3
und als Lehrender an der Ruhr-Univer- sität Bochum hat er Kompetenz in wichtigen berufspolitischen Fragen. Prof. May gilt auch als GOÄ-Experte. Prof. Dr. med. Petro E. Petrides, Berlin Aus- und Weiterbildung gehören seit seiner Studienzeit zu seinen bevorzug- ten Aktivitäten. Seit 25 Jahren in der Ausbildung von Studenten aktiv, enga- giert er sich seit mehreren Jahren bei der internistischen Weiterbildung im Rahmen von BDI-Veranstaltungen und widmet sich dabei nicht nur seinem Fachgebiet, der Hämatologie und inter- nistischen Onkologie, sondern auch an- deren aktuellen Themen wie der mole- kularen Gendiagnostik oder Genthera- pie. Sein Credo ist dabei, daß kontinu- ierliche Weiterbildung nicht nur erfor- und hat auch gute Kontakte (z.B. Prüf- arzt etc.) zur KV und zur Ärztekam- mer. Ferner beschäftigt er sich wesent- lich auch mit der Verbesserung der Ef- fektivität der Zusammenarbeit zwi- schen der Praxis und der Klinik sowie auch mit der Problematik der haus- ärztlich- und fachärztlich tätigen In- ternisten. In Heft 11 und 12 hatten wir Ihnen folgende Kandidaten vorgestellt: – Dr.Ludger Beyerle, Mülheim/Ruhr – Dr.Horst Feyerabend, Hagen – Dr.Wolfgang Grebe, Frankenberg/Eder – Dr.Thomas Schröter,Weimar – Dr.Wolf-Dieter Kirsten, Hannover – Dr. Gerd-Guido Hofmann, München – R. Hinterberger, Mainz – PD Dr.Malte Ludwig, Bonn – Dr.Nikolaus Wendling, Bonn – Dr. Jürgen Grote, Bremen derlich ist, sondern auch professional von der Berufsgruppe der Internisten organisiert werden muß, damit sie Teil der ärztlichen Selbstverwaltung bleibt und nicht in andere Hände gerät. Dr. med. Ullrich Schindlbeck, Herrsching Engagiert hat sich Herr Kollege Schindlbeck für den indikationsbezo- genen, gezielten und unter Kosten- Nutzen-Aspekt erfolgenden Einsatz der teureren bildgebenden Verfahren, insbesondere die nuklearmedizini- schen-, Spiral-CT- und MRT-Verfah- ren und die damit verbundene Hono- rar- und Strukturpolitik. Er ist Vorsit- zender der Arbeitsgemeinschaft Nu- klearmedizin im BDI und 2.Vorsitzen- der des Arbeitskreises Radiologie im BDI. Außerdem widmet er sich inten- siv dem Interessenausgleich zwischen dem BDI und dem BDN (Berufsver- band Deutscher Nuklearmediziner) | Der Internist 1·2000 M4 A. Fischer Die Lage duldet keinen Aufschub Rede vor dem Deutschen Bundestag am 4.11.1999 Wir haben ein gutes Gesundheitssystem und eine gute Gesundheitsversorgung. Unsere Aufgabe ist es, sie immer wieder für die Zukunft zu stabilisieren und fit zu machen. Wir stehen vor großen Herausfor- derungen: Der demographische Wandel, der medizinische Fortschritt, aber auch ei- ne andere Haltung der Menschen zum Ge- sundheitssystem verlangen von uns, dass wir Reformen durchführen. Außerdem geht ein gewisser Druck davon aus, dass trotz aller Kostendämpfungs- maßnahmen, die in den letzten Jahren vorgenommen worden sind, die Beiträge immer wieder gestiegen sind. 1991 lag der durchschnittliche Beitragssatz der Kran- kenversicherung noch bei 12,2%; bis 1998 ist er auf 13,6% gestiegen. Die Situation in Ostdeutschland ist schon seit Jahren bekannt gewesen; das Problem der Verschuldung der Ostkas- sen ist in den letzten Jahren zumindest nicht weitreichend genug angegangen worden. Mit dem Solidaritätsstär- kungsgesetz haben wir dafür gesorgt, dass wir 1999 ein ausgeglichenes Ergeb- nis haben werden – und das trotz der Ausgabenzuwächse im Arzneimittelbe- reich, der beschlossenen Leistungsver- besserungen und der Absenkung der Zuzahlungen. Wenn wir die Zustimmung der Ver- sicherten und Patienten zu diesem Sy- stem auf Dauer erhalten wollen, dann kommen wir um Reformen nicht her- um, die zwei Anforderungen miteinan- der vereinbaren, nämlich einerseits die Beitragsstabilität, das heißt die Kosten- entwicklung immer wieder im Blick zu behalten und andererseits eine Moder- nisierung der inneren Verhältnisse des Gesundheitswesens anzustreben. Das ist der Grund, warum wir auf struktu- relle Reformen setzen, die die Effizienz steigern und neue Versorgungsformen ermöglichen sollen. Uns ist immer wieder, auch jetzt, vorgeworfen worden, wir würden nur Kostensenkung oder Kostendämpfung machen. Ich meine, dass dieser Vorwurf auf seine Urheber zurückfällt. Denn in diesem Gesetz geht es wie bei noch kei- nem zuvor darum,inhaltliche Verbesse- rungen zu machen. Die Stichworte dazu sind: mehr Patientennähe, mehr Quali- tät, mehr Kooperation zwischen den Leistungserbringern. Das sind die Zu- kunftsthemen der Gesundheitspolitik. Die mangelnde Kooperation zwi- schen ambulantem und stationärem Bereich wird seit langem beklagt – und zwar auch von denjenigen, die dort ar-

Die Lage duldet keinen Aufschub

  • Upload
    a

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

und als Lehrender an der Ruhr-Univer-sität Bochum hat er Kompetenz inwichtigen berufspolitischen Fragen.Prof. May gilt auch als GOÄ-Experte.

Prof. Dr. med. Petro E. Petrides, Berlin

Aus- und Weiterbildung gehören seitseiner Studienzeit zu seinen bevorzug-ten Aktivitäten. Seit 25 Jahren in derAusbildung von Studenten aktiv, enga-giert er sich seit mehreren Jahren beider internistischen Weiterbildung imRahmen von BDI-Veranstaltungen undwidmet sich dabei nicht nur seinemFachgebiet, der Hämatologie und inter-nistischen Onkologie, sondern auch an-deren aktuellen Themen wie der mole-kularen Gendiagnostik oder Genthera-pie. Sein Credo ist dabei, daß kontinu-ierliche Weiterbildung nicht nur erfor-

und hat auch gute Kontakte (z.B. Prüf-arzt etc.) zur KV und zur Ärztekam-mer. Ferner beschäftigt er sich wesent-lich auch mit der Verbesserung der Ef-fektivität der Zusammenarbeit zwi-schen der Praxis und der Klinik sowieauch mit der Problematik der haus-ärztlich- und fachärztlich tätigen In-ternisten.

In Heft 11 und 12 hatten wir Ihnen folgende

Kandidaten vorgestellt:

– Dr. Ludger Beyerle, Mülheim/Ruhr

– Dr. Horst Feyerabend, Hagen

– Dr.Wolfgang Grebe, Frankenberg/Eder

– Dr.Thomas Schröter,Weimar

– Dr.Wolf-Dieter Kirsten, Hannover

– Dr. Gerd-Guido Hofmann, München

– R. Hinterberger, Mainz

– PD Dr. Malte Ludwig, Bonn

– Dr. Nikolaus Wendling, Bonn

– Dr. Jürgen Grote, Bremen

derlich ist, sondern auch professionalvon der Berufsgruppe der Internistenorganisiert werden muß, damit sie Teilder ärztlichen Selbstverwaltung bleibtund nicht in andere Hände gerät.

Dr. med. Ullrich Schindlbeck,Herrsching

Engagiert hat sich Herr KollegeSchindlbeck für den indikationsbezo-genen, gezielten und unter Kosten-Nutzen-Aspekt erfolgenden Einsatzder teureren bildgebenden Verfahren,insbesondere die nuklearmedizini-schen-, Spiral-CT- und MRT-Verfah-ren und die damit verbundene Hono-rar- und Strukturpolitik. Er ist Vorsit-zender der Arbeitsgemeinschaft Nu-klearmedizin im BDI und 2. Vorsitzen-der des Arbeitskreises Radiologie imBDI. Außerdem widmet er sich inten-siv dem Interessenausgleich zwischendem BDI und dem BDN (Berufsver-band Deutscher Nuklearmediziner)

| Der Internist 1·2000M 4

A. Fischer

Die Lage duldet keinen AufschubRede vor dem Deutschen Bundestag am 4.11.1999

Wir haben ein gutes Gesundheitssystemund eine gute Gesundheitsversorgung.Unsere Aufgabe ist es, sie immer wiederfür die Zukunft zu stabilisieren und fit zumachen. Wir stehen vor großen Herausfor-derungen: Der demographische Wandel,der medizinische Fortschritt, aber auch ei-ne andere Haltung der Menschen zum Ge-sundheitssystem verlangen von uns, dasswir Reformen durchführen.Außerdem geht ein gewisser Druck davonaus, dass trotz aller Kostendämpfungs-maßnahmen, die in den letzten Jahrenvorgenommen worden sind, die Beiträgeimmer wieder gestiegen sind. 1991 lag derdurchschnittliche Beitragssatz der Kran-kenversicherung noch bei 12,2%; bis 1998ist er auf 13,6% gestiegen.

Die Situation in Ostdeutschland istschon seit Jahren bekannt gewesen; dasProblem der Verschuldung der Ostkas-sen ist in den letzten Jahren zumindestnicht weitreichend genug angegangenworden. Mit dem Solidaritätsstär-kungsgesetz haben wir dafür gesorgt,dass wir 1999 ein ausgeglichenes Ergeb-nis haben werden – und das trotz derAusgabenzuwächse im Arzneimittelbe-reich, der beschlossenen Leistungsver-besserungen und der Absenkung derZuzahlungen.

Wenn wir die Zustimmung der Ver-sicherten und Patienten zu diesem Sy-stem auf Dauer erhalten wollen, dannkommen wir um Reformen nicht her-um, die zwei Anforderungen miteinan-der vereinbaren, nämlich einerseits dieBeitragsstabilität, das heißt die Kosten-entwicklung immer wieder im Blick zubehalten und andererseits eine Moder-

nisierung der inneren Verhältnisse desGesundheitswesens anzustreben. Dasist der Grund, warum wir auf struktu-relle Reformen setzen, die die Effizienzsteigern und neue Versorgungsformenermöglichen sollen.

Uns ist immer wieder, auch jetzt,vorgeworfen worden, wir würden nurKostensenkung oder Kostendämpfungmachen. Ich meine, dass dieser Vorwurfauf seine Urheber zurückfällt. Denn indiesem Gesetz geht es wie bei noch kei-nem zuvor darum, inhaltliche Verbesse-rungen zu machen. Die Stichworte dazusind: mehr Patientennähe, mehr Quali-tät, mehr Kooperation zwischen denLeistungserbringern. Das sind die Zu-kunftsthemen der Gesundheitspolitik.

Die mangelnde Kooperation zwi-schen ambulantem und stationäremBereich wird seit langem beklagt – undzwar auch von denjenigen, die dort ar-

beiten, nicht nur von den Beobachterndes Systems und den Patientinnen undPatienten. Das wirkt kostentreibendund führt zu einer schlechteren Versor-gung, wovon insbesondere auch chro-nisch Kranke zu berichten wissen.

Wir wollen die integrierte Versor-gung, mit der wir in den letzten Jah-ren gute Erfahrung gemacht haben,zu einem Bestandteil der Regelver-sorgung machen. Wir wollen die Rolledes Hausarztes als Lotsen durch die-ses immer komplexer werdende Sy-stem stärken. Ferner haben wir einweiteres Bündel von Maßnahmen zurbesseren Verzahnung der beiden Be-reiche vorgesehen.

Deshalb frage ich die Opposition imParlament heute: Unterstützen Sie dasnicht? Wollen Sie nicht, dass wir neueVersorgungsformen einführen undmöglich machen? Wollen Sie tatsäch-lich, dass in diesem Bereich alles beimalten bleibt, dass Patienten und Patien-tinnen hin und her geschoben werdenund das Problem von Doppel- undMehrfachuntersuchungen nicht ange-gangen wird?

Qualitätsmanagement

Ein weiterer Punkt: mehr Qualität inder Versorgung durch die Orientierungan anerkannten Leitlinien und die Ein-führung verbindlicher Verfahren desQualitätsmanagements. Auch hier hatdas deutsche Gesundheitswesen erhebli-chen Nachholbedarf.

Aber: Nur eine qualitätsgesicherteVersorgung ist auch eine wirtschaftli-che Versorgung. Alle reden gern überdie verschiedenen ökonomischen In-strumente, die uns zur Steuerung imGesundheitswesen zur Verfügung ste-hen. Dabei gerät aber meines Erachtensvöllig aus dem Blick, welche große Be-deutung Qualitätssicherung auch alsein Steuerungsinstrument in der Ge-sundheitspolitik hat.

Zu dieser besseren Steuerung ge-hört auch eine Verbesserung der Daten.Um das direkt vorwegzunehmen: Wirhaben im Laufe der Beratung mit denDatenschützern aus Bund und Länderneine Verständigung über die Verände-rungen, die wir vornehmen, erreicht.Von Datenschützerseite wird die Auf-fassung vertreten, dass die Regelungen

neue Bundesregierung haben mit demSolidaritätsstärkungsgesetz schon ei-nen wichtigen Schritt getan.

In den letzten Monaten hat sich dieProblematik noch einmal deutlich ver-schärft. Die Schulden der betroffenenKassen sind weiter gestiegen, undgleichzeitig hat es deutliche Mitglieder-wanderungen gegeben, die bei ihnennoch einmal zu einer Verschlechterungder Mitgliederstruktur und damit derFinanzsituation geführt haben. Wir ha-ben seit Monaten in einer Vielzahl vonGesprächen – es handelt sich hier umeinen langen Prozeß – nach einer ein-vernehmlichen Lösung gesucht.

Wir haben für die kurzfristig uner-läßliche Entschuldung Bedingungengestellt, die dazu führen, dass wirklichnur die Kassen,die nicht auf Grund eige-nen Versagens, sondern auf Grund derBesonderheiten Ostdeutschlands inden zehn Jahren seit der VereinigungSchulden aufgehäuft haben, in den Ge-nuß der Entschuldung kommen – unddies auch nur teilweise – und das Sy-stem immer noch dazu verpflichtet ist,sich intern auszuhelfen. Wir haben au-ßerdem dafür gesorgt, dass diese Mittelwirklich nur zur Entlastung bei den Alt-schulden herangezogen werden undnicht dazu verwendet werden dürfen,sich damit ungerechtfertigte Wettbe-werbsvorteile zu verschaffen.

Wir haben darüber hinaus dieseskurzfristige Programm mit einer lang-fristigen Perspektive verknüpft. Ich fin-de, dass die Beschwerden aus Ost-deutschland berechtigt sind, dass esnach 10 Jahren deutscher Einheit wirk-lich höchste Zeit ist, zu einer Anglei-chung der Regelkreise zu kommen. Ichweise entschieden den Vorwurf zurück,es handele sich hier um irgendeine Artvon Trick, mit dem wir Zustimmung er-kaufen oder gar erpressen wollten. Wirhaben das in die laufende Gesetzge-bung einbezogen, weil die Zeit für diebetroffenen ostdeutschen Kassen wirk-lich drängt.

In den vergangenen Monaten wur-de kein Bestandteil des Gesetzes so en-gagiert diskutiert wie die Maßgabe,dass Beitragssatzstabilität auch in Zu-kunft das Maß der Ausgabenentwick-lung in der gesetzlichen Krankenversi-cherung bilden soll.

Mich hat gestern jemand gefragt,wer eigentlich das Gebot der Beitrags-satzstabilität erfunden habe. Das ist ei-

zum Patienten- und Datenschutz, diewir jetzt vereinbart haben, besser sindals das, was vorher galt.

Gleichwohl bieten sie uns verbes-serte Datentransparenz, die wir brau-chen, wenn wir wissen wollen, was imGesundheitswesen los ist. Auch die grö-ßere Patientenorientierung ist im deut-schen Gesundheitswesen seit langemüberfällig. In der Praxis ist das paterna-listische Verhältnis zwischen Arzt undPatient ohnehin Vergangenheit.

Die Menschen engagieren sich für ih-re Gesundheit. Sie wollen einbezogenwerden. Sie wollen informiert wer-den. Sie wollen wissen, was warumgeschieht. Dem, was sich in der Praxisvollzieht, müssen die Strukturen desGesundheitswesens Rechnung tra-gen.

Dazu gehört auch, dass wir der Eigen-verantwortung der Gesundheitspolitikeine andere Rolle zuweisen. Das isteiner der Gründe dafür, warum wir die Prävention und die Gesundheits-förderung in diesem Gesetz gestärkthaben.

Wir wollen mit diesem Gesetz demGrundsatz „ambulant vor stationär“zum Durchbruch verhelfen.Zudem wol-len wir die Kosten für den Klinikbereichbegrenzen. Die Maßnahmen dazu sind:Änderungen bei der Krankenhauspla-nung und Einführung eines neuenPreissystems im Krankenhausbereichsowie eines Stufenplans für eine moni-stische Krankenhausfinanzierung. Letz-teres ist einer der umstrittensten Punkte.Ich habe in diesem Zusammenhang mitInteresse zur Kenntnis genommen, dassder Bundesrat mit sehr großer Mehrheitbeschlossen hat, dass das Verfahren dermonistischen Finanzierung, wie es inunserem Gesetzentwurf vorgesehen ist,auch auf die Hochschulkliniken anzu-wenden ist. Offenkundig ist die Skepsisgegenüber der Monistik doch nichtganz so groß, wie es manche öffentlicheDebatte erscheinen ließ.

Sozialmauer

Ein Thema, das in den letzten Wocheneine eigene Dynamik entwickelt hat,betrifft die Sozialmauer zwischen Ostund West im Gesundheitsbereich. Inden letzten Jahren ist zum Abbau dieserMauer zu wenig getan worden. Wir als

Der Internist 1·2000 | M 5

BDI

inte

rn

ne gute Frage, auf die es eine einfacheAntwort gibt:

Es sind die Versicherten, die der Mei-nung sind, dass ihre Belastung mitden Sozialversicherungsbeiträgen inden vergangenen Jahren ein Maß er-reicht hat, das sie überstrapaziert hatund überfordert hat.

Wir erleben es jetzt schon, dass zumWechseltermin bei den Krankenkasseneine wachsende Anzahl der jungen Ge-sunden sich die billigsten Kassen sucht.Es handelt sich dabei um so etwas wieeine Abstimmung mit den Füßen. Wennwir das vermeiden wollen, müssen wirdie Beitragssatzstabilität für das gesam-te System zu einem wichtigen Leitpunktfür die Gesundheitspolitik machen.

Nach Maßgabe des Gesetzentwur-fes, der heute hier zur Debatte und Ab-stimmung steht, würde eine Steigerungder Grundlohnsumme um 2% bedeu-ten, dass im kommenden Jahr 5 Milliar-den DM mehr ins System fließen. Jetztstellt sich die Frage: Reicht das nicht?Was braucht man mehr? Sie sagen, wirkönnten die Zuzahlungsabsenkungvom letzten Jahr zurücknehmen. Dieswürde 1 Milliarde DM bringen. Reichtdas dann, um den medizinischen Fort-schritt zu finanzieren? Oder meinenSie, es muß eine erheblich größereSumme sein? Dann müßten Sie schonrichtig zulangen. Jetzt haben wir Zu-zahlungen der Patienten für diverseLeistungen in Höhe von rund 12 Milli-arden DM.Wenn Sie mehr Geld in einernennenswerten Größenordnung in dasSystem fließen lassen wollen, müssenSie vermutlich die bestehenden Zuzah-lungen verdoppeln.

Ich glaube, dass man dem Problemnicht ausweichen kann, indem man ir-gendeine neue Geldquelle auftut. Manmuß sich wirklich den strukturellenReformen stellen und sehen, was maninnerhalb dieses Systems ändern muß.Es ist völlig klar, dass in einem solidari-schen Versicherungssystem nicht alles,was man sich vorstellt, finanziert wer-den kann, sondern eben – das ist eineschon lange bestehende Regel – nur

wir wüßten nicht, was wir wollten. Vondaher glaube ich, dass wir über dendann verabschiedeten Gesetzentwurfmiteinander reden können.

Keine Zwischenlösungen

Meines Erachtens können wir abernicht so tun, als könnten wir jetzt „zu-rück auf Los“. Die Lage duldet keinenAufschub. Wenn wir die Dinge jetzt aufdie lange Bank schieben, dann ergebensich zwei, wie ich finde, durchaus uner-quickliche Alternativen, die ich deutlichmachen will:

Die eine Alternative wäre eine un-kontrollierte Ausgabenentwicklung.Diese Befürchtung hat auch der Bun-desrat in seiner Stellungnahme geäu-ßert, weswegen er diese Alternativenicht will.

Wir hätten Defizite und Beitrags-satzerhöhungen. Das kann keiner wol-len. Die andere Alternative wäre, dasswir zu neuen Zwischenlösungen ge-zwungen wären. Ich glaube, auch das istkeine gute Alternative. Beide Alternati-ven wären keine Lösung der vor unsstehenden Probleme.

Gerade vor dem Hintergrund, mitwelcher Emphase Sie in den letzten Mo-naten die Auffassung vertreten haben,dass die Menschen ein anderes Gesund-heitswesen verdient haben, haben Siewirklich die Verantwortung, Ihre Posi-tion und unsere Position zu einer ge-meinsamen zu machen und die Verab-schiedung dieses Gesetzentwurfs nichteinfach zu blockieren.

Die Menschen sind durch die De-batten in den letzten Monaten gründ-lich verunsichert. Sowohl die Patientin-nen und Patienten als auch die im Ge-sundheitswesen Beschäftigten haben esverdient, dass wir zu einem gemeinsa-men Weg finden und aus dem von derBundesregierung vorgelegten Gesetz-entwurf, den der Bundestag heute mitMehrheit verabschieden wird, eine er-folgreiche Reform machen.

Andrea FischerBundesgesundheitsministerin

das, was notwendig und zweckmäßigist. Aber diese Erklärung hat mit Ratio-nierung nichts zu tun. Denn Rationie-rung würde bedeuten, dass den Men-schen das Notwendige vorenthaltenwird.

Für die schwierige Entscheidung dar-über, welche Kosten die gesetzlicheKrankenversicherung übernimmt undwelche nicht, brauchen wir rationaleKriterien, die sich an der medizini-schen Notwendigkeit orientieren. Des-wegen schreiben wir in dieses GesetzMaßnahmen zur Qualitätssicherung.

Diese, eine unabhängige Technologie-bewertung und auch die Positivlistesollen genau dazu dienen.Auch im Wis-sen darum, wie schwierig diese Ent-scheidung ist – übrigens auch als Kon-sequenz aus einer Debatte, die in denletzten Monaten geführt wurde, in de-ren Rahmen viele Behauptungen in dieWelt gesetzt wurden –, erscheint es unssinnvoll, dass wir den Sachverständi-genrat mit einem regelmäßigen Berichtzum notwendigen Bedarf und den fi-nanziellen Mitteln beauftragen.Wer derMeinung ist, dass das, was wir hier indiesem Gesetzentwurf vorgelegt haben,so nicht richtig ist, der muß wirklich Al-ternativen auf den Tisch legen. Wir dis-kutieren jetzt seit fast einem Jahr überden Gesetzentwurf und haben von Ih-nen keine wirklichen Alternativen ge-hört.

Wir wissen ganz genau, dass wirfür diesen Gesetzentwurf die Zustim-mung der Länder brauchen. Ich werbefür diese Zustimmung, weil ich glaube,dass dieser Gesetzentwurf sie verdienthat. Verständigung zwischen Bund undLändern setzt Kompromiß- und Verän-derungsbereitschaft voraus. Die Unionmuß sich entscheiden. Wenn Sie IhreBehauptung ernst meinen, dass eineBlockadepolitik das Schlechteste ist,was diesem Land passieren kann, dannblockieren Sie diesen Gesetzentwurfnicht einfach nur, sondern diskutierenSie mit uns über Veränderungen!

Herr Zöller, wir haben einen Ge-setzentwurf vorgelegt, der in einemausführlichen Beratungsverfahren –das ist die Geschäftsgrundlage für Ge-spräche – zustande gekommen ist.Ohne ein solches Beratungsverfahrenwürden Sie uns wahrscheinlich denVorwurf machen – da bin ich sicher –,

| Der Internist 1·2000M 6