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Die Panzerknackerin Neues vom Kampf geg en Krieg & Militarisierung 5 Beiträge zum Aktionstag gegen militärische Infrastrukturen, 1 Aufruf zur Kampagne gegen DHL, 1 Text zu eingebetteten EthnologInnen im SFB 700, 1 Prozesserklärung der Beschuldigten im [mg] Prozess, und x direkte Aktionen gegen den M-Komplex # 03 Aktuelle Berichte von antimilitaristischen Initiativen auf der Strasse & ihren FreundInnen in aller Welt More and more Social War a.d.c. im Advent des Aufstands Langsam kommt die Message an: Gegen den Krieg zu kämpfen kann nicht heißen sich für einen weichgespülten Kapitalismus einzusetzen - der ja auch für die wenigsten noch im Angebot ist. Für den Rest vorge- sehen ist der Frieden der Friedhöfe, der auf Dauer gewaltsam befriedete, aber in keinem Moment wirklich aufgehobene soziale Kon- flikt. Während sie dafür sorgen, dass im hochgerüsteten Grenzstreifen Mittelmeer jeden Tag AfrikanerInnen ertrinken erklären die Eliten die Idee der Grenze für aufgelöst. Für sich. Für ihr Geld, ihre Waren, ihre Panzer, ihre Kontrolle. Wieder einmal sollen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf kriegerischem Wege neu vermessen werden. Hier wie dort. Die Spürpanzer gegen die G8 Proteste in Heiligendamm, die Morde der Bullen in Genua und Athen, das gleichzeitige abwer- fen von Bomben & Brot zu Beginn des Afghanistan- Krieges waren nur der plumpe Start einer Militarisierung des Zivilen, die auch noch unsere Vorstellung davon, was Frieden eigentlich sein könnte in Tarnfarben auszumalen sucht. "Comprehensive approach" nennt es die aktuelle NATO-Strategie (übersetzt: "umfas- sender Zugang", meist reden sie hier aber von "vernetzter Sicherheit") - totaler Krieg heißt heute totale Aufstandsbekämpfung & strebt danach, sich alle gesellschaftlichen Kräfte und Strukturen zunutze zu machen. Dieses Ziel wird professionell verfolgt. SozialwissenschaftlerInnen werden an die Front geholt, auf dass die Armee den Feind besser verstehe. Dazu findet ihr auf Seite 5 einen spannenden Text. Um dieser Strategie einen Strich durch die Rechnung zu machen müssen wir wesent- lich umfassender als bisher Kriegsdienste verweigern. Nicht nur nicht zustimmen - uns vielmehr aktiv den von Kriegstreiberseite gewünschten Kollaborationen entziehen und gegen Krieg handeln, wo immer wir uns be- wegen. Und, mit dem Schlechten kommt das Gute: Die Möglichkeiten nehmen mit Fortschreiten der Militarisierung zu! Nicht nur in (Polizei-) Kasernen und Konzernen, auch in Unis, auf Arbeitsamt & Post können Kriegsdienstleister angegriffen werden. Lest dazu den Vorschlag zu DHL auf Seite 4. Help them bring the war home. Berlin: Aktion gegen ein- gebettete Wissenschaftler 12.November 2008, Freie Universität "Wer sich einbettet muss Federn lassen" Blutige Kissen an der Professorentür, der Sprecher des SFB 700 Thomas Risse liegt im aufgeschlitzten Camouflage-Bettzeug & hat Federn auf der Nase. Interventionsfor- schung nennen die AntikriegsaktivistInnen die intellektuell-militärische Zuarbeit, die sie stoppen wollen. Das frühmorgendliche Ent- bettungshappening im Rahmen des Euro- päischen Aktionstages gegen militärische Infrastruktur war die zweite Aktion gegen den Sonderforschungsbereich 700. am 1.9. dem Antikriegstag, war eine Diskussions- vernstaltung über den Afghanistankrieg blockiert worden, zu der SFB 700er als ExpertInnen geladen waren. [indymedia.org/2008/11/231649.shtml] Schweden: "Abrüstung von unten" bei BAE & Saab 16.Oktober 2008 - Eskilstuna & Karlskoga Mit Bolzenschneidern schneiden sich zwei AktivistInnen der Gruppe Ofog/Avrusta ein Loch in den Zaun der Waffenfabrik von British Aerospace Systems in Karlskoga und zerstören mit Hämmern hydraulische Zylin- der und Kühlaggregate der Haubitze 77. Diese Waffe könnte sonst 20 Minuten lang 6 Schuss die Sekunde abfeuern. Laut BzE beläuft sich der erzielte Schaden auf 50.000 Euro. Ob alle Verträge eingehalten werden können sei unklar. Zur gleichen Zeit zertrümmern weitere Leute im Saab-Werk in Eskilstuna mit Hämmern 25 Carl Gustav Granatwerfer, wie sie die indische Armee in Kaschmir und die US- Armee im Irak einsetzt. Die fünf AbrüsterInnen lassen sich vor Ort festnehmen und sehen den anstehenden Prozessen wegen schwerer Sachbeschädi- gung mit Gelassenheit entgegen. Sie wollen das Gericht zur Anklage der schwedischen Rüstungsindustrie nutzen. [ofog.org] Bodelshausen - NATO- Pipeline markiert 31.November 2008 - Waldläufer Am Rande des Landschaftsschutzgebietes "Rammert" im Landkreis Tübingen verläuft die NATO- Pipeline, durch die Treibstoff in die verschiedensten NATO- Einrichtungen der BRD gepumpt wird. Vom Ortsrand sind die weiß-roten Markierungspfähle und die eingezäunte Pumpstation gut zu sehen. im Wald findet sich ein größeres Tanklager. Betreiberin ist die Fernleitungs-Betriebs- gesellschaft mbH (FBG). Mehr Bilder bei: [de.indymedia.org/2008/12/234375.shtml] Am Wochenende spazierten Friedensakti- vistInnen ein Stück an der Pipeline entlang und wiesen mit Schildern auf die Kriegs- vorbereitungen unter der Idylle hin, auch in Hinblick auf den 60jährigen Geburtstag, den die NATO im April 2009 in Baden- Baden und Strassburg zelebrieren will. In Strassburg endet auch der Arm der NATO- Pipeline, der Bodelshausen passiert. USA: Direkte Aktionen gegen Rekrutierungsbüros 12.Oktober 2008 - Santa Cruz, USA Am sog. Columbustag greifen Leute das Rekrutierungsbüro der US-Arnee in Santa Cruz mit Farbe und Säure an. Sie schrei- ben: "Die US-Regierung führt seit jeher einen Vernichtungskrieg gegen Lebensfor- men, die auf dem Land basieren, um Erde wie Menschen die kapitalistische Ausbeu- tung aufzuzwingen. Seit 516 Jahren treffen sie auf Widerstand. Weder Justiz noch Miltär kann unsere Kämpfe niederschlagen. Wir entschuldigen uns, dass das Gebäude noch steht". [indybay.org] Seite 1 Diese Zeitung ist gemacht zum kopieren und verbreiten! Fight Copyright!!!

Die Panzerknackerin - Independent Media Centermedia.de.indymedia.org/media/2008/12/237171.pdf · 2008-12-22 · Die Panzerknackerin Neues vom Kampf gegen Krieg & Militarisierung 5

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Die PanzerknackerinNeues vom Kampf gegen Krieg & Militarisierung5 Beiträge zum Aktionstag gegen militärische Infrastrukturen, 1 Aufruf zur Kampagnegegen DHL, 1 Text zu eingebetteten EthnologInnen im SFB 700, 1 Prozesserklärungder Beschuldigten im [mg] Prozess, und x direkte Aktionen gegen den M-Komplex

# 03Aktuelle Berichte von antimilitaristischen Initiativen auf der Strasse & ihren FreundInnen in aller Welt

More and more Social Wara.d.c. im Advent des Aufstands

Langsam kommt die Message an: Gegenden Krieg zu kämpfen kann nicht heißensich für einen weichgespülten Kapitalismuseinzusetzen - der ja auch für die wenigstennoch im Angebot ist. Für den Rest vorge-sehen ist der Frieden der Friedhöfe, der aufDauer gewaltsam befriedete, aber in keinemMoment wirklich aufgehobene soziale Kon-flikt. Während sie dafür sorgen, dass imhochgerüsteten Grenzstreifen Mittelmeerjeden Tag AfrikanerInnen ertrinken erklärendie Eliten die Idee der Grenze für aufgelöst.Für sich. Für ihr Geld, ihre Waren, ihrePanzer, ihre Kontrolle.Wieder einmal sollen die gesellschaftlichenRahmenbedingungen auf kriegerischemWege neu vermessen werden. Hier wiedort. Die Spürpanzer gegen die G8 Protestein Heiligendamm, die Morde der Bullen inGenua und Athen, das gleichzeitige abwer-fen von Bomben & Brot zu Beginn des Afghanistan- Krieges waren nur der plumpeStart einer Militarisierung des Zivilen, dieauch noch unsere Vorstellung davon, wasFrieden eigentlich sein könnte in Tarnfarbenauszumalen sucht. "Comprehensive approach" nennt es dieaktuelle NATO-Strategie (übersetzt: "umfas-sender Zugang", meist reden sie hier abervon "vernetzter Sicherheit") - totaler Kriegheißt heute totale Aufstandsbekämpfung &strebt danach, sich alle gesellschaftlichenKräfte und Strukturen zunutze zu machen.Dieses Ziel wird professionell verfolgt.SozialwissenschaftlerInnen werden an dieFront geholt, auf dass die Armee den Feindbesser verstehe. Dazu findet ihr auf Seite 5einen spannenden Text.Um dieser Strategie einen Strich durch dieRechnung zu machen müssen wir wesent-lich umfassender als bisher Kriegsdiensteverweigern. Nicht nur nicht zustimmen - unsvielmehr aktiv den von Kriegstreiberseitegewünschten Kollaborationen entziehen undgegen Krieg handeln, wo immer wir uns be-wegen. Und, mit dem Schlechten kommtdas Gute: Die Möglichkeiten nehmen mitFortschreiten der Militarisierung zu! Nichtnur in (Polizei-) Kasernen und Konzernen,auch in Unis, auf Arbeitsamt & Post könnenKriegsdienstleister angegriffen werden. Lestdazu den Vorschlag zu DHL auf Seite 4.Help them bring the war home.

Berlin: Aktion gegen ein-gebettete Wissenschaftler 12.November 2008, Freie Universität

"Wer sich einbettet muss Federn lassen"Blutige Kissen an der Professorentür, derSprecher des SFB 700 Thomas Risse liegtim aufgeschlitzten Camouflage-Bettzeug &hat Federn auf der Nase. Interventionsfor-schung nennen die AntikriegsaktivistInnendie intellektuell-militärische Zuarbeit, die siestoppen wollen. Das frühmorgendliche Ent-bettungshappening im Rahmen des Euro-päischen Aktionstages gegen militärischeInfrastruktur war die zweite Aktion gegenden Sonderforschungsbereich 700. am 1.9.dem Antikriegstag, war eine Diskussions-vernstaltung über den Afghanistankriegblockiert worden, zu der SFB 700er alsExpertInnen geladen waren. [indymedia.org/2008/11/231649.shtml]

Schweden: "Abrüstung vonunten" bei BAE & Saab 16.Oktober 2008 - Eskilstuna & Karlskoga

Mit Bolzenschneidern schneiden sich zweiAktivistInnen der Gruppe Ofog/Avrusta einLoch in den Zaun der Waffenfabrik vonBritish Aerospace Systems in Karlskoga undzerstören mit Hämmern hydraulische Zylin-der und Kühlaggregate der Haubitze 77.Diese Waffe könnte sonst 20 Minuten lang 6Schuss die Sekunde abfeuern. Laut BzEbeläuft sich der erzielte Schaden auf 50.000Euro. Ob alle Verträge eingehalten werdenkönnen sei unklar.Zur gleichen Zeit zertrümmern weitere Leuteim Saab-Werk in Eskilstuna mit Hämmern25 Carl Gustav Granatwerfer, wie sie dieindische Armee in Kaschmir und die US-Armee im Irak einsetzt. Die fünf AbrüsterInnen lassen sich vor Ortfestnehmen und sehen den anstehendenProzessen wegen schwerer Sachbeschädi-

gung mit Gelassenheit entgegen. Sie wollendas Gericht zur Anklage der schwedischenRüstungsindustrie nutzen. [ofog.org]

Bodelshausen - NATO-Pipeline markiert31.November 2008 - Waldläufer

Am Rande des Landschaftsschutzgebietes"Rammert" im Landkreis Tübingen verläuftdie NATO- Pipeline, durch die Treibstoff indie verschiedensten NATO- Einrichtungender BRD gepumpt wird. Vom Ortsrand sinddie weiß-roten Markierungspfähle und dieeingezäunte Pumpstation gut zu sehen. imWald findet sich ein größeres Tanklager.Betreiberin ist die Fernleitungs-Betriebs-gesellschaft mbH (FBG). Mehr Bilder bei:[de.indymedia.org/2008/12/234375.shtml] Am Wochenende spazierten Friedensakti-vistInnen ein Stück an der Pipeline entlangund wiesen mit Schildern auf die Kriegs-vorbereitungen unter der Idylle hin, auch inHinblick auf den 60jährigen Geburtstag,den die NATO im April 2009 in Baden-Baden und Strassburg zelebrieren will. InStrassburg endet auch der Arm der NATO-Pipeline, der Bodelshausen passiert.

USA: Direkte Aktionengegen Rekrutierungsbüros12.Oktober 2008 - Santa Cruz, USA

Am sog. Columbustag greifen Leute dasRekrutierungsbüro der US-Arnee in SantaCruz mit Farbe und Säure an. Sie schrei-ben: "Die US-Regierung führt seit jehereinen Vernichtungskrieg gegen Lebensfor-men, die auf dem Land basieren, um Erdewie Menschen die kapitalistische Ausbeu-tung aufzuzwingen. Seit 516 Jahren treffensie auf Widerstand. Weder Justiz nochMiltär kann unsere Kämpfe niederschlagen.Wir entschuldigen uns, dass das Gebäudenoch steht". [indybay.org]

Seite 1Diese Zeitung ist gemacht zum kopieren und verbreiten! Fight Copyright!!!

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Nummer Drei, Advent 2008 Die Panzerknackerin

Auch in anderen Orten hatte es über denSommer Angriffe auf Büros der US-Armeegegeben, etwa in Tacoma und Spanawayim Bundesstaat Washington, wo Gruppenin Solidarität mit dem Widerstand gegen dieMilitarisierung der Häfen alle Scheiben derörtlichen Rekrutierungs-Center zerstörten.Im Hafen von Tacoma war im August 2008nach jahrelangem symbolischen Protesterstmals die reale Verschiffung von Kriegs-gerät blockiert worden.

[olypmr.org, seattle.indymedia.org]

Lüneburg: Protest gegenöffentlichen BW Appell30.September 2008 - Lüneburg, NiedersaxAn diesem Tag erhielt das 3. Aufklärungs-bataillon der Bundeswehr den Beinamen"Lüneburg". Die Zeremonie wurde direkt vordem Rathaus unter starkem Polizeischutzbegangen. Der von Bürgermeister Mädge(SPD) beschworene Rückhalt der Bevölke-rung entpuppte sich als lautstarker Protest.gegen den Aufmarsch des Militärs. Davongibt es ein Video im Internet: [graswurzel.tv]

Belfast: Protest gegen diebritische Kriegsmaschine2. November 2008 - Belfast, NordirlandAnlässlich der angekündigten Militärparadedes Royal Irish Regiment durch Belfast de-monstrierten am frühen Sonntag morgen400 Menschen gegen die britsche Armee.Das RIR besteht aus ultrareaktionären Lo-yalisten, die neben ihrem Job immer wiederfür bewaffnete Überfälle und Morde in para-militärischen und faschistischen Verbändenverantwortlich waren. Die Demo forderte einEnde der britischen Besatzung Nordirlandsund wendete sich gegen die Einsätze in Irakund Afghanistan. [reibiliun.blogspot.com]

Büchel: Zaun erklettert30.August 2008 - Büchel, BaWü

Drei FriedensaktivistInnen aus Belgien ge-lingt es, den von Hunderten Feldjägern undPolizistInnen bewachten Atomwaffen-Stütz-punkt bei Büchel zu entern. Sie klettern um15.30 Uhr über den Zaun. Mit ihrer gewalt-freien Aktion protest-ierten sie gegen dieBeteiligung der BRDan den Atomkriegs-plänen der NATO. AmCamp nahmen Leuteaus Finnland, Schwe-den, Frankreich, Bel-gien und England teil.

[atomwaffenfrei.de]

Griechenland: Militärs dreiTage lang angegriffen2.-4.November 2008 - Athen, Thessaloniki

Gleich zehn Mal greift die "Conspiracy ofCells of Fire" militärische Ziele an: In Athenbrennt ein Militärjeep & mehrere Autos derMarine im Eingang des Marinekommandos;Feuer gibt es für ACE HELLAS, einem Her-steller digitaler Systeme für die griechischeArmee, für den Klub & die Gewerkschaftehemaliger Offiziere, sowie fürs Büro vonVerteidigungsminister Vaggelis Meimarakis.In Thessaloniki wird der Klub der Reserve-offiziere, eine private Militärschule, eine mitder Armee kooperierende Bank sowie dasMilitärgericht angegriffen.

Die Zellen analysieren die Militarisierungder griechischen Gesellschaft, speziell dasEntstehen eines polizeilich-militärischenKomplexes zur Absicherung des tödlichensozialen Friedens des Kapitalismus in denMetropolen. Sie sehen ihre Aktion als Aktdes Krieges gegen die Kriegsmaschine, diein jedem Moment Menschen vernichtet undin den Selbstmord treibt. [directactiongr.blogspot.com]

Fans & PiratInnen paddelnBundeswehr BigBand weg7.August 2008 - Rheine, Westphalen

Die Propagandashow mit Infotruck gerätzur Wasserschlacht. Mit einem Schlauch-boot paddeln AntimilitaristInnen in Rheinezwischen die auf der schwimmenden Ems-bühne musizierende BW BigBand und dieUfertribüne. 500 ZuschauerInnen könnenauf dem ausgebreiteten Transparent lesen:„Spiel mir das Lied vom Tod – Bundeswehrwegrocken!“ Auf der Tribüne werden Flug-blätter verteilt.Am nächsten Tag folgt die fröhliche Fan-gemeinde der BW BigBand nach Münster,entrollt ihr Transpi diesmal auf der Bühne.Zum Konzert am 11. September hingegenwaren es Kriegsopfer und der Tod, die inNürtingen für mehr Krieg und für die BWdemonstrierten. Mit Flugis klären sie über

ihr tatsächliches Anliegen auf. In der Nachtzuvor hatten rege AntimilitaristInnen dieStadt mit Anti-Kriegs-Slogans verschönert.Auch in Berlin kamen KonzertbesucherIn-nen nicht an der Entgegennahme kritischerFlugblätter vorbei. Dem Heeresmusikcorps 2 ergeht es nichtbesser: In Göttingen schleichen sich Anti-militaristInnen am 18.November ins Konzertund entfalten das beliebte "Spiel mir dasLied vom Tod" Banner in der ersten Reihe.Flugis mit Fotos zerbombter Häuser inBelgrad und Särgen deutscher Soldatensorgten für reges Interesse. "Who wants tolive forever?". [de.indymedia.org]

Warsawa: AnarchistInnentrotzen Nationalfeiertag11. November 2008 - Warsawa, Polen

Am "Unabhängigkeitstag" ist in Polen einegrosse Vielfalt nationalistischer und milita-ristischer Spektakel geboten: Das Militärparadiert, die Nazis gehen auf die Strasseund der Präsident gibt einen Ball. Dagegenorganisierte sich anarchistischer Wider-stand. Am Nachmittag protestierten sie beider Parade gegen die in Slupsk geplanteUS-Militärbasis und verteilten Flyer mit Tipsfür den Atomkrieg. Seit der EntscheidungPolens für den Bau des sog. Raketen-schildes stationieren Russland und Weiß-russland Atomraketen an der polnischenGrenze. Später versuchten AnarchistInnenden weit größeren Aufmarsch der faschisti-schen ONR zu blockieren, bevor sie amAbend einen Gegenball auf der Strasseveranstalteten. [cia.bzzz.net]

Hannover: Sommerbiwakführt zu ProtestclusterAugust 2008 - Hannover, NiedersachsenNicht noch einmal wollte die BW riskieren,dass ihr Adventskonzert in der Marktkirchezum antimilitaristischen Highlight wird undsagte dieses kurzerhand ab. Beflügelt vondiesem Erfolg besetzt die Gruppe PinkPanzer kurz vor dem Kuschelfest von Stadtund BW den Park, in dem das ganzesteigen soll: Transparente werden in Bäumegehängt, Rasenflächen und Blumenbeetemit zehntausenden "Soldaten-sind-Mörder"Schnippselchen verziert. Parolen gegenKrieg auf Wegen und Bäumen markierendie antimilitaristische Sondernutzungszone.Am Tag selbst gelang es dank neuer Stra-tegie, dass viele Leute nahe ganug an diePanzerfreundInnen herankamen, um mitSchmähreden, Transparenten und blutbe-sudelten Körperteilimitaten die Botschaftrüberzubringen. Die Gäste schlichen zumNebeneingang rein, die Party konnte nurunter massivem Polizeischutz stattfinden,[antimilitarismus.blogsport.de]

Seite 2

DIE PANZERKNACKERIN berichtet über aktive Bemühungen antimilitaristischer Gruppen gegen Krieg, Besatzung und Vertreibung. Überdirekte Aktionen gegen Kriegsmaschinerie und Rekrutierung. Gegen das Morden durch die Abschottung der Grenzen, gegen Aufrüstungund Ausbau von Polizei und Gefängnissen. Gegen den Einzug der Kriegslogik in unser aller Alltag und die allgemeine Kriminalisierung derSozialen Frage. Für eine Perspektive jenseits der tödlichen kapitalistischen Zustände. Ohne Gerechtigkeit wird es keinen Frieden geben.We gotta fight the power for peace! [[email protected] / online zu Gast bei: bundeswehr-wegtreten.org]

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Die Panzerknackerin Nummer Drei, Advent 2008

Europäischer AktionstagMilitärische Infrastruktur 14./15. November 2008 - vielerorts

In Berlin ging es mit dem Besuch des SFB700 [siehe Seite 1] am 12.11. schon früherlos. In den folgenden Tagen gab es weitereBeiträge von AntimilitaristInnen zum euro-päischen Aktionstag "Krieg geht von Europaaus", zu dem ein in Malmö auf dem ESF2008 frisch ins Leben gerufenes antimilita-ristisches Netzwerk aufgerufen hatte:[europeanpeaceaction.org]

BRD: AntimilitaristischeTatortinspektion13.November 2008 - Berlin & Potsdam

Bereits die erste Station der antimilitaristi-schen Bustour machte Furore: Der Prozessgegen Axel, Florian und Oliver musste auf-grund der lautstarken Kundgebung vor demGericht unterbrochen werden. Seit dem 25.September wird dort gegen die drei Antimi-litaristen nach §129 verhandelt, die im Julivorigen Jahres versucht hatten BW-LKWauf einem Firmengelände von MAN anzu-zünden, d.h. Kriegsgerät unbrauchbar zumachen. [Die Prozesserklärung der dreifindet ihr auf Seite 9]Weiter ging es zum Teach-In in der Men-sa der Uni Potsdam, wo vor einem Jahrder Studiengang Military Studies einge-führt wurde, der als direkte Kooperationvon BW-Instituten und Uni als Speerspitzeder Militarisierung von Forschung undLehre gelten kann. "Bundeswehr raus ausden Unis" lautete die klare Botschaft.

Nächste Station war die MAN-Werkstatt inBrandenburg, die nach Scheitern der ge-nannten Abrüstungsinitiative weiterhin alsTatort zu gelten hat. Einstweilen wurdedieser inspiziert und ein auf Papier gemal-ter Bundeswehr-LKW in Brand gesetzt. Zum Ende der gut 5-stündigen Bustour,auf der es neben den genannten PunktenBeiträge zu weiteren antimilitaristischenInitiativen, aber auch zu neuen Strategienvon BW und NATO gab, wurde das Ein-satzführungskommando der Bundeswehrin Potsdam-Geltow aufgesucht. Von demunscheinbar mitten im Wald gelegenenTatort aus werden sämtliche Auslandsein-sätze der BW befehligt. [ein super filmchen davon: freundeskreis-videoclips.de/2008/tatortinspektion.php]

Belgien: Kriegsministeriumkurzerhand geschlossen 14.November 2008 - Brüssel

Um gegen die direkte und indirekteBeteiligung Belgiens am Afghanistankriegzu protestieren - von Militärbasen in derBRD wird immer wieder Kriegsgerät undMunition über den Hafen von Antwerpennach Afghanistan und Irak verschifft - ver-schließen 30 Vredesactie AktivistInnen dieTüren des Ministeriums mit Ketten undschließen sich selbst daran fest. Auf demGebäude wird ein Banner angebracht,große Mengen Blut vom Gehweg gekippt.

[vredesactie.be]

Spanien: Friedensfahne aufRadarstation gehisst14.November 2008 - Alacant

Am frühen Morgen erklimmen einige Leutevon der Gruppe tortuga die mit doppeltemStacheldrahtzaun gesicherte Radarstationauf dem höchsten Berg der Region, demAitana, und hissen dort als Zeichen ihresUngehorsams gegen Krieg und Ungerech-tigkeit, sowie als Symbol der Gesellschaft,die sie errichten wollen eine Friedensfahne.[grupotortuga.com]

Baskenland - Blockade vorRüstungsfabrik ITP15.November 2008 - Bilbao

Die Alternativa Antimilitarista MOC ausBilbao verriegeln das Tor der Rüstungspro-duzenten ITP mit Ketten und übergießensich selbst mit roter Farbe. ITP steht fürIndustria de Turbopropulsores und stelltvor allem Motoren und Turbinen für Heli-copter und Flugzeuge her, z.B. für Euro-fighter, Airbus Transporter und Chinook.[antimilitaristas.org]Das war es leider schon an Aktionen indiesem Rahmen. Vielleicht hatte sich dieIdee von europeanpeaceaction einfach jen-seits der traditionellen Friedensbewegungnoch nicht rumgesprochen? Wie dem auchsei, passiert ist trotzdem ne ganze Menge:

Magdeburg: Sabotage vonBundeswehrfahrzeugen15. Dezember - bei Diesdorf, BRD

Das "Kommando Schwarzer Salzstreuer"zersticht auf einem unbewachten Gelände

der Bundeswehr die Reifen von drei Fahr-zeugen, verklebt die Schlösser, gießt Farbedarüber aus und schreibt "Soldaten sindMörder" an die Wand. Die Gruppe ist derAnsicht: "Direkte Aktionen gegen Militärein-richtungen und andere Institutionen staat-licher Gewaltausübung sind legitim undnotwendig im Kampf für eine herrschafts-freie Gesellschaft." Sie widmen ihre Aktionden Beschuldigten im [mg] Prozess "Sindwir nicht alle ein biszchen militante gruppe?"[directactionde.blogspot.com]

USA: Sabotage bei Boeinglegt Produktion lahm 22.November - Ridley Park, Pennsylvania

Ein unbekanntes Objekt in der Benzinver-sorgung einer V-22 Osprey ("Fischadler" -Kipprotorflugzeug mit vertikaler Start- undLandefähigkeit) sorgte an diesem Freitagbei Boeing für einen Produktionsstop. DieArbeiterInnen waren Samstag wie gewohntzur Arbeit erschienen, aber die Bänderstanden still. Statt Maloche sahen sie sichmit Versuchen der Werksleitung konfron-tiert, die Urheber der Sabotage zu finden.In der gleichen Anlage des Konzerns, demweltweit größten Hersteller militärischerHubschrauiber und Flugzeuge hatten ver-ärgerte ArbeiterInnen bereits im Mai dieKabel von zwei CH-47 Chinook Helicopterndurchgeschnitten.[bombsandshields.blogspot.com]

Kontra Heldengedenken:Farbe für KriegsdenkmälerZum Kanonenfuttertag - von indyGräfenberg: Kurz vor dem geplanten Nazi-aufmarsch am sogenannten Volkstrauertagwurde deren protziges Ziel, ein 8 Meterhohes Denkmal für die gefallenen Soldatenbeider Weltkriege rosa eingefärbt. Nebendas seit Jahren von den Faschisten gewall-fahrte Monstrum wurde "Nie wieder Krieg!"und "Nazis raus" gesprüht. Die unerkanntgebliebenen KünstlerInnen schlagen vor,statt der Täter den Opfern des National-sozialismus, dem Widerstand dagegen undden Deserteuren zu gedenken, die sichnicht an diesem Vernichtungskrieg beteili-gen wollten.In Bremen wurde kurz vorm nasskaltwiderlichen Heldengedenken das örtliche,von den Nazis in den 30er Jahren erbauteriesige Soldaten-Denkmal völlig eingepinkt.Aus dem Kommuniqué zur Aktion geht dieantimiltaristische Motivation der MalerInnenebenso hervor wie aus den vor Ort hinter-lassenen Slogans "Soldaten sind Mörder"und "NATO versenken".In Berlin kam es zu einer Gegenaktion aufdem Garnisonsfriedhof, dem home of manyhorrors militäristischen Gedenkens. Nochbevor die 50 Reaktionäre und Nazis (nochviel zu ungestört) ihre Kränze am Columbia-damm abwerfen konnten, war der "Herero-stein" unbrauchbar gemacht worden. DasDenkmal verherrlicht den Kolonialismus undwill das Massaker an tausenden Herero und

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Nummer Drei, Advent 2008 Die Panzerknackerin

Nama, verbrochen 1904 von der damalsschon "Schutztruppe" genannten deutschenKolonialarmee in "Deutsch-Südwest" zursoldatischen Heldentat umdefinieren.In Göttingen wurde der "Buß- und Bettag"zur antimilitaristischen Umwidmung desSoldaten-"Ehrenmals" im Stadtteil Weendegenutzt. "Tuet Buße" steht da nun, und"Weender Soldaten sind Mörder".

Italien - Demos gegengeplante Militärbasen4.Oktober 2008 - Trentino & Vicenca

Am 4.Oktober protestierten 700 Menschenaus verschiedenen Realitäten und Orten derRegion gegen den Bau einer Militarbasisder italienischen Armee in Mattarello.

Kurz nach Beginn derDemo begannen etwa25 Faschorocker ausverschiedenen europä-ischen Ländern, dieDemonstration von derTerrasse der Jugend-herberge Trento ausanzupöbeln. Die Teil-nehmerInnen wolltenund konnten das nicht

akzeptieren und riefen antifaschistische Pa-rolen. Die Situation eskalierte schnell unddiverse Objekte und Feuerwerk flogenzwischen Faschos und AntimilitaristInnen.Eines der Feuerwerke landete im Zimmerzweier Nazirocker (aus der Schweiz undaus Spanien). Beide kamen an den Ohrenverletzt ins Krankenhaus .Die Carabinieri gingen sofort zur Demo, eswurde aber niemand festgenommen. DieFaschos behelligten sie nicht. Das Klima aufder Demo war angespannt, es kam zu kur-zen Auschreitungen mit den Bullen undStreit zwischen DemonstrantInnen.Wogegen die Demo sich wendete:1) Die Militärbasis in Mattarello ist Teil einesEntwicklungsmodels für die Region. Mehre-re Waffenproduzenten, an erster Stelle dieitalienische Finmecanica sollen dort Firmeneröffnen. Zudem will Finmecanica u.a.zusammen mit der Bruno-Kessler-Stiftungein neues Forschungszentrum im Trentinoaufbauen.2) Die Basis wäre Teil größerer militärischerInfrastrukturen - eine neugebaute Strassesoll Mattarello mit der Militarbasis in Venetoverbinden. Auch der umkämpfte neue Hoch-geschwindigkeitszug TAV und der Zivilflug-hafen von Mattarello spielen eine Rolle.3) Die autonome Provinz Trento ist dieeinzige Provinz in Italien mit einem Militär-Haushalt. Sie ist mit 200 Milionen Euro amProjekt beteiligt.4) Der Aufbau der Militarbasis ist ein Schrittmehr hin zur Betonierung und Zerstörungder Alpen.Am Ende der Demonstration wurde einoffenes Plenum veranstaltet, auf dem übermögliche nächste Initiativen beraten wurde.[trentomilitarenograzie.blogspot.com]

In Vicenza demonstrierten am 2.Oktober12.000 Menschen gegen den Bau dergeplanten US-amerikanischen Militärbasisund das Verhalten der italienischen Polizei.Diese hatte bei einer Demo gegen dieBasis im September auf DemonstrantInnenbrutal eingeschlagen. Sitzstreikende wur-den an den Haaren weggeschleift, auchalte Menschen verprügelt, eine Frau imRollstuhl mit Schilden und Polizeistiefeln sogestossen, dass sie mitsamt Rollstuhl um-fiel. Über einen Demonstranten fielen 5Polizisten zugleich her. Zu einem älterenDemonstranten wurde gesagt: “Ich bringdich um, du dreckiger Pazifist!”. Es gab 20Verletzte, 6 Leute wurden festgenommen.Seit zwei Jahren kämpft die Bevölkerungvon Vicenza in einem breiten Bündnis zu-sammen mit zahlreichen Initiativen gegendie Militärbasis. Demonstrationen, direkteAktionen und ziviler Ungehorsam behinder-ten seither den Bau.

[nodalmolin.it]

Köln - Torte für Arge-Chef10.September 2008 - Körn, NRW

„Bye Bye Bundeswehr“ war das Motto einervielversprechenden Abschieds-Party zu dermehr als 40 AntimilitaristInnen in festlicherKleidung erschienen waren. Große und kleine Torten, Sahnespritzen,Sekt und Konfetti sollten die BW-Werberauf ihrem letztmaligen Weg ins BerufsInfor-mationsZentrum begleiten. Die hatten sichaber schon Stunden früher in die Arbeits-agentur geschlichen, wo sie sich vonPolizei und Securities beschützen ließen.Die einzige Interessentin musste sich alsmutmaßliche Störerin am schwer bewach-ten Eingang abtasten und durchsuchenlassen, um zu ihnen vorzudringen. Währenddessen traf eine umherschweifen-de Schokotorten-Truppe auf den neuenARGE-Chef Müller-Starmann, der mitver-antwortlich ist für die Anwerbeversuche vonarbeitslosen Jugendlichen zum Militär.Schicksalsmäßig verabschiedeten sich dieSchokotörtchen und folgten dem Gesetzder Fliehkraft aufs Hemd von Müller-Star-mann. Das Fazit in Köln ist: Die BW hatMühe ihr Gesicht zu wahren. Seit Monatenfinden Werbeveranstaltungen aufgrund derregelmäßigen Störungen nur zu publikums-armen Zeiten statt. [bundeswehr-wegtreten.org]

USA - Schwimmbad derLuftwaffe verglassplittert9.August 2008 - Vandenberg, California

An einem schönen Sommerwochenendedringen Unbekannte ins Schwimmbad derUS Air Force im kalifornischen Vandenbergein und zerdeppern Leuchtstoffröhren imBasin. Die Reinigung des Pools wird lautArmee Wochen oder den ganzen Monatdauern. Sweet Kleinvieh macht auch Mist.

[socialrupture.blogspot.com]

Berlin - Einweihung desSoldatendenkmals gestört27.November 2008 - Berlin

Mit Zombiemasken, verkohlten Leichen undTotenköpfen zogen AntimilitaristInnen vorden Bendlerblock, wo an diesem Vormittagder Grundstein für das sogenannte Ehren-mal der Bundeswehr gelegt wurde. Deroptisch leicht an einen Mülltonnen-Regen-schutz erinnernde Bau soll der Gewöhnungder Bevölkerung an Kriegstote dienen unddafür letztlich Zustimmung produzieren. DieKriegsgegnerInnen übten schon mal denoptimistischen Grundton "Ja, krepieren. FürRohstoff, Profit und Machtausbau".[bamm.de]

USA: New York Timesverkündet Kriegsende12. November 2008 - Manhattan, USA

Eine Sonderausgabe machte es im ganzenLand bekannt: Der Krieg in Afghanistan undIrak ist zu Ende! 1.2 Millionen der am 4.Juli2009 erscheinenden Zeitung, auf den erstenBlick nicht als Fake zu erkennen, wurden andiesem Morgen verteilt und manch LeserInmag sich gefreut haben am liberalen Traumvom einfach-so-vorbei. [nytimes-se.com/pdf]

Eine Kampagne gegen... Von info.libertad.de - 28.September 2008

Olivgrün unter postgelbem TarnanstrichDie Idee reiht sich ein in Vorschläge fürAktionstage gegen Rüstungsbetriebe unddie Commerzbank (an vorderster Front imBereich der Akzeptanzbeschaffung für dieBundeswehr). Ebenso wie die Commerz-bank gibt es DHL, Postämter und Postbrief-kästen in fast jeder Stadt. Diese Orte bietensich somit für lokale Aktivitäten zur NO-NATO-Mobilisierung und darüber hinaus an.So ergeben sich vielfältige Möglichkeiten,die militärische Unterstützungsarbeit vor-nehmlich ziviler Dienstleister mit hohemVerbreitungsgrad und hoher Abhängigkeitvon ihrer Reputation beim Endkundenöffentlichkeitswirksam anzugehen.Zivil-militärische PublicPrivatePartnershipEs ist der bislang größte Auftrag der deut-schen Transportbranche und es ist dasumfangreichste Privatisierungs- und Um-strukturierungsprojekt der Bundeswehr. DieBundeswehr wird große Teile ihrer Basis-logistik im Rahmen einer Public PrivatePartnership an ein ziviles Unternehmen ab-treten. Konkret geht es um die Lagerungund Bewirtschaftung von Bundeswehr-Mate-rial (ohne Sanitätsmaterial, Munition undTreibstoffe) und den weltweiten Transport [Fortsetzung auf Seite 9]

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Nummer Drei, AdveAt 2008 Panzerknack-DiskD 2009

Know you enemy:Söldner-AnthropologInnenDetelef Hartmann – brutalst gekürztFreut Euch über eine weitere Folge die-ser lehrreichen Serie, die uns hilft sie zuverstehen - all die militärischen Umbau-maßnahmen und selbstgerechten ideolo-gischen Kniffe, mit denen letztlich alles,was noch ein bißchen lebt nutzbar ge-macht werden soll für diesen verkacktenDreckskrieg.

Die Knarre in der einen Hand,den Bleistift in der anderen„Söldner-EthnologInnen / mercenary anthro-pologists“ sind derzeit in den USA Gegen-stand einer erregten Debatte. September2007 hatte US-Kriegsminister Gates dasProgramm für „embedded scientists“, für insMilitär eingebettete EthnologInnen und So-zialwissenschaftlerInnen auf 60 Mio.$ ver-dreifacht. Die WissenschaftlerInnen sollenals Bestandteil einer neuen zivilmilitärischenOffensive ins Kriegsgeschehen integriertwerden. „Bewaffnete Sozialarbeit“ war der Begriff,den der von General David Petraeus hinzu-gezogene australische Anthropologe DavidKilcullen dafür geprägt hat. Petraeus, leiten-der amerikanischer Kommandeur im Irakund früherer Assistenzprofessor betreibtein Vorhaben, das der leitende UN-Offiziellein Südost-Afghanistan als grundlegendenUmbruch der militärischen Agenda sieht:„Mein Gefühl ist, dass das Militär im Augen-blick einen enormen Wandel durchmacht,zu einem Zeitpunkt, wo sie feststellen, dasssie militärisch nicht weiterkommen.“Angestoßen durch eine entschlossene Kam-pagne aus maßgeblichen Mitgliedern derAmerican Anthropological Association, hatNewsWeek am 12.04.2008 einen kritischenArtikel gegen dieses Programm veröffent-licht: „Die Knarre in der einen Hand, denBleistift in der anderen.“ Scharfe Reaktion-en aus Pentagon und von Seiten der einge-setzten Anthropologen folgten. NewsWeekmoniert die sechsfache Bezahlung im Ver-hältnis zu amerikanischen Wissenschaftler-löhnen, mangelnde Sprachkenntnisse, zwei-felhafte Effizienz. Die leitende Wissen-schaftlerin Montgomery McFate warf denAutoren wütend mangelnde Sachkenntnisse und Blindheit vor. Der Christian ScienceMonitor hatte ein Team schon im letztenJahr begleitet und vom besseren Zugang zu

den gefährlichen beschäftigungslosen jun-gen Männern im Shabaktal und guterSpionage durch Befragungen berichtet.Befragungen waren auch das erste prakti-sche Projekt des von Deutschen quasiparallel gestarteten „Sonderforschungsbe-reichs 700“. Der SFB 700 wurde im Februar2007 als auf 12 Jahre angelegtes undfinanziertes Vorhaben eröffnet. Beteiligt sinddas BMZ, FU und Uni Potsdam, dasWissenschaftszentrum Berlin, Hertie-Schoolof Governance, Stiftung für Wissenschaftund Politik (SWP) sowie das EuropäischeHochschulinstitut Florenz. Bei „Governancein Räumen begrenzter Staatlichkeit, geht esum „Staatlichkeit ohne Staat“. Gefragt wirdnach „neuen Formen des Regierens“.So wie das Weißbuch des BMfV 2006 die„National Security Strategy“ (NSS) aus demHause Bush für den hiesigen Bedarf um-formulierte, so folgt auch der SFB 700 demVorbild US-amerikanischer Strategien. DasProjekt richtet sich auf eine kriegerischeatlantische Partnerschaft ein und wird mitSicherheit auf dem Nato-Gipfel 2009 ihregenauere Formulierung erfahren. Die ameri-kanische Initiative „bewaffneter Sozialarbeit“passt ihr grundlegendes strategisches Pro-jekt wiederum an die im Irak und Afgha-nistan gemachten Erfahrungen an: An dieglobale sozio-ökonomische Transformationim Medium des Kriegs, kurz: Globalisierungals Projekt des sozialen Kriegs. Wir werdenSFB 700 nicht verstehen können, ohne diebisherige Entwicklung kurz zu resümieren. Im 2003 erschienen Buch „Irak. Schwellezum sozialen Weltkrieg“ wurde darauf hin-gewiesen, dass Ressourcenraub und Plün-derung als Erklärung des Irakkrieges zukurz greifen. Bedroht von der neuen Gene-ration perspektivloser Jugendlicher undhegemonialen Ansprüchen terroristischerEliten aus ihrer Mitte entfesselten Neokon-servative Avantgarden ein kriegerischesAbenteuer mit dem Ziel der Transformationdes Nahen Ostens als Vorspiel einer glo-balen Transformation. Für die Neugründungdes amerikanischen Projekts definierte dienationale US-Sicherheitsstrategie die ganzeWelt als Interventionsfeld, als ein Projekt„schöpferischer Zerstörung“ nicht nur desNahen Ostens, sondern im globalen Maß-stab in der Erweiterung seiner Aufmarsch-felder vom Irak, über Syrien bis Kolumbien. Im Irak reichte der tiefe soziale Schock der„Shock-and-Awe“-Kriegsführung und die an-schließenden Freigabe für Plünderungenaus, das ohnehin in den letzten zehn Jahrensystematische zerschlissene soziale Gewe-be völlig aufzulösen und seine sozialenBestandteile verfügbar zu machen. DieHoffnung, diese Partikel würden nun jubelnddamit beginnen eine neoliberale Gesell-schaft zu formen war idiotisch und illusionär.Nachdem die Zwänge einer nachholendenModernisierung weggefallen waren, reorga-nisierten sich stammesgesellschaftlich undreligiös geprägte Strukturen ebenso schnell,wie das klientelistische Gewebe des Regi-mes - mit der Folge sich verstetigender Kon-flikte, in denen sich Bürgerkrieg und Wider-stand gegen die US-Okkupation mischten.

„Surge“ und „Counterinsurgency“ Schon früh drängten die maßgeblichen imAmerican Enterprise Institute (AEI) organi-sierten neokonservativen Hintergrundforma-tionen der Bush-Regierung auf Anpassungder Strategie. Wenn sich die Sozialstrukturdes Irak unter der frühen „idealistischen“Politik nicht zerlegen und neu zusammensetzen wollte, so bedurfte es einer Ver-tiefung des sozialstrategischen Zugriffs.Im Oktober 2003 preist Bush in einerlegitimatorischen Rede den amerikanischenÜberfall auf die Philippinen von 1898 alsModell für die neue Irakpolitik: Als Befreiungvon kolonialer Herrschaft und Blaupause fürden neuen antiterroristischen Weltkrieg. Im"US-Counterinsurgency in Iraq, Lessonsfrom the Philippine War“ der AEI-AutorenDonnelly und Serchuk finden sich dieDetails des Vorbilds einer "wohlwollendenAssimilation": Damals (wie auch heute) sei-en durch einen ersten harten militärischenSchlag die Überreste der republikanischenArmee der Philippinen zertrümmert worden,um dann mit der Politik der Counterinsur-gency den lokalen Widerstand anzugreifen.Die Struktur der Widerstandsformen damalsauf den Philippinen und heute im Irak sei diegleiche. Damals hätte man mit Zuckerbrotund Peitsche die Konfliktstruktur in lokaleAuseinandersetzungen aufgespalten und lo-kale Guerillagruppen auf die eigene Seitegebracht, um mit ihrer Hilfe den Widerstandaufzureiben. Heute wie damals sei Counter-insurgency ein blutigeres Geschäft als derkonventionelle Krieg selbst. Damals wieheute wurden unter Beteligung von Ethno-logInnen neue Eliten gegen die Aufständeaufgebaut.Nach Scheitern der brutalen Operationen inFalludja propagierten Donnelly und Serchukden „Surge“: eine „Welle“ der Steigerungmilitärischer Intensität, die das Aufstockenvon Soldaten und Material mit dem Tiefen-zugriff in die soziale Struktur unter Einsatzkriegerisch geschulter AnthropologInnenund SozialwissenschaftlerInnen kombiniert.

„Warrior-Intellectuals“ alsCounterinsurgency-Experten

„Surge“ meint die Bereitstellung zusätzlicherSoldaten in einer Höhe von 20.000 opera-tiven Kräften. Sie ist verbunden mit einemKonzept, Punkt für Punkt und ausgehendvon den befriedeten Zonen näher anssoziale Terrain heran zu gehen. Einheitensollten sich nach einer Operation nicht mehrzurückziehen, sondern das Terrain haltenund zum Ausgangspunkt weiterer Opera-tionen machen. Damit wurde das KonzeptRumfelds aufgegeben, die zahlenmäßigeStärke der Soldaten eingeschränkt zuhalten. Auch wenn der „Surge“ mit dem Ver-sprechen eines mittelfristigen Rückzugs ver-bunden war, stellt er doch eine Intensivie-rung und Vertiefung dar. Diese durchbrachaber auch den bisherigen Charakter derOperationen und veränderte das Verhältniszur Bevölkerung.War es bisher geprägt von einem rein militä-rischen Verständnis von Besatzung und Be-

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Panzerknack Disko 2009 Nummer Drei, Advent 2008

friedung, bedeutete „Surge“ einen Durch-bruch, eine Erweiterung, eine Vertiefung derOperationen in neue soziale und kulturelleDimensionen der Kriegführung. Im Selbst-verständnis seiner Betreiber: eine „kulturelleMilitarisierung“ im Sinne einer Verschmel-zung von Sozialarbeit und Anthropologie mitder Kriegführung. Kultur, soziale Netze,Mentalitäten, Einstellungen werden zumFeld militärischer Operationen, die Wissen-schaften, die sich damit beschäftigen, ver-lassen den Bereich des „zivilen“ und rückenals zivile Berater in der Erscheinung neuer„Consulting“-Firmen ins Kriegsgeschehenein, formieren sich zur Gesamtheit eines„militärisch-anthropologischen Komplexes“(Gonzalez). Sie makieren den Umbruch zueiner Totalisierung des Krieges neuen Typsaus der Krise alter militärischer Strategienheraus – einer Totalisierung der Mobili-sierung wissensgesellschaftlicher Energienin eine ungewisse Zukunft. Auch wenn der Surge aus dem neokonser-vativen Hintergrund der Bush-Administrationlanciert wurde, gehört er diesem im Kernnicht mehr an. Als zentrale Akteure ragen„kriegerische Intellektuelle“ wie GeneralDavid Petraeus und die AnthropologInnenDavid Kilcullen und Montgomery McFateheraus. Petraeus hatte 2003/2004 das Kom-mando über die 101 Luftwaffendivision imOperationsbereich Nordirak. Nachdem dieamerikanischen Kriegsstrategien sich immermehr im Widerstand festgelaufen hatten,wurde er zum Hoffnungsträger eines neuenAufschwungs. Seine strategische Offensiveins anthropologische, kulturelle, mentaleTerrain hinein erarbeitete er in kurzer Zeitmit den AnthropologInnen Kilcullen undMcFate.Beide haben als persönlichen Hintergrundein linkes Elternhaus. McFate berichtet,dass sie sieben Jahre in IRA-Sympathisan-tenkreisen gelebt habe, wo sie die großeBedeutung von Familien und sozialen Netz-werken kennen gelernt habe, Kilcullenmachte sie bei seinen Studien in West Javaähnliche Erfahrungen. Seine multidiszipli-nären Feldforschungstechniken mit anthro-pologischem Schwerpunkt galten besondersden sozialen und familiären Netzwerken derindonesischen Aufstandsbewegungen, dieer in Ost Timor als Kommandeur einerInfanterieabteilung der UN-Interventions-truppen vertiefte. Er sagt dazu: „Ich habeaußerordentlich ähnliche Verhaltensweisenund Probleme im islamischen Aufstand inWest Java und der christlich separatisti-schen Bewegung in Ost Timor miterlebt.Nach 9/11, als eine Menge Leute sagten:„Das Problem ist der Islam“, dachte ich, dasliegt tiefer. Es geht um menschliche sozialeNetzwerke und ihre Operationsweisen.“„Was mir das über Jemaah Islamya sagte,handelte nicht von Theologie. Es gibt dortElemente im menschlichen psychischen undsozialen Apparat, die das Geschehen an-treiben. Das islamische Zeug ist sekundär.Leute werden nicht von ihrer Ideologie in dieReligion getrieben. sie werden von ihrensozialen Netzwerken hineingezogen.“Montgomery McFate verarbeitete ihre Er-fahrungen aus dem IRA-Umfeld zu einem

PhD. Nachdem sie in RAND’S IntelligencePolicy Center gearbeitet hatte, ging sie zumBüro für Marineforschung in Virginia undwechselte wenig später als Kilcullen alsanthropologische Beraterin ins Pentagon.Nach dem 11. September widmet sie sich„leidenschaftlich dem Problem: die Regie-rung muss ihre Gegner kennen lernen.“ DerKampfplatz der globalen Counterinsurgencysei intim lokal und die amerikanischeRegierung brauche „feinkörniges“ Wissendes sozialen Terrains, auf dem sie kämpft.2005 veröffentlichte sie zur Notwendigkeiteiner anthropologischen Durchdringung desmenschlichen Kampffelds, des „humanterrain“ mehrere Aufsätze. 2006 verfasstesie mit Kilcullen in Zusammenarbeit mitGeneral Petraeus große Teile des neuenMilitärhandbuchs zur „Counterinsurgency“(COIN).Das Handbuch sieht Aufstandsbekämpfungausdrücklich nicht als bloße Anwendungtheoretischen anthropologischen und sozio-logischen Wissens, sondern als Lernpro-zess in der militärischen Operation. „Dienetzartige politisch-militärische Natur vonAufstand und COIN verlangt das Eintau-chen in die Bevölkerung und in ihre Lebens-weise, um siegreich zu sein. Ohne das Um-feld zu verstehen, kann nachrichtendienst-liches Wissen weder verstanden, noch rich-tig angewendet werden. Die Operationender Aufstandsbekämpfer selbst sind Schlüs-selproduzenten von nachrichtendienstli-chem Wissen. Ein Kampfzyklus entfaltetsich, wo militärische Operationen Wissenproduzieren, das in folgende Kampfzykleneingespeist wird." (1-125, 1-126) Zentral istdie „zivilmilitärische Kompetenz". Es gehtum "Wissen, kulturelles Verstehen, Wissenvon grundlegenden zivilen Funktionen. DerSoldat muss darauf vorbereitet sein, Sozial-arbeiter zu werden, ziviler Ingenieur, Schul-lehrer, Pflegepersonal, Pfadfinder." (2-41)„Die Streitkräfte müssen die Bevölkerungder Gastnation verstehen, die Aufständi-schen. Verlangt ist Einsicht in Kulturen,Wahrnehmungen, Werte, Glaubenshaltun-gen, Interessen und Entscheidungsprozes-se von Individuen und Gruppen. Kriegs-relevantes Wissen und Operationen nährensich gegenseitig. Verlangt ist ein Wissens-fluss von unten nach oben“. (3-1, 3-5)

Es geht um „Mapping“, das „gründliche Ver-messen“ von Sozialstruktur und Kultur als„Gewebe von Bedeutungen“ (3 – 36) Zentralist die Analyse sozialer Netzwerke, Verhal-ten, Führung, Dynamik, die stets aktualisiertwerden muss. (B 29ff) COIN enthält eineVielzahl von Ausführungen und Beispielen,die hier nicht alle behandelt werden können.

Wissensquelle sind über zivil-militärischeOperationen hinaus Befragungen bis zurGrenze zulässiger Folter unter Beteiligunganthropologischer Experten.

Counterinsurgency auf dem Terrain desMenschlichen

„Eintauchen in die Bevölkerung“, „Vermes-sen der sozialen Struktur“, „Lernen in dermilitärischen Operation“ sind Schlagworte,mit denen sich die Krieger-IntellektuellenZugang zu der Vorstellungswelt der Militärsbahnen wollen, um sie umzuformen. Es gehtdarum die Transformation des militärischenSelbstverständnisses in Richtung eines ver-tieften totalen Krieges als langfristigen Pro-zess ins gesellschaftliche Gewebe einzu-leiten. Einen anderen Weg des innermili-tärischen „Change-Managements“ gehtMcFate, indem sie an die Rolle der Anthro-pologie in der amerikanischen Kriegs- undKolonialgeschichte anknüpft. In ihrem Grundsatzartikel „Anthropology andCounterinsurgency" schreibt sie, kulturellesWissen sei vorrangig geworden, weil sichtraditionelle Formen der Kriegführung in Irakund Afghanistan als unzureichend erwiesenhätten. Dies liege daran, dass die Streit-kräfte einen komplexen Krieg gegen einenFeind führen, den sie nicht verstünden.Dessen organisatorische Struktur sei nichtmilitärisch, sondern stammesförmig. IhreTaktiken seien nicht konventionell, sondernasymmetrisch. Darum müsse man an daslange fruchtbare Verhältnis zwischen Militär,Kolonialismus und Anthropologie anknüpf-en. Einst sei (und dies wird positiv gesehen)die Anthropologie die Magd des Kolonialis-mus gewesen, nun sei sie im Abgrund deskritischen Postmodernismus verkommen,eingeleitet mit dem Versagen in Vietnam.McFate sieht die Anthropologie als Opfersystematischer „Selbstgeißelung“ unter anti-kolonialen marxistisch geprägten Ideologie,die sich leider unter Einfluss von Leuten wieSpivak auf die Seite der Schwachen, der„Subalternen“ gestellt hätte. Sie beschwörtdie Wurzeln dieser Wissenschaft, die tiefmit dem Militär und dem Kolonialismus ver-bunden seien, sie beschwört sogar dieWurzeln in den Indianerkriegen von 1865 –1885 (Vernichtungskriege, die in der US-amerikanischen Geschichtswissenschaft in-zwischen als Frühformen des totalen Kriegsentziffert werden). Sie fordert ihre KollegInnen auf den Elfen-beinturm der Unis in Richtung gut dotiertermilitärischer Anwendungsfelder zu verlas-sen. Diese seien auch inhaltlich interessant,denn in einer neuen Phase angewandterForschung winke das völlige Eintauchen(„total immersion“) in den Untersuchungs-gegenstand. Denn: „erfolgreiche Counter-insurgency hängt vom Erlangen einesganzheitlichen totalen Verständnisses derlokalen Kultur ab.“ Die Totalisierung anthropologisch-militäri-scher Operation stellt den paradigmatischenRahmen des neuen intellektuellen Krieger-tums. „Human terrain“ heißt nichts wenigerals die Totalisierung des kriegerischen Zu-griffs auf alle menschlichen, gesellschaft-

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Nummer Drei, Advent 2008 Panz erknack Disko 2009

lichen, mentalen, kulturellen Dimensionen.Beforschung des sich im Krieg transformie-renden menschlichen „Objekts“ und Kriegverschmelzen zu einer Operationsform. Das„Mapping“, das Vermessen des mensch-lichen Terrains öffnet in der Vorstellungs-welt des Zugriffs eine neue Ebene jenseitsder Vorstellung militärischer Raumgewinne.„Ethnographische Intelligence soll die „terraincognita“ verstehen helfen, in diesem Falldas menschliche Feld“ (Oberstleutnant FredRenzi) Das Verständnis vom menschlichenTerrains rekuriert ausdrücklich auf die Auf-standsbekämpfung, wie sie gegen die BlackPanthers zum Einsatz kam. Sie sieht dieArbeit als Laborarbeit am lebenden Objekt,ihr methodisches Selbstverständnis ist ein„social profiling“ im dynamischen Prozess,in den alle im Kampf, in den Knästen, beiInterviews gewonnenen Daten mit Hilfemodernster Erhebungstechniken einfließensollen.

Die derzeitige Militarisierung zielt nicht nurauf die kriegerische Nutzung der Ethnologie,sondern darauf Kultur und Lebensweise derBetroffenen kriegsenthnologisch zu trans-formieren - über ein kriegerisches SocialEngeneering hinaus Ethno-Engeneeringund Ethnodesign zu betreiben.

Das Projekt SFB 700 entspricht in allenwesentlichen Zügen dem US-amerikani-schen Vorhaben. Es ist auf die Totalität dergesellschaftlichen und kulturellen Verhält-nisse gerichtet. Es zielt nicht auf derenSchutz, sondern auf Transformation - aller-dings nicht im Sinn der Herstellung vonStaatlichkeit und demokratischern Verhält-nissen. Es betrachtet seinen Gegenstandvielmehr als Labor eines offenen Prozes-ses. Im Unterschied zu COIN verschmilzt esMilitärisches nicht direkt und organisatorischmit der Ethnologie. Dies hat mit der grund-sätzlichen Strategie zu tun „Wissenschaft“und Befragungen derzeit noch im Schutzdes Scheins von Neutralität und Objektivitätzu halten, auch aus historischen Gründen.Das SFB 700 hat 16 Teilprojekte, die in die4 Projektbereiche Theoretische Grundlagen,Sicherheit, Herrschaft, Wohlfahrt & Umwelt.gegliedert sind. 50-60 WissenschaftlerInnenwaren zu Beginn dabei, Tendenz steigend.ProjektleiterIn sind Thomas Risse vom Otto-Suhr-Instituts der FU Berlin und UrsulaLehmkuhl vom John-F.-Kennedy-Institut. IhrAuftrag ist die Frage nach „Governance inRäumen begrenzter Staatlichkeit: Neue For-men des Regierens?“ SFB 700 ist wederBehörde, noch Amt oder Forschungsinstitut.Er stellt selbst eine neue Form des para-staatlichen Handelns dar und verrät diezukünftige ethnomilitärische Politik der BRD.Insgesamt ist es konzipiert als sich selbstenergisierender Kern eines sich dynamischselbst organisierenden Projekts im Sinneeines public-private (Exzellenz)-Clusters.Hinter der harmlos formulierten Leit-Frage

verbirgt sich ein Durchbruch von epochalerRadikalität. Die Frage ist nicht: Wie kannStaatlichkeit, Recht, Frieden und Wohlstandin den geschundenen Regionen der Welt-gesellschaft wiederhergestellt werden? Wiekönnen Wege zur Verwirklichung von Ver-sprechen einer humanen und demokrati-schen Welt gefunden werden, in der einmenschenwürdiges Leben aller gewahrt ist?Im Gegenteil. Die weltweiten gesellschaft-lichen Zerstörungen werden als vollendeteTatsache genommen und zugleich als Aus-gangspunkt einer Reise in eine unbekannteZukunft, in der sich neue Formen derGewalt und Herrschaft jenseits freiheitlicher,demokratischer Zielvorstellungen formieren.SFB 700 konzipiert sich als Mitakteur undzugleich wissenschaftlicher Begleiter dieserFormierung, ähnlich wie COIN dies projek-tiert. Einge Beispiele dazu:

Vom Untergang der alten Welt und derSuche nach neuen Formen von Gewaltund Herrschaft im Medium des Kriegs

Risse und Lehmkuhl beschreiben die grund-sätzliche Ausrichtung des SFB in etwaq so:Die Ära staatlich gefasster Gewaltordnungmit ihren Entwicklungen von Demokratieund Recht ist vorbei. Aus den aktuellenKriegen und dem globalen Krieg gegen denTerror formiert sich Gewalt und Herrschaftneu ins historisch Offene hinein. "Könnte es angesichts der vielfältigen Räu-me begrenzter Staatlichkeit sein, dass sichder moderne Nationalstaat letztlich alshistorische Ausnahme erweist? Was, wennwir es weltpolitisch dauerhaft mit Räumenbegrenzter Staatlichkeit zu tun hätten? Waswäre, wenn entwickelte Demokratien nureine Ausprägungsform guter politischer Ord-nung darstellten, aber beileibe nicht dieEinzige? Es könnte ja sein, dass die an-fangs erwähnten weltweiten Herausforde-rungen (humanitäre Katastrophen, Klimaer-wärmung, Terror) die Folge eines Trendsvon Globalisierung und Transnationalisie-rung „von oben“ bei gleichzeitiger Aushöh-lung klassischer Staatlichkeit „von unten“sind, dass wir also das Ende modernerStaatlichkeit erleben. Auch in der entwickel-ten Welt der OECD-Länder begegnen unsRäume, in denen die staatliche Rechts-durchsetzungsfähigkeit nur begrenzt gege-ben ist (etwa die Pariser Vororte). Wirsollten uns also vor der Arroganz hüten, be-grenzte Staatlichkeit als ausschließlichesProblem der Dritten Welt zu sehen“ Angesichts des fundamentalen Umbruchslehnen sie die Orientierung am alten Moder-nisierungsparadigma Wachstum, Demokra-tisierung,.Aufbau rechtsstaatlicher Institutio-nen ab, da es auf der Annahme beruhe,"dass es sich bei begrenzter Staatlichkeitum ein defizitäres Übergangsphänomenhandelt. Dadurch gerät aus dem Blick, dasssich in Räumen begrenzter Staatlichkeitvielleicht ganz andere Formen des Regie-rens herausbilden könnten, die Formen tra-ditioneller Herrschaft mit „neuen“ Gover-nancemodi verbinden“. Die Rede ist von„hybriden Regimen“ aus formellen und in-formellen öffentlichen und privaten Macht-,

Gewalt- und Steuerungsformen, an denenauch private Sicherheitsfirmen, Warlordsund klientilistische Patronage-Netzwerkebeteiligt sind. SFB 700 sieht diesen Um-bruch als unumkehrbar an."Zur Zeit orientiert sich die internationaleGemeinschaft mit ihren Hilfsmaßnahmennoch fast vollständig am Idealbild des ent-wickelten und demokratischen Wohlfahrts-staates westlicher Prägung. Wenn wir esaber mit Räumen begrenzter Staatlichkeitals Regel- und nicht als Ausnahmefall zutun haben, dann ist diese Zielvorgabe wederpraktikabel noch normativ geboten.“Ebenso wie SFB 700 nicht demokratischinitiiert und verantwortet, sondern als sichselbst organisierendes Cluster etabliert wur-de, sagt er uns: eine demokratische, recht-staatliche Welt der Wohlfahrt aller ist out,eine Episode der Geschichte, als Projekt einhistorischer Ausnahmefall. „Häufig gehen Good Governance- Program-me internationaler Organisationen davonaus, es gehe darum, klassische Staatlichkeitmit den herkömmlichen Instrumenten staat-licher Gewaltkontrolle und effektiver Rechts-durchsetzung herzustellen. Demgegenüberhalten die Teilprojekte unseres Forschungs-vorhabens die normative Frage nach demangemessenen Entwicklungspfad für Län-der mit defekter Staatlichkeit bewusst offen.Vielmehr geht es darum, die (Dys-)Funktio-nalität bestehender staatlicher (Un-)Ord-nung in diesen Räumen zu analysieren undzu untersuchen, ob und in welchem Umfangdie „neuen“ Formen des Regierens klassi-sche Staatsfunktionen übernehmen können“

Typus Warlord als Governanceproduzent

Da nunmehr die historische Periode derStaatlichkeit als historisch nicht notwendigeAusnahme verstanden wird und nicht mehrals Etappe eines Entwicklungspfads, ändertsich auch das Verständnis von Geschichte.Sie wird als Forschungs- und Lernmaterialfür Gewalt- und Herrschaftsformation neuerschlossen und damit zugleich als Legiti-mationsressource. Dabei wird dem Gewalt-unternehmertum eine neue Bedeutung alshistorisch produktives Leitbild zugewiesen.Der historische Typus des Warlords avan-ciert zum „Governanceakteur“, zum kriegeri-schen „Staatlichkeitsunternehmer“. Gunnar Schuppert: "Die für die meistenKriege zentrale Figur des Warlords kanngeradezu als Verbindung unternehmeri-scher, politischer und militärischer Logikenin einer Person definiert werden.“ Heinrich Lang sieht die italienischen War-lords Condottieri „als Prototyp von kriegeri-schem Entrepreneurship“: „Söldnerkapitänewaren unternehmerisch tätig und führtenmilitärisches Handeln als Auftragsgeschäftim Namen der Staatsgewalt durch, so dassdie von Condottieri übernommene Kriegs-führung einen Markt für Gewalt als Bestand-teil zwischenstaatlicher Beziehungen gene-rierte." In den gegenwärtigen Söldnerfirmender Private Military und Security Companies(Blackwater, DynCorp) sieht er die „Rück-kehr der Condottieri“.

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Nummer Drei , AdveAt 2008 Die Panzerknackerin

Kolonien als historisches „Labor“In ähnlicher Weise sucht der SFB dieKolonialgeschichte als historisches Laborvon Gewaltoffenheit, begrenzter Staatlich-keit und „hybriden“ Formen der Kooperationfür die neue Etappe der Governance-For-mierung fruchtbar zu machen. Risse/Lehmkuhl dazu: „Auch wenn man bei„kolonialer Herrschaft“ eher an hierarchi-sche, repressive Formen des Regierensdenkt, spielten nicht nur für das britischeEmpire Formen „indirekter Herrschaft“ durchin das System der Kolonialherrschaft einbe-zogene lokale Akteure eine wichtige Rolle.Zum einen können koloniale und semi-koloniale Räume als Laboratorien der euro-päischen Moderne verstanden werden. Zumanderen traf die Kolonialherrschaft auf indi-gene Herrschaftssysteme. Das Aufeinander-prallen derart unterschiedlicher Formen desRegierens erzeugte hybride Governance-Formen, die u.a. charakterisiert waren durchdie uns interessierenden „weichen“ Steue-rungsformen."

Ethnologie „vor Ort“ in Zentralasien

Im Teilbereich „Transnationale Koopera-tionspartnerschaften und Gewährleistungvon Sicherheit in Räumen begrenzter Staat-lichkeit“ werden seit Jahren ethnologischeFeldforschungsprojekte in Zentralasien undinsbesondere in Afghanistan organisiert unddurchgeführt. Federführend sind ChristophZürcher und Ulrich Schneckener. Wiedergeht es dabei nicht um die Herstellungrechtstaatlicher und demokratischer Verhält-nisse. Ziel ist vielmehr „in Ergänzung von“bzw. „zusammen mit militärischen Interven-tionen, die Förderung der „Bereitstellungfunktionaler Äuquivalente von Staatlichkeitdurch Kooperation verschiedener Akteure.An solchen Kooperationen sind in denZielräumen als Adressaten der InterventionNGOs, private Akteure (v.a. lokale „big men“und klientelistische Netzwerke) sowie Teilevon Staatsbürokratien beteiligt. Die Interve-nierenden sind Internationale Organisation-en (IOs), INGOs und staatliche Akteure.“Die auf der Mikro-Ebene angesiedelten Fall-studien sind mit umfangreichen Recherchenvor Ort prozessorientiert angelegt, zunächstje drei zu Tadjikistan und Pakistan, sowiezwei zu Afghanistan. Inhaltlich geht es umein ethnologisches Vermessen, ein „Mappingder Akteure“ und ihrer Beziehungen, dann ineiner zweiten Phase um die Operationali-sierung und Standardisierung der Variablen,die Herstellung standardisierter Interview-Fragebögen und Durchführung standardi-sierter Interviews, und zwar in Kooperationmit lokalen Forschungsgruppen. Die Vor-gehensweise bei der Erhebung des Primär-materials orientiert sich an den gängigenVerfahren ethnographischer und mikropoli-tischer Feldforschung einschließlich teilneh-

mender Beobachtung vor Ort. Ob und wieeng die Verschränkung mit militärischenOperationen realisiert wird, wie das „zusam-men mit militärischen Interventionen“ imEinzelnen aussieht, ist dem Bericht Aicht zuentnehmen.Zürcher und sein Mitarbeiter Jan Köhlerbringen ihre Erfahrungen im Rahmen vonNGOs und IOs aus Einsätzen für die Welt-bank und in Kooperation mit der GTZ ein. InTadjikistan und Afghanistan rühmen sie sichsehr guter Arbeitskontakte mit lokal tätigenINGOs (MSDSP, GTZ, AKF). Gerade Tadji-kistan habe sich „zu einem beinahe ideal-typischen Beispiel für das staatsäquivalenteFunktionieren von öffentlich-privaten Part-nerschaften entwickelt.“ Seit 2001 hättenalle großen vor Ort tätigen INGOs und IO(darunter UNTOP, UNCHR, OSCE, USAID,Care, Mercy Corps, GTZ, MSDSP) ihre Pro-gramme auf Konfliktbearbeitung „gemein-streamt“ – unter Kooperation mit „den Pat-rons vor Ort“. Ganz im Sinne „funktions-äuquivalenter“ Staatlichkeit wird gefragt:„Trägt die Schaffung von ‚Inseln der Sta-biltät’, wie sie beispielsweise manchewarlords anbieten oder wie sie die PRTs(Provincial Reconstruction Teams) in Afgha-nistan herstellen sollen, auch zur Förderungder überregionalen Sicherheit bei?“ In derPakistan-Studie wird auch die funktionsäqui-valente Leistungsfähigkeit der von para-staatlichen Milizen und Rackets kontrollier-ten Netzwerke und Versorgungseinrichtun-gen in Karatschi ins Blickfeld genommen.Ergebnisse einer ersten Umfrage (durch-geführt in Kooperiation mit dem ReferatEvaluierung des BMZ) mit Interviews von2034 Haushalten in 77 Gemeinden imNordosten Afghanistans haben Köhler undZürcher im Oktober 2007 als SFB-Governance Working Paper Series No. 7veröffentlicht: Zur Frage des Beitrags aus-ländischer Truppen und lokaler Milizkom-mandeure in Fragen der Sicherheit, zu denSpannungen zwischen „westlichen und tra-ditionellen Werten“, Genderfragen, Erzie-hung und Ausbildung von Jungen undMädchen, zur Entwicklungszusammenarbeitund Rolle des Staates besonders bei derVersorgung, und natürlich dem „Mapping“von lokalen Autoritäts- und Konfliktlösungs-instanzen (auch Bedeutung der Dorfältestenund –jirga). Die Befragung war auch ein Test des Be-fragungsverhaltens und der Ansprechbar-keit (im Sinne einer ersatzdemokratischenSteuerung durch Umfrage), und verfolgtezugleich propagandistische Ziele in Afgha-nistan und Deutschland. In Anbetracht derweitgesteckten Zielsetzungen und radikalenOrientierung des SFB 700 erscheint esunwahrscheinlich, dass wir alles erfahrenhaben. Wir wissen vor allem nichts über diezivil-militärischen Informationsflüsse.Einen Interessanten Aspekt, der sich in derVorstellung der Ergebnisse kaum Nieder-schlug, enthält der im Appendix der Studiebehandelte Gesichtpunkt des sozialen Zu-sammenhalts, den Regeln und Übungengegenseitiger Hilfe und die damit zusam-menhängende Bereitschaft zur Mobilität undSelbstmobilisierung, anders: die Frage nach

dem Ausmaß gesellschaftlicher Zerstörung.Befunde werden nicht diskutiert, tauchenaber in der im Juni dieses Jahres erschiene-nen Studie der SFB-Beteiligten StiftugWissenschaft und Politik auf. Danach hättedie Schwächung bzw. Auflösung traditionel-ler sozialer Bindungen als Folge desStaatszerfalls und neuer Kommunikations-technologien auch Platz für Neues ge-schaffen. Neue Eliten hätten sich heraus-gebildet in den als Folge massenhafterFlüchtlings- und Arbeitsmigration entstande-nen Diasporagemeinden einzelner Provin-zen und ethnischer Gruppen in den großenStädten, und hätten damit zugleich dasStadt-Land-Verhältnis verändert.

Gewalt- und Governmance-MarktIm Teilprojekt Privatisierung und Kommer-zialisierung von Sicherheit – federführendsind Sven Chojnacki und Zeljko Branovi´cstehen Fragen der Funktionsweise privaterSicherheits- und Gewaltmärkten und Erfah-rungen mit den dort agierenden „Gover-nance-Entrepreneuren“ an. Ganz im Credovon SFB 700 heißt es dort:„Auch wenn sich die hier angeführten Über-legungen zu Sicherheitsmärkten auf Räumebegrenzter Staatlichkeit konzentrieren, sohat das Konzept letztlich transhistorischenCharakter. Die Monopolisierung von Sicher-heit durch den modernen Nationalstaat wür-de demnach eine historisch kontingenteMarktsstruktur beschreiben, auf der Staatenund ihre Staatsvölker als zentrale Marktteil-nehmer auftreten. Brechen diese Organisa-tionsformen beispielsweise durch Staatszer-fall oder bewaffnete Konflikte weg, impliziertdies auch einen Wandel der Marktstruktur.Wie privatisiert die Sicherheitsmärkte des21. Jahrhunderts sein werden, ist dannletztlich vor allem eine empirische Frage.“

Eine neue Ära des imperialistischenTiefenzugriffsCOIN und SFB 700 sprengen in einer neuenPhase des Kriegs gegen den Terror radi-kaler denn je die Leitvorstellungen der altenWelt. Sie koppeln die mit dem Strategie-begriff „Cluster“ verbundenen, nach innengerichteten Sozialtechniken an ein lang-fristig angelegtes Projekt militärisch-ethnolo-gischer Sozialtechniken nach außen. Sieselbst sehen dieses Projekt nicht als Vor-stellung von Ordnung, sondern als Prozesszivil-militärischen „learning by doing“. Unse-re Sache ist es nicht, über die Ergebnissedieser Forschung zu spekulieren, sondernuns mit dem zivil-militärischen Aufmarschauseinanderzusetzen. Das heißt auch, denSFB 700 in den Kontext der Schockpolitikan den Universitäten zu stellen und dort zuthematisieren.Es ist zu erwarten, dass auf der NATO-Tagung 2009 in Strasbourg die COIN-SFB-Achse als Dimension einer neuen atlan-tischen Partnerschaft (Leitvorstellung vonMerkel und CAP/Bertelsmann) zur Sprachekommt, wenn nicht institutionell, so dochzumindest inhaltlich.[materialien.org]

Indes ist eine parallel von SFB Leuten gemachte Studie fürs BMfV aufgetaucht - indymedia.org/2008/11/231649.shtml Seite 8

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Nummer Drei, Advent 2008 Die Panzerknackerin

[Fortsetzung von Seite 4]von Kriegsgerät, Soldaten, Munition, Treib-stoffen. Somit sucht die Bundeswehr einenLogistik-Partner, der die schnelle Einsatz-fähigkeit der Truppen sicherstellen und sozum aktiven Kriegsmittreiber werden soll.Beworben haben sich die hundertprozentigePost-Tochter DHL, die Deutsche Bahn mitihrem Transportunternehmen Schenker, dieDienstleistungsfirma Arvato aus der Bertels-mann-Gruppe sowie ein mittelständischesKonsortium aus der Bremer Firma HellmannLogistics, dem Flugzeug- und Rüstungs-konzern EADS sowie der BeraterfirmaAccenture. Ausländische Logistikfirmen ha-ben aus Gründen der nationalen Sicherheitkeine Chance. Die Bewerbungsfrist endeteam 8. September 2008. Mit einer Entschei-dung des Bundesamt für Wehrtechnik undBeschaffung (dem Bundesministerium fürVerteidigung unterstellt) wird im Frühjahr2009 gerechnet.Die eindeutig größten Chancen für diesenMilliarden-Auftrag werden der DHL zuge-sprochen, nicht zuletzt wegen der umfang-reichen bisherigen Zusammenarbeit mit derBundeswehr und der logistischen Expertisedie das Unternehmen in aktiver Kriegs-beteiligung an der Seite der US-Streitkräfteseit 2003 im Irakkrieg gesammelt hat.Olivgrüne Fracht - nichts neues für dieDeutsche PostDie Deutsche Post hat schon 2002 mit derBundeswehr einen Rahmenvertrag abge-schlossen, demzufolge sie national undinternational den Versand von eiligen militä-rischen Dokumenten, sowie militärischerAusrüstung und Verbrauchsgüter bis 50 kgübernimmt.Zu Beginn des Jahres 2002 wurde die Deut-sche Post World Net Hauptaktionär vonDHL. Gegen Ende desselben Jahres standDHL im 100%igen Eigentum der DeutschePost World Net. Seit 2003 wird das gesamteFracht- und Express-Geschäft der Deut-schen Post unter dem Dachnamen DHLbetrieben. DHL ist weltweiter Marktführer fürinternationalen Expressversand und Über-landtransport sowie die internationale Luft-und Seefrachtbeförderung und hatte un-mittelbar nach Aufhebung der UN-Wirt-schaftssanktionen gegen den Irak im Mai2003 dort als erstes Unternehmen Logistik-dienstleistungen angeboten. Hauptkunde im Irak ist das US-Militärwodurch DHL vom reinen Profiteur des Irak-krieges zum unmittelbaren Kriegs- und Be-satzungshelfer avancierte. Die DeutschePost AG als Konzernmutter der DHL ist umDiskretion bemüht und versucht die Frachtgegenüber der Öffentlichkeit auf Post für dieUS-Soldaten herunterzureden. Hierzu gabes eine Auseinandersetzung auf der Aktio-närsversammlung der Deutschen Post AGim April diesen Jahres. Dem Vorstandsvor-sitzenden Frank Appel wurde von kritischenAktionären vorgeworfen, die Mitwirkung desKonzerns im Irakkrieg zu verschleiern.Transportiert werden neben der Feldpostverschiedenste Güter, die vom US-Militärund von unter Vertrag stehenden Unter-nehmen gebraucht werden. Wegen der

schwierigen Sicherheitslage greift die DHLauf gepanzerte, unmarkierte Fahrzeuge zu-rück. An wenigen, sicheren Orten liefert sieim gelben DHL-Fahrzeug aus. Koordiniertwerden die Logistik-Geschäfte von PaulGillett, einem Ex-Militär. Vom Söldner zumKriegslogistiker - so wie er haben diemeisten der „ausländischen Experten” desirakischen DHL-Teams einen militärischenHintergrund. Ehemalige britische Soldatenwurden für die Absicherung der Transporteangeheuert.Zivil-militärische AkzeptanzbeschaffungIm Kontext der derzeitigen Flaute anBundeswehr-Nachwuchskriegern und derschlechten Öffentlichkeit aufgrund von dreierschossenen Zivilisten an einem Bundes-wehr-Checkpoint in Afghanistan schicktesich die Deutsche Post Ende August an,eine PR-Offensive für die Bundeswehr zustarten. Mit 8000 großformatigen Post-Pla-katen, auf denen sich ein Afghanistan-Kämpfer des deutschen Expeditionskorpsmit Hilfe der Feldpost seiner Heimat sonahe fühlen darf, will die Deutsche Post die"Akzeptanz der Bundeswehr in der Öffent-lichkeit" verbessern. Udo Eschenbach,"Konzernrepräsentant Military Affairs Bun-deswehr/NATO" bei der Deutschen Postsagt über das Plakat: "Es soll den Soldaten-beruf in der Gesellschaft präsent machen".Gelbe Militarisierung - in Leipzig weitfortgeschrittenMit Errichtung eines "technischen Stütz-punktes" für militärische Großraumtrans-porter wurde der militärische Ausbau desFlughafens Leipzig/Halle fortgesetzt. DerSubventionsflughafen (Steuerzuschüssevon über 300 Millionen Euro) war als zivildeklariert worden und wurde zeitgleich fürden Kriegsnachschub der Bundeswehr undihrer NATO-Partner auserkoren. Vor allemseit das Bundesverwaltungsgericht dieMilitärtransporte auf dem Flughafen Leipzig/Halle für rechtmäßig erklärt hat, wurdeeine eklatante Zunahme amerikanischerTruppentransporte beobachtet. Leipzig istzu einer wichtigen Zwischenstation ameri-kanischer Militärflüge in den Irak und nachAfghanistan und wieder zurück geworden.Auch die Bundeswehr nutzt den Flughafenals Zwischenstation für Soldatenflüge in dieausländischen Einsatzgebiete. Nach Anga-ben des Verteidigungsministeriums fliegenvon hier aus regelmäßig die beiden aufdem Airport stationierten Antonov-Groß-raummaschinen. Transportiert würdenGroßgeräte wie Lastwagen und Hub-schrauber, aber auch Verpflegung, Trink-wasser und Zelte, sagt ein Sprecher. Und"selbstverständlich" auch Waffen. Der mili-tärische Ausbau ist eng mit der DHLverknüpft, die über die DHL Hub LeipzigGmbH seit Anfang 2008 am FlughafenLeipzig/Halle eins ihrer weltweit dreiLuftfahrt-Drehkreuze betreibt.

Die fortschreitende Militarisierung imZivilen anzugreifen scheint ein lohnens-werter "comprehensive approach" füreine antimilitaristische Gegenstrategie.

Prozesserklärung vonAxel, Florian & Oliver26.September 2008 - Berlin [gekürzt]

Hier sitzen die falschen Leute auf derAnklagebank und sollen als Mitglieder einerkriminellen Vereinigung nach Paragraph 129verurteilt werden. Auf die Anklagebank ge-hören Kriegstreiber, Kriegsbefürworter undRüstungskonzerne.

Sie sind die kriminellenVereinigungen. Sie sindanzuklagen. Ist Krieg Frieden? Immer wieder heißt es, die heutigen Kriege -und ganz besonders der Krieg in Afghanistan -seien eigentlich eine Friedensmission. Wennman die Truppen abzöge, käme es zu Bürger-krieg oder chaotischen Verhältnissen. Dies istallerdings reine Spekulation. Sicher ist dage-gen, dass der derzeitige Kriegszustand für dieafghanische Bevölkerung Elend, Hunger undTerror bedeutet. Deutsche Politiker [...] erhaltenunermüdlich den Mythos aufrecht, die inAfghanistan operierende NATO-Truppe ISAFhandle als reine Friedens- und Stabilisierungs-mission. Dabei wird immer deutlicher, dass siean einem entgrenzten Krieg gegen die afgha-nische Bevölkerung beteiligt ist. [...]Der sogenannte Krieg gegen den Terror amHindukusch arbeitet mit Mitteln der Aufstands-bekämpfung, die sich ebenso gegen Kämpferund Kämpferinnen wie gegen Zivilisten undZivilistinnen in Afghanistan richten. Mit derÜbernahme des Kommandos der SchnellenEingreiftruppe verstrickt sich Deutschlandimmer tiefer in diesen Aufstandsbekämpfungs-krieg. Was dies für die afghanische Bevölkerungheißt, ist Ende August wieder einmal sehr deut-lich geworden. Die Koalitionstruppen verübtenam 21.August diesen Jahres ein Massaker. Siebegründeten ihr Verbrechen mit den Worten,sie hätte mit afghanischer Unterstützung einTreffen der Taliban in der westafghanischenProvinz Herat angegriffen und dabei 30, zumTeil führende Funktionäre des islamistischenWiderstands, getötet. Einige Tage später stelltedie afghanische unabhängige Menschenrechts-kommission fest, dass 90 unbeteiligte Men-schen, hauptsächlich Frauen und Kinder, ge-tötet wurden. Selbst die mit dem Westen ver-bundene Regierung Karsai musste einräumen,dass Zivilpersonen bei dem Angriff starben. Das Massaker löste in Afghanistan massiveProteste aus. In Azizabad griffen aufgebrachteBewohner und Bewohnerinnen afghanischeSoldaten an. Angesichts dieser Gewalttatennimmt der legitime Widerstand gegen die Be-satzung unter allen BevölkerungsschichtenAfghanistans zu. Die Medien stellen die afgha-nische Bevölkerung generell als Taliban oderWarlords dar - ein absolut verzerrtes Feindbild.Für viele geht es einfach um ein Recht aufWiderstand gegen den Terror der Besatzer,gegen einen Krieg, in dem so viele Unschuldigesterben müssen. Immer wieder kommt es zusolchen sogenannten Zwischenfällen, die inWirklichkeit der Alltag des Krieges sind [...]Stirbt ein deutscher Soldat in Afghanistan, dannwird jedoch staatstragend getrauert. Ende Au-gust wurde bei einem Angriff auf einendeutschen Konvoi ein deutscher Fallschirm-jäger getötet. Sein Trupp sei in eine Sprengfalle

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Nummer Drei, Advent 2008 Die Panzerknackerin

geraten, teilte der Verteidigungsminister Jungmit. Er verurteilte diesen Anschlag als feigeund hinterhältig. Tote Afghanen werden dage-gen allenfalls als unvermeidlicher Kollateral-schaden der Kriegsführung erwähnt. Müssen erst viele Zinksärge mit deutschen Sol-daten und Soldatinnen zurückkommen, damitallen klar wird: Deutsche Truppen müssen rausaus Afghanistan! Warum reichen die vielenafghanischen Toten nicht aus? Anscheinendnicht: Die Zustimmung im Bundestag für eineVerlängerung des Mandats des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr gilt als sicher. Dabeierkennen selbst viele deutsche Soldaten trotzaller Propaganda, worum es in Afghanistantatsächlich geht. Es gibt derzeit einen Einbruchbei den Meldungen zum freiwilligen Dienst ander Waffe; zehn Prozent aller Offiziersanwärterquittieren ihren Dienst schon während ihrerAusbildung. Sie haben berechtigte Angst um ihrLeben. Was sind die Kriegsgründe? Die Lügen über die Ziele deutscher Kriegs-politik werden immer offensichtlicher: Schon1999 hieß es, wir müssten wieder in den Kriegziehen, um ein weiteres Auschwitz zu verhin-dern. Mit dieser dreisten Instrumentalisierungder Shoah wurde erstmalig ein völkerrechts-und grundgesetzwidriger Angriffskrieg gegenJugoslawien legitimiert. Er kostete vielenZivilisten und Zivilistinnen das Leben. Angeb-lich sollte ein Völkermord im Kosovo verhindertwerden. Gezielte Zerstörungen von Strom- undWasserversorgungen, Brücken, Ölraffinerienund Chemiefabriken verschlechterten dieLebensbedingungen der Menschen drastisch.Jugoslawien wurde zerschlagen. In Afghanistan spricht vor allem dessen geo-strategische Bedeutung für einen Krieg. So willder US-Konzern Unocal eine Pipeline durchAfghanistan verlegen. Afghanistan ist interes-sant als Pipelinekorridor und liegt in der Nähevon zwei Dritteln der weltweiten Öl- und Gas-vorräte. Das Land eignet sich inmitten dieserweltpolitisch wichtigsten Region als Stationie-rungsort für Radaranlagen und Raketenab-schussrampen. Lothar Rühl, früherer Regie-rungssprecher und Staatssekretär im Bundes-verteidigungsministerium, bezeichnete dieSicherung der westlichen Investitionen in dasneue Afghanistan als eigentlichen Kriegsgrund.Daher wurden im Rahmen der Besatzung um-fangreiche Wirtschaftsreformen diktiert. Sobeteiligte sich Deutschland maßgeblich an derAusarbeitung eines sogenannten Investitions-schutzabkommens. Dieses erlaubt es Aus-ländern, Firmen in Afghanistan zu 100 Prozentzu besitzen, schützt sie vor Enteignung undbefreit sie obendrein in den ersten acht Jahrenvöllig von Steuerzahlungen. Die "Aufrechter-haltung des freien Welthandels und des un-gehinderten Zugangs zu Märkten und Roh-stoffen in aller Welt" - werden schon in denVerteidigungspolitischen Richtlinien von 1992als Kriegsgrund genannt. Ein weiterer Grund für die deutsche Regierung,die militärische Unterstützung des Krieges zuverlängern, ist, dass sie ihre Bündnistreuegegenüber der NATO beweisen will. Sie willihre Position in der NATO sichern und zudemauch die NATO festigen. Denn ein Abzug derdeutschen Truppen aus Afghanistan würde den"Krieg gegen den Terror" zum Scheitern ver-urteilen. Und es würde die NATO in ihrergegenwärtigen Konzeption, als weltweit agie-rendes Bündnis auch für künftige Angriffs-kriege in Frage stellen.

Wer verdient an den Kriegen? Und überhaupt: Die Geschäfte mit dem Todlaufen gut. 2007 stiegen die weltweiten Militär-ausgaben auf ein Rekordniveau. [...] Deutsch-land ist mit einem Weltmarktanteil von zehnProzent drittgrößter Rüstungsexporteur derWelt. Die Firma Heckler & Koch beispielsweise liefertweltweit ihre Sturmgewehre G 36 in die Krisen-zentren der Welt. So auch an die georgischeArmee, die am 8. August dieses Jahres dieHauptstadt der Provinz Ossetien mit deutschenWaffen überfiel. Mit der georgischen Militär-offensive begann ein schmutziger Krieg imKaukasus. Vor allem traf es wieder wehrloseZivilisten - auch Kinder: Opfer eines Konflikts,der schon viele Jahre schwelt. Trotz Export-verbots ist die Standardwaffe der Bundeswehr,das Sturmgewehr G 36 K, schon 2005 nachGeorgien geliefert worden. Die Rüstungsexport-richtlinien untersagen Waffenexporte in Krisen-regionen. Entweder hat Heckler & Koch illegalgeliefert oder die USA haben die Waffenweiterverkauft und damit gegen die Endver-bleibsklausel verstoßen, die solche Weiter-verkäufe verhindern soll. Es gab und gibtimmer wieder Waffenlieferungen von deut-schen Firmen an menschenrechtsverletzendeoder kriegsführende Staaten. Wer ermittelt ge-gen solche kriminellen Machenschaften? Werverurteilt sie? Woher kommt das Geld für die Kriege? Die Intensität der Kriege nimmt zu und an derRüstung wird immens verdient. Mit dem Vertei-digungshaushalt werden die finanziellen Grund-lagen dafür gelegt, dass die Bundeswehr ihreKriege führen kann. Die Abgeordneten desBundestages haben am 30. November 2007das Haushaltsgesetz 2008 beschlossen undden Verteidigungsetat wieder einmal um eineMilliarde auf 29,45 Milliarden Euro erhöht. Auchdeshalb wird ein Großteil der Menschen immerärmer. Es geht zuviel Geld in den Verteidi-gungshaushalt. Die sozialen Kürzungen in den verschiedenstenBereichen treffen zuerst diejenigen, die sowie-so an den sozialen Rand gedrängt sind. DieseEntwicklungen sind eben nicht zu trennen vomweltweiten Kriegszustand. Rüstungsausgabensteigen, an Ausgaben für Soziales wird ge-spart. Ganze Bevölkerungsschichten verarmen,eine neue Form von Kinderarmut entsteht. Die neue soziale Situation wird von den Strate-gen der Bundeswehr für die Nachwuchsge-winnung schamlos ausgenutzt. Professoren ander Bundeswehr-Universität München nehmenan, dass es derzeit eine erhöhte Gewaltbereit-schaft von Jugendlichen gebe. Die Bereitschaftzum Töten sei eine ideelle Ressource. Einemögliche Verbesserung auf dem Arbeits- undAusbildungsmarkt ist aus ihrer Sicht gar nichterwünscht. Denn gerade in der Perspektiv-losigkeit von Jugendlichen sehen sie dieChance, ausreichend Soldaten zu rekrutieren.So versucht die Bundeswehr besonders anSchulen und auf Arbeitsämtern, Nachwuchs zugewinnen. Wo bleiben die Kriegsflüchtlinge? Der Krieg gegen Afghanistan ist auch derGrund dafür, dass viele Menschen aus demLand fliehen. Aber anstatt sie aufzunehmen,weil man die Ursachen für die Flucht selbst ge-schaffen hat, müssen die überlebenden Opferdes Krieges eine Migrationspolitik erleiden, dieeng mit den Sicherheits- und Kriegsinteressenverbunden ist. Ziel aktueller deutscher und

europäischer Migrationspolitik ist es, Flüchtlin-ge kriegsnah in Lagern zu internieren - mög-lichst außerhalb von Europa. Und es geht umeine schnelle Abschiebung der Flüchtlinge, diees doch bis Europa geschafft haben, zurück indie Kriegsgebiete. Schon im Juni 2005 haben die deutschenInnenminister grundsätzlich die sogenannte"Rückführung" aller afghanischen Flüchtlinge inden Krieg beschlossen. Zunächst wurden nurStraftäter und alleinstehende Männer abge-schoben, jetzt sollen zumindest in Hamburgganze Familien in den möglichen Tod geschicktwerden. Die Innenminister hatten diese Ent-scheidung ein Jahr zuvor damit begründet,dass sich die Lage in Afghanistan seit demSturz des Taliban-Regimes stabilisiert habe. Essei dort wieder sicher. In einem geheimen, vonder ZEIT veröffentlichten Papier, gab aber da-mals selbst das Auswärtige Amt zu, dass dasLand "kein sicherer Herkunftsstaat" sei. Welcher Widerstand ist möglich gegenden Krieg? Widerstand, der das Ziel hat, die Gewalt desKrieges, die Kriegswirtschaft sowie das Militäranzugreifen, um eine Situation der Besatzung,die Ermordung von Zivilisten und Zivilistinnenund die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen zuunterbinden, ist legitim. Sabotage ist ein Teildieses Rechtes auf Widerstand und soll imbesten Fall Schlimmeres, nämlich Kriegsein-sätze, verhindern helfen.

Im angelsächsischen Raum gab es in denletzten Jahren drei Sabotage-Aktionen, die diedortigen Geschworenengerichte nicht bestraf-ten, sondern bei denen sie die Angeklagtenfreisprachen [dazu findet ihr in früherenPanzerknackerinnen einiges] Aber in Deutsch-land setzt man alles daran, ein ruhiges Hinter-land zu haben, um Kriege führen zu können.Deshalb geht es für die Staatsorgane hier mitaller Gewalt darum, die Gesellschaft zu militari-sieren und einen Feind sichtbar zu machen undzu identifizieren, um ihn auszugrenzen und indie Gefängnisse zu stecken. Kenntlich gemacht wird der Feind über dasGesetz, über die Paragraphen 129, 129a und129b und deren Anwendung. Auch gegen unswird der §129 gerichtet. Wer der Feind ist, liegtin der Definitionsmacht der Herrschenden. Dasmg-Verfahren ist in diesem Sinn zu verstehen. Worum geht es in unserem Verfahren? Wir sollen als antimilitaristischer Widerstand,Revolutionäre und Mitglieder der militantengruppe im Sinne der Staatsräson angeklagtund verurteilt werden. Denn es geht in diesemGerichtsverfahren nicht nur um eine versuchteBrandstiftung gegen Militärfahrzeuge, sondernum ein sogenanntes Vereinigungsdelikt. Obnun terroristische oder kriminelle Vereinigung,strafbar ist die bloße Mitgliedschaft, egal ob dieeinzelnen Mitglieder eine Straftat begangenhaben oder nicht: Der aktuelle §129 erhielt sei-

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Die Panzerknackerin Nummer Drei,Advent 2008

ne Struktur im Rahmen des 1. Strafänderungs-gesetzes 1951 zur Verfolgung von Kom-munisten und Kommunistinnen in der BRD. Der §129 hat die Funktion eines politischenStrafrechtes, wenn der Bundesgerichtshof diemilitante Gruppe als eine kriminelle Vereini-gung klassifiziert, obwohl doch nach demArtikel 103 Absatz II des Grundgesetzes gilt,dass niemand wegen seiner politischen An-schauungen benachteiligt oder bevorzugtwerden darf. Trotzdem bleibt dieses Gesin-nungsstrafrecht bestehen. Im Namen der militanten Gruppe gab es Be-kenntnisse zu 24 Anschlägen und den Versuch,eine Debatte über Militanz und Organisierunganzuregen. In ihren Texten erklärt sie, dass ihreAnschläge in der derzeitigen Phase nur einepropagandistische und unterstützende Wirkungfür Klassenkämpfe oder antirassistischeKämpfe haben können. Der Bundesgerichtshofnahm inzwischen davon Abstand, zu be-haupten, diese Aktionen könnten die Grund-strukturen des Staates beseitigen oder beein-trächtigen - als objektive Bedingung für dieZuschreibung einer terroristischen Tat. Die Anklage durch die Bundesstaatsanwalt-schaft auf der Grundlage des §129 soll aberweiter dazu dienen, einen solchen organisiertenWiderstand zum Staatsfeind zu überhöhen.Das Verfahren gegen uns kann so auch zu ei-nem exemplarischen Verfahren werden, umzukünftig mit dem §129 vom Farbbeutelwurf biszum Straßenriot viele Mittel gesellschaftlicherAuseinandersetzung zu kriminalisieren und miteinem Feindstrafrecht zu bestrafen, das vomnormalen Strafrecht abgespalten wird. Die Kriminalisierung politischen Widerstandestrifft derzeit nicht nur uns: In Stuttgart-Stamm-heim gibt es zurzeit ein Verfahren auf derGrundlage des §129b. Auch in anderen Län-dern werden politische Aktivisten und Aktivist-innen kriminalisiert: in Frankreich die Anarcho-Autonomen, in Griechenland die Anarchistenund Anarchistinnen, in Belgien und der SchweizDie Rote Hilfe International, in Österreich dieTierrechtsaktivisten und -aktivistinnen, imBaskenland und in Italien die politisch-militä-rische Kommunistische Partei (PC p-m) undder Genua-Widerstand. Wie rüstet der Staat präventiv gegenWiderstand auf? Das Strafrecht wird hier in ein Gefahrenvor-beugungsrecht überführt. Um ungestört Kriegeführen zu können und den kapitalistischenNormalzustand zu sichern, werden Maß-nahmen ergriffen, die sich gegen jeden undjede richten können. Damit verbunden ist derimmer schnellere Abbau demokratischerRechte. Die zunehmende Militarisierung - derAusbau des Überwachungsstaates werdenforciert. Ziel des anvisierten präventiven Sicher-heitsstaates ist es, den verfassungsgemäß un-veränderbaren Artikels 1 des Grundgesetz es,den Schutz der Menschenwürde, auszuhebeln. Die Angst vor der terroristischen Gefahr wirdgeschürt, um die Bürger und Bürgerinnen indiese Richtung manipulieren zu können. Fürdiese Gefahr gibt es keine konkreten Anhalts-punkte. Aber für den Umbau des Rechtsstaateshält sie her. Von einem Großteil der Menschenwird alles gebilligt, was die angebliche Gefahrmindern könnte. Die meisten Freiheitsgesetzewerden der Sicherheit geopfert und vielekriegen es nicht mit. Die Sicherheitspolitikschlägt verfassungsrechtliche Bedenken in denWind. So will der Innenminister das Folter-verbot aufheben: Wenn ein Beschuldigter auf

grausame Weise gesprächig gemacht wurde,dann sollen die deutschen Sicherheitsdienstedavon profitieren können. Der Innenministerfabuliert von extralegalen Erschießungen undwill den Abschuss von entführten Flugzeugenerlauben. Zudem stehen auf der Wunsch-agenda des Innenministeriums oder sind zumTeil schon Realität: Das Einsperren von so-genannten Verschwörern und Gefährdern inLager, Kommunikationsverbote für politischMissliebige und für ganze Gruppen von Mi-granten und Migrantinnen, Hausdurchsuchun-gen ohne Anwesenheit von Zeugen und Be-troffenen, geheime Onlinedurchsuchungen,Einsatz von Militär mit Waffen gegen Demon-strierende und die umfassende Bespitzelungder Bürger und Bürgerinnen durch Polizei undGeheimdienste sowie die Rasterfahndung. Mit welcher Aggressivität sich die Zuständeverschärfen könnten, zeigen die Vorschläge derBundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD),die sogar die Anti-Terror-Gesetze durch diezwei neuen Paragraphen 89a "Vorbereitungeiner Gewalttat" und Paragraph 91 "Anleitungzu einer Gewalttat" erweitern will. Demnachsollen auch Einzelne wie terroristische Vereini-gungen verfolgt werden können. Dass die Rechtsordnung im Rahmen staat-licher Repression suspendiert wird, ist in derBRD nichts Neues. Schon in den 1970 Jahrenwurden Legislative, Exekutive und Justiz in densogenannten Krisenstäben einfach zu einemKomplex miteinander verschmolzen, um gegendie RAF vorzugehen. Die Krisenstäbe erwogenwährend der Schleyer-Entführung die Todes-strafe für inhaftierte RAF-Aktivisten. General-bundesanwaltschaft Kurt Rebmann schlugsogar vor, den Artikel 102 des Grundgesetzes,"Die Todesstrafe ist abgeschafft"- unverzüglichzu ändern - und solche Personen zu erschies-en, die "von Terroristen durch menschen-presserische Geiselnahme befreit werdensollen". Was lehrt uns die Geschichte? Aus der Geschichte des deutschen Faschis-mus haben zumindest wir gelernt, dass der NS-Staat mit Unterstützung seiner nationalmobilisierten Bevölkerung eine grenzenloseKriegsgewalt vorangetrieben hat, die die Zivil-bevölkerung in Europa brutal zu spüren bekam.Nach dem 2. Weltkrieg konnte es aufgrund derMillionen Kriegstoten und der systematischenErmordung des europäischen Judentums nureine Lehre geben: Nie wieder Krieg, nie wiederFaschismus. Daraus speiste sich auch der Widerstand derNachkriegszeit: Der Widerstand gegen die Wie-derbewaffnung, gegen den Aufbau einer neuenWehrmacht, die dann Bundeswehr hieß, gegenAtomwaffentests, gegen Nato-Manöver, gegendie imperialistische Kriegspolitik der USA. Wenn das Gericht versucht, uns zu bestrafen,richtet sich diese Kriminalisierung gegen denemanzipatorischen Versuch, sich gegen einenStaat und gegen eine herrschende Politik zuwenden, die im Namen des sogenannten"Kriegs gegen Terror" Krieg führt, bombardiert,tötet und foltert. Nie wieder Krieg!Viele Formen des Widerstands sind legitim!Für eine kommunistische Weltgesellschaft!Mit Tucholsky sagen wir:Krieg dem Kriege!Friede auf Erden!

Moskau: VollversammlungFood not Bombs geplantindymedia - 13. November 2008

"Food Not Bombs" ist eine weltweite Bewe-gung selbstorganisierter Gruppen gegenMilitarismus und Armut. Sie sammeln Le-bensmittelspenden oder "containern" Dinge,die wegen nahender Verfallsdaten von denSupermärkten weggeworfen werden, koch-en größere Mengen vegetarisches oder ve-ganes Essen und ziehen dann los, um es zuverschenken. Dazu wird Theoretisches ge-reicht gegen Kapitalismus, Faschismus undvor allem natürlich gegen den Krieg, für denRegierungen bekanntlich immer Geld übrighaben - wie es z.B. in Pakistan offiziell hieß:"Wir werden die Atombombe bauen, auchwenn wir alle hungern müssen!"In Russland arbeiten die zahlreichen FNBGruppen unter exrem schwierigen und echtgefährlichen Bedingungen.Essen ist schwer aufzutrei-ben, sobald der Treffpunktbekannt wird drohen Über-fälle von Polizei und Nazis.Vor genau drei Jahren, am13.11.2005 wurde TimurKatscherawa in Petersburgvon Faschos erstochen. Zum Jahreswechsel wollen russische FNBGruppen in Moskau zu einem weltweitenTreffen einladen, um über das weitere Vor-gehen zu beraten. Zur Zeit wird unter derÜberschrift "Nieder mit der Wohltätigkeit"diskutiert, ob das Konzept FNB letztlichmehr zur Stabilisierung des Systems bei-trägt als zu dessen Überwindung, da überakute Notlinderung hinaus keine Organisie-rung stattfinden kann - zumindest nicht inRussland - ob es nicht vielversprechendersei dem Beispiel Machnos zu folgen undWaffen an die Obdachlosen zu verteilen.[[email protected], [email protected]]

Berlin: Strafprozess wegenWhy Not? Aufkleber1.Dezember 2008 - Berlin, Moabit

Wer kennt ihn nicht, den wunderschönenbrennenden Bundeswehr-Jeep, der einstdas Cover des Buches "Ende einer Dienst-fahrt" von Heinrich Böll zierte? Im Sommer2008 war die Frage nach der Legitimitätsolcher Akte aktualisiert worden, als beiMAN Bundeswehr-LKW (fast) brannten. Viele fragten: Why not? - und so landeteder Slogan samt Jeep auf dem Plakat einerSoliveranstaltung, wo AntimilitaristInnenaus Belgien, BRD und Irland ihre Blockade-und Sabotageaktionen zur Diskussion stell-ten. Mit einem Freispruch aber, wie ihnKriegsgegnerInnen in Irland für ihre Tatenverschiedentlich errangen, ist in der BRDnicht zu rechnen. Im Gegenteil: Hier führte

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Nummer Drei, Advent 2008 Die Knacki-Soli-Seite

vor kurzem allein das Verkleben des "Whynot?" Aufklebers zu einer Anzeige wegender "Billigung von Straftaten".Der Prozess wurde unmittelbar vertagt, umzu prüfen, ob Innensenator Körting alsZeuge zu laden ist. Der hatte schließlichbehauptet, das Plakat sei eine "schäbige,aber strafrechtlich nicht relevante Mei-nungsäußerung". We´ll see...

Totalverweigerer Hannes,Jonas & Jan-Patrick19.November 2008 - Beelitz, Brandenburg

Das beste zuerst: Jan-Patrick ist frei. Nach-dem er im Oktober zum dritten Mal von derArmee weggesperrt worden war, ist erendlich aus der BW “entlassen” und aufdem Weg nach Hause. Leider steht nunvermutlich in einem Jahr ein Prozess an.Dafür wird weiterhin Soli-Kohle gebraucht -also bestellt euch Shirts, macht Soli-Partys!Blog und der Newsletter bleiben bestehen.[[email protected]]Jonas ist anerkannter Kriegsdienstverwei-gerer und ist nicht bereit, den vermeintlichzivilen Ersatzdienst zu leisten, durch den erim Ernstfall für den Katastrophenschutz (alsSanitäter etc.) eingezogen werden könnteund somit in den Kriegsapparat eingeglie-dert bleibt. Am 18. Dezember 2008 findet inGießen ein Prozess wegen „eigenmächtigenFernbleibens vom Dienst“ statt. Unterstütz-erInnen rufen zu einer Solikundgebung auf.[[email protected]]Hannes hatte am 1.Oktober als anerkannterKriegsdienstverweigerer den Zivildienst an-getreten, zweifelte aber zusehends daran,ob er das Richtige tut. Der Entschluss, nichtmehr zum Dienst zu erscheinen ist für ihnder einzige konsequente Weg: "Ich lehneGewalt in Form von Krieg, Militarismus, Be-vormundung und Zwangsarbeit ausnahms-los ab. Der Zivildienst verkörpert aber direktoder indirekt diese Formen der Gewalt. Des-halb fordern wir die sofortige Abschaffungvon jedem Zwangsdienst; für eine solidari-sche Welt ohne Herrschaft und Gewalt."[[email protected]]

Die drei haben sich zusammengeschlossen,um politische Öffentlichkeit herzustellen undzusammen mit der Friedensbewegung wei-tere Totalverweigerer zu unterstützen.[totalverweigerung.blogsport.de]

Hannover: Freispruch fürMarktkirchenerstürmung30.August 2008 - Hannover, LowerSaxony

Der Prozess gegen sechs Antimilitaristen,der vor dem Amtgericht Hannover unter ver-schärften Sicherheitsvorkehrungen stattfandendete für alle mit Freispruch. Der Vorwurfdes Hausfriedensbruchs im Rahmen der

Protestaktion gegen das Adventskonzert der1.Panzerdivision in der Marktkirche fiel insich zusammen: Der Erstatter der Anzeigekonnte niemanden identifieren, die Bullenverstrickten sich in Widersprüche und dieBeschuldigten schwiegen. So soll es sein!

Israel: VerweigererInnenmüssen ins GefängnisHerbst 2008 - Israel, BaWü

Jonathan Ben-Artzi ist überzeugter Pazi-fist, sieht Gewalt nicht als Möglichkeit Kon-flikte zu lösen und ist nicht bereit in einerArmee zu dienen. Zum 8. August wurde ereingezogen - er erschien, jedoch weigerteer sich die Uniform anzulegen und wurdevon einem Offizier zu 28 Tagen Haft ver-urteilt. Direkt nach der Entlassung wurde erwieder eingezogen. Inzwischen sitzt erseine zweite Haftstrafe ab. Dies wird sichnoch ein bis zwei mal wiederholen, ehe erauf eine Freistellung vom Militärdiensthoffen kann.Am 12.Oktober wurden auch vier israelischeKriegsdienstverweigerinnen zu einer zwei-ten Militärgefängisstrafe verurteilt.Sahar Vardi und Tamar Katz wurden zu 21Tagen Haft verurteilt, Omer Goldman andMia Tamarin zu je 14 Tagen. Sahar warerstmals im August für ihre Weigerung denMilitärdienst anzutreten ins Militärgefängnisgekommen. Tamar, Omer und Mia wurdenim September zu ersten Haftstrafen wegenVerweigerung des Dienstantritts verurteilt .Omer Goldmann "Ich verweigere den Dienstim israelischen Militär... Wie die meistenFreundInnen auch habe ich die Ethik desisraelischen Militärs nie in Frage gestellt.Aber als ich die besetzten Gebiete besuchtestellte ich fest, dass dies eine völlig unter-schiedliche Realität ist, eine gewalttätige,repressive, extreme Realität, die beendetwerden muss."War Resisters International, DFG-VK undGraswurzelrevolution rufen zu Protest-schreiben an israelische Behörden auf.[graswurzel.net/news/israel-kdv.shtm]

BRD: US-Soldat beantragtpolitisches Asyl26.November 2008 - Connection e.V.

Was in Kanada fast eine Bewegung ist,passiert in Europa zum ersten Mal: AndréShepherd, ehemaliger Mechaniker der US-Armee im bayrischen Katterbach desertiertkurz vor seinem zweiten Einsatz im Irak.Nach zwei Jahren im Untergrund hat er nunin der BRD politisches Asyl beantragt. Nachdem er bei seinem ersten Irak-Einsatzerleben musste, wie die Apache-Helicopter,die er in Schuss hält, gegen Zivilisten ein-gesetzt werden, ändert sich seine Haltung:"Es war ein widerliches Gefühl, mir einge-stehen zu müssen, dass ich im Grunde Tagfür Tag am Abschlachten von stolzen Men-schen beteiligt war... Wir haben Nationenzerstört, führende Persönlichkeiten getötet,Häuser geplündert, gefoltert, entführt, ge-logen". Mit gutem Gewissen könne er nicht

weiter in der US-Armee dienen. Da Shepherd den Irak-Krieg, nicht aberKrieg generell ablehnt ist ihm der Weg derVerweigerung aus Gewissensgründen ver-sperrt. Tatsächlich fordert der Asylantragvon der Regierung der BRD eine grund-sätzliche Positionierung: Ohne die täglicheArbeit von 60.000 SoldatInnen in den US-MIlitärbasen und Flughäfen der BRD wäreder Krieg im Irak viel schwieriger zu führen.[mc.network.de]

Aktionstag: Feuer undFlamme der Repression 13. Dezember 2008 - einstellung.so36.net

Rund tausend DemonstrantInnen folgten inBerlin dem Aufruf, in Solidarität mit den Be-schuldigten im [mg] Prozess ihrer Wut überdie zunehmende Repression gegen Linkeauf der Strasse Ausdruck zu verleihen. Diekam in der Tat deutlich rüber. Der Mord anAlexandros in Athen, der Freispruch für dieMörder von Oury Jalloh in Dessau, dieAushebelung des Demorechts in BaWü,Verhaftungen wegen Sabotage in Frank-reich, ausufernde Anwendung von 129a &b, usw, usf... ES REICHT! Nach der Demowurden Banken mit Steinen und Feuer an-gegriffen, ein Luxus-Jeep und ein Porschebrannten aus. Drei Tage später wird mitSteinen und Farbe auf eine Polizeiwacheund die davor geparkten Einsatzfahrzeugenoch mal nachgelegt. [tarnac9.noblogs.org]

In vielen Städten der BRD trugen oft spon-tane und nicht angemeldete Demos denKonflikt mit Polizei und Justiz lautstark undentschieden in die Öffentlichkeit. Und derStaat zeigte, was es heißt in Kriegszeiten zuprotestieren: Demonstrationsverbot wegen"aufgeheizter Stimmung" in Bremen, derbeMisshandlungen in Minden. Fuck them!Viel wichtiger ist, dass die vielen Solidemos,Statements und Aktionen deutlich machten,dass ne ganze Menge Leute sich nicht mitder Rolle als KollaborateurIn, ZuschauerInoder eben Opfer im Globalen Sozialen Kriegabfinden werden - dass sich nicht nur inAthen der Widerstand gegen die aggressivautoritäre Formierung der kriegführendenStaaten regt - und dass dieser Widerstandüber Grenzen hinweg zueinander findet.Die Welle weltweiter Soli-Aktionen scheintihren Scheitelpunkt noch lange nicht erreichtzu haben & auch die drei in Berlin ange-klagten Antimilitaristen wurden nicht ver-gessen. In Neuseeland und Österreich gabes Aktionen vor der Botschaft der BRD, inBrüssel steht nun auf der Wand des BayerChemie-Konzerns zu lesen:SOLIDARITÉ AVEC LES INCULPES DUPROCES MG BERLIN !

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