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Universit¨ at Regensburg Naturwissenschaftliche Fakult¨ at II - Physik Ausbildungsseminar: Kerne und Sterne - Nukleare Astrophysik Sommersemester 2007 Die Chandrasekhar Grenzmasse Raphael Tautz 22.05.2007 1

Die Chandrasekhar Grenzmasse · Bei der Temperatur T=0 sind wie bereits erw¨ahnt alle niedrigsten Zust ¨ande bis zum Maximalimpuls, dem Fermiimpuls p F mit jeweils 2 (Spinentartung)

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Universitat RegensburgNaturwissenschaftliche Fakultat II - Physik

Ausbildungsseminar:

Kerne und Sterne - Nukleare Astrophysik

Sommersemester 2007

Die Chandrasekhar Grenzmasse

Raphael Tautz

22.05.2007

1

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Inhaltsverzeichnis

1 Subrahmanyan Chandrasekhar 3

2 Die theoretische Beschreibung von weißen Zwergen und Neutro-nensternen 52.1 Der Masterplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.2 Sternaufbaugleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.3 Die Beschreibung von WDs und N*s als Fermigas . . . . . . . . . . . 62.4 Die Zustandsgleichung eines Fermigases . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.5 Die Losung der Sternaufbaugleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.6 Die Chandrasekhar-Grenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.7 Die Naherung T = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3 Jenseits der Grenzmasse 14

2

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1 Subrahmanyan Chandrasekhar

Dieser Vortrag beschaftigt sich mit der Stabilitat von verendeten Sternen in derForm von Weißen Zwergen (im folgenden abgekurzt mit WD = ”White Dwarf”)und Neutronensternen (N*s). Bis zum Jahre 1930 war man der Ansicht, diese erlo-schenen Himmelsobjekte seien durch das Gleichgewicht aus Gravitationsdruck undthermischem Druck im Inneren stabilisiert. Diese Annahme fuhrte jedoch zu Wider-spruchen. Durch die permanente Abstrahlung von Energie in der Form von Tem-peraturstrahlung ware ein WD einem kontinuierlichen Energieverlust unterworfen,welcher eine standige Verringerung des Radius zur Folge hatte. Man war der Uber-zeugung, dass ein weißer Zwerg nach seiner Abkuhlung durch den Druck zwischenseinen Atomen stabilisiert werde. Hierfur setzte man aber ein Dichte voraus, die mitder Dichte von irdischem Gestein oder anderen Festkorpern vergleichbar ist. DieseArgumentation fuhrte zu einem Paradoxon, wonach sich ein weißer Zwerg, nach demer abgekuhlt und geschrumpft ist, wieder gegen den Gravitationsdruck ausbreitenmuss, um schließlich die Dichte von von Gestein einzunehmen.

Subrahmanyan ChandrasekharBildquelle: [6]

Im Jahre 1930 gelang es dem indischen Physiker Subrahmanyan Chandrasekhar(1910 - 1995) die Stabilitat solcher Himmelobjekte auf den quantenmechanischenEntartungsdruck von Fermionen zuruckzufuhren, und so auch eine Massenobergren-ze fur WDs herzuleiten, die bekannte nach ihm benannte Chandrasekhar-Grenzmasse.Obwohl man in seinen Berechnungen keinen Fehler finden konnte, war die damali-ge astronomische Fachwelt, allen voran Eddington, bestrebt, diese Ergebnisse adabsurdum zu fuhren. Man wollte der unweigerlichen Folge, dem Gravitationskol-laps, bei Uberschreitung einer solchen Grenzmasse aus dem Weg gehen und warversucht andere Gesetze zu finden, die einen derartigen Kollaps verhinderten. Diegrobe fachliche und personliche Abweisung, die er durch sein Idol Eddington undandere Kollegen der Astronomie grundlos erfahren musste, trieben den damals nochsehr jungen Chandrasekhar in die Resignation, woraufhin er sich fur lange Zeit vonder Entwicklung der weißen Zwerge abwandte. Erst viele Jahre spater, vor allem

3

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aber nach dem Tod von Eddington, fing man allmahlich an, seine Ergebnisse zu ak-zeptieren und brachte ihm die verdiente Anerkennung entgegen. Er erhielt im Jahre1983 den Nobelpreis fur Physik ”Fur seine theoretischen Studien der physikalischenProzesse, die fur die Struktur und Entwicklung der Sterne von Bedeutung sind”.

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2 Die theoretische Beschreibung von weißen Zwer-

gen und Neutronensternen

2.1 Der Masterplan

Beginnen wir zunachst mit einem Gesamtuberblick uber die Vorgehensweise zur Her-leitung von Radius- und Massegleichungen in Abhangigkeit von der MassendichteWDs und N*s.

1. Sterne sowie Sternleichen im Sterngleichgewicht werden durch Sternaufbau-gleichungen beschrieben. Man erhalt daraus die hydrostatische Grundglei-chung, welche es zu losen gilt:

dPdr

= −GM(r)r2 ρ(r)

Um diese Gleichung losen zu konnen, mussen wir den Zusammenhang zwischenDruck und Dichte kennen.

2. Um den benotigten Zusammenhang zwischen Druck und Dichte zu bestimmen,betrachten wir unser System als Fermigas, und erhalten diepolytrope Zustandsgleichung: P = kργ

mit verschiedenen Polytropenexponenten γ fur den nichtrel. und den rel. Grenz-fall. Diese Beziehung zwischen Druck und Massendichte konnen wir in diehydrostatische Grundgleichung einsetzen.

3. Setzt man eine polytrope Zustandsgleichung in die hydrostatische Grundglei-chung ein, so erhalt man daraus die Lane-Emden-Gleichung. Die Losungen die-ser Differentialgleichung, die von k und γ der polytropen Zustandsgleichung,und damit vom Fermigas abhangen, liefern uns Gleichungen fur Radius undMasse des WDs bzw. N*s.

2.2 Sternaufbaugleichungen

Im Sterngleichgewicht gelten die Sternaufbaugleichungen. Diese wurden bereits imRahmen dieses Seminars ausfuhrlich von Mathias Heise hergeleitet. Details und Hin-tergrunde konnen in seinem Skript ”Grundgleichungen des Sternaufbaus” nachgele-sen werden. Das Resultat, welches wir hier benotigen ist die hydrostatische Grund-gleichung ([2] Gleichung 6):

dP

dr= −GM(r)

r2ρ(r) (1)

Leider ist der Verlauf von Masse und Dichte in einem Stern, bzw. einer Sternleichein unserem Fall, nicht von vorneherein bekannt. D. h. wir mussen erst den Zusam-menhang zwischen Druck und Dichte finden, um diese Gleichung losen zu konnen.Die Herleitung dieses Zusammenhangs wird uns im Folgenden beschaftigen.

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2.3 Die Beschreibung von WDs und N*s als Fermigas

Da bei WDs und N*s die Kernfusion erloschen ist und die thermische Strahlungnicht ausreicht um die Sternleiche gegen den Gravitationsdruck zu stabilisieren, wirddie Materie soweit komprimiert, bis der Entartungsdruck eine weitere Kompressionverhindert. An diesem Punkt befinden sich der makroskopische Gravitationsdruckund der quantenmechanische Entartungsdruck der Fermionen (Spin 1/2 Teilchen)im Gleichgewicht. Idealerweise behandelt man ein Gas, welches ausschließlich ausFermionen besteht, ein sogenanntes Fermigas. Im Falle eines WDs handelt es sichum Elektronen, beim N* entsprechend um Neutronen. Da in einem WD die Materieaus Elektronen und wesentlich schwereren Protonen und anderen Kernen besteht,ist es eine ausreichende Naherung, freie Elektronen als Fermigas zu behandeln. Beiderart großen Drucken, wie sie im Inneren von WDs vorkommen, kommt man oft zuEnergien, bei denen Elektronen relativistisch zu behandeln sind. D. h. die kinetischeEnergie der Elektronen ist von der Großenordnung ihrer Ruheenergie oder großer.Dank der großen Ruheenergie der Kerne, die ungefahr 2000 mal großer ist als die derElektronen, und die daraus resultierende langsamere Geschwindigkeit, konnen wirdie Protonen und Kerne nichtrelativistisch behandeln. Aus diesem Grund konnenwir auch im Grenzfall fur ultrarelativistische Elektronen (p � mc) in WDs immernoch die Gravitation, die durch die nichtrelativistsche Masse der Protonen und Ker-ne verursacht wird (Die Masse der Elektronen ist ca. 2000 mal kleiner und wirdvernachlassigt) durch die Newtonsche Mechanik beschreiben. Diese Methode eignetsich nicht fur die ultrarelativistischen Neutronen in N*s, da diese relativistischenTeilchen sowohl fur den Entartungsdruck als auch fur den Gravitationsdruck ver-antwortlich sind. In diesem Fall muss man die Gravitation mit der allgemeinen Re-lativitatstheorie erklaren, was jedoch den Rahmen dieses Seminars sprengen wurde.

2.4 Die Zustandsgleichung eines Fermigases

Die Besetzung der Zustande in einem Fermigas wird durch die Fermi-Dirac-Verteilungbeschrieben und ist von der Temperatur abhangig.

n(E) =1

eE

kbT + 1(2)

Wir machen hier die Naherung T=0, bei der sich die Verteilung zur Stufenfunk-tion vereinfacht und sich alle Fermionen im niedrigsten Energiezustand befinden(entartetes Fermigas). Wir werden spater sehen, dass diese Naherung sinnvoll ist,obwohl sich die Himmelskorper in der Temperatur deutlich von T=0 unterschei-den. Da jedoch die Temperatur, die der Fermienergie des Gases entspricht, um vieleGroßenordnungen hoher ist als die Temperatur der Himmelskorper, kann man dieNaherung gut rechtfertigen.Wir beginnen nun mit der Herleitung der Gesamtenergie eines entarteten Fermigases,um anschließend daraus die Beziehung zwischen Druck und Dichte zu bestimmen.Diese Beziehung benotigen wir, um die hydrostatische Grundgleichung zu losen unddie Abhangigkeit des Radius und der Masse von der Dichte zu errechnen.

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Bei der Temperatur T=0 sind wie bereits erwahnt alle niedrigsten Zustande biszum Maximalimpuls, dem Fermiimpuls pF mit jeweils 2 (Spinentartung) Fermio-nen besetzt. Wir berucksichtigen das Pauliverbot, in dem wir jedem Fermionenpaar(Spin up und Spin down) ein Volumen von h3 im 6-dimensionalen Zustandsraum,bestehend aus Orts- und Impulsraum, zugestehen. Es folgt fur die Zahl der besetzenZustande:

N =

∫V

d3r∫

p≤pFd3p ·

∑Spins

h3=

V · 43πp3

F · 2h3

(3)

Entsprechend erhalt man fur die Teilchendichte

n = NV

=83πp3

F

h3 =83πp3

F

8π3~3 =p3

F

3π2~3 → pF = ~(3π2n)13 ∝ n

13

Zur Berechnung der Energie geht man von der relativistischen Energie-Impulsbeziehungaus:

E(~p) =√

m2c4 + ~p2c2

Die Gesamtenergie erhalt man durch Aufsummierung aller besetzten Zustande:

EGes =∑p≤pF

E(~p) =2V

h3

∫ pF

0

dp4πp2√

m2c4 + ~p2c2 (4)

Durch die geeignete Substitution x := pmc

erhalt man eine etwas andere Form derGleichung. Mit m wird die Ruheenergie eines Elektrons bezeichnet.

EGes =m4c5

π2~3V

∫ xF

0

dxx2√

1 + x2 (5)

Dieses Integral lasst sich leicht mit Hilfe von Maple losen und ergibt den Aus-druck:

f(xF ) :=xF∫0

dxx2√

1 + x2 = 18[xF (1 + 2x2

F )√

1 + x2F − arcsinh(xF )]

f(xF ) ≈

{x3

F

3(1 + 3

10x2

F + ...) : xF � 1 nichtrel.x4

F

4(1 + 1

x2F

+ ...) : xF � 1 rel.

Im letzten Schritt wurden wieder zwei Naherungen gemacht.Da xF = p

mckonnen wir fur den nichtrelativistischen Grenzfall die Naherung xF � 1

machen, und die Funktion f(xF ) um xF = 0 in einer Taylorreihe entwickeln. DieResultate fur den nichtrelativistischen Fall und analog fur den relativistischen Fall,bei dem man f(xF ) um xF = ∞ entwickelt, sind oben angegeben.Wir haben jetzt einen Ausdruck fur die Gesamtenergie des Fermigases gefunden.

Um daraus den Druck zu bestimmen, ziehen wir den ersten Hauptsatz der Thermo-dynamik heran:

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dE = T · dS − P · dV

Diese Gleichung konnen wir losen, da wir ein Fermigas der Temperatur T=0 anneh-men, und fur die Energie die Beziehung

E = m4c5

π2~3 V f(xF )

gefunden haben.

P = −dEdV

= m4c5

π2~3 [−f(xF )− V df(xF )dxF

dxF

dV]

Um den Druck in Abhangigkeit der Teilchendichte zu erhalten, setzen wir in xF = pF

mc

fur den Fermiimpuls die aus Gleichung (3) abgeleitete Relation

pF = ~(3π2n)13 = ~

(3π2N

V

) 13

(6)

ein, und erhalten daraufhin:

xF = ~mc

(3π2 N

V

) 13 ⇒ dxF

dV= −xF

3V

Fur den Druck erhalten wir nun die Beziehung:

P = m4c5

π2~3

[13x3

F

√1 + x2

F − f(xF )]≈

≈ m4c5

π2~3

{x5

F

15: xF � 1 nichtrel.

x4F

12: xF � 1 rel.

Aufgrund des Zusammenhangs xF ∝ pF ∝ n1/3 haben wir nun eine Zustandsglei-chung, welche den Druck mit Teilchendichte in Verbindung bringt.

P = P (xF ) → P = P (n)

Bisher gilt die Zustandsgleichung fur Fermionen aller Art, also fur Elektronen undNeutronen. Um nun eine Verbindung zwischen Druck und Massendichte herzustellen,mussen wir zwischen WDs (Elektronen) und N*s (Neutronen) unterscheiden. Furdie jeweilige Massendichte gilt:

ρ =

{nn ·mN : N∗

ne ·mN · σ : WD

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Hierbei steht σ fur die Zahl der Nukleonen pro Elektron. Diese variiert je nach derchemischen Zusammensetzung des WDs. Hier einige Beispielwerte:

Zusammensetzung σ1H 1,004He 2,0012C 2,0016O 2,0056Fe 2,15

Wir konnen die Teilchendichte n durch die Massendichte ρ ausdrucken, und er-halten damit unsere Variable xF in Abhangigkeit von der Massendichte:

xF (ρ) =~

mc(3π2 ρ

mNσ)

13 ∝ ρ

13 (7)

Wenn die kinetische Energie der Fermionen gerade so groß ist wie deren Ruheenergie,wenn also xF = 1 ist, befinden wir uns am Ubergang zwischen nichtrelativistischemund relativistischem Grenzfall. In diesem Fall ist xF bekannt, und wir konnen Glei-chung (7) nach ρ auflosen, um so einen Schwellwert zwischen den beiden Grenzfallenfur die Massendichte zu finden.

ρc = ρ(xF = 1) =m3c3

~3

mNσ

3π2=

2 · 109 kg

m3 WD

6 · 1018 kgm3 N∗

Da wir jetzt den Zusammenhang zwischen Druck und xF , sowie den Zusammen-hang zwischen xF und der Massendichte ρ (Gleichung (7)) kennen, konnen wir diesezusammenfuhren und erhalten daraus den Druck in Abhangigkeit von der Mas-sendichte. Wir haben den Druck fur die beiden Grenzfalle xF � 1 und xF � 1berechnet. Diese Grenzfalle konnen wir nun durch das gleichwertige Verhaltnis derMassendichte ρ zur Schwellwertdichte ρc ausdrucken:

P =

K1ρ

53 ; K1 = ~2

15π2m

(3π2

mNσ

) 53

ρ � ρc (nichtrel.)

;

K2ρ43 ; K2 = ~c

12π2

(3π2

mNσ

) 43

ρ � ρc (rel.)

Dies sind die polytropen Zustandgleichungen eines Fermigases bei T = 0. Furden nichtrel. Fall erhalten wir einen Polytropenexponenten γ = 5

3und fur den rel.

Fall γ = 43. Allerdings durfen wir an dieser Stelle nicht vergessen, dass es sich bei der

Annahme T = 0 um eine Naherung handelt. Eine realistischere Zustandsgleichungerhalt man mit der Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion (Gleichung (2)), aber an dieserStelle soll uns die Naherung genugen.

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2.5 Die Losung der Sternaufbaugleichungen

Im vorherigen Kapitel haben wir gesehen, dass wir mit der Naherung T = 0 auf dieeinfache temperaturunabhangige Zustandsgleichung fur ein Fermigas

P = kργ (8)

kommen. Setzt man diese polytrope Zustandsgleichung in die hydrostatische Grund-gleichung ein, so erhalt man daraus die Lane-Emdensche-Differentialgleichung([4], Gleichung (2.18)):

1

x2

d

dx

(x2 dy

dx

)+ yn = 0 (9)

Die Herleitung wurde im Rahmen dieses Seminars bereits von Martin Muller gezeigt,und ist in dessen Skript nachzulesen.Es gibt verschiedene Darstellungsweisen der Lane-Emdenschen-DGL, je nachdemob man den Polytropenexponenten γ oder den Polytropenindex n verwendet. Diesesind folgendermaßen verknupft:

γ = 1 +1

n(10)

Die ursprungliche Abhangigkeit vom Radius r wurde durch eine Substitutiondurch die dimensionslose Variable x = a · r ersetzt.Auch die Dichte ρ wurde reskaliert um eine dimensionslose Variable zu erhalten. Wirwollen diese sogenannten Lane-Emden-Funktionen, die im Skript von Martin Mullermit y bezeichnet werden der Einheitlichkeit in den nachsten Vortragen halber mitΘ bezeichnen:

Θ := y =(

ρρ0

) 1n

=(

ρρ0

)γ−1

Mit ρ0 = ρ(r = 0) = Dichte im Zentrum.Damit erhalten wir die Lane-Emdensche-DGL in der Form:

1

x2

d

dx

(x2dΘ

dx

)+ Θ

1γ−1 = 0 (11)

In unseren Fallen, γ = 53

(nichtrel.) und γ = 43

(rel.), ist eine analytische Losung derGleichung nicht moglich (siehe [4]). Jedoch kann die Gleichung numerisch gelost wer-den. Aus der Nullstelle der Lane-Emden-Funktion Θ gewinnt man den Sternradiusund die Sternmasse (siehe [4]).

R =√

kγ4πG(γ−1)

ργ2−1

0 x1

M = 4π(

kγ4πG(γ−1)

) 32ρ

3γ−42

0 |x21Θ

′(x1)|

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Die benotigten Werte fur x1 (Nullstelle der Lane-Emden-Fkt.) und |x21Θ

′(x1)|konnen den tabellierten numerischen Losungen entnommen werden. Nachfolgendsind die Werte angegeben, die wir benotigen.

n γ x1 |x21Θ

′(x1)|

nichtrel. 32

53

3,65375 2,71406

rel. 3 43

6,89685 2,01824

2.6 Die Chandrasekhar-Grenzmasse

Jetzt sind wir am Ziel angekommen und konnen den Radius und die Masse fur WDsund N*s berechnen.

Nichtrelativistischer Grenzfall:

R =

√5K1

8πGρ− 1

60 · 3, 65 =

2,00σ

(ρWD

c

ρ0

) 16 · 104km WD

11(

ρN∗c

ρ0

) 16km N∗

M = 4π

(5K1

8πG

) 32

ρ120 · 2, 71 =

2,79σ2

(ρ0

ρWDc

) 12 ·MSonne WD

2, 79(

ρ0

ρN∗c

) 12 ·MSonne N∗

Aus den Gleichungen fur Radius und Masse eines WDs erhalten wir folgendeGleichung:

RRSonne

= 0, 0127(

MMSonne

)− 13 (

) 53

Außerdem konnen wir der Massengleichung entnehmen, dass ρ0 ∝ M2. Ein Stern,der durch das Fermigas der Elektronen stabilisiert wird, verringert seinen Radiusmit zunehmender Masse, ganz gegen die Erfahrung mit klassischen Gasen.Folgende Grafik zeigt die Radius-Masse-Beziehung nach vollstandig relativistischerRechnung.

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Abhangigkeit von Radius und Masse nach rel. Rechnung. Mit µe := σ = Anzahl der Nukleonenpro Elektron.Gestrichelte Kurven: freies FermigasDurchgezogene Kurven: inkl. Coulomb WW

Fur den relativistischen Grenzfall erhalten wir Radius und Masse nur fur WDs.Wie bereits angesprochen konnen beim WD die Elektronen als relativistisches Fermi-gas und gleichzeitig die Kerne, die naherungsweise die gesamte Gravitation verursa-chen, als nichtrelativistisch betrachtet werden. Bei N*s dagegen wird die Gravitationund der Entartungsdruck von den Neutronen verursacht, weshalb hier auch der Gra-vitationsdruck relativistisch mit der ART bestimmt werden musste.

Deshalb hier Radius und Masse im rel. Grenzfall nur fur WDs:

R =√

K2

πGρ− 1

30 · 6, 90 = 5,33

σ

(ρWD

c

ρ0

) 13 · 104km WD

Chandrasekhar-Grenzmasse

MCh = 4π(

K2

πG

) 32 ρ0

0 · 2, 02 = 5,87σ2 ·MSonne

σ=2,15= 1, 27 ·MSonne WD

Man sieht, dass fur die Masse eines WDs im rel. Grenzfall die Dichte ρ0 nichtmehr eingeht. Dies fuhrt dazu, dass die Chandrasekhar-Grenzmasse in unserer Nahe-rung von universaler Gultigkeit und deshalb auch von großer Bedeutung ist. Siehangt lediglich von der Anzahl der Nukleonen pro Elektron ab, also von der che-mischen Zusammensetzung des Sterns. Es gibt theoretisch keinen stabilen Zustandfur Sternleichen, deren Masse die Chandrasekhar-Grenze ubersteigt. In diesem Fall

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vermag auch der Entartungsdruck der Fermionen nicht mehr der Gravitation des Ei-gengewichtes standzuhalten. Tatsachlich wurden bisher auch keine WDs mit großererMasse entdeckt.

2.7 Die Naherung T = 0

An dieser Stelle widmen wir uns einem kurzen Beispiel, um eine Vorstellung von derFermienergie eines WDs zu bekommen und so die Naherung T = 0 besser nachvoll-ziehen zu konnen.Wir betrachten in unserem stark vereinfachten Gedankenexperiment einen WD ausWasserstoff mit der Masse unserer Sonne M ≈ 2 · 1030kg. Die Masse wird nahe-rungsweise nur von den Protonen getragen. Da wir von Wasserstoff ausgehen ist dieAnzahl der Elektronen gleich der Anzahl der Protonen und wir konnen diese einfachberechnen:

Ne = Mmp≈ 1058

Diese Anzahl von Elektronen soll auf die typische Große eines WDs im nichtrel.Grenzfall komprimiert sein. Fur dessen Radius setzen wir ρ0 ≈ ρWD

c . Auch großereAbweichungen von dieser Dichte fuhren nur zu kleinen Anderungen beim Radius,da dankenswerterweise der kleine Exponent von 1

6eine Anderung stark abschwacht.

Daher konnen wir R = 2 · 107m wahlen. Wir berechnen nun den Fermiimpuls unddie Fermienergie fur unser System und vergleichen die entsprechende Temperaturmit der tatsachlichen Temperatur:

pF = ~(3π2 N

V

) 13 = ~

(3π2 1058

43πR3

) 13 ≈ 2 · 10−20 kg · m

s

EF =√

m2ec

4 + p2F c2 ≈ 10−11J → TF = EF

kB≈ 1010K

Die Temperatur eines WDs liegt um Großenordnungen darunter. Sirius B hat bei-spielsweise eine Temperatur von ca. 27000K. Wir konnen deshalb problemlos dievereinfachende Annahme T = 0 machen, ohne die Verhaltnismaßigkeit zu storen.

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3 Jenseits der Grenzmasse

Wie wir gesehen haben, stellt die Chandrasekhar-Grenzmasse eine universale Mas-sengrenze dar fur alle Objekte, die nur durch den Entartungsdruck von Fermionenstabilisiert werden. Naturlich stellt sich unweigerlich die Frage, was beim Uberschrei-ten dieser Grenze passiert.Ein anschauliches Beispiel liefert die sog. Supernova vom Typ Ia. Diese auch ther-monukleare Supernova genannte Erscheinung kann nur in bestimmten Doppelstern-systemen auftreten, in denen ein WD Masse von seinem Begleiter aufsammelnkann. Schafft es der WD, genugend Materie seines Begleiters zu akkretieren unddie Chandrasekhar-Grenzmasse zu uberschreiten, so wird er instabil. Die dadurchentstehenden explosiven Kernreaktionen zerreißen den WD vollstandig weshalb auchkein N* zuruckbleibt. Dieser Vorgang wird von einer enormen Leuchtkraft begleitet,die knapp 5 Mrd. Sonnenleuchtkrafte betragt. Die Illustration auf dem Titelblattzeigt eine kunstlerische Darstellung eines Doppelsternsystems aus Rotem-Riesen undeinem detonierenden WD (Bildquelle: [7]).Folgende Abbildung zeigt das Aufleuchten einer Supernova in einem Spiralarm derGalaxie.

Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble zeigt die Galaxie NGC 4526, in der sich 1994 eineSN Ia ereignete. Bildquelle: [8]

Dies ist nur eine kurze Demonstration eines Beispiels, da die Themen SupernovaeIa und Core-Collapse-Supernovae in separaten Vortragen behandelt werden.

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Literatur

[1] A. Lenz: ”Struktur der Materie III”, Skript der Vorelsung SS06

[2] W. Gebhardt: ”Ableitungen Chandrasekhar-Masse”, Skript der Vorlesung”Schwarze Locher” WS99/00

[3] M. Heise: ”Grundgleichungen des Sternaufbaus”, Skript fur das Ausbildungs-seminar ”Kerne und Sterne - Nukleare Astrophysik” SS07

[4] M. Muller: ”Polytropen-Modelle: Verlauf von Temperatur und Dichte”, Skriptfur das Ausbildungsseminar ”Kerne und Sterne - Nukleare Astrophysik” SS07

[5] R. Kippenhahn, A. Weigert : ”Stellar Structure and Evolution”, Springer Verl.1990, corr. Printing 1991. 84 US 4000 K57

[6] http://www.nobelpreis.org/physik/chandrasekhar.htm

[7] http://www.nnv.nl

[8] http://www.mpe.mpg.de/˜amueller/lexdt s09.html

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