1
Polynucleotidsynthese in Koazervat-Tropfen A. J. Oporirr. Moskau Polymere uie Polypcptide oder Polynucleotide honnen ZLI Komplexen zusammentreten, die gegen das AuBenmedium abgegrenzt sind, aber mit der sie umgebenden Losung in Wechselwirkung treten und aus ihr selektiv. entgegen dem Konzentrationsgefalle, Stoffe aufnehmen. Nach Opnritr uii- terlagen im Verlauf der Erdgeschichte entsprechende Koazer- vate der Selektion, die zur Anpassung an die Umweltbe- dingungen tind zu einer Evolution der komplexen Systerne fuhrte. Diese Komplexe mufiten die Fahigkeit zur Selbst- reproduktion besitzen. Versuche zeigten, daR in einem Koazervattropfen RNS durch RNase abgebaut wird und daB ein Koazervattropfen, der Polynucleotid-Phosphorylase enthllt, aus der AuBenlosung ADP aufnimmt und in Polyadenylsaure umwandelt. In der Diskussion wies Prof. Srkirarwn darauf hin, daB die Bildung der ersten Matrize der entscheidende Faktor fur die Entstehung sclbstvermehrungsfahiger Komplexe und damit fur die Moglichkeit ciner Evolution ist. In seinen Arbeiten uber die nicht-enzymatischc Synthese \on Nucleinsauren war gezeigt worden, daB Polyadenylsaure als Matrize die Bildung von Polyuridylslure beschleunigt und umgekehrt. Die Kern- frage lautet also: Wie ist die Information in die Makromole- kule hineingekommen? Molekulare Struktur des Hamoglobins und seine Abwandlung G. Brurirrifzer, Munchen Die Primiirstruktur ( Aniinosiiure-Sequenz) des Human- hlmoglobins wurde vollig aufgekllrt. Die Sekundar-, Tertiar- und Quaternarstruktur wurde rontgenographisch untersucht. so daB Beziehungen zwischen den Aminoslure-Bausteinen und dem raumlichen Aufbau abzuleiten sind. Die x- und die p-Kette des Hamoglobins sowie Myoglobin zeigen groBe Ahnlichkeiten im rlumlichen Aufbau der Ketten, obwohl in den Helix-Rereichen zahlreiche Aminosauren fur die ver- schiedenen Ketten nicht identisch, also austauschbar sind. Einige Aminosauren nehmen jedoch in allen Ketten die gleiche Stelle ein. Es handelt sich hier um die Abschnitte, an denen eine Richtungslnderung im raumlichen Modell beobachtet wird. Diese Knickpunkte enthalten im allge- meinen Prolin. Wird nur eine Aminosiure in der x- oder ?-Kette des Hlmo- globins ausgetauscht, so bildet sich anomales Hlmoglobin, das zu Krankheitssymptomen fuhrt. So ist z. B. in der 8- Kette des Sichelzellen-Hlmoglobins Glutamin durch Valin ersetzt. Wird an einer von diesem Glu-Val-Austausch ent- fernten Stelle ein Cystein oxydiert, so bilden sich keine Si- chelzellen. Dieses Verhalten kann noch nicht erklart werden. Es wird durch das Modell verstlndlich, daB sich durch Aus- tausch von Histidin gegen Tyrosin und von Valin gegen Glutaminsaure in bestimmter Stellung der Kette die Oxydier- barkeit des Eisens im Ham lndert, nicht dagegen beim Ersatz von Histidin durch Arginin. Die krankmachende Ekdeutung von Hamoglobin-Anomalien K. Betke, Tubingen Die Hamoglobin-Anomalien sind gen-abhangig. Die Krank- heitssymptome zeigen sich im allgemeinen erst dann, wenn die Anomalie homocygot vererbt wird Das normale mensch- liche Hamoglobin besteht aus > 95 % HbA, 2 :d, HbAz und 0.5 : < HbF. Diese Zusammensetzung wird verlndert durch Anomalie der CL- oder 5-Kette im HbA, weil als Ersatz fur die gestorten Ketten die Ketten 6 (HbA2) und y (HbF) eingebaut werden. Die Krankheitsbilder lassen sich bestimmten An- derungen in der Hamoglobin-Zusammensetzung zuordnen. Biochemie und Pathogenese erblicher hamolytischer Anamien mit Enzymdefekten im Hexo-Monophosphat-Cyclus G. W. Liihr und H. D. Walker, Tubingen Es gibt zwei hlmolytische Ananiien. die durch Mangel an Enzymen des Hexose-Monophosphat-Cycl us verursacht wer- den : 1. Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel, die hlufig- ste Erbkrankheit. Die Lebensdauer der Erythrocyten ist ver- kurzt. Im allgemeinen tritt HBmolyse erst nach Einnahme von Medikamenten ein (z. B. Primaquine = Derivat des 8-Amino- chinolins). 2. Glutathionreduktase-Mangel, zuerst 196 I /62 beobachtet. Die hlmolytischen Krisen treten spontan auf. Klinische und biochemische Probleme des Kohlehydrat- und Aminosaure-Stoffwechsels bei erblichen Enzymopathien F. Lirrriewekr, Marburg Folgende durch Enzymdefekte bedingte Krankheiten wurden besprochen : 1. Phenylketonurie: Blockierung des Abbaus von Phenyl- alanin zu Tyrosin fuhrt zu Ausscheidung von Brenztrauben- siure. Da das Aminosiiuregernisch infolge eines Uberschusses an nicht abgebautem Phenylalanin nicht ausbalanciert ist, wird die Resorption im Darm vermindert. Dadurch kommt es zu einem Minderangebot an essentiellen Aminosauren im Gehirn, was in der Phase der Gehirndifferenzierung des Kleinkindes zu Schwachsinn fuhrt. Durch phenylalanin-arme Diit im ersten Lebensjahr konnten die Kinder sich zii nor- maler lntelligenz entwickeln. 9. Cystinose ist bedingt durch StBrung des Cystein-Abbaues zu Taurin und toxische Wirkung des Zwischenproduktes auf die Niere. 3. Leucinose: Fehlen eincr Decarboxylase verhindert den Ab- bau von Leucin, Isoleucin und Valin. 4. Glykogenose: Es besteht ein Mangel an Glucose-6- phosphatase. Die Vortrlge werden in Nova Acta Leopoldina, Neue Folge 26, Nr. 164 (1963) veroffentlicht. [VB 6871 Kinetik und Vergiftung bei der NH3-Synthese R. Brik/, Berlin-Dahlem (vorgetragen von H. Sckaefeu) GDCh-Ortsverband Munster, am 18. Februar 1963 Nicht oder nur einfach (A1203) promotierte Ammoniak- Katalysatoren uerden stoBweise durch kleine lnkremente von H2S vergiftef. Dabei ergibt sich, daR der Vergiftungsvor- gang ein langsamer ProzeR ist, dessen Geschwindigkeit durch die Diffusionsgeschwindigkeit des auf der Katalysator-Ober- tllche chemisorbierten Giftes gegeben ist. Die promotierten Katalysatoren vertragen mehr Gift als die nichtpromotierten. Die Aktivierungsenergie der Ammoniakbildung wird durch partielle Vergiftung nicht verandert, weder bei promotierten noch bei nichtpromotierten Katalysatoren. Die Vergiftungs- versuche bestltigen ausgezeichnet die Geschwindigkeitsglei- chung von Ozdi, Tciylor und Borrdard [I] bei kleinen Am- moniakausbeuten (zwischen 250 und 300°C). Es wird ge- zeigt, daB Anderungen des Fermi-Niveaus, wie sie durch die Vergiftung oder durch Legierungsbildung des Eisens mit Aluminium hervorgerufen werden, die Aktivitat der NH3- Katalysiitoren nicht beeinflussen. Die erhaltenen Resultate lassen sich am besten durch die Annahme aktiver Zentren mit ziemlich gleichformiger Aktivierungsenergie erklaren. [VB 6881 [I] Oiaki. TtrTlor u. Boicdar, Proc. Roy. SOC. (London) 258, 47 (I 960). ~ Angew. Chem. 1 75. Jahrg. 1963 / Nr. 8 383

Die krankmachende Bedeutung von Hämoglobin-Anomalien

  • Upload
    k-betke

  • View
    217

  • Download
    5

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die krankmachende Bedeutung von Hämoglobin-Anomalien

Polynucleot idsynthese in Koazerva t -Tropfen

A. J . Oporirr. Moskau

Polymere u i e Polypcptide oder Polynucleotide honnen ZLI

Komplexen zusammentreten, die gegen das AuBenmedium abgegrenzt sind, aber mit der sie umgebenden Losung in Wechselwirkung treten und aus ihr selektiv. entgegen dem Konzentrationsgefalle, Stoffe aufnehmen. Nach Opnritr uii- terlagen im Verlauf der Erdgeschichte entsprechende Koazer- vate der Selektion, die zur Anpassung a n die Umweltbe- dingungen tind zu einer Evolution der komplexen Systerne fuhrte. Diese Komplexe mufiten die Fahigkeit zur Selbst- reproduktion besitzen. Versuche zeigten, daR in einem Koazervattropfen R N S durch RNase abgebaut wird und daB ein Koazervattropfen, der Polynucleotid-Phosphorylase enthllt, aus der AuBenlosung A D P aufnimmt und in Polyadenylsaure umwandelt. In der Diskussion wies Prof. Srkirarwn darauf hin, daB die Bildung der ersten Matrize der entscheidende Faktor fur die Entstehung sclbstvermehrungsfahiger Komplexe und damit fur die Moglichkeit ciner Evolution ist. In seinen Arbeiten uber die nicht-enzymatischc Synthese \on Nucleinsauren war gezeigt worden, daB Polyadenylsaure als Matrize die Bildung von Polyuridylslure beschleunigt und umgekehrt. Die Kern- frage lautet also: Wie ist die Information in die Makromole- kule hineingekommen?

Molekulare S t r u k t u r des H a m o g l o b i n s und seine Abwandlung

G. Brurirrifzer, Munchen

Die Primiirstruktur ( Aniinosiiure-Sequenz) des Human- hlmoglobins wurde vollig aufgekllrt. Die Sekundar-, Tertiar- und Quaternarstruktur wurde rontgenographisch untersucht. so daB Beziehungen zwischen den Aminoslure-Bausteinen und dem raumlichen Aufbau abzuleiten sind. Die x - und die p-Kette des Hamoglobins sowie Myoglobin zeigen groBe Ahnlichkeiten im rlumlichen Aufbau der Ketten, obwohl in den Helix-Rereichen zahlreiche Aminosauren fur die ver- schiedenen Ketten nicht identisch, also austauschbar sind. Einige Aminosauren nehmen jedoch in allen Ketten die gleiche Stelle ein. Es handelt sich hier um die Abschnitte, a n denen eine Richtungslnderung im raumlichen Modell beobachtet wird. Diese Knickpunkte enthalten im allge- meinen Prolin. Wird nur eine Aminosiure in der x - oder ?-Kette des H l m o - globins ausgetauscht, so bildet sich anomales Hlmoglobin, das zu Krankheitssymptomen fuhrt. So ist z. B. in der 8- Kette des Sichelzellen-Hlmoglobins Glutamin durch Valin ersetzt. Wird a n einer von diesem Glu-Val-Austausch ent- fernten Stelle ein Cystein oxydiert, so bilden sich keine Si- chelzellen. Dieses Verhalten kann noch nicht erklart werden. Es wird durch das Modell verstlndlich, daB sich durch Aus- tausch von Histidin gegen Tyrosin und von Valin gegen Glutaminsaure in bestimmter Stellung der Kette die Oxydier- barkeit des Eisens im H a m lndert , nicht dagegen beim Ersatz von Histidin durch Arginin.

Die krankmachende E k d e u t u n g v o n Hamoglobin-Anomal ien

K. Betke, Tubingen

Die Hamoglobin-Anomalien sind gen-abhangig. Die Krank- heitssymptome zeigen sich im allgemeinen erst dann, wenn die Anomalie homocygot vererbt wird Das normale mensch- liche Hamoglobin besteht aus > 95 % HbA, 2 :d, HbAz und 0.5 :< HbF. Diese Zusammensetzung wird verlndert durch Anomalie der CL- oder 5-Kette im HbA, weil als Ersatz fur die gestorten Ketten die Ketten 6 (HbA2) und y (HbF) eingebaut werden. Die Krankheitsbilder lassen sich bestimmten An- derungen in der Hamoglobin-Zusammensetzung zuordnen.

Biochemie u n d Pa thogenese erbl icher hamolyt i scher A n a m i e n m i t Enzymdefekten i m

Hexo-Monophosphat-Cyclus

G. W. Liihr und H. D. Walker, Tubingen

Es gibt zwei hlmolytische Ananiien. die durch Mangel an Enzymen des Hexose-Monophosphat-Cycl us verursacht wer- den : 1. Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel, die hlufig- ste Erbkrankheit. Die Lebensdauer der Erythrocyten ist ver- kurzt. I m allgemeinen tritt HBmolyse erst nach Einnahme von Medikamenten ein (z. B. Primaquine = Derivat des 8-Amino- chinolins). 2. Glutathionreduktase-Mangel, zuerst 196 I /62 beobachtet. Die hlmolytischen Krisen treten spontan auf.

Klinische u n d biochemische P r o b l e m e des Kohlehydra t - u n d Aminosaure-Stoffwechsels bei erblichen

Enzymopathien

F. Lirrriewekr, Marburg

Folgende durch Enzymdefekte bedingte Krankheiten wurden besprochen : 1. Phenylketonurie: Blockierung des Abbaus von Phenyl- alanin zu Tyrosin fuhrt zu Ausscheidung von Brenztrauben- s iure . Da das Aminosiiuregernisch infolge eines Uberschusses an nicht abgebautem Phenylalanin nicht ausbalanciert ist, wird die Resorption im Darm vermindert. Dadurch kommt es zu einem Minderangebot an essentiellen Aminosauren im Gehirn, was in der Phase der Gehirndifferenzierung des Kleinkindes zu Schwachsinn fuhrt. Durch phenylalanin-arme Di i t im ersten Lebensjahr konnten die Kinder sich zii nor- maler lntelligenz entwickeln. 9. Cystinose ist bedingt durch StBrung des Cystein-Abbaues zu Taurin und toxische Wirkung des Zwischenproduktes auf die Niere. 3. Leucinose: Fehlen eincr Decarboxylase verhindert den Ab- bau von Leucin, Isoleucin und Valin. 4. Glykogenose: Es besteht ein Mangel a n Glucose-6- phosphatase.

Die Vortrlge werden in Nova Acta Leopoldina, Neue Folge 26, Nr. 164 (1963) veroffentlicht. [VB 6871

Kinetik und Vergiftung bei der NH3-Synthese

R. Brik/, Berlin-Dahlem (vorgetragen von H. Sckaefeu)

GDCh-Ortsverband Munster, a m 18. Februar 1963

Nicht oder nur einfach (A1203) promotierte Ammoniak- Katalysatoren uerden stoBweise durch kleine lnkremente von H2S vergiftef. Dabei ergibt sich, daR der Vergiftungsvor- gang ein langsamer ProzeR ist, dessen Geschwindigkeit durch die Diffusionsgeschwindigkeit des auf der Katalysator-Ober- tllche chemisorbierten Giftes gegeben ist. Die promotierten Katalysatoren vertragen mehr Gift als die nichtpromotierten. Die Aktivierungsenergie der Ammoniakbildung wird durch partielle Vergiftung nicht verandert, weder bei promotierten noch bei nichtpromotierten Katalysatoren. Die Vergiftungs- versuche bestltigen ausgezeichnet die Geschwindigkeitsglei- chung von O z d i , Tciylor und Borrdard [ I ] bei kleinen Am- moniakausbeuten (zwischen 250 und 300°C). Es wird ge- zeigt, daB Anderungen des Fermi-Niveaus, wie sie durch die Vergiftung oder durch Legierungsbildung des Eisens mit Aluminium hervorgerufen werden, die Aktivitat der NH3- Katalysiitoren nicht beeinflussen. Die erhaltenen Resultate lassen sich am besten durch die Annahme aktiver Zentren mit ziemlich gleichformiger Aktivierungsenergie erklaren.

[VB 6881

[ I ] Oiaki. TtrTlor u. Boicdar, Proc. Roy. SOC. (London) 258, 47 ( I 960).

~

Angew. Chem. 1 75. Jahrg. 1963 / Nr. 8 383