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- 1 - Ausbildungslotsen – Lotsen für den Übergang von der Schule in den Beruf Autoren: Prof. Dr. Reiner Schlausch, Prof. Dr. Marc Schütte Ausbildungslotsen haben in der Region Hannover von 2007-2008 viele junge Haupt- und Realschulabsolvent/innen erfolgreich in Ausbildung gebracht und begleitet. Reiner Schlausch von der Universität Flensburg sowie Marc Schütte von der Hochschule Hamburg stellen die zentralen Ergebnisse ihrer Evaluation des Projektes vor. 1. Vorbemerkung Vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen und Her- ausforderungen u. a. in Familie, Gesellschaft sowie im Ausbil- dungs- und Beschäftigungssystem haben heute allgemein bilden- de Schulen – insbesondere der Sekundarstufe I – einen erhebli- chen Unterstützungsbedarf, der durch zusätzliche Akteure gedeckt werden muss. Die zusätzlichen Akteure nehmen Aufgaben wahr, die den Regelauftrag von Schule bzw. das Handeln der Lehrkräfte absichern, ergänzen oder vertiefen. In diesem Kontext können zwei große Handlungsfelder unterschieden werden, wenngleich es hier durchaus auch Überschneidungsbereiche gibt: Handlungsfeld I: Schulsozialarbeit Die „klassische“ Schulsozialarbeit wird durch sozialpädagogische Fachkräfte unmittelbar „vor Ort“ in der Schule in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften geleistet, um Schülerinnen und Schüler in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen Entwick- lung zu fördern. Die Arbeit der sozialpädagogischen Fachkräfte soll im weitesten Sinne dazu beizutragen, dass Bildungsbenachtei- ligung vermieden wird und Erziehungsberechtigte sowie Lehrkräfte zu unterschiedlichen Risikofaktoren der persönlichen und schuli- schen Entwicklung von Jugendlichen eine Beratung und Unterstützung erfahren (z.B. Gewalt- und Drogenprävention; Bewältigung schulischer, familiärer, sozialer Probleme). Nicht zuletzt gehört auch die Vorbereitung der Jugendlichen auf den Übergang von der Schule in die Berufsausbildung zu den Aufgaben- und Handlungsfeldern von Schulsozialpädagoginnen und -pädagogen (siehe z.B. Programm „Profilierung der Hauptschule und der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen“ in Niedersachsen). - I n f o d i e n s t - Nr. 154, Januar 2015 Inhalt Ausbildungslotsen- Lotsen für den Über- gang von der Schule in den Beruf, Prof. Dr. Reiner Schlausch und Prof. Dr. Marc Schütte Fünf Fragen zur Ju- gendsozialarbeit, Im- macolata Glosemeyer, SPD Förderung der Ju- gendmigrationsdienste steigt um eine Million Euro Neues aus dem Nor- den Jugendarbeitslo- sigkeit Wiedereinführung des Landesjugend- hilfeausschusses für Niedersachsen beschlossen Die Leistung der NBank, Dr. Sabine Jo- hannsen Neu ausgeschrieben Veranstaltungen Impressum

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Ausbildungslotsen – Lotsen für den Übergang von der Schule in den Beruf Autoren: Prof. Dr. Reiner Schlausch, Prof. Dr. Marc Schütte

Ausbildungslotsen haben in der Region Hannover von 2007-2008 viele junge Haupt- und Realschulabsolvent/innen erfolgreich in Ausbildung gebracht und begleitet. Reiner Schlausch von der Universität Flensburg sowie Marc Schütte von der Hochschule Hamburg stellen die zentralen Ergebnisse ihrer Evaluation des Projektes vor. 1. Vorbemerkung Vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen und Her-ausforderungen u. a. in Familie, Gesellschaft sowie im Ausbil-dungs- und Beschäftigungssystem haben heute allgemein bilden-de Schulen – insbesondere der Sekundarstufe I – einen erhebli-chen Unterstützungsbedarf, der durch zusätzliche Akteure gedeckt werden muss. Die zusätzlichen Akteure nehmen Aufgaben wahr, die den Regelauftrag von Schule bzw. das Handeln der Lehrkräfte absichern, ergänzen oder vertiefen. In diesem Kontext können zwei große Handlungsfelder unterschieden werden, wenngleich es hier durchaus auch Überschneidungsbereiche gibt: Handlungsfeld I: Schulsozialarbeit Die „klassische“ Schulsozialarbeit wird durch sozialpädagogische Fachkräfte unmittelbar „vor Ort“ in der Schule in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften geleistet, um Schülerinnen und Schüler in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen Entwick-lung zu fördern. Die Arbeit der sozialpädagogischen Fachkräfte soll im weitesten Sinne dazu beizutragen, dass Bildungsbenachtei-ligung vermieden wird und Erziehungsberechtigte sowie Lehrkräfte zu unterschiedlichen Risikofaktoren der persönlichen und schuli-schen Entwicklung von Jugendlichen eine Beratung und Unterstützung erfahren (z.B. Gewalt- und Drogenprävention; Bewältigung schulischer, familiärer, sozialer Probleme). Nicht zuletzt gehört auch die Vorbereitung der Jugendlichen auf den Übergang von der Schule in die Berufsausbildung zu den Aufgaben- und Handlungsfeldern von Schulsozialpädagoginnen und -pädagogen (siehe z.B. Programm „Profilierung der Hauptschule und der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen“ in Niedersachsen).

- I n f o d i e n s t - Nr. 154, Januar 2015

Inhalt • Ausbildungslotsen-

Lotsen für den Über-gang von der Schule in den Beruf, Prof. Dr. Reiner Schlausch und Prof. Dr. Marc Schütte

• Fünf Fragen zur Ju-gendsozialarbeit, Im-macolata Glosemeyer, SPD

• Förderung der Ju-gendmigrationsdienste steigt um eine Million Euro

• Neues aus dem Nor-den • Jugendarbeitslo-

sigkeit • Wiedereinführung

des Landesjugend-hilfeausschusses für Niedersachsen beschlossen

• Die Leistung der NBank, Dr. Sabine Jo-hannsen

• Neu ausgeschrieben • Veranstaltungen • Impressum

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Handlungsfeld II: Begleitung des Übergangs Schule/Beruf Der Übergang Schule/Beruf, d.h. etwa die Entscheidung für einen Beruf und die Implementierung der Berufswahl, stellt heute mehr denn je hohe Anforderungen an die Gestaltungs- und Entwick-lungskräfte der Schülerinnen und Schüler. Ausdruck der gestiegenen Anforderungen ist eine große Vielfalt von unterschiedlichen Akteuren, die beim Übergang mitwirken. Die Arbeit der Lehrkräfte (insbesondere im Fachbereich Arbeit-Wirtschaft-Technik) wird so zum einen durch das gesetzlich verankerte Angebot der Berufsberatung, das durch die Berufsberater/-innen der Bundesagentur für Arbeit an den Schulen realisiert wird, ergänzt. Zum anderen können weitere Akteure am Über-gangsmanagement beteiligt sein, wie zum Beispiel Ausbildungslotsen, Mentoren, Berufseinstiegs-begleiter oder Personen, die eine „Vertiefte Berufsorientierung“ gestalten. Diese neuen Akteure erfüllen je nach Zielgruppe und Handlungskonzept unterschiedliche Aufgaben und Ziele. Dazu gehören:

• Erreichung des Abschlusses der allgemein bildenden Schule • Berufsorientierung und Berufswahl • Praktikums- und Ausbildungsplatzsuche • Stabilisierung des Ausbildungsverhältnisses in der ersten Phase der Ausbildung zur Vermei-

dung von Abbrüchen (vgl. Schlausch/ Schütte 2011, S. 270) Je nach Schulform, Struktur des Einzugsgebietes, Zahl der Schüler/innen etc. sollte jedes dieser beiden Handlungsfelder durch mindestens eine entsprechend qualifizierte Person direkt an der Schule vertreten sein. Für das „Handlungsfeld: Übergang Schule/Beruf“ wird im Folgenden der „Ausbildungslotse“ näher beschrieben, der in diesem Handlungsfeld ein zentraler Akteur mit koordinierender Funktion sein könnte. 2. Der Ausbildungslotse als Akteur für den Übergang Schule/Beruf Einem vielfältigen und stark ausdifferenzierten Angebot zur Förderung der Berufsorientierung stehen vergleichsweise wenige Angebote gegenüber, um den Prozess der Implementierung des Übergangs in eine berufliche Ausbildung zu unterstützen. Eine verbreitete psychologische Barriere bei der Bewältigung des Übergangs Schule/Beruf stellt eine Lageorientierung bzw. fehlende Handlungsorientierung der Jugendlichen dar. Demzufolge fällt es ihnen schwer, einen eingeschla-genen Handlungspfad ausdauernd und zielstrebig zu verfolgen und diesen etwa gegenüber Rückschlägen und Ablenkungen aufrechtzuerhalten. Mit dem Ausbildungslotsen als Akteur beim Übergang Schule/Beruf wird das Ziel verfolgt, einer Lageorientierung im Zusammenhang mit der Berufswahl und der Implementierung der Berufswahl entgegenzuwirken. Die Aufgabe und Arbeits-weise des Ausbildungslotsen unterscheidet sich signifikant von einem allgemeinen sozialpädago-gischen Ansatz und insofern von der „klassischen“ Schulsozialarbeit. Während diese sich der Aufgabe widmet, Jugendliche allgemein zu stärken, sei es im Hinblick auf deren Persönlichkeit insgesamt oder auf einzelne Kompetenzbereiche (Kommunikationsfähigkeit, Selbstvertrauen usw.) und hierfür auf ein breites Methodenspektrum zurückgreift, verfolgt der Ausbildungslotse ein definiertes Ziel (Übergang in eine berufliche Ausbildung) mit Hilfe eines spezifischen Interventions-ansatzes, der als eine soziale Instanz der Handlungsorientierung charakterisiert werden kann. Ausbildungslotsen haben vor allem auch eine koordinierende Aufgabe und leiten die Schülerinnen und Schüler je nach Bedarf an die Beratungskolleginnen und -kollegen an der Schule weiter. Durch die Ausbildungslotsen erfolgt also eine spezifische, auf die Förderung von Handlungsorien-tierung gerichtete, Prozessbegleitung, mit einer relativ starken Zielorientierung des Übergangs in eine duale Ausbildung. Vor diesem Hintergrund konzentriert sich die Arbeit der Ausbildungslotsen auf die Schülerinnen und Schüler – auf freiwilliger Basis – in den Vorentlass- und Entlassklassen. Das Konzept „Ausbildungslotsen“ wurde im Rahmen eines Modellprojekts mit dem Titel „Ausbil-dungslotsen an allgemein bildenden Schulen in Garbsen“ in den Jahren 2007 und 2008 entwickelt und evaluiert (Schütte/Schlausch 2011a). Im Rahmen des Projekts, das im Wesentlichen auf die Initiative der Stadt Garbsen zurückgeht, wurde an jeweils zwei Haupt- und Realschulen dieser neue Akteur mit einer spezifischen Interaktionsstrategie etabliert. Ausgangspunkt für die Festle-gung der Interaktionsstrategie war die Annahme, dass viele Jugendliche im letzten Jahr vor dem Schulabschluss (angesichts der Unsicherheit und Mehrdeutigkeit des Übergangs) in einen Zustand der Lageorientierung geraten. Ausbildungslotsen sollten vor diesem Hintergrund eine soziale Leerstelle handlungsförderlicher Unterstützung ausfüllen, die in der Vergangenheit am ehesten die

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Eltern eingenommen haben. Konkret bedeutet dies, dass handlungsförderliche Prozesse, die zum Ziel „Übergang in eine duale Berufsausbildung“ beitragen, von den Ausbildungslotsen teilweise übernommen und vorgelebt werden. Die Interaktion der Jugendlichen mit den Ausbildungslotsen erfolgte auf freiwilliger Basis. Ein wichtiger Bestandteil des Ansatzes stellt die Ausdehnung der Betreuung auf die ersten Monate der Ausbildung dar, um Ausbildungsabbrüchen vorzubeugen. Die Übergangsquote in betriebliche Ausbildung hat sich in den beiden Jahren der Projektdauer an den vier beteiligten Modellschulen teilweise deutlich erhöht, wobei sie bei den Hauptschulen verdoppelt werden konnte. Ferner wurde kein Ausbildungsverhältnis der von Ausbildungslotsen betreuten Jugendlichen in den ersten Monaten der Ausbildung gelöst. Die Befunde der projektbe-gleitenden Evaluation geben Anlass zu der Annahme, dass der Anstieg der Übergangsquoten mit der handlungspsychologisch fundierten Interaktionsstrategie im Zusammenhang steht (Schüt-te/Schlausch 2011b). Aufgrund veränderter Förderrichtlinien konnte der „Ausbildungslotsen-Ansatz“ ab 2009 lediglich in teilweise stark modifizierter Form fortgeführt werden. 3. Fazit und Ausblick Die Evaluationsergebnisse zum Modellversuch „Ausbildungslotse“ haben gezeigt, dass sich durch die Arbeit der Ausbildungslotsen mit den Jugendlichen „vor Ort“ in der Schule die Übergangsquo-ten in betriebliche Ausbildung teilweise erheblich erhöhen und Ausbildungsabbrüche deutlich reduzieren lassen. Wesentliche Voraussetzungen hierfür sind eine sorgfältige Bedarfsfeststellung bei den Jugendlichen (nicht nur Interessentests), die Lokalisierung der Ausbildungslotsen direkt in der Schule bzw. die Einbettung ihrer Arbeit in den Schulalltag und die Vernetzung mit anderen Akteuren und Promotoren im Übergangsprozess. Hier sind insbesondere Lehrkräfte, Berufsberate-rinnen und -berater, sozialpädagogische Fachkräfte und Vertreter/-innen der Wirtschaft, Kammern und Ausbildungsbetriebe zu nennen. Vor dem Hintergrund der positiven Ergebnisse des Modell-versuchs halten wir eine Verbreitung und Verstetigung des „Ausbildungslotsen-Ansatzes“ sowohl im Sinne der Jugendlichen als auch der Ausbildungsbetriebe für eine ausgesprochen bedeutsame Maßnahme. Der gesamte Projektbericht kann hier heruntergeladen werden: http://www.garbsen.de/portal/meldungen/auswertung-liegt-vor-pilotprojekt-ausbildungslotsen-ist-voller-erfolg-904000027-21200.html?rubrik=904000004 Literatur

• Schlausch. R./ Schütte, M. (2011): Neue Akteure in der allgemein bildenden Schule für den Über-gang in den Beruf. In: Bals, T./ Hinrichs, H./ Ebbingshaus, M./ Tenberg, R. (Hrsg.): Übergänge in der Berufsbildung nachhaltig gestalten: Potentiale erkennen - Chancen nutzen. Paderborn 2011, S. 270-277

• Schütte, M.; Schlausch. R. (2011a): Ausbildungslotse – ein akteursbezogener Ansatz zur Förderung von Handlungsorientierung bei der Gestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf. In: Mar-kowitsch, J.; Gruber, E.; Lassnigg, L.; Moser, D. (Hrsg.): Turbulenzen auf Arbeitsmärkten und in Bil-dungssystemen. Beiträge zur Berufsbildungsforschung. Innsbruck 2011, S. 348-365

• Schütte, M.; Schlausch, R. (2011b): Akteurinnen und Akteure beim Übergang Schule – Beruf. Er-gebnisse einer Befragung von Schülerinnen und Schülern an Haupt- und Realschulen der Stadt Garbsen und Empfehlungen für die Fortentwicklung des regionalen Übergangsmanagements. http://reiner-schlausch.de/gfx/akteure_web.pdf

Prof. Dr. Reiner Schlausch, Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik (biat), Europa-Universität Flensburg, [email protected], Prof. Dr. Marc Schütte, Fakultät Life Sciences, Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, [email protected] Anmerkung der Redaktion: Die Region Hannover plant aktuell ein zweijähriges Pilotprojekt, bei dem Ausbildungslotsen an 17 allgemeinbildenden Schulen zum Einsatz kommen sollen. Die Kosten von 1,4 Mio. Euro wollen sich die Region Hannover und die Agentur für Arbeit teilen. Das Projekt soll wissenschaftlich begleitet werden und mit einer Gesamtkonzeption enden, die der Ausweitung des Angebots dienen soll. Informationen, ob das Projekt bereits gestartet ist, liegen uns bislang nicht vor.

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Wie bereits vor zwei Jahren stellt die „jugendsozialarbeit nord“ den jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprechern des Landes Niedersachsen fünf Fragen zur Jugendsozialar-beit. Die Antworten werden Sie in den nächsten Monaten an dieser Stelle finden. Die erste Interviewpartnerin ist Immacolata Glosemeyer, SPD. „Fünf Fragen zur Jugendsozialarbeit“ Interview mit der jugendpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Immacolata Glosemeyer 1. Jugendliche die „durch alle Raster fallen“ können in niedersächsi-schen Jugendwerkstätten aufgefangen und an den Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt herangeführt werden. Welche Unterstützung brauchen diese Jugendlichen mit schwierigen Startbedingungen Ihrer Meinung nach? In welcher Form nimmt die Politik Einfluss und setzt sich für die Belange dieser jungen Menschen ein? Wichtig ist vor allen Dingen, dass den jungen Menschen ohne Vorurteile begegnet wird. Sie hatten oftmals keinen einfachen Start ins Leben und müssen eine ganzheitliche Unterstützung erfahren. Das heißt, es geht nicht ausschließlich darum, die jungen Erwachsenen an die Arbeitswelt heran-zuführen, sondern auch Ihnen menschlich zu begegnen. Das kann nur passieren, wenn Experten aus verschiedenen Teilen der Jugendarbeit zusammenkommen und sich austauschen, Projekte und Konzepte entwickeln und sich in die Jugendlichen hineinversetzen. Die Niedersächsische Politik führt unter der rot-grünen Landesregierung den Landesjugendhil-feausschuss wieder ein. Das ist ein wichtiger Schritt um ein ganzheitliches Verständnis für die Niedersächsische Jugendarbeit zu bekommen. Dabei lassen wir die Jugendlichen nicht außen vor. Durch die Förderung von Partizipation Jugendlicher, können wir die Meinungen der jungen Men-schen direkt in unsere Politik einfließen lassen. 2. Welche Eindrücke haben Sie bei Ihren Besuchen in den Niedersächsischen Jugendwerk-stätten gewonnen? Was ist Ihnen besonders aufgefallen? Mir ist aufgefallen mit welchem außerordentlichen Engagement die jungen Menschen Ihrer Tätig-keit nachgehen und wie wissbegierig sie dabei sind. Besonders schön fand ich es zu sehen, dass die Ausbilderinnen und Ausbilder den Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen. Das ist absolut wichtig, um den jungen Menschen zu zeigen, dass Sie bei der Arbeit einen wichtigen Beitrag für uns leisten. Das macht Mut und ist sicherlich auch ein entscheidender Erfolgsfaktor. 3. Aus Sicht der LAG JAW muss rechtsübergreifend allen jungen Menschen der Zugang zu Jugendwerkstätten ermöglicht werden. Vorrangig sollen hierbei die jugendhilfespezifischen Ansätze des SGB VIII gegenüber einer rein arbeitsmarktpolitischen Ausrichtung sein. Wie ist Ihre Ansicht dazu? Welchen Beitrag leisten Sie in Ihrer Funktion konkret? Momentan wird die Richtlinie zur Förderung und Arbeitsweise der Jugendwerkstätten überarbeitet. Auch Jugendliche, die keine SGB II Leistung beziehen, könnten zukünftig die Möglichkeit haben in den Jugendwerkstätten zu lernen und zu arbeiten. Die Frage ist hier, wie die Finanzierung dieser Idee aufgestellt werden kann. Ist die Kostendeckung durch kommunale Einrichtungen gesichert? Dieser Frage wird momentan intensiv nachgegangen. Ich bin mir sicher, dass das Niedersächsische Sozialministerium in den Beratungen mit den Experten eine Möglichkeit finden kann.

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4. In Niedersachsen wird zurzeit die Jugendwerkstatt-Richtlinie durch das Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung weiterentwickelt. An welcher Stelle sind – aus Sicht der Politik – Verbesserungen für die Jugendlichen, die Fachkräfte und die Einrich-tungsträger notwendig? Für die Einrichtungsträger wird sich durch die Überarbeitung möglicherweise ein geringerer büro-kratischer Aufwand ergeben, da der Aufwand für Antragstellung, Mittelabruf und Nachweis der Verwendung sinkt. Das spart Ressourcen. Es könnten zukünftig auch Jugendliche aufgenommen werden, die keine SGB II Leistungen beziehen. Für die Jugendlichen könnte sich die Überarbeitung außerdem durch eine nachgehende Betreuung in Betrieb und Ausbildung auswirken. Die Jugendlichen sollen auch nach Ihrer Zeit in der Jugendwerkstatt einen Ansprechpartner haben. Bei der Erarbeitung einer neuen Richtlinie durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung wird es ein aktives Beteiligungsverfahren geben, um gemeinsam mit den Jugendwerkstätten eine gute Lösung zu erarbeiten. Eine Verbesserung ist aus meiner Sicht auch bei den zukünftigen Arbeitgebern und der Gesell-schaft nötig. Jugendwerkstätten leisten einen hohen gesellschaftspolitischen Beitrag. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass den Menschen bewusst wird, dass die jungen Menschen, die in den Werkstätten lernen und arbeiten keine schlechteren Arbeitnehmer sind. Nur weil Sie durch einige „gesellschaftliche Raster“ gefallen sind, heißt es nicht, dass Sie nicht an anderer Stelle ein heraus-ragendes Talent besitzen können. 5. Ihre ganz persönliche Vision: Wie wird sich der Ausbildungs- bzw. Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren gestalten? Und was kann die Jugendsozialarbeit in Zukunft bewirken? Der Ausbildungs- und Arbeitsmarkt wird sich zeitnah mit dem Fachkräftemangel und den demo-graphischen Gegebenheiten auseinandersetzen. Dieses Thema ist nicht neu und viele Betriebe sind sehr aktiv an der Erarbeitung von Lösungen beteiligt. Die Auswirkungen der gesellschaftlichen Veränderungen werden uns in den nächsten Jahren, besonders in einem von ländlichen Gebieten geprägten Bundesland wie Niedersachsen hart treffen. Wir müssen gemeinsam – Politik, Wirt-schaft und Gesellschaft – an einem Strang ziehen. Wenn wir das schaffen, können wir Nieder-sachsen zukunftssicher aufstellen. Die Jugendsozialarbeit wird künftig weiter darauf achten müssen, dass wir keine jungen Menschen verlieren, sondern alle Menschen nach ihren Möglichkeiten in die Arbeitswelt einbeziehen. Dafür brauchen wir nicht nur die jungen Menschen, die in Niedersachsen beheimatet sind, sondern müssen auch Migrantinnen und Migranten in unsere Arbeit einbeziehen. Das wird meiner Meinung nach eine große, aber auch spannende Herausforderung sein. Förderung der Jugendmigrationsdienste steigt um eine Million Euro - Bei Verdopplung der Zuwande-rungszahlen nur ein kleiner Schritt Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat im November 2014 eine Erhöhung des KJP-Titels für die Jugendmigrationsdienste (JMDs) um eine Million Euro auf 42,6 Mio. Euro beschlossen. Umgerechnet auf die bundesweit ca. 430 JMDs steht damit den 600 Vollzeitstellenanteilen nur ca. 1.675 Euro pro Vollzeitstelle zur Verfügung. Wenn man jedoch die allgemeine Kostensteigerung seit 2007 von über 20 % und die Senkung der KJP-Förderung um eine Million einbezieht, bekommt diese Meldung einen faden Beigeschmack. Daher ist fraglich, ob so gelingende Integrationspolitik und eine bedarfsgerechte Ausstattung der JMDs aussieht. Ist sich die Bundespolitik der Bedeutung der JMDs in der nachhaltigen Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund be-wusst? Da hilft es wohl auch nicht, dass das Deutsche Jugendinstitut in der Evaluation der JMDs im letzten Jahr Folgendes feststellte: Die JMDs sind […] wichtige Grundpfeiler für die Integrationsar-beit sowie die Jugendsozialarbeit nicht nur auf kommunaler, sondern auch auf Landes- und

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Bundesebene. Von ihnen gehen Impulse aus, die nicht nur die kommunalen Strukturen mitgestal-ten.“ Die Befragung der mit den JMD kooperierenden Dienste, Einrichtungen und Kooperations-partner ergab, dass die JMDs als Fachstellen wahrgenommen werden, „…die neben einem breiten fachlich-inhaltlichen migrationsrelevanten Wissen auch über einen großen Fundus an Erfahrungs-wissen verfügen, das sich aus der schon langjährigen Aktivität vor Ort speist. Das macht die Mitarbeitenden der Jugendmigrationsdienste zu wichtigen und dementsprechend gefragten An-sprechpartnern für alle Institutionen im Netzwerk.“ Trotz der bundesweiten Verdoppelung der Zuwanderungszahlen von 661.855 auf 1.226.439 Menschen innerhalb von fünf Jahren ist die Bundesförderung faktisch gleich geblieben. Dies führt bundesweit zu einer starken Unterversorgung mit diesem wichtigen Integrationsangebot. So müssen auch in niedersächsischen Städten und Landkreisen, in denen es keinen Jugendmigrati-onsdienst gibt, die dort lebenden jungen Menschen weite Wege auf sich nehmen, um zum nächst gelegenen Beratungsgebot zu gelangen. Auch die Regionen in Niedersachsen, die über einen Jugendmigrationsdienst verfügen, sind angesichts stark steigender Zahlen längst nicht mehr bedarfsgerecht ausgestattet. Von daher bedarf es schon lange einer bundesweiten Aufstockung der KJP-JMD-Förderung, um ein bedarfsgerechtes Arbeiten im Sinne der jugendlichen Migranten zu gewährleisten. (ad) Quelle: ejsa Bayern e. V., Newsletter, 30.11.2014

Neues aus dem Norden

Jugendarbeitslosigkeit

Dezember 2014 In Schleswig Holstein und Mecklenburg Vorpommern ist die Arbeits-losigkeit bei Jugendlichen im Vergleich zum Novem-ber leicht an-gestiegen. In den anderen nördlichen Ländern ist sie leicht ge-sunken, ebenso im Hinblick auf den Dezem-ber 2013.

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Wiedereinführung des Landesjugendhilfeausschusses für Niedersachsen beschlossen Im Rahmen des Landtagsplenums wurde im Dezember 2014 die Gesetzesänderung zur Wieder-einrichtung des Landesjugendhilfeausschusses (NLJHA) beschlossen. Damit gestalten - nach acht Jahren Unterbrechung - endlich wieder die Expertinnen und Experten für Kinder- und Jugendhilfe mit ihrer Fachlichkeit die niedersächsische Kinder- und Jugendpolitik mit. Mit der Gesetzesände-rung wird ein nachhaltiger Fehler der vorherigen Landesregierung korrigiert. Diese hatte den NLJHA zum 1. Januar 2007 abgeschafft und sich auf die Beratungsfunktion eines Landesbeirates beschränkt. Damit war Niedersachsen jahrelang das einzige Bundesland ohne diese Jugendhil-festruktur nach dem SGB VIII.

Der Gesetzentwurf zur Änderung des niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz sieht die rechtlichen Voraussetzungen zur Wiedereinführung des NLJHA in seiner Zweigliedrigkeit mit dem Landesjugendamt vor. Der NLJHA wird zukünftig verbindliche Beteiligungs- und Beschlussrechte haben und dadurch wieder die Bedeutung und den Gestal-tungsspielraum erhalten, die ihm seine Grundlage des bundesweiten Kinder- und Jugendhilfe-rechts (SGB VIII) einräumt. Damit erhält er wieder die Möglichkeit, alle Kräfte der Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen zu bündeln und zum Wohl der Kinder und Jugendlichen in Nieder-sachsen einzusetzen.

„Im Vordergrund stehen die Perspektiven und Chancen von Kindern und Jugendlichen“, so So-zialministerin Cornelia Rundt. Diese seien in jeder Hinsicht aber auch angesichts der demografi-schen Entwicklung von hoher Bedeutung, denn der Anteil von Kindern und Jugendlichen an der Bevölkerung in Niedersachsen ist in den vergangenen Jahren bereits merklich zurückgegangen. Umso wichtiger sei es auch die aktive Partizipation von allen Kindern und Jugendlichen durch geeignete Beteiligungsstrukturen zu verbessern.

Um die Zweigliedrigkeit zu gewährleisten wird ein Teil des Landesjugendamtes (Fachbereich I) dem Landesamt für Soziales, Jugend und Familie zugeordnet. Der Aufgabenbereich Tageseinrich-tungen für Kinder und Tagespflege für Kinder gehört zum Geschäftsbereich des Kultusministeri-ums. Dieser wird mit den Fachbereichen II und III des Landesjugendamtes abgebildet, die sich in der Niedersächsischen Landesschulbehörde und im Kultusministerium befinden. Der NLJHA und seine Geschäftsstelle wird dem Fachbereich I zugeordnet.

In der zukünftigen Zusammensetzung des NLJHA soll sich die Pluralität der niedersächsischen Verbände widerspiegeln: Der NLJHA umfasst künftig 18 stimmberechtigte Mitglieder. Neben den Interessenvertretungen aus den unterschiedlichen Bereichen der Jugendhilfe, der kommunalen und der kirchlichen Ebene werden auch Mitglieder benannt, die über Erfahrungen in den Bereichen der Inklusion, im Kinder- und Jugendschutz und in der Arbeit mit jungen Menschen mit Zuwande-rungsgeschichte verfügen. Ein weiteres Mitglied wird auf Landesebene die Belange von Tagesein-richtungen für Kinder in Trägerschaft von gemeinnützigen Vereinen vertreten. Neu ist die Bestellung von beratenden Mitgliedern, wie die Abgeordneten jeder Landtagsfraktion sowie Vertreter aus den Erziehungs- oder Sozialwissenschaften, aus den Familienverbänden in Niedersachsen, aus der Alevitischen Gemeinde Deutschland e. V., aus den Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen und Bremen und der Israelitischen Kultusgemeinde, von den Landesverbän-den DITIB und SCHURA. Eine qualitativ hochwertige Kinder- und Jugendpolitik kann nur gemeinsam mit Expertinnen und Experten der Kinder- und Jugendhilfe gelingen. Wenn öffentliche und freie Träger konstruktiv zusammen arbeiten, gemeinsame Ziele definieren und diese strategisch umsetzen, entsteht am Ende eine gute Kinder- und Jugendpolitik für Niedersachsen. Zum Wohl der Kinder und Jugendli-chen wird nun wieder gemeinsam auf Augenhöhe diskutiert und gearbeitet. Die Wiedereinrichtung des NLJHA ist das richtige Signal für eine starke und eigenständige Kinder- und Jugendpolitik in Niedersachsen. (ad) Siehe dazu auch: http://www.ms.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/gesetzentwurf-zur-aenderung-von-vorschriften-des-kinder--und-jugendhilferechts-129942.html

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Die Leistung der NBank bei den Jugendwerkstätten reduziert sich nicht auf das Geld Autorin: Dr. Sabine Johannsen, Mitglied im Vorstand der NBank Im Juli 2014 waren deutschlandweit 277.000 Menschen unter 25 Jahre arbeitslos. Seit Jahren weist diese Statistik eine robuste Richtung auf: Immer weniger junge Menschen müssen die Erfahrung machen, arbeitslos zu sein. Damit steht Deutschland in Europa einzigartig da. In vielen südlichen Ländern Europas sind dagegen mehr als die Hälfte der dort lebenden Jugendlichen arbeitslos. Im Oktober 2014 lag die Zahl der Beschäftigten in Deutschland über 43 Millionen Menschen. Das heißt nichts anderes, als dass mehr als die Hälfte der Einwohner Deutschlands einem Beschäftigungsverhältnis nachgeht. Ein gewaltiger Rekord. Dies gilt auch für Niedersach-sen. Die gut 3,8 Millionen Erwerbstätigen sind die höchste jemals ermittelte Zahl. Auf den ersten Blick haben diese Zahlen nichts mit den Jugendwerkstätten in Niedersachsen zu tun. Und doch trägt jede einzelne der 97 Jugendwerkstätten im Land zwischen Nordsee und Harz dazu bei, dass viele benachteiligte Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt eine dauerhafte Chance erhalten und in der Arbeitslosenstatistik nicht auftauchen. Die Geschichte der Niedersächsischen Jugendwerkstätten geht auf das Jahr 1976 zurück. Schon frühzeitig wurde erkannt, dass die Integration von gering qualifizierten Jugendlichen in die berufli-che Ausbildung und den Arbeitsmarkt ein zentrales Handlungsfeld ist. Diese Erkenntnis wurde durch wertvolle Ansatzpunkte des dualen Ausbildungssystems mit Leben erfüllt. Qualitätsmerkmal der niedersächsischen Jugendwerkstätten ist die enge Verknüpfung von berufspädagogischer und praktischer Arbeit mit sozialpädagogischer Betreuung und Beratung. Von Praktikern erlernen die jungen Menschen handwerkliche Grundfertigkeiten, die ihnen in der späteren Ausbildung und Berufstätigkeit von Nutzen sind. Sozialpädagogische Fachkräfte unterstützen die Jugendlichen bei der sozialen Integration und Bewältigung individueller Probleme. In diesem Dualismus gründet sich der Erfolg der Jugendwerkstätten. Gerade die enge Kooperation vor Ort mit Handwerksbetrieben und Praktikern ist von enormer Wichtigkeit. Dabei beschreibt dies aber nur den äußeren Rahmen des Erfolges. Besonders wichtig beziehungsweise unerlässlich ist der Faktor Mensch. Allen Beteiligten ist ein hoher Idealismus in der Arbeit gemein. Dieser spiegelt sich im Engagement der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wider. Nur so ist es zu erklären, dass es immer wieder gelingt, eine professionell pädagogische Beziehung zu den jungen Menschen aufzubauen. Erst aus dieser Beziehung lassen sich die zum Teil vielfältigen Problemlagen der jungen Menschen angehen und erarbeiten. Zugute kommen der Arbeit auch die traditionell gute Vernetzung der Jugendwerkstätten untereinander und der damit verbundene Erfahrungsaustausch. Zurzeit werden 97 Jugendwerkstätten gefördert, die flächendeckend in Niedersachsen verteilt sind. Jährlich werden etwa 5.000 junge Menschen erreicht. Die positiven Auswirkungen der Arbeit der Jugendwerkstätten mit den jungen Menschen lassen sich belegen. Aus den statistischen Auswer-tungen lässt sich feststellen, dass die Jugendwerkstätten für die erwerbslosen jungen Menschen zu einer deutlichen Chancenverbesserung führen. So sind sechs Monate nach Austritt aus der Jugendwerkstatt 34 % in eine Berufsausbildung oder eine Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt übergegangen. 27 % befinden sich in weiter qualifizierenden Maßnahmen. Aus Befragungen geht auch hervor, dass mehr als 75 % der Jugendlichen die Jugendwerkstatt als hilfreich bei der Bewäl-tigung ihrer persönlichen Probleme ansehen. Dies sind beachtliche Zahlen. In der letzten EU-Förderperiode von 2007 bis 2013 wurden pro Jahr 15 Millionen Euro an ESF- und Landesmitteln eingesetzt und über die NBank an die Werkstätten ausgezahlt. Dabei erschöpfte sich die Unter-stützung der NBank nicht nur auf die reine Abwicklung der Förderung. Regelmäßig werden Fach-tagungen durchgeführt und Pädagogen und Berufspraktiker zu Regionaltreffen eingeladen. Zur Leistungsbeschreibung der NBank gehören außerdem die Begleitung der Jugendwerkstätten und damit die Beantwortung individueller Förderfragen. Für die Jugendberufshilfe werden in der neuen Förderperiode von 2014 bis 2020 wahrscheinlich etwa 47 Millionen Fördermittel zur Verfügung stehen. Damit ist die Arbeit der Jugendwerkstätten auf hohem Niveau weiter möglich. Ein wichtiges Etappenziel ist bereits jetzt erreicht: Die Komplexi-

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tät wird abgebaut. Im Rahmen der Vereinfachung ist angedacht, die zuwendungsfähigen Kosten-positionen auf die Personalkosten zu beschränken und für weitergehende Ausgaben verstärkt Pauschalen ohne Nachweispflicht zu nutzen. Damit reduziert sich der Abrechnungsaufwand auf Seiten der Jugendwerkstätten enorm. Jugendwerkstätten haben für die NBank einen hohen Stellenwert. Es gibt nur wenige Einrichtun-gen, die sich zielgerichtet um junge Menschen bemühen, die die Schule bereits verlassen haben und denen es nicht gelungen ist, im Ausbildungs- und Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Für diese jungen Menschen bieten die Jugendwerkstätten eine sinnvolle Perspektive. Dies gilt insbesondere, wenn ihre Biografien von Misserfolgen in Schule, Ausbildung und anderen Maßnahmen der Arbeitsverwaltung gekennzeichnet sind. Es gibt gute Gründe, Jugendlichen die Erfahrung von Arbeitslosigkeit zu ersparen. Das Gefühl, in jungen Jahren nicht gebraucht zu werden, wirkt sich im Berufsleben aus. Jeder Tag Jugendarbeitslosigkeit führt nach einer Analyse des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Durchschnitt zu einem weiteren in späteren Jahren. Laut einer Studie von Mc Kinsey ist die Jugendarbeitslosigkeit in den anderen europäischen Ländern auch deshalb so hoch, weil es an der Abstimmung zwischen Arbeitgebern und Ausbildungsstätten mangelt. Wie dargestellt liegt gerade darin eine Stärke des Systems in Niedersachsen. Die NBank unterstützt die Arbeit der Jugendwerkstätten aus voller Überzeugung. Sie begleitet auch in der jetzt anstehenden Förderperiode deren Arbeit intensiv und bringt sich ein. Dabei sind natürlich auch die Impulse von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Jugendwerkstätten wichtig. Ein ausführliches Interview mit Frau Dr. Johannsen finden Sie auf unserer Homepage unter: http://nord.jugendsozialarbeit.de/fileadmin/Bilder/NBank-Informationen/Infodienst_Interview_NBank.pdf

Neu ausgeschrieben Neues Modellprogramm "JUGEND STÄRKEN im Quartier" Ab Januar 2015 startet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gemein-sam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit das Modell-programm "JUGEND STÄRKEN im Quartier". Mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) für die Förderperiode 2014 bis 2020 werden in den nächsten vier Jahren knapp 200 Modell-kommunen ihre Angebote für benachteiligte junge Menschen ausbauen, um sie beim Übergang von der Schule ins Berufsleben nachhaltig unterstützen zu können. Dadurch wird die kommunale Jugendsozialarbeit vor Ort entscheidend gestärkt. Die Angebote kommen insbesondere jungen Menschen zu Gute, denen eine Perspektive für die Zukunft fehlt und die durch Hilfsangebote besonders schwer zu erreichen sind. Damit sind zum Beispiel Schulabbrecher oder Abbrecher von Arbeitsmarktmaßnahmen sowie junge neu Zugewanderte mit besonderem Integrationsbedarf gemeint. Das Programm kombiniert individuelle sozialpädagogische Beratung und Begleitung. Ziel ist, junge Menschen mit niedrigschwelligen Mikroprojekten zu aktivieren und ihre Kompetenzen und Persön-lichkeit zu stärken. Je nach lokaler Bedarfslage können die Modellkommunen Angebote passge-nau ausgestalten, die dann entweder durch sie oder durch freie Träger der Jugendsozialarbeit umgesetzt werden. Die Projekte konzentrieren sich auf soziale Brennpunkte, in denen die Situation für junge Menschen besonders schwer ist. Die Gebiete sind durch das Städtebauförderprogramm "Soziale Stadt" markiert. Für die erste Modellphase von 2015 bis 2018 sind rund 115 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds vorgesehen. Weitere Infos unter: www.jugend-staerken.de.

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Neues ESF Bundesprogramm "ESF Integrationsrichtlinie Bund" Das BMAS hat die Förderrichtlinien für das zukünftige Programm „Integrationsrichtlinie Bund“ veröffentlicht. Dieses Programm vereint Konzepte aus den bisherigen Programmen „XENOS – Integration und Vielfalt“, „ESF-Bundesprogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibe-berechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt“ und „IdA – Integration durch Aus-tausch“. Ziel ist es, Personen schrittweise an den Arbeitsmarkt heranzuführen, die anderenfalls erhebliche Probleme beim Zugang zu Arbeit oder Ausbildung haben. Zu den Zielgruppen gehören betroffene Jugendliche und junge Erwachsene unter 35 Jahren sowie Asylbewerberinnen und Asylbewerber und Flüchtlinge. Mit dem neuen Programm werden Projekte in den folgenden drei Handlungsschwerpunkten gefördert:

• Integration statt Ausgrenzung (IsA) für die Zielgruppe Jugendliche und junge Erwachsene von 18 bis 35 Jahren

• Integration durch Austausch (IdA) mit Schwerpunkt transnationale Mobilität für die Zielgrup-pe Jugendliche und junge Erwachsene von 18 bis 35 Jahren

• Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen (IvAF). Die Antragstellung zur "ESF Integrationsrichtlinie Bund" ist ab sofort möglich. Projektanträge sind in elektronischer Form über das Internet-Portal ZUWES zu übermitteln. Weitere Informationen gibt es unter: http://www.esf.de/portal/generator/21836/2014__10__31__ir__aktuell.html

Veranstaltungen

Veran-stalt. Art

Thema/ Titel Datum Ort Veranstalter

Seminar, zweiteilig

So schlimm war das doch gar nicht… Handlungsorien-tierungen für den Umgang mit Mobbing unter Kindern

15.01.2015 14.02.2015

Hannover, Seminar-zentrum

Landesstelle Jugendschutz Tel. 0511 858788 [email protected] www.jugendschutz-niedersachsen.de

Fortbil-dung

Besprechungen, Konferen-zen, Sitzungen & Co. Zielori-entiert und motivierend leiten

14.-15.01.2015

Stapelfeld, Katholische Akademie

Katholische Akademie Stapelfeld Dr. Barbara Kappenberg http://www.ka-stapelfeld.de

Seminar Einführung in die Gewalt-freie Kommunikation (GFK)

16.-18.01.2015

Hannover, Stephans-stift

Zentrum für Erwachsenenbildung Stephansstift, Margaret Lincoln www.zeb.stephansstift.de

Seminar Beruf und Bewerbung 2015/2016 - Moderne, wirksa-me schulische Berufsorientie-rung

19.-20.01.2015

Paderborn, IN VIA Aka-demie

IN VIA Akademie Paderborn Tel. 05251 2908-38 [email protected]

Seminar Workshop für Frauen: Mine-craft + Sozialarbeit - Spielenergie für Jugendsozial-arbeit nutzen

22.-23.01.2015

Paderborn, IN VIA Aka-demie

IN VIA Akademie Paderborn Tel. 05251 2908-38 [email protected]

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Veran-stalt. Art

Thema/ Titel Datum Ort Veranstalter

Fortbil-dung

Sergej und Mustafa schla-gen sich…! – wieso eigent-lich? Interkulturelle Kompe-tenz für die pädagogische Praxis in Jugendwerkstätten und Pro-Aktiv-Centren

29.-30.01.2015

Hannover, Stephans-stift

LAG JAW, Kathrin Scheidemann Tel. 0511 12173-31 [email protected] www.nord.jugendsozialarbeit.de

Seminar Wieso verändert sich nichts? "Verhalten lernen" in der Jugendhilfe - Teament-wicklung

02.03.2015 Bad Beder-kesa, Ev. Bildungs-zentrum

LS Niedersachsen Anke Boes, Tel. 0511 106-7420 http://www.fobionline.jh.niedersachsen.de/detail.php?urlID=1025

Kurs Der kleine Zauberlehrling – NLP-Einführungskurs für Mit-arbeitende der Kinder- und Jugendhilfe

02.-04.03.2015

Hannover, Stephans-stift

Evangelischer Erziehungsverband Carola Schaper, Dirk Willhoff http://www.erev.de/index.php5?article_id=89&semID=1606

Fortbil-dung

Ansätze zum Einsatz "digita-ler Medien" in der Jugend-arbeit - Medienpädagogisches BarCamp

05.-06.03.2015

Springe, Bildungs- und Ta-gungsZent-rum HVHS

LS Niedersachsen Matthias Gelbke, Tel. 0511 106-7407 http://www.fobionline.jh.niedersachsen.de/detail.php?urlID=1211

Seminar Ich als Methode - Wirksame Beziehungsgestaltung in der Pädagogik

09.-11.03.2015

Paderborn, IN VIA Aka-demie

IN VIA Akademie Paderborn Tel. 05251 2908-38 [email protected]

Fortbil-dung

Kein Bock – Umgang mit „un“motivierten Jugendlichen

10.-11.03.2015

Hannover, Stephans-stift

LAG JAW, Dimitra Atiselli Tel. 0511 12173-39 [email protected] www.nord.jugendsozialarbeit.de

Seminar „Facebook, WhatsApp, Sky-pe oder Youtube?!“ Wie geht die Jugendberufshilfe mit neu-en Medien um?

12.03.2015 Salzgitter, Mehrgene-rationen-haus

LAG JAW, Kathrin Scheidemann Tel. 0511 12173-31 [email protected] www.nord.jugendsozialarbeit.de

Fortbil-dung

Partizipation bei schwerwie-genden lebensgeschichtli-chen Ereignissen und psy-chischen Auffälligkeiten

16.03.2015 Hannover, Stadtteilzen-trum KroKus

LS Niedersachsen Angelika Stürmer, 0511 106-7290 http://www.fobionline.jh.niedersachsen.de/detail.php?urlID=1213

Seminar Ex-/Inklusion. Jugendsozial-arbeit - Ausgrenzung und sozialpolitischer Auftrag

16.-17.03.2015

Paderborn, IN VIA Aka-demie

IN VIA Akademie Paderborn Tel. 05251 2908-38 [email protected]

Einfüh-rungs-seminar

Gewaltfreie Kommunikation – Kommunikation, die ver-bindet »Es geht nicht darum, nett zu sein, sondern echt« (M. Rosenberg)

18.-20.03.2015

Hannover, Stephans-stift

Evangelischer Erziehungsverband Gioia Baldass, Antowi Wibbelink-Oosterwijk http://www.erev.de/index.php5?article_id=89&semID=1611

Fortbil-dung

MOVE - Motivierende Kurzin-tervention bei Drogen konsu-mierenden Jugendlichen

23.-25.03.2015

Bovenden, LHVHS Mariaspring

LS Niedersachsen Susanne Keuntje, 0511 106-7438 http://www.fobionline.jh.niedersachsen.de/detail.php?urlID=1063

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Veran-stalt. Art

Thema/ Titel Datum Ort Veranstalter

Seminar Persönliche Grenzen in der Schul- und Jugendsozialar-beit

13.-14.04.2015

Paderborn, IN VIA Aka-demie

IN VIA Akademie Paderborn Tel. 05251 2908-38 [email protected]

Fortbil-dung

Das Fördern planen – Grund-lagen der Förderplanarbeit in Jugendwerkstätten und Pro-Aktiv-Centren

16.-17.04.2015

Hannover, Stephans-stift

LAG JAW, Kathrin Scheidemann Tel. 0511 12173-31 [email protected] www.nord.jugendsozialarbeit.de

Weitere Veranstaltungen finden Sie auf unserer Homepage unter http://nord.jugendsozialarbeit.de/index.php?id=65

Impressum „jugendsozialarbeit nord“ wird herausgegeben von der Landesstelle Jugendsozialarbeit Redaktion: Ina Samusch (is) Redaktionelle Mitarbeit: Kathrin Scheidemann (ks), Dimitra Atiselli (at), Christian Remark (re) V.i.S.d.P. Angela Denecke (ad) Kopernikusstr. 3, 30167 Hannover tel: 0511/12173-0 fax: 0511/12173-37 mail: [email protected] Erscheinungsweise: monatlich, Bezugspreis: 30 Euro für 12 Monate