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J A Gesundheit CONSTANCE SCHLEGL,¥ Physiotherapeutih, Wien ' 'f «I . DR. BENJAMIN LOADER, FA für HNO, Wien Die gan^e Welt dreht sicfi verkehrt .E/zw fö« Viertel der über 60-Jährigen, aber auch viele Jüngere klagen über Schwindel Der belastet nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. Was dahintersteckt, wenn sich das Karussell nicht aufhört %u drehen, und was Sie dagegen tun können. TEXT: MANUEL SIMBÜRCER 24 Position www.observer.at Position Achten Sie auf sich! Gesünder Leben Wien, im Juli 2017, Nr: 7/8, 10x/Jahr, Seite: _ Druckauflage: 60 000, Größe: 92,53%, easyAPQ: _ Auftr.: 1161, Clip: 10693797, SB: Physiotherapie Seite: 1/3 Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/3100700*310).

Die gan^e Welt - Physio Austria

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J A Gesundheit

CONSTANCE SCHLEGL,¥

Physiotherapeutih, Wien

' 'f «I . DR. BENJAMIN

LOADER,

FA für HNO, Wien

Die gan^e Welt dreht sicfi verkehrt .E/zw fö« Viertel der über 60-Jährigen, aber auch viele Jüngere klagen

über Schwindel Der belastet nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche.

Was dahintersteckt, wenn sich das Karussell nicht aufhört %u drehen, und

was Sie dagegen tun können. TEXT: MANUEL SIMBÜRCER

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Achten Sie auf sich!Gesünder Leben

Wien, im Juli 2017, Nr: 7/8, 10x/Jahr, Seite: _Druckauflage: 60 000, Größe: 92,53%, easyAPQ: _

Auftr.: 1161, Clip: 10693797, SB: Physiotherapie

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s war plötzlich, von der sprichwörtlichen Sekunde auf die andere. „Ich habe am Schreibtisch gear­beitet, war seit Stunden in gebeugter Haltung", erinnert sich Stefan (30). Gestresst war der da­mals 23-Jährige schon seit Monaten, der Sommer

war geprägt von mehreren Ferialpraktika und der Arbeit an seiner Diplomarbeit. „Ich habe schon früher am Tag gespürt, dass mich immer wieder ein starker Schwindel überkommt, ' der aber nach einigen Sekunden wieder nachließ. Nun aber-fühlte es sich so an, als ob sich ein innerer Schalter umlegen,, würde." Der Raum um Stefan herum fing an, sich zu drehen, vorher langsam, dann immer und immer schneller. Er schloss die Augen, versuchte, ruhig zu atmen. Nichts: Es fühlte sich so an, als sitze er auf einem Karussell, dessen Geschwindig­keit kontinuierlich zunimmt. Dann setzte die starke Übelkeit ein. „Ich konnte mich nicht mal im Liegen zur Seite drehen, konnte keinen Schluck Wasser trinken, ohne mich zu überge­ben. Der Kreislauf war am Ende." Der Zustand hielt mehrere Tage an, der Raum tanzte, während Stefan versuchte, sich auf einen bestimmten Punkt an der Decke zu konzentrieren. Der Hausbesuch des Arztes brachte schnell Klarheit: Akuter Dreh­schwindel durch Ausfall des Gleichgewichtssinnes.

V o l k s k r a n k h e i t . „Schwindel wird zunehmend zur Volks­krankheit", betont Dr. Benjamin Loader, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde in Wien. „Fast jeder Dritte macht in seinem Leben Erfahrung mit mittleren bis schweren Schwin­delanfällen, rund jedem zehnten Besuch beim Hausarzt liegen Schwindelerkrankungen zugrunde." So ist der Schwindel (me­dizinisch: Vertigo) gemeinsam mit Kopfschmerzen die häufigste Beschwerde im Bereich des Nervensystems. Mit zunehmendem Alter steigt auch die Zahl der Betroffenen: Etwa ein Viertel der über 60-Jährigen klagt über häufigen Schwindel. „Die immer

älter werdende Gesell­schaft, aber auch das

zunehmend zu einer ^ S T o S S S ; sowie der damit verbun-

Oft liegt es am denH

e ̂ ™^f sind wichtige Grunde

Mangel an Bewegung." dafür, wieso der Schwindel zu einem

größeren Thema in der Medizin wird", so Loader. Streng genom­men ist Schwindel keine Krankheit, sondern vielmehr ein Sym­ptomkomplex, der sich je nach Art des Schwindels unterschei­det (siehe Infokasten). „Schwindel ist ein Zeichen einer komplexen Diskrepanz zwischen dem Gleichgewichtssinn, dem visuellen System des Körpers sowie dem propriozeptiven Kör­persystem, also Sehnen, Muskeln und Gelenke - und in weite­rer Folge der zentralen Koordinierung dieser gesammelten Reize im Gehirn", erklärt Loader. Vereinfacht ausgedrückt: Mit Sym­ptomen wie etwa Unwohlsein, Schwanken bis hin zum gänzli­chen Verlust der Orientierung im Raum oder auch Übelkeit und Panik ist der Schwindel ein mehr als deutliches Anzeichen dafür, dass wichtige Systeme des Körpers im Ungleichgewicht sind.

Von Durst b i s z u Parkinson. Die möglichen Ursachen für Schwindel sind genauso vielfältig wie das Krankheitsbild. Häu­fig liegen dem Schwindel vestibuläre Ursachen zugrunde: Das heißt, der Vestibularapparat im Innenohr, unser wichtigstes Gleichgewichtsorgan, ist erkrankt, gestört oder sogar gänzlich ausgefallen. Hat der Schwindel nichts mit dem Gleichgewichts­sinn zu tun, sprechen Experten von einem nicht vestibulären Schwindel. Ursachen können hier zum Beispiel Müdigkeit, eine

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Vitalität

/ , FIT MACH MIT!

Übungen gegen den Schwindel Diese drei Übungen können helfen, Schwindelattacken vorzubeugen:

Ibuiig 1: Aufrechte Sitz­haltung. Nicken Sie mit dem Kopf, als ob sie Ja sagen würden, und bewe­gen Sie den Kopf dabei nach links und rechts. 10 bis 20 Sek. lang.

,2: Halten Sie Ihren Zeigefinger mit ausge­strecktem Arm vor sich. Be­wegen Sie den Finger lang­

sam in alle Richtungen oder „zeichnen" Sie Formen in die Luft (einen Achter, Rechteck etc.). Ihr Blick bleibt auf den Finger gerichtet.

Übung 3: Gehen Sre auf einer schmalen Linie und setzen Sie bewusst einen Fuß vor den anderen, ohne dabei von der Linie „zu fal­len".

falsch eingestellte Brille, Alkohol, Drogen, Flüssigkeitsarmut, starker Hunger oder auch eine Schwangerschaft sein. „Auf­grund unseres Lebensstils sind besonders Beschwerden aus­gehend von der Halswirbelsäule sehr häufig", gibt Loader zu bedenken. „Neben Nacken- und Kopfschmerzen kann das so­genannte HWS-Syndrom auch Schwindel nach sich ziehen." Auch sollte man, wenn einen der Schwindel heimsucht, an neurologische Ursachen (u. a. Durchblutungsstörung, Migräne, Kleinhirneikrankungen, multiple Sklerose, Parkinson) sowie internistische Ursachen wie Herz-Kreislauf-Storungen, Arte­riosklerose, Blutarmut, ein niedriger bzw. zu hoher Blutdruck oder Diabetes mellitus denken. „Auch psychologische Probleme wie Stress, Überlastungen oder große Lebensumstellungen können Schwindel verursachen", betont Loader.

Schul- und Alternativmedizin, Meist kommt der Schwin­del plötzlich und in Attacken, nur selten handelt es sich um einen dauerhaften Schwindel. „Man sollte jedoch anhaltende bzw. blitzschnell auftretende Symptome immer beim Arzt ab­klären, um ernsthafte Erkrankungen ausschließen zu können", rät Loader, der aber beruhigend ergänzt: „In den meisten Fäl­len hat der Schwindel gutartige bzw. harmlose Ursachen." Je nach der Ursache wird danach die richtige Therapie gewählt. Loader: „Auf medikamentöser Seite haben sich der Wirkstoff Betahistin sowie die Behandlung mit Ginkgo-Präparaten eta­bliert." Von der langfristigen Dämpfung durch sedierende Me­dikation, so der Experte weiter, sei man bereits vor Jahren abgekommen. Geht es um schnelle Linderung von leichten Schwindelanfällen sowie um die langfristige Unterstützung der Rehabilitation bzw. Mobilisierung, raten manche Experten auch zu homöopathischen Mitteln. „Als wirksam hat sich eine Kombination aus Scheinmyrte, Gefleckter Schierling, Petro­leum und Ambra grisea, dem Walfischdreck, erwiesen."

Physiotherapie. Ist die Akutphase überstanden, erfolgt relativ rasch die Mobilisierung. „Um Schwindel langfristig zu behandeln, sind physiotherapeutische Übungen von großer Bedeutung", betont die Wiener Physiotherapeutin Constance Schlegl. „Darin vermittelte Lagerungs- und Gleichgewichts­übungen helfen, die Körperhaltung zu stabilisieren." Bei Schwindelformen, die durch Beschwerden im Halswirbelsäu-

Cegen Schwindel können Ginkgo-Präparate hilfreich sein.

len-Bereich ausgelöst werden, sind manuelle Behandlungen ein Training der Verbindungen zwischen Nacken und Augen sowie ein spezielles Gleichgewichtstraining zielführend. Bei Störungen des Gleichgewichtsorgans, ist es notwendig, den Gleichgewichtssinn wieder zu stärken und die dazugehörigen Reflexe zu verbessern. Schlegl: „Hier kommen Blickstabilati-onsübungen, Kopfbewegungsübungen, Balanceübungen, Zielbewegungen und Gehübungen zum Einsatz." (Siehe Info­kasten) Ist es eigentlich möglich, Schwindel vorzubeugen? „Schwierig", gibt die Therapeutin zu. Sie rät jedoch zu regel­mäßigen Dehnungs- und Lockerungsübungen (zum Beispiel Schulterkreisen), denn: „Zusätzlich verschlechtern Verspan­nungen im Nackenbereich die Fähigkeit für Blickbewegungen, sodass auch aus diesem Grund Schwindel entstehen kann."

Auf sich achten. Zwei Wochen musste Stefan ins Kranken­haus, auch ihm gelang es mit Medikamenten und Physiothe­rapie, nach und nach seinen Schwindel in den Griff zu bekom­men. Insgesamt dauerte es ein halbes Jahr, bis er vollkommen schwindelfrei durch den Alltag kam. „Ich fühlte mich oft schummrig im Kopf, hatte ständig Panik, einen erneuten Schwindelanfall zu bekommen. Das ist eine große psychische Belastung." Präventiv macht Stefan auch heute noch „so hin und wieder" Gleichgewichtsübungen, auch gönnt er sich ein­mal monatlich eine Massage. „Ich achte jetzt mehr auf mich." Die richtige Einstellung, um mit beiden Beinen sicher im Leben zu stehen - im wahrsten Sinne des Wortes.

ALLES DREHT SICH!

Schwindelarten im Überblick Folgende fünf Schwindelarten werden am häufigsten diagnostiziert:

- Drehschwindel Raum dreht sich, starker

Orientierungs verlust, Übelkeit, Erbrechen, evtl. Tinnitus, Hörverlust, Mi­

gräne, Druck im Ohr

Lagerungsschwindel kurze Drehschwindelat­tacken beim Hinlegen,

Aufstehen, Bewegen des Kopfes. Übelkeit, Erbre­

chen, Benommenheit

Schwankschwindel Benommenheit und

schwankender Boden

(„wie betrunken"), Ge­fühl, immer in Bewegung zu sein, Kopfschmerzen, evtl. Übelkeit, Migräne

Liftschwindel Gefühl, wie in einem Lift schnell „nach oben und unten zu fahren", Kreis­

laufprobleme

Altersschwindel Aufgrund des Alterungs­verlaufs langsamer Pro-zess des Koordinations-

verlusts; Stürze sind häufig

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