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Naunyn-Sct:miedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 238, 542--545 (1960) Aus dem Pharmakologischen Institut (Vorstand: Prof. Dr. H. F. HÄUSLER) und dem Institut für Medizinische Chemie (Vorstand: Prof. Dr. H. LIEB) der Universität Graz Die intracelluläre Lokalisation der Substanz P Von F. LEMBECK und A. HOLASEK (Eingegange~ am 18. März 1960) Der Peptidcharakter der Substanz P macht es unmöglich, auf Grund histoehemischer Methoden Schlüsse über ihre Lokalisation in der Zelle zu ziehen. Da Histamin in Mastzellen (Literatur siehe I~ILEY 1955), Serotonin in enterochromaffinen Zellen (BAKER 1958), Adrenalin und Noradrenalin im Nebennierenmark (Literatur siehe HAGEN 1959) in bestimmten granul/iren Zellelementen gespeichert wird und auch von Acetyleholin angenommen werden darf, daß es in besonderen Partikel- chen vorliegt (PALADE U. PALAY 1954), wurden im folgenden in Zentri- fugat-Fraktionen untersucht, ob auch für Substanz P eine Bindung an bestimmte celtuläre Elemente zutrifft. Methodik Die Untersuchungen wurden mit Katzenhirn-Homogenaten durchgeführt; aus dein Stammhirn wurden 8,0 g entnommen, was aber mit Rücksicht auf die unter- schiedliche Größe der einzelnen Gehirne mehr oder minder auch andere Gehirnteile einschloß. Die Trennung der Zellbestandteile erfolgte im wesentlichen nach den Angaben von BRODY u. BAIN (1952). Alle Präparationen wurden bei 0 bis -~ 5 ° C durchgeführt. In den ersten zwei Versuchen wurde 1 Teil Gewebe zunächst mit der 3lachen Menge 0,29 molarer (10°/0iger) Rohrzuckerlösung homogenisiert und 4 min bei 1500 × g zentrifugiert. Das Sediment wurde zweimal in der 3fachen Menge Rohr- zuckerlösung aufgeschwemmt und unter gleichen Bedingungen zentrifugiert, so daß schließlich 1 Teil Gewebe mit der 9fachen Menge Rohrzuckerlösung gewaschen worden war. Die Trennung zwischen Sediment und überstehender Lösung war jedoch bei dieser etwas dickflüssigen Suspension niemals hinreichend genau möglich, weshalb bei den vier weiteren Versuchen folgender Vorgang gewählt wurde: 8,0 g Katzengehirn wurden mit 24,0 ml Rohrzuckerlösung homogenisiert. Hiervon wurden 8,0 ml (entsprechend 2,0 g Gewebe) mit 2,0 ml n/10 HC1 versetzt und zur Kontrollbestimmung der Substanz P-Menge im Gewebe verwendet (,K"). 20,0 ml (entsprechend 5,0 g Gewebe) wurden mit 30,0 ml Rohrzuckerlösung erneut homogenisiert und 6min bei 800×g zentrifugiert. Das Sediment (,SI") in der Menge von etwa 5 ml wurde mit 5,0 ml n/50 HC1 sorgfältig verrührt und davon je 0,2 ml zur Stiekstoffbestimmung und zur histologischen Kontrolle abgezweigt. Die überstehende Lösung wurde 30 min bei 15000 ×g zentrifugiert. Das Sediment (ù $2") in der Menge von etwa 5 ml wurde mit drei Portionen von insgesamt 8,0 ml n/50 HC1 aus den Bechern gewaschen, erneut homogenisiert und davon je

Die intracelluläre Lokalisation der Substanz P

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Page 1: Die intracelluläre Lokalisation der Substanz P

Naunyn-Sct:miedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 238, 542--545 (1960)

Aus dem Pharmakologischen Institut (Vorstand: Prof. Dr. H. F. HÄUSLER) und dem Institut für Medizinische Chemie (Vorstand: Prof. Dr. H. LIEB)

der Universität Graz

Die intracelluläre Lokalisation der Substanz P Von

F. LEMBECK und A. HOLASEK

(Eingegange~ am 18. März 1960)

Der Pep t idcharak te r der Substanz P mach t es unmöglich, auf Grund

his toehemischer Methoden Schlüsse über ihre Lokal isat ion in der Zelle

zu ziehen. Da H i s t amin in Mastzellen (Li tera tur siehe I~ILEY 1955), Serotonin in enterochromaff inen Zellen (BAKER 1958), Adrenal in und

Noradrenal in im Nebennie renmark (Li tera tur siehe HAGEN 1959) in

bes t immten granul/ iren Zel le lementen gespeichert wird und auch von Acetylehol in angenommen werden darf, daß es in besonderen Part ikel-

chen vor l iegt (PALADE U. PALAY 1954), wurden im folgenden in Zentri-

fuga t -Frak t ionen untersucht , ob auch für Substanz P eine Bindung an bes t immte celtuläre E lemen te zutrifft .

Methodik Die Untersuchungen wurden mit Katzenhirn-Homogenaten durchgeführt; aus

dein Stammhirn wurden 8,0 g entnommen, was aber mit Rücksicht auf die unter- schiedliche Größe der einzelnen Gehirne mehr oder minder auch andere Gehirnteile einschloß. Die Trennung der Zellbestandteile erfolgte im wesentlichen nach den Angaben von BRODY u. BAIN (1952). Alle Präparationen wurden bei 0 bis -~ 5 ° C durchgeführt.

In den ersten zwei Versuchen wurde 1 Teil Gewebe zunächst mit der 3lachen Menge 0,29 molarer (10°/0iger) Rohrzuckerlösung homogenisiert und 4 min bei 1500 × g zentrifugiert. Das Sediment wurde zweimal in der 3fachen Menge Rohr- zuckerlösung aufgeschwemmt und unter gleichen Bedingungen zentrifugiert, so daß schließlich 1 Teil Gewebe mit der 9fachen Menge Rohrzuckerlösung gewaschen worden war. Die Trennung zwischen Sediment und überstehender Lösung war jedoch bei dieser etwas dickflüssigen Suspension niemals hinreichend genau möglich, weshalb bei den vier weiteren Versuchen folgender Vorgang gewählt wurde:

8,0 g Katzengehirn wurden mit 24,0 ml Rohrzuckerlösung homogenisiert. Hiervon wurden 8,0 ml (entsprechend 2,0 g Gewebe) mit 2,0 ml n/10 HC1 versetzt und zur Kontrollbestimmung der Substanz P-Menge im Gewebe verwendet (,K"). 20,0 ml (entsprechend 5,0 g Gewebe) wurden mit 30,0 ml Rohrzuckerlösung erneut homogenisiert und 6min bei 800×g zentrifugiert. Das Sediment ( ,SI" ) in der Menge von etwa 5 ml wurde mit 5,0 ml n/50 HC1 sorgfältig verrührt und davon je 0,2 ml zur Stiekstoffbestimmung und zur histologischen Kontrolle abgezweigt. Die überstehende Lösung wurde 30 min bei 15000 ×g zentrifugiert. Das Sediment (ù $2") in der Menge von etwa 5 ml wurde mit drei Portionen von insgesamt 8,0 ml n/50 HC1 aus den Bechern gewaschen, erneut homogenisiert und davon je

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0,2 ml zur Stickstoffbestimmung und zur histologischen Kontrolle entnommen. Die überstehende Lösung dieses 2. Zentrifugates ( ,U2") wurde nur in den ersten zwei Versuchen auf Substanz P untersucht. Da sich jedoch in keinem Falle nach- weisbare mengen ergaben und diese aus der Differenz zwischen den Sedimenten (S 1 + $2) und der Kontrolle (K) auch nicht zu erwarten war, wurde in den weiteren Versuchen nur die Stiekstoffbestimmung und die histologisehe Kontrolle durch- geführt.

In der histologischen Untersuchung enthielt S 1 ein Gemenge aller Zellbestand- teile, $2 neben reichlich Granula in der Größe von Mitoehondrien nur ganz ver- einzelt Kerne und U2 nur methylenblaugefärbte Teilchen in der Größe von Mikrosomen.

Tabelle

Nr. I Einheiten Substanz P/g Gewebe

S1 $2 IS1~ $2 U2

Substanz P ] in S1A- $2 in °le von K

Einh. Subst. P/mg Protein

$1 $ 2 U 2

Mittelwerte

61,0 66,0 41,0 69,0 56,0 33,5

54,4

18,6 28,1

9,8 10,4 10,4 8,7

14,3

31,8 50,6 23,4 51,6 21,0 30,8 48,0 58,4 34,9 45,3 21,6 30,3

30,2 44,5

(lO,4) (14,5) (lO,2) (lO,6) (lO,7) (3,2)

(9,9)

83 78 74 85 81 91

79

0,35 0,61 0,36 0,31 0,35 0,28

0,38

1,13 0,83 0,53 0,73 0,57 0,38

0,70

(0,61) (0,44) (0,49) (0,77) (0,32) (0,12)

(0,46)

Die salzsauren Fraktionen K, S 1 und S 2 wurden 2 min auf dem kochenden Wasserbad erhitzt und anschließend mit n NaOH auf pH 5,4 gebracht. Die dabei ausfallenden Proteine wurden abzentrifugiert und die klare überstehende Lösung auf Substanz P-Gehalt geprüft. Diese Bestimmungen erfolgten am Meerschwein- ehenileum in Tyrode-Lösung, der je 0,1 #g/ml Atropin, Neo-Antergan und Lyserg- säurediäthylamid zugesetzt worden war. Den Vergleichs-Standard (5,6 E/mg) der Substanz P verdanken wir Herrn Dr. E. KEI¢SCEBAU•, Fa. Sanabo, Wien.

Ergebnisse

Die in der Tabelle dargestellten Ergebnisse zeigen, daß in (S 1 A- $2) insgesamt 79 (74--91)°/0 der in K ermittelten Substanz 1)-Menge ent- halten ist. Wie sich aus der Differenz zwischen der Kontrolle und den beiden Sedimenten errechnen läßt, konnten in U2 daher nicht mehr als durchschnittlich 10 E/g Substanz P, d.h. höchstens 0,25 E/ml U2 ent- halten sein; diese geringe Menge ist aber nicht mehr nachweisbar, und es wurden daher die nur rechnerisch ermittel ten Werte für U2 in K lammer gesetzt, da es ebenso gut möglich ist, daß ein Teil der Substanz 1) bei der Aufarbeitung verloren gegangen ist. In $2 war jeweils die größte Sub- stanz 1)-Menge enthalten, nämlich durchschnittlich doppelt soviel wie in S1.

Auf den 1)roteingehalt bezogen, enthält S 2 doppelt soviel Substanz 1 ) wie S 1. Die auf den 1)roteingehalt berechneten Einheiten Substanz 1) in der Frakt ion U2, die ebenfalls nur unter der Voraussetzung, daß kein

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Verlust beim Zentrifugieren eingetreten ist, als reell bezeichnet werden könnten, liegen durchschnittlich zwischen den Werten von S 1 und $2; in einem Versuch, wo die Substanz P-Ausbeute in S 1 und $2 besonders hoch war (Versuch 6), ergibt sich jedoch ein wesentlich kleinerer Sub- stanz-P-Gehalt pro Milligramm Protein dieser Fraktion.

Diskussion Die Fraktion, mit weicher die Mitochondrien sedimentieren ($2),

enthält sowohl absolut wie auch auf den Proteingehalt bezogen, etwa 2/a der gesamten sedimentierenden Substanz P-Menge. Da die erste Frak- tion ($1) neben Kernen auch granuläre Zellbestandteile miteinschließt, ist es wahrscheinlich, daß das Drittel der darin enthaltenen Menge der sedimentierenden Substanz P in diesen Granula lokalisiert ist. Auch BI~ODY u. BAIN (1952) erwähnten, daß die Fraktionierung der Zell- bestandteile von Gehirngewebe viel weniger scharf als bei Lebergewebe ist. Wie die Berechnung ergab, ist die Substanz P-Menge in U2 im direkten ~achweis nicht erfaßbar. Dies läßt die Frage offen, ob dieser scheinbare Gehalt in U2 nicht in Wirklichkeit auf einen Verlust bei der Aufarbeitung zurückgeht. Selbst wenn der etwa 2 Std dauernde Arbeits- gang bei niederer Temperatur durchgeführt wurde, muß doch berück- sichtigt werden, daß im Gehirn Substanz P-abbauende Enzyme enthalten sind (EBE~ u. L]~MBECK 1956).

In Analogie zu den erwähnten biogenen Aminen kommt somit Substanz P ebenfalls in granulären Zellelementen vor. Bei allen diesen Substanzen scheint diese Bindung die Voraussetzung für eine Speicherung zu sein. Die granuläre Bindung bedeutet wahrscheinlich auch einen Schutz der Substanz P vor den im Gehirn vorkommenden Proteinasen (ANSELL U. I~ICHTER 1954), wofür auch der Umstand spricht, daß Substanz P bei Inkubat ion mit Gehirnhomogenat einem enzymatischen Abbau unterliegt (E~]~R u. LEM]~ECK 1956). Diese Lokalisation wirft ferner auch bei Substanz P die Frage nach dem Abgabemechanismus aus solchen Granula auf; bisherige Befunde ließen zwar unter verschiedenen experimentellen Bedingungen Änderungen des Substanz P-Gehaltes des Gehirns erkennen (ZETLER U. OHNESORGE 1957; KocI6-M2rRov/O 1959), ohne aber zu erklären, ob dies auf eine geänderte Geschwindigkeit des Auf baues bzw. der Abgabe zurückzuführen ist.

Zusammenfassung

Beim fraktionierten Zentrffugieren von Katzenhirnhomogenaten sedimentieren 4/5 der Substanz P-Menge. Etwa 2/a der sedimentierten Menge fand sich in der Mitochondrien-Fraktion, x/a im Zelldetritus. In der überstehenden Lösung war Substanz P nicht nachzuweisen. Die Mito- chondrien-Fraktion enthielt auch, auf Protein bezogen, die größte Menge Substanz P.

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Dozent Dr. F. L~~B~CK, Pharmakologisches Institut der Universität, Graz/Österr.