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Die ersten 20 Fragen zum DRAVET-SYNDROM Charlotte Dravet - Stéphane Auvin Domenica Battaglia - Ana Isabel Dias - Marina Nikanorova Rocio Sanchez-Carpintero - Katalin Sterbova G E R M A N

Die ersten 20 Fragen zum DRAVET- SYNDROM · Vorwort Ich freue mich, Ihnen das Handbuch Die 20 wichtigsten Fragen zum Dravet Syndrom präsentieren zu dürfen, denn ich glaube, dass

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Die ersten 20 Fragen zum D R A V E T - S Y N D R O M

Die ersten 20 Fragen zum D R A V E T - S Y N D R O M

Charlotte Dravet - Stéphane AuvinDomenica Battaglia - Ana Isabel Dias - Marina Nikanorova

Rocio Sanchez-Carpintero - Katalin Sterbova

Charlotte Dravet - Stéphane AuvinDomenica Battaglia - Ana Isabel Dias - Marina Nikanorova

Rocio Sanchez-Carpintero - Katalin Sterbova

1 • Warum dauert es so lange, bis die Diagnose feststeht?2 • Was ist die Ursache?3 • Handelt es sich um eine Erbkrankheit? Besteht ein Risiko

für Ihre zukünftigen Kinder?4 • Ist es notwendig, einen weiteren Arzt hinzuzuziehen?5 • Wie manifestiert sich die Krankheit im Kindesalter?6 • Wie manifestiert sich die Krankheit im Jugend- und Erwachsenenalter?7 • Von epileptischen Anfällen abgesehen, welche Symptome werden Sie

und Ihr Kind bewältigen müssen? 8 • Hat eine Impfung das Dravet-Syndrom verursacht?9 • Gibt es Faktoren im Alltag, die Anfälle auslösen können?10 • Welche Arten von Medikamenten werden eingesetzt?11 • Gibt es außer Medikamenten alternative Behandlungsmöglichkeiten? 12 • Wie ist mit Fieber und einer Erhöhung der Körpertemperatur umzugehen? 13 • Was ist bei Anfällen zu tun? 14 • Wie können Sie Ihrer Familie und Ihren Freunden die Situation erklären?15 • Wie lässt sich der Alltag meistern?16 • Welchen spezifischen Schwierigkeiten wird Ihr Kind im Alltag begegnen?17 • Wie verhält es sich sieht es mit Kindergarten und Schule?18 • Welche Hilfeleistungen werden Sie möglicherweise benötigen und erhalten,

wenn Ihr Kind ins Jugend- und Erwachsenenalter kommt?19 • Auf welche Fragen hat die medizinische Forschung noch keine Antworten?20 • Gibt es neue Therapieansätze für das Dravet-Syndrom?

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Die ersten 20 Fragenzum Dravet Syndrom

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Die ersten 20 Fragenzum Dravet SyndromDeutsche Ausgabe

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Das vorliegende Handbuch wurde mit der Hilfe und Unterstützungvon BIOCODEX verfasst und ist ausschließlich für den privaten

Gebrauch bestimmt.

Copyright 2016, BIOCODEX

Die Aufmachung und der Inhalt dieses Handbuchs sind ein Werk des UnternehmensBIOCODEX und durch die geltenden Gesetze über das geistige Eigentum geschützt. DieNutzung oder der Nachdruck – auch auszugsweise – von Texten, Fotos oder Abbil-dungen aus diesem Handbuch ist ohne die vorherige schriftliche Genehmigung desUnternehmens BIOCODEX ausdrücklich verboten.

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WissenschaftlichesGremium

VorsitzendeDr. Charlotte DravetFrankreich, Italien

KoordinatorProf. Stéphane AuvinFrankreich

MitgliederDr. Domenica BattagliaItalien

Dr. Ana Isabel DiasPortugal

Dr. Marina NikanorovaDänemark

Dr. Rocio Sanchez-CarpinteroSpanien

Dr. Katalin SterbovaTschechische Republik

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Vorwort

Ich freue mich, Ihnen das Handbuch Die 20 wichtigsten Fragen zumDravet Syndrom präsentieren zu dürfen, denn ich glaube, dass es fürSie als Eltern und Familienangehörige wichtig ist, ein Dokument zurHand zu haben, das Ihnen leicht verständliche Antworten auf IhreFragen zur Erkrankung Ihres Kindes gibt.

Alle Autoren sind international anerkannte Kinderneurologen, diezahlreiche Patienten mit Dravet Syndrom betreuen. Sie besitzen fun-dierte Kenntnisse über die Krankheit und haben sich unter der Leitungvon Prof. Stéphane Auvin bemüht, so informativ wie möglich zu sein.

Ziel dieses Handbuchs ist es, Eltern zu helfen, die erst vor Kurzemerfahren haben, dass Ihr Kind unter dem Dravet Syndrom leidet, unddie sich durch diese Diagnose überfordert fühlen. Es schien uns sinn-voll, die Krankheit und ihre Folgen in einfacher, klar verständlicherSprache zu erklären und so die ersten Informationen durch denArztes zu ergänzen. Da Sie höchstwahrscheinlich unter Schockstanden, haben Sie vielleicht einige dieser Informationen nicht odernicht richtig verstanden und anschließend Recherchen im Internetdurchgeführt, um mehr über die Krankheit zu erfahren. Möglicher-weise haben Sie dort Websites und Foren über Epilepsie und dasDravet Syndrom gefunden. Doch anstatt, dass es Sie beruhigt, habendie vielen verschiedenen, oft unverständlichen und manchmal sogarwidersprüchlichen Informationen zu den vielfältigen Aspekten dieserKrankheit Ihre Besorgnis wahrscheinlich eher noch erhöht. Denn esist fast unmöglich für Sie zu beurteilen, was wichtig ist und auf IhrKind zutrifft.

Ohne den Arzt Ihres Kindes zu ersetzen, möchte Ihnen dieses Hand-buch ausführliche Antworten auf die wichtigsten Fragen geben, die

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kurz nach der Diagnose und auch später im Alltag auftauchen. DieAutoren haben versucht, die Fragen korrekt zu beantworten, ohnezu sehr ins Detail zu gehen, da nicht alle Patienten in gleicher Weisebetroffen sind und es in diesem Rahmen nicht möglich ist, jedeneinzelnen Fall zu berücksichtigen. Auch richtet sich dieses Handbuchan Familien in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen medi-zinischen und medizinisch-sozialen Einrichtungen und Verfahrens-weisen. Dies gilt vor allem für die Verfügbarkeit von Arzneimittelngegen Epilepsie und die Möglichkeit der Eingliederung der Patientenin Bildungs- und Rehabilitationsstätten. Die Autoren empfehlenIhnen daher, sich für weitere Informationen über den individuellenZustand Ihres Kindes an Ihren Arzt zu wenden.

Ein wesentlicher Bestandteil dieses Handbuchs ist das Glossar. Darinsind die medizinischen Begriffe erklärt, auf die Sie bei der Lektürestoßen werden. Diese Erläuterungen werden Ihnen auch bei IhrenArztgesprächen hilfreich sein.

Die Autoren haben aus ihren Kontakten zu Familien und Kindern mitDravet Syndrom persönliche Erfahrungen gewonnen. Wir sind unsder praktischen und psychischen Schwierigkeiten, mit denen Siekonfrontiert sind, bewusst. Wir möchten Ihnen so gut wie möglichhelfen und hoffen, Ihnen mit diesem Handbuch ein nützliches Werk-zeug zur Verfügung zu stellen.

Charlotte Dravet

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Inhalt

Vorwort ........................................................................... VII

Einführung....................................................................... 1

Welchen Zweck verfolgt dieses Handbuch und für wen wurde esgeschrieben? ....................................................................................... 1

Wie ist dieses Handbuch zu verwenden?............................................. 1

Wer sind die Autoren? ......................................................................... 2

1. Warum dauert es so lange, bis die Diagnose feststeht? ... 3

2. Was ist die Ursache?...................................................... 4

3. Handelt es sich um eine Erbkrankheit? Besteht ein Risikofür Ihre zukünftigen Kinder? .......................................... 5

4. Ist es notwendig, einen weiteren Arzt hinzuzuziehen? .... 6

5. Wie manifestiert sich die Krankheit im Kindesalter? ........ 7

6. Wie manifestiert sich die Krankheit im Jugend-und Erwachsenenalter?................................................. 11

7. Von epileptischen Anfällen abgesehen, welcheSymptome werden Sie und Ihr Kind bewältigenmüssen?....................................................................... 13

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8. Hat eine Impfung das Dravet Syndrom verursacht? ........ 16

9. Gibt es Faktoren im Alltag, die Anfälle auslösenkönnen?....................................................................... 17

10. Welche Arten von Medikamenten werden eingesetzt?.... 19

11. Gibt es außer Medikamenten alternativeBehandlungsmöglichkeiten?....................................... 21

Die diätetische Therapie: ketogene Diät ............................................. 21

Die Hirnstimulation mit einem Gerät, das anhand von elektrischenImpulsen auf einen Kranialnerv (Vagusnerv) einwirkt ........................ 22

12. Wie ist mit Fieber und einer Erhöhungder Körpertemperatur umzugehen? ............................ 23

13. Was ist bei Anfällen zu tun? ......................................... 25

14. Wie können Sie Ihrer Familie und Ihren Freunden dieSituation erklären?...................................................... 28

15. Wie lässt sich der Alltag meistern?................................ 29

16. Welchen spezifischen Schwierigkeiten wird Ihr Kindim Alltag begegnen?................................................... 33

17. Wie verhält es sich sieht es mit Kindergartenund Schule? ............................................................... 35

18. Welche Hilfeleistungen werden Sie möglicherweisebenötigen und erhalten, wenn Ihr Kind ins Jugend-und Erwachsenenalter kommt? ................................... 37

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19. Auf welche Fragen hat die medizinische Forschungnoch keine Antworten?............................................... 40

20. Gibt es neue Therapieansätzefür das Dravet Syndrom?............................................. 42

Glossar............................................................................. 44

Anfälle ................................................................................................. 45

Für weiterreichende Informationen................................... 48

Familienverbände................................................................................ 48Website ............................................................................................... 48

Hinweise .......................................................................... 49

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Einführung

Ziel dieses Handbuchs ist es, Familien und Angehörigen von Pati-enten leicht verständliche und nützliche Informationen zum DravetSyndrom zur Verfügung zu stellen. Als Gesundheitsexperten versu-chen wir, Ihnen anhand dieses kurzen Dokuments einen allgemeinenÜberblick über das Dravet Syndrom zu geben und Ihnen die Her-ausforderungen zu erläutern, die Sie Ihr Leben lang im Alltag werdenbewältigen müssen.

In unserer vernetzten Welt ist Wissen zwar überall frei zugänglich,jedoch ist es schwierig geworden, zuverlässige und korrekte Infor-mationen zu finden. Und selbst wenn es Ihnen gelingt, solche Doku-mente ausfindig zu machen, sind sie meist von Ärzten oder Wissen-schaftlern in einer schwer verständlichen Sprache ohne ausführlicheErklärungen verfasst. Dies kann leicht zu Missverständnissen führen.

Wir haben unser Möglichstes getan, um Ihnen 20 der wichtigstenFragen zu beantworten, die Sie sich wahrscheinlich gestellt haben,als Sie vom Dravet Syndrom erfahren haben. Sie finden in diesemHandbuch auch praktische Informationen, die Sie an Ihre Familieund Verwandten weitergeben können. Wir haben uns bemüht,dieses Dokument möglichst benutzerfreundlich zu gestalten, sodassSie es ganz nach Wunsch von Anfang bis Ende durchlesen oder auchzwischen den einzelnen Fragen hin- und herblättern können.

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Da wir alle möglichen Aspekte der Krankheit ansprechen mussten,enthält das Handbuch möglicherweise auch Informationen, die fürIhr Kind nicht nützlich oder irrelevant sind. Bei der Lektüre werdenSie feststellen, dass jedes Kind mit Dravet Syndrom einzigartig ist.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Handbuch die Fragen zu beantworten,die Sie sich nach der Diagnose oder zu einem späteren Zeitpunktstellen könnten.

Selbstverständlich sind wir uns bewusst, dass einige Fragen offenbleiben werden. Wenden Sie sich mit diesen vertrauensvoll an IhrenKinderarzt, der Ihnen alle Informationen geben wird, die Sie benö-tigen. Für ein besseres Verständnis der medizinischen Begriffe habenwir auch ein Glossar angefügt.

Wir sind Kinderneurologen aus ganz Europa, allesamt auf Epilepsiespezialisiert und arbeiten aktiv mit Dravet-Kindern. Unser Ziel ist es,unsere praktische Erfahrung sowohl aus klinischer Sicht als auch imHinblick auf den Umgang mit dieser seltenen Erkrankung mit Ihnenzu teilen.

Stéphane Auvin

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1• Warum dauert es so lange,bis die Diagnose feststeht?

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Das erste Symptom für ein Dravet Syn-drom ist für gewöhnlich ein langandauernder Anfall (über 15 min),der während einer akuten fieberhaftenErkrankung oder nach einer Impfungbei Kindern unter 12 Monaten auftritt.

Für eine endgültige Diagnose reichtdieses einzige Ereignis jedoch nichtaus. Der langanhaltende Anfall veran-lasst den Arzt, weitere Untersu-chungen vorzunehmen, um die möglichen Ursachen dieses unge-wöhnlichen Vorfalls zu klären. Denn auch andere neurologischeStörungen können zu langanhaltenden Anfällen bei Säuglingenführen, wie zum Beispiel Fieberkrämpfe, Missbildungen eineskleinen Hirnbereichs oder auch Hirnverletzungen bei der Geburt.

Die Untersuchungen umfassen eine zerebrale Bildgebung (Magnetre-sonanztomografie, MRI) sowie ein Elektroenzephalogramm(EEG). Manchmal wird bei Notfällen eine Lumbalpunktion vorge-nommen, um durch Untersuchung der Zerebrospinalflüssigkeit eineHirninfektion auszuschließen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungensind bei Kindern mit Dravet Syndrom für gewöhnlich normal.

Später treten dann andersartige Anfälle von geringerer Dauer auf.Zum Zeitpunkt dieser Anfälle kann dann in Verbindung mit denErgebnissen aller vorherigen Untersuchungen die Diagnose gestelltwerden.

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2• Was ist die Ursache?

Die Ursache des Dravet Syndroms gilt als genetisch bedingt. Bei denmeisten Patienten (rund 80 %) ist eine Mutation des Gens SCN1Averantwortlich. Die Mutation dieses Gens kann zu einer anormalen„elektrischen“ Hirnaktivität führen, die die Anfälle auslöst.

Die Diagnose des Dravet Syndroms beruht auf dem klinischenVerlauf. Es liegt keine Anamnese einer schweren Hirnverletzungvor, welche die Epilepsie erklären könnte, wie etwa eines Sau-erstoffmangels bei der Geburt oder einer Hirnhautentzündung.Standarduntersuchungen wie biochemische Blutanalysen undbildgebende Hirnuntersuchungen (CT und MRI) liefern normaleErgebnisse. 2001 wurde klar, dass das Dravet Syndrom durcheinen Defekt in der elektrischen Aktivität der Hirnzellen verur-sacht wird.

Eine geringe Anzahl Patienten weisen keine SCN1A-Mutation auf. Beiihnen wurden jedoch bereits andere mutierte Gene identifiziert. Wasdie Patienten betrifft, bei denen keine der genannten Genmuta-tionen vorliegen, ist die Forschung noch im Gange.

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3• Handelt es sich um eineErbkrankheit? Besteht ein Risikofür Ihre zukünftigen Kinder?

In den meisten Fällen handelt es sich bei den Mutationen desSCN1A-Gens um „De-novo-Mutationen“. Das bedeutet, dass wederVater noch Mutter Träger des mutierten Gens ist und die Mutationspontan vor oder während der Befruchtung stattfindet. Jungen undMädchen sind gleichermaßen betroffen. Das mutierte Gen wirddemnach nicht geerbt.

Falls Ihr Kind Träger einer De-novo-Mutation des SCN1A-Gens ist,besteht gemäß unserem heutigen Kenntnisstand für Ihre zukünf-tigen Kinder kein größeres Risiko als für die Allgemeinbevölkerung(d. h. 1:20 000–1:40 000 Geburten). Für Ihre älteren Kinder bestehtkein Risiko, am Dravet Syndrom zu erkranken. Niemand trägt Schuld.Sie müssen sich für die Krankheit Ihres Kindes weder schuldig nochverantwortlich fühlen.

Vielleicht fragen Sie sich, ob eine SCN1A-Mutation zwangsläufig zumDravet Syndrom führt. Nicht unbedingt, denn SCN1A-Mutationenfinden sich auch bei Patienten mit anderen Epilepsieformen, wie

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etwa dem GEFS+Syndrom.GEFS+ steht für „Genetic Epi-lepsy with Febrile Seizures +“(Generalisierte Epilepsie mit Fie-be r k r ämpfen p lu s ) , e ineweniger schwere Form der Epi-lepsie, die über Generationenhinweg bei verschiedenen Mit-gliedern einer Familie auftritt.

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4• Ist es notwendig, einen weiterenArzt hinzuzuziehen?

Ein Kind mit Dravet Syndrom ist immer eine Belastung für die ganzeFamilie. Selbst wenn Ihr Kinderneurologe Ihnen die Ursachen derKrankheit erklärt hat, kann ein Besuch bei einem Genetikspezialistenzu einem besseren Verständnis beitragen.

Der Genetikspezialist wird Ihnen die grundlegenden Mechanismender Genetik und die Bedeutung der De-novo- Mutation desSCN1A-Gens im Detail erläutern. Während dieses Gesprächs habenSie auch die Möglichkeit, Fragen zu zukünftigen Schwangerschaften,Risikofaktoren für andere Familienmitglieder usw. zu stellen.

Vielleicht werden jetzt SCN1A-Routinetests in Ihrem Land ange-boten. Da mehrere Monate vergehen können, bis Sie die Ergebnisseerhalten, sollte dies kein Grund sein, den Beginn der Behandlungaufzuschieben.

Die Bestätigung der Diagnose durch einen Test kann Ihnen jedochweitere unnötige Untersuchungen ersparen. Es handelt sich in derRegel um einen DNA-Test anhand einer Blutprobe.

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5• Wie manifestiert sich die Krankheitim Kindesalter?

In der Regel tritt der erste Anfall bei Kindern unter 12 Monaten auf.Es handelt sich um einen klonischen Anfall, der recht langeandauert. Er kann anfänglich entweder generalisiert (an beiden Kör-perhälften gleichzeitig) oder halbseitig (nur an einer Körperhälfte)auftreten.

Ein halbseitiger Anfall kann dabei auch auf die andere Körperhälfteübergreifen und sich zu einem generalisierten Anfall entwickeln.

Bei Anfällen, die über 30 Minuten andauern, spricht man von einemStatus epilepticus. Werden medizinische Untersuchungen einsch-ließlich EEGs durchgeführt, zeigen diese zu Beginn meist normaleErgebnisse.

Innerhalb von Tagen, Wochen oder Monaten nach dem ersten Vor-fall kommt es jedoch wiederholt zu Rückfällen.

Im Alter von 12 bis 18 Monaten1 werden die klonischen Anfälle häu-figer, dafür aber kürzer.

Im Alter von 1 bis 5 Jahren kommen andere Arten von Anfällen hinzu,die zu jeder Tages- und Nachtzeit auftreten können. Sie könnenlange andauern und sich bis hin zu einem Status epilepticus hin ent-wickeln, der gegebenenfalls auf der Intensivstation behandeltwerden muss.

1. Die Altersangaben dienen nur zur Information.

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Zu diesen Anfällen gehören:• konvulsive Anfälle (generalisierte tonisch-klonische, generali-sierte klonische oder einseitig-klonische Anfälle). Sie werden Ihr Kindsein Leben lang begleiten.• myoklonische Anfälle: Sie können vereinzelt oder mehrmalstäglich auftreten. Ausgelöst werden sie durch Umweltfaktoren wieLichtreize, Veränderungen der Lichtverhältnisse oder Augenzwin-kern. Myoklonische Anfälle variieren in ihrer Intensität und reichenvon leichten Zuckungen in einem oder mehreren Körperteilen bishin zur Beteiligung von Kopf und Rumpf, manchmal gefolgt voneinem Sturz. Meist treten sie tagsüber auf, können im schläfrigenZustand noch nachklingen und verschwinden im Tiefschlaf. Es istjedoch auch möglich, dass diese Art von Anfällen bei Ihrem Kind garnicht vorkommt.• atypische Absencen: Ihr Kind scheint in seiner eigenen Weltversunken zu sein. Die Absencen können von ein paar Sekunden bishin zu einigen Minuten dauern. Diese Art von Anfällen kann bis zurPubertät fortbestehen.• fokale Anfälle: Die körperliche Manifestation dieser Art vonAnfällen ist schwer zu beschreiben. Zu erwähnen sind Kopf- und/oder Augendrehen, klonische Zuckungen eines Gesichtsmuskelsoder einer Extremität, Unansprechbarkeit, Tonusverlust, Blässe, Sab-bern, Zyanose und eine Veränderungen der Atmung.

Alle oben erwähnten Anfälle können durch verschiedene externeFaktoren ausgelöst werden. Die auslösenden Faktoren sind unterFrage 9 detailliert beschrieben. Ihr Kinderneurologe wird wahr-scheinlich ein Langzeit-EEG durchführen, um die Art des Anfallsbesser definieren zu können. Selbst wenn während des EEGs keinAnfall auftritt, sind die Ergebnisse meist anormal.

In diesem Alter sind Entwicklungsverzögerungen erkennbar, die biszum Ende der Kindheit anhalten werden. Darüber hinaus bestehtein Risiko für Verhaltensstörungen. Ihr Kind wird wahrscheinlich mit

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Lern- und kognitiven Schwierigkeiten zu kämpfen haben. DerSchweregrad dieser Defizite ist jedoch variabel und kann durch neu-ropsychologische Tests verfolgt werden. Die Sprachentwicklungist immer betroffen, von Kind zu Kind jedoch unterschiedlich stark.Das Spektrum reicht von völliger Sprachunfähigkeit bis hin zu einemrelativ strukturierten Sprechen, das ein Gespräch ermöglicht.

Arten von Anfällen

Klonische Anfälle (Krämpfe): Mehr oder weniger schnellezuckende Bewegungen, die sich in mehr oder weniger regel-mäßigen Intervallen wiederholen.

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Tonische Phase

Klonische Phase

Tonisch-klonische Anfälle: Siebeginnen mit der tonischenPhase, in der sich alle Muskelnversteifen. Luft wird durch dieStimmbänder gepresst und ver-ursacht einen Schrei oderStöhnen. Die Person verliert dasBewusstsein und fällt zu Boden.Möglicherweise beißt sie sich aufdie Zunge oder in die Wange,sodass mit Blut vermischter Spei-chel aus dem Mund austritt. DasG e s i c h t k a n n l e i c h t b l a u

anlaufen. Auf die tonische Phase folgt die klonische: Die Armeund für gewöhnlich auch die Beine beginnen, schnell und rhyth-misch zu zucken, indem sich Ellbogen, Hüft- und Kniegelenkeabwechselnd beugen und entspannen. Nach ein paar Minutenlassen die Zuckungen nach und hören auf. Da die Körperspan-nung nachlässt, kann es passieren, dass die Person die Kontrolleüber Blase oder Darm verliert und Urin oder Stuhl nicht zurück-halten kann. Während dieser Zeit sind eventuell Windeln not-wendig. Das Bewusstsein kehrt langsam zurück, die betroffenePerson kann dabei benommen, verwirrt, erregt oder deprimiertsein. Diese Anfälle dauern in der Regel 1 bis 3 Minuten. Eintonisch-klonischer Anfall, der länger als 5 Minuten dauert,bedarf medizinischer Behandlung.

Myoklonische Anfälle: plötzliche, sehr kurze und manchmalwiederholte Bewegungen, ähnlich wie ein „Zusammenzucken“(als Reaktion auf einen Schreck). Ihre Intensität ist im Allge-meinen mäßig, Fieber kann jedoch ihre Intensität und auch ihreHäufigkeit erhöhen.

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Absence: Bewusstseinsstörung ohne Krampfanfall. Das Kindhält in seiner Aktivität inne, starrt in die Leere und reagiert nichtmehr. Meist dauern Absenzen nur einige Sekunden. Wenn siejedoch länger anhalten, können sie zu Stürzen führen. In man-chen Fällen bleiben sie aber sogar gänzlich unbemerkt.

Langanhaltender Anfall oder Status epilepticus: Dabei han-delt es sich entweder um einen mehr als 20–30 Minuten langenAnfall oder um wiederholte Anfälle in kurzen Abständen ohnezwischenzeitliches Wiedererlangen des Bewusstseins.

Partielle (fokale) Anfälle: Sie beginnen in einem kleinenBereich des Hirns und sind in EEGs erkennbar. Sie können sichsehr unterschiedlich äußern: durch Muskelversteifung, verän-derte Atmung, Schwitzen ... Generell sind diese Anfälle kurz unddauern weniger als 2 Minuten.

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6• Wie manifestiert sich die Krankheitim Jugend- und Erwachsenenalter?

Mit dem Heranwachsen Ihres Kindes kommen neue Herausforde-rungen auf Sie zu.

Bei Jugendlichen scheint die epileptische Aktivität abzunehmen.Fokale und myoklonische Anfälle sowie atypische Absencen ten-dieren dazu zu verschwinden. Klonische Anfälle treten jedoch weiterauf, und zwar meist im Schlaf. Sie können sich in mehreren Anfall-serien pro Nacht wiederholen und beginnen manchmal mit einemmyoklonischen Zucken. Ihre Häufigkeit nimmt jedoch mit der Zeitab. Status epileptici werden nicht mehr beobachtet oder kommenseltener vor. Einige Patienten haben ihre Anfälle während dieser Zeitsogar vollständig unter Kontrolle. Die Empfindlichkeit gegenüberFieber und Infektionen als auslösende Faktoren nimmt bei ungefährder Hälfte der Patienten ab (weitere Details dazu finden Sie unterFrage 9).

Viele erwachsene Dravet-Patienten leiden allerdings unter einge-schränkten motorischen Fähigkeiten. Zu den motorischenBeschwerden zählen instabiler Gang/Ataxie, Tremor und Unge-schicklichkeit in der Feinmotorik sowie schwankendes Gehen.Sowohl bei Jugendlichen als auch Erwachsenen mit Dravet Syndromkann eine spezifische Gehstörung namens Kauergang auftreten.Sie äußert sich in einer verstärkten Beugung der Hüft-, Knie- undFußgelenke, die das Gehen über weite Distanzen erschwert. EinigePatienten benötigen in solchen Situationen einen Rollstuhl. Alle sindjedoch im Stande, zu Hause, in der Schule oder am Arbeitsplatzselbstständig zu gehen. Je früher die Gehstörung auftritt, destoschwerwiegender ist sie im Erwachsenenalter.

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Im Hinblick auf Bildung, kognitive Funktionen und das Soziallebenführen die eingeschränkten Fähigkeiten zu einer starken Beeinträch-tigung der alltäglichen Aktivitäten.

Diese Erwachsenen können meist kein komplett selbstständigesLeben führen oder wohnen sogar in speziellen Einrichtungen. Siebesuchen Beschäftigungstagesstätten, Behindertenwerkstätten oderbesondere Berufsschulen.

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Kauergang

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7• Von epileptischen Anfällenabgesehen, welche Symptomewerden Sie und Ihr Kind bewältigenmüssen?

Das Dravet Syndrom ist mehr als nur eine Epilepsie-Erkrankung. Esgilt als genetische Krankheit mit vielfältigen neurologischen Sym-ptomen, die ab dem ersten Lebensjahr auftreten.

Alle Patienten leiden zu einem bestimmten Zeitpunkt unter demAbbau kognitiver Fähigkeiten sowie Verhaltensstörungen und moto-rischen Einschränkungen, wobei der Schweregrad allerdings vonPerson zu Person sehr unterschiedlich ist.

Auge-Hand-Koordination

Zu den ersten erkennbaren Symptomen, dievom Kindergarten- bis zum Grundschulalterzu beobachten sind, zählen mangelnde Auf-merksamkeit und eine verzögerte Sprach-entwicklung. Sobald diese Symptome voll-ständig ausgeprägt sind, werden Siebemerken, dass es Ihrem Kind schwerfällt,seine Wünsche zum Ausdruck zu bringen.Dies führt zu Frust und in der Folge zu Ver-haltensstörungen. Eine Sprachtherapie kannfür die Sozialisierung hilfreich sein. Auch beider Entwicklung der Auge-Hand-Koordi-nation und der visuellen Wahrneh-mung werden Verzögerungen festzustellensein, die die Lernfähigkeit Ihres Kindes in der Schule beeinträchtigen.Sie werden bei Ihrem heranwachsenden Kind bei allen intellektuellenProzessen eine extreme Langsamkeit beobachten. Sonderschulen

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oder spezielle Einrichtungen können Ihr Kind in dieser Hinsicht unter-stützen und es ihm ermöglichen, alltägliche Tätigkeiten selbstständigzu meistern.

Dabei ist die korrekte Beurteilung der psychomotorischen Entwick-lung Ihres Kindes besonders wichtig, denn nur so können die Aktivi-täten seinen Bedürfnissen entsprechend aufgebaut werden. Vielleichtstellen Sie eine Verbesserung des Verhaltens nach spezifischen Thera-pien wie etwa einer Sprach-, Ergo- oder Psychomotoriktherapie fest.

Die Auge-Hand-Koordination ist die koordinierte Steuerungder Augen- und Handbewegung und die Umsetzung visuellerReize in gezielte Greifbewegungen. Unter Visuo-Perzeptionoder visueller Wahrnehmung versteht man die Fähigkeit, dieUmgebung durch die Verarbeitung visueller Informationen zuinterpretieren.

Darüber hinaus lassen sich auch andere Störungen erkennen. Viel-leicht bemerken Sie Veränderungen im Verhalten Ihres Kindes, wiezum Beispiel Hyperaktivität. Das bedeutet, dass es Ihrem Kindschwerfällt, sich für mehr als ein paar Minuten auf eine Sache zukonzentrieren. Entsprechend häufig wechselt es daher von einer Akti-vität zur anderen. Diese Hyperaktivität verschwindet später wieder.

Oft hören Dravet-Kinder auch nicht auf Erwachsene und handeln auseigenem Impuls. Dieses Trotzverhalten steht dem Lernprozess in vielenFällen im Weg und hält das ganze Leben lang an. Viele dieser Kinderweisen autistische Züge auf (Perseveration, repetitive Tätigkeiten),leiden jedochnichtunterAutismus.NebenweiterenVerhaltensverände-rungen sind auch Schlaf- und Essstörungen nicht ungewöhnlich. Trotzalledem ist es empfehlenswert, normale Erziehungsregeln anzuwenden.

Viele motorische Beeinträchtigungen betreffen alle diese Kinder,jedoch in unterschiedlich starker Ausprägung. Die Ataxie ist eine vonihnen. Ihr Kind wird zwar wahrscheinlich im normalen Alter das

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Gehen lernen, sein Gang wird aber länger als gewöhnlich wackeligbleiben. Die Entwicklung verläuft unterschiedlich, wird jedoch IhrKind nicht daran hindern, im Laufe seiner Kindheit selbstständiggehen zu lernen. Leichte orthopädische Fehlstellungen wie etwa einKnickfuß können mit Orthesen behandelt werden, die oft auch demGleichgewicht zugutekommen. Andere orthopädische Defekte wieeine Skoliose oder Kyphose hingegen müssen besonders in denAltersstufen mit dem stärksten Wachstum sorgfältig beobachtetwerden. Ein Kinder-Physiotherapeut kann in dieser Phase und viel-leicht auch zu einem späteren Zeitpunkt im Leben helfen.

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Normal Lordose Kyphose Skoliose

Denn bei Jugendlichen und Erwachsenen können andere orthopä-dische Beschwerden auftreten. Einige Patienten leiden unter einerspezifischen Gehstörung, genannt „Kauergang.“ Sie äußert sich ineiner verstärkten Beugung der Hüft-, Knie- und Fußgelenke, die dasGehen über weite Distanzen erschwert. Dennoch können eine ganzeReihe dieser Patienten Fahrrad und Ski fahren und auch schwimmen.Lassen Sie sich deshalb nicht davon abhalten, sportliche Aktivitätenauszuprobieren, die der ganzen Familie Spaß machen.

Weitere Informationen dazu finden Sie unter Frage 16.

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8• Hat eine Impfungdas Dravet Syndrom verursacht?

Die Ursache ist nicht zu verwechseln mit dem Auslöser. Impfungenverursachen das Dravet Syndrom nicht. Wie bereits erwähnt, istmeist eine De-novo-Mutation des SCN1A-Gens die Ursache(s. Frage 2). Lange Zeit vermutete man, dass Impfungen im Zusam-menhang mit dem Dravet Syndrom stehen, da der erste Anfall oftzeitlich mit der ersten Impfung zusammenfällt. Heute werden jedochImpfungen – ebenso wie Fieber – als Auslöser angesehen, nicht alsUrsache (s. Frage 9).

auch wenn die genauen Mechanismen zwischen Impfungen undAnfällen derzeit noch nicht komplett erforscht sind. Anfälle, diedurch Impfungen ausgelöst wurden, ändern den Verlauf des DravetSyndroms in keiner Weise, weder im Hinblick auf den Schweregradnoch auf die kognitive Entwicklung.

Impfungen sind in jedem Land obligatorisch. Besprechen Sie voreiner Impfung mit Ihrem Kinderarzt, wie Sie das Risiko eines Anfallsvermindern können.

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9• Gibt es Faktoren im Alltag,die Anfälle auslösen können?

Schwankungen der Körpertempe-ratur, Licht, Aufregung und starkeEmotionen sind einige der vielenFaktoren, die einen Anfall auslösenkönnen.

Fieber wird das ganze Leben langein wichtiger Faktor bleiben. Infek-tionskrankheiten sind in den erstenLebensjahren ganz besondershäufig und können ebenfalls Anfälleauslösen. Aus diesem Grund werden oft fiebersenkende Mitteleingesetzt.

Ganz allgemein können jedoch alle Änderungen der Körpertempe-ratur anfallsauslösend wirken, selbst wenn es sich nur um geringeVeränderungen bedingt durch intensive körperliche Aktivität, einheißes Bad oder eine warme Umgebung handelt.

Oft lassen sich Anfälle beobachten, die auf Licht- oder visuelle Reizezurückzuführen sind. Sie können verschiedene Arten von Anfällenauslösen. Dieses Phänomen wird als Photosensibilität bezeichnet.Der visuelle Reiz, der am leichtesten einen Anfall hervorruft, ist einschneller, wiederholter Wechsel zwischen Hell und Dunkel (Strobo-skoplicht). Sogar Augenzwinkern kann auslösend wirken. Dieses Phä-nomen lässt sich auch beim Betrachten von beweglichen Oberflä-chen wie Vorhängen oder Meereswel len und ein igenFernsehbildschirmen beobachten. Mehr oder weniger komplexe

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geometrische Darstellungen oder Muster wie steinige oder gepfla-sterte Wege sind ebenfalls als Auslöser bekannt.

Ihr Kinderarzt wird Ihnen möglicherweise eine Spezialbrille mitblauen Gläsern empfehlen, die dazu beitragen kann, die Zahl derdurch Photosensibilität ausgelösten Anfälle zu verringern.

Oft wird auch von starken Emotionen (Aufregung, Geburtstagsfeier,aber auch Frust) als Auslöser von Anfällen berichtet. Um das Risikoeines Anfalls zu senken, kann es sinnvoll sein, die Erziehungsme-thoden anzupassen (s. Frage 15).

Ein gute Schlafhygiene (ausreichend Schlaf und ein gutes Gleichge-wicht zwischen Tag und Nacht) trägt zur Vorbeugung von Anfällenaufgrund von Schlafmangel bei.

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10• Welche Arten von Medikamentenwerden eingesetzt?

Das Dravet Syndrom ist bis heute leider nicht heilbar. Mit derBehandlung werden lediglich die Anfälle, also nur die Symptomedes Syndroms, bekämpft. In der Regel werden für die Behandlungmehrere Arten von Medikamenten kombiniert mit dem Ziel, die Zahlund den Schweregrad der Anfälle zu senken. Generell werdenzunächst sogenannte Antiepileptika verschrieben.

Für gewöhnlich unterdrückt die Behand-lung jedoch nicht alle Anfälle. Ihr Arzt wirdIhrem Kind auf Grundlage der klinischenWirksamkeit und unter Berücksichtigungder möglichen Nebenwirkungen die opti-malen Medikamente verschreiben. Ver-gessen Sie nicht, dass es oft Zeit undGeduld braucht, bis die beste Kombina-tion gefunden ist, und dass auch dieseimmer wieder an die Symptome derKrankheit angepasst werden muss.

Wahrscheinlich wird Ihr Kind eine Kombi-nation von zwei oder drei Antiepileptikabekommen. Dies ist bei Patienten mit Dravet Syndrom üblich. JederBeginn, jede Änderung und jede Anpassung einer Behandlung mitAntiepileptika darf nur mit Genehmigung Ihres Kinderarzteserfolgen. Ungeachtet der Art des verwendeten Medikaments ist einePolytherapie oft mit Müdigkeit und Benommenheit verbunden.Wenn damit eine bessere Kontrolle der Anfälle erreicht wird, könnengewisse Nebenwirkungen toleriert werden. Wenn jedoch nurNebenwirkungen ohne jegliche Änderung der Häufigkeit oder des

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Schweregrads der Anfälle auftreten, wenden Sie sich bitte an IhrenArzt.

Zusätzlich zur Routinebehandlung wird üblicherweise ein „Not-fall“-Medikament verschrieben, das bei besonders langanhaltendenAnfällen (Dauer über 5 Minuten) eingesetzt wird, die unterUmständen eine Behandlung auf der Intensivstation erforderlichmachen.

Möglicherweise müssen auch die mit dem Dravet Syndrom ver-bundenen Störungen wie Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsdefizitesowie Schlaf- oder Verhaltensstörungen medizinisch behandeltwerden. Der Arzt wird Sie über alle verfügbaren Therapiemöglich-keiten informieren.

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11• Gibt es außer MedikamentenalternativeBehandlungsmöglichkeiten?

Genau wie bei anderen therapieresistenten Epilepsien sind auchbeim Dravet Syndrom nichtmedikamentöse Behandlungen zur Vor-beugung von Anfällen möglich. Sie ergänzen die Therapie mit Anti-epileptika. Vergessen Sie nicht, dass jedes Dravet-Kind einzigartig istund nicht jede Therapie bei jedem Kind die gleichen Ergebnisse lie-fert. Die Wirkung dieser nichtmedikamentösen Behandlungsme-thoden ist daher variabel. Es bieten sich hauptsächlich zwei alterna-tive Therapien an.

Die ketogene Diät kommt am häufig-sten zum Einsatz. Es handelt sich dabeium eine Diät mit hohem Fett- undgeringem Kohlenhydratanteil (wenigZucker): 90 % des Energiebedarfs wirddurch Fette (=Lipide) gedeckt. Nebeneiner verbesserten Anfallskontrollekann die Diät auch zu einer Verbesse-rung des Verhaltens beitragen. Siemüssen sich jedoch im Klaren darübersein, dass die ketogene Diät eine The-rapie mit Antiepileptika nicht ersetzen kann. Die Einhaltung der keto-genen Diät erfordert ein ausgebildetes Team bestehend aus Ärzten,Pflegern und Ernährungsberatern sowie eine komplette Einbeziehungder Familie. Darüber hinaus ist die Durchführung regelmäßiger

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ärztlicher Untersuchungen zur Beurteilung der Wirksamkeit als auchder möglichen Nebenwirkungen der Diät erforderlich. Diese Diätschränkt die Anwender sehr stark ein und sollte nicht mit einer Vollwer-ternährung verwechselt werden.

Vagusnerv stimulation

Der Vagusnerv überträgt den Reiz ausdem Gehirn an verschiedene Organe(Lunge, Herz, Darm, Blutgefäße usw.)und die Wahrnehmungen aus diesenOrganen zurück ans Gehirn. Anhandder Vagusnervstimulation (VNS) istes möglich, epileptische Anfälle durcheinen noch unbekannten Wirkmecha-nismus zu regulieren.

Dazu wird – ähnlich wie bei einem Herz-schrittmacher – ein Gerät chirurgischunter der Brusthaut implantiert. Das Gerätwird dann über ein unter der Haut verlau-fendes Kabel mit dem Vagusnerv im Halsverbunden.

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12• Wie ist mit Fieber und einerErhöhung der Körpertemperaturumzugehen?

Bei Dravet-Patienten in jedem Lebensalter können selbst geringe Ver-änderungen der Körpertemperatur einen Anfall auslösen. Eine Erhö-hung der Körpertemperatur findet bei Fieber, körperlicher Aktivitätoder auch in warmer Umgebung statt, zum Beispiel bei einemheißen Bad, bei einem Aufenthalt in der Sonne usw.

Was die Umweltfaktoren angeht, ist „Vorbeugen besser als Heilen“,das bedeutet, Sie sollten Ihr Kind vor Faktoren schützen, die seineKörpertemperatur erhöhen können. Mit der Zeit werden Sie lernen,diese Faktoren zu identifizieren, um unnötige Einschränkungen imtäglichen Leben zu vermeiden.

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Im Folgenden ein paar nützliche Ratschläge:• Wählen Sie angemessene Kleidung• Halten Sie Ihr Kind dazu an, langsam ins Wasser zu steigen undlangsam wieder herauszukommen

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• Lassen Sie Ihr Kind nie in übermäßig heißem Wasser baden• Vermeiden Sie Hitzeeinwirkung generell• Schränken Sie intensive körperliche Aktivitäten ein• Vermeiden Sie starke Emotionen, Aufregung und Stress• Achten Sie darauf, stets fiebersenkende Mittel dabeizuhaben

Spezielle Tipps für den Sommer:• Sorgen Sie für ausreichend Flüssigkeit• Stellen Sie kühle Getränke bereit• Bleiben Sie mit Ihrem Kind im Schatten• Schalten Sie die Klimaanlage ein oder kühlen Sie Ihr Kind mit einemfeuchtenHandtuch (z.B.währendeinerAutofahrt aneinemheißenTag)• Setzen Sie Ihrem Kind einen Sonnenhut auf

Als Eltern fühlen Sie sich möglicherweise beunruhigt oder fürchtensich sogar vor Fieberkrämpfen. Das kann dazu führen, dass Sie dieKörpertemperatur Ihres Kindes mehrmals am Tag kontrollieren. Ver-gessen Sie nicht, dass das häufige Temperaturmessen Sie zwar einer-seits beruhigen, gleichzeitig aber auch den Stress erhöhen kann(regelmäßiger Aufwand, Angst vor dem Ergebnis usw.). Auch hierwerden Sie mit der Zeit lernen, heikle Situationen zu identifizieren.

Aus Furcht vor Fieber überlegen Sie sich vielleicht, ob Sie Ihr Kind inden Kindergarten schicken sollen, wo es sich erkälten oder mit Infek-tionen oder Kinderkrankheiten anstecken kann. Wir können Ihnendazu keine endgültige Antwort geben. Wägen Sie bei der Entschei-dung jedoch die Risiken gegen die Vorteile der sozialen Integration ab.

Fiebersenkende Mittel werden üblicherweise in Situationen verab-reicht, in denen sich die Körpertemperatur erhöht (bei Infektionen mitFieber oder in einem „riskanten“ Umfeld). Eine systematische Anwen-dung ist allerdings zu vermeiden. Sie werden lernen, „riskante“ Situa-tionen für Ihr Kind zu erkennen und diese Medikamente angemessenund den Anweisungen des Arztes entsprechend einzusetzen.

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13• Was ist bei Anfällen zu tun?

Bleiben Sie ruhig und geraten Sie nicht in Panik. Anfälle, ganz gleichwelcher Art, können äußerst beängstigend sein, sind aber in derRegel nicht lebensbedrohend. Kurze Anfälle schädigen das Hirnnicht. Es ist eher das „Wo und Wann“ des Anfalls (Treppenhaus,Schwimmbad, Schaukel, Straßenkreuzung usw.), das ernsthafteGefahren bergen kann. Lassen Sie Ihr Kind nachts nicht mit großenKissen oder Plüschtieren im Bett schlafen.

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Stabile Seitenlage

Bei e inem Krampfanfa l l mitBewusstlosigkeit gehen Sie folgen-dermaßen vor:• Bringen Sie Ihr Kind in die stabileSeitenlage, damit es nicht an seinemSpeichel oder möglicherweise anErbrochenem ersticken kann• Legen Sie etwas Weiches unterden Kopf des Kindes oder stützenSie den Kopf mit Ihren Händen ab• Entfernen Sie gefährliche Gegen-stände aus der Reichweite IhresKindes, um Verletzungen zu vermeiden• Bleiben Sie bei Ihrem Kind, bis es aufwacht und wieder ruhig zuatmen beginnt

Bei einem Krampfanfall ohne Bewusstlosigkeit ergreifen Sie folgendeMaßnahmen:• Legen Sie Ihrem Kind nichts in den Mund• Versuchen Sie nicht, Ihr Kind aufzuwecken• Zwingen Sie Ihr Kind nicht aufzustehen• Geben Sie ihm während oder kurz nach einem Anfall nichts zutrinken

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Ausnahmesituationen• Verabreichen Sie bei einem lang andauernden Anfall oder einemStatus epilepticus sowie bei einem länger als 5 Minuten andauerndenklonischen oder tonisch-klonischen Anfall das Notfallmedikament(siehe Frage 10). Wir empfehlen Ihnen, sich von Ihrem Kinderarzteinen schriftlichen Notfallplan erstellen und erklären zu lassen (sieheunten). Wenn der Anfall trotz dieser Maßnahmen nicht vorübergeht,müssen Sie Ihr Kind – möglichst von einem medizinisch ausgebil-deten Team – in die Notaufnahme Ihres Krankenhauses bringenlassen.

Falls Sie mehrere Kinder haben, erstellen Sie einen Plan für den Fall,dass Sie ins Krankenhaus müssen. Entscheiden Sie, wer als „Elternteilim Bereitschaftsdienst“ bei den anderen Kindern bleibt, damit diese,anstatt stundenlang im Krankenhaus warten zu müssen, ihrengewohnten Aktivitäten nachgehen können, während Sie Ihr Dravet-Kind in die Notaufnahme bringen (oder umgekehrt).

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Checkliste für den schriftlichen Notfallplans(Erstellung durch Ihren Kinderarzt)

Vor- und NachnameGewicht und Datum der MessungAktuelle Therapie (Liste der Medikamente, aktuelle Dosie-rungen, Verschreibungsdatum).Hinweis, dass die Behandlung mit Antiepileptika auch in akutenNotfallsituationen weiterzuführen istBekannte Allergien

Anweisungen, was bei lang andauernden Anfällen zu tun istAnweisungen, was bei lang andauernden Anfällen zu vermeiden istWann muss der Notfalldienst verständigt werden?Welche Kriterien entscheiden, ob eine Notaufnahme erforder-lich ist?

1. Mittel der ersten Wahl: Name des Medikaments, Verabrei-chungsart und Dosierung.2. Mittel der zweiten Wahl: Zeitpunkt der Verabreichung nachdem Mittel der ersten Wahl, Name des Medikaments, Verabrei-chungsart und Dosierung.3. Zu vermeidende Mittel aufgrund einer möglicherweise ver-schlimmernden Wirkung (siehe Frage 10) oder einer möglichenWechselwirkung mit den täglichen Medikamenten.

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14• Wie können Sie IhrerFamilie und Ihren Freunden dieSituation erklären?

Es ist wichtig, dass Sie Ihren Freunden und Ihrer Familie erklären,was es mit dem Dravet Syndrom auf sich hat. Sie können zum Bei-spiel Folgendes sagen: Es handelt sich um eine seltene, lebensläng-liche Epilepsie-Erkrankung, die im ersten Lebensjahr ausbricht. Sieist nicht ansteckend. Zurzeit kann diese Erkrankung nicht geheilt,sondern nur symptomatisch behandelt werden. Sie können die Fak-toren erwähnen, die Anfälle auslösen. Erklären Sie Ihren Verwandten,dass es traumatisierend sein kann, einen Anfall mitzuerleben.

Schämen Sie sich nicht zu sagen, dass die Krankheit Ihres Kindeseine große Belastung für Sie darstellt, und trauen Sie sich, um Hilfezu bitten.

Wenn sich jemand bereiterklärt, auf Ihr Kind aufzupassen, erstellenSie unbedingt eine Liste der zu ergreifenden Maßnahmen, sollte IhrKind einen Anfall haben. Erklären Sie, wie ein Anfall aussieht und wiedamit umzugehen ist. Sie können auch erklären und demonstrieren,wie die Hilfsmittel angewendet werden und wie und wann die Not-fallmedikamente zu verabreichen sind. Lassen Sie den schriftlichenNotfallplan für den Fall eines lang andauernden Anfalls gut sichtbarliegen. Und das Wichtigste: Nehmen Sie unbedingt Ihr Telefon mit.

Sie finden in diesem Handbuch auch weitere nützliche Informa-tionen, anhand derer Sie Ihrer Familie und Ihren Freunden das DravetSyndrom erklären können.

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15• Wie lässt sich der Alltag meistern?

Nach der Diagnose Dravet vergehenmeist einige Monate, bis Sie die Auswir-kungen dieses Syndroms auf Ihren Fami-lienalltag wirklich verstehen.

In dieser Zeit können Sie sich mit all IhrenSorgen hinsichtlich der Entwicklung desSyndroms an Ihren Kinderarzt wenden.Er wird vermutlich zurückhaltend sein,da sich die Anfälle, die kognitive Entwick-lung der Patienten, ihr Verhalten und alle weiteren Aspekte des Syn-droms von Person zu Person stark unterscheiden. Alle Informationen,die Sie gesammelt haben, werden Ihnen dabei helfen, Ihr zukünftigesFamilienleben zu planen, mit der Krankheit Ihres Kindes zurechtzu-kommen und sich auf die erschwerten Umstände einzustellen.

Vergessen Sie nie, dass Ihre Gesundheit, Ihr Wohlbefinden und IhrMut als Eltern unerlässlich für Ihr Kind sind. Sie und Ihre Familiemüssen ein möglichst normales Leben führen. Zögern Sie nicht, ärzt-liche Hilfe zu suchen, wenn Ihnen die Situation über den Kopf wächst.Das kann ganz am Anfang, unmittelbar nach der Diagnose desDravet Syndroms, der Fall sein oder auch zu einem späteren Zeit-punkt im Verlauf der Krankheit. Warten Sie nicht, bis die Situationuntragbar wird. Schämen Sie sich nicht, wenn Sie Hilfe brauchen: Dasist unter diesen Umständen völlig normal. So tragen Sie positiv zurTherapie Ihres Kindes und zum Wohlbefinden der ganzen Familie bei.

Auch die Geschwister Ihres Kindes werden Stresssituationen ausge-setzt, denn sie werden die Anfälle und die schmerzliche Entwicklung

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der Krankheit zwangsläufig miterleben. Sie werden auch bemerken,dass ihr Bruder oder ihre Schwester Ihre ganze Aufmerksamkeit erfor-dert. Wie auch bei anderen schweren Erkrankungen kommt es nichtselten vor, dass sich die Geschwister vernachlässigt und übergangenfühlen. Dadurch können ernsthafte Spannungen aufgrund von Eifer-sucht, Verbitterung und Wut in der Familie entstehen. Ein Psycho-loge kann in diesem Fall helfen. Sobald die Geschwister alt genugsind, sollten Sie ihnen erklären, dass ein Anfall in der Regel nichtlebensbedrohlich ist und es einen Notfallplan mit der Liste der zuergreifenden Maßnahmen gibt. Sie können sie vorwarnen, dass Sieihren Bruder/ihre Schwester möglicherweise ins Krankenhausbegleiten müssen. Wenn Sie glauben, dass sie dazu in der Lage sind,können Sie ihnen auch eine aktive Rolle im Falle eines Anfalls zuteilen:Sie können zum Beispiel bei einem Anfall auf ihren Bruder/ihreSchwester aufpassen, das Medikament vorbereiten, während Sie IhrKind in die stabile Seitenlage bringen, oder einen Verwandtenanrufen. Vergessen Sie dabei jedoch nicht, dass sie auch noch Kindersind. Es ist ebenso wichtig für die Geschwister, eine möglichst nor-male Kindheit zu erleben, Freunde und Verwandte zu besuchen undzu Hause und im Urlaub Zeit mit Ihnen zu verbringen.

Wie in allen Stresssituationen müssen Sie und Ihr Partner der Fels inder Brandung sein. Ein möglichst normales Sozialleben kann Ihnenals Paar helfen.

Nicht alle Verwandten und Freunde werden identisch auf die Tat-sache reagieren, dass Sie ein Kind mit einer schweren Krankheithaben. Aber auch wenn sie die Schwierigkeiten und Herausforde-rungen, mit denen Sie und Ihre Familie zu kämpfen haben, vielleichtnicht verstehen, brauchen Sie ihre Unterstützung. In der Regelerleben Freunde und Verwandte die Anfälle nicht direkt mit undhaben keine Ahnung, wie lange sie anhalten können. Deshalb ist esfür sie schwer zu begreifen, warum sich Ihr Lebensstil so stark ver-ändert hat. Vielleicht machen ihnen die Anfälle auch Angst oder sie

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fühlen sich abgeschoben, wenn Sie nicht mehr so oft mit ihnen aus-gehen wie früher. Sie verstehen möglicherweise nicht, warum Sie sotraurig und in sich gekehrt sind, denn Ihr Kind sieht ja durchauswohlauf und gesund aus. Sie benötigen Zeit und ausführliche Erklä-rungen. Es ist wichtig, dass Sie ihnen in persönlichen Gesprächenerzählen, was Sie durchmachen. Sie können Ihnen bei vielen Pro-blemen helfen, auch ohne auf Ihr Kind aufzupassen, falls sie sich diesnicht zutrauen. Wenn Ihnen jemand Hilfe anbietet, bitten Sie darum,für Sie einzukaufen, zu kochen, die Geschwister auf einen Ausflugmitzunehmen oder von der Schule abzuholen oder auch Spenden-gelder zu sammeln, um das Bewusstsein für das Dravet Syndrom zusteigern. Vergessen Sie dabei nicht, dass all dies auf Gegenseitigkeitberuhen muss. Ihre Verwandten und Freunde können Sie in IhremFamilienalltag unterstützen, benötigen aber auch von Ihnen Geduld,Erklärungen und Verständnis (selbst wenn sie Sie nicht verstehen!)und müssen Ihre Hilferufe hören können.

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Anfälle bei Dravet-Patienten treten häufig nachts auf. Verständlicher-weise macht dieser Gedanke Ihnen als Eltern Angst, sodass Sie IhrKind vielleicht in Ihrem Bett schlafen lassen oder es abwechselndüberwachen. Damit Sie Ihrer Aufgabe und Ihrer Verantwortung als

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Pflegeperson gerecht werden können, ist es jedoch wichtig für Ihrekörperliche und geistige Gesundheit, dass Sie ausreichend schlafenund sich ausruhen. Andernfalls werden Sie sich aufgrund desohnehin schon komplizierten „normalen“ Alltagslebens schnell über-fordert fühlen. Verschiedene Möglichkeiten bieten sich an, um diesesProblem zu lösen. Einige Eltern verwenden ein Pulsoximeter, das dieHerzfrequenz ihres Kindes und die Sauerstoffsättigung seines Blutesmisst, die sich bei einem Anfall ändern können. Darüber hinaus gibtes Epilepsie-Matratzensensoren mit Videokamera, die in der Lagesind, Krampfanfälle zu erkennen. Und wiederum andere Familienbenutzen akustische Armbänder. Ob diese Geräte absolut zuver-lässig sind, ist noch unklar. Aber sie haben einer ganzen Reihe vonFamilien zu besserem Schlaf und einem entspannteren Paarlebenverholfen.

In vielen Ländern bieten verschiedene Sozialdienste Hilfe und Unter-stützung für Behinderte und ihre Familien an. Der erste Schrittbesteht darin, mit der Anlaufstelle des örtlichen Sozialdienstes unddem Arzt Kontakt aufzunehmen und sich bezüglich der angebo-tenen Leistungen beraten zu lassen. Finanzielle Unterstützung, bes-sere Arbeitsbedingungen für Eltern, die Bereitstellung von Pflegeper-sonal und Kurzzeitbetreuung sowie Beihilfe für Familien mitPersonen, die unter seltenen Erkrankungen leiden, sind eine großeHilfe. Darüber hinaus spielen Elterngruppen und -vereine eine wich-tige Rolle für den Austausch von Informationen rund um dieseFragen, da die Unterstützungsmöglichkeiten ja bekanntlich länder-abhängig sind.

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16• Welchen spezifischenSchwierigkeiten wird Ihr Kind imAlltag begegnen?

Wie unter Frage 7 erwähnt, besteht beiDravet-Kindern das Risiko, dass sie Lern-schwierigkeiten, Gleichgewichts- und moto-rische Probleme, Verhaltensstörungen undorthopädische Behinderungen entwickeln.

Wir empfehlen Ihnen deshalb, sich nachMöglichkeit an spezifische Kliniken fürKinder- und Jugendmedizin mit multidiszi-plinären Teams zu wenden, da diese für dieBehandlung solcher Beschwerden ambesten qualifiziert sind. Trotz all Ihrer Liebeund all Ihrer Bemühungen wird es Ihnenwahrscheinlich nicht gelingen, alle Probleme allein zu meistern.

Lernschwierigkeiten sind vor dem schulpflichtigen Alter nur seltenerkennbar. Und auch wenn sie vielleicht gar nicht auftreten, solltedas Lernen aktiv unterstützt werden. Frühinterventionsprogrammevor dem Schulalter können Ihr Kind in seiner Entwicklung fördernund bieten häufig jeden Tag interessante Aktivitäten an.

Zu guter Letzt ist anzumerken, dass es für Dravet-Kinder nicht unge-wöhnlich ist, erst spät trocken und sauber zu werden.

Mit zunehmendem Alter Ihres Kindes treten vermehrt Schlafstö-rungen auf. Sie äußern sich in spätem Einschlafen am Abend,

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Schlaflosigkeit mitten in der Nacht oder auch frühem Erwachen amMorgen. Sie werden nicht durch einen unregelmäßigen Schlaf-rhythmus verursacht, sondern sind ganz einfach ein weiteres, schwerzu behandelndes Symptom der Krankheit. Eventuell kann es helfen,das Programm der Aktivitäten entsprechend anzupassen.

Essprobleme und Entwicklungsstörungen Gedeihstörungenkommen in den ersten Jahren relativ häufig vor.

Sie können durch mehrere Faktoren verursacht werden: Kau- oderSchluckbehinderung, Darmträgheit, Appetitverlust durch Antiepi-leptika usw. Es gibt aber auch Lösungen: spezifische Kautherapien,Medikamente für die Beschleunigung der Verdauung oder in sel-tenen Fällen eine Magensonde für die künstliche Ernährung. EinBesuch bei einem Ernährungsberater oder Diätspezialisten kannebenfalls sehr hilfreich sein.

Um seine Anfälle zu kontrollieren oder ihre Anzahl zu verringern,wird Ihr Kind voraussichtlich sein Leben lang täglich eine Kombina-tion verschiedener Medikamente einnehmen müssen. Diese Kombi-nation muss gegebenenfalls im Laufe der Zeit angepasst werden, jenachdem, ob die Medikamente langfristig wirksam bleiben und wiesich die Krankheit entwickelt.

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17• Wie verhält es sich mitKindergarten und Schule?

Das Schulsystem fällt in die Zuständigkeitder einzelnen Bundesländer und die kon-krete Ausgestaltung des Schulwesens istsehr unterschiedlich. In einigen Bundeslän-dern gibt es gut organisierte Netzwerkespezialisierter Bildungseinrichtungen.

Meist können Dravet-Kinder anfänglich denKindergarten und die Regelschule besu-chen. Sie profitieren von der Schule, demsozialen Kontakt zu anderen Kindern undder Beziehung zu verschiedenen Betreu-ungspersonen. Darüber hinaus kommen sie in den Genuss der glei-chen Aktivitäten wie ihre Altersgenossen in der Schule und gewinnendadurch an Selbstständigkeit. Dennoch sollten gewisse Aspektebesprochen werden:• Die Bereitstellung eines Notfallplans für den Umgang mit Anfällenentsprechend der in Ihrem Bundesland geltenden Vorschriften istunerlässlich. Außerdem kann es nützlich sein, den Notfall mit denLehrern zu üben und Kontakt zu den örtlichen Rettungsdienstenoder medizinischen Versorgungszentren aufzunehmen.• Angesichts der Tatsache, dass Anfälle durch Fieber und andereTemperaturveränderungen ausgelöst werden können, müssen dieLehrkräfte über folgende Situationen unterrichtet sein: wann fieber-senkende Mittel zu verabreichen sind, wie das Kind anzuziehen ist,was zu tun ist, wenn das Kind bei sehr kaltem oder heißem Wetternach draußen geht, wie eine angemessene und stabile Temperaturim Klassenzimmer gewährleistet werden kann usw.

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• ZurUnterstützungundBeaufsichtigungbeimLernen, aufderToilette,beim Essen usw. ist eine individuelle Betreuungsperson notwendig.• Erforderlich ist oft auch eine Sprach- und Physiotherapie. Beidessollte innerhalb der Schulzeit stattfinden, damit der Tag nicht zu langund ermüdend wird. Werden diese Therapien nicht in der Schuleselbst angeboten, können Sie sie auch extern organisieren.

Es ist wichtig, dass zu Hause und in der Schule dieselben erzieheri-schen Regeln gelten.

Eine objektive Beurteilung der Entwicklung Ihres Kindes wird Ihnenbei der Planung der jeweiligen Bildungsstufen helfen. Je nach Landerfolgt diese Beurteilung in der Schule, bei den örtlichen Sozialdien-sten, bei einem externen Anbieter oder sogar bei einer fachübergrei-fenden Epilepsie-Beratungsstelle.

Nach einigen Jahren in der Regelschule wird die Notwendigkeit einerbesonderen Unterstützung offensichtlich. Einige Länder bieten Son-derklassen innerhalb der normalen Schulen an, um den Kinderngemeinsame Aktivitäten zu ermöglichen. In anderen Fällen findetdie Sonderschulbildung in speziellen Zentren statt. Kinder und jungeErwachsene mit Dravet Syndrom profitieren sehr von dieser Art derSchulbildung, da sich professionelle Lehrkräfte, Psychologen,Sprach-, Beschäftigungs- und Physiotherapeuten und manchmalauch Pflegefachkräfte und Ärzte um sie kümmern.

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18• Welche Hilfeleistungen werdenSie möglicherweise benötigenund erhalten, wenn Ihr Kind insJugend- oder Erwachsenenalterkommt?

Jugendliche und junge Erwachseneleiden nach wie vor unter aktiver Epi-lepsie, wobei die Anfälle hauptsächlichnachts auftreten. Selbst wenn der Krank-heitsverlauf je nach Kind unterschiedlichist, sind die kognitiven und motorischen Behinderungen im Allge-meinen schwerwiegender Natur.

In Verbindung mit den unter Frage 15 erwähnten Hilfeleistungen undje nach Angebot in Ihrem Land möchten wir Ihnen an dieser Stelleeinige nützliche Empfehlungen an die Hand geben. Vergessen Siezunächst nicht, dass es sehr schwierig sein wird, die Situation allein zumeistern. Selbst wenn Sie und Ihr Kind von einem multidisziplinärenTeam betreut werden, ist die Geborgenheit des erweiterten Familien-umfelds unverzichtbar. Im Verlauf der Krankheit werden sowohl Sieals Eltern als auch die Geschwister Ihres Kindes Ruhemomente brau-chen. Richten Sie aus diesem Grund zum Beispiel für die Anfälle oderKrankenhausaufenthalte einen „Eltern-Bereitschaftsdienst“ ein. Dasbedeutet, dass nur ein Elternteil in die Notfallaufnahme mitfährt,damit der Rest der Familie so normal wie möglich weiterleben kann.

Das multidisziplinäre Team wird zunächst beurteilen, ob eine individu-elle Betreuung oder der Besuch einer Sonderschule erforderlich ist.

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Ungeachtet seiner kognitiven Entwicklung werden spezifische Reizeund soziale Interaktion Ihrem Kind helfen, Fortschritte zu machen.Jugendliche Dravet-Patienten leiden aufgrund ihrer Sprachschwierig-keiten und ihres oft eigenartigen Verhaltens häufig unter mangelnderAkzeptanz durch andere. Zunächst kann es anhand einer Sprachthe-rapie bei einem Spezialisten versuchen, seine Sprachfähigkeiten zuverbessern, um seine Gefühle und Sorgen besser ausdrücken zukönnen. Darüber hinaus kann Ihr Kind unter der Aufsicht einer imUmgang mit Anfällen geschulten Betreuungsperson durchaus an Akti-vitäten in kleinen Gruppen teilnehmen. Versuchen Sie stets, Selbst-ständigkeit, Beziehungen zu anderen und die soziale Interaktion zufördern. Erkundigen Sie sich bei Ihren örtlichen Dravet Syndrom- oderBehindertenverbänden, den Pfadfindern oder Ihren Gemeinden vorOrt, welche Aktivitäten zu diesem Zweck angeboten werden: Walking,Campen, Gymnastik, Gärtnern, Tierpflege, Reiten, Schwimmen (unterstrenger Aufsicht), Schauspielunterricht, Tanz, Malen,, Musik, Filmeusw. Ähnliche Aktivitäten werden eventuell auch in Sommerlagernangeboten, wo Jugendliche die Gelegenheit bekommen, unabhängigvon Ihren Eltern soziale Kontakte mit Gleichaltrigen zu knüpfen.

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Aus psychologischer Sicht kann einTherapeut eine große Hilfe sein, der inder Lage ist, schon die leisesten Anzei-chen einer Depression zu erkennen.Jugendliche und Erwachsene Dravet-Patienten sind sich bewusst und leidendarunter, dass sie anders sind. Auch alsEltern haben Sie vielleicht das Bedürfnisnach der Unterstützung durch einenPsychologen.

Im Erwachsenenalter ist es wichtig fürIhr Kind, in einem verständnisvollen Umfeld zu leben, in dem diePflegekräfte gut über die Krankheit informiert sind und geeignete

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Aktivitäten anbieten. Setzen Sie die Physiotherapie und die psycho-logische Stimulation fort, um eine Verschlechterung des physischenund psychischen Zustandes zu vermeiden. Und schließlich kannauch die Aufnahme in einer entsprechenden Einrichtung (als statio-närer oder ambulanter Patient) hilfreich sein.

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19• Auf welche Fragen hat diemedizinische Forschung nochkeine Antworten?

Die folgende Antwort enthält möglicherweise komplexe wissenschaft-liche Konzepte. Wenden Sie sich für ein besseres Verständnis an IhrenKinderarzt.

Trotz wachsender Erkenntnisse über das Dravet Syndrom und derEinführung neuer Therapiemöglichkeiten in den vergangenen zehnJahren bleiben immer noch viele Fragen unbeantwortet. Für ein Ver-ständnis über die Faktoren, die den klinischen Verlauf und den Aus-gang des Dravet Syndroms beeinflussen, ist noch viel Forschung not-wendig: Warum lassen sich bestimmte Anfälle nicht durchAntiepileptika verhindern? Sind weitere Gene beteiligt? Wie hoch istdie Lebenserwartung? usw.

Anfänglich glaubte man, dass ein ungünstiger Verlauf der körperli-chen und geistigen Entwicklung auf häufige, starke und unkontrol-lierte Anfälle zurückzuführen sei. Dies konnte unserem derzeitigenWissen nach jedoch bisher nicht nachgewiesen werden. Es scheint,dass der genetische Ursprung des Dravet Syndroms die wichtigsteUrsache für die Entwicklungsstörungen ist.

Möglich ist, dass der Schweregrad der Anfälle beim Dravet Syndromvom Typ der Mutation des SCN1A-Gens abhängt. Dem gegenwär-tigen Kenntnisstand nach liegen aber Anzeichen dafür vor, dass auchandere Faktoren eine Rolle spielen.

Das Dravet Syndrom ist eine lebensbedrohliche Störung. Tödlich ver-laufende Anfälle sind zwar die Ausnahme, doch die Mortalitätsrate

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ist höher als in der Allgemeinbevölkerung. Diese erhöhte Sterblich-keitsrate ist auf Faktoren wie Infektionen, lang andauernde Statusepileptici, Unfälle sowie weitere, unerklärliche Umstände zurückzu-führen. Die unerklärlichen Todesfälle sind Gegenstand aktiver For-schungsprojekte zu allen Arten von Epilepsie. Ihre medizinischeBezeichnung lautet „SUDEP“, was für „sudden unexpected death inepilepsy“ steht, auf Deutsch „plötzlicher unerwarteter Tod bei Epi-lepsie“. Die Mehrheit der Dravet-Kinder lebt jedoch bis ins fortge-schrittene Erwachsenenalter.

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20• Gibt es neueBehandlungsansätzefür das Dravet Syndrom?

Die Forschung im Bereich der Neurowissenschaften und der Neuro-logie ist sehr aktiv und gibt Hoffnung für die Zukunft. Die For-schungsdiskussionen über neue Therapieansätze haben jedochbisher keine Antworten für die medizinische Praxis geliefert.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten istunklar, warum die therapeutische Wirkung von Patient zu Patientunterschiedlich ausfällt. Eine der Hypothesen lautet, dass genetischeFaktoren die Wirkung beeinflussen. Diese Hypothese bedarf jedochweiterer Untersuchungen.

In Bezug auf neue Therapien rückt die Diskussion über die Verabrei-chung von medizinischem Marihuana (in Form von Tabletten oderSirup) bei der Behandlung von Anfällen immer mehr in den Mittel-punkt. Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Handbuchs war seineWirksamkeit beim Dravet Syndrom jedoch klinisch nicht erwiesen.Zum Hoffnungsträger war Marihuana geworden, nachdem sich derZustand eines kleinen Mädchens mit Dravet Syndrom nach der Ver-abreichung einer spezifischen Marihuana-Art extrem verbesserthatte. Obwohl medizinisches Marihuana versuchsweise bei weiterenPatienten eingesetzt wurde, muss seine Wirksamkeit und Sicherheitvor der regelmäßigen Anwendung bei Kindern mit Dravet Syndromunbedingt noch weiter untersucht werden. Experimentelle Epilepsie-Studien haben sich bereits mit Cannabidiol beschäftigt. Allerdingsmachen es die uneinheitlichen Ergebnisse schwierig, konkreteSchlüsse zu ziehen.

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Wir hoffen, dass weitere klinische Testungen in nächster Zukunfteine klarere Antwort geben werden.

Im Hinblick auf bereits zugelassene Arzneimittel werden einige zur-zeit klinisch auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit beim Dravet Syn-drom getestet. Ihr Kinderarzt wird Sie möglicherweise fragen, ob Siemit Ihrem Kind an klinischen Tests teilnehmen möchten, um zurEntwicklung neuer Therapiemöglichkeiten beizutragen.

Auch die Verwendung von Stammzellen gegen Epilepsie wird aktuellim Forschungslabor untersucht. Allerdings würden auch diese Zellen– sollten sie jemals auf den Markt kommen – nur die Symptomebekämpfen, das Dravet Syndrom aber nicht heilen können.

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Glossar

Ataxie: motorische Störung ohne Lähmung, die durch eine man-gelhafte Bewegungskoordination gekennzeichnet ist. Besondersbeim Gehen wird die Bewegung unkoordiniert und verliert ihre Ziel-strebigkeit, was zu Gleichgewichtsproblemen und Stürzen führenkann.Auge-Hand-Koordination: Die Auge-Hand-Koordination ist diekoordinierte Steuerung der Augen- und Handbewegung und dieUmsetzung visueller Reize in gezielte Greifbewegungen.De-novo-Mutation: eine Genveränderung, die bei einem Familien-mitglied zum ersten Mal auftritt und durch eine Mutation in derKeimzelle eines Elternteils (Ei- oder Samenzelle) oder in der befruch-teten Eizelle selbst entsteht.Elektroenzephalogramm (EEG): Test, der die elektrische Akti-vität des Hirns misst.Kauergang: Er äußert sich durch eine verstärkte Beugung der Hüft-,Knie- und Fußgelenke, was das Gehen über weite Distanzenerschwert. Je früher die Gehstörung auftritt, desto schwerwiegenderwird sie im Erwachsenenalter. Trotzdem sind die meisten Patientenim Stande, zu Hause, in der Schule oder auch am Arbeitsplatz selbst-ständig zu gehen. Nur wenige benötigen einen Rollstuhl.Ketogene Diät: eine zuckerfreie Diät, die den Schwerpunkt aufFette setzt. Ihren Namen verdankt sie den Ketonkörpern, die durchdiese Diät im Urin entstehen.Magnetresonanztomographie (MRT): eine medizinische Bild-gebungstechnik, die mit Hilfe von starken Magnetfeldern und Radio-wellen Bilder des Körpers aufnimmt.Neuropsychologische Tests: Untersuchungen mit deren Hilfe diekognitiven Funktionen oder der Behinderungsgrad in Bezug auf einebestimmte Fähigkeit beurteilt werden.

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Photosensibilität: Ganz allgemein versteht man darunter eineReaktion auf Licht. Bei Epilepsie-Patienten kann Licht als anfallauslö-sender Faktor wirken. Diese Faktoren sind zwar personenabhängig,die häufigsten Auslöser sind jedoch Blinklicht (z. B. blinkendes Wei-ßlicht, gefolgt von Dunkelheit), Kontrastmuster (z. B. helle weißeStreifen vor schwarzem Hintergrund), Reizbilder, die das ganze Blick-feld einnehmen (z. B. in unmittelbarer Nähe eines Fernsehbild-schirms) und bestimmte Farben wie Rot oder Blau.Polytherapie (oder Kombinationstherapie): die gleichzeitigeBehandlung mit mehreren Medikamenten oder Verfahren (imGegensatz zur Monotherapie, bei der ein einzelnes Medikament zumEinsatz kommt).Skoliose und Kyphose: Verformung der Wirbelsäule (siehe Abb.14).Visuo-Perzeption (oder visuelle Wahrnehmung): die Fähig-keit, die Umgebung durch die Verarbeitung visueller Informationenzu interpretieren.

Absence: kurze Bewusstlosigkeit ohne Krampfanfall. Das Kind hältin seiner Aktivität inne, starrt ins Leere und reagiert nicht mehr. Meistdauern Absencen nur einige Sekunden. Wenn sie jedoch längeranhalten, können sie zu Stürzen führen. In manchen Fällen bleibensie aber sogar gänzlich unbemerkt.Atypische Absencen: Bei einer atypischen Absence scheint dasKind in seiner eigenen Welt versunken zu sein. Die Absencen könnenvon ein paar Sekunden bis hin zu einigen Minuten dauern. Diese Artvon Anfällen kann bis zum Alter von 12 Jahren auftreten.Fieberkrämpfe: epileptische Anfälle, die auch bei normalen Säug-lingen oder Kleinkindern nicht ungewöhnlich sind. Sie werden durchFieber im unreifen Gehirn ausgelöst. Bei Dravet-Patienten tretensolche Anfälle allerdings das ganze Leben lang auf. Und manchmalgenügt es schon, wenn der Patient Hitze ausgesetzt ist.

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Generalisierte Anfälle: Anfälle, die beide Körperseiten betreffen.Halbseitige Anfälle: Anfälle, die nur eine Körperseite betreffen.Klonische Anfälle (Krämpfe): mehr oder weniger schnelle zuc-kende Bewegungen, die sich in mehr oder weniger regelmäßigenIntervallen wiederholen.Krampfanfälle: Anfälle mit mehr oder weniger heftigen motori-schen Phänomenen (Hypertonie, Krämpfe).Langanhaltende Anfälle oder Status epileptici: Dabei handeltes sich entweder um einen einzigen Anfall, der länger als 20–30Minuten dauert, oder um eine Serie von mindestens zwei Anfällenohne nennenswerte Pause, die eine Notfallbehandlung erforderlichmachen.Myoklonische Anfälle: plötzliche, sehr kurze, manchmal wieder-holte Bewegungen, ähnlich wie ein „Zusammenzucken“ als Reaktionauf einen Schreck. Ihre Intensität ist im Allgemeinen mäßig. Fieberkann jedoch ihre Intensität und auch ihre Häufigkeit erhöhen.Partielle (fokale) Anfälle: Anfälle, die in einem kleinen Bereichdes Hirns beginnen und in EEGs erkennbar sind. Sie können sich sehrunterschiedlich äußern: durch Muskelversteifung, veränderteAtmung, Schwitzen usw. Generell sind diese Anfälle kurz und dauernweniger als 2 Minuten.Tonisch-klonische Anfälle: Diese Anfälle verlaufen in zweiPhasen:• Sie beginnen mit der tonischen Phase, in der sich alle Muskelnversteifen. Luft wird durch die Stimmbänder gepresst und verursachteinen Schrei oder ein Stöhnen. Die Person verliert das Bewusstseinund fällt zu Boden. Möglicherweise beißt sie sich auf die Zunge oderin die Wange, sodass mit Blut vermischter Speichel aus dem Mundaustritt. Das Gesicht kann leicht blau anlaufen.• Es folgt die klonische Phase: Die Arme und für gewöhnlich auchdie Beine beginnen, schnell und rhythmisch zu zucken, indem sichEllbogen, Hüft- und Kniegelenke abwechselnd beugen und ent-spannen. Nach ein paar Minuten lassen die Zuckungen nach undhören auf. Manchmal geht die Entspannung des Körpers mit einem

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Verlust der Blasen- oder Darmkontrolle einher. Das Bewusstsein kehrtlangsam zurück, die betroffene Person kann dabei benommen, ver-wirrt, erregt oder deprimiert sein. Diese Anfälle dauern in der Regel1 bis 3 Minuten. Ein tonisch-klonischer Anfall, der länger als 5Minuten dauert, bedarf medizinischer Behandlung (s. Frage 5).

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Für weiterreichendeInformationen

In ganz Europa gibt es Dravet Syndrom-Familienverbände. Vielleichtja auch in Ihrem Land? Die Verbände sind eine große Hilfe, wenn esdarum geht, Lösungen vor Ort zu finden und Unterstützung beimUmgang mit dem Dravet Syndrom zu erhalten. Fragen Sie IhrenKinderarzt nach einer vergleichbaren Organisation in Ihrem Landoder suchen Sie im Internet.

Die Website www.dravet-syndrome.com ist dem Dravet Syndromgewidmet. Dort finden Sie gut verständliche Erklärungen zu den Ursa-chen und der Entwicklung des Dravet Syndroms, zum Umgang mit derKrankheit und dem entsprechenden Hilfs- und Unterstützungsangebot.

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Die ersten 20 Fragen zum D R A V E T - S Y N D R O M

Die ersten 20 Fragen zum D R A V E T - S Y N D R O M

Charlotte Dravet - Stéphane AuvinDomenica Battaglia - Ana Isabel Dias - Marina Nikanorova

Rocio Sanchez-Carpintero - Katalin Sterbova

Charlotte Dravet - Stéphane AuvinDomenica Battaglia - Ana Isabel Dias - Marina Nikanorova

Rocio Sanchez-Carpintero - Katalin Sterbova

1 • Warum dauert es so lange, bis die Diagnose feststeht?2 • Was ist die Ursache?3 • Handelt es sich um eine Erbkrankheit? Besteht ein Risiko

für Ihre zukünftigen Kinder?4 • Ist es notwendig, einen weiteren Arzt hinzuzuziehen?5 • Wie manifestiert sich die Krankheit im Kindesalter?6 • Wie manifestiert sich die Krankheit im Jugend- und Erwachsenenalter?7 • Von epileptischen Anfällen abgesehen, welche Symptome werden Sie

und Ihr Kind bewältigen müssen? 8 • Hat eine Impfung das Dravet-Syndrom verursacht?9 • Gibt es Faktoren im Alltag, die Anfälle auslösen können?10 • Welche Arten von Medikamenten werden eingesetzt?11 • Gibt es außer Medikamenten alternative Behandlungsmöglichkeiten? 12 • Wie ist mit Fieber und einer Erhöhung der Körpertemperatur umzugehen? 13 • Was ist bei Anfällen zu tun? 14 • Wie können Sie Ihrer Familie und Ihren Freunden die Situation erklären?15 • Wie lässt sich der Alltag meistern?16 • Welchen spezifischen Schwierigkeiten wird Ihr Kind im Alltag begegnen?17 • Wie verhält es sich sieht es mit Kindergarten und Schule?18 • Welche Hilfeleistungen werden Sie möglicherweise benötigen und erhalten,

wenn Ihr Kind ins Jugend- und Erwachsenenalter kommt?19 • Auf welche Fragen hat die medizinische Forschung noch keine Antworten?20 • Gibt es neue Therapieansätze für das Dravet-Syndrom?

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