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© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2010; 1 (2) 62 Übersicht / Review WISSENSCHAFT / RESEARCH H. A. Adams 1 , F. Hildebrand 2 , C. Krettek 2 unter Mitarbeit weiterer Mitglieder der Sektion Schock der DIVI* Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I: Grundlagen und präklinische Versorgung Primary care of multiple injury patients – Part I: Basics and prehospital care Bei einem Polytrauma liegen Verletzungen von mindes- tens zwei Körperregionen vor, von denen eine oder die Kombination verschiedener Verletzungen lebensbedrohlich ist. Die Patienten sind insbesondere durch einen traumatisch-hä- morrhagischen oder hämorragischen Schock gefährdet. Vor- rangige Aufgabe des Notarztes ist die Erstuntersuchung des Patienten mit Abwendung der unmittelbaren Lebensbedro- hung nach den Regeln des PHTLS (Prehospital Trauma Life Support). Daran schließen sich, sofern der kritische Zustand des Patienten nicht den sofortigen Transport erfordert, die ge- wissenhafte Basisuntersuchung unter genauerer Beachtung des Traumamechanismus, die weitergehende Sicherung von Gasaustausch und Kreislauf und die Verhütung von Folgeschä- den an. Endotracheale Intubation und Beatmung dienen pri- mär der Oxygenierung und Sicherung des Atemwegs und nur sekundär zur Ermöglichung der Analgesie. Bei Patienten mit traumatisch-hämorrhagischem und hämorrhagischem Schock ist grundsätzlich die rasche Kreislaufstabilisierung durch Blut- stillung und Volumenzufuhr geboten. Ziel der Kreislaufthera- pie ist ein SAP > 90 mm Hg bei einer HR < 100/min. Bei Pa- tienten mit SHT ist zur Sicherung eines ausreichenden CPP ein SAP > 120 mm Hg anzustreben. In Ausnahmefällen mit unstill- barer Blutung ist bis zur chirurgischen oder interventionellen Blutstillung eine zurückhaltende Volumenzufuhr mit permissi- ver Hypotonie erforderlich. Als orientierender Zielwert gilt hier ein SAP von 70–80 mm Hg (oder ein MAP > 50 mm Hg). Der Patient wird lageabhängig auf dem Boden- oder Luftweg be- vorzugt in eine Klinik des lokalen Traumanetzwerks gebracht, die rechtzeitig zu alarmieren ist. Stets ist im Sinne des „work and go“ zu handeln; verlorene Zeit kann nicht ersetzt werden. Schlüsselwörter: Polytrauma; präklinische Versorgung; Notarzt; Schock Multiple injury is an injury of at least two regions, of which one or a combination is life threatening. Most important risks are traumatic-hemorrhagic and hemorrhagic shock. First task of the emergency physician is primary survey of the patient with initial life saving procedures in accordance with PHTLS (Prehospital Trauma Life Support). If no immediate transport is required, a secondary survey with careful basic examination and detailed assessment of trauma mechanism, further protection of oxygenation and circulation and pre- vention of secondary damage are performed. Objectivs of endotracheal intubation and ventilation are oxygenation and airway protection rather than enable analgesia. In patients with traumatic-hemorrhagic and hemorrhagic shock, a rapid circulatory stabilization by prevention of blood loss and vol- ume replacement is demanded. The aim of circulatory ther- apy is SAP > 90 mm Hg and HR < 100/min. In patients with craniocerebral trauma SAP > 120 mm Hg is aspired for suffi- cient CPP. In exceptional cases with uncontrolled bleeding, limited volume replacement with permissive hypotension is required, until surgical or interventional bleeding control can be established. In these cases, SAP 70–80 mm Hg (MAP > 50 mm Hg) is desirable. According to the individual situation, patients are transported by ambulance or helicopter prefer- ably to a trauma center, which should be informed in time. “Work and go” is imperative – time is pressing and never comes back. Keywords: multiple injury; preclinical care; emergency physician; shock Prof. Dr. med. Hans Anton Adams, Leiter der Stabsstelle für Interdisziplinäre Not- fall- und Katastrophenmedizin 1 Stabsstelle für Interdisziplinäre Notfall- und Katastrophenmedizin Medizinische Hochschule Hannover 2 Klinik für Unfallchirurgie Medizinische Hochschule Hannover *G. Baumann, Berlin; I. Cascorbi, Kiel; C. Ebener-Rothärmel, Ingolstadt; M. Emmel, Köln; S. Geiger, Riesa; H.J. Klippe, Stellau; W.T. Knoefel, Düsseldorf; L. Lampl, Ulm; G. Marx, Aachen; U. Müller-Werdan, Halle/Saale; J. Piek, Rostock; H. Prange, Göttingen; D. Roesner, Dresden; B. Roth, Köln; A. Sarrafzadeh, Berlin; Th. Standl, Solingen; W. Teske, Bo- chum; G.S. Werner, Darmstadt; J. Windolf, Düsseldorf; R. Zander, Mainz; H.R. Zerkowski, Basel DOI 10.3238/DIVI.2010.0062

Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I

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62 Übersicht / Review WISSENSCHAFT / RESEARCH

H. A. Adams1, F. Hildebrand2, C. Krettek2

unter Mitarbeit weiterer Mitglieder der Sektion Schock der DIVI*

Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I: Grundlagen und präklinische VersorgungPrimary care of multiple injury patients – Part I: Basics and prehospital care

Bei einem Polytrauma liegen Verletzungen von mindes-tens zwei Körperregionen vor, von denen eine oder die

Kombination verschiedener Verletzungen lebensbedrohlich ist. Die Patienten sind insbesondere durch einen traumatisch-hä-morrhagischen oder hämorragischen Schock gefährdet. Vor-rangige Aufgabe des Notarztes ist die Erstuntersuchung des Patienten mit Abwendung der unmittelbaren Lebensbedro-hung nach den Regeln des PHTLS (Prehospital Trauma Life Support). Daran schließen sich, sofern der kritische Zustand des Patienten nicht den sofortigen Transport erfordert, die ge-wissenhafte Basisuntersuchung unter genauerer Beachtung des Traumamechanismus, die weitergehende Sicherung von Gasaustausch und Kreislauf und die Verhütung von Folgeschä-den an. Endotracheale Intubation und Beatmung dienen pri-mär der Oxygenierung und Sicherung des Atemwegs und nur sekundär zur Ermöglichung der Analgesie. Bei Patienten mit traumatisch-hämorrhagischem und hämorrhagischem Schock ist grundsätzlich die rasche Kreislaufstabilisierung durch Blut-stillung und Volumenzufuhr geboten. Ziel der Kreislaufthera-pie ist ein SAP > 90 mm Hg bei einer HR < 100/min. Bei Pa-tienten mit SHT ist zur Sicherung eines ausreichenden CPP ein SAP > 120 mm Hg anzustreben. In Ausnahmefällen mit unstill-barer Blutung ist bis zur chirurgischen oder interventionellen Blutstillung eine zurückhaltende Volumenzufuhr mit permissi-ver Hypotonie erforderlich. Als orientierender Zielwert gilt hier ein SAP von 70–80 mm Hg (oder ein MAP > 50 mm Hg). Der Patient wird lageabhängig auf dem Boden- oder Luftweg be-vorzugt in eine Klinik des lokalen Traumanetzwerks gebracht, die rechtzeitig zu alarmieren ist. Stets ist im Sinne des „work and go“ zu handeln; verlorene Zeit kann nicht ersetzt werden.

Schlüsselwörter: Polytrauma; präklinische Versorgung; Notarzt; Schock

Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2010; 1 (2)

Multiple injury is an injury of at least two regions, of which one or a combination is life threatening. Most important risks are traumatic-hemorrhagic and hemorrhagic shock. First task of the emergency physician is primary survey of the patient with initial life saving procedures in accordance with PHTLS (Prehospital Trauma Life Support). If no immediate transport is required, a secondary survey with careful basic examination and detailed assessment of trauma mechanism, further protection of oxygenation and circulation and pre-vention of secondary damage are performed. Objectivs of endotracheal intubation and ventilation are oxygenation and airway protection rather than enable analgesia. In patients with traumatic-hemorrhagic and hemorrhagic shock, a rapid circulatory stabilization by prevention of blood loss and vol-ume replacement is demanded. The aim of circulatory ther-apy is SAP > 90 mm Hg and HR < 100/min. In patients with craniocerebral trauma SAP > 120 mm Hg is aspired for suffi-cient CPP. In exceptional cases with uncontrolled bleeding, limited volume replacement with permissive hypotension is required, until surgical or interventional bleeding control can be established. In these cases, SAP 70–80 mm Hg (MAP > 50 mm Hg) is desirable. According to the individual situation, patients are transported by ambulance or helicopter prefer-ably to a trauma center, which should be informed in time. “Work and go” is imperative – time is pressing and never comes back.

Keywords: multiple injury; preclinical care; emergency physician; shock

1Stabsstelle für Interdisziplinäre Notfall- und Katastrophenmedizin Medizinische Hochschule Hannover2Klinik für Unfallchirurgie Medizinische Hochschule Hannover*G. Baumann, Berlin; I. Cascorbi, Kiel; C. Ebener-Rothärmel, Ingolstadt; M. Emmel, Köln; S. Geiger, Riesa; H.J. Klippe, Stellau; W.T. Knoefel, Düsseldorf; L. Lampl, Ulm; G. Marx, Aachen; U. Müller-Werdan, Halle/Saale; J. Piek, Rostock; H. Prange, Göttingen; D. Roesner, Dresden; B. Roth, Köln; A. Sarrafzadeh, Berlin; Th. Standl, Solingen; W. Teske, Bo-chum; G.S. Werner, Darmstadt; J. Windolf, Düsseldorf; R. Zander, Mainz; H.R. Zerkowski, BaselDOI 10.3238/DIVI.2010.0062

Prof. Dr. med. Hans Anton Adams, Leiter

der Stabsstelle für Interdisziplinäre Not-

fall- und Katastrophenmedizin

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H. A. Adams et al.:Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I: Grundlagen und präklinische VersorgungPrimary care of multiple injury patients - Part I: Basics and prehospital care

1. Grundlagen

1.1 Definition

Bei einem Polytrauma liegen Verlet-zungen von mindestens zwei Körper-regionen vor, von denen eine oder die Kombination verschiedener Ver-letzungen lebensbedrohlich ist.

1. 2 Allgemeine Pathophysiologie

Polytraumatisierte Patienten sind ins-besondere durch Hypovolämie und Gewebehypoxie gefährdet. Nach dem Überleben des unmittelbaren Traumas wird die Prognose mittelfristig durch Infektionen, SIRS sowie Sepsis und Multiorganversagen limitiert.

Die Verletzungen des Bewegungsappara-tes und der inneren Organe mit inneren und äußeren Blutverlusten führen regel-mäßig zu einem traumatisch-hämorrha-gischen oder hämorrhagischen Schock [1]. Diese sind Unterformen des hypo-volämischen Schocks, der allgemein als unzureichende Durchblutung der vita-len Organe mit konsekutivem Missver-hältnis von Sauerstoff-Angebot und -Verbrauch infolge intravasalen Volu-menmangels mit kritisch verminderter kardialer Vorlast definiert ist [2, 3, 4].

• Der traumatisch-hämorrhagi-sche Schock ist durch das direkte ausgedehnte Gewebetrauma – typi-scherweise bei Polytrauma – mit ent-sprechenden Funktionsausfällen und konsekutiven systemischen Reaktio-nen sowie die akute und kritische Ab-nahme des zirkulierenden Blutvolu-mens, die Verminderung der arteriel-len Sauerstoff-Konzentration und die nachfolgende Gewebehypoxie mit Beeinträchtigung der lebenswichti-gen Organsysteme gekennzeichnet.

• Der hämorrhagische Schock ist durch die akute und kritische Abnah-me des zirkulierenden Blutvolumens – typischerweise bei penetrierenden Ver-letzungen – gekennzeichnet, wobei der Verlust von Erythrozyten und damit die Verminderung der arteriellen Sau-erstoff-Konzentration im Vordergrund steht und zur Gewebehypoxie führt. Die zusätzliche und wesentliche Gewe-beschädigung gehört nicht zum Begriff des hämorrhagischen Schocks.

In beiden Fällen initiiert die Abnahme des intravasalen Volumens zunächst eine rasche und ausgeprägte sympathoadre-nerge Reaktion mit vermehrter postgan-glionärer Noradrenalin-Freisetzung und Adrenalin-Ausschüttung aus dem Neben-nierenmark. Darüber hinaus werden wei-tere Stresshormone wie Antidiuretisches Hormon (ADH; auch: Vasopressin), Adre-nocorticotropes Hormon (ACTH) und Cortisol sezerniert. Die Katecholamine steigern über die Stimulation von β

1-Adrenozeptoren die kardiale Kontrak-

tilität und Frequenz, während die gleich-zeitige Stimulation der α-Adrenozeptoren zur peripheren Vasokonstriktion und er-höhtem systemischen Gefäßwiderstand führt. ADH schützt den Organismus vor zusätzlichen renalen Flüssigkeitsverlus-ten und trägt – insbesondere bei beein-trächtigter sympathoadrenerger Reakti-on – zur Vasokonstriktion bei. Mit diesen Veränderungen geht eine Zentralisation der Durchblutung mit Minderperfusion vor allem von Haut, Muskulatur, Splanchnikusgebiet und Niere einher.

Als weitere Reaktion auf das vermin-derte intravasale Volumen kommt es zur Aktivierung des Renin-Angiotensin-Al-dosteron-Systems mit vermehrter Kon-striktion der venösen Kapazitätsgefäße und konsekutiver Erhöhung der kardia-len Vorlast.

Insgesamt wirken die genannten Me-chanismen der Hypotonie und Vermin-derung des HZV entgegen und können zunächst die Perfusion insbesondere von ZNS und Myokard sichern. Beim Ver-sagen der Kompensationsmechanismen führt die Störung der Mikrozirkulation mit Gewebehypoxie u. a. zur Aktivierung des Gerinnungs-, Fibrinolyse-, Komple-ment- und Kallikrein-Kinin-Systems mit Freisetzung zahlreicher Mediatoren. Hier stehen die Arachidonsäure-Metabolite (Leukotriene, Thromboxan) und be-stimmte Zytokine wie TNF-α, IL-1, IL-6 und IL-8 im Vordergrund. Direkte Folgen der Mediatoren-Freisetzung sind Schä-den des Kapillarendothels sowie inflam-matorische Reaktionen mit SIRS und konsekutiver Organdysfunktion [1].

Bei allen Patienten sind Kombinatio-nen der verschiedenen Formen des hypovolämischen Schocks und et-waige Interaktionen mit anderen Schockformen (z. B. kardialer Schock bei akutem Myokardinfarkt) diffe-renzialdiagnostisch zu beachten.

1.3 Besonderheiten in der Schwan-gerschaft

Bei schwangeren Traumapatientinnen ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Bis zum Termin steigen Herzfrequenz, Schlagvolumen, HZV und Blutvolu-men an. Der uterine Blutfluss weist kei-ne relevante Autoregulation auf und hängt daher weitgehend vom systemi-schen Druck ab. Die Uterusgefäße sind physiologisch dilatiert; wegen ihrer dichten Besetzung mit α-Rezeptoren reagieren sie empfindlich auf eine stressbedingte endogene Katechola-min-Freisetzung sowie zugeführte Va-sokonstriktoren. Im 3. Trimenon kann der gravide Uterus in Rückenlage der Patientin durch Kompression der V. ca-va inferior den venösen Rückstrom zum Herzen und damit die kardiale Vorlast bedrohlich senken (Cava-Kom-pressions-Syndrom). Folgen sind Ta-chykardie, Blutdruckabfall und utero-plazentare Minderperfusion mit Ge-fährdung des Kindes. Andererseits kann das erhöhte Blutvolumen der Schwangeren einen Volumenmangel auch verschleiern.

Bei Schwangeren ist jeder Blutdruck-abfall unverzüglich zu behandeln. Zusätzlich sind die Patientinnen grundsätzlich – etwa durch Unter-polsterung der rechten Hüfte – in die linke Halbseitenlage zu bringen.

1.4 Versorgungsphasen

Unter pathophysiologisch-funktionel-len Aspekten werden folgende Versor-gungsphasen unterschieden:

1. Sicherung der Vitalfunktionen und Akutdiagnostik mit operativer Erst-versorgung vital bedrohlicher Verlet-zungen.

2. Angepasste operative Primärversor-gung von Verletzungen zweiter Priori-tät, damit der Patient unter Abwägung der Noxen intensivpflegefähig wird.

3. Stabilisierungsphase auf der Intensiv-station mit subtiler Überwachung und Therapie – und täglicher Gewis-senserforschung in Bezug auf eigene Versäumnisse.

4. Definitive operative Versorgung der Verletzungen im Intervall.

5. Rehabilitation.

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Primary care of multiple injury patients - Part I: Basics and prehospital care

2. Präklinische Versorgung – Aufgaben des Notarztes

2.1 Allgemeine Aspekte

Der Anteil der polytraumatisierten Patienten liegt in der Bodenrettung bei 3 % der Notarzteinsätze. Die Ver-sorgung dieser Patienten ist eine be-sondere Herausforderung für das ge-samte Rettungsteam.

• Polytraumatisierte Patienten sind prä-klinisch grundsätzlich von einem Notarzt zu versorgen. Bei vital be-drohlicher unstillbarer Blutung kann es im Einzelfall erforderlich sein, den Patienten mit dem erstverfügbaren Rettungsmittel zu transportieren.

• Bei Unfällen aller Art ist auf ausrei-chende Eigen- und Fremdsicherung zu achten. Zur Eigensicherung gehört auch die Beachtung der im Rettungs-dienst geltenden Bekleidungsvor-schriften.

• Die Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Polizei an der Einsatzstelle – ins-besondere im Rahmen der tech-nischen Rettung – erfordert enge Ab-stimmung und respektvollen Um-gang. Unter situationsgerechter Be-achtung des Eigenschutzes steht die Sicherung der Vitalfunktionen des Pa-tienten im Vordergrund.

• Die Zielklinik ist unter Beachtung von Art und Umfang der Verletzung (z. B. Patient mit SHT oder Verbrennung) sowie der Zeitschere zu wählen. Nach Möglichkeit ist der Patient in eine von der Deutschen Gesellschaft für Unfall-chirurgie (DGU) zertifizierte Klinik des lokalen Traumanetzwerks zu brin-gen [5], in denen auch die bedarfs-gerechte Weiterverlegung innerhalb des Netzwerks geregelt ist.

• Ggf. ist ein RTH zur raschen Überbrü-ckung größerer Distanzen einzuset-zen und frühzeitig anzufordern.

• Der Patient ist grundsätzlich über die Rettungsleitstelle in der Klinik anzu-melden, damit dieser ein ausreichen-der zeitlicher Vorlauf zur Alarmierung des Aufnahmeteams verbleibt.

• Grundsätzlich ist jedes mit entspre-chenden Fachabteilungen ausgestat-tetes Akutkrankenhaus zur Erstversor-gung einschlägiger Notfallpatienten verpflichtet, weil die Möglichkeiten der Klinik regelmäßig die des Arztes im Rettungsmittel übersteigen. Eine

Sekundärverlegung – nach Anmel-dung über die Rettungsleitstelle – ist unbenommen.

Die wichtigsten Aufgaben des Not-arztes sind in Tabelle 1 zusammen-gestellt. Die scheinbar symptomati-sche notärztliche Therapie kann durch Unterbrechung der inflammatori-schen Kaskade kausale Bedeutung ge-winnen.

Die nachfolgend dargestellte Einsatz-taktik des „work and go“ ist durch strikte Begrenzung auf das Notwen-dige gekennzeichnet und unterschei-det sich sowohl vom „stay and play“ als auch vom „scoop and run“.

2.2 Erstuntersuchung und lebensrettende Maßnahmen – das PHTLS-Konzept

Das PHTLS-Konzept (Prehospital Trau-ma Life Support) – die präklinische Vari-ante des ATLS-Konzepts (Advanced Trauma Life Support) [6] – ist durch ei-nen klaren Algorithmus gekennzeich-net, der die bekannten diagnostischen und therapeutischen Prioritäten mit praktischen Anleitungen verbindet.

Erste Aufgabe ist die schnelle Erfas-sung und Abwendung einer Lebens-bedrohung des Patienten.

Die Erstuntersuchung (primary survey) folgt einem ABCDE-Schema, erfasst die Vitalfunktionen des Patienten und

schließt die ersten lebensrettenden Maßnahmen ein:• A = Airway and Cervical Spine Con-

trol – Atemwegsproblem,• B = Breathing and Ventilation - Venti-

lationsproblem,• C = Circulation and Hemorrhage

Control – Kreislaufproblem,• D = Disability and Neurological Status

– SHT,• E = Exposure and Environment – all-

gemeine Begleitverletzungen.Der Algorithmus stellt die Atem-

wegssicherung (A), die Optimierung des pulmonalen Gasaustauschs (B) und die Kreislaufstabilisierung durch Verminderung des Blutverlustes (C) in den Vordergrund. Neurologische Ein-schränkungen (D) – meist infolge SHT – und die Evaluation weiterer Verlet-zungen durch komplettes Entkleiden unter Vermeidung einer zusätzlichen Hypothermie (E) treten zunächst in den Hintergrund.

Die Analyse der Vitalfunktionen soll in kürzester Zeit erfolgen. Therapeutisch kommen in diesem Zusammenhang vor allem folgende akut lebensrettende Maßnahmen in Betracht:• Freimachen der Atemwege,• endotracheale Intubation, ggf. alter-

native Atemwegssicherung,• Thoraxdekompression durch Nadel-

dekompression bei Spannungspneu-mothorax (fehlendes Atemgeräusch, Dyspnoe, gestaute Halsvenen, Hy-potonie, hoher Beatmungsdruck), ggf. durch Thoraxdrainage zu erwei-tern,

Tabelle 1 Wichtige Aufgaben des Notarztes bei der Versorgung polytraumatisierter Patienten.

• Erstuntersuchung und Abwendung der unmittelbaren Lebensbedrohung

• Gewissenhafte Basisuntersuchung mit Bewertung des Unfallmechanismus

• Sicherung von Gasaustausch und Kreislauf

• Verhütung von Folgeschäden wie Blutverlust, Gewebetrauma und Auskühlung

• Unverzüglicher Transport

• Frühzeitige Alarmierung der Zielklinik über die Rettungsleitstelle

• Kurze zielorientierte (Fremd-)Anamnese

• Insgesamt „work and go“

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• Blutstillung durch manuelle Kom-pression oder Druckverband.

Die Abwendung der Lebensbedro-hung erfolgt zunächst ohne definiti-ve Kenntnis von Diagnose und Anamnese des Patienten – „treat first, what kills first“. Nach der Erst-untersuchung wird der Patient als „kritisch“ oder „nicht-kritisch“ ein-gestuft. Bei kritischen Patienten ist – ggf. nach technischer Schnellrettung – der unverzügliche Transport in die Klinik erforderlich. Weitere Unter-suchungen oder Maßnahmen müs-sen dann, soweit nötig und möglich, auf dem Transport erfolgen.

Bei nicht-kritischen Patienten schließt sich ein zweiter Untersuchungsgang (Basisuntersuchung; secondary survey) mit genauerer Bewertung des Trauma-mechanismus an. Dabei sollen alle rele-vanten Verletzungen erkannt werden, die den Patienten zwar nicht unmittel-bar gefährden, aber schwerwiegende Folgen haben können.

2.3 Zweiter Untersuchungsgang – Basisuntersuchung

Zur Basisuntersuchung (secondary survey) muss der Patient nicht voll-ständig entkleidet werden; das Öff-nen bzw. Aufschneiden der Kleidung genügt. Stets ist der Patient vor Aus-kühlung zu schützen.

Die Basisuntersuchung umfasst:• Beurteilung des Allgemeinzustandes

(AZ; mit Bewusstsein, Hautkolorit, At-mung, Atemmuster, Pulskontrolle), Inspektion der Konjunktiven (cave petechiale Blutungen bei thorakalem Kompressionstrauma) sowie ggf. Prü-fung der Kapillarfüllungszeit.

• Bei gestörtem Bewusstsein orientie-rende neurologische Untersuchung mit Beurteilung des Bewusstseins nach der Glasgow Coma Scale (GCS), der extremitätengetrennten motori-schen Reaktion (ggf. auf Schmerzreiz) sowie des Pupillenbefundes.

• Inspektion von Kopf bis Fuß – ein-schließlich der behaarten Kopfhaut und der Rückenpartie – zur Erfassung relevanter Verletzungen. Selbst kleins-

te Prellmarken können auf schwerwie-gende innere Verletzungen hinweisen.

• Palpation von Hals, Thorax und Ab-domen zum Ausschluss eines Weich-teilemphysems und sonstiger Ver-änderungen.

• Prüfung des Thorax auf Stabilität so-wie seitenvergleichende Auskultation und Perkussion zur Erfassung eines Pneumo- oder Hämatothorax.

• Palpation des Abdomens zum Nach-weis einer – seltenen – initialen Ab-wehrspannung.

• Orientierende Prüfung der Stabilität des Beckenringes durch moderaten sa-gittalen und lateralen Druck auf die Darmbeinkämme sowie Prüfung der Wirbelsäule und Nierenlager auf Klopfschmerzhaftigkeit.

• Patienten mit erhaltenem Bewusst-sein sind aufzufordern, die Extremitä-ten zu bewegen; ansonsten werden die Extremitäten palpierend unter-sucht und ggf. passiv durchbewegt.

• Schmerzen in der rechten Schulter-region ohne adäquaten lokalen Be-fund sprechen für eine Leberverlet-

zung, während eine Projektion in die linke Schulter für eine Milzverletzung spricht (Kehrsches Zeichen).

Gleichzeitig ist der spezielle Trauma-mechanismus (Sturz aus großer Hö-he, Fahrzeugverformung, Heraus-/Wegschleudern, Mitschleppen mit Schleifspuren an der Kleidung, tödli-che Verletzungen weiterer Fahrzeug-insassen usw.) zu bewerten, der häu-fig wertvolle Hinweise auf weitere Verletzungen ergibt.

2.4 Praktisches Vorgehen zur speziellen Sicherung der Vital-funktionen

Bewusstsein

Das Bewusstsein des Patienten wird präklinisch nur orientierend beur-teilt – im Vordergrund steht die Si-cherung des Gasaustauschs (Abb. 1).

Abbildung 1 Algorithmus zur Sicherung der Vitalfunktionen bei Patienten mit traumatisch-

hämorrhagischem und hämorraghischem Schock.

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Bewusstlose – im Einzelfall auch be-wusstseinsgetrübte – Patienten sind durch Asphyxie und Aspiration gefähr-det. Daher ist der Atemweg - möglichst durch endotracheale Intubation - zu si-chern. Bei suffizienter Spontanatmung des Bewusstlosen ist im begründeten Ausnahmefall auch die überbrückende stabile Seitenlagerung möglich. Damit ist bei einer Wirbelsäulenverletzung die Gefahr der Rückenmarkschädigung ver-bunden, die gegen das Risiko einer Aspi-ration oder Asphyxie abzuwägen ist.

Atmung – Gasaustausch

Die Bewertung und Sicherung des Gas-austauschs soll unmittelbar auf die ori-entierende Beurteilung des Bewusst-seins erfolgen. Die Behandlung von Hypoxie und Asphyxie hat Vorrang vor der Stabilisierung der Kreislauf-funktion und weiteren Maßnahmen.

Eine Hyperventilation ist häufig Aus-druck einer schweren metabolischen Azidose, seltener einer Mittelhirnschä-digung. Das Ausmaß der Hypoxie (Ab-nahme der psaO

2) ist klinisch nicht oh-

ne weiteres zu erfassen:• Trotz massiver Anämie und Hypoxie

kann das Bewusstsein erhalten sein.• Eine Zyanose kann je nach Schwere

der Blutungsanämie fehlen.Die blaurote Farbe von desoxygenier-

tem Hb wird – je nach Lichtverhältnissen und Perfusion der Schleimhäute – ab ei-ner Konzentration von etwa 5 g/dl des-oygeniertem Hb sichtbar. Bei einer nor-malen Hb-Konzentration von 15 g/dl entspricht dies einer Entsättigung von etwa einem Drittel des aktuellen Hb und damit einer sO

2 von etwa 66 %. Da die

Zyanose bei einer Blutungsanämie – z. B. mit einer Hb-Konzentration von 7,5 g/dl – ebenfalls erst bei einer Konzentration von etwa 5 g/dl desoxygeniertem Hb sichtbar wird, ist in diesem Fall eine Ent-sättigung von zwei Drittel des noch vor-handenen Hb erforderlich, was einer sO

2 von noch 33 % entspricht.

Bei einer psaO2 < 90 % (entsprechend

einem paO2 von etwa 60 mm Hg) ist

die FiO2 unverzüglich zu erhöhen

und der Patient ggf. kontrolliert zu beatmen.

Die Sauerstoff-Zufuhr kann auf verschie-dene Weise erfolgen:

• Bei Patienten mit erhaltenem Bewusst-

sein wird Sauerstoff über eine Maske appliziert. Durch eine Gesichtsmaske mit Reservoir und Nicht-Rückatem-ventil wird bei hohem Gasfluss eine FiO

2 bis 1,0 erzielt. Bei Verwendung

einer Nasensonde liegt die FiO2 dage-

gen nur bei 0,4.• Bewusstlose und tief somnolente Pa-

tienten (GCS anhaltend < 9) sind grundsätzlich zu intubieren und

kontrolliert zu beatmen, wozu bei tiefer Bewusstlosigkeit (GCS 3) auf eine Narkoseeinleitung verzichtet werden kann. Durch endotracheale Intubation und kontrollierte Beat-mung wird eine optimale Oxygenie-rung (FiO

2 grundsätzlich 1,0) bei

gleichzeitigem Schutz des Atem-wegs gegen Aspiration erzielt. Die Analgesie steht im Hintergrund, zu-mal der Analgetikabedarf von poly-

Abbildung 2 Anlage einer Thoraxdrainage durch Minithorakotomie. Nach Hautdesinfektion

und Abdecken der queren Hautinzision im 4. ICR in der mittleren Axillarlinie (1); stumpfe Prä-

paration bis an den Oberrand der Rippe (2); Austasten des Pleuraspalts mit dem Finger (3);

Einlegen der Drainage mittels Kornzange oder Führungsstab, dessen Spitze nicht über die

Drainage hinausragen darf (4 und 5); Vorbringen der Drainage bei Pneumothorax möglichst

nach ventro-kranial, bei Hämatothorax nach dorso-kaudal (6); Fixierung mittels Naht (7 und 8).

Die Drainage bleibt grundsätzlich offen.

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traumatisierten Patienten häufig ge-ring ist.

Während die Intubation des tief Be-wusstlosen ohne Narkoseeinleitung von jedem Notarzt zu fordern ist, ist über die Narkoseeinleitung eines noch spontan atmenden Patienten – zur Verbesserung der Oxygenierung sowie ggf. zur Analgesie – im Einzel-fall zu entscheiden.

Bei absehbar erschwerter Intubation oder mangelnder Erfahrung kann es bes-ser sein, überbrückend ein Ersatzverfah-ren der Atemwegssicherung anzuwen-den oder den Patienten in Seitenlage zu bringen und mittels Gesichtsmaske zu oxygenieren. Übungsbedürftige Ersatz-verfahren der Atemwegssicherung sind vor allem der Einsatz von Larynxtubus und Larynxmaske; Ultima Ratio ist die Koniotomie.

Das praktische Vorgehen bei der ob-ligatorischen Blitzeinleitung der Narkose – bei der eine Zwischenbeat-mung mittels Gesichtsmaske möglichst zu vermeiden ist – ist wie folgt (RDE = Richtdosis für einen Erwachsenen von etwa 75 kg KG, in jedem Einzelfall kri-tisch zu prüfen):• Zunächst wird der Patient so gut wie

möglich präoxygeniert und das Intu-bationsmaterial – einschließlich einer suffizienten Absaugung – auf Voll-ständigkeit und Funktionstüchtigkeit geprüft.

• Standardtubus ist ein Magill-Tubus von 7,5 mm Innendurchmesser. Er ist mit einem Führungsstab zu versehen, damit die Biegung des Tubus bei Be-darf unverzüglich korrigiert werden kann.

• Zur Narkoseeinleitung erhält der Pa-tient je nach AZ bis 0,1 mg/kg KG Mi-dazolam (RDE bis 8,0 mg), 0,5–1,0 mg/kg KG Esketamin (RDE 40–80 mg) und 1,5 mg/kg KG Succinylcho-lin (RDE 120 mg) i. v. – alternativ kann statt Midazolam z. B. Etomidat (Dosis 0,2–0,3 mg/kg KG i. v.; RDE 15–20 mg) und statt Esketamin z. B. Fentanyl (Dosis 1,25–3,75 µg/kg KG i. v.; RDE 0,1–0,3 mg) verwendet wer-den.

• Bei Patienten in stark reduziertem AZ und manifestem Schock wird auf Mi-dazolam bzw. Etomidat verzichtet und nur Esketamin in einer Dosis von etwa 0,5 mg/kg KG (RDE 40 mg) i. v.

appliziert. In diesem Fall kann auch auf Succinylcholin verzichtet werden.

• Die Intubation erfolgt unter mög-lichst geringer Überstreckung des Kopfes. Die HWS wird durch einen Helfer mittels Schienengriff (seitliche Stabilisierung mit den Handflächen) stabilisiert. Ein etwaiger Stützverband ist zu öffnen, aber in situ zu belassen.

• Nach der Intubation wird der Patient – unabhängig von der psaO

2 – mit ei-

ner FiO2 von 1,0 und einem PEEP von

etwa 5 mm Hg kontrolliert beatmet.• Nach der Intubation ist der petCO

2

mittels Kapnometrie/-graphie zu über-wachen (Zielwert 35–40 mm Hg), de-ren Wertigkeit bei polytraumatisier-ten Patienten jedoch durch unzurei-chende Perfusion und gestörte Gas-austauschfunktion der Lunge be-grenzt wird.

Viele schwerstverletzte Patienten be-nötigen nach der Narkoseeinleitung zunächst keine weiteren Analgetika oder Sedativa. Bei diesen Patienten darf die lebenserhaltende endokrine Stressreaktion nicht durch inadäqua-te Zufuhr von Anästhetika suppri-miert werden. Bei klinischen Zeichen unzureichender Anästhesie (Stirn-runzeln, Tränenträufeln, Abwehr-bewegungen) wird die Narkose dage-gen durch Nachinjektion von Esketa-min in halber Initialdosis oder mit ei-nem Opioid wie Fentanyl (in Boli von etwa 0,2 mg) vertieft; ggf. kann zusätzlich eine Sedierung mit Mida-zolam erfolgen.

• Bei Verdacht auf Pneumothorax – im Seitenvergleich fehlendes oder ab-geschwächtes Atemgeräusch und hy-personorer Klopfschall der betroffe-nen Seite – ist beim beatmeten Patien-ten die unverzügliche Anlage einer Thoraxdrainage (etwa 24 Ch.) indi-ziert. Sie wird über eine Minithorako-tomie im 2. Interkostalraum (ICR) in der Medioklavikularlinie oder im 4. ICR in der vorderen Axillarlinie einge-bracht (Abb. 2). Die Druckentlastung mittels einer weitlumigen Venenver-weilkanüle ist wegen der Gefahr der Verlegung lediglich die Ultima Ratio.

• Ein Hämatothorax kann durch al-leinige klinische Untersuchung – im Seitenvergleich fehlendes oder abge-schwächtes Atemgeräusch und Schenkelschall der betroffenen Seite –

ohne bildgebende Diagnostik nicht sicher diagnostiziert werden. Daher soll eine Drainage (etwa 28 Ch.) prä-klinisch nur bei sonst nicht zu si-chernder Ventilation – z. B. steigender Beatmungsdruck, fallende psaO

2 –

und nicht prophylaktisch erfolgen. Sie wird über eine Minithorakotomie im 4. ICR in der vorderen Axillarlinie eingebracht (Abb. 2).

• Bei einer offenen Thoraxverlet-zung wird die Wunde bei respirato-risch stabilen Patienten mit sterilen Kompressen abgedeckt und (dreiseitig) so abgeklebt, dass ein Ventil entsteht, das zwar das Entweichen von Luft, nicht aber deren Eindringen erlaubt. Ein luftdichter Verschluss kann zum Spannungspneumothorax führen und ist kontraindiziert. Respiratorisch insuf-fiziente Patienten werden intubiert und beatmet. Bei steigendem Beatmungs-druck oder fallender psaO

2 muss der

Thorax kontrolliert drainiert werden. Eingedrungene Gegenstände sind bis zur operativen Versorgung zu belassen.

• Bei Verdacht auf Perikardtampo-nade (mit oberer Einfluss-Stauung und Schock) kann die unverzügliche Perikardpunktion lebensrettend sein. Dazu wird zunächst eine weitlumige Kanüle (oder Verweilkanüle) unter Aspiration aus dem linken Kostoxi-phoidalwinkel nach dorsal und krani-al vorgebracht (Abb. 3). Im Anschluss wird eine Drainage eingelegt.

Kreislauf

Zur lediglich orientierenden klinischen Beurteilung kann das initiale Ausmaß von Hypotonie und Tachykardie sowie das Verhältnis beider Größen als Schock-index [7] dienen. Validierte hämodyna-mische Grenzwerte für das Vorliegen ei-nes Schocks sind unbekannt. Die HR ist stets zusammen mit dem SAP zu bewer-ten; trotz weitgehender Normofrequenz kann eine ausgeprägte Hypovolämie vor-liegen [8]. Grundsätzlich gilt ein SAP < 90 mm Hg in Kombination mit ei-ner HR > 100/min sowie nachweisbarem oder anzunehmendem Blut- oder Volu-menverlust als Zeichen eines Schocks [9].

Ziel der Kreislauftherapie ist ein SAP > 90 mm Hg bei einer HR < 100/min. Bei Patienten mit SHT ist zur Siche-rung eines ausreichenden CPP ein SAP > 120 mm Hg anzustreben [10].

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Page 7: Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I

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H. A. Adams et al.:Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I: Grundlagen und präklinische Versorgung

Primary care of multiple injury patients - Part I: Basics and prehospital care

Das konkrete therapeutische Vorgehen zur Erreichung dieses Zieles hängt da-von ab, ob eine initiale Blutstillung möglich ist oder nicht.

Bei polytraumatisierten Patienten mit traumatisch-hämorrhagischem und hämorrhagischem Schock ist grundsätzlich die rasche Kreislaufsta-bilisierung durch Blutstillung und forcierte Volumenzufuhr indiziert.

• Äußere Blutungen werden durch Druckverband, Tamponade oder manuel-

le Kompression gestillt und der Patient in die Schocklage (Beine 60° angeho-ben oder Trage in 15°-Kopftieflage) ge-bracht. Dies gilt auch für Schock-patienten mit SHT, da die Sicherung eines ausreichenden CPP vorrangig ist.

• Zur suffizienten Volumenzufuhr sind mindestens zwei großlumige peripher-

venöse Zugänge erforderlich. Es werden weitlumige Venen im Bereich der obe-ren Extremitäten oder die V. jugularis externa punktiert, die eine suffiziente Flussrate gewährleisten.

• Der Volumenersatz erfolgt vorrangig mit künstlichen Kolloiden in balancierter

Trägerlösung wie 10 % oder 6 % HES 130, weil diese im Vergleich zu kristal-loiden Lösungen über eine längere in-travasale Verweildauer mit entspre-chend höherer Volumenwirkung ver-fügen [11, 12, 13, 14]. Das interstitiel-

le Defizit wird durch ergänzende Zu-fuhr von balancierten Kristalloiden et-wa im Verhältnis 1:1 aufgefüllt.

• Bei schwerster Hypotonie ist die ini-tiale Zufuhr einer hyperosmolaren

NaCl-Lösung in einer Einmaldosis von 4 ml/kg KG indiziert, an die sich un-verzüglich die Infusion kolloidaler und kristalloider Lösungen anschlie-ßen muss.

Im Ausnahmefall, wenn eine unstill-

bare – meist innere – Blutung vorliegt, die durch Volumensubstitution be-drohlich verstärkt würde, soll bis zur chirurgischen oder interventionellen Blutstillung eine zurückhaltende Vo-lumenzufuhr mit permissiver Hypoto-

nie erfolgen. Dazu zählen Patienten mit isolierten Verletzungen des Her-zens sowie großer intraabdomineller oder -thorakaler Gefäße (z. B. bei Schuss- oder Stichverletzung).

• Nach der Sicherung der Oxygenie-rung hat der schnellstmögliche Trans-

port in eine geeignete Klinik – mit ge-zielter fachspezifischer Anmeldung – absolute Priorität.

• Der Patient wird in die Schocklage (Bei-ne 60° angehoben oder Trage in 15°-Kopftieflage) gebracht.

• Die Anlage suffizienter peripherven-

öser Zugänge ist anzustreben, aber nicht zwingend erforderlich. Es darf keine Zeit mit frustranen Punktions-

versuchen verloren werden – die Vo-lumensubstitution steht nicht im Vordergrund, und eine Venenpunkti-on ist auch während des Transports möglich.

Die Volumenzufuhr erfolgt restrik-tiv und wohlüberlegt im Sinn der permis-

siven Hypotonie. Weder darf die Blutung bedrohlich verstärkt noch ein mit dem Leben unvereinbarer Volumenmangel zugelassen werden. Verlässliche Zielwer-te für den Blutdruck sind – ebenso wie verlässliche klinische Zeichen der be-drohlichen Anämie und Hypoxie – un-bekannt. Das Bewusstsein der Patienten bleibt lange erhalten und darf daher nicht als Maßstab dienen.• Als orientierender Zielwert der per-

missiven Hypotonie ist ein SAP von 70–80 mm Hg bzw. ein MAP > 50 mm Hg anzustreben. Entgegen anders lautender Empfehlungen [15] ist ein Absinken unter diesen Wert zu ver-meiden.

• Zur Sicherung einer Mindestperfusion ist der überbrückende Einsatz von Ka-

techolaminen indiziert. Wegen der gleichzeitig β- und in höheren Dosen α-mimetischen Wirkung wird der vor-rangige Einsatz von Adrenalin (z. B. in Boli von 50–100 µg; entsprechend 0,5–1,0 ml einer Lösung 1:10.000) empfohlen.

• Sobald die ausreichende Zufuhr von Blutprodukten möglich oder die Blu-tung gestillt ist, ist das Konzept der permissiven Hypotonie unverzüglich zu verlassen und für die forcierte und bedarfsgerechte Zufuhr von Blutkom-ponenten und Volumenersatzmitteln zu sorgen.

2.5 Verhütung von Folgeschäden

Skelettverletzungen werden erst nach Stabilisierung der Vitalfunktio-nen versorgt. Bei aller gebotenen Sorgfalt ist dabei auf den unverzügli-chen Transport des Patienten zu ach-ten – der Transport darf z. B. nicht durch frustrane Repositionsmanöver von Frakturen verzögert werden. Die anatomische Frakturreposition ist beim vital bedrohten polytraumati-sierten Patienten nicht Ziel der prä-klinischen Versorgung.

• Frakturen der Extremitäten werden durch vorsichtigen axialen Zug in der

Abbildung 3 Notfallmäßige Perikardpunktion. Eine weitlumige Kanüle (oder Verweilkanüle)

wird unter Aspiration aus dem linken Kostoxiphoidalwinkel nach dorsal und kranial vorgebracht.

Im Anschluss wird eine Drainage eingelegt.

Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2010; 1 (2)

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H. A. Adams et al.:Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I: Grundlagen und präklinische VersorgungPrimary care of multiple injury patients - Part I: Basics and prehospital care

Längsachse reponiert und in einer Schiene (z. B. Luftkammerschiene) ru-hig gestellt.

• Durchblutung, Motorik und Sensibili-tät der Extremität sind grundsätzlich vor und nach dem Repositions-manöver zu prüfen.

• Blutungen bei Extremitäten- und Amputationsverletzungen werden durch sterilen Druckverband ver-sorgt. Ein Druckverband kann auch bei fehlender initialer Blutung sinn-voll sein, wenn die Wunde eine Blu-tung nach Kreislaufstabilisierung ver-muten lässt. Selten ist eine Blutsperre mittels Blutdruckmanschette usw. er-forderlich. Das Abklemmen eines Ge-fäßes mittels weicher Gefäßklemme ist die Ultima Ratio.

• Ein instabiles Becken wird durch einen Beckengurt (SAM Sling) oder eng ver-knotetes Tuch stabilisiert. Alternativ kann dies auch mittels Vakuummatrat-ze und lateralem Druck erfolgen.

• Bei perforierendem SHT sind evtl. Fremdkörper grundsätzlich in situ zu belassen und nicht zu bewegen, um sekundären intrakraniellen Blutun-gen vorzubeugen.

Bei polytraumatisierten Patienten mit Verdacht auf eine Wirbelsäulen-verletzung muss jedes Umlagern be-sonders vorsichtig unter Anwendung geeigneter Hilfsmittel wie Wirbelsäu-lenbrett (Spine-Board), Schaufeltrage und Vakuummatratze erfolgen.

2.6 Basisüberwachung

Wesentliche klinische Aspekte zur Beur-teilung des AZ eines polytraumatisierten Patienten sind insbesondere das Be-wusstsein, das Hautkolorit und die Hautperfusion sowie das Atemmuster. Darüber hinaus ist bei allen Patienten die Bestimmung folgender diagnosti-scher Parameter indiziert:• Engmaschige oszillometrische Blut-

druckmessung; ersatzweise auskultato-rische Blutdruckmessung. Die orien-tierende palpatorische Bestimmung des SAP ist ein Notbehelf.

• Kontinuierliche EKG-Ableitung zur Be-urteilung des Herzrhythmus.

• Bestimmung der HR durch Auszählung der mechanischen (Pulsoxymeter, os-zillometrische Blutdruckmessung) und elektrischen Herzaktionen.

• Bestimmung der psaO2 mittels Pulsoxy-

metrie (Normalwert ≥ 96 %). Pulsoxy-meter mit Zwei-Wellenlängen-Absorpti-

onstechnologie können die Absorpti-onsspektren der nicht am Sauerstoff-Transport beteiligten Dyshämoglobine COHb und MetHb nicht von O

2Hb un-

terscheiden und werten sie als oxy-geniertes Hb. Diese Geräte erlauben daher nur bei Ausschluss einer relevan-ten Dyshämoglobinämie sowie bei Kenntnis der aktuellen Hb-Konzentra-tion und ausreichendem HZV, die Ab-schätzung des arteriellen Sauerstoff-Angebots an die Gewebe. Dagegen können Geräte mit Acht-Wellenlängen-

Absorptionstechnologie O2Hb, COHb

und MetHb simultan bestimmen und unterliegen bezüglich der Dyshämo-globine keiner Einschränkung.

• Bei beatmeten Patienten Über-wachung des petCO

2 mittels Kapno-

metrie/-graphie. Bei einem petCO2 von

35–40 mm Hg ist – jedoch nur bei un-gestörter Ventilation und Perfusion der Lunge – von Normoventilation auszugehen.

2.7 Typische Fehler und ihre Ver-meidung

Jede nicht zwingend notwendige pro-

longierte präklinische Versorgung verhin-dert die unverzügliche klinische Be-handlung. Es ist auf größte Beschleu-nigung aller Abläufe im Sinne des „work and go“ zu achten, weil verlore-ne Zeit nicht ersetzt werden kann. Ty-pische überschießende Reaktionen sind die Anlage eines ZVK oder die Be-stimmung der Glukose-Konzentration bei bewusstseinsklaren Patienten.

• Die Unterschätzung des Traumas – infol-ge unzureichender Beachtung des Traumamechanismus sowie mangel-hafter körperlicher Untersuchung mit Fehleinschätzung der führenden Ver-letzung – kann den Patienten wegen der damit verbundenen insuffizienten Schockbekämpfung vital gefährden. Daher ist sowohl auf die Erfassung des Unfallhergangs einschließlich der ein-wirkenden Gewalt als auch auf die wie-derholte körperliche und apparative Untersuchung sowie die kontinuierli-che Überwachung zu achten.

• Endotrachealtubus, Venenzugänge und Drainagen sind sicher zu fixieren, um eine Dislokation zu verhindern.

• Zum Erhalt der Gerinnungsfunktion ist vorrangig auf Normothermie [16, 17] und Vermeidung einer Azidose [18, 19, 20, 21] zu achten – diese limi-tierenden Größen werden in ihren ne-gativen Auswirkungen auf die Gerin-nung häufig unterschätzt.

• Nach Möglichkeit sind – ggf. durch Fremdanamnese – Vorerkrankungen

und -operationen sowie die Vormedika-

tion zu eruieren, da nur so relevante Medikamenteneffekte und -inter-aktionen erfasst werden können.

• Eine mangelhafte Dokumentation der präklinischen Maßnahmen kann schwerwiegende medizinische und juristische Folgen haben. Insbesonde-re ist der neurologische Status (GCS, Pupillenstatus, extremitätengetrenn-te Motorik) vor Einleitung einer Anäs-thesie zu erfassen, ebenso Schmerzlo-kalisation und -charakter vor Beginn einer Analgesie. Weitere wichtige Grö-ßen sind der Verlauf von Blutdruck und HR – unter Beachtung der gleich-zeitigen Volumenzufuhr – und die ge-naue Dokumentation der verabfolg-ten Anästhestika und sonstigen Medi-kamente. Auch frustrane invasive Maßnahmen (z. B. eine fehlgeschlage-ne Punktion der V. subclavia) sind zu übermitteln.

Interessenskonflikte: keine angege-ben

Abkürzungsverzeichnis

Ch. Charrière (= French; F); 1 Ch. = 1/3 mm Außendurchmesser

COHb Carboxy-HämoglobinCPP cerebral perfusion pressure; zere-

braler Perfusionsdruck

FiO2

Inspiratorische Sauerstoff-FraktionHb HämoglobinHES Hydroxyethylstärke (mit Angabe

des mittleren Molekulargewichts in Kilo-Dalton)

HR heart rate; HerzfrequenzHWS HalswirbelsäuleHZV Herz-Zeit-Volumen

ICP intracranial pressure; intrakra-nieller Druck

IL Interleukini. v. intravenös

KG Körpergewicht

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H. A. Adams et al.:Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I: Grundlagen und präklinische Versorgung

Primary care of multiple injury patients - Part I: Basics and prehospital care

MAP mean arterial pressure; arteriel-ler Mitteldruck

MetHb Met-Hämoglobin (Hämiglobin)

NaCl Natriumchlorid

paO2 Arterieller Sauerstoff-Partialdruck

PEEP positive endexpiratory pressure; positiver endexspiratorischer Druck

petCO2 Endtidaler Kohlendioxid-Par-tialdruck

psaO2 Partielle arterielle Sauerstoff-Sät-

tigung

SAP systolic arterial pressure; systoli-scher arterieller Druck

SHT Schädel-Hirn-Trauma/TraumenSIRS systemic inflammatory response

syndromesO

2 Sauerstoff-Sättigung

TNF-α Tumor-Nekrose-Faktor α

ZVK Zentraler VenenkatheterZNS Zentralnervensystem

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orrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Hans Anton AdamsLeiter der Stabsstelle fürInterdisziplinäre Notfall- und KatastrophenmedizinMedizinische Hochschule HannoverCarl-Neuberg-Str. 1D-30625 HannoverTel.: 05 11 / 532-3495 / -3496Fax: 05 11 / 532-8033E-Mail: [email protected]

iteratur

. Adams HA, Baumann G, Gänsslen A, Janssens U, Knoefel W, Koch T, Marx G, Müller-Werdan U, Pape HC, Prange H, Roesner D, Standl T, Teske W, Wer-ner G, Zander R und die IAG Schock: Die Definitionen der Schockformen. Intensivmedizin und Notfallmedizin 2001;38:541–553

. Adams HA, Baumann G, Cascorbi I, Ebener C, Emmel M, Geiger S, Janssens U, Klima U, Klippe HJ, Knoefel WT, Marx G, Müller-Werdan U, Pape HC, Piek J, Prange H, Roesner D, Roth B, Schürholz T, Standl T, Teske W, Vogt PM, Werner GS, Windolf J, Zander R, Zerkowski HR: Empfehlungen zur Diag-nostik und Therapie der Schockformen der IAG Schock der DIVI. Köln: Deut-scher Ärzte-Verlag 2005

. Adams HA, Trentz O - unter Mitarbeit der IAG Schock der DIVI: Die Erstver-sorgung des polytraumatisierten Pa-tienten. Anästhesiologie und Intensiv-medizin 2007;48:73–94

. Adams HA, Baumann G, Cascorbi I, Dodt C, Ebener-Rothärmel C, Emmel M, Geiger S, Hildebrand F, Janssens U, Klippe HJ, Knoefel WT, Krettek C, Lampl L, Marx G, Müller-Werdan U, Piek J, Prange H, Roesner D, Roth B, Sarrafzadeh A, Standl T, Teske W, Wer-ner GS, Windolf J, Zander R, Zerkowski HR - unter Mitarbeit von Halleck F, Vogt PM: Interdisziplinäre Behand-lungspfade Hypovolämischer Schock – Eine Empfehlung der IAG Schock der DIVI. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag 2010

. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirur-gie: Weißbuch Schwerverletzten-Ver-sorgung. Berlin 2006

. American College of Surgeons: ATLS: Advanced Trauma Life Support for

Doctors: Student Course Manual. Ei-genverlag ACS 2004

7. Allgöwer M, Burri C: Schockindex. Dtsch med Wschr 1967;92:1947–1950

8. Demetriades D, Chan LS, Bhasin P, Ber-ne TV, Ramicone E, Huicochea F, Vel-mahos G, Cornwell EE, Belzberg H, Murray J, Asensio JA: Relative bradycar-dia in patients with traumatic hypoten-sion. J Trauma 1998;45:534–539

9. Franklin GA, Boaz PW, Spain DA, Lu-kan JK, Carrillo EH, Richardson JD: Pre-hospital hypotension as a valid indica-tor of trauma team activation. J Trauma 2000;48:1034–1037

10. Piek J: Intrakranieller Druck - zerebraler Perfusionsdruck. In: Piek J, Unterberg A (Hrsg) Grundlagen neurochirurgischer Intensivmedizin. München: Zuck-schwerdt 2006

11. Zander R, Adams HA, Boldt J, Hiesmayr MJ, Meier-Hellmann A, Spahn DR, Standl T: Forderungen und Erwartun-gen an einen optimalen Volumen-ersatz. Anästhesiol Intensivmed Not-fallmed Schmerzther 2005;40:701–719

12. Zander R: Flüssigkeitstherapie. 2. Aufla-ge. Melsungen: Bibliomed 2009

13. Adams HA: Volumen- und Flüssigkeits-ersatz - Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und klinischer Einsatz. Teil 1. Anästhesiol Intensivmed 2007,48:448–460

14. Adams HA: Volumen- und Flüssigkeits-ersatz - Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und klinischer Einsatz. Teil 2. Anästhesiol Intensivmed 2007,48:518–540

15. Antonelli M, Levy M, Andrews PJD, Chastre J, Hudson LD, Manthous C, Meduri GU, Moreno RP, Putensen C, Stewart T, Torres A: Hemodynamic monitoring in shock and implications

for management. International Con-sensus Conference, Paris, France, 27–28 April 2006. Intensive Care Med 2007;33:575–590

16. Watts DD, Trask A, Soeken K, Perdue P, Dols S, Kaufmann C: Hypothermic coagulopathy in trauma: effect of va-rying levels of hypothermia on enzy-me speed, platelet function, and fibri-nolytic activity. J Trauma 1998;44: 846–854

17. Rajagopalan S, Mascha E, Na J, Sessler DI: The effects of mild perioperative hypothermia on blood loss and trans-fusion requirement. Anesthesiology 2008;108:71–77

18. Meng ZH, Wolberg AS, Monroe DM, Hoffmann M: The effect of temperature and pH on the activity of factor VIIa: Implications for the efficacy of high-dose factor VIIa in hypothermic and acidotic patients. J Trauma 2003;55: 886–891

19. Martini WZ, Dubick MA, Pusateri AE, Park MS, Ryan KL, Holcomb JB: Does bicarbonate correct cogulation functi-on impaired by acidosis in swine? J Trauma 2006;61:99–106

20. Martini WZ, Dubick MA, Wade CE, Holcomb JB: Evaluation of tris-hydro-xymethylaminomethane on reversing coagulation abnormalities caused by acidosis in pigs. Crit Care Med 2007;35:1568–1574

21. Spahn DR, Cerny V, Coats TJ, Duran-teau J, Fernández-Mondéjar E, Gordini G, Stahel PF, Hunt BJ, Komadina R, Neugebauer E, Ozier Y, Riddez L, Schultz A, Vincent JL, Rossaint R; Task Force for Advanced Bleeding Care in Trauma: Management of bleeding in major trauma: A European guideline. Crit Care 2007;11:R17 (1–22)

Page 10: Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I

71CME-FRAGEBOGEN / CME-QUESTIONNAIRE

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ME-Fragebogen: DIVI 2/2010

Fragen zum Beitrag H.A. Adams, F. Hilde-brand, C. Krettek et al.:Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil 1: Grundlagen und präklini-sche Versorgung

(nur eine Antwort ist richtig)

1 Mit welcher Bezeichnung wird die hier dar-gestellte präklinische Einsatztaktik am Bes-ten charakterisiert?

Stay and play Prolongierte Versorgung Scoop and run Work and go Verlorene Zeit ist zu ersetzen

2 Das Kehrsche Zeichen – eine Schmerzprojekti-on in die linke Schulter – deutet auf welche der nachstehenden Verletzungen oder Er-krankungen hin?

Leberverletzung Milzverletzung Akute Appendizitis Blasenruptur Perforation der Gallenblase

3 Welche Maßnahme hat bei der präklinischen Versorgung eines polytraumatisierten Patien-ten Vorrang?

Reposition einer Fraktur Wundverband Sicherung der Oxygenierung Schaffung venöser Zugänge Analgesie

4 Ab welchem Wert der Glasgow Coma Scale (GCS) ist grundsätzlich eine Intubation mit kontrollierter Beatmung erforderlich?

GCS < 9 GCS < 6 GCS < 11 GCS < 7 GCS < 4

5 Welches Vorgehen ist geboten, wenn ein schwerverletzter Patient mit Verdacht auf Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS) und HWS-Stützverband bei der präklinischen Versorgung respiratorisch insuffizient wird?

Verzicht auf die Atemwegssicherung zur Vermeidung einer Querschnittssymptomatik

Intubationsversuch bei straff sitzendem HWS-Stützverband Vollständige Entfernung des HWS-Stützverbandes zur

problemlosen Reklination des Kopfes Anforderung eines flexiblen Bronchoskops über die

Rettungsleitstelle HWS-Stützverband öffnen und in situ belassen, Intuba-

tion unter möglichst geringer Reklination des Kopfes, HWS-Stabilisierung mittels Schienengriff

6 Welche Zielwerte für den systolischen arteriel-len Druck (systolic arterial pressure; SAP) und die Herzfrequenz (heart rate; HR) sind bei ei-nem Patienten im traumatisch-hämorrhagi-schem Schock grundsätzlich anzustreben?

SAP > 80 mm Hg, HR < 110/min SAP > 90 mm Hg, HR < 100/min SAP < 120 mm Hg, HR < 80/min SAP > 120 mm Hg; HR > 80/min SAP < 90 mm Hg; HR > 100/min

7 Welcher Zielwert für den systolischen arteriel-len Druck (systolic arterial pressure; SAP) ist bei einem Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma zur Sicherung eines ausreichenden zerebralen Perfusionsdrucks grundsätzlich anzustreben?

SAP > 80 mm Hg SAP > 90 mm Hg SAP < 120 mm Hg SAP > 120 mm Hg SAP < 90 mm Hg

8 Welche Aussage zum präklinischen Volumen-ersatz trifft nicht zu?

Es sind mehrere großlumige Venenzugänge erforderlich Kristalloide Lösungen werden wegen der im Vergleich zu

Kolloiden längeren intravasalen Verweildauer bevorzugt Kristalloide Lösungen werden ergänzend zur Auffül-

lung des interstitiellen Defizits eingesetzt

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Page 11: Die Erstversorgung des polytraumatisierten Patienten – Teil I

CME-FRAGEBOGEN / CME-QUESTIONNAIRE72

Fortsc

11. Kong30. Nove

ThemMiniatu

VeranstalK.I.T. GrouAssociationKurfürsten10709 BerlE-Mail: divi2

Bei schwerster Hypotonie ist die initiale Zufuhr einer hyperosmolaren NaCl-Lösung indiziert

Es werden vorrangig künstliche Kolloide wie HES 130 infundiert

9 Welche Aussage zum Pneumothorax trifft nicht zu?

Auf der betroffenen Seite findet sich ein fehlendes oder abgeschwächtes Atemgeräusch

Auf der betroffenen Seite findet sich ein hypersonorer Klopfschall

Die Thoraxdrainage wird bevorzugt im 8. ICR in der vorderen Axillarlinie eingebracht

Die Thoraxdrainage wird bevorzugt im 2. ICR in der Medioklavikularlinie oder im 4. ICR in der vorderen Axillarlinie eingebracht

Die Einlage erfolgt über eine Minithoraktomie

10 Welche Aussage zum Hämatothorax trifft nicht zu?

Auf der betroffenen Seite findet sich ein fehlendes oder abgeschwächtes Atemgeräusch

Auf der betroffenen Seite findet sich ein Schenkelschall Die Thoraxdrainage wird bevorzugt im 2. ICR in der

Medioklavikularlinie eingebracht Die Thoraxdrainage wird bevorzugt im 4. ICR in der

vorderen Axillarlinie eingebracht Die Anlage soll nicht prophylaktisch erfolgen

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Wenn Sie an der Fortbildung schnell, unkompliziert und kostenlos teilnehmen möchten, gehen Sie sich bitte auf die Homepage www.online-divi.de. Klicken Sie den Be-reich „Fortbildung (CME)“ an. Dort finden Sie konkrete Angaben zur Registrierung, nützliche Hinweise, den Fra-gebogen zum Ausfüllen und Ihre persönliche Übersicht

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KongresspräsidentProf. Dr. med. Gerhard JorchUniversitätskinderklinik MagdeLeipziger Straße 4439120 [email protected]

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