.Charles Vögele Mode (Pfäffikon/SZ) 446 140’892 169 1618Brunschwig & Co. (Carouge) 229 21’183 25 k.a.PKZ­Gruppe (Urdorf) 215 25’000 50 k.a.

*Zahl aus dem Jahr 2005 spätere nicht verfügbar ** Schätzung UniaQuelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

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Möbelhandel

Der mit Abstand grösste Möbelhändler ist Ikea, gefolgt vom einheimischen Möbel Pfister. Keine Gesamtarbeitsverträge. Ingvar Kamprad, der Ikea­Gründer, hat gemäss dem Wirt­schaftsmagazin «Forbes» ein Vermögen von 23 Milliarden US­Dollar. Er wohnt in der Schweiz und hat als Senior Berater immer noch einen wichtigen Einfluss bei Ikea.Möbel Pfister befindet sich im Besitz der Pfister Arco Holding mit Sitz in Suhr und ist wie viele andere in der Branche äusserst zurückhaltend mit Informationen.Der internationale Wohneinrichtungsdiscounter Conforama beschäftigt weltweit 14 700 Mitarbeiter und ist in der Deutschschweiz mit 7, in der Westschweiz mit 5 und im Tessin mit einer Filiale vertreten. Conforama gehört dem französischen PPR­Konzern, der unter anderem auch Fnac, Puma oder die Luxusmarken der Gucci­Gruppe umfasst.Interio ist im Besitz von Migros und hat, zusammen mit Globus und Office World, einen GAV mit dem Kaufmännischen Verband abgeschlossen. Micasa, ebenfalls eine Migrostochter, verbindet die Idee des Do­it­yourself mit einem Möbelhaus.

Tabelle B 3: Möbelhandel 2010

Detailhändler Umsatzin Mio. CHF

Verkaufsfläche in m2

Anzahl Verkaufsstellen

Beschäftigte

Ikea 987 108’383 8 2’973Pfister Gruppe 623 n. d. 22 k.A.Conforama 484 61’833 13 k.A.Interio (mit Depot) 270 42’442 30 k.A.Micasa 261 63’447 28 k.A.

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.Angaben zu Beschäftigten: Firmeninfo/Websites (Zahlen für 2011/2012)

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Kioske

Die Kioskbranche ist in der Schweiz praktisch zweigeteilt: Die Deutschschweiz und das Tessin werden abgedeckt durch die international tätige Valora­Gruppe (mit k kiosk, avec, Caffè Spettacolo, P&B und einem Paketservice), während in der Westschweiz Naville vor­herrschend ist. Ein Valora­Kiosk zählt zwischen 3–35 MitarbeiterInnen. Das Unternehmen forciert zurzeit die Umwandlung der Kioske in Agenturen (siehe Kap. 4).

Tabelle B 4: Kioske 2010

Detailhändler Umsatz in Mio. CHF Anzahl VerkaufsstellenK Kiosk (incl. P&B)* 974 948Naville 416 171SKIV 90 205Coop n. d. 304

*Unternehmen der Valora­Gruppe Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

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Tankstellen- und Convenienceshops

Klar führend in diesem Wachstumgeschäft ist Coop mit seinen Pronto­Shops, gefolgt von Migros mit Migrolino. Die Shops werden meist in Franchise geführt. Gesamtarbeitsverträge existieren nur in den Kantonen Freiburg, Luzern und St. Gallen. Die GAV von Coop und Migros finden bei den Tankstellenshop­Beschäftigten keine Anwendung. Die Tankstellen­ und Convenienceshops haben das Terrain mit einem eingeschränkten Sortiment und kleiner Ladenfläche erobert und spielen eine Vorreiterrolle bezüglich Liberalisierung der Ladenöff­nungszeiten. Esso Schweiz wurde Ende 2011 vom aserbaidschanischen Staatskonzern Socar übernom­men. Mitte 2012 hat Migros mit Socar einen Franchise­Vertrag für alle 55 grossen und in Eigenregie betriebenen Tankstellen­Shops unterzeichnet. Die ersten Socar­Tankstellen mit einem Migrolino­Shop werden voraussichtlich im Herbst ihren Betrieb aufnehmen. Der Deal wurde stark kritisiert, weil Socar immer wieder wegen Menschenrechtsverletzungen am Pranger steht.

Tabelle B 5: Tankstellen- und Convenienceshops 2010

Detailhändler Umsatz in Mio. CHF Anzahl VerkaufsstellenCoop Pronto Total 822 229Migrol­shops/Migrolino 263 225Valora Convenience­shops («avec») 203 120Agrola/Topshop (Fenaco/Volg) 136 70Villars Holding («Restoshop») 58 22Shell n. d. 207BP n. d. 168Eni Suisse n. d. 111Esso («On the Run») n. d. 111Avia n. d. 109

Quelle: Detailhandel Schweiz 2011, GFK Switzerland.

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Unia ZentralsekretariatWeltpoststrasse 20CH­3000 Bern 15T +41 31 350 21 [email protected]

Unia, die Gewerkschaft für den Detailhandel.

06.2012/2043.01.DE.A5