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43 Die Konstitution des Cellulose-xanthogenates; von Th. Lieser. Mit 1 Figur im Text. [AUB dem Chem.-Techniechen Laboratorium der Techn. Hochschule Munchen.] (Eingelaufen am 27. April 1928.) Die ungemein gro6e wirtschaftliche Bedeutung, die sich der ViscoseprozeS in der Kunstseidenindnstrie er- worben hat, laDt auch die endgiiltige Klarung der wissen- schaftlichen Grundlagen erwiinscht erscheinen. Uiese vollige Klarstellung der chemischen Seite der Viscosefabrikation ist bis heute trotz vieljahriger eifriger Bemuhungen nicht erfolgt. Insbesondere besteht keine Klarheit uber die Zn- sammensetzung des bei der Viscosereaktion primiir ent- stehenden Cellulosederivates. Uer Qrund hierfur liegt in der Unmiiglichkeit, das reine Cellulose-xanthogenat un- mittelbar aus seinen Komponenten zu synthetisieren. Bei der tiblichen Uarstellung des Cellulose-xanthogenates aus Cellulose, Natronlauge und Schwefelkohlenstoff verlaufen neben der Bildung des Cellulosederivates eine Anzahl von Nebenreaktionen. Hauptsachlich die Umsetzung des Schwefel- kohlenstoffs mit Natronlauge zu Trithiocarbonat und der weitere Zerfall dieser Verbindung haben eine Verunreini- gung des eigentlichen Natrium-cellulose-dithiocarbonskre- esters mit schwefelhaltigen Produkten zur Folge, wodnrch eine einfache Erkennung der Zusammensetzung des Cellu- loseabkiimmlings zur Unmoglichlieit wird. 6NaOH + 3CS, + 2Na,CS, + Na,COI + 3H,O, Pu’a,CS, + 2 H,O + H,CS, + 2 NaOH , 0. C,H,O, . NaOH H,CS, -+ H,S + CS,. I u=s \s . Na Man ist daher vor Analyse des Cellulose-xanthogenates auf die Beseitigung der Verunreinigungen angewiesen, nnd man hat zu diesem Zweck mehrfach Reinigungsverfahren

Die Konstitution des Cellulose-xanthogenates

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Page 1: Die Konstitution des Cellulose-xanthogenates

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Die Konstitution des Cellulose-xanthogenates; von Th. Lieser.

Mit 1 Figur im Text.

[AUB dem Chem.-Techniechen Laboratorium der Techn. Hochschule Munchen.]

(Eingelaufen am 27. April 1928.)

Die ungemein gro6e wirtschaftliche Bedeutung, die sich der ViscoseprozeS in der Kunstseidenindnstrie er- worben hat, laDt auch die endgiiltige Klarung der wissen- schaftlichen Grundlagen erwiinscht erscheinen. Uiese vollige Klarstellung der chemischen Seite der Viscosefabrikation ist bis heute trotz vieljahriger eifriger Bemuhungen nicht erfolgt. Insbesondere besteht keine Klarheit uber die Zn- sammensetzung des bei der Viscosereaktion primiir ent- stehenden Cellulosederivates. Uer Qrund hierfur liegt in der Unmiiglichkeit, das reine Cellulose-xanthogenat un- mittelbar aus seinen Komponenten zu synthetisieren. Bei der tiblichen Uarstellung des Cellulose-xanthogenates aus Cellulose, Natronlauge und Schwefelkohlenstoff verlaufen neben der Bildung des Cellulosederivates eine Anzahl von Nebenreaktionen. Hauptsachlich die Umsetzung des Schwefel- kohlenstoffs mit Natronlauge zu Trithiocarbonat und der weitere Zerfall dieser Verbindung haben eine Verunreini- gung des eigentlichen Natrium-cellulose-dithiocarbonskre- esters mit schwefelhaltigen Produkten zur Folge, wodnrch eine einfache Erkennung der Zusammensetzung des Cellu- loseabkiimmlings zur Unmoglichlieit wird. 6NaOH + 3CS, + 2Na,CS, + Na,COI + 3H,O, Pu’a,CS, + 2 H,O + H,CS, + 2 NaOH , 0 . C,H,O, . NaOH

H,CS, -+ H,S + CS,. I u = s \s . Na

Man ist daher vor Analyse des Cellulose-xanthogenates auf die Beseitigung der Verunreinigungen angewiesen, nnd man hat zu diesem Zweck mehrfach Reinigungsverfahren

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44 L i e s e r ,

ausgedacht. C r o s s und B e v a n , die Entdecker des Cellu- losexanthogenates, gaben auf Grund ihrer Reinigungs- methodik dem bei der Viscosereaktion primar entstehenden Xanthogenat die Forlnel I. Auf ein CS, entfallen also ein C,H,,O, und zwei Na, davon eines in Form von SaOH additiv gebunden. Die Reinigungsmethode der englischen Forscher bestand darin, daO sie Viscose mittels Alkohol ausflllten, mittels Alkohol durchkneteten und trockneten. Indessen gelangten andere Autoren l) auf Grnnd der gleichen Methodik nicht zu denselben Resultaten, und es erscheint begreif lich, daS j e nach den Ausfallungsbedingungen Pro- dukte sehr wechselnder Zusammensetzung erhalten werden konnen. Verschiedene Autoren folgerten aus den schwan- kenden Ergebnissen der Reinigungsmethoden, sowie aus der Tatsache, daB man in der Praxis der Sulfidierung mit wesentlich weniger Schwefelkohlenstoff auskommt, als der C r o s s chen Theorie entspricht, daD stbchiometrische Ver- hlltnisse bei der Viscosereaktion nicht herrschen, da6 also j e nach den Reaktionsbedingungen auf ein CS, ein bis mehrere CellnloseLquivalente C, . . . kommen. SchlieBlich hat anch die Auffassung, die Viscosereaktion sei iiberhanpt kein chemischer, sondern ein rein kolloidchemischer Vor- gang, Vertreter g e f n n d e ~ ~ )

Nachdem auch in dieser Arbeit erneut vergebens ver- sucht worden war, das reine Cellulose-xanthogenat BUS seinen Komponenten zu synthetisieren, wurde versucht, eine Methode zu schaffen, die es gestattet, alle Verunreini- gungen des rohen Cellulose-xanthogenates zu beseitigen und zu einem analysenreinen einheitlichen Produkte zu gelangen. Die Reinigungsmethodik mud der Unbestandig- keit des Cellulose-xanthogenates, vor allem in Losung, seiner Empfindlichkeit gegen Sauren, auch die schwlchsten

I) W o l f f e n e t e i n u. o s e r , B.56, 758 (1923); E Heueer u. Schueter , Celluloeechemie 7, 17 (1926); W e s t h o f f , Diseertation Hannover, 1911.

3 E. Berl u. B i t t e r , Celluloeechemie 7, 137 (1926). s, K i t s , T o m i h i e a u. I w a s a k i , Ref. Celluloeechemie 6, 167

(1925); K. L e u c h e , Ch. Z. 47, 801 (1923).

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Die Konstitution des Cellulose-tanihogenates. 45

und schlie0lich dem kolloidalen Charakter des Cellnlose- abkommlings Sorge tragen. Dementsprechend sollts die Reinignng des rohen ungeliisten Faserxanthogenates erstrebt werden nnter Vermeidnng jeglicher Sanreeinwirknng.

Behandelt man das faserformige rohe Cellnlose-xantho- genat mit reinem Athylalkohol, so lassen sich die in die Fasern innig eingebetteten Verunreinignngen selbst bei stnndenlanger Waschung nicht vollig in Losnng bringen. Ganz anders jedoch ve rha t sich der dem Wasser vie1 naher stehende Methylalliohol. Das Experiment ergab, daS absolutes reines Methanol imstande is t, bei wiederholter Einwirkung samtliche dnrch Xebenreaktion entstandenen schwefelhaltigen Prodnkte, sowie die im UberschnS vor- handene Natronlauge leicht und vollig in Losnng zn bringen iind dabei das Natrium-cellnlose-dithiocarbonat bei geeig- neter Einwirkungsdauer in takt zu lassen. Das primlire reine Natrinm-cellulose-dithiocarbonat wird in der Faser- form der nrspriinglichen Banmwolle und in sehr achwach griinlich-gelber Farbnng erhalten. Die zahlreicben Analysen des absolut trocknen reinen Xanthogenates ergaben, da6 demselben die folgende Znsammensetznng znkommt:

.(;. C,H,O, .C,H,”O,

\S.Na 76,6 ,, Cellulose

15,l Proc. S 5,45 ,, Na

Die Analyse ergibt einen Natriumgehalt von 7 bis 7,5 Proc. Ob dieses Plus an Natron adsorptiv festgehalten oder als Rest einer dddition von NaOH an das Xantho- genat angesehen werden muO, la0t sich auf Grund der an- gewandten Reinigungsmethode nicht entscheiden. Die Fahigkeit zur Addition besitzt das Xanthogenat, wie spater noch dargetan werden wird.

Gemal3 der obigen Formel reagiert also nicht, wie von den Entdeckern der Verbindnng angenommen, ein CS, mit ein C,H,,O,, sondern C,,H,,O,, reagiert wie eine Einheit mit einer Hydroxylgruppe. Durch diese Befnnde erfahren die Anschanungen K a r r e r s nnd Viewegs , wonach der Alkali- cellnlose eine Molekiilverbindung (C,H,,O,) 2 .XaOH zugrunde liegt, eine beweiskraftige Stiitze. Des weiteren erscheint

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46 Liever , nunmehr das bis heutigen Tags in der Fachliteratur viel diskutierte Rlitsel gelost, weshalb man bei der Sulfidierung mi t wesentlich weniger Schwefelkohlenstoff auskommt, als der Crosschen Theorie entspricht. Diese verlangt 47 Proc. der angewandten Menge Cellulose an Schwefelkohlenstoff, wahrend man in der Praxis mi t etwa 30-36 Proc. sulfi- diert. Uas reine Xanthogenat der obigen Zusammensetzung erfordert 23,6 Proc. Schmefelkohlenstoff, so daD fast ein Drittel des angewandten Schwefelkohlenstoft's fur die un- vermeidlichen Nebenreaktionen verbraucht wird.

Wahrend also in das persulfidierte Natrium-cellulose- xanthogenat nicht mehr als ein CS, pro zwei C,H,,O, ein- gefiihrt werden kann, wenigstens nicht unter den normalen Blercerisierungsbedingungen, lassen mehrere der nnten anf- gefiihrten Versuche die auch theoretisch zu erwartende Wahrscheinlichkeit offen, daS j e nach den Sulfidierungs- bedingungen weniger a19 1 Mol CS, mit 2 Mol C,H,,O, in chemische Bindung tritt. Such solche unvollstandig sulfi- dierten Xanthogenate besitzen Loslichkeit in verdiinnter Natronlauge, da die Viscosereaktion, wie aus dem Reife- prozeD der Viscose hervorgeht, von einem kolloid-dispersen Zerfall der Cellulose begleitet ist.l)

Es erschien naturlich verlockend , die Eigenschaften des primaren reinen Natrium-cellulose-dithiocarbonats zu studieren. Bemerkenswert ist zunachst, daS das reine Cellulose-xanthogenat wesentlich langer haltbar ist, als das rohe Xanthogenat, das seine Loslichkeit in etwa 14 l'agen einbiilt. Die Haltbarkeit der reinen Losungen in Natron- leuge steigt mit der Konzentration der Katronlange bis zu 7 Proc., um von da sb wieder zn fallen. Diese Haltbarkeit als chemische Intaktheit angesehen, ist indes nur eine scheinbare. Reines Cellulose-xanthogenat, das in viel 7-8-proc. Lauge anfgelost wnrde, zeigt iiberhanpt keine SynhLresis im Lanfe der Zeit. Aber die Cellulose des Systems erleidet eine Verlnderung: sie geht in die alkalilosliche Form uber, in die sogen. Cellnlose A. JXese --.

') E. Berl u. B i t t e r , a. 8.0.

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Die X'oastitution des Cellulose-zanthogenates. 47

zeigt nur ein sehr geringes Reduktionsvermogen gegen Feh l ingsche Losung. Der gleiche Ubergang in Cellu- lose A findet statt, wenn das reine Cellulose-xanthogenat in absolut trocknem Zustand aufbewahrt wird. Dieser Ubergang der negativen Cellulose in Cellulose A kann nur unter dem EinfluS des gebundenen Natriums erfolgen; er- setzt man dieses durch andere Netalle, so verandert sich die Cellulose nicht. Wir haben hier erstmalig einen Uber- gang von gewachsener Cellulose in ein kaum reduzierendes Spaltstiick unter dem EinfluO von Alkali, wahrend bisher dieser Ubergang nur in saurem Medium bewirkt werden konnte. Nicht reduzierende Spaltstiicke der Cellulose diirften, wie das kiirzlich erneut hervorgehoben wurde l), von Bedeutung werden fur die Erforschung der Konsti- tution der Cellulose.

Uas reine Cellulose-xanthogenat wurde verschiedenen Bewirkungen unterworfen, um seine Natur endgultig zu beweisen.

Schon C r o s s und B e v a n vermnteten, da6 Viscose nach Ansanern mit Essigsaure mit Jod reagiere unter Bil- dung eines Disulfids :

Cell\ ,y' + 25 --t ,y. S = C + 2 N a J . \S.Na \S-- S/

Nachdem hier das reine Cellulose-xanthogenat zur Ver- fiigung stand, konnte das hypothetische Uisulfid leicht in analysenreinem Znstand erhalten werden. E s entsteht bei der Behandlung des Xanthogenates mit Jod schnell und quantitativ, wobei wieder - ein interessantes Beispiel einer topochemischen Reaktion - die Faserform der Baum- wolle erhalten bleibt. Das Disnlfid stellt einen schwach gelb gefiirbten, in allen Losungsmitteln unloslichen bestan- digen Korper dar. Durch Natrium-amalgam lL6t sich das Disulfid wieder in das Natrium-cellulose-xanthogenat zu- ruckverwandeln.

Die Stellnng des Natriums im Cellulose-xanthogenat

*) K. Freudenberg u. Braun, A. 460, 288 (1928).

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48 J icser ,

wird weiter bewiesen durch leichte Anstauschmoglichkeit durch Radikale und andere Metalle. Zahlreiche Versuche, das Natrinm durch Alkyl zu ersetzen, fiihrten nicht zum vollen Erfolg. Dimethylsulfat ist zur Methylierung un- geeignet. LaSt man Jodmethyl in alkoholischer Losung auf das Faserxanthogenat einwirken, so tritt fast augen- blicklich Reaktion auf. Im Reaktionsprodnkt ist jedoch nnr etwa 'I, des theoretischen Methylgehaltes enthalten, wahrend gleichzeitig der Schwefelgehalt nm ' I , gesunken ist nnd kaum noch Natrium vorhanden ist. Man mnO also eine Konkurrenz der verschienenen Reaktionen annehmen, eine teilweise Methylierung, eine teilweise Disnlfidbildung und eine teilweise Hydrolyse. Letxtere findet auch bei Einwirkung von Benxylchlorid anf Xanthogenat statt, so daD anch die Benzylierung nicht zn einem einheitlichen Prodnkt fiihrt.

Die Bemuhungen, das Natrinm des Cellulose-xantho- genates durch andere Metalle zu ersetzen, waren in vielen Fallen erfolgreich. E s wnrde meist so verfahren, daS auf das absolut trockne reine Cellulose-xanthogenat neutrale Metallsalzlosungen, gewohnlich in konx. Form, gegeben wurden, wobei in wenigen Minuten die entsprechenden Metall-cellnlose-xanthogenate sich bilden. Die Reaktionen erfolgen wieder unter Beibehaltnng der Faserstruktnr. Die naturliche Farbung aller Schwermetallsalze des Celln- lose-xanthogenates ist schwach gelb. Bei solchen Metall- salzen, die mit Natriumhydroxyd, das, wie erwahnt, noch zn etwa 2 Proc. im reinen Cellulose-xanthogenat vorhanden ist, gefarbte Hydroxyde ergeben, wird die schwach gelbe Farbung verdeckt durch die Farbe des Hydroxyds. Ent- sprechend der Wertigkeit der Metalle sind ein oder meh- rere Xanthogenatreste mit dem Metallatom verbunden.

Interessanterweise 1aOt sich das Ferrisalz des CelIn- lose-xanthogenates mittels Ferrisnlfat nicht darstellen. Es tritt nur sehr wenig Eisen in das Xanthogenat ein, wah- rend zur Hauptsache, ahnlich der Oxydation mit Jod, Ui- sulfidbildnng erfolgt. Qanz anders wie die ubrigen Schwer- metalle verhalt sich Quecksilber. LLBt man gesgttigte

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Bie Konsiitution des Cellulose-xanthogenates. 49

Mercnrichloridliisung aaf das reine Cellnlose-xanthogenat einwirken, so werden xwar 2 Natriumatome dnrch Queck- silber ersetzt unter Zusammentritt zweier Xanthogenat- rcste, aber gleichzeitig werden noch mindestens 2 HgC1, addiert. Hierin muB eine Neigung des Cellulose-xantho- genates zu Sdditionen gesehen werden. Das faserformige Qnecksi1ber"-cellulose-xanthogenat stellt einen gelblichen Korper dar, der sich am Lichte schnell dunkel fiirbt.

Die Bemiihungen, das znr Xanthogenatbildnng fahige Hydroxyl der Cellulose zu ermitteln, waren bisher ohne Erfolg; diese Versuche werden fortgesetzt.

Beschreibung der Versuche. Darstellung chemisch reiner Cellulose: Ungebleichtes Baamwoll-

garn wurde rnit 0,l n-wii6riger Chlordioxydloeung 24 Stunden in einer brannen P u l v d a s c h e behandelt, abfiltriert, mit Wasser gewaachen nnd 2 Stunden rnit l-proc. Natronlauge in der Wiirme unter Luft- abschlu6 digeriert. Es wurde abfiltriert, gewaachen nnd die Chlor. dioxyd- nnd Natronbehandlung wiederholt. Die griindlich ansgewaschene und bei 105' getrocknete Baumwollcellulose zeigte eine Kupferzahl von 0,08 und einen Aachegehalt von 0,002 Proc.

Mercerisierlauge: Carbonatfreie Lauge von 18,O Gewichteprocent BUS Natriumhydroxyd aus Natrium (Kahlbaum).

Darstellung des reinen Natrium-cellulose-dithiocarbonates. 0,766 g absolut trockne Celluloee wird in einer kleinen Pnlver-

flaeche mit Glasetopfen 2 Stunden mit 18,O-proc. Natronlauge merce- risiert, auf einer sehr kleinen Nutsche und zwischen Filtrierpapier ab- gepredt, mittels 2 Pinzetten schnell in einzelne Fiiden zereupft und in eine 50-ccm-Pulverflaache mit gut eingeschliffenem Stijpeel gegeben. Ee werden 0,56 ccm CS, zugefugt und uber Nacht bei etwa 1 1 - 1 3 O etwa 15 Stunden stehen gelneeen. Am folgenden Morgen wird die orangefarbene zueammengesunkene Masse in der Pulverflasche mit je 30-40 ccm absolutem reinen Methanol mehrmale von Haud ge- echiittelt unter jeweiligem Abfiltrieren auf einer peesenden , Nntsche. Das stark quellende und eusammenfileende Faserxanthogenat wird mittele einee Porzellanloffels etets quantitativ i n die Flasche zuriick- gebracht. Die Reinigung wird so oft wiederholt, bie das in der Saug- flaeche befindliche Filtrat vollkommen farbloe geworden ist. Dies ist bei der oben beechriebenen Sulfidierungeart in 15-20 Minuten nach 5 maliger Reinigung rnit j e 30-40 ccm Methanol der Fall. Die B e urteilung der Farbloeigkeit erfolgt in Durchsicht einer dicken Schicht

Annalen der Chemic 464. Band. 4

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50 L i e s e t ,

in der Saugtlssche, wobei natiirlich die vorhergehenden Filtrate entfernt und die Flasche gereinigt sein muJ3. Das Fsserxanthogenat wird bereits bei der 2. bie 3. Behandlung mit Methanol schwach gmnlich- gelb, und die gefirbten Verunreinigungen der letzten Filtrate ent- stammen dem Innern der Fasern. Bisweilen filtrieren die letztcn Be- handlungen schlecht durch das wiederholt verwendete Filter. Man erncuert dann das Filter oder nimmt erforderlichenfalls ein etwas groEeres. Nach beendeter Reinigung wird das dem Xanthogenat an- haftende Methanol in der Pulverflasche durch Ather verdriingt unter hiiufigem Dekantieren durch eine weitporige Schottnutsche. Nach 1-2 Stunden wird das Xanthogennt schnell in ein hohes Wiigeglas gegeben und dieses in eincn starkwandigen Zylinder gestellt. Der Zylinder wird rnit einem Gummistopfen verschlossen. Durch diesen fiihren zwei Glasrohren, deren eine unmittelbar unter dem Stopfen endet, und deren andere bis auf den Boden des Wtigeglasee fuhrt. Das Xanthogennt wird unter langsamem Zufahren absolut getrockneter Luft bei gewahnlicher Temperatur im Vakuum getrocknet. Sach etwa 2-3 Stunden ist anniihernd konstantes Gewicht von 1,03 g erreicht. Das Xanthogenat wird in ‘2 oder 4 gleiche Teile geteilt und diese zur Analyse gebracht. Daa Natrium wird bestimmt als N%SO, durch Ver- aschung dea Xanthogenates mit Schwefelsaure, oder auch nach Zer- eetzung dee Xanthogenatee mit n-Schwefeleaure in der Wiirme durch Riicktitration mit n-Natronlauge. Zur Bestimmung des Schwefels wird das Xanthogenat in 4-prOC. Natronlauge aufgelgst, waa mehrere Stunden erfordert, rnit so vie1 Brom vemetzt, dtrS die Losung goldgelb ist und dann auf dem Waseerbad einige Minuten erhitzt. Ea wird mit ver- diinnter Salzsaure angesauert bis zur Dunkelrotfirbung und das uber- schussige Brom durch Kochen vejagt. Die gebildete Schwefelsaure wird in Iiblicher Weise mit Chlorbarium gefiillt. Bei genauer Innc- haltung der oben gegebenen Vorschrift schwanken die Analysenergeb- nisse um etwa f 0,6 Proc. Die Durchschnittaanalyse von 10 wie oben beschrieben hergeetellten Xanthogenatpriiparaten ergab, bezogen auf ein Gewicht von 1,000 g:

76,6 Proc. Cellulose; 14,8 Proc. Schwefel; 7,42 Proc. Natrium.

Bestandigkeit des teinen ~aCrium-cellw’ose-dithiocarb~nats p g e n Methanol.

0,766 g Cellulose wurden, wie oben beschricben, mercerisiert und sulfidiert. Das Rohxonthogenat wurde bis zur volligen Farblosigkeit mit Methanol gereinigt, wozu 16 (19) Minuten erforderlich waren. Es wurde weitere 32 (38) Minuten rnit Methanol in 3 Bortionen behandelt und der Alkohol wie oben durch Ather verdriingt. Nach Trocknung betrug das Gewicht des Xanthogenntes

0,990 (0,992), 0,495 (0,496) g Subst.: 0,100 (0,097) g NhSO, entspr. 6,48 (6,27) Proc. n-Na. - 0,495 (0,496) g Subst.: 0,443 (0,441) g BaSO, entspr. 12,2 (12,2) Proc. S.

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Die Konstitution des Cellulose-xanthogenates. 51

Ve r s c h i e d e n a r t i g e S u1 f i d i e r un g. In der folgenden Tabelle sind die Ergebniese von Ver-

snchen, in denen die Sulfidiernngsbedingungen hinsichtlich angewandter Schwefelkohlenstoffmenge, Temperatur und Sulfidierungszeit variiert wurden, niedergelegt. Die Rei- nigung der rohen Xanthogenate wurde stets dann unter- brochen, wenn das E'iltrat vollkommen farblos geworden war. Die Analysen sind stets auf das theoretische Xan- thogenatgewicht 1,000 g bezogen. Angewandt je 0,776 g

"0

Cellulose. _ _ ~ _ _ _ - - (1 Sulfidierung

O l O

15,5 15,7 18,2 14,2 14,7

13,6 15,4

_- h 3 z .s s. 14 3

15 28

6 6

14 4 8

17

Q

-_-

8,0 8,2 8,R 7,7 8,l

7,8 8,O

-- Reinigung

6

7 8

$ $ @ __ ..

8

7 8 3 4 4

4 5

18 0,28 17 0,28 14

0,28 0-1,

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45 50 8 9 9

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1,050 1,058 1,040 1,035 1,032

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6 0,513

0,525 0,529 0,520 0,517 0,516

0,514 0,523

-. ~

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:6 72

%PI 0

0,553

0,564 0,572 0,481 0,517 0,535

0,495 0,562

~ _.__ 0,120

0,124 0,126 0,128

0,125 0,119

0,120 0,123

B e m e r k u n g e n : Zu 2. Xauthat dunkelrotbraun, mit Methanol nicht quellend und schwer liltrierend. Zu 3. GroBe Filtrierschwierig- keiten. Zu 4. Xanthat mit Methanol gut quellend. Zu 6. Xanthat mit Methanol etwas quellend. Zu 8. Xanthat schwach orange, mit Methanol nicht quellend.

Yersude , das reine Cellulose-ranthogenat aus oehen Komponeritcn zu yrithetisieren.

1. 0,766 g Baumwollcellulose wurden wie iiblich in Alkalicelluloae iibergefiihrt und dieee in einem kontinuierlichen W h c h e r l) mit ab- solutem Athylalkohol 1 Stunde ausgewaechen. Der Alkohol wurde durch Ather verdriingt und im Vakuum bei Zimmertemperatur unter Ausechluk? von Kohlenaaure getrocknet. Ee wnrde in ewei gleiche Teile geteilt und in der einen Halfte der Natrongehalt durch Titration

l) B a e e o w u. W a d e w i t z , J. pr. 106, 266 (1923). 4'

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52 L i e s e r ,

mit n-H,SO, bestimmt. Ee wurden verbraucht 1,25 ccm n-H,SO,, entspr. 1,0 g NaOH gleich etws 13 Proc. NaOH. Die andere Halfte wurde mit Schwefelkohlenatoff versetzt und 12 Stunden eulfidiert. Es trat keine Lijelichkeit ein.

2. 3,766 g Cellulose wurden wie ublich mercerisiert und die Alkrlicelluloae zweimal wiihrend einiger Minuten mit Alkohol in einer Pulverflaeche geachiittelt.. Der Alkohol wurde durch Ather verdriingt und wciter wie vorhin verfahren. Die eine Hilfte der getrockneten Alkalicellnlose verbrauchte l ,75 ccm n-H,SO,, cntspr. 18,3 Proc. NaOH. In der anderen Htilfte tmt nach Zuastz von Schwefelkohlenstoff keine Lijalichkeit ein.

Synhiiresc reiner Xanthogenatliisirngen in Aatronlavge. 0,766 g Baumwollcelluloee wurde nach der oben ge-

gebenen Vorschrift in reines Xanthogenat ubergefuhrt und dieses zu einer 7-yroc. Lijsung in 14,3 ccm carbonatfreier Natronlauge steigender Konzentration gelost. Die Losungen wurden bei 20° im Dunkeln in luftdicht geschlossenen Pulverflaschen auf bewahrt, wobei die anfanglich schwach gelbe Farbung sich allmahlich nach Orange vertiefte. Als Koagulationsbeginn wurde dejenige Tag angenommen, an dem die Xanthogenatlosung bei Umkehren des GefaOes un- beweglich blieb. Die Abhangigkeit dieses Zeitpnnktes von der Konnentration der Lange ist aus dem folgenden Knrven- bild ersichtlich.

GO

50 -

$ w - e

r$ 20-

.s 30 -

.%

If4widis % NaOH

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Die Konstifuhbn des Cellulose-xanthogenates. 63

Teriinderung des reinen Cellulose-xanthogenates in Liisung. 1,00 g reines Cellulose-xanthogenat wurde in 100 ccm

8-proc. Natronlauge gelost. Es t ra t innerhalb einer Be- obachtungszeit von l l Monaten keine Synhlrese ein. Nach 30 Tagen wurde ein Teil dnrch Nineralsaure gefallt. Die regenerierte Cellulose war noch feucht in 8-proc. Natron- lange spielend loslich, nach Trocknung rnit Alkohol und i t h e r nur mehr quellend. Die Knpferzahl nach S c h w a l b e - H ggg lun d betrug 4,4.

Verauderung des reinen, absolut trocknen Cellulose- xanthogenates.

Reines Cellulohe-xanthogenat wurde in absolut trocknem Zustand auf bewahrt. Die Farbe wurde allmahlich schmntzig- gelb. Nach 70Tagen war das Xanthogenat noch wasser- loslich; die regenerierte Cellulose loste sich grodtenteils in 8-proc. Natronlange. Nach 120 Tagen war das Xantho- genat wasserunloslich, jedoch noch loslich in 4-proc. Natron- lauge. Die regenerierte Cellulose war in 8-proc. Natron- lauge spielend loslich. Die Kupferzahl betrug 3,5.

Darsteikng des Disulfids. 0,766 g Baumwollcellulose werden nach der obigen

Vorschrift in Xanthogenat ubergefiihrt. Nach der Beinignng rnit Methanol wird zweimal in Ather eingelegt nnd das atherfeuchte Xanthogenat rnit 40 ccm wZiSriger "/,,-Jod- losung auf einmal iibergossen und in einer Pulverflasche von Hand oder rnit der Maschine geschiittelt bis zur viilligen Beendigung der Reaktion, was meist. in 1/2-1 Stnnde der Fall ist. Es werden etwa 34 ccm "/,,-Jodlosung verbraucht. Das Disulfid wird abfiltriert, rnit Wasser wahrend 10 Min. gewaschen und znr Beseitigung der schwer auswaschbaren absorbierten Jodreste in 200 ccm n/,,,-As,O,-Losnng be- handelt. Nach 10-20 Minnten ist ein sehr schwach gelber Farbton erreicht nnd es wird griindlich dnrch hLufig wieder- holtes Schutteln in einer 250 ccm Pulverflasche rnit Wasser gewaschen. Darauf wird das Wasser durch hPufiges Ein- legen in Alkohol verdrangt und dieser dnrch Ather. SchlieSlich wird im Vakuum bei wenig erhbhter Tempertaur getrocknet.

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Das theoretische Gewicht dee Disulfide von 0,945 g bei Anwen- dung von 0,766 g Cellulose wird wie das theoretische Gewicht des Xanthogenates nicht ganz erreicht, da sich die letzten Reste des Mediums aus dem Kolloid schwer entfernen lassen. Die Analyeen werden etets auf das theoretische Gewicht 0,945 g bezogen. Ale Mittel einer groaen Anzahl von Analysen wurden erhalten: 0,980 g Disulfid.

0,245 g Subst.: 0,253 g BaSO, entapr. 14,72 Proc. S. - 0,245 g Subst.: 0,000 g NhSO, entspr. 0,O g Na.

Fersuche, dau Natrium des Xanthogenates durch Methyl zu ersetzcn.

H,C.S.(S) : C .O. CJ&O,. C,H,,O, = 3,62 Proc. CH,, 15,4 Proc. S; Gewicht auegehend von 1,000 g Xanthogenat 0,980 g.

Die ~~ethyliernngsversnche mittels Dimethylsnlfat hatten slmtlich weitgehende dbspaltung von Sulfocarbonatgruype znr Folge, anch wenn sorgftiltig saure Reaktion vermieden wnrde.

Bei den zahlreichen Versnchen zur Ersetzung des Natriums durch Behandlung rnit Jodmethyl wnrde das giinstigste Resultat bei folgendem Verfahren erzielt.

0,566 g Cellulose wurden wie iiblich in Xanthogenat iibergefiihrt und nach der Reinigung desselben der Methylalkohol durch Athyl- alkohol verdriingt. Das in einer kleinen Pulverflaeche befindliehe Xanthogenat wurde mit einem Gemisch von 1,76 ccm JCH in 20ccm 80-proc. Alkohol versetzt und wahrend 7 Minuten geechiittelt. Nach wenigen Augenblicken schon trat Anderung der Beschaffenheit und Farblosigkeit auf. Es wurde innerhalb 25 Minuten wiederholt mit Alkohol gewasehen und dieser durch Ather verdriingt. Dss Gewicht dea getrockneten Produkts betrug 0,988 g.

0,494 g Subst.: 0,394 g BaSO, entepr. 10,6 Proc. S. - 0,198 g Subst.: 0,0010 g NrqSO, entspr. 0,16 Proc. Xa. - 0,198 g Subst. ver- brauchten 1,4 ccm "I,,-AgKO,, entspr. 0,83 Proc. CH, (nach der Methode von K i r p a l u. Biihn).

D a r s t e l h q ron Metall-Cellulose-xanthogenaten. 0,766 g Cellulose wnrden wie oben beschrieben in

Xanthogenat ubergefuhrt und gereinigt. Uas getrocknete Faser-Xanthogenat wurde in eine kleine Pulverflasche ge- geben, nnd mit vollkommen neutraler Metallsalzlosnng be- handelt. Es wurde jeweils nach 5 Minuten abfiltriert und so lange rnit Wasser gewaschen, bis im Filtrat Metallsalx nicht mehr oder nur in Spuren nachzuweisen war. Dann wurde rnit Alkohol nnd Ather im Vakunm getrocknet.

Page 13: Die Konstitution des Cellulose-xanthogenates

Die Konstitution des Cellulose-xanthogenates. 55

Die Analysen wurden auf das theoretische Gewicht der Schwer- metall-Cellulose-xanthogenate bezogen. Die CuCl,-Lijsnng kam dreimal erneut ear Einwirknng.

0,558

-

Angew. Metallealz

__ --

lo CdNO,

in 30 ccm H,O

Ronz. ZnSO,

15 PO'iSO,

Geeltt. CUCI,

10 CrC1, Hydr.

Gesiitt. FeSO, Verd. FeCI,

Cd SO, 1 t 4,Os

0'148 I

~.

Farbe des

Xanthog. __ __ -~

Schwach gelb

Fast farblos

Dunkel- braun

Dunkel- braun

Dunkel- g N n

Schwarz- braun

Dnnkel- braun

2,34

7,58

6,85

3,74

4,16

6,53

4,45

aewicht in g

14,s

7,85

7,3

14,6

4,7

7,75

1,29

Ber. ~ __

1,077

1,024

1,012

1,095

0,987

1,011

0,989

0,515

0,515

__ Gef.

1,150

~ -~

1,080

1,096

1,142

1,046

1,102

0,998

NiO 14,9L 0,047

cuo 13,8 0,100

- 9 z i;i

_ _ __- 0,575

0,540

0,548

0,571

0,523

0,551

0,499

0,475

0,520

Xinra'rkung von Mercurichloric

Cr,O, 15,31 0,034

Fe,O, 15,O

0,440 ZnO 14,s 1 0,050 1

0,521 Fe,O, 15,3 I 0,0091 I

14,2

11:8

14,O

14,3

13,2

14,l

l4,5

auf Cellulose-xanthog bat. 0,766 g Cellulose wurden in reines Xanthogenat ilbergefiihrt und

mit j e 40 ccm gesiittigter Mercurichloridliisnng cweimal 5 Minuten be- handelt. Ea wurdc abfiltriert und mit Wasser so lange gewaachen, bis im Filtrat rnit H,S nur eine geringe Trubung entetand. Daranf wurde mit Alkohol und Ather und im Vakuum getrocknet bis zur anniihernden Konstanz. Gewicht 2,290 g.

0,553 g Subst..: 0,273 g BaSO, entspr. 8,21 Proc. S. - Tm Filtrat Hg bestimmt als HgS gef. 0,335 6, entspr. 61,3 Proc. Hg, bezogen an t das theoretiache Glewicht.

Gewicht von 1,000 g Xanthogenat ansgehend: 1,826 g. Ber. fur Xanthog. + 2HgC4: S 8,32 Hg 39.

Der Notgemeinschaft der Dentschen Wissenschaft, rnit deren Unterstutznng die vorstehende Experimentalnnter- suchnng ausgefiihrt wnrde, sei anch an dieser Stelle der ergebenste Dank ausgesprochen.