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Trinkwasserverordnung Der Mineralbrunnen 01 | 2012 16 Die Trinkwasser - verordnung gilt nicht für Wasser führende, an die Trinkwasser-Installation angeschlossene Apparate. Ein Beispiel dafür wären Wasser- Karbonisiergeräte, die an der Trinkwasser- Installation angeschlossen sind. Im Folgenden werden Änderungen dargestellt, die für den Mineralbrunnen-Betrieb als Lebensmittelher- steller bei der praktischen Umsetzung der neuen TrinkwV i.d.F 2011 wesentlich sind. Die Trinkwasserverordnung musste laut Bundesmini- sterium für Gesundheit in einigen Punkten an neue- re Entwicklungen angepasst werden. Neben Klar- stellungen und der Berücksichtigung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ging es auch um Anpassung an europarechtliche Vorgaben sowie um Entbürokratisierung. Die Wahrung des hohen Quali- tätsstandards des Trinkwassers in Deutschland ist und bleibt oberstes Ziel. Begriffsbestimmungen Der bisher verwendete Begriff „Wasser für den menschlichen Gebrauch“ sollte verdeutlichen, dass die Qualitätsanforderungen für Wasser zum Trinken, aber auch für andere Zwecke, geregelt sind. Dieser Begriff hat sich in der Praxis aber nicht etabliert, da nach wie vor fast ausschließlich von „Trinkwasser“ gesprochen wird. Aus diesem Grund wurde auf die Formulierung „Wasser für den menschlichen Ge- brauch“ nun verzichtet. Beim bisherigen „Wasser für Lebensmittelbetriebe“, das nun auch unter den Begriff „Trinkwasser“ fällt, wird eine klare Trennung zwischen dem Lebensmit- telrecht und der Trinkwasserverordnung vollzogen. Im § 18 wird die Möglichkeit geregelt, für Wasser in Lebensmittelbetrieben Ausnahmen von den Anfor- derungen der Trinkwasserverordnung zu gewähren, wenn die Genusstauglichkeit des Lebensmittels nicht beeinträchtigt wird. Zum Beispiel bei einem pH-Wert < 6,5 für Brauwasser oder einem Nitratge- halt > 50 mg/l für Spülen von Gebinden. Das örtliche Gesundheitsamt hat die Befugnis zur Genehmigung von derartigen Ausnahmen. Ferner finden neue Bezeichnungen Einzug wie „Trinkwasser-Installation“ anstatt „Hausinstallation“ und „Umfassende Untersuchung“ anstatt „Periodi- sche Untersuchung“. Sehr positiv ist die Neueintei- lung der Typen von Wasserversorgungsanlagen zu sehen. Damit ist eine bessere Unterscheidung gege- ben, die Pflichten der Überwachung sind klarer, und das Ziel der Entbürokratisierung ist an dieser Stelle erreicht. Die neue Trinkwasserverordnung Ingrid Schmittnägel Die Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverord- nung - TrinkwV 2001) vom 21. März 2001 – als späte Umsetzung der EU-Trinkwasser-Richtlinie 98/83/EG - war seit dem 1. Januar 2003 insgesamt sieben Jahre lang in Kraft und hatte sich durch- aus bewährt. Aufgrund notwendiger Änderungen wurde die TrinkwV 2001 durch das Bundesmini- sterium für Gesundheit überarbeitet. Die Erste Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung vom 3. Mai 2011 trat am 1. November 2011 in Kraft.

Die neue Trinkwasserverordnung - institut-romeis.de · pH-Wert < 6,5 für Brauwasser oder einem Nitratge-halt > 50 mg/l für Spülen von Gebinden. Das örtliche Gesundheitsamt

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Trinkwasserverordnung

Der Mineralbrunnen 01 | 201216

Die Trinkwasser -verordnung gilt nicht für Wasser führende, an dieTrinkwasser-Installation

angeschlossene Apparate. Ein Beispieldafür wären Wasser-

Karbonisiergeräte, diean der Trinkwasser-

Installation angeschlossen sind.

Im Folgenden werden Änderungen dargestellt, diefür den Mineralbrunnen-Betrieb als Lebensmittelher-steller bei der praktischen Umsetzung der neuenTrinkwV i.d.F 2011 wesentlich sind.Die Trinkwasserverordnung musste laut Bundesmini-sterium für Gesundheit in einigen Punkten an neue-re Entwicklungen angepasst werden. Neben Klar-stellungen und der Berücksichtigung der neuestenwissenschaftlichen Erkenntnisse ging es auch umAnpassung an europarechtliche Vorgaben sowie umEntbürokratisierung. Die Wahrung des hohen Quali-tätsstandards des Trinkwassers in Deutschland istund bleibt oberstes Ziel.

BegriffsbestimmungenDer bisher verwendete Begriff „Wasser für denmenschlichen Gebrauch“ sollte verdeutlichen, dassdie Qualitätsanforderungen für Wasser zum Trinken,aber auch für andere Zwecke, geregelt sind. DieserBegriff hat sich in der Praxis aber nicht etabliert, danach wie vor fast ausschließlich von „Trinkwasser“gesprochen wird. Aus diesem Grund wurde auf dieFormulierung „Wasser für den menschlichen Ge-brauch“ nun verzichtet.

Beim bisherigen „Wasser für Lebensmittelbetriebe“,das nun auch unter den Begriff „Trinkwasser“ fällt,wird eine klare Trennung zwischen dem Lebensmit-telrecht und der Trinkwasserverordnung vollzogen.Im § 18 wird die Möglichkeit geregelt, für Wasser inLebensmittelbetrieben Ausnahmen von den Anfor-derungen der Trinkwasserverordnung zu gewähren,wenn die Genusstauglichkeit des Lebensmittelsnicht beeinträchtigt wird. Zum Beispiel bei einempH-Wert < 6,5 für Brauwasser oder einem Nitratge-halt > 50 mg/l für Spülen von Gebinden. Das örtlicheGesundheitsamt hat die Befugnis zur Genehmigungvon derartigen Ausnahmen.

Ferner finden neue Bezeichnungen Einzug wie„Trinkwasser-Installation“ anstatt „Hausinstallation“und „Umfassende Untersuchung“ anstatt „Periodi-sche Untersuchung“. Sehr positiv ist die Neueintei-lung der Typen von Wasserversorgungsanlagen zusehen. Damit ist eine bessere Unterscheidung gege-ben, die Pflichten der Überwachung sind klarer, unddas Ziel der Entbürokratisierung ist an dieser Stelleerreicht.

Die neue TrinkwasserverordnungIngrid Schmittnägel

Die Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverord-

nung - TrinkwV 2001) vom 21. März 2001 – als späte Umsetzung der EU-Trinkwasser-Richtlinie

98/83/EG - war seit dem 1. Januar 2003 insgesamt sieben Jahre lang in Kraft und hatte sich durch-

aus bewährt. Aufgrund notwendiger Änderungen wurde die TrinkwV 2001 durch das Bundesmini-

sterium für Gesundheit überarbeitet. Die Erste Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung

vom 3. Mai 2011 trat am 1. November 2011 in Kraft.

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Trinkwasserverordnung

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Großanlagen gemäßDVGW W 551 sind Anlagen mit Wasser-speicher >400 Literund/oder Rohrleitungs-volumen >3 Liter zwischen Ausgang Wasserspeicher (ausschließlich Zirkulationsleitung) und Entnahmestelle.

Neu und fachlich noch umstritten ist, dass chemischeGrenzwerte, die einzuhalten sind, bereits die Messun-sicherheit der Analyse- und Probenahmeverfahrenbeinhalten. Damit ist eine Unsicherheitsbetrachtungder Messwerte, insbesondere am Grenzwert, nichtmehr nötig. 50,5 mg/l Nitrat ist somit eindeutig eineÜberschreitung des Grenzwertes von 50 mg/l, auchwenn die Messunsicherheit 0,5 mg/l beträgt. DieseRegelung gilt analog dem Abwasserrecht.

Mikrobiologisch AnforderungenIm § 4 wird die bisherige Anforderung „frei vonKrankheitserregern“ in Anpassung an das Infektions-schutzgesetz (IfSG) ersetzt durch die Formulierung:

„(1) Trinkwasser muss so beschaffen sein, dassdurch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schä-digung der menschlichen Gesundheit insbeson-dere durch Krankheitserreger nicht zu besorgenist...“

Ferner wurde in Analogie zu den chemischen Anfor-derungen auch für die mikrobiologischen Parameterin § 5 ein Minimierungsgebot eingeführt:

„(4) Konzentrationen von Mikroorganismen, …sollen so niedrig gehalten werden, wie dies nachden allgemein anerkannten Regeln der Technikmit vertretbarem Aufwand unter Berücksichti-gung von Einzelfällen möglich ist. ...“

Dies bedeutet aber ausdrücklich nicht ein Desinfek-tionsgebot. In der Begründung wird auf eine effekti-ve ggf. mehrstufige Partikelentfernung vor Desinfek-tion (technische Reduktion und optimale Bedingun-gen für wirksame Desinfektion) Bezug genommen.

Der Parameter „Coliforme Bakterien“ ist aus der An-lage 1 in die Anlage 3 „Indikatorparameter“ verscho-ben worden. Dies entspricht der Regelung der EU-Trinkwasser-Richtlinie, die bisher an dieser Stellenicht korrekt umgesetzt war. Darüber hinaus sindcoliforme Bakterien eine heterogene Keimgruppe mitdiversen Spezies, deren Nachweis sich allein überdie Kultivierungsparameter (Nährmedium, Bebrü-tungszeit und Temperatur) definiert. In der Praxis ha-ben sich neue, sensitivere Nachweisverfahren (Nähr-medien) für coliforme Keime etabliert, die vom Bun-desumweltamt zugelassen wurden. Diese, z. B. Co-lilert-18/Quanti-Tray-Verfahren, erfassen ein breite-res Spektrum an Keimen. Nicht alle sind tatsächlichFäkalindikatoren im Sinne der Trinkwasserverord-nung. Aus diesem Grund kam es in der Praxis immerwieder zu Diskussionen mit den Überwachungsbe-hörden. Diesen Erfahrungen sowie der Vorgabe derRichtlinie trägt man mit der Entschärfung des Para-meters als Indikatorparameter Rechnung.

Weiterhin wird bezüglich der Untersuchungsmetho-den zur Koloniezahl „zweigleisig“ verfahren. InDeutschland ist das Verfahren gemäß der alten

Trinkwasserverordnung von 1990 (mit nährstoffrei-chem, peptonhaltigem Nährmedium) nach wie vorweit verbreitet, mit welchem ein Grenzwert am Zapf-hahn von 100 Kolonien / ml einzuhalten ist. DieseRegelung ist weiterhin zulässig. Das neue Verfahrengemäß TrinkwV 2001, wonach mit der Untersu-chungsmethode DIN EN ISO 6222 zu prüfen ist, ob„keine anomalen Veränderungen“ der Koloniezahlvorliegen, hat sich bisher nicht etabliert. Allerdings istnun das neue Verfahren zumindest für Wasser, daszur Abgabe in verschlossenen Behältnissen be-stimmt ist, Pflicht.

Legionellen in Warmwasser-InstallationenEine weniger beachtete Regelung der TrinkwV 2001war die Untersuchungspflicht auf Legionellen. Diesegalt für Trinkwasser-Installationen mit zentralen Er-wärmungsanlagen, aus welchen Wasser für die Öf-fentlichkeit bereit gestellt wurde. Regelungswertewaren nicht festgelegt. In der Praxis wurde diesbe-züglich das DVGW-Arbeitsblatt W 551 angewandt.Die Anforderung wurde bei weitem nicht von allenbetroffenen Betreibern von Warmwasser-Installatio-nen umgesetzt. Eine Überwachung war gleichfallsschwierig, da die relevanten Anlagen nicht melde-pflichtig waren. Aus diesem Grund wurde die Anzei-gepflicht einer Großanlage zur Trinkwassererwär-mung in § 13 Abs. 5 eingeführt.

Die neue Regelung bezüglich der Untersuchung aufLegionellen ist sehr zu begrüßen, zumal Deutschlandjährlich geschätzte 1.500 bis 4.500 Tote aufgrund vonLegionellen-Infektionen verzeichnet, so viele wie Ver-kehrstote! Die Ursache liegt oft in verschmutzten Fil-tern, zu niedrigen Temperaturen bei der Wasseraufbe-reitung, gefährlichen Blindleitungen und mangelnderWartung. Als weitere Kriterien gelten die Abgabe desTrinkwassers im Rahmen einer gewerblichen (z. B.Lebensmittelbetriebe, Hotels) oder öffentlichen Tätig-keit (z. B. Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser) unddas Vorhandensein von Duschen oder andere Ein-richtungen mit Aerosolbildung.

Mikrobiologische Anforderungen in den Anlagen zur TrinkwV 2012

Anlage 1:Teil I: Coliforme Bakterien in Anlage 3 „Indikatorparameter“ verschoben

Teil II: Koloniezahl und coliforme Bakterien für TW in Behältnissen in Anlage 3 verschoben

Anlage 3:Teil I: Neu: coliforme Bakterien 0/100 ml

(entspr. TW-RL, somit Entschärfung, nicht mehr Straftatbestand)Koloniezahlverfahren nach TrinkwV 1990 nicht mehr für Wasser inBehältnissen (Anpassung an TW-RL)

Anlage 3 Teil II: Neu: technischer Maßnahmewert für Legionellen 100/100 ml

Tabelle 3

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Deutschland hat jetztim Alleingang innerhalb der Europäischen Union

einen Grenzwert für Uranim Trinkwasser

festgelegt.

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Im § 14 sind die Untersuchungspflichten geregelt. Er-forderlich ist eine jährliche, systematische Untersu-chung an mehreren repräsentativen Probenahmestel-len. Genaueres regelt das DVGW-Arbeitsblatt W 551.Neu eingeführt wurde ein technischer Maßnahmewertvon 100 KBE / 100 ml für Legionellen (Legionellaspec.) Wird dieser Wert erreicht oder überschritten,gilt dies als Hinweis auf vermeidbare technische Män-gel in der Installation oder der Betriebsweise. AlsMaßnahmen sind Nachforschung zu ergreifen (z. B.Ortsbesichtigung). Ferner muss durch den Betreibereine Gefährdungsanalyse erstellt werden.

In Anlage 4, II b) werden Umfang (an repräsentativenProbenahmestellen) und Häufigkeit der Untersu-chung (mind. einmal jährlich) festgelegt. Wenn in dreiaufeinander folgenden Jahren keine Beanstandungvorliegt, kann das Gesundheitsamt längere Untersu-chungsintervalle festlegen.

Chemische AnforderungenDie Uranwerte im Trinkwasser wurden im vergange-nen Jahr mit großem medialen Interesse öffentlichdiskutiert. Deutschland hat jetzt im Alleingang inner-halb der Europäischen Union einen Grenzwert fürUran im Trinkwasser festgelegt. Mit 0,010 mg/l (ent-sprechend 10 µg/l) ist der Uran-Grenzwert inDeutschland der weltweit Schärfste. Maßgebend istdabei die chemische Toxizität von Uran und nicht dieRadiotoxizität. Laut Bundesministerium für Gesund-heit bietet dieser Grenzwert allen Bevölkerungsgrup-pen – Säuglinge eingeschlossen – gesundheitlicheSicherheit vor möglichen Schädigungen durch Uranim Trinkwasser. Fast gleichzeitig wurde der WHO-Richtwert für Uran von 15 µg/l auf 30 µg/l heraufge-setzt. Gleichfalls liegt ein Veto der EU-Kommissionvor. Von Deutschland wurde eine Rechtfertigung für

die Wahl dieses Grenzwertes gefordert. Mit der Ver-ordnung wird auch der Grenzwert für das Schwer-metall Cadmium von 0,005 auf 0,003 mg/l gesenkt.

Ab Dezember 2013 gilt der schon seit 2001 vorge-sehene verschärfte Blei-Grenzwert von 0,010mg/l.Die Verordnung verpflichtet in § 21 zeitgleich Anla-genbetreiber, die Verbraucher über das Vorhanden-sein von Blei als Werkstoff in der Trinkwasservertei-lung zu informieren. Hausanschlussleitungen wieauch Trinkwasser-Installationen in Gebäuden, insbe-sondere bei Altbauten, können Bauteile aus Blei ent-halten.

Anlage 2, Chemische Parameter:Teil I: Neuer Parameter Uran,

GW 0,010 mg/l =10 µg/l

Teil II: Cadmium neuer GW 0,0030 mg/l = 3 µg/l (bisher 0,005 mg/l)

Teil II: Kupfer – unterer pH-Wert für Verzicht auf Unter-suchung auf pH 7,8 angehoben (bisher 7,4)

Teil II: THM bis 0,10 mg/l am Zapfhahn möglich, wenn seuchenhygienisch begründet (aus TW-RL), sonst 0,050 mg/l

Teil II: Blei (aus TrinkwV 2001) ab 01.12.2013: 0,010 mg/l (bisher 0,025 mg/l)

Tabelle 4: Die Änderungen in Anlage 2 sind in der Tabelle 4zusammengefasst. Für den Analytiker auffällig ist die Tatsa-che, dass bei vielen chemischen Grenzwerten nach derletzten Stelle hinter dem Komma eine „0“ hinzugefügt wur-de. Dies kann als Präzisierung oder Verschärfung interpre-tiert werden.

Wenn Grenzwerte von Indikatorparametern über-schritten werden, kann das Gesundheitsamt in einemweniger aufwändigen Verfahren Entscheidungen tref-fen (§ 9 Absatz 5). Es kann entscheiden, ob und wielange die Wasserversorgung ohne Maßnahmen wei-ter geführt werden kann, wenn keine Gefährdung dermenschlichen Gesundheit zu besorgen ist (d. h. kei-ne 30-Tage-Frist, keine Begrenzung auf 3 (x3) Jahre,keine Unterrichtung oberer Behörden erforderlich).Das Gesundheitsamt hat auch die Möglichkeit, vonMaßnahmen ganz abzusehen. Behördlich nicht ak-zeptiert werden kann aber weiterhin eine langfristigeAbweichung von den Anforderungen der Anlage 3 inder öffentlichen Wasserversorgung.

Weiter offen sind die Durchführungsvorschriften zurPrüfung der radiologischen Parameter Tritium undGesamtrichtdosis. Fachlich zuständig dafür sind dasBundesministerium für Umwelt und das Bundesamtfür Strahlenschutz. Von diesen Behörden wurde einumfassender Entwurf zur Regelung der radiologi-schen Parameter erarbeitet. Der Entwurf wurde vomBundesrat in Gänze abgelehnt. Als Ergebnis dieserBemühungen gibt es zumindest einen Leitfaden zurÜberwachung der radiologischen Parameter in

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Trinkwasserverordnung

Der Mineralbrunnen 01 | 2012

Trinkwasser. Es ist zu erwarten, dass das Thema beieiner künftigen Änderung der Trinkwasserverord-nung erneut aufgegriffen wird.

Zu beachten ist die neu eingeführte „Generalklausel“in § 9 Abs (6). Bei Stoffen oder Mikroorganismen, fürdie keine Grenzwerte festgelegt sind und bei wel-chen eine Gesundheitsgefahr zu besorgen ist, kanndas Gesundheitsamt Konzentrationen und Zeiträu-me festlegen, bis zu denen diese Stoffe im Wasserenthalten sein dürfen. Solche „nicht gelisteten“ Stof-fe waren in der Vergangenheit zum Beispiel Uranund die nicht relevanten Metabolite von Pflanzen-schutzmitteln. Für die nichtrelevanten Metabolite er-folgten nach und nach unverbindliche Bewertungendurch das UBA, die Regelungen durch die lokalenGesundheitsämter waren aber sehr unterschiedlich.An diesem Zustand wird sich auch mit der neuenRegelung leider nichts ändern. Nach wie vor gibt esin Deutschland keine zentrale, verbindliche Bewer-tung von Spurenstoffen im Trinkwasser.

Auf weitere Neuregelungen im Bereich Aufbereitungund Desinfektion, Anzeigepflichten, Untersuchungs-verfahren und Untersuchungsstellen u. a. wird in die-sem Artikel nicht eingegangen. Es obliegt aus hiesi-ger Sicht dem akkreditierten, externen Labor (als zu-gelassene Untersuchungsstelle gem. § 15), den Be-treibern der Trinkwasserversorgung in allen Fragenberatend zur Seite zu stehen.

FazitDie erste Verordnung zur Änderung der Trinkwasser-verordnung TrinkwV 2001 kann im Großen und Gan-zen als zielführend betrachtet werden. Es sind einigeKlarstellungen erfolgt, auch eine bessere Anpassungan die Trinkwasser-Richtlinie ist zu vermerken. Eswurden Regelungen geändert oder schlichtweg ge-strichen, die seitens der Behörden nie zur Umset-zung gekommen sind. Andererseits wurden auchRegelungslücken geschlossen. Ob das Ziel der Ent-bürokratisierung geglückt ist, wird die Praxis ent-scheiden. Insbesondere wird die umfassende Neu-regelung bezüglich der Legionellen mit Aufmerksam-keit zu beobachten sein. Leider sind seitens der Be-hörden schon Stimmen zu hören, welche eine Um-setzung der Überwachung nicht wünschen. Das istnicht zu verstehen bei dem bekannten hohen Pro-zentsatz von Installationen mit bakteriologischenVerunreinigungen, wie etwa die gefährliche Kontami-nation mit Legionellen. Es ist heute schon klar, dasseine weitere Novelle erforderlich sein wird, zumalnicht alle „Hausaufgaben“ erledigt wurden. Nach derNovelle ist eben immer vor der Novelle.

Quellen:

Verordnung über die Qualität von Wasser für den mensch -lichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001)

RL 98/83/EG 1998 Trinkwasser-Richtlinie

Referentenentwurf zur 1. Novellierung der TrinkwV 2001,Bundesratsdrucksache 530/10

Informationsveranstaltung des DVGW vom 8. Dezember 2010, hier:

Referat Ministerialrat Ralf Suhr, BGM BonnReferat Dr. Birgit Mendel, BGM Bonn

Referat Dr. Bernhard Post, Hessenwasser, Groß-Gerau

Erste VO zur Änderung der TrinkwV vom 3. Mai 2011

Dr. Ulrich Borchers, Veröffentlichung in „Vom Wasser“ 2011,„Die Revision der Trinkwasserverordnung

von 2001 – Was ist neu?“

Ingrid SchmittnägelSchlimpfhofer Str. 297723 OberthulbaTel.: 09736 7516-12Fax: 09736 [email protected] www.institut-romeis.de

„Es ist heute schon klar, dass eine weitereNovelle erforderlich sein wird (...) Nach der Novelle ist eben immer vor der Novelle“

Ingrid Schmittnägel, Institut Romeis

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Anlage 3 Indikatorparameter, Teil 1

• El. Leitfähigkeit: neuer (alter) GW 2790 µS/cm bei(wieder) 25 °C

• Ammonium: Nachforschung bei plötzlichem oder kontinuierlichem Anstieg

• Geruch: qualitative Untersuchung im Routine betrieb(bisher Geruchsschwellenwert gem. DIN EN 1622)

• Verzicht auf Geschmacksprobe bei mikrobieller Kontamination

• Geogen bedingte Überschreitungen (alt) bei Ammonium, Chlorid, Sulfat, Eisen, Mangan –jetzt allgemein in § 9 (5) geregelt

• Anstieg der Trübung auch im Verteilungsnetz meldepflichtig (TW-RL)

• Sulfat: neuer GW 250 mg/l (bisher 240 mg/l)

• Neu: eigenständiger Parameter Calcitlösekapazität(bisher in Anmerkungen zu pH-Wert)

Tabelle 5: Zusammenfassung aller Änderungen der Indika-torparameter

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