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Die Länder Ostmittel- und Südosteuropas unter osmanischer Herrschaft

Die Länder Ostmittel- und Südosteuropas unter …homepage.univie.ac.at/alojz.ivanisevic/php/Vorlesung Geschichte OME... · Osmanen oder Osmanli, welche jetzt zwischen 8 und 10 Mill

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Die Länder Ostmittel- und Südosteuropas unter osmanischer Herrschaft

„Osmanisches Reich“ nach Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Bd. 3

(Leipzig 1839) Osmanische (das) oder türkisches Reich oder die h o h e P f o r

t e […].

„Seinen Namen hat das osmanische Reich von den Begründern und noch darüber herrschenden Bewohnern desselben, den Osmanen oder Osmanli, welche jetzt zwischen 8 und 10 Mill. seiner Einwohner ausmachen, sich zur Lehre Mohammeds bekennen und bis auf die neueste Zeit gegen die von ihnen seit Jahrhunderten unterjochten Völker in der Stellung der Eroberer verharrt und ihrer höheren Bildung und Gesittung fremd geblieben sind. Hartnäckig bei ihren rohen Sitten beharrend, gilt daher auch heute noch von ihnen zum Theil das alte Sprüchwort: Wo ein Osmane den Fuß hinsetzt, gedeiht kein Grashalm mehr.

keinPrüfungsstoff

Ursprünglich ein Stamm der oghusischen, d.i. westlichen Türken, verwerfen sie gleichwohl diesen von anderen Völkern ihnen beigelegten Namen, mit dem sie blossherumziehende Horden bezeichnen.

Bei den Alten schon werden Turcae unter den Bewohnern des asisat. Sarmatiens genannt und seit dem 6. Jahrhundert sind die Türken als ein tatarischer Stamm bekannt, der ursprünglich im Altaigebirge heimisch, in das von Sibirien, dem Aralsee und Tibet begrenzte, fruchtbare Steppenland einwanderte, welches nach ihnen Turkestan , von den Persern Turan, auch die Tatarei genannt wird und dessen südlicher Theil die große und die kleine Buchareiausmachen. Im 6. Jahrhundert kam das Gebiet der östlichen Türken oder Uiguren unter chinesische Botmäßigkeit, das der westl. oder oghusischen Türken wurde aber von Persien abhängig, welches die Araber sich unterworfen hatten.

Sie nahmen nun die mohammedanische Religion an, dienten vom 10.-12. Jahrhundert in den arabischen Heeren und wurden insbesondere Leibwächter, bald aber auch die Beherrscher der in Schwäche und Geringschätzung versinkenden Khalifen von Bagdad und Begründer mehrerer Regentenlinien, welche in Palästina, Syrien, Ägypten, in Persien und Indien in dieser Zeit geboten.

In Vorderasien gelangte seit dem 11. Jahrhundert der türkische Stamm der Seldschuken zu ansehnlicher Macht und stiftete ein großes Reich, gegen das nach dessen Schwächung und Theilungen und inneren Kriegen im 12. und 13. Jahrhundert die Mongolen ihre verheerenden Züge richteten.

Wider dieselben leistete Ertogrul, Emir oder Häuptling einer in Kleinasien vom Raube lebenden türkischen Horde, dem letzten seldschukischen Sultan von Ikonium (Konjeh) Beistand und eroberte auch für ihn vom griechischen Kaiserthum einen Theil des alten Phrygiens.

Dieses anfangs kleine Gebiet, welches die Familie des Ertogrul als Grenzhüter des seldschukischen Reiches gegen das griechische in Lehn erhielt, ward die Wiege der türkischen Macht.

Durch gelegentliche Eroberungen von Ertogrul‘s ältestem Sohne O s m a n, d. i. Beinbrecher (geb. 1258), wurde es so weit vergrößert, daß sich derselbe nach dem Untergang des Reiches der Seldschuken in Ikonium zu Ende des 13. Jahrhunderts, als unabhängiger Fürst der um den Olymposgelegenen Gebiete behaupten konnte und so der Begründer des osmanischen Reiches in Asien wurde.

Zur Erweiterung und Befestigung trug sein tapferer , auch als Gesetzgeber ausgezeichneter Sohn O r c h a n durch Eroberung von Brussa (1326), der ersten großen Stadt, welche den Osmanen zufiel und die zunächst die Residenz ihrer Herrscher wurde, sowie durch Einnahme von Nikäa(1330), der wichtigsten östlichen Grenzfeste des griechischen Kaiserthums bei. Nikomedia fiel 1339 unter seine Botmäßigkeit, der er Kleinasien bis an den Hellespontunterwarf; seine Vermählung mit einer Tochter des griechischen Kaisers Kantakuzenos begründete jedoch ein gutes Vernehmen mit dem Hofe zu Konstantinopel.

Von Brussa aus, wo zuerst das Thor seines Palastes die h o h e P f o r t e hieß, traf er die dem aufblühenden Reiche nach seinem Sinne gedeihlichen Anordnungen, unter denen natürlich das Heerwesen am angelegentlichsten bedacht ward.

Durch ihn, der zuerst ein stehendes Corps Fußvolk errichtete, aus dem die J a n i t s c h a r e n hervorgingen und eine regelmäßige Reiterei, die S p a h i, einführte, ward der Grund zu jener Überlegenheit in den Waffen gelegt, welche, unterstützt von religiösem Fanatismus und unbegrenzter Beutelust, die Osmanen bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts den Europäern gegenüber behaupteten.

Einige Jahre vor Orhan‘s Tode (1360) begründete sein ältester Sohn Soliman durch Eroberung der Stadt und Halbinsel Gallipoli die osmanische Macht zuerst in Europa und machte sich zum Gebieter des Hellesponts. Sein Bruder Murad I. (1360-89) wegen Soliman‘s frühen Todes der Nachfolger von Orchan, dehnte auf Kosten des öströmischenReiches die osmanischen Eroberungen in Europa so weit aus, daß dem byzantinischen Kaiser nur kleines Gebiet um Konstantinopel blieb und verlegte seine Residenz von Brussa nach dem 1361 eingenommenen Adrianopel. Gegen ihn kam die erste Verbindung der Fürsten von Serbien, Bosnien, Walachei und Ungarn zu Stande, allein ihr doppelt stärkeres Heer wurde durch nächtliche Überrumpelung besiegt.

Durch die Eroberung von Nikopolis machte Murad I. die Unterwerfung der Bulgarei gewiß und erkämpfte 1390 noch einen großen Sieg über die Christen bei Kossowa oder auf dem Amselfelde, ward aber nachher auf dem Schlachtfelde von einem schwerverwundeten Serbier niedergestoßen. Murad‘s Sohn und Nachfolger B a j a z e d erhielt wegen der Schnelligkeit seiner Kriegsunternehmungen und Eroberungen den Beinamen der Blitz und würde wahrscheinlich der Eroberer von Konstantinopel geworden sein, hätte ihn nicht der Angriff der Mongolen unter Timurnach Asien gerufen, von dem er besiegt und gefangen wurde.“

Begriffe „Osmanen“ und „Türken“ Türk/Türküt (in chinesischen Quellen seit dem 6. Jh.) „ Urheimat“: Mongolei Niederlassung in Kleinasien im 11. Jh. zuvor (10. Jh.) Annahme des Islam – in Persien persische und arabische Einflüsse (Kultur, Schrift) Ethnogenese: verschiedene ethnische Elemente sprachliche Assimilierung der autochthonen Bevölkerung eigenständige Kultur (Synthese asiatischer Kulturen) Nomadenstämme, Kriegstradition straffe militärische Organisation: Osmanisches Reich als

Militärmacht ( ständige Eroberungen)

kein Prüfungsstoff

Begründung des Osmanischen Reiches:

Dynastie der Osmanen

Orhan (1326- 1360) Brussa/Bursa – die erste Hauptstadt

Eroberung von Gallipoli, Kontrolle der Dardanellen (durch Orhans Sohn Süleyman)

Expansion nach Osten und Westen

keinPrüfungsstoff

Exkurs: Organisation und innere Struktur des Reiches im 14. Jh. (unter Orhan und Murad I.)

kein Prüfungsstoff

Militär, Regierung, Verwaltung, Finanzen

Janitscharen (yeni çeri) = die Infanterie

Spahis (sipâhîs)= die Kavallerie

Hierarchie im Staat:

Sultan

Großvezir, Vezire

Finanzaufseher (defterdar)

Großmufti (Şeih ül Islam)

Regierung (divân)

Steuersystem: Kopfsteuer (harac), Tribut (von Vasallenstaaten an den Sultan entrichtet)

Verwaltung/Adminsitrative Gliederung:

Provinz (beğlerbeğlik)

Distrikt/Verwaltungsbezirk (sançak)

Lehensgut (timâr) – das Timârsystem

Die Janitscharen

Expansion des Osmanischen Reiches am Balkan

die Eroberungspolitik Murads I. (1360-1389): Hauptstoßrichtung Balkan

Bayezid I. (1389-1403), Yildirim (= Der Blitz) Fortsetzung der Expansion am Balkan Eroberung Bulgariens und Gesamtserbiens, Teile

Griechenlands, wiederholte Belagerung Konstantinopels (erfolglos)

Eroberungen in Asien 1402: Die Schlacht von Ankara gegen die Mongolen

(schwere Niederlage gegen Timur – i Läng)

Mehmed II. (1451-1481), Fatih (= Der Eroberer)

1453: Der Fall Konstantinopels

„Kaysar-i-Rum“

„Padisah“ (=König der Könige)

Umbenennung Konstantinopels in Istanbul

Die Eroberung Wiens und Roms angestrebt

Das Osmanische Reich Anfang des14. Jhs.

Vorstoß nach Ostmitteleuropa

Süleyman der Prächtige (1520-1566) 1521: Eroberung Belgrads (Beograd/Nándorfehérvár) 1526: Schlacht bei Mohács: Niederlage des ungarischen

Heeres (die „Nationalkatastrophe“) Ludwig /Lájos/Ludovik Jagiełło in der Schlacht umgekommen davor (1514): Bauernaufstand (Dózsa György), Schwächung

der Abwehrkraft Ungarns

Süleyman der Prächtige(1520-66)

Thronvakanz nach Ludwigs Tod in Ungarn, Kroatien und Böhmen

zwei ungarisch-kroatische Könige gleichzeitig

Ferdinand I., der Habsburger

Johann Zapolya /Szápolyai János/ Ivan Zapolja, Woiwode von Siebenbürgen

1529: Belagerung Wiens durch Süleyman (erfolglos)

1541: Eroberung von Buda, Ungarn osmanische Provinz

1543: Székesfhérvár (die ungarische Krönungsstadt) erobert

Die Landkarte Europas durch Süleyman neu „gezeichnet“

Die Strategie der Habsburger im Kampf gegen die Osmanen

Die Defensivstrategie Militärgrenze (Triplex Confinium) Uskoken (uskoci) Sichelburger Distrikt (Žumberačka gora) – das kroatisch-

slowenische Grenzgebiet: das Modell für die spätere Militärgrenze (um 1530)

Das Kerngebiet der Militärgrenze: die Kroatisch-(ober)slawonische Grenze (2. Hälfte des 16. Jhs.)

zwei Generalate: Karlovac und Varaždin direkte österreichische Militärverwaltung

Die Kroatisch-Slawonische Militärgrenze: Generalate und Regimenter

Ansiedlung orthodoxer Vlachen (Ende des 16./17. Jh.)

Privilegien: „Freier Bauer und Soldat“ (K. Kaser)

völlige Agrarisierung und Militarisierung der Gesellschaft

nach dem Frieden von Karlowitz (1699) Erweiterung um

die Slawonische Militärgrenze (1702)

die Banater (1742) und

die Siebenbürger Militärgrenze (1764-66)

von 1872 bis 1881 sukzessive Auflösung und Vereinigung der Militärgrenze mit Kroatien und Ungarn

bereits 1851 Vereinigung der Siebenbürger MG mit dem Großfürstentum

Exkurs: Die Habsburgermonarchie im 16. und 17. Jh.

Reformation und Gegenreformation

Bauernaufstände (1573: Der kroatisch-slowenische Baueraufstand)

Kampf der Stände gegen die Zentralmacht

1664-1669: Die ungarisch-kroatische Magnatenverschwörung gegen Leopold I.: Ferenc Wesselény (der Palatin), Nikola und Petar Zrinski (Bani von Kroatien), Fran Krsto Frankopan

Unterstützung durch Ferenc Nádasdy. Ferenc I. Rákócy und Hans Erasmus von Tattenbach (aus der Steiermark)

Hinrichtung der Rebellen (Nádasdy, P: Zrinski u. F.K. Frankopan) 1671 in Wiener Neustadt

kein Prüfungsstoff

Die Wende: Die Offensivstrategie

1683: Die „zweite“ Belagerung Wiens durch die Osmanen

„Der Große Türkenkrieg“ (1683-1699)

Raimondo Montecuccolli

Ludwig Wilhelm von Baden

Prinz Eugen von Savoyen (Siege bei Belgrad 1688 und Senta 1697)

(Rück)eroberung Ungarns und Kroatiens

Vorstoß nach Süden (Vidin, Skopje)

Die Schlacht bei Senta 1697

1689/90: Rückzug nach Norden (die Donau-Save-Linie)

Die „Große Serbenwanderung“ (Patriarch Arsenije IV. Crnojević): Niederlassung in Südungarn (Privilegien durch Leopold I.)

1699: Friede von Karlowitz (Sremski Karlovci): Kroatien und Ungarn (mit Siebenbürgen) an die Habsburger

1718: Friede von Passarowitz (Požarevac): das TemescherBanat, Oltenien und Nordserbien an die Habsburger

Die Länder Südost- und Ostmitteleuropas unter osmanischer Herrschaft (Zusammenfassung)

geographische Lage (unterschiedliche Entfernung von Istanbul)

unterschiedliche Dauer der (osmanischen) Herrschaft unterschiedlicher Abhängigkeitsgrad von der Zentralmacht unterschiedlicher Islamisierungsgraddrei Ländergruppen: Gruppe I: Thrakien, Bulgarien, Makedonien, Dobrudscha Gruppe II: Kosovo, (Nord)Serbien, Bosnien-Herzegowina,

Montenegro, Griechenland, „Albanien“ Gruppe III: Moldau, Walachei, Siebenbürgen, Ungarn,

Kroatien

die Knabenlese (devşirme, der „Blutzoll“, danak u krvi) im Osmanischen Reich

Rekrutierung hauptsächlich aus den Ländern der Gruppe II

Die konfessionelle Politik des Osmanischen Reiches

das Milletsystem millet (arab.) = Religion, Kult, später Bedeutung Volk

oder Nation 18./19. Jh: Anlehnung an den westlichen bzw.

mitteleuropäischen Nationsbegriff Einfluss der osmanischen Reformideen (Tanzimat) Religionsgemeinschaften als Nationalgemeinschaften Milletbaşi (Ethnarch): Patriarch, Katholikos, Rabbi freie Kultausübung, Besteuerungshoheit Das Milletsystem als Nukleus der späteren

Nationalstaaten am Balkan (?)

kein Prüfungs-stoff

Das Bild des Osmanischen Reiches im Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Bd. 3 (Leipzig

1839)

Die Verfassung des osmanischen Reiches ist völlig despotisch und das Oberhaupt desselben, der Großherr, Großsultan und Padischah, dem auch wohl die Titel Alempenah oder ‚Zuflucht der Welt‘, Zilullah oder ‚Schatten Gottes‘ und Hunikar, d.i. ‚Todtschläger‘gebühren, weil er über Leben und Tod seiner Unterthanen gebietet, besitzt die unumschränkteste weltliche und als Khalif oder Haupt der Gläubigen auch die höchste geistliche Würde und Macht.

kein Prüfungsstoff

Anstatt der bei christlichen Fürsten üblichen Krönung wird er in der Moschee Eyub mit dem Schwerte Mohammed‘s umgürtet und beschwört beim Regierungsantritt blos die Erhaltung und weitere Verbreitung der mohammedanischen Religion. Nur die bestimmten Vorschriften des Koran könne als Schranken seines Willens betrachtet werden, der außerdem alleiniges Gesetz ist, ohne jedoch für ihn selbst mit zu gelten, doch ist auch sein Wille durch Sitte und Herkommen gebunden, die er in vielen Punkten, besonders gegen die Mohammedaner, nicht überschreiten darf, ohne Aufruhr befürchten zu müssen […]

Die eigentliche Gemahlin hat der Sultan nicht und in seinen Harem darf nie eine freigeborene Türkin aufgenommen werden, indem das Staatsgesetz ihm die Vermählung mit Töchtern einflußreicher Familien verbietet, damit künftig keiner derselben Ansprüche auf den Thron aus einer solchen Verbindung herleiten könne.

Die Rechtspflege haben in größeren Städten Richter, welche Molla, in den kleineren Kadi heißen, täglich zu Gericht sitzen und nach sehr einfachen Formen entscheiden. Die Obergerichte in den Provinzen verwalten die Paschen, das höchste Gerichtaber, der Diwan-Chaneh, hält unter dem Vorsitze des Großvezirs seine Sitzungen […]

Mit Ausnahme der Nachkommen Mohammeds und der VezireKhan Oglu und Köprili, welche einige Bevorzugungen genießen, kennt man in der Türkei keine Geburtsvorzüge und nur Verdienste oder Gunst bahnen den Weg zum Amt und Ehren, welche selbst für Sklaven, wenn sie die Freiheit erlangt haben, sämmtlich erreichbar sind; doch kann ein Türke nie Sklave sein oder werden.

Die Frauen sind durchaus in geselliger Hinsicht auf den Verkehr mit ihrem Geschlecht beschränkt und jeder Moslem kann sich vier rechtmäßige Gattinnen, außerdem aber so viele Beischläferinnen nehmen als er erhalten kann. Ihr Aufenthalt ist der Harem und eine gewisse Wohlbeleibtheit wird als wesentlich zur Schönheit angesehen.

Bei den Griechen, den zahlreichsten Bekennern des Christentums im osmanischen Reich, haben unter dem Drucke ihrer Beherrscher die edlen Eigenschaften ihrer Vorfahren freilich sehr verloren und verrätherische Feigheit ist an die Stelle der Tapferkeit, Verstellung und List an die der Gewandtheit getreten; am liebsten beschäftigen sie sich daher mit Handel und nichts kommt dabei ihrer Verschlagenheit gleich.

Einige Freiheitsliebe blieb jedoch besonders in Morea und auf den Inseln heimisch; im Ganzen sind aber die Griechen ein geistig bewegliches, fröhliches Volk, für Tanz und Gesang leidenschaftlich eingenommen stehen aber an Sittlichkeit den Türken meist nach, von denen sie in Tracht und Lebensweise viel angenommen haben.

Die Armenier leben zahlreich in Konstantinopel, sowie außerdem in der ganzen Türkei zerstreut und sind bei ihrer ernsten, blos nach Gewinn trachtenden Betriebsamkeit zufrieden, wenn man sie ruhig ihre Handelsgeschäfte machen und des Vortheils sich freuen läßt; übrigens hat die auch die Muselmänner nicht hintansetzende Wohlthätigkeitdieses Volkes ihm von dem Ulema den Namen ‚der Perle der Ungläubigen‘ eingebracht.

Zu den slawischen Völkern gehören die Bosnier, Serbier, Bulgaren, Montenegriner; für Abkömmlinge der alten Macedonier wollen die Bewohner A l b a n i e n s gehalten sein, die Wlachen nennen sich gern Rumini oder Römer. Dazu kommen Juden und Zigeuner, Turkmanen, Tataren, Kurden, Drusen, Araber und Angehörige aller europäischen Nationen, welche vorzüglich der Handel zu den Osmanen führt und die sämmtlich unter der Benennung Frankenbegriffen werden […]

Alle übrigen Religionsbekenntnisse [außer dem Islam] werden von den Osmanen verachtet, dürfen aber in ihren Tempeln frei ausgeübt werden und stehen unter Patriarchen, Bischöfen usw. […]

Auch in der Baukunst haben [die Osmanen] Einiges geleistet. Malerei und Bildhauerei werden aber zufolge eines Verbots Mohammeds, Menschen abzubilden, nicht getrieben; indessen hat neuerdings der Sultan selbst, indem es sich vielfach malen ließ und sein Bildniß verschenkte, das Beispiel zur Hintansetzung jenes Verbots gegeben.

Ihre bisherige Musik war mehr betäubend als wohltönend, allein sie sind leidenschaftliche Freunde dieser Kunst, die jedoch bei ihnen durch die Unvollkommenheit der Instrumente in ihrer Ausbildung gehemmt war. Neuerdings hat aber europäische Militärmusik und Geschmack am Schauspiel in Konstantinopel Eingang gefunden.“

Zusammenfassung des Kapitels

der Kern des Osmanischen Reiches in Anatolien (Dynastie der Osmanen, seit Ende des 13. Jhs.)

Expansion nach Osten und Westen

Ende des 14. Jhs. Festsetzten in Europa (am Balkan)

im 15. Jh. weitere Expansion am Balkan (Serbien, Bosnien, Montenegro, „Albanien“, Teile Kroatiens)

1453: Eroberung Konstantinopels (Istanbul) (Mehmed II.)

in der ersten Hälfte des 16. Jhs. Eroberung Zentralungarns und weiter Teile Kroatiens, Belagerung Wiens (Süleyman II.) –Ungarn eine osmanische Provinz

Moldau, Walachei und Siebenbürgen Vasallenstaaten

16.Jh. –17. Jh.: die Defensivstrategie der Habsburger Aufbau der Militärgrenze, Einwanderung orthodoxer Vlachen der Grenzer als „freier Bauer und Soldat“, Militarisierung und

Agrarisierung der Gesellschaft, Aufhebung 1881 nach dem Entsatz von Wien 1683 die Offensivstrategie der

Habsburgermonarchie der „Große Türkenkrieg“ (1683-1699): (Rück)eroberung

Ungarns und Kroatiens, Vorstoß nach Süden Rückzug auf die Donau-Save-Linie (Die „Große

Serbenwanderung“)

drei Ländergruppen unter osmanischer Herrschaft (nach geografischer Lage, Dauer der Herrschaft, dem Abhängigkeits- und Islamisierungsgrad)

I. Thrakien, Bulgarien, Makedonien, Dobrudscha

II. Kosovo, (Nord)Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Griechenland, „Albanien“

III. Moldau, Walachei, Siebenbürgen, Ungarn, Kroatien

in jedem Land spezifische Bedingungen

Literatur

Hans Georg Majer (Hg.), Die Staaten Südosteuropas und die Osmanen (München 1989)

Klaus Kreiser, Der osmanische Staat 1300-1922 (2. Aufl., München 2008)