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Tilo Gockel Von den Grundlagen zur Fotopraxis Die Neue Fotoschule

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Tilo Gockel

Von den Grundlagenzur Fotopraxis

Die Neue Fotoschule

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Die Neue Fotoschule

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Dr. Tilo Gockel hat auf dem Gebiet der Bildverarbeitung promoviert und unterrichtet mittlerweile an der Hochschule Aschaffenburg die Fächer Signalverarbeitung und Technische Fotografie I und II.

Er fotografiert und schreibt seit Jahren regelmäßig für die Zeitschriften digit!, FotoMAGAZIN, Photographie, DOCMA und DigitalPhoto und hat bereits mehrere Fachbücher veröffentlicht.

Auf seinem Blog www.fotopraxis.net informiert er rund um die Themen Fotografie und Photoshop, gibt viele Tricks weiter und schneidet auch immer wieder gerne einmal alte Zöpfe ab.

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Tilo [email protected]

Lektorat: Alex Bischof, Gerhard RossbachCopy-Editing: Alexander Reischert, Redaktion ALUAN, KölnIllustrationen: Markus Kluger, Berlin, www.infografiker.comLayout, Satz: Anke Dievernich, Bonn, www.ad-creation.deHerstellung: Susanne BröckelmannCover: Modell Terri Orel, Agentur www.jeannoir.de/noirfacesUmschlaggestaltung: Anke Dievernich, Köln, www.ankedievernich.comDruck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, 39240 Calbe (Saale)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:Print 978-3-86490-383-0PDF 978-3-96088-350-0ePub 978-3-96088-351-7mobi 978-3-96088-352-4

1. Auflage 2018Copyright © 2018 dpunkt.verlag GmbHWieblinger Weg 1769123 Heidelberg

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten.

Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden von den Autoren mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Herausgeber noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buchs stehen.

In diesem Buch werden eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet. Auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind, gelten die entspre-chenden Schutzbestimmungen. Verwendet werden unter anderem folgende geschützte Bezeichnungen: Adobe Photoshop, Canon, Manfrotto, Walimex, Yongnuo, Breitling, Nespresso, DeLonghi.Die Fotos zu den Produkten sind ohne Beauftragung durch den Markeninhaber entstanden; es handelt sich nicht um Werbeaufnahmen. Die Fotos dienen ausschließlich der Veran-schaulichung fotografischer Techniken.

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„Die Fotografie ist ein Handwerk. Viele wollen daraus eine Kunst machen, aber wir sind einfach Handwerker, die ihre

Arbeit gut machen müssen.”

Henri Cartier-Bresson

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Herzlich willkommen zur Neuen Fotoschule, dem praxisnahen Leitfaden für die di-gitale Fotografie. Das vorliegende Buch enthält mehr Text und weniger Bilder als die klassischen Fotolehrbücher und lässt sich auch nicht ganz so leicht in ein, zwei Stunden durchblättern. Es ist eher darauf ausgelegt, langfristig Hilfestellung zu ge-ben für die Fragen, die angehende Fotografen beschäftigen. Dafür ist das Buch drei-geteilt in die Grundlagenkapitel, den Praxisteil und die Anhänge. Die Grundlagen-kapitel starten mit den Themen Licht, Belichtung, Lichtmessung, Lichtformer, Blitzlicht, Optik und Kameratechnik und Rechnen mit Lichtwerten. Dann folgen die Techniken in der digitalen Dunkelkammer und die Multishot-Techniken wie die Pa-noramafotografie, das High Dynamic Range Imaging und das Focus Stacking.

Ist das nicht zu viel Theorie? Hoffentlich nicht. Zwar zählt in der Fotografie letzten En-des die Kreativität und nicht das Technik-Know-how, aber manchmal können kreative Fotografen die Bildideen im Kopf nicht umsetzen, weil das Detailwissen zur Technik fehlt. Joe McNally hat einmal in einem Interview auf die Frage, welches Werkzeug für ihn beim Fotografieren am wichtigsten sei, gesagt: „Meine Vorstellungskraft. Was ich mir vorstellen kann, kann ich auch fotografieren.“ Das ist doch ein erstrebenswertes Ziel: Lichtquellen, Lichtformer und Kamera so gut zu beherrschen, dass der Umgang damit selbstverständlich wird und die Aufnahmen nur noch durch das eigene Vorstel-lungsvermögen und die Kreativität limitiert werden.

Damit bei aller Theorie auch der Spaß nicht zu kurz kommt, ist der zweite Teil der Praxis gewidmet. Hier finden sich viele Beispiele aus den Bereichen Stadt & Land, Makrofotografie, Produkte, Menschen und Essen & Trinken. Das Buch schließt mit einem Anhang zu rechtlichen Fragestellungen, einer umfangreichen Aufgaben-sammlung samt Lösungen sowie einem Symbolverzeichnis mit den Formeln.

Die Fotoschule ist aus den Skripten zur zweiteiligen Vorlesung an der Hochschule Aschaffenburg zum Thema Digitalfotografie entstanden. Die Vorlesungsmaterialien sind über Jahre gewachsen und haben so mittlerweile einen hoffentlich soliden Zustand erreicht. Es ist dennoch nicht unwahrscheinlich, dass irgendwo noch der eine oder andere Fehler schlummert. Wenn Sie eine Ungereimtheit finden, sind Au-tor und Verlag für eine Rückmeldung dankbar.

Bei Fehlermeldungen, Fragen, Kritik oder Lob freue ich mich über Feedback an [email protected] oder im Blog www.fotopraxis.net.

„Gut Licht“ für alle Ihre Fotos wünscht Ihnen

Ihr Tilo ~Gallo~ Gockel

Aschaffenburg, den 1. Oktober 2017

VORWORT

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Danksagung: Autor und Verleger danken Herrn Hermann Engesser und dem Springer-Verlag, Herrn Roland Franken von der digit! und Herrn Thomas Hoffmann von der c’t Fotografie, dass wir einige Textauszüge und Bilder aus früheren Veröf-fentlichungen hierher mitnehmen durften. Herrn Walter E. Schön danken wir für den Kommentar zur Blendenzahl und zur kompetenten Hilfestellung bei den Ein-stellregeln für Fachkameras.

Hinweis: Die im Buch erwähnten Produkt- und Markenbezeichnungen können auch dann eingetragene Warenzeichen sein, wenn darauf nicht gesondert hinge-wiesen wird. Sie gehören den jeweiligen Warenzeicheninhabern und unterliegen gesetzlichen Bestimmungen. Verwendet werden unter anderem folgende ge-schützte Bezeichnungen: Adobe Photoshop, Canon, Manfrotto, Walimex, Yongnuo.Die Fotos zu den Produkten sind ohne Beauftragung durch den Markeninhaber ent-standen. Es handelt sich nicht um Werbeaufnahmen. Die Fotos dienen ausschließ-lich der Veranschaulichung fotografischer Techniken.

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TEIL I. GRUNDLAGEN1.0 Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.1 Warum Licht für unsere Wahrnehmung so wichtig ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.2 Welche Eigenschaften Licht hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161.3 Wie man mit Lichtwerten rechnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231.4 Wie man Licht formt und lenkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261.5 Wie man Blitzlicht verwendet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351.6 Wie man Licht misst und eine Belichtung einstellt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461.7 Weiterführendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

2.0 Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562.1 Wie Gegenstandsweite, Bildweite und Brennweite zusammenhängen . . . . . 582.2 Was Bildwinkel, Sensorformat und Crop-Faktor bedeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . 592.3 Was Perspektive bedeutet und welchen Einfluss die Brennweite hat . . . . . . 632.4 Welchen Einfluss die Blende hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 702.5 Wie man die Schärfentiefe verändert und was Bokeh bedeutet . . . . . . . . . . . . 752.6 Wie man im Makrobereich rechnet und fotografiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812.7 Welche Korrekturmöglichkeiten eine Fachkamera bietet . . . . . . . . . . . . . . . . . . 882.8 Weiterführendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

3.0 Kameratechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963.1 Wie eine Digitalkamera aufgebaut ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983.2 Wie ein digitaler Farbbildsensor funktioniert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003.3 Wie ein Kameraverschluss funktioniert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1043.4 Welchen Einfluss die Blende hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1113.5 Welchen Einfluss die ISO-Verstärkung hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1133.6 Wie Autofokus-Systeme arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1153.7 Wie man Bilder ohne Verwacklung aufnimmt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1243.8 Weiterführendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

4.0 Die digitale Dunkelkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1284.1 Welche Vorteile das Raw-Format hat (und welche Nachteile) . . . . . . . . . . . . . 1304.2 Wie Rohdaten aufgebaut sind und wie sie zu Bildern konvertiert werden . . . 1324.3 Wie die Raw-Entwicklung in der Praxis abläuft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424.4 Wie Farbmanagement funktioniert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1514.5 Weiterführendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

5.0 Multi shot-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1605.1 Registrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1625.2 Panoramafotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1645.3 Focus Stacking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1945.4 High Dynamic Range Imaging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2025.5 Exposure Fusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2135.6 Super-Resolution Imaging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2205.7 Flash Composites und andere Stapeltricks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2265.8 Weiterführendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

TEIL II. PRAXIS1.0 Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2381.1 Beauty im natürlichen Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2401.2 Paparazzi-Look mit Ringblitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248

INHALTSVERZEICHNIS

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1.3 Lingerie im Kerzenlicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2541.4 Flickering Lights . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2601.5 Business-Porträts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2681.6 Composing „The Last Samurai“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

2.0 Essen und Trinken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2822.1 Feine Schokoladentrüffel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2842.2 Schwarzkirschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2882.3 Food-Fotos im Restaurant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2922.4 Sushi am Abend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2982.5 Kiwi Splash . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

3.0 Still Life und Makro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3123.1 Les Fleurs du Mal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3143.2 Kunst im besten Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3183.3 Küchenszene als Makro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3223.4 Facettenaugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326

4.0 Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3324.1 Gelaserte Stahlbleche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3344.2 Gläser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3424.3 Smith&Wesson-Messer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3504.4 Eye-Tracking-Helm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3544.5 Autofotografie mit Car Camera Rig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360

5.0 Stadt und Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3745.1 Ein Tag in Venedig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3765.2 Abendliches San Francisco . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3845.3 Big Apple . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3925.4 Pinguine am Polarkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406

TEIL III. ANHÄNGEAnhang A: Rechtliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416A.1 Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418A.2 Panoramafreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419A.3 Bahnhöfe, Häfen, Flughäfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419A.4 Kirchen, Museen, private Sammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420A.5 Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421A.6 Auflagen der Stock-Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422A.7 Auflagen der Nachrichtenagenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423A.8 Fotografie als Beruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424A.9 Weiterführendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426

Anhang B: Aufgabensammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428B.1 Licht, Lichtwertreihe, Blitztechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430B.2 Optik und Kameratechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443B.3 Digitale Dunkelkammer und Multishot-Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446B.4 Bildgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450

Anhang C: Begriffe und Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474

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I. GRUNDLAGEN

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1. LICHT

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Die Bedeutung des Lichts für die Foto-grafie wird noch immer häufig unter-schätzt. Dabei machen nicht die edlen Objektive oder die neuesten Kamera-sensoren das Bild, sondern das Licht. Wenn das Licht nicht gut gewählt oder gesetzt ist, sieht sogar die Toskana eher mau aus. Wenn das Licht aber stimmt, dann können selbst Zwiebelschalen magisch erscheinen. In diesem Kapitel finden Sie anfangs zur Motivation eine kleine Bildersammlung zum Thema Licht und lernen dann die physikali-schen und technischen Grundlagen kennen. Auf einige Formeln konnten wir nicht verzichten, aber das Gros haben wir für interessierte Leser im Anhang Symbole und Abkürzungen versteckt. Weiterhin finden Sie in den Anhängen eine umfangreiche Aufgabensammlung mit Lösungen.

LICHT1.0

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1. LICHT

Zum Thema Licht kann man viel schreiben, aber ein-drücklicher und nachhaltiger ist es, einfach Bilder zu zeigen. So startet auch unsere Vorlesung Technische Fotografie an der Hochschule Aschaffenburg mit ei-ner Bilderschau mit rund 50 Bildpaaren. Die Paare be-stehen aus einem Foto unter eher uninteressantem Licht und einem Foto unter liebevoll gesetztem oder gewähltem Licht. Wo immer es möglich war, sind bei-de Bilder mit der gleichen Kamera und mit dem glei-chen Objektiv entstanden.

Dann diskutieren wir gemeinsam, was das jeweils für ein Licht ist und wie die Wirkung ist. Einige Beispiele aus der Sammlung habe ich hier eingefügt, die kom-plette Galerie finden Sie online unter www.fotopraxis.net/2015/04/24/workshop-licht/

Dort können Sie bei Interesse auch die Exif-Daten rechts unten bei den Bildern einsehen.

In der Vorlesung diskutieren wir zu jedem Bild die fol-genden Fragen:

• Welche Version wirkt ästhetischer (interessanter, vorteilhafter) und warum?

• Welches Licht wird verwendet? • Wo befinden sich die Lichtquellen? • Welche Eigenschaften haben die Lichtquellen?• Welche Eigenschaften des Motivs werden durch das

Licht hervorgehoben, welche werden in den Hinter-grund gedrängt?

Versuchen Sie es einmal selbst. Als Hilfestellung kann man die Glanzlichter in den Augen und auf glänzen-den Oberflächen analysieren und die Schatten unter-suchen. Rasch kommt man dann darauf, dass das Licht optimal gewählt oder gesetzt ist, wenn es die vorteilhaften Attribute der Szene hervorhebt und die unvorteilhaften verschwinden lässt.

Die Schlagschatten (die Schatten des Objekts auf dem Untergrund) und die Schattierungen (die Schat-tenverläufe auf dem Objekt selbst) helfen uns zusätz-lich, auch in der flachen, zweidimensionalen Abbil-dung die Form des Motivs zu erfassen. Wenn das Licht aus der Richtung der Kamera kommt, entstehen weniger hilfreiche Schatten. Für eine räumliche Wir-kung sollten daher die Schatten eher in Richtung des Betrachters fallen, nicht zu kontrastreich und nicht zu kurz sein. Transluzente Motive sollten nach Möglich-keit mit Gegenlicht beleuchtet werden, Motive mit interessanten (geprägten, gravierten, gebürsteten) Oberflächen eher mit Streiflicht und so weiter.

Der Sinn dieser Übung ist, den Studierenden von An-fang an die Wichtigkeit des Lichts vor Augen zu füh-ren und damit auch das Interesse an den technischen Grundlagen zu wecken.

WARUM LICHT FÜR UNSERE WAHRNEHMUNG SO WICHTIG IST1.1

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1. LICHT

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16

1. LICHT

Anhand der Bilderschau im letzten Abschnitt kann man bereits so gut wie alle Eigenschaften des Lichts zusammentragen. Die wichtigsten Kenngrößen einer Lichtquelle sind die Intensität, die Farbe oder Tempe-ratur und die Gerichtetheit. In der Physik spricht man vom Lichtstrom, vom Spektrum und von der Diffusi-tät. In diesem Abschnitt gehen wir von einer punkt-förmigen und rundumstrahlenden Lichtquelle aus. Im nächsten Abschnitt zu den Lichtformern wird das Licht dann auch mittels Reflektoren und Diffusoren hinsichtlich der Diffusität verändert.

Lichtstrom, Lichtstärke, Leuchtdichte, Beleuchtungsstärke, BelichtungIm Bereich der elektromagnetischen Wellen ist für die Fotografie nur das schmale Band des sichtbaren Lichts von 380 bis 780 Nanometer relevant. Entspre-chend wurden abweichend von den allgemeinen Strahlungsgrößen die photometrischen Größen ein-geführt. Grundlage für diese Größen ist die spektrale Hell empfindlichkeit V(λ) des menschlichen Auges in Abhängigkeit von der Wellenlänge λ.

Das Maximum dieser Hellempfindlichkeitsfunktion liegt bei λ0 = 555 nm und wird gleich 1 gesetzt. Diese Funktion geht in das photometrische Strahlungs-äquivalent K folgendermaßen ein: K(λ) = Km·V(λ). Hierin ist Km der Maximalwert von K(λ) bei 555 nm (683 Lumen pro Watt). Der sichtbare Lichtstrom Фv in Lumen ergibt sich damit aus der Gesamtheit der elektromagneti-schen Strahlungsleistung, dem Strahlungsfluss Фe, durch eine Multiplikation mit K zu: Фv = Фe K(λ).

Mit der Einführung des Lichtstroms lassen sich weitere Größen definieren wie die Lichtstärke I (unter Bezug auf einen Raumwinkel, Einheit [Candela, cd]), die Leucht-dichte L (unter Bezug auf eine strahlende Fläche, [cd/m2]), die Beleuchtungsstärke Ev (Bezug auf eine be-strahlte Fläche, [Lux, lx]) sowie die Belichtung H als Pro-dukt aus Beleuchtungsstärke und Belichtungszeit te (Ein-heit [Lux · Sekun de]). Formeln und Details hierzu finden sich bei Bedarf im Symbolverzeichnis im Anhang.

LichtspektrenAls eine Eigenschaft des Lichts wurde die Farbe oder Temperatur genannt – Licht kann rot, grün, gelb, oran-ge, und auch warm und kalt erscheinen. Diese Art der Beschreibung ist nicht wirklich exakt, und so zieht der Fotograf die Kennlinie zur spektralen Verteilung vor, um Lichtquellen zu beurteilen. Je nach Spektrum kann das Licht für die Fotografie gut oder weniger gut ge-eignet sein. Folgendes ist bei Kunstlicht relevant:

• Das Spektrum sollte dem Tageslichtspektrum ähn-lich sein, denn nur dann kann man die Kunstlicht-quelle problemlos mit Tageslicht kombinieren. Xenonblitze oder auch Gasentladungslampen wei-sen in dieser Hinsicht gute Spektren auf.

• Wenn das Spektrum vom Tageslichtspektrum ab-weicht, so sollte eine der beiden Lichtquellen mit Filtern angleichbar sein. In der Filmindustrie wird häufig Halogen- oder Glühwendellicht mit einer Farbtemperatur von 3.200 Kelvin eingesetzt. Wenn weiteres Licht mit Tageslichttemperatur beteiligt ist, dann kann es mit Orangefiltern von 5.500 Kelvin auf 3.200 Kelvin gebracht werden.

• Das Spektrum sollte idealerweise gleichförmig und ohne Abrisse erscheinen. Xenonblitze und Gasentla-dungslampen (Beamer-Lampen) sind hier wieder sehr gut geeignet, wohingegen Fluoreszenzlicht-quellen und Leuchtdioden schlechter abschneiden (siehe aber auch Teil II, Abschnitt 2.4).

WELCHE EIGENSCHAFTEN LICHT HAT 1.2

Abb. 1 | Vom Lichtstrom gelangt man auf die Lichtstärke durch den Bezug auf einen Raumwinkel.

Lichtquelle

Raumwinkel Ω

r AΩ = A/r2

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1. LICHT

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Energienimmt ab

Wellenlängenimmt zu

Energienimmt zu

Wellenlängenimmt ab

400 nm 450 nm 550 nm500 nm 600 nm 650 nm 700 nm 750 nm

1 km1 m1 cm1 mm1 nm 1 µm =1.000 nm

0,0001 nm

Radio-wellen

Mikro-wellen

Röntgen-strahlen

Infra-rot

UV

SichtbaresLicht

Gamma-strahlen

Wellenlänge, λ

400 nm

1

0450 nm 550 nm

555 nm

500 nm 600 nm 650 nm 700 nm 750 nm

Wellenlänge, λ

Relative Hellemp�ndlichkeit des Auges V(λ)

Nachtsehen Tagessehen

Elektromagnetisches Spektrum

Tag- und Nachtsehen

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1. LICHT

Weißabgleich:

Automatisch

Tageslicht

Kunstlicht

Fluoreszenzlicht

Blitz

Manuell

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Tageslicht

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Glüh-/Halogenlampe

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Xenon-Blitz

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Gasentladungslampe (HTI, HQI)

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Fluoreszenzlampe

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Weiße LED älterer Bauart

Wellenlänge, λ

Lichtspektren

Weißabgleich:

Automatisch

Tageslicht

Kunstlicht

Fluoreszenzlicht

Blitz

Manuell

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Tageslicht

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Glüh-/Halogenlampe

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Xenon-Blitz

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Gasentladungslampe (HTI, HQI)

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Fluoreszenzlampe

Wellenlänge, λ

100

75

50

25

400 500 600 700 nm

Relative Intensität, %Weiße LED älterer Bauart

Wellenlänge, λ

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1. LICHT

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Glühwendellampen zeigen zwar keine Abrisse, aller-dings fehlt es ihnen an Blauanteil.

Der menschliche Sehsinn kann sich automatisch an verschiedene Lichtquellen anpassen, und so erscheint uns eine Buchseite unter der Halogennachttischlam-pe (nahezu) weiß. Die Kamera kann hierfür einen au-tomatischen Weißabgleich berechnen oder die Ein-stellung dem Fotografen überlassen. Dieser stellt dann eine Vorgabe wie Kunstlicht, Fluoreszenzlicht, Schatten oder Blitzlicht ein. Links in den Bildern sehen Sie einen Vergleich verschiedener Lichtquellen mit den jeweiligen Optionen zum Weißabgleich.

AbstandsgesetzIm letzten Abschnitt wurde zur Definition der Beleuch-tungsstärke Bezug genommen auf eine bestrahlte Flä-che. In diesem Flächenbezug verbirgt sich auch das so-genannte Abstandsgesetz oder „Inverse Square Law“ (siehe auch die Abbildungen). Das Abstandsgesetz be-sagt, dass die Beleuchtungsstärke im Umfeld eines punktförmigen Rundumstrahlers nicht linear mit dem Abstand r abnimmt, sondern quadratisch. Sie ist damit umgekehrt proportional zum quadrierten Abstand:

Ev ∝1 (1.1)r2

Wenn man das Licht zuerst in einem Meter Abstand von der Lichtquelle misst und dann in zwei Metern Ab-stand, dann ist die Beleuchtungsstärke nicht auf 50 %, sondern auf 25 % gefallen – ein Zusammenhang, den man als Fotograf erst nach und nach verinnerlicht. In den Schaubildern sehen Sie, wie sich der Einfluss des Abstandsgesetzes bemerkbar macht und wie man es für sich nutzen kann.

Der Lichtwert, „The Missing Link“Die eingeführten lichttechnischen Größen begegnen dem Fotografen selten in Reinform, sondern fast immer in Form des sogenannten Lichtwerts. Der Lichtwert LW oder Exposure Value EV (umgangssprachlich auch als

Blende oder engl. stop bezeichnet) kennzeichnet Kom-binationen aus Blende, Belichtungszeit und ISO-Wert.

Ein ganzer Schritt in der Lichtwertreihe bedeutet eine Verdopplung oder Halbierung der Licht-menge auf dem Sensor beziehungsweise – bei Einbezug des ISO-Wertes – der Amplitude des Ausgangssignals des Sensors.

Der Lichtwert wird fast immer als relatives Maß verwen-det, indem man die Lichtwertreihe stufenweise hinauf oder hinab steigt. Wie dies geschieht, zeigen Ihnen die Rechenbeispiele in den folgenden Abschnitten. Tatsäch-lich existiert aber auch ein absoluter Bezug zur Leucht-dichte und zur Beleuchtungsstärke. Der absolute Zusam-menhang zwischen Leuchtdichte L und Lichtwert EV ist:

L = 2EV-3 (1.2)

Der Zusammenhang zwischen Beleuchtungsstärke Ev und Lichtwert EV ist:

Ev = 2,5 ∙ 2EV (1.3) Merke: Der Lichtwert EV wird gebräuchlicherweise ohne Einheit verwendet und nicht-kursiv geschrieben.

Die nun notwendige Blendenzahl und ISO-Verstär-kung finden Sie detailliert erklärt in den Kapiteln zur Optik und Kameratechnik. Hier führen wir die zwei Größen nur kurz ein, um damit die letzten zwei Licht-wertformeln notieren zu können. Diese zwei Formeln ermöglichen den Brückenschlag zwischen der Licht-physik und dem fotografischen Handwerkszeug:

EV = log2k2

(1.4)te

Hierin ist: k: Blendenzahl, einheitenlos (Beispiele: 0,7 / 1,0 / 1,4 / 2,0 / 2,8 ...; die fotografische Blende wird mit größer werdender Blendenzahl k enger) und te: Be-lichtungszeit.

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1. LICHT

r

r

r

r

Schnell merkt der Fotograf, dass es ratsam ist, eingemessene Lichter nur noch in Kreisbahnen um die Szene zu bewegen, um die Belichtung nicht zu verändern.

Quadratisches Abstandsgesetz

Lichtquelle r 2r 3r

A4A 9A

Das quadratische Abstandsgesetz besagt: Das Licht verteilt sich bei größer werdendem Abstand auf viel größeren Flächen. Die Beleuchtungsstärke nimmt mit dem Abstand nicht linear, sondern quadratisch ab:

Ev∝1/r2

Wenn man in 1 m Abstand von der Lichtquelle eine Beleuchtungsstärke von 100 % misst, so misst man in 2 m Abstand nicht etwa 50 %, sondern nur 25 %.

1

2

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1. LICHT

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Eine ra�niertere Anwendung des Abstandsgesetzes: Wenn man bei dieser Gruppen-aufnahme den Lichtabstand vergrößert, so wird der relative Abfall der Beleuchtungsstärke von der linken Person zur rechten kleiner. Der Nachteil ist der erhöhte Bedarf an Blitzenergie.

Mit dem Abstandsgesetz kann man den Hintergrund leicht von Weiß, nach Grau, nach Schwarz ändern – schlicht durch eine Änderung des Abstands.

3

4

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1. LICHT

Hiermit ist auch der Beginn der Lichtwertreihe festgelegt:

Der Lichtwert EV ist bei einer Blende k = 1 und einer Belichtungszeit von 1 Sekunde definiert zu EV = 0.

Bezieht man den ISO-Verstärkungswert ein, so lautet die Definition wie folgt:

EVS = EV100 + log2 ( S ) = log2k2S (1.5)

100 te,S

Hierin ist EV100: Lichtwert gemäß Formel 1.4, der bei ISO 100 eine korrekte Belichtung ergäbe (typische Werte in nebenstehender Tabelle). S: Tatsächlich ein-gestellter ISO-Wert. EVS: Lichtwert gemäß Formel 1.4, der bei ISO-Wert S zu einem korrekt belichteten Bild führt; EVS setzt sich zusammen aus der Blendenzahl kS und der Belichtungszeit te,S.

Beispiel 1: Wie verändert sich der Lichtwert bei ei-nem Übergang von ISO 100 auf ISO 800?

Lösung: EV800 = EV100 + log2(800/100) = EV100 + 3

Da der Lichtwert eine absolute Größe ist, lassen sich auch bestimmten bekannten Lichtsituationen be-stimmte Lichtwerte zuordnen. In der Tabelle sehen Sie einige Beispiele hierzu.

Lichtsituation EV100

Heller Sand oder Schnee im direkten Sonnenlicht 16Regenbogen vor klarem Himmel 15Vollmond, bildfüllend 15Landschaft unter stark bewölktem Himmel 12Sonnenuntergang 12Neonleuchten und andere helle Leuchtreklamen 9 bis 10Stadionbeleuchtung 9Feuer und brennende Gebäude 9Weihnachtsbaumbeleuchtung 4 bis 5Nächtliche Szene unter Mondlicht –3 bis –6Milchstraße, nachts –9 bis –11

Tabelle 1 | Beispiele für Lichtwerte. Eine umfangreichere Liste finden Sie unter Wikipedia, englische Version, Eintrag „Exposure Value“.

Das Weber-Fechner-Gesetz Bei den Formeln zum Lichtwert fällt auf, dass der Zu-sammenhang zwischen den lichttechnischen Grö-ßen Leuchtdichte und Beleuchtungsstärke und dem Lichtwert nicht linear, sondern exponenziell bzw. (umgekehrt gerechnet) logarithmisch ist. Basis hier-für ist das Weber-Fechner-Gesetz, das beschreibt, ab welcher Intensitätsänderung eines physischen Rei-zes die menschlichen Sinne eine Veränderung regist-rieren. Das Gesetz sagt aus, dass bei einem exponen-ziellen Anstieg der Reizintensität die Empfindung im Sinnesorgan nur linear anwächst:

E = c ∙ ln ( R ) (1.6)R0

Hierin ist E: Empfindlichkeitsfunktion, R0: Schwellenwert, R: Reizänderung, c: Konstante, je nach Art des Reizes. Diese Gleichung lässt sich leicht auch auf den bei der

Definition des Lichtwerts EV verwendeten 2er-Logarith-mus umformen (siehe Anhang Begriffe und Symbole):

E = cneu ∙ log2 R (1.7)R0

In einer arithmetischen Reihe sind die Elemente durch einen additiven Betrag abgestuft, in einer geometrischen Reihe durch einen Faktor. Abstufun-gen, die sich um den gleichen Faktor (beispielswei-se 2) unterscheiden, werden vom Menschen als gleichmäßig abgestuft empfunden. Nur dank dieser logarithmischen Kennlinie kann unser Sehsinn den sehr großen Leuchtdichteum-fang von Dämmerung bis Sonnenlicht wahrneh-men (das sind rund 11 Zehnerpotenzen, von rund 10−5 bis 106 cd/m²). Genauso funktioniert übrigens auch die Hörwahrnehmung, und daher wurden hier-für das Bel und das Dezibel eingeführt.

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1. LICHT

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Das Rechnen mit Lichtwerten, mit Blenden und Belich-tungszeiten wirkt zuerst umständlich und überflüssig, aber nach zwei, drei Beispielen freut man sich, wie auf einmal alles ineinandergreift und wie einfach man die Aufnahmen optimieren kann. Das kann die Kamera Ih-nen kaum abnehmen, weil der Prozessor nicht weiß, ob die Kamera auf einem Stativ steht, das Objektiv eine Bildstabilisierung besitzt, ob Ihnen geringes Rauschen oder eine kurze Belichtungszeit wichtiger ist oder auch, ob Sie zusätzlich entfesselte Blitze einsetzen.

Beispiel 2: Sie haben eine Szene aus Lichtquelle und Motiv aufgebaut und 12 EV gemessen. Nun entfer-nen Sie die Lichtquelle vom Motiv. Erst verdoppeln Sie den Abstand, dann vervierfachen und verachtfa-chen Sie ihn. a.) Welchen Lichtwert messen Sie je-weils? b.) Welche Lichtwerte messen Sie, wenn Sie den Abstand der Kamera zum Motiv verdoppeln?

Lösung: Hier ist keine Rechnung erforderlich. Die Kenntnis des Abstandsgesetzes und der Lichtwert-definition reichen aus. Wenn man den Abstand verdoppelt, fällt die Beleuchtungsstärke auf ein Viertel. In EV: –1 EV bedeutet eine Halbierung der Beleuchtungsstärke, –2 EV eine Viertelung.

Ein Beispiel hierzu: log2(1) = 0, log2(1/4) = log2(1) – log2(4) = –2.

Somit ergibt sich: a.) 10 EV / 8 EV / 6 EV. b.) Sie erhalten die gleichen Lichtwerte.

Beispiel 3: Sie messen mit dem Belichtungsmesser im Abstand von 10 cm von der Lichtquelle einen Licht-wert von EV = 20 (das sei 100 %). Welchen Lichtwert messen Sie im Abstand 20 cm? Und im Abstand von 30 cm? Auf wie viel Prozent ist die Beleuchtungsstärke damit jeweils gefallen?

Lösung: Das ist schon etwas kniffliger, hier muss man kurz rechnen. Man weiß, dass Ev proportional

zu 1/r² ist und kann das mit einer multiplikativen Konstante c als Gleichung schreiben: Ev = c · 1/r2. Weiterhin ist bekannt, dass gilt: Ev = 2,5 · 2EV. Damit kann man nun die Konstanten c und 2,5 zusam-menfassen zu einem neuen cneu = c/2,5 und schreiben: 2EV = cneu ·(1/r² ). Damit gilt:

cneu = 2EV · r2 = 220 · (10 cm)2 = 104857600 cm2

So gilt dann im Abstand 20 cm (gemäß Vereinba-rung nehmen wir den Lichtwert als einheitenlos an, setzen aber die Abstände durchgängig in [cm] oder [m] ein):

EV20 cm = log2(104857600 · (1/202)) = 18

EV30 cm = log2(104857600 · (1/302)) = 16,8

Mit Ev = 2,5 · 2EV gilt dann weiterhin (einheitenlos, da nur % gefordert):

Ev,10 cm = 2621440,0 , das entspricht 100 %

Ev,20 cm = 655360,0 , das entspricht 25 %

Ev,30 cm = 285262,008 , das entspricht 10,88 %

Diese Berechnung auf der Basis der Formeln ist zwar grundsätzlich immer möglich, aber meistens rechnet man mit Lichtwerten viel einfacher. Häufig reicht das Rechnen in ganzen Schritten aus, und hierfür kann man ausgehend von der Lichtwertreihe die Blenden-reihe, die Zeitreihe und die ISO-Reihe festlegen. Mit der Kenntnis dieser Reihen beschränkt sich dann die Rech-nung auf das stufenweise Hinaufsteigen oder Hinun-terklettern in diesen Reihen, und man muss dann nur noch an den Fingern die gekletterten Stufen mitzählen.

Die Blendenreihe in ganzen Stufen ergibt sich durch ein fortgesetztes Multiplizieren mit 1,4 zu 0,5 / 0,7 / 1,0 / 1,4 / 2 / 2,8 / 4 / 5,6 / 8 / 11 / 16 / 22 / 32. Hierin bedeu-tet jeder Schritt eine Verdopplung oder Halbierung der lichtdurchlässigen Blendenfläche bzw. der Lichtmen-ge auf dem Sensor. Wenn Sie sich in der Blendenreihe in Zweiersprüngen bewegen, so bedeutet dies jeweils

WIE MAN MIT LICHTWERTEN RECHNET 1.3

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1. LICHT

eine Verdopplung der Blendenzahl – so kann man sich die Reihe besonders leicht merken: 1 / 2 / 4 / 8 ... bzw. 1,4 / 2,8 / 5,6 / 11 …

Die Reihe der Belichtungszeiten ergibt sich in gan-zen Schritten durch ein Verdoppeln oder Halbieren der Belichtungszeit (gerundet): 1/1000, 1/500, 1/250, 1/125, 1/60, 1/30, 1/15, 1/8, 1/4, 1/2, 1, 2, 4 ... Sekunde. Jeder Schritt bedeutet wieder eine Verdopplung oder Halbierung der Lichtmenge auf dem Sensor.

Die Reihe der ISO-Werte ergibt sich durch Verdop-peln oder Halbieren des Ausgangswertes von ISO 100 zu: ISO 50 / ISO 100 / ISO 200 / ISO 400 ... Dies scheint wieder den Effekt zu haben, dass die Lichtmenge auf dem Sensor verdoppelt oder halbiert wird. Genauge-nommen wird die Ausgangsspannung am Sensor-ausgang verstärkt, aber für die Rechnung macht dies keinen Unterschied.

Beispiel 4: Gegeben ist ein Satz von Parametern: ISO 100, 1/250 Sekunde, k = 11. Gesucht ist der Lichtwert hierzu.

Lösung:a.) Erste Möglichkeit: Berechnung mit der „Mis-

sing Link“-Formel (1.4). Besonders bequem kann man dies übrigens mit Google berech-nen. Man tippt einfach im Google-Suchfens-ter ein (Details zum Google-Formelparser in der Aufgabensammlung im Anhang):

log2(11.0^2.0/(1.0/250))

Dies ergibt EV = 14,88.

b.) Die zweite Möglichkeit ist einfacher und eingängiger und nutzt die Schritte in der Blenden- und der Zeitreihe:

Blendenreihe: 1 → 1,4 → 2 → 2,8 → 4 → 5,6 → 8 → 11, das sind 7 Schritte.

Zeitreihe: 1 Sekunde → 1/2 → 1/4 → 1/8 → 1/15 → 1/30 → 1/60 → 1/125 → 1/250, das sind 8 Schritte.

Es ergeben sich 15 Schritte, und man gelangt so von EV = 0 auf EV = 15.

Diese Art der Lichtwertrechnung funktioniert auch umgekehrt. So können Sie leicht vom Lichtwert auch auf ein taugliches Tripel Blende/ISO/Zeit zur Einstel-lung der Kamera zurückrechnen:

Beispiel 5: Sie möchten unter stark bewölktem Him-mel eine Landschaft aufnehmen und hierfür die Be-lichtung einstellen. Gelingt Ihnen das näherungswei-se auch ohne Belichtungsmessung? Hilfestellung: Tageslicht mit stark bewölktem Himmel bedeutet bei ISO 100 einen Lichtwert von rund EV100 = 12 (vgl. Ta-belle 1). Sie dürfen den ISO-Wert und die Blende nach Gutdünken vorgeben.

Lösung: Ja, das gelingt. Man weiß, dass der Licht-wert bei einer Blende von k = 1 und einer Belich-tungszeit von 1 Sekunde zu EV = 0 definiert ist. Jetzt stellt man die Kamera sinnvollerweise für ge-ringes Rauschen zum Beispiel auf ISO 100 ein. Dann gibt man die Blende auf einen mittleren Wert vor, zum Beispiel auf k = 8. Damit gelangt man dann auf die erforderliche Belichtungszeit: Von Blendenzahl 1 bis Blendenzahl 8 sind es sechs EV-Schritte (sechs Blendenschritte mit enger wer-dender Blende: 1 → 1,4 → 2 → 2,8 → 4 → 5,6 → 8). Damit ist man bereits von EV 0 zu EV 6 gelangt.

Von EV 6 zu EV 12 gelangt man über sechs weitere Schritte, dieses Mal in der Belichtungszeitreihe (Be-lichtungszeit in Sekunden, kürzer werdend): 1 → 1/2 → 1/4 → 1/8 → 1/15 → 1/30 → 1/60. Zusam-mengenommen lautet die Belichtungseinstellung dann: ISO 100, Blende 8, 1/60 Sekunde.

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1. LICHT

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Beispiel 6: Landschaftsaufnahme mit Neutraldich-tefilter: Für eine Landschaftsaufnahme mit Stativ möchten Sie einen Grau- bzw. Neutraldichtefilter einsetzen, um auch bei hellem Tageslicht eine sehr lange Belichtungszeit zu ermöglichen (um zum Bei-spiel einen Wasserfall weichzuzeichnen). Der ver-wendete 1000x-Filter schluckt 10 EV und verlängert somit die Verschlusszeit auf das 1024-Fache (der Fak-tor 1024 ist folgendermaßen aus den 10 Schritten erhältlich (hier ohne Rundung, also exakt): 1 → 2 → 4 → 8 → 16 → 32 → 64 → 128 → 256 → 512 → 1024). Der Filter scheint für das menschliche Auge völlig lichtundurchlässig, und die Kamera-Automa-tikmodi versagen hier. Aus ein paar Testaufnahmen ohne Filter sei aber bekannt, dass folgende Werte eine gute Belichtung liefern: ISO 100, Blende 11, 1/30 Sekunde. Was stellen Sie ein?

Lösung: Sie könnten direkt den Filter aufsetzen und folgendermaßen belichten: ISO 100, Blende 11, 30 Sekunden (hierin stecken die erforderli-chen zehn Schritte in der Lichtwertreihe: 1/30 Sekunde → 1/15 → 1/8 → 1/4 → 1/2 → 1 → 2 → 4 → 8 → 15 → 30). Sie müssten dann aber auch für die ersten Testaufnahmen mit Filter stets 30 Sekunden warten. Sinnvoller ist es, zuerst einige flotte Testaufnahmen mit hohem ISO-Wert aufzu-nehmen: ISO 800, Blendenzahl 11, 4 Sekunden. Anhand der Testschüsse können Sie dann fein-einstellen und anschließend ein paar lange Be-lichtungen mit der rauscharmen Einstellung ISO 100 vornehmen.

In der Aufgabensammlung im Anhang finden sich weitere Beispiele zum Rechnen mit Lichtwerten.

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1. LICHT

Bisher sind wir in diesem Kapitel von einer punktför-migen Lichtquelle ausgegangen. Das Licht einer sol-chen Lichtquelle wirkt sehr hart, da es starke Hell-Dun-kel-Kontraste bzw. helle Lichter und tiefe Schatten mit scharfen Übergängen erzeugt. Ein solches Licht kann eine akzentuierte und interessante Lichtstim-mung liefern, aber es kann auch zu hart und zu un-vorteilhaft sein. Dann wünscht man sich ein weiche-res Licht mit weicheren Schatten und einer vorteilhaften, schmeichelnden Ausleuchtung. Wie dies erreicht werden kann, kann man leicht von der Sonne abschauen.

Die Sonne ist zwar eine große Lichtquelle, aber sie ist sehr weit entfernt und wirkt somit für uns wie ein punktförmiger Strahler. Bei direkter Sonnenstrahlung treten harte Schatten und starke Kontraste auf, bei in-direkter Strahlung kann Tageslicht aber auch weich sein. Indirekte Sonnenstrahlung tritt an einem be-wölkten Tag auf (die Wolken wirken als großer Diffu-sor) oder auch an einem sonnigen Tag durch ein Nordfenster (die Landschaft vor dem Nordfenster wirkt als großer streuender Reflektor). Die Diffusität ist in beiden Fällen ähnlich und kann auch leicht künst-lich herbeigeführt werden.

Abb. 2 | Eine einzelne, kleine Lichtquelle erzeugt harte Schatten. Eine zweite Lichtquelle erzeugt einen weiteren harten Schatten. 160 kleine Lichtquellen erzeugen 160 unterschiedliche, harte Schatten, die überlagert zu einem weicheren Schatten werden (Lichtquelle Neewer CN-160 mit 160 Leuchtdioden; für das linke und mittlere Bild ist die Leuchte abgeklebt und nur eine bzw. zwei LEDs sind sichtbar).

WIE MAN LICHT FORMT UND LENKT 1.4

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1. LICHT

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Hartes und weiches Licht Eine weiche, diffuse Lichtquelle entsteht, wenn man die Oberfläche der Lichtquelle vergrößert (eine rein paralle-le Abstrahlung sei hier ausgeschlossen). Dann wirken die vielen einzelnen Punkte der großen Oberfläche als neue kleine Lichtquellen, die jeweils einen eigenen Schatten erzeugen. Die Überlagerung der vielen (harten, kontrastreichen) Teilschatten ergibt einen neuen Schat-ten mit weichem Umriss und geringerem Kontrast. Die Vergrößerung der Lichtquelle geschieht am ein-fachsten durch die diffuse Reflexion (Remission) an einem Reflektor. So kann man zum Beispiel eine unre-

gelmäßige matte Fläche mit Mikrostruktur wie eine weiße Wand oder eine große Styroportafel anleuch-ten und so zur neuen Lichtquelle machen. Bei einer hochglänzenden Oberfläche wie einem Spiegel wird die Lichtquelle hingegen nicht vergrößert, da die ge-richtete Reflexion überwiegt. Das Licht wird so nur umgelenkt, aber in seiner Diffusität nicht verändert. Eine andere Möglichkeit ist die Nutzung eines Diffu-sors, durch den man das Licht hindurch scheinen lässt (siehe Abbildung). Reflektor und Diffusor funktionie-ren optimal auf geringem Abstand zum Motiv. Wird der Abstand größer, so erscheinen die Lichtquellen kleiner und damit weniger diffus.

Abb. 3 | Von links nach rechts: Leuchte ohne Lichtformer, Leuchte durch weißen Durchlichtschirm (als Diffusor), Leuchte gegen silbernen Reflexschirm (als Reflektor). Die Schirme helfen, die Schatten weicher und kontrastärmer zu gestalten.

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1. LICHT

Abb. 4 | Links: 5-in-1-Reflektor, bestehend aus Diffusorkern und Reflektorüberzügen in Weiß, Silber, Gold und Schwarz, Mitte: Reflexschirm zum Hineinblitzen, rechts: Durchlichtschirm zum Hindurchblitzen (Bildquelle: Fa. EnjoyYourCamera).

Abb. 5 | Links: klassische, kastenförmige Softbox, rechts: Octabox (Bildquelle: Fa. EnjoyYourCamera).

Mit diesen zwei einfachen Wirkprinzipien – diffuse Reflexion (Remission) und Diffusion – ist nun auch das Prinzip der klassischen Lichtformer wie Reflex-schirm, Durchlichtschirm oder Softbox erklärt.

LichtformerEin besonders einfacher Lichtformer ist der Reflektor, in professioneller Form als runder 5-in-1-Faltreflek-tor oder auch als ovaler oder rechteckiger Sunboun-cer erhältlich. Üblicherweise lenkt man hiermit Tages-licht zur Schattenaufhellung um, man kann aber auch ein Blitzlicht dagegenrichten. In der Wirkungsweise fast identisch, aber mechanisch leicht abgewandelt

und damit praktisch zusammenklappbar ist der innen silbern bespannte Reflexschirm. Ein Durchlicht-schirm dagegen besteht aus weißem Material und wird umgekehrt verwendet. Hier scheint das Licht durch den Stoff hindurch. Der Durchlichtschirm ist in der einfachsten Bauform nach hinten offen und er-zeugt so bei Einsatz in kleineren Räumen über die Wände ein eventuell störendes Streulicht.

Um dem entgegenzuwirken, wurde die Softbox ent-wickelt. Es handelt sich um einen rechteckigen Diffu-sor, der auf der Rückseite kastenförmig abgeschattet ist. Zur maximalen Lichtausbeute ist der Kasten innen mit reflektierender Folie ausgekleidet. Softboxen gibt

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1. LICHT

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es in verschiedenen Formen: klassisch rechteckig, länglich-schlank als Striplight oder auch achteckig und damit nahezu rund als Octabox. Aber Licht kann man nicht nur diffuser machen, son-dern auch anders formen, bündeln und beschneiden. Hierzu dienen der klassische Parabolreflektor und der Snoot, ein Tubus vor der Lichtquelle sowie die Wabe (englisch Grid), die das Licht auf einen enge-ren Kreis beschränken. Merke: Waben oder Grids be-einflussen nicht etwa die Diffusität des Lichts, son-dern nur die Größe des Lichtkegels.

Kleine metallische Klappen vor dem Leuchtmittel, die sog. Barndoors oder zu Deutsch Scheunentore, dienen genauso wie Flags der Abschattung. Mit Barndoors kann man das Licht der Lichtquelle gezielt auf einen engen Streifen beschneiden.

Die Beauty Dish nimmt eine Sonderstel-lung unter den Lichtformern ein. Diese große, flache Schüssel mit parabelförmi-gem Querschnitt besitzt einen Innenre-flektor, der für den Blitz den direkten Lichtweg unterbindet. Das Licht wird da-mit weich und vorteilhaft. Es ist aber den-noch kontrastreicher und interessanter als das Licht aus einer Softbox.

Der Ringblitz ist kein Lichtformer, son-dern eine besondere ringförmige Bauform

der Blitzröhre. Wenn man hindurch fotografiert, so ist die Szene bis auf den äußeren Schatten nahezu schattenfrei und es entsteht ein sehr spezieller Look.

In den Abbildungen sind einige professionelle Licht-former-Produkte und ihre Lichtwirkung gezeigt (Bil-der freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Mi-chael Quack / Visual Pursuit).

Einfallswinkel, Ausfallswinkel Um Lichtquellen mit Reflektoren adäquat einsetzen zu können, benötigt der Fotograf nun nur noch das einfache Wissen, dass hier wie beim Billard für die ge-richtete und die gerichtet-diffuse Reflexion gilt: Ein-fallswinkel = Ausfallswinkel.

Abb. 6 | Links: Barndoors oder Scheunentore zur Abschattung, Mitte: Snoot oder Tubus mit kleinen Wabeneinsätzen, rechts: Beauty Dish (Bildquelle: Fa. EnjoyYourCamera).

Abb. 7 | Links: Gerichtete Reflexion am Spiegel – die Lichtcharakteristik verändert sich nicht. Rechts: Gerichtet-diffuse Reflexion (Remission) an einer Oberfläche mit Mikrostruktur – das Licht wird diffuser. In beiden Fällen gilt näherungsweise: Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel.

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1. LICHT

Bild

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1. LICHT

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Leseprobe, gekürzt

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3. KAMERATECHNIK

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teil- durch- lässiger Schwing- spiegel

AF-Sensor

Hilfs- spiegel für den AF-Sensor

Abb. 19 | Der Phasen-Autofokus in den klassischen DSLRs verwendet zwei Randstrahlen, teilt diese auf zwei Linsen auf und vergleicht dann auf einer optischen Sensorzeile im Boden der Kamera den Abstand der Signale.

Beim Umgang mit lichtstarken Objektiven und gerin-ger Schärfentiefe ist der perfekte Fokus auf dem Mo-tiv besonders wichtig. Zwar unterstützen die moder-nen Kameras uns Fotografen mit leistungsfähigen Autofokus-Systemen, aber ohne das Verständnis der Technik und ohne ein bisschen Übung kommt man dennoch nicht aus.

Phasen- und kontrastbasierter AutofokusSLRs mit Phasen-Autofokus-System funktionieren ähnlich wie die klassischen Messsucherkameras. Zum Fokuscheck werden die Strahlengänge zweier vom Motiv ausgehender Randstrahlen auf einem optischen Zeilensensor verglichen. Dieser misst und korreliert die zwei entstehenden Intensitätsverläufe und meldet dann den Abstand der Signale zurück. So kann die Ka-mera das Objektiv schnell und ohne weitere Regelung (ohne „Pumpen“) an die Sollposition fahren.

Das Problem ist hierbei, dass Bildsensor und Fokussen-sor nicht wie beim kontrastbasierten System identisch

sind, sondern sich an unterschiedlichen Positionen be-finden. Eine Fehljustierung resultiert somit in einem Front- oder Back-Focus-Fehler, den das phasenba-sierte AF-System im Gegensatz zum kontrastbasierten System nicht ausregeln kann, da es diesen Fehler schlicht nicht sieht. Entsprechend sollte man gerade beim offenblendigen Einsatz lichtstarker Objektive das Phasen-AF-System von Zeit zu Zeit überprüfen. Hierzu sind Testtafeln wie der Spyder LENSCAL oder die Tafel nach Walter E. Schön erhältlich (http://tiny.cc/215mjy).

Wenn Sie hiermit einen Fehler messen, sollten Sie das Gehäuse und das Objektiv gemeinsam zum Service einsenden. Bei höherpreisigen Kameras kann der An-wender auch selbst Korrekturfaktoren im Gehäuse ablegen.

Beim kontrastbasierten AF-System hingegen er-folgt eine klassische Regelung, die bei wanderndem Fokus jeweils den lokalen Kontrast am gewählten Fo-kuspunkt misst. Das Verfahren vergleicht dann relativ zum vorigen Maximum. Man merkt als Anwender

WIE AUTOFOKUS-SYSTEME ARBEITEN3.6

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3. KAMERATECHNIK

deutlich, wie der Regelalgorithmus sich durch ein mehrfaches Vor- und Zurückfahren des Motors an die optimale Position herantastet.

Nachteilig kann der höhere Zeitbedarf sein, allerdings hat dieses Verfahren in den letzten Jahren kräftig auf-geholt. Die großen Vorteile sind, dass bei diesem Ver-fahren kein Front oder Back Focus auftritt, dass man den Fokuspunkt fast bis an den Rand legen kann und dass der erzielte Fokus häufig auch noch präziser ist als beim Phasen-AF. Mit der wachsenden Verbreitung der Kameras mit elektronischem Sucher wächst auch die Verbreitung der kontrastbasierten Systeme, und im Rahmen dieses Umbruchs werden die Algorith-men immer weiter verbessert. Im Moment sieht es danach aus, als ob die Zukunft diesen Systemen ge-hören könnte.

Merke: Viele klassische DSLRs mit Phasen-AF bieten im Liveview- oder Film-Modus auch einen kontrast-

basierten AF an, in welchem man dann auch Fokus-punkte bis fast an den Rand legen kann. Versuche damit, gerade auch in Verbindung mit einer Display-lupe, können sich lohnen.

Hybridsysteme kombinieren Phasen- und Kontrast-systeme. Hier sind auf dem Bildsensor neben den Bildsensorpixeln auch Phasensensorelemente unter-gebracht.

Fokustechniken > Vollautomatischer FokusWo man beim Smartphone den Fokuspunkt mit demTouch-Finger bestimmt, muss man bei Systemkame-ras meist noch explizit einige Tasten bemühen. Preis-wertere DSLR-Kameras bieten häufig neun Pha-sen-AF-Sensoren an, hochwertigere auch 61 undmehr. Wenn man der Kamera im Vollautomatikmodus die Wahl des AF-Sensors überlässt, wird sie stets jene

Abb. 20 | Bei der Korrektur eines dejustierten Phasen-AF-Systems hilft eine Testtafel. Abgebildet ist die Tafel von W. E. Schön (http://tiny.cc/215mjy).

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Leseprobe, gekürzt

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PRAXIS | ESSEN UND TRINKEN

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PRAXIS | ESSEN UND TRINKEN

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2.0

Eigentlich sind Food-Fotos doch gar nicht so schwierig. Ein schön angerich-teter Teller (nicht gerade Gulasch oder Haggis, eher französische Patisserie oder Sushi), das richtige Licht (Tages-licht von einem Nordfenster), der richti-ge Licht- und Sichtwinkel, ein Reflektor, fertig! Es läuft tatsächlich fast immer auf ein eher einfaches Setup hinaus, nur manchmal ist der Teller ein Backblech oder der Tisch eines Kindergeburtstags. Und das Licht kommt vielleicht nicht vom Nordfenster, sondern vom Süd-fenster durch einen Diffusor oder auch von einem Blitz oder von mehreren Blit-zen. Lassen Sie sich überraschen, was man fotografisch aus dem Motiv „Essen und Trinken“ alles zaubern kann.

ESSEN UND TRINKEN

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PRAXIS | ESSEN UND TRINKEN

Abb. 1 | Schokoladentrüffel im perfekten Licht (Foto: Corinna Gissemann). Canon EOS 5D Mark II | EF 100 Macro f/2.8L | Blende 5,6 | ISO 100 | 0,5 Sekunden | M-Modus | Tageslicht.

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PRAXIS | ESSEN UND TRINKEN

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Bilder: Corinna Gissemann, www.corinnagissemann.de

Wer die Möglichkeit hat, tagsüber zu fotografieren, sollte für Food-Fotos natürliches Tageslicht wählen. Mit Blitzlicht oder Dauerlicht ist es schwierig, ein ähn-lich diffuses und „einhüllendes“ Licht zu setzen. Dabei kann auch Tageslicht durch Aufheller und Abblocker (Flags) zielgerichtet geleitet und geformt werden. Wie das gelingt, das sehen Sie in diesem Workshop mit Food-Profi Corinna Gissemann.

Das Licht Corinna nutzt auch Dauerlicht und Blitzlicht, favorisiert aber diffuses Tageslicht. Wem ein Nordfenster zur Ver-fügung steht, der hat es besonders einfach. Aber auch ein Fenster mit direktem Sonneneinfall taugt, wenn man einen Diffusor oder eine Gardine verwendet, um das Licht weicher zu gestalten. Food liebt weiterhin Gegenlicht. Meistens wird man das Setup so anordnen, dass die Hauptlichtquelle – das Fenster – als Gegen-licht oder Seitenlicht wirkt. Corinna platziert im Hinter-grund und an den Seiten Abschatter und zaubert so eine besonders interessante Lichtstimmung. So scheint beim Titelfoto durch die abgewandte Positionierung des Hintergrundes und durch die Abschatter links und rechts der Schokotrüffel wie auf einer Bühne im Ram-penlicht zu stehen (merke: der rechte Abschatter ist auf der Innenseite mattschwarz gestrichen).

Wer häufig auch abends fotografiert, der kann dazu Blitzlicht einsetzen, verzichtet dann aber auf das be-queme What-You-See-Is-What-You-Get. Eine Alterna-tive bieten Daylight-Gasentladungslampen wie in der Hedler DX15. Diese Leuchtmittel liefern flacker-freies Licht mit einer Farbtemperatur von 6.500 K mit einem blitzlichtähnlichen, breiten Spektrum und ei-nem guten Color Rendering Index (CRI). LED-Panels können noch nicht mithalten, holen aber zügig auf (Abschnitt 2.4).

Die Szene und die RequisitenFood-Fotografie lebt neben dem Licht auch von schönen Untergründen, Hintergründen und anderen Requisiten. Corinna hat für das Foto zwei alte Back-bleche vom Antikmarkt verwendet und weiterhin den Mokkatrüffel auch auf einer nostalgischen Pup-penkaffeekanne platziert. Auch Zutaten machen sich häufig gut im Bild, und so findet sich um das Känn-chen ein Berg Kakaopulver. Vielleicht stöbern Sie selbst einmal auf den Trödelmärkten der Umgebung nach geeigneten Gerätschaften. Das Angebot reicht von antikem Essbesteck über Teigbretter, Hackbretter und Backbleche, alte Fensterläden und Tischdecken

FEINE SCHOKOLADENTRÜFFEL2.1

Abb. 2 | Das Setup zum Aufhänger besteht aus zwei alten Backblechen sowie Abschattern links und rechts (das Styropor rechts ist an der Innenseite mattschwarz gestrichen).

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PRAXIS | ESSEN UND TRINKEN

Abb. 3 | Links: Foto direkt aus der Kamera, rechts: Ergebnis nach der Raw-Konvertierung.

bis hin zu Bleikristallgläsern und ähnlichen Preziosen. Wer nichts Passendes findet, bestellt einfach online (www.fotountergrund.de, DaWanda etc.).

Die Ausrüstung und die Einstellungen Corinna setzt auf eine Vollformat-DSLR Canon 5D Mark II und verwendet diese auf einem Stativ. Als Glas kommt bei ihr häufig das Makroobjektiv EF 100 f/2.8L Macro zum Einsatz. Corinna fotografiert in Raw, nimmt die Einstellungen im M-Modus vor und fokussiert auch manuell auf Basis der eingezoomten Liveview-Ansicht. Als ISO-Einstellung wählt sie ISO 100, um das Rauschen gering zu halten.

Für perfekt scharfe Bilder käme noch die sogenannte Spiegelvorauslösung in Betracht, um Vibrationen

durch den Spiegelschlag zu vermeiden. Tatsächlich ist der Spiegel aber bei der verwendeten Kamera im Liveview-Modus automatisch hochgeklappt und ver-bleibt dann auch bei der Aufnahme in dieser Stellung.

Die BildbearbeitungDank der sorgfältigen Lichtsetzung kommen die Bil-der bereits gut aus der Kamera, aber sie können noch einen Kontrastkick vertragen. Corinna nimmt den größten Teil der Einstellungen im Raw-Konverter Lightroom vor und verwendet nur zur Retusche oder für seltene formverändernde Eingriffe im Anschluss auch Photoshop.

Wer ihren Look nachempfinden möchte, stellt fest, dass die starke Veränderung des Kontrasts, des

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Abb. 4 | Einstellungen in Lightroom, die zum Ergebnis in Abb. 3 führen.

Schwarzpunkts und der Klarheit (des Mitteltonkon-trasts) auch die Sättigung wesentlich beeinflusst, und das ist normalerweise unerwünscht. Die Lösung ist aber einfach: Stellen Sie vor den kontrastverändernden Maßnahmen die Sättigung auf (nahe) null, verändern Sie dann die besagten Regler, bis der Kontrasteindruck stimmt, und nehmen Sie anschließend die Sättigung wieder hinzu, bis sich die gewünschte Bildwirkung ein-stellt. In den Screenshots sehen Sie das Schokobild di-rekt aus der Kamera, das Ergebnis nach der Raw-Kon-vertierung sowie die vorgenommenen Einstellungen.

Tipps & TricksWenn Sie so wie wir häufiger einmal den Kabelfern-auslöser vergessen oder verlegt haben, verwenden Sie einfach den 2-Sekunden-Selbstauslöser.

Bei der Bildbearbeitung kam das Problem mit der Farbsättigung zur Sprache. Wer hier nicht mit Lightroom, sondern mit Photoshop arbeitet, kann al-ternativ auch die kontrastverändernden Maßnahmen als Einstellungsebenen einfügen und diese dann auf die Füllmethode Luminanz stellen. Dann wird weder der Farbwert (Hue) noch die Sättigung verändert.

Wer diesen einfachen Trick weiterentwickeln möchte, setzt zum Beispiel auch die Einstellungsebene Color Lookup stets als zweifache Kopie ein. Eine stellt man auf Luminanz, eine auf Farbe und kann dann über die Ebenendeckkraft exakt und bequem die Verände-rung des Kontrastes und der Farbe getrennt vonein-ander einstellen.

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SCHWARZKIRSCHEN2.2

Abb. 5 | Schwarzkirschen im Dark & Moody Look (Foto Corinna Gissemann). Canon EOS 5D Mark II | EF 100 Macro f/2.8L | Blende 4,5 | ISO 100 | 0,25 Sekunden | M-Modus | Tageslicht.

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Bilder: Corinna Gissemann, www.corinnagissemann.de

Bereits im ersten Beitrag von Corinna konnten Sie se-hen, wie vielfältig Tageslicht sein kann, wenn man es geschickt lenkt und formt. In diesem Workshop wer-den wir das Licht-Setup erweitern und so eine ganz neue Lichtstimmung erzeugen.

Das LichtWie die anderen Facetten der Fotogra-fie, so ist auch die Food-Fotografie Strö-mungen und Moden unterworfen. Da gibt es Trends wie Berry Colors, Granny Chic oder auch – gerade sehr angesagt – Mystic Light, der auch Dark and Moodygenannt wird. Dieser Trend lebt vonsehr weichem und doch gerichtetemLicht mit ausgeprägten Schatten undvon spartanischen Arrangements(http://youtu.be/LpYKudMAIkU).

Bekannte Vertreter des Mystic-Light- Trends sind Lars Ranek, Aina C. Hole und Mans Jensen, aber auch Corinna Gissemann hat diese interessante Licht-stimmung in ganz eigener Interpreta-tion ins Repertoire aufgenommen. Wie-der spielt natürliches Tageslicht die Hauptrolle. Die Schwierigkeit liegt aber nun darin, die ausgeprägten Schatten zu erzeugen. Im Setup gelingt dies durch die allseitige Abschattung des Motivs. Nur so wird es möglich, ganz gezielt kleine Lichtspalte zu öffnen, um bestimmte Teile der Szene mit einem Streifen weichen Gegenlichts zu be-leuchten, den Rest der Szene aber dun-kel zu belassen.

Wie Sie im Setup sehen, kommt als Ab-schatter ein Holzbrett genauso in Frage wie eine schwarze Pappe oder ein matt-schwarz gestrichenes Styroporbrett.

Die Szene und die RequisitenWieder dient ein altes Blech als Untergrund für die Kir-schenschale. Die Kirschen sind handverlesen und wurden nach dem Aufbau der Szene mit einem Par-fümzerstäuber mit etwas Wasser besprüht, um be-sonders frisch zu wirken.

Abb. 6 | Das Setup zu den Schwarzkirschen besteht aus einer fast allseitigen Abschattung, bei der man ganz gezielt kleine Lichtspalte öffnen kann.

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Die Ausrüstung und die EinstellungenCorinna hat wie im ersten Beispiel die 5D Mark II mit dem 100er Makro auf einem Stativ verwendet, die ISO-Einstellung zu rauscharmen ISO 100 gewählt, die Blende auf 4,5 und die Belichtungszeit dann im M-Modus unter Zuhilfenahme der Liveview-Ansicht und des Histogramms auf 0,25 Sekunden eingestellt.

Die BildbearbeitungAuch die Bildbearbeitung folgt der Vorgehensweise, die bereits bei der Praline geschildert wurde. Hinzu kommt aber noch für den Vordergrund eine gezielt gesetzte Vignette, die man in Lightroom über einen Radialverlauf realisieren kann. Im Screenshot sehen Sie das Vorher-nachher-Bild.

Tipps & TricksFalls Sie die hier gezeigte Raw-Entwicklung nebst in-tensiver Kontrastverstärkung bereits in der Kamera vornehmen möchten, können Sie sich bei Canon der sogenannten Picture Styles bedienen. Auch hier wer-den Regler für Kontrast und Sättigung angeboten, die auf das JPEG wirken. Das Raw-File bleibt hiervon un-berührt.

Und falls Sie Ihre Kunden direkt beim Shooting beein-drucken möchten, dann shooten Sie „tethered“ über ein USB-Kabel oder über WLAN direkt nach Lightroom hinein. Auf diese Weise können Sie zuvor abgelegte Presets für Kontrast und Farben direkt auf das live an-gezeigte Bild anwenden.

Abb. 7 | Das Vorher-nachher-Bild zu den Schwarzkirschen zeigt wieder eine ausgeprägte Kontrastverstärkung, eine dazu passende Entsättigung sowie eine Anhebung des Schwarzpunktes. Hier kommt noch die Vignette für den Vordergrund sowie die Verschie-bung der Farbtemperatur ins Kühle hinzu.

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FOOD-FOTOS IM RESTAURANT2.3

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Abb. 8 (diese und nächste Seite) | Food-Fotos im Restaurant, diskret aufgenommen, ohne Blitz und ohne auffällige Kamera, nur mit dem Smartphone (hier: iPhone 6s)? Das ist möglich, aber man muss für ein schönes Licht ein wenig tricksen. Apple iPhone 6 | 4,15 mm | Blende 2,2 | 1/33Sekunde | ISO 125 | JPEG.

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Wenn Sie gute Küche schätzen, gerne essen gehen und dann auch noch lei-denschaftlich gerne fotografieren, kennen Sie das Problem: Das Menü im Sterne-Restaurant hat einfach zum Anbeißen ausgesehen, aber die Fotos, die man verstohlen mit dem Handy geschossen hat, geben das überhaupt nicht wieder.

Hier hilft es, ein paar nicht ganz so ge-lungene Aufnahmen genauer zu ana-lysieren. Dann lernt man schnell, wel-che Veränderungen bei Kamera und Licht zum Erfolg führen.

Das LichtLicht und Beleuchtung sind für Food- Fotos das A und O. Im Negativbeispiel in Abbildung 9 haben wir das Raumlicht vor Ort zur Be-leuchtung verwendet, das sich aber als wenig geeignet erwiesen hat. Hier stimmt weder die Lichtrichtung, noch die Diffusität noch das Spektrum. Und falls Sie jetzt auf die Idee kommen, den internen Blitz der Kame-ra hinzuzunehmen, dann wird das Ergebnis noch schlechter werden. Dieser Blitz liefert direktes, hartes Licht, das dem Essen jegliche Tiefe raubt, und auch die schönen großen Glanzlichter bleiben damit aus. Im ers-ten Schritt sollten Sie diesen internen Blitz ausschalten.

Wenn Sie mittags essen gehen, können Sie um einen Fensterplatz bitten und dann unter natürlichem Licht bereits schöne Ergebnisse erzielen, aber abends wird es knifflig. Dann hilft nur, das künstliche Raumlicht auszuschalten oder auf anderem Wege abzuschatten und eigenes Licht zu setzen.

Werfen Sie einmal einen Blick auf den Aufhänger. Sol-che schmeichelnden, großen Reflexionen auf dem Gericht erzielen Sie nur, wenn Sie eine relativ große (weiche) Lichtquelle auf sehr kurzem Abstand einset-zen. Der Trick liegt auf der Hand: Häufig ist man zu

zweit im Restaurant, und dann verwendet man ein-fach das eine Smartphone als Kamera und das andere als Lichtquelle. Die integrierte kleine LED taugt leider wenig, da sie zu klein ist und das Licht daher zu hart und unvorteilhaft ausfällt. Die flächige Display-Hinter-grundbeleuchtung dagegen funktioniert wunderbar. Mit den folgenden Schritten wird jedes Smartphone in Sekundenschnelle zur hellen, großen Lichtquelle:

1. Zuerst nimmt man ein Foto auf, zum Beispiel von der weißen Tischdecke.

2. Dann bearbeitet man es kurz, indem man Belich-tung und Helligkeit auf Maximum stellt. Das Bild sollte danach reinweiß sein.

3. Dann stellt man in den Optionen die Hintergrund-beleuchtung auf das Maximum und stellt eine eventuell vorhandene adaptive Anpassung auf Umgebungslicht aus.

4. Jetzt kann man das Bild anzeigen lassen und mit den Fingern einzoomen, um das Display zu füllen.

Abb. 9 | Das Essen im Restaurant war köstlich, aber die Food-Fotos, mit dem Handy unter Raumlicht aufgenommen, sehen nicht gerade appetitlich aus. Woran liegt das?

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PRAXIS | ESSEN UND TRINKEN

Bei der Aufnahme des Gerichts sollten Sie darauf ach-ten, mit der Lichtquelle so nah wie möglich ans Motiv zu gehen. Wenn das Smartphone im Bild ist, ist das kein Beinbruch. Schneiden Sie es einfach später weg.

Die Perspektive und die SchärfentiefeIn Smartphones sind meist Fixoptiken eingesetzt, die eine gefühlte Brennweite von 30 bis 35 mm liefern.

Wenn man mit diesen Kameras bildfüllend fotografiert, dann ist die Perspektive durch den nahen Standpunkt unvorteilhaft, und die perspektivischen Verzerrungen wer- den zu groß. Der Effekt ist bei Por-träts als der Dicke-Nasen-Effekt be-kannt und stört auch bei Food- und Sachaufnahmen.

Die Lösung liegt auf der Hand: Da die Perspektive nicht von der Op-tik, sondern nur vom Standpunkt abhängt, kann man einfach einen größeren Abstand wählen (siehe Bildbeispiele im Optik-Kapitel). Wenn man im Anschluss die Bilder zuschneidet, wird aus der Weitwin-kelperspektive eine Teleperspekti-ve. Man bezahlt diese vorteilhafte Perspektive mit dem Auflösungs-verlust, der durch den Zuschnitt entsteht. Wenn die Fotos aber nur fürs Blog oder für Facebook ge-dacht sind, reicht die Auflösung immer noch locker aus.

Die BildbearbeitungWenn Sie Smartphone-Fotos in Photoshop bearbeiten, sollten Sie anfangs zuallererst den Farbmo-dus auf 16 Bit pro Kanal umstellen. Zwar werden die Fotos damit nicht

per se besser, aber einige der folgenden Operationen wie Skalieren oder Weichzeichnen generieren Zwi-schenwerte, und dann werden aus den mit Nullen aufgefüllten 8-Bit-Daten 16-Bit-Daten. Anschließend eingesetzte Filter arbeiten dann auf einer 16-Bit-Da-tenbasis und Tonwertabrisse treten viel später auf.

Eine Raw-Entwicklung der Handy-JPEGs scheint auf den ersten Blick wenig Sinn zu ergeben, aber da man

Abb. 10 | Im Making-of erkennen Sie das zweite Smartphone im Bild, das als Beleuchtung fungiert.

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PRAXIS | ESSEN UND TRINKEN

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mittlerweile in Photoshop zu jedem beliebigen Zeit-punkt den Adobe-Camera-Raw-Dialog aufrufen kann, kann man so auch innerhalb gewisser Grenzen den Weißabgleich korrigieren und die Belichtung, den Kontrast und die Sättigung einstellen (siehe Screenshot). Der Aufruf lautet Filter > Camera Raw.

Dann steht nur noch eine Reparatur unschöner Stel-len an, und die Bearbeitung schließt mit einer sub-tilen Schärfung sowie einem engen Crop.

Tipps & TricksManche Restaurants vermelden seit dem Aufkom-men der Smartphones und von Instagram eine dop-pelt so lange Verweildauer der Gäste – Fotos vom Es-

sen sind anscheinend mittlerweile salonfähig geworden. Ein bisschen sollte man aber dennoch aufpassen, um sich nicht bei anderen Gästen oder beim Service unbeliebt zu machen.

So ist es immer eine gute Idee, zu fragen, ob man ein Foto machen darf. Uns hat man das auch in Drei-Sterne- Restaurants bisher stets erlaubt. Weiterhin sollte der Aufsteckblitz lieber zu Hause bleiben und der eventu-ell vorhandene Aufklapp-Blitz oder LED-Blitz ausge-schaltet sein. Dann fehlt nur noch eine gute Vorberei-tung. So sollte man zum Beispiel für den oben geschilderten Trick das Weiß-Foto schon lange vor dem Eintreffen des Essens vorbereitet haben. Dann ist das Foto schnell im Kasten und das Essen danach noch immer heiß.

Abb. 11 | In Photoshop kann man jederzeit erneut den Raw-Konverter aufrufen und so innerhalb gewisser Grenzen auch am JPEG den Weißabgleich und Ähnliches korrigieren.

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Leseprobe, gekürzt

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Tilo Gockel

Die Neue Fotoschule

Wie stellt man flott im manuellen Modus eine perfekte Belichtung ein? Wie erzielt man eine sehr geringe oder besonders große Schärfentiefe? Wie nutzt man das Abstandsgesetz zu eigenen Gunsten? Was bedeuten Begriffe wie hyperfokale Entfernung, förderliche Blende, kritische Blende oder Scheimpflugsche Regel? Wie funktioniert ein Phasenautofokus, ein Belichtungsmesser, ein Studioblitz oder eine Fachkamera? Wie fokussiert man auch im Dunkeln? Wie nimmt man Panora-men (Focus Stacks, HDRIs, Makros) auf? Wie setzt man einen farbverbindlichen Workflow um?

Die Antworten auf diese Fragen finden Sie hier fundiert dargestellt und anhand vieler Beispiele mit direktem Bezug zur Praxis erklärt. Die klare Darstellung der Zusammenhänge, die vielen Illustrationen, die Reduzierung der Technik auf das Notwendige sowie die zahlreichen Praxisbeispiele geben Ihnen ein solides techni-sches Fundament und wecken die eigene Kreativität.

Aus dem Inhalt:• Warum Licht für unsere Wahrnehmung so

wichtig ist• Wie man Licht formt und lenkt• Wie man Licht misst und eine Belichtung

einstellt• Was Perspektive bedeutet• Welchen Einfluss die Blende hat• Wie man die Schärfentiefe verändert und was

mit Bokeh gemeint ist• Wie ein digitaler Farbsensor funktioniert• Wie Farbmanagement funktioniert

Im Praxisteil des Buches finden Sie darüber hinaus viele Beispiele aus den Bereichen People-, Food-, Objekt- und Landschaftsfotografie mitsamt allen Hintergrundinformationen. Das Buch schließt mit einer Hilfestellung zu juristischen

und vertraglichen Fragen, mit 65 Aufgaben nebst Lösungen sowie mit einem umfangreichen Formel- und Symbolverzeichnis zum Nachschlagen.

Zum Autor: Tilo Gockel hat auf dem Gebiet der Bildverarbeitung promoviert, bereits mehrere Fachbücher zur Fotografie veröffentlicht und hält seit Jahren die zweiteilige Vorlesung Technische Fotografie an der Hochschule Aschaffenburg. Er fotografiert und schreibt regelmäßig für die Magazine digit!, fotoMAGAZIN, PHOTOGRAPHIE, DOCMA, c’t Digitale Fotografie und DigitalPHOTO.

Thema

• Fotografie

Leser

• Fotografen

• Studierende

• Lernende

• und alle, die eine fundierteEinführung in die Fotografiesuchen

€ 34,90 (D)ISBN 978-3-86490-383-0

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