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Unfallchirurgie Urb ,n a 1996 Ubersichtsarbeit A. Pannike Zentrum der Chirurgie - Klinik fiJr Unfallchirurgie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. A. Pannike), Klinikum der Johann-Wolfgang- Goethe-Universit~it, Frankfurt a. M. Die Reposition: Richtungweisende Grundlage ftir Erfolg oder Migerfolg der Stabilisierung des hiJftkopfnahen Schenkelhalsbruches Eine Ubersicht Lange Zeit gait die dislozierte (instabile) intrakapsulfire Schenkelhalsfraktur als ,,unsolved", ihre kopf- und ge- lenkerhaltende operative Versorgung als ,,unsolvable". Ursache dieser eher fatalistischen Beurteilung war die gleichbleibend hohe Rate von posttraumatischen H~iftkopfnekrosen und Schenkelhalspseudarthrosen. Die Ein- fiihrung und rasche Verbreitung des endoprothetischen Gelenkersatzes sollte die Zeit der Fehlergebnisse bei der Behandlung der (dislozierten) medialen Schenkelhalsfraktur definitiv beenden. Es zeigte sich jedoch, dab der Gelenkersatz bei dieser Indikation vielfach ein therapeutischer Ausweg blieb, der neue Probleme nach sich zog. Dennoch geraten die bei der kopf- und gelenkerhaltenden Versorgung der Schenkelhalsfraktur gewonne- nen Erfahrungen zunehmend in Vergessenheit. Diese Betrachtung soll daher in Erinnerung rufen oder bewuBt machen, daf3 die Quatit~it der Frakturreposition in vielen F/illen fiber den Erfolg oder Mit3erfotg der Behandlung eines dislozierten Schenkelhalsbruches entscheidet. Reduction: Determiner to Success or Failure in the Treatment of Intracapsular Fractures of the Femoral Neck Over a long period of time the dislocated and unstable fracture of the femoral neck has been called "the un- solved fracture". Regardless of all technical improvement developed the head- and joint preserving treatment of this fracture seemed to remain an "'unsolvable'" problem. Fundamental reason for this discrediting judgement was the continuously high rate of complications like segmental collapse of the femoral head and pseudarthrosis of the femoral neck. The invention and speedy acceptance of hip joint replacement made many surgeons hope that the "unsolved" problems of treating femoral neck fractures could be guided to a definite conclusion. This revising discussion is done to bring home being familiar with the experience gained by practising the head- and joint preserving surgery of femoral fractures. M it Bedauern mug festgestellt werden, dab sich die Mehrzahl der Berichte und Empfehlungen zar Behandlung der instabilen mediaien (intrakap- sul~iren) Schenkelhalsfraktur mit den Vorztigen und/oder Nachteilen eines speziellen Implantates befal3t, jedoch in der Regel keinen Hinweis auf Eingang des Manuskripts: 18.10. 1996. Annahme des Manuskripts: 18.10. 1996. Bedeutung und Erfordernis einer mOglichst exakten Einrichtung der Fraktur enthfilt. Bis zur Entwicklung und zunehmenden Verbreitung des endoprothetischen Gelenkersatzes hatte sich der Eindruck festgesetzt, dab die Kornplikationsrate der kopferhaltenden Stabilisierung der instabilen intra- kapsulfiren Schenkelhalsfraktur als vorzugsweise ver- letzungstypische und verletzungsbedingte Eigenart dieser Fraktur hingenommen werden muB. Unfallchirurgie 22 (1996), 239-247 (Nr. 6) 239

Die Reposition: Richtungweisende Grundlage für Erfolg oder Mißerfolg der Stabilisierung des hüftkopfnahen Schenkelhalsbruches

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U n f a l l c h i r u r g i e Urb ,n a 1996

Ubersichtsarbeit

A. Pannike

Zentrum der Chirurgie - Klinik fiJr Unfallchirurgie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. A. Pannike), Klinikum der Johann-Wolfgang- Goethe-Universit~it, Frankfurt a. M.

Die Reposition: Richtungweisende Grundlage ftir Erfolg oder Migerfolg der Stabilisierung des hiJftkopfnahen Schenkelhalsbruches Eine Ubersicht

Lange Zeit gait die dislozierte (instabile) intrakapsulfire Schenkelhalsfraktur als ,,unsolved", ihre kopf- und ge- lenkerhaltende operative Versorgung als ,,unsolvable". Ursache dieser eher fatalistischen Beurteilung war die gleichbleibend hohe Rate von posttraumatischen H~iftkopfnekrosen und Schenkelhalspseudarthrosen. Die Ein- fiihrung und rasche Verbreitung des endoprothetischen Gelenkersatzes sollte die Zeit der Fehlergebnisse bei der Behandlung der (dislozierten) medialen Schenkelhalsfraktur definitiv beenden. Es zeigte sich jedoch, dab der Gelenkersatz bei dieser Indikation vielfach ein therapeutischer Ausweg blieb, der neue Probleme nach sich zog. Dennoch geraten die bei der kopf- und gelenkerhaltenden Versorgung der Schenkelhalsfraktur gewonne- nen Erfahrungen zunehmend in Vergessenheit. Diese Betrachtung soll daher in Erinnerung rufen oder bewuBt machen, daf3 die Quatit~it der Frakturreposition in vielen F/illen fiber den Erfolg oder Mit3erfotg der Behandlung eines dislozierten Schenkelhalsbruches entscheidet.

Reduction: Determiner to Success or Failure in the Treatment of Intracapsular Fractures o f the Femoral Neck

Over a long period of time the dislocated and unstable fracture of the femoral neck has been called "the un- solved fracture". Regardless of all technical improvement developed the head- and joint preserving treatment of this fracture seemed to remain an "'unsolvable'" problem. Fundamental reason for this discrediting judgement was the continuously high rate of complications like segmental collapse of the femoral head and pseudarthrosis of the femoral neck. The invention and speedy acceptance of hip joint replacement made many surgeons hope that the "unsolved" problems of treating femoral neck fractures could be guided to a definite conclusion. This revising discussion is done to bring home being familiar with the experience gained by practising the head- and joint preserving surgery of femoral fractures.

M it Bedauern mug festgestellt werden, dab sich die Mehrzahl der Ber ichte und Empfeh lungen

zar Behandlung der instabilen mediaien (intrakap- sul~iren) Schenkelhalsf raktur mit den Vorztigen

und/oder Nachtei len eines speziellen Implanta tes befal3t, jedoch in der Regel keinen Hinweis auf

Eingang des Manuskripts: 18.10. 1996. Annahme des Manuskripts: 18.10. 1996.

Bedeu tung und Erfordernis einer mOglichst exakten Einr ichtung der Fraktur enthfilt.

Bis zur Entwicklung und zunehmenden Verbre i tung des endopro the t i schen Gelenkersatzes hatte sich der Eindruck festgesetzt, dab die Kornplikat ionsrate der

kopferha l tenden Stabilisierung der instabilen intra- kapsulfiren Schenkelhalsf raktur als vorzugsweise ver- letzungstypische und verletzungsbedingte Eigenart dieser Fraktur h ingenommen werden muB.

Unfallchirurgie 22 (1996), 239-247 (Nr. 6) 239

Pannike: Die Reposition - Grundlage der Behandhmg des Schenkelhalsbruches

Als Ursachen der gleichbleibend hohen Komplikati- onsrate von 25 bis 30% wurden in der Regel genannt [1.2, 4, 7, 9, 15, 22, 27]:

1. das behandlungsunabh~ingige Absterben des Hiift- kopfes infolge verletzungstypischer Zerrei[3ung der kopfern~ihrenden Gef~if3e und

2. das Fehlen eines (idealen) Implantates, durch des- sen Stabilittit die Fraktur wtihrend des Heilverlaufs gegen ungtinstige mechanische Einfltisse geschatzt werden kann.

Nach einem Besuch in Boston ftihrte Lorenz BÙhler 1930 die von Smith-Petersen entwickelte Repositions- technik, aber auch dessen Technik der operativen Sta- bilisierung der Schenkelhalsfraktur in Zentraleuropa ein [4, 7, 8, 18].

Die von Smith-Petersen empfohlene (von Leadbetter modifizierte) und praktizierte Einrichtungstechnik be- inhaltete

a) den schonenden axialen Zug bei leichter Beugung des Htffgelenkes (zum L0sen der in Fehlstellung stehenden Fraktur) bei [eichtem Gegendruck auf das Becken, die

b) vorsichtig verst~irkte Innenrotation und schlie/31ich die

c) Abspreizung und zunehmende Streckung des ver- letzten Beines.

Smith-Petersen nutzte die von ihm entwickelte Ein- richtungstechnik zur Vorbereitung der offenen Ein- richtung und Stabilisierung der Fraktur. Er bevorzugte die offene Einrichtung in der Annahme, dab die bei den dislozierten Frakturen signifikant h~iufigere Hei- lungsverz6gerung in der Regel auf die Interposition von Synovia, Kapsel und kleinen Knochenfragmenten zurtickzufiihren ist und diese Komplikation nur zu ver- meiden ist, wenn der Bruch unter Sicht des Auges ein- gerichtet und stabilisiert wird [24].

Anders als in den USA hat sich in Europa jedoch nicht die von Smith-Petersen empfoh!ene offene Reposition, sondern die yon den europfiischen Chirur- gen als schonender und weniger risikobelastet einge- sch~itzte ,,geschlossene" Technik. das heigt die ohne Freilegung des Bruches angestrebte Einrichtung der Schenkelhalsfraktur, durchgesetzt [18].

Diese Entscheidung, an der die europfiischen Chirurgen fiber viele Jahre festhielten, wurde begfinstigt durch die

Einftihrung des ,,Extensionstisches". Der Vorteil dieses Tisches wurde unter anderenn darin gesehen, dab die zuvor bei freier Beinftihrung in der Technik nach Whit- man und Leadbetter reponierte Fraktur gelagert und verspannt werden konnte, urn das erreichte Repositi- onsergebnis bis zum Abschlul3 der operativen Stabilisie- rung zu sichern [14, 18, 25, 26].

Der Einsatz des Extensionstisches konnte sich nachtei- lig auswirken, wenn die Reposition der Fraktur nach Abschlug der Lagerung durchgeftihrt werden sollte oder mugte. Das ftir die Reposition erforderliche L0sen der Fraktur wurde daian zumeist durch Versttir- kung des axialen Zuges erzwungen [15, 18].

Ein weiterer Nachteil des Extensionstisches ist auch, dab sowohl eine gegebenenfalls erforderliche Nachre- position wie auch die intraoperativ beschlossene offene Einrichtung des Bruches bei fortbestehendem axialen Dauerzug auf3erordentlich erschwert ist. Das meist nicht zu umgehende Nachlassen des axialen Zuges gef~ihrdet das zuvor erreichte Repositionser- gebnis, behindert abet zugleich die erneute Reposi- tion, da die Lagerung auf dem Extensionstisch die Man/Svrierbarkeit des vertetzten Beines weiterhin erheblich beeintrfichtigt [15].

Angesichts der grundsfitzlichen Entscheidung ffir die geschlossene Einrichtung kann es nicht verwundern. dab die gew~ihlte Einrichtungstechnik bei allen Patien- ten eingesetzt wurde, deren Frakturen auf dem Exten- sionstisch gelagert und stabilisiert werden sollten, so dab die Besonderheiten des individuellen Frakturtyps nicht mehr in ausreichender Weise berticksichtigt wer- den konnten.

Nachteilig konnte sich auch auswirken, dab das Repo- sitionsman6ver nicht selten so lange wiederholt wurde, bis das gewtinschte Einrichtungsergebnis erreicht schien, eine weitere Beeintrfichtigung der Restdurch- blutung des Kopffragmentes konnte in diesen F~llen nicht mehr ausgeschlossen werden.

Eine Ausnahme biidete hier iedigiich L. B6hier, der das yon ihm empfohlene Vorgehen bei der Reposition vom Frakturtyp abhfingig machte [4, 7, 8, 18].

Zeigte die Fraktur keine Seitenverschiebung und keine Verkttrzung, so gentigte ihm die einfache Ein- wfirtsdrehung zur Reposition. - Auch L. BOhler begann bei Seitenverschiebung und scheinbarer Ver-

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Pan;like: Die Reposition - Grundlage der Behandhmg des Schenkelhalsbruches

ktirzung der Schenkelhalsfragmente mit dem L~ings- zug. Erst nach Beseitigung der Verkfirzung wurde die nach dorsal abgeknickte Fraktur durch Innenrotation des Beines reponiert.

Angesichts der weiterhin gleichbleibend hohen Kom- plikationsrate bei der kopf- und gelenkerhaltenden Versorgung der Schenkelhalsfrakturen kam Kellog Speed zu dem Schlug, dab bei einem Teil der Chirur- gen das erforderliche Interesse fehlte, die zunehmend differenzierte Repositionstechnik schulmfil3ig zu erler- nen. Speed vertrat die Auffassung, dab zahlreiche Chirurgen zuntichst nicht fiber die Repositions- und Gipstechnik verffigten, die erforderlich war, um die muskelgeschfitzten Schenkelhalsfrakturen unblutig einzurichten und fiber einen ausreichend langen Zeit- raum in der erreichten Repositionsstellung zu retinie- ren. Die ,,Pedanterie", mit der L. B6hler und seine Schule bei der Reposition zu Werke gingen, war often- bar nicht jedermanns Sache [25].

Als Osteosyntheseverfahren befttrwortete Lorenz B6h- ler den in der L/ingsachse des Schenkelhalses und zen- tral im Kopf plazierten soliden Nagel. Gerhard Kfint- scher hielt demgegenfiber eine m6glichst steile Positio- nierung des Nagels ftir das fiberlegene Verfahren [18].

Seither ist die Frage nach der idealen Plazierung des stabilisierenden Implantates und die Suche nach dem idealen, ftir alle Fraktursituationen geeigneten Im- plantat, fester Bestand der Diskussion fiber die best- m6gliche Behandlung der Schenkelhalsfraktur.

Unter dem Eindruck, dab durch die vermeintliche Verbesserung der operativ-technischen M6glichkeiten eine grundlegende Absenkung der Hfiftkopfnekrose- rate ebensowenig erreicht worden war wie eine grund- legende Verbesserung der Ausheilungsquote, bezeich- nete Kellog Speed die instabile Schenkelhalsfraktur als ,,unsolved fracture" [25].

Anders als Pauwels hat er nicht unterschiedliche Frak- turtypen beschrieben, sondern Art und Ausmal3 der primaren Frakturdislokation als vier Stadien (Stufen) einer durchlaufenden Gewalteinwirkung interpretiert. Insbesondere bei den stark dislozierten oder un- zul~inglich reponierten Frakturen (Garden III und IV) konnte er einen eindeutigen Zusammenhang mit der nachfolgenden Komplikationsrate (segmentale Htift- kopfnekrosen - Schenkelhalspseudarthrosen) nach- weisen [10, 11].

Bei der gleichbleibend hohen Migerfolgsrate der kopf- erhaltenden Osteosynthese der Schenkelhalsbrfiche ist es nicht verwunderlich, dab die Einfahrung und rasch zunehmende Verbreitung des endoprothetischen Gelenkersatzes manchen fortschrittsgl~iubigen Opera- teur glauben machte, die Zeit der ,,unsolved fracture", die man schlief31ich als ,,unsolvable fracture" hinzuneh- men begonnen hatte, sei nun endgiiltig beendet.

Erst allmfihlich wurde hinter der neuen ,,Prothe- seng!~iubigkeit" erkennbar, dab die bei der kopferhal- tenden Wiederherstellung zum Tei[ unbewfiltigte Pro- blematik lediglich von einer neuen Risikoproblematik abgelOst worden war.

Bei kritischer Ergebnisprfifung wurde auch erkenn- bar, dab die Indikation zum endoprothetischen Gelenkersatz nicht selten yon dem Wunsch geleitet wurde, den Risiken der kopf- und gelenkerhaltenden Wiederherstellung durch das Ausweichen auf den alloptastischen Gelenkersatz zu entgehen. Erst nach l~ingerer Erfahrungsbildung wuchs die Erkenntnis, dal3 auch ein optimaler Gelenkersatz kein Ersatz fttr eine echte Wiederherstellung ist und auch der optimal gelungene Gelenkersatz nicht zum therapeutischen Regelvorgehen for die Behandlung der Schenkelhals- frakturen erklfirt werden kann. sondern ein Ersatz bleibt, der neue und andere Risiken in Gang zu setzen vermag [2, 5, 12, 27].

Wenig sp~iter erkannte F. Pauwels die Bedeutung der Korrelation zwischen dem Verlauf des Schenkelhals- bruches und den auf die Fraktur einwirkenden mecha- nischen Krfiften und begrtindete eine neue Sicht des bei der Behandlung der Schenkelhalsfraktur erreich- baren und real erreichten Heilergebnisses [20].

Ober Pauwels hinausgehend hat Garden das Ausmaf3 der prim~ren Verschiebung der Bruchfragmente in den Vordergrund seiner Oberlegungen gestellt.

Die kontinuierlich gefiJhrte Diskussion fiber die best- m6gliche Behandlung der (instabilen) Schenkelhals- frakmr, die sich nahezu ausschlieB!ich mi:: der Suche nach dem idealen Implantat und der idealen Implan- tatplazierung beschtiftigt hatte, sollte - so hoffte man - mit der grof3zttgig gehandhabten Indikation zum ope- rativen Gelenkersatz ihr Ende finden [18].

Eine meist nicht ausreichend beachtete und daher in ihrer Bedeutung vielfach untersch~itzte Folge dieser

Unfallchirurgie 22 (1996), 239-247 (Nr. 6) 241

Pamtike: Die Reposition - Grundlage der Behandhmg des Schenkegtalsbruches

einseitigen Betrachtungsweise ist die Feststellung, da6 ein groger Tell der in der wiederherstellenden Htift- chirurgie gewonnenen Sach- und Fachkenntnis mehr und mehr in Vergessenheit geraten ist.

Unabh~ingig vonder rasch zunehmenden Ausweitung des operativen Hiiftgelenkersatzes analysierten Bar- nes, Lowell und andere noch einmal die unver/indert hohe KomplikationshSufigkeit bei der kopferhalten- den Versorgung der Schenkelhalsfraktur. Sie unter- schieden in einfacher Weise zwischen Komplikatio- nen, die verletzungsbedingt und somit therapieun- abh~ngig entstehen, und Komplikationen, die dutch die Behandlung entstehen oder durch diese verst~irkt werden (Tabellen 1 und 2) [2, 15J.

Garden, de Palma, Lowell und andere haben den Nachweis geftihrt, dal3 im exakt gefertigten Unfall- rOntgenbild zahlreiche Informationen fiber morpho- logische und mechanische Besonderheiten der Schen- kelhalsfraktur erkennbar sind, deren Nichtbeachtung den Mil3erfolg der operativen Wiederherstellung nahezu unvermeidlich erscheinen l~Bt [8, 10, 11, 15, 27].

Es konnte gezeigt werden, dab der verletzungsbeding- ten wie der therapiebedingten Fragmentverschiebung als Indikator der Stabilit~it oder Instabilit/it besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden mull Die genann- ten Autoren wiesen nach, dab unzul/ingliche Repositi- onsergebnisse und fehlerhafte Frakturstabilisierungen nahezu unvermeidlich sind, wenn im Unfallr6ntgen- bild erkennbare morphologische oder mechanische Besonderheiten wie der medial absteigende Sporn des

l. Zerreil3ung der (arterietlen) Geftigversorgung 2. Biomcchanisch ungtinstiger Frakturverlauf (Pauwels II und

Ill/Garden III und IV) 3. Dorsa|er Stauchungsdefekt der instabilen Schenkelhalsfraktur 4. Dorsaler Stauchungsdefekt mit Ruptur und AblOsung des

Weitbrecht-Bandes (Retinacu!um dorsale).

Tabelle !. Therapieunabh/,ingige Ursachen.

1. Fehtinterpretatien des UnfallrOntgenbildes 2. Verspatete/unzulfingliche Reposition 3. Unzul~ingliche Osteosynthesetechnik 4. Ungeeignetes (Osteosynthese-)Implantat 5. Fehlbelastung w~ihrend des Heilverlaufs 6. lnfektion

Tabelle 2. Thcrapieabhangige/therapiebedingte Ursachen.

Calcar oder die dorsale Trtimmerzone des Schenket- halses tibersehen werden oder keine ausreichende Beachtung linden.

Aus diesen Besonderheiten ist abzuleiten, dab Fehler- gebnisse bei der kopf- und gelenkerhaltenden Versor- gung der (instabilen) Schenkelhalsfraktur vorzugs- weise dann verhindert werden k6nnen, wenn der Reposition und nachfolgenden Stabitisierung eine sorgf~iltige Analyse der individuellen R6ntgenanato- mie und Frakturmorphologie vorausgeht (Abbildun- gen 1 bis 7) [6, 15].

Im Obergang der Garden-III- zur Garden-IV-Frak- tur ist der Schenkethalstiberzug auf der Vorderseite des Schenkelhalses zerrissen, so dab eine ligamen- t/ire F0hrung der Fraktur in diesem Bereich nicht mehr mOglich ist. Trotz der dorsalen Stauchung bzw. der beginnenden oder bereits vollzogenen Zer- trtimmerung der Rfickfl~che des Schenkelhalses kann die (geschlossene) Reposition gelingen, so- lange das Weitbrecht-Band noch intakt ist (Abbil- dung 6).

Die vollst/indig dislozierte Garden-IV-Fraktur ist (in 50 bis 70% der F/ille) gekennzeichnet durch den grogen dorsalen Schenkelhalsdefekt, der erfahrungs- gem/if3 stets ausgepr/igter ist, als das R6ntgenbild erwarten l~gt. Das Repositionsergebnis mu[3 instabil bleiben, da eine interfragmentfire Abstiitzung nur ven- tral zu erreichen ist (der dorsale Defekt klafft oder knickt ein) und die ligament/ire Fiihrung ventral und dorsal zerstOrt ist (Abbildung 7).

Die Schwierigkeiten der rOntgenologischen Erken- nung und Beurteilung der Frakturmorphologie l/il3t sich am einfachsten durch die Erfahrung veranschauli- chen, dab die Beurteilung einer nichtdislozierten und eingestaucht (impaktiert) erscheinenden Schenket- halsfraktur auch dem erfahrenen Diagnostiker ernste Schwierigkeiten bereiten kann.

Bei den Merkmalen der tmpaktierung werden klini- sci~.e ,a~d radio~_ogische _elcner_ unterscb_ieden [3]:

Klinisch:

1. Schmerzfreie (passive und aktive) Beweglichkeit im Hiiftgelenk (zum Beispiel Abheben des verletzten Beins vonder Unterlage).

2. Kein Stauchungsschmerz bei axialer Stauchung des verletzten Beins.

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Pannike: Die Repos#ion - Grzmdlage der Behandhmg des Schenkelhalsbruches

Abbildung l. R0ntgenanatomie des unverletzten Schenkelhalses im seit- lichen (axialen) Strahlengang [6]. 1 = Die ventrale Kontur des Schenkel- halses ist konvex. 2 = Der Femur- kopf aberragt den dorsoinferioren Anteil des Schenkelhalses.

Abbildung 5. 1 = Bei fortwirken- der Gewalteinwirkung durch- bricht die (im seitlichen/axialen Strahtengang dargestellte) Fraktur jetzt auch die Gegenkortikalis [6], 2 = Das Kopffragment und das periphere (laterale) Fragment sind weiterhin unverschoben. 3 - Die Dorsalseite des Schenkelhalses zeigt noch keine Stauchungs- und Tr~mmerzone. 4 = Das Weir- brecht-Band (Ret inaculum dot- sale) ist weiterhin unverletzt.

Abbildung 2. Im Gegensatz zu Abbildung i R6ntgenmorphologie einer stark dis{ozierten Schenkel- halsfraktur im seitlichen (axialen) Strahlengang: Stadium IV aach Gar- den [6]. i = Das periphere (distale) Femurf ragment steht in diesem Frakturstadium in voller Auf3enrota- tion. 2 = Die durchlaufende Gewalt und die Auf3enrotation des Beines ftihren zu einer Einstauchung und Zert r t immerung der dorsalen Schen- kelhalskortikalis mit Ausbruch eines triangul~iren Keilfragments.

Abbildung 6. 1 = Im folgenden Stadium der stabilen kopfiaahen Schenkelhalsfraktur wird (ira seit- lichen/axialen Strahlengang) [6] die Einw~irtsdrehung und Abduk- tion des Kopffragmentes erkenn- bar. 2 = Das verletzte Bein geht in AuBenrotation. 3 = Der Fraktur- spalt ktafft ventral. 4 = Die dor- sale Schenkelhalskortikalis kommt unter Druck, bricht aber nicht ein. 5 = Das Weitbrecht-Band (Re- tinaculum dorsale) ist weiterhin unverletzt und haftet weiterhin an der Kortikalis des Schenkelhalses.

Abbildung 3. Entstehung der stabi- len kopfnahen Schenkelhalsfraktur (ira anterior-posterioren Strahlen- ~ano) [6]. 1 = Regelhaft beginnt die Fraktur proximal und lateral am Kopf-Hals-121bergang. 2 = Die Frak- tur verlfiuft in einem naeh medial und distal geneigten Winkel (schr~ig durch die distale Schenkelhalskorti- kalis). 3 = Ein sorgsam zu beachten- des Repositionshindernis ist der distale, dem Trochanter minor zuge- neigte Sporn des Calcar femoris (Adam-Bogen/zentrales Fragment).

Abbildung 4, Weitere Entwicklung der stabilen kopfnahen Schenkel- halsfraktur (ira seitlichen/axialen Strahlengang) [6]. 1 = Hierbei geht das verletzte Bein in AuBenrotation. 2 = Das Becken rotiert zur Gegen- seite. 3 = Auf der Ventralseite des Schenkelhalses entstehen Zugkr~ifte. 4 = A u f der Dorsalseite des Schen- kelhalses entstehen Druckkr~ifte (beginnende Einstauchung). 5 = Die (zun~ichst) unvollst~indige Fraktur entwickelt sich senkrecht zur Schen- kelhalsachse yon ventral nach dorsal. 6 = Das Kopffragment geht in leichte Valgusposition.

Abbildung 7. 15"bergang zur insta- bilen kopfnahen Schenkelhals- fraktur (im seitlichen/axialen Strahlengang) [6]. i = Das ver- letzte Bein ist vollstfindig augen- rotiert. 2 = Das periphere Frag- ment wird durch Muskelzug nach zentral disloziert. 3 = Das Kopf- fragment rotiert in die Normalpo- sition zurtick und kippt in Varus- position. 4 = Das periphere (laterale) Schenkelhalsfragment steht ventral des Kopffragmentes! 5 = Die dorsal einwirkenden Druckkrfifte ftihren zur Einstau- chung der (dorsalen) Kortikalis mit Ausbruch eines triangularen Fragments am dorsalen Kopf- Hals-l~lbergang. 6 = Das Weit- brecht-Band ist jetzt zerrissen und vollstfindig von der Kortikalis abge!0st.

Unfal lchirurgie 22 (t996), 239-247 (Nr. 6) 243

Pannike: Die Reposition - Grundlage der Behandhmg des Schenkelhalsbruches

Radiologisch: Axis I

1. Anatomische Konfiguration des htiftnahen Femurs ~ 1 1 (keine Achsen-. Winkel-oder L/ingenabweichung). > : ! ~ " ~ 1

2. Kopffragment folgt bei Innenrotation oder Abhe- ben des gestreckten Beins.

3. Bei der eingestauchten Fraktur zeigt das Kopffrag- ment eine leichte Valgusfehlstellung (anterior- posterior und seitlich).

In dieser Situation mug daran gedacht werden, dab die Einstauchung nur vorget~uscht sein kann, da sich der auf den Trochanter minor gerichtete mediale Sporn des Kopffragmentes und/oder ein lateraler keilf6rmiger Oberstand des peripheren Fragmentes im anterior-posterioren Strahlengang in das jeweilige Gegenfragment projizieren k{3nnen, obwohl das peri- phere Femurfragment (bei vorget~iuschter Einstau- chung) in der Regel ventral des Kopffragmentes steht [3,151.

Nach Auffassung von Lowell ist ein nicht geringer Anteil der therapeutischen MiBerfolge darauf zurtick- zuftihren, dab R~Sntgenbilder akzeptiert werden, wel- che eine Schenkelhalsfraktur stabil oder eingestaucht erscheinen lassen, die in Wahrheit disloziert und insta- bil ist [3, 15].

1980 beschrieb Lowell in diesem Zusammenhang zwei radiologische Zeichen, die mitunter der einzige Hin- weis auf eine Fragmentverschiebung oder eine Frag- mentkippung sein k6nnen [15].

Die Konturen des unverletzten Schenkelhalses werden im anterior-posterioren Strahlengang als ,,liegendes S" abgebildet und entsprechen in ihrer Konvexit~it der Konvexitat des Kopfes und Kopf-Hals-Obergangs. Dieses Merkmal verfindert sich nicht, wenn der Femur um seine Schaftachse oder um die Achse des Schen- kelhalses gedreht wird (Abbildung 8).

Demgegent~ber zeigt die mit Kippung des Kopffrag- mentes einhergehende subkapita!e Schenkelhalsfrak- tur im Verlauf der ventraien Schenkelhalskontur eine ttbergangslos gestreckte Hals-Kopf-Silhouette, wfih- r-end das ,S °" im Bereich der dorsalen Knickung gebrochen und sichelf6rmig deformiert erscheint (Abbildung 9).

Eine weitere gute Orientierungshilfe gibt der von Gar- den entwickelte ,,Alignment-Index". Bei guter Trabe-

Abbildung 8. Radiologische Merkmale des unverletzten Schenkel- halses im anterior-posterioren Strahlengang [15].

kelzeichnung bildet die mediale Schaftkortikalis mit den medialen Drucktrabekeln im anterior-posterioren R6ntgenbild einen Winkel von 160 °. Im axialen ROnt- genbild zeigt der unverletzte proximale Femur oder der ideal reponierte Schenkelhalsbruch eine vertikal durchlaufende Trabekelzeichnung ohne Knickbildung im Bereich des Schenkelhalses (Winkel 180°). Die Abweichung von diesen Werten entspricht dem Aus- maB der Knickbildung und Fragmentverschiebung (Abbildung 10) [9, 12, 21].

Im Zuge seiner Arbeiten zur Bewertung der verlet- zungs- und/oder therapiebedingten Fragmentverschie- bung erkannte Garden die zentrale Bedeutung der Reposition, das heiBt die Bedeutung des nach Reposi- tion und operativer Fixierung verbleibenden Schen-

Abbildung 9. Radiologische Merkmale des frakturierten und dislozierten SchenkeI- halses im seitlichen Strahlen- gang [[5].

Abbitdung 10. Garden-Win- kel fiir den ,.Alignment"- Index [121 .

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Pannike: Die Reposition - Grzmdlage der Behandhmg des Schenkelhalsbruches

<,

Abbildung i I. Mechanik der instabilen Schenkelhalsfraktur (axial und anterior-posterior) bei Reposition unter axialem Zug {6]. 1 = Axialer Zug und 2 = Einwfirtsdrehen des Beines reponieren die dislo- zierten Fragmente. 3 = Bleibende Instabilit~it durch dorsalen Stau- chungsdefekt und fehlende Absttitzung zwischen Kopf- und Halsfrag- ment. 4 = Exakte Reposition und Abstiitzung nur ventral m6glich.

Abbildung 12. Mechanik der instabilen kopfnahen Schenkelhals- fraktur (axial und anterior-posterior) bei Nachlassen des axialen Zuges [6]. I = Nachlassen des Zuges und Redislokation der Tro- chanterh6he nach zentral. 2 = Das Kopffragment dreht sich nach dorsal und kippt in Varusfehlstellung. 3 = Einknicken und Verktir- zung des Schenkelhalses dutch den dorsaten Stauchungsdefekt.

kelhalswinkels . G a r d e n l and eine erh6hte Kompl ika t i -

onsrate , wenn de r ve rb l e ibende Winke l (im ante-

r io r -pos te r io ren S t rah lengang) 155 ° unterschr i t t ode r

180 ° (im sei t l ichen S t rah lengang) tiberstieg. Die Kom-

pl ikat ionsanff i l l igkei t erhOhte sich augenffillig, wenn

die A n t e - ode r Re t rove r s ion des Kopf f ragmentes t iber

20 bis 30 ° h inausging [10, 11, 12, 21].

In e iner e igenen Un te r suchung haben wir festgestell t ,

dab (bei der dama l igen Repos i t ions - und Implan ta t -

technik) mit K o m p l i k a t i o n e n gerechnet werden

mul3te, wenn der v e r b l e i b e n d e Nage l -Schaf t -Winke l

125 ° unter- ode r 155 ° t iberschr i t t [19].

G a r d e n , d e P a l m a und a n d e r e h a b e n auch d a r a u f hin-

gewiesen, dab die nur in de r ax ia len (exak t seit l i-

chen) P r o j e k t i o n e r k e n n b a r e Z e r t r a m m e r u n g der

D o r s a l s e i t e des S c h e n k e l h a l s e s (s iehe A b b i l d u n g 7)

nicht nur die R e p o s i t i o n , s o n d e r n auch die l~ingerfri-

stige R e t e n t i o n und die M/3gl ichkei ten de r ope ra t i -

ven S tab i l i s i e rung wesen t l i ch beeintr~ichtigt [6, 10, 17,

22, 23].

Z u r Veranschau i i chung d ieses Sachverha l tes zeigt

A b b i l d u n g 11 das V e r h a l t e n de r ins tabi len kop fnahen

Schenke lha l s f r ak tu r bei de r Repos i t i on un te r ax ia lem

Zug. D e r durch die do r sa l e S tauchung en t s t andene

De fek t bewirk t , dab e ine kn/3cherne A b s t a t z u n g

al lein auf de r Ven t r a l s e i t e des Schenke lha l ses e r re icht

werden kann. D e f e k t und Instabilit~it b le iben beste-

hen, wie sich durch die bei Nachlassen des axia len

Abbildung 13a. Mechanik der instabilen kopfnahen Schenkel- halsfraktur (im seitlichen/axialen Strahlengang) [6]. 1 = Operative Stabilisierung bei guter Reposi- tion unter axiaIem Zug. Fixierung des Einrichtungsergebnisses dutch tin axial plaziertes Implantat. 2 = ,.KnOcherne'" Absttitzung der Frag- mente nut im ventralen Anteil der Fraktur. 3 = Dorsale Defektzone ohne Abstfitzung.

Abbildung 13b. Mechanik der instabilen kopfnahen Schenkel- halsfraktur nach operativer Stabili- sierung und frtihzeitiger Belastung (im seitlichen/axialen Strahlen- gang) [6]. 4 = Das periphere (distale) Femurfragment rotiert nach augen. 5 = Das Kopffragment rotiert nach dorsal. 6 = Das Implantat durchst/33t den ventra- len Anteil des Kopffragments. 7 = Zusammenbruch der Dorsalseite des Schenkelhalses.

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Pannike: Die Reposition - Grlmdlage der Behandhmg des Schenkelhalsbruches

Zuges entstehende Redislokation der Fraktur bewei- sen l~il3t (Abbildung 12).

L. B6hler hat gefordert, dab das frakturstabilisierende Implantat (Nagel) in der L~ingsachse des Schenkelhal- ses und zentral im Kopffragment liegen solle. Eine sol- che Plazierung ist jedoch nur dann maglich und dauer- haft, wenn die vorausgehende Reposition exakt und stabil ist, das heil3t, wenn sich die Fragmentfl~ichen in breitem Kontakt wechselseitig sttttzen (siehe auch Abbildungen 13a und 13b) [4, 18].

Anlal3 der hier versuchten RiJckbesinnung auf die Grundlagen der Erkennung/Behandlung des Schen- kelhalsbruches war der Eindruck, daf3 die bei der kopf- und gelenkerhal tenden Versorgung der intra- kapsul~iren Schenkelhalsbriiche erarbei teten Erfah- rungen infolge der immer grol3z~igigeren Entschei- dung far den Gelenkersa tz mehr und mehr ver- lorengehen.

Die Betrachtung hat ihren Sinn erftillt, wenn sie in Erinnerung gerufen oder bewuf3t gemacht hat, daf3 der Reposition bei der kopf- und gelenkerhaltenden Ver- sorgung der subkapitalen Schenkelhalsfraktur zentrale Bedeutung beizumessen ist.

In erster Linie wird das Behandlungsergebnis be- stimmt durch die Qualit~it der Reposition, nicht durch die Qualit~it oder das ,,Design" des Implantats. Die Reposition entscheidet aber Erfolg oder Mil3erfolg der Behandlung.

Vorrangige Aufgabe des zur Stabilisierung einge- brachten Implantates ist der Schutz des erzielten Ein- richtungsergebnisses, das durch die , ,Osteosynthese" nicht kompromitt ier t werden dare Dies gilt in beson- derer Weise far die Behandlung der Schenkelhalsfrak- tur des jtingeren Menschen.

Bei unzureichender Reposition ftihrt das falsch gewfihlte oder (auf die harte Spongiosa des jttngeren Menschen) exzentrisch auftreffende [mplantat zur Destabitisierung start zur Stabiiisierung. Das gugerst mobile Kopffragment wird durch den randst~indig auf- treffenden Klingenmeif3el bzw. das dezentral auftref- fende Implantat rotiert und gekippt, die Fraktur geht in Varusfehlstellung.

Als Einrichtungsergebnis sollten daher nicht toleriert werden [27]:

1. eine Fragmentverschiebung >2 mm (hfiufig Dreh- verschiebung),

2. eine Valguskippung des Kopffragmentes >20 °, 3. eine Dorsalkippung des Kopffragmentes >20 °, 4. eine Varusfehlstellung der Fraktur <135 °.

Trotz der in Zentraleuropa traditionell bevorzugten ,,~,eschlossenen Einrichtung mug man sich klar machen, dab stark dislozierte Frakturen (Garden I I I /Garden IV) ebensowenig geschlossen reponiert werden kOnnen wie die Frakturen mit medialem Sporn und/oder der laterale Llberstand des peripheren Fragments. Hier ist eine ausreichend exakte Reposi- tion der Fraktur nur zu erreichen, wenn diese unter Sicht des Auges eingestellt, der mediale Sporn und der iJberstehende laterale Rand reseziert und entfernt werden. Hier kann die Fraktur erst dann stabil repo- niert und fixiert werden, wenn die Fragmente breit- fl~ichig aufeinandergestellt werden k6nnen.

Bei nicht ausreichend exakter Einrichtung, exzentri- scher Plazierung des Implantates und fortbestehender dorsaler Tr(immerzone entsteht ein signifikant erh~h- tes Risiko zur Kopfnekrose oder Schenkelhalspseud- arthrose.

Als Regel gilt, dal3 Stabilit~it und Qualit~it des Implan- tates die unzureichende Stabilit~it und Qualitfit der Reposition nicht dauerhaft ausgleichen kOnnen.

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Verfasser: Prof A. Pannike, Klinik fiir Unfallchirurgie der Universitiit, Zentrum flir Chirurgie, Theodor-Stem-Kai 7, D-60590 Frank)'itrt a. M.

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