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Die Finanzkrise des Steuerstaats. Beiträge zur politischen Ökonomie der Staatsfinanzen by Rudolf Goldscheid; Joseph Schumpeter; Rudolf Hickel Review by: Fritz Neumark FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 35, H. 3 (1977), pp. 536-538 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40911332 . Accessed: 18/06/2014 19:12 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.34.79.15 on Wed, 18 Jun 2014 19:12:59 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Die Finanzkrise des Steuerstaats. Beiträge zur politischen Ökonomie der Staatsfinanzenby Rudolf Goldscheid; Joseph Schumpeter; Rudolf Hickel

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Die Finanzkrise des Steuerstaats. Beiträge zur politischen Ökonomie der Staatsfinanzen byRudolf Goldscheid; Joseph Schumpeter; Rudolf HickelReview by: Fritz NeumarkFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 35, H. 3 (1977), pp. 536-538Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40911332 .

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536 Besprechungen

Jacques Grosclaude: L'impot sur la fortune. L' administration nouvelle, col- lection dirigee par L.Mehl et J.Driol. Berger-Levrault. Paris 1976. 225 Seiten. Wie in England (vgl. dazu meinen Besprechungsaufsatz iiber das Buch von

Sandford, Willis und Ironside: An Annual Wealth Tax, in: N.F. Bd. 35, S. 152ff. dieser Zeitschrift), so beginnen sich nunmehr auch in Frankreich die Stimmen zu regen, die sich fur die Einfuhrung einer allgemeinen personlichen Vermogensteuer aussprechen. Zu erwahnen ist in diesem Zusammenhange insbesondere Pierre Uri. Nun kommt mit Grosclaude ein jiingerer franzosischer Finanzwissenschaftler zu Wort, der die Argumente pro und contra eine derartige Abgabe sorgfaltig gegenein- ander abwagt und dabei zu dem SchluB gelangt, eine solche Steuer dem franzosi- schen Steuersystem einzufugen, sei unter bestimmten Bedingungen durchaus emp- fehlenswert.

Die kleine Schrift, die neben franzosischen auch zahlreiche deutsche Veroffent- lichungen (einschl. der Gutachten des Finanzwissenschaftlichen Beirats) zu Rate zieht, untersucht zunachst die moglichen Ziele, die mit einer Vermogensteuer ver- folgt werden konnen. Dabei wird unterschieden zwischen dem Ziel einer ,, discrimi- nation fiscale des revenus", dem einer Hoherbelastung sog. fundierter Einkiinfte, und der Kontrollfunktion in bezug auf andere Abgaben (Erbschaft-, Einkommen- steuer). Vor allem wegen dieser Kontrollfunktion waren die Franzosen bisher so ein- deutig gegen eine Vermogensteuer - was freilich gerade deren Erwiinschtheit deutlich werden laBt. Zutreffend wird im iibrigen begriindet, da6 und warum die friiher oft als einzige Rechtfertigung fur die Vermogensteuer herangezogene Erganzungsfunk- tion heute nicht mehr dieselbe Bedeutung wie in friiheren Zeiten besitzt. Weniger iiberzeugend sind m. E. jene Argumente zugunsten der Vermogensteuer, die von dieser starkere wachstumspolitisch positive Anreize erwarten.

In einem zweiten Kapitel werden die ,,modalites de l'impot sur la fortune" im wesentlichen anhand der deutschen Vermogensteuer geschildert. Die Darstellung ist im allgemeinen korrekt, nur hier und da sind dem Autor kleinere Mifiverstand- nisse unterlaufen, so etwa, wenn er den Wissenschaftlichen Beirat beim Bundes- finanzministerium als ,, commission de reforme fiscale" bezeichnet oder wenn er bei der scharfen Kritik, die E.R.A.Seligman seiner Zeit an der amerikanischen pro- perty tax" iibte, nicbt darauf hinweist, daB diese eine unpersonliche, im wesentlichen auf Grundbesitz beschrankte Abgabe war bzw. ist.

Finanzgeschichtlich interessant ist das dritte Kapitel um deswillen, weil es eine ganze Reihe von Vermogensteuerentwiirfen (deren Texte dann groBenteils in den ,,annexes" wiedergegeben sind) analysiert, die in Frankreich seit den Zeiten J. Cail- laux' (1914), des ,,Vaters der franzosischen Einkommensteuer", vorgelegt worden sind.

In einer kurzen ,,Conclusion" (S. 175-76) gelangt der Verfasser, wie schon an- gedeutet, zu einem bedingt positiven Urteil iiber die Vermogensteuer, von der er mit Recht meint, sie miisse so allgemein-umfassend wie moglich und proportional-maBig (etwa 1%) sein. Dem wird man prinzipiell zustimmen konnen, wahrend es nicht zu- letzt in Frankreich selbst wohl kontrovers sein diirfte, ob der Vorschlag Grosclaude^ Aussicht auf Annahme hat, die neue Steuer den lokalen Gebietskorperschaften zu iiber lassen.

Rudolf Goldscheid, Joseph Schumpeter: Die Finanzkrise des Steuerstaats. Bei- trage zur politischen Okonomie der Staatsfinanzen. Herausgegeben von Rudolf Hickel Edition Suhrkamp. Suhrkamp Verlag. Frankfurt/M. 1976. 380 Seiten.

F. Neumark

Der Buchtitel ist ungenau - aber der Rezensent konnte ihn wohl nicht anders wiedergeben als er sich auf der vorliegenden Publikation findet. Diese umfaBt erstens

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Besprechungen 537

den Wiederabdruck von drei iiberwiegend finanzsoziologischen Arbeiten Goldscheids, zweitens denjenigen des - den alteren Generationen noch wohlbekannten - kleinen Buchs von Schumpeter, und drittens schlieBlieh eine vom Herausgeber verfaBte Ein- leitung mit dem Titel ,,Krisenprobleme des ,verschuldeten Steuerstaats' " (S. 7-39).

Die Untersuchungen Goldscheid^ erschienen teils 1917 - so sein umfangreich- stes Werk: ,,Staatssozialismus oder Staatskapitalismus" und sein ursprunglich im ,,Weltwirtschaftlichen Archiv" veroffentlichter Aufsatz iiber,, Finanzwissenschaft und Soziologie" -, teils 1926, namlich sein Beitrag zur Erstauflage des ,,Handbuchs der Finanzwissenschafb" iiber ,,Staat, offentlicher Haushalt und Gesellschaft. We- sen und Aufgabe der Finanzwissenschaft vom Standpunkt der Soziologie*'. Schum- peters ,,Krise des Steuerstaats" wurde kurz vor Kriegsende - 1918 - erstmals publi- ziert. Ob die Neuherausgabe sinnvoll ist, vermag ich nicht fur alle genannten vier Arbeiten unbedingt zu bejahen, am ehesten noch fur Schumpeter^ Abhandlung, die geistreich und anregend ist wie fast alles, was dieser Autor hervorgebracht hat - freilich auch nicht unproblematisch, insbesondere in jenen ,,prophetischen" Teilen, die zumindest formal an manche Ausfuhrungen desselben Verfassers in seinem Werk iiber ,, Capitalism, Socialism, and Democracy" (zuerst New York 1942) erin- nern.

Was die Goldscheidschen Studien betrifft, so hege ich namentlich hinsichtlich des Wiederabdrucks von ,,Staatssozialismus oder Staatskapitalismus" erhebliche Zweifel, ob er einem Bediirfnis entsprang. GewiB, um mit Schumpeter (S. 331) zu reden: ,,Goldscheida Verdienst wird es immer bleiben, daB er als Erster den gebuh- renden Nachdruck auf diese Betrachtungsart der Finanzgeschichte lenkte, daB er weiten Kreisen die Wahrheit verkiindete, daB das Budget das ,aller tauschenden Ideologien entkleidete Gerippe' des Staates ist". Aber um das der heutigen Genera- tion von Finanz- und Sozialwissenschaftlern zu zeigen, hatte die Neuveroffentli- chung der beiden anderen, kleineren Studien m.E. vollkommen geniigt. Die Idee einer natural zu leistenden groBen Vermogensabgabe, die einer ,,Repropriation" des Staates und ahnliches sind sei es zu utopistisch, sei es zu sehr an die gegen Ende des Ersten Weltkriegs herrschenden speziellen Verhaltnisses gebunden, als daB sie das Interesse anderer als eines kleinen Kreises von Spezialisten finden konnten. Als Okonom war Goldscheid ein sympathischer, ideenreicher und idealistischer Auto- didakt - aber von dauerhafter Bedeutung war eben nur sein AnstoB zur Beachtung der soziologischen Aspekte offentlicher Finanzwirtschaft, wahrend insbesondere seine Ausfuhrungen iiber die okonomische Bedeutung und die ,,langfristigen Wirkungen einer hohen Staatsschuld oder aber die von ihm so genannte ,,Menschen- okonomie" iiberwiegend abstrus anmuten.

Sind die vorerwahnten vier Arbeiten samtlich durch einen klaren, einprag- samen (bei Schumpeter oft elegant-geschliffenen) Stil gekennzeichnet, so ist Hickeh ,,Einleitung" in einer Sprache geschrieben, von der man nur hoffen kann, daB sie all- mahlich doch nicht mehr allzuviele Nachahmer finden wird, zumal da sie teilweise einfach grammatikalisch falsch ist. Ich begniige mich hier mit der Wiedergabe ei- niger weniger Kostproben: ,,Die krisenspezifische Abhangigkeitsstruktur zv/ischen (hier wird also das ,,zwischen" auf die Struktur und nicht die Abhangigkeit bezogen; F.N.) Politik und Okonomie im entwickelten Kapitalismus laBt sich im Kern nur dechiffrieren, wenn " (S. 8). - Die ,,Konkurrenzokonomie" ist ,,dem Staat vor- ausgesetzt" (S. 10 u. passim). - Der ,,systemische Rahmen" spielt nicht nur S. 11 eine Rolle. - S. 15 ist's ahnlich wie S. 8 mit dem ,,zwischen": Hier ist die Rede von der ,,staatlichen ,Wachstumsdividende' am Ergebnis privater Akkumulation". Die ,,weitlaufig (sic!) anerkannte Soziologie" (S. 23) ist ein anderes hiibsches Beispiel. - Usw. usw.

Sprache und Inhalt sowie Methode sind natiirlich nicht unabhangig voneinan- der. Die schon im auBeren Buchtitel zum Ausdruck gelangende Ungenauigkeit, die beim nichtkundigen potentiellen Kaufer des Buchs den Eindruck erwecken muB, es handele sich um ,, team work" von Goldscheid und Schumpeter, ist auch in manch' anderer Hinsicht zu finden - so etwa in der wiederholten falschen Wiedergabe des ,,Ha,ndbuchs der Finanzwissenschaft" (z.B. S. 21, 39, 380) als ,,Ka,ndwdrterbuch der Finanzwissenschaft", oder in der Kontrastierung (S. 33) von Goldscheid^ ,,Kon-

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zept des ,Staatskapitalismus' " und der ,,sozialdemokratischen Fiskalpolitik der zwanziger Jahre", von der jeder halbwegs finanzhistorisch Unterrichtete weiB, daB es sie iiberhaupt nicht gab. Erwahnenswert ist auch die Bemerkung (S. 21), Gold- scheid^ Beitrag zur ersten Auflage des soeben genannten Sammelwerks ,,wurde 1952 aus der Zweitauf lage herausgenommen und durch einen Beitrag von Herbert Sultan ... ersetzt"; dieser hatte in einem Hinweis ,,die Griinde erkennen (lassen), warum es an der Zeit war, Goldscheid aus der seriosen, sich ,unparteiisch' verstehenden Fi- nanzwissenschaft auszuschlieBen" ! Die Anfuhrungszeichen, mit denen Hickel das Wort ,,unparteiisch" versieht, machen deutlich, daB er fur eine parteiische Finanz- wissenschaft eintritt. Nun, dariiber mag man streiten. Nicht streiten aber laBt sich dariiber, daB bei Neuauflagen von so umfassenden Werken wie dem genannten ,,Handbuch" im allgemeinen nur lebende Autoren herangezogen werden konnen; da Goldscheid bei der Vorbereitung der Neuauflage bereits mehrere Jahre tot war, sahen sich Gerloff und ich (der ich an die Stelle des ebenfalls in der Zwischenzeit verstorbenen Meisel getreten war) gezwungen, nach einem anderen Finanzsoziolo- gen Umschau zu halten. In Anfuhrungszeichen setzt Hickel iibrigens auch die ,,Au- tonomie" der Bundesbank (S. 19). Das ware nicht weiter schlimm, wenn nicht gleich darauf unter vollig irrefuhrendem Hinweis auf ein Gutachten des Wissenschaft- lichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium (Anmerkg. 26) gesagt wiirde, die Bank ubernahme ,,die Funktion staatlicher Stabilisierung (???) bei gleichzei- tiger Umgehung demokratischer legitimierter Wirtschaftspolitik".

Sehe ich von derartigen - sagen wir einmal: MiBverstandnissen ab, so finden sich in der ,,Einleitungu des Herausgebers immerhin gewisse Gedanken, die des Interesses nicht entbehren. Auf der anderen Seite ist jedoch festzustellen, daB Hik- kelf wie so viele andere jiingere Sozialisten bzw. Marxisten (dies in schroffem Ge- gensatz zu Marx selbst), wenig an dogmenhistorischen Kenntnissen mitbringt: Was etwa S. 24 von ihm als neuartige Erkenntnis Goldscheid^ hingestellt wird, haben R. Stourm, G. Jeze, z.T. auch A. Rchqffle vor ihm in gleicher Weise, in mancher Be- ziehung sogar noch eingehender dargestellt. Auch Hinweise auf Galbraith waxen an- gezeigt gewesen.

F. Neumark

Klaus N. Munch: Kollektive Guter und Gebtihren - Elemente einer Gebtih- rentheorie fiir Kollektivgiiter. Eine theoretische und empirische Ana- lyse. Abhandlungen zu den wirtschaftlichen Staatswissenschaften, Bd. 11, hrsg. von Horst Claus Recktenwald. Verlag Vandenhoeck u. Ruprecht. Gottingen 1976. XII, 333 Seiten.

Eine Uberschrift, die kollektive Guter und Gebuhren miteinander zu verbin- den verspricht, darf des uneingeschrankten Interesses der Finanztheorie sicher sein, denn eine Frage gleichen Inhalts ist zumindest bisher nicht untersucht worden. Der Beitrag Milnchs (eine Niirnberger Dissertation, die in haufigen Zitierungen den Namen des Doktorvaters gewiB nicht iiber Gebuhr verschweigt) sollte deshalb in erster Linie am Vorhaben gemessen werden, eine solche Verbindung zwischen Ge- buhrentheorie und der Lehre vom Kollektivgut zu schaffen (S. 18). Ob ihm dies ge- lungen ist, wird die nachfolgende chronologische Behandlung ergeben.

Im ersten Kapitel behandelt Munch in knapper Form die Diskussion urn die Charakterisierung der ,,kollektiven Giiter". Etwas verwundert stellt der Rezensent dabei fest, daB Milnch kategorisch die meritorischen Giiter den Kollektivgutern zurechnet (S. 46) und abweichende Definitionen oder Interpretationen als ,, unrein" (FuBnote 5, S. 45) abtut. Tenor der Uberlegungen ist, daB keine in der Literatur vorgefundene Definition eine zweifelsfreie Abgrenzung zwischen kollektiven und privaten Giitern zulasse.

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