4
8,~8 nicht durch Oxalslure-oder Phosphorslture- LSsungen, welche bekanntlich dutch die zwei- wertigen Ionen niedergeschlagen werden, so da6 durch die" Bildung eines beliebigen Niederschlages auf.der Oberflltche der suspen- dierten Teilchen die l~rscheinung deren Koagu- lation nicht bestimmt wird. Dasselbe habe ich an Kohle- und Kaolin- Suspensionen beobachtet. Ueber die Ursache, warum h3r die Koagu- iationserscheinung der groben Suspensionen gerade die Hydroxyde der z w e i w r t i g e n Metalle nStig sind, darfiber kann nur eine Vermutung ~msgesprochen werden, dab diese Hydroxyde bei der Adsorption an der Ober- fllche der suspendierten Teilchen zuerst in einem amorphen, gelatinosen Zustand entsteben, um erst splter in die gew0hnliche, kristalli- nische Form fiberzugehen. Die mikroskopische Beobachtung der yon uns beschriebenen Koagu- lationserscbeinungen scheint diese Erklarung zu bestatigen: wahrend der Koagulatlon der suspendierten Teilchen werden dieselben zuerst durch eine Art yon Gallerte zusammengeldebt. Die eben beschriebene Erscheinung der Ko- fgulation der groben Suspenslonen durch zwei- wertige Hydroxyde bietet ein gew/sses Interesse und soll spater eingehend untersucht werden. Moslmu, Juni 1922. 7edmi.sz~ Hodu~ule. Die Stabilit itsverh ltnisse bei lyophilen Kolloiden. Von H. R. Kruyt (Utrecht). (.~,.-~s~a am 7. Okto~1~.~ Vor kurzem habe Ich zusammen mit Herrn H. (3. de Jong Untersuchungen verSffentlicht fiber den EinfluB yon Elektrolyten auf die.Vis- k.ositat dis Agarsolsl). Es zeigte sicb, dab klelne Mengen nimtraler Elektrolyte die Visko- sit,it einer I/Tprozeutigen AgarlSsung stark berabsetzen, und dab f~r diesen erniedrigenden EinfluB die Valenz des hinzugesetzten Kations maBgebend Ist bei vSlliger Unabhlnglgkeit vom Anion.. LAi~t dies schon vermuten, dab eine kapi]lar-elektr/sche Erscheinung vorliegt, so zeigte die kataphoretische Untersuchung tat- slichlich, dab mit der Viskosltat auch die Ladung herabgesetzt worden war. Es entspricht dJeses.Verhalten vSllig einer Theorie yon M: yon Smoluchowski~), der nachwies, dab die Viskositmt einer Dispersion von starren, kugelf6rmigen.Teilchen nicht nur yon dem Gesamtvolumen q0 dieser Teilchen be- stimmt wird 5) (nach I~instein), sondern dab die ViskosiULt erhSht wird, falls die Teilchen eine ele.ktrische Ladung dem Disperslonsmitte! gegenfiber tragen (,quasl- viskoser Effekt'). Die Abblngigkeit i) H. R. Kruyt u. H. (i. de Jong, Zeitschr. f. physik. Chem. I00, 2,50 (1922). s) M. yon Smoluchow.ski, Koll.-Zeitschr. 18, 190 (1916). Herr Prof.Wo. Ostwald machte reich darauf sufmerksam, ds~ er auf eine derartige Beein- flussung der .Visko~ltAt dutch dle Ladung (Hardy, Zeitschr. f. physlk. Chem. 88, 398~399, 1904) schon fi'flher aufmerkssm gemacht hat. (GrandrlB der Kol. Ioldchemie, 2. Auflage (Dresden 1911), 214. der Viskositltserniedrlgung vom Kation der hinzugesetzten Elektrolyte zeigte den kapillar- elektrischen Charakter der anfangs vorhandenen Ladting beim Agar. Ohne bzw. mit Elektrolytzusatz stehen ~ir deshalb einem geladenen bzw. ungeladenen (oder schwacli geladenen) Sol gegenflber. Beide sind stabil, und wir konnten nachwelsen, dab deN |yophilen. Sol zwei Stabilitatsfaktoren zu- kommen, nlmlich Ladung uml Hydratatlon, d. h. die elektrische Doppelschicht und die Hfille gebundenen Wassers beide erniedrlgen die Haftwahrscheinlichkeit s} zusammenstoSender KoUoidteilchen. Setzt man dem geladenen Sol reiehllch Alkohol oder Azeton hinzu, so wird den Teilchen ihre Hydratation genommen und es bleibt ein lyophobes Sol (Ultrabild, Elektro- lytempfindlichkeit usw.); das entladene Sol aber wird" yon Alkohol bzw. Azeton sofort ausge- flockt. Man kann also sagen, dab das rein lyo- phobe .Sol nur einen Stabilftltsfaktor hat, nur die. Doppelschicht verhindert die Vereinigung- zweier Teilcben beim ZusammenstoB. Eln stark lyophiles Sol kann der elektrlschen Ladung ganz entbehren. Uebrigens gibt es Uebergangs- faUe: nicht nut dab z. B. die Metallhydroxyd- sole eine M/ttelsteUung einnehmen, such die Verhltltnisse bei .ElweiBsolen versteht man erst .ricbtig, wenn man die beiden genannten Stabl- litatsfaktoren unterscheidet. Die sch~matlschen I~Iguren ! und 2 mSgen dies edltutem. "Als 8)' Vgl. H..I~ Kruyt u. Jac. van der Spek, KolL-Zeitschr. ~5, 1 (1919).

Die Stabilitätsverhältnisse bei lyophilen Kolloiden

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Stabilitätsverhältnisse bei lyophilen Kolloiden

8,~8

nicht durch Oxalslure-oder Phosphorslture- LSsungen, welche bekanntlich dutch die zwei- wertigen Ionen niedergeschlagen werden, so da6 durch die" Bildung eines b e l i e b i g e n Niederschlages auf.der Oberflltche der suspen- dierten Teilchen die l~rscheinung deren Koagu- lation nicht bestimmt wird.

Dasselbe habe ich an Kohle- und Kaolin- Suspensionen beobachtet.

Ueber die Ursache, warum h3r die Koagu- iationserscheinung der groben Suspensionen gerade die Hydroxyde der z w e i w �9 r t i g e n Metalle nStig sind, darfiber kann nur eine Vermutung ~msgesprochen werden, dab diese Hydroxyde bei der Adsorption an der Ober-

fllche der suspendierten Teilchen zuerst in einem amorphen, gelatinosen Zustand entsteben, um erst splter in die gew0hnliche, kristalli- nische Form fiberzugehen. Die mikroskopische Beobachtung der yon uns beschriebenen Koagu- lationserscbeinungen scheint diese Erklarung zu bestatigen: wahrend der Koagulatlon der suspendierten Teilchen werden dieselben zuerst durch eine Art yon Gallerte zusammengeldebt.

Die eben beschriebene Erscheinung der Ko- fgulation der groben Suspenslonen durch zwei- wertige Hydroxyde bietet ein gew/sses Interesse und soll spater eingehend untersucht werden.

Moslmu, Juni 1922. 7 edmi.sz~ Hodu~ule.

Die Stabilit itsverh ltnisse bei lyophilen Kolloiden. Von H. R. K r u y t (Utrecht). (.~,.-~s~a am 7. Okto~1~.~

Vor kurzem habe Ich zusammen mit Herrn H. (3. de J o n g Untersuchungen verSffentlicht fiber den EinfluB yon Elektrolyten auf die.Vis- k.ositat dis Agarsolsl). Es zeigte sicb, dab klelne Mengen nimtraler Elektrolyte die Visko- sit,it einer I/Tprozeutigen AgarlSsung stark berabsetzen, und dab f~r diesen erniedrigenden EinfluB die Valenz des hinzugesetzten Kations maBgebend Is t bei vSlliger Unabhlnglgkeit vom Anion.. LAi~t dies schon vermuten, dab eine kapi]lar-elektr/sche Erscheinung vorliegt, so zeigte die kataphoretische Untersuchung tat- slichlich, dab mit der Viskosltat auch die Ladung herabgesetzt worden war.

Es entspricht dJeses.Verhalten vSllig einer Theorie yon M: y o n S m o l u c h o w s k i ~ ) , der nachwies, dab die Viskositmt einer Dispersion von starren, kugelf6rmigen.Teilchen nicht nur yon dem Gesamtvolumen q0 dieser Teilchen be- stimmt wird 5) (nach I~ ins te in) , sondern dab die ViskosiULt erhSht wird, falls die Teilchen eine ele.ktrische Ladung dem Disperslonsmitte! gegenfiber tragen (,quasl- viskoser Effekt'). Die Abblngigkeit

i) H. R. Kruyt u. H. (i. de Jong, Zeitschr. f. physik. Chem. I00, 2,50 (1922).

s) M. yon Smoluchow.ski, Koll.-Zeitschr. 18, 190 (1916). Herr Prof.Wo. Ostwald machte reich darauf sufmerksam, ds~ er auf eine derartige Beein- flussung der .Visko~ltAt dutch dle Ladung (Hardy, Zeitschr. f. physlk. Chem. 88, 398~399, 1904) schon fi'flher aufmerkssm gemacht hat. (GrandrlB der Kol. Ioldchemie, 2. Auflage (Dresden 1911), 214.

der Viskositltserniedrlgung vom Kation der hinzugesetzten Elektrolyte zeigte den kapillar- elektrischen Charakter der anfangs vorhandenen Ladting beim Agar.

Ohne bzw. mit Elektrolytzusatz stehen ~ir deshalb einem geladenen bzw. ungeladenen (oder schwacli geladenen) Sol gegenflber. Beide sind stabil, und wir konnten nachwelsen, dab deN |yophilen. S o l zwei Stabilitatsfaktoren zu- kommen, nlmlich Ladung uml Hydratatlon, d. h. die elektrische Doppelschicht und die Hfille gebundenen Wassers beide erniedrlgen die Haftwahrscheinlichkeit s} zusammenstoSender KoUoidteilchen. Setzt man dem geladenen Sol reiehllch Alkohol oder Azeton hinzu, so wird den Teilchen ihre Hydratation genommen und es bleibt ein lyophobes Sol (Ultrabild, Elektro- lytempfindlichkeit usw.); das entladene Sol aber wird" yon Alkohol bzw. Azeton sofort ausge- flockt.

Man kann also sagen, dab das rein lyo- phobe .Sol nur einen Stabilftltsfaktor hat, nur die. Doppelschicht verhindert die Vereinigung- zweier Teilcben beim ZusammenstoB. Eln stark lyophiles Sol kann der elektrlschen Ladung ganz entbehren. Uebrigens gibt es Uebergangs- faUe: nicht nut dab z. B. die Metallhydroxyd- sole eine M/ttelsteUung einnehmen, such die Verhltltnisse bei .ElweiBsolen versteht man erst

.ricbtig, wenn man die beiden genannten Stabl- litatsfaktoren unterscheidet. Die sch~matlschen I~Iguren ! und 2 mSgen dies edltutem. "Als

8)' Vgl. H..I~ Kruyt u. Jac. van der Spek, KolL-Zeitschr. ~5, 1 (1919).

Page 2: Die Stabilitätsverhältnisse bei lyophilen Kolloiden

339

AGA~ Gs LATINt=

.~0].

ALKOHOL t

HYDRATAT [0N

Fig. I

Jc,~ss OLOBULIN

,SOL

ALKOHOL I,

HYDRa, TAT[ON

WA$SER

Fig. 2

Ordinaten sind Je die Potentiale der Doppel- schicht ~ angegeben, die linke Achse bezieht sich auf das.System in Alkohol dispergiert, die rechte auf das System in Wasser; zwischen den beiden "|iegeu alle Alkohol-Wassergemische. Betrachten wlr zuerst Fig. I, die hir Agar, aber auch filr Gelatine ~It. In reinem Alko- hol ist das Sol nur stabi] , wenu ein ge~sses Crrenzfllehenpotential vorliegt: der Punkt A gibe das kritische Potential in A]kohol an; mit reinem Wasser ale Dfspersionsmittel aber iSt

�9 aueh d.as unge]adene Sol stabil, das (schrah~lerte) l=Iockungsgebiet er~treckt sich also uicht bls zur Achse des reinen Wassers.

Bel Eiweifk6rpern wie Kasein llegeu die Verhiltniese anders. Relues Kaseln gibt weder in Alkohol noch inWuser ein Sol. Um eln solches herzustellen ist efforderllch, daf den Tellehen dutch Zusatz von Lauge oder SAure eine negative bzw. positive Ladung gegeben wird. Das Flockungsgebiet reicht yon der Alkohol- bie zur Wasserachse. Die Konzen- trafions-Abezisseuachse entspricht in der an- gegebenen" Richtung der Hydratatlon.. Man kann diese abet dem reiuen Wasser gegeu/iber

noch stelgern, Indem man stark lyotrop beelu- flufende Salze hluzusetzt; den ausRezogenen Teilen der Fig. 2 kanu man noch den punk- tierten Tell anffigen, indem man nach rechts die Konzentratlon z, B. yon NaJ angibt. Be- kanntlich /st Kaseln dariu kollold 16sllch, der gesteigerten Hydratat/on entspreehend.

Woher kommen nun die elektrlschen La- dungen der kolloiden Teilchen ? Was die kTIstal- llnisehen Tellchert . (Sehe r re~) vieler hydro- phober Sole anbetrifft, so haben die Theorien yon K. F a j a u s 4) und J. M u k h e r J e e ~) eiue sehr befried.igende Erldlrung fur die Ladung ge- geben, und zwar Ist die Wechselwirkuug zwischen den geladenen Atomen, die sich Im Raumgitter der disperseu Teilchen befinden, u.nd der louen der peptisiereuden Elektrolyte die Ursache des Entstehens der Doppelschlcht. Aber such bei amorphen KoUoidteilchen l,St sich zur Zeit die Bildung der Doppelschlcht gut verstehen, wenn man die Theorle yon I. L a n g m u i r e) und W. D. H a r k i n s T) ber/Icksichtigt. Im allge- melnen werderi Ja die polareu Teile der C_n'enz- flnehenmole.kQle dem Dispersionsmittel Wasser zu gerlchtet sein. Als polare Oruppen der Aminosluren sind vor allem die - - C O O H uud die ~ N I-~- Cn'uppe zu betraehten. Bildet sich nun eine - - CO.ONa-Oruppe (an der ~,Ikalischen SeRe des ieoelektr/schen Punktes) oder ein - - N Hj H CI - Gruppe (an der sauren SeRe), daun werden diese stark ionisierten und also vorwiege.nd polaren Oruppen der Doppelschicht ihr Oeprlge geben. Wir ver- stehen auf diesem Wege den Zusammenhang zwischen Wl/sseretoff/ouenkonzentration und Ladungssiun, o h n e d a s S y s t e m ale i o n - . d l s p e r e zu b e t r a c h t e n . Auch bei g~Seren Kolloldteilchen muf Ja eine eolche Korrelat/on vodlegen und vieles n0tigt uns, den kolloiden Charakter, d. h. die Dispersion polymolekularer Teilchen, immer wieder zu betoneu6).

Ich m0chte nun dartun, daft die Viskosi~ts- Inderuugen bei lyophflen Solen weder immer direkt mit einer geAnderten ]onenhydratation (Pau l i)noch mit ,osmofischen" Verhiltnissen,

4) K. FaJans u. K. yon Beckerath , Zeltschr. f. physlk. Chem. 97, 478 (1921).

~) J. M u k h �9 r J �9 e, Trans. Faraday Soe. 16 Ap- pendlx, S. 103 (1920--21).

6) I. Lan2mulr, Joum. Amer. Chem. Soc. 88, 221 (1916); 8g, 1848 (1917).

~) W. D. Harkins, 3oum. Amer. Chem. Soc. 89, 3,54 und 541 (1917).

s). Vgl. H. R. Kruyt u. H. Q. de Jong, foe. cit. S. 263. Wir beabs/chtlgen diese pdnzipielle Frsge ausfL1hrl/ch .zu erOrtern,

Page 3: Die Stabilitätsverhältnisse bei lyophilen Kolloiden

340

dem Donnanef fek te entsprechend (Loeb), zusammenhlngen, sondern dab wit vielfach Aenderungen des quasi - viskosen Effektes (v o n S m o I u c h o w s k i) gegen/iberstehen.

Im Isoelektrischen Punkt sind die Teilchen ungeladen, die Moleldile der TeIIchenoberfllche sind nicht imstande, stark polare Gruppen zu.r Bildung elner Doppelschicht mit hohem Poten- t/al zu liefern. Der quasi- viskose Effekt fehlt, die Viskodtat is't minimal. Durch Hinzugeben entweder yon Siure oder von Alkali bIIdet sich abet eine dieser Art Cn'uppen, eine Doppel- schicht macht sich geltend, um so stlrker, Je grSBer die Belege der Doppelschicht, d. h. ie grSBer die vonder Isoelektrischen abweichende .Konzentration. Indessen, die ErhOhung des GrenzfIAchenpotentials m|t der Konzentration des hinzugesetzten Elektrolyte.n errelcht ein Maximum g), .v0n dieser Konzentration ab ~llt die Ladung w/eder, der quasi-viskose Effekt verringert sich, die Visk6sitlt fillt wieder. Tat- slchlich zelge~ nun vielfach die ViskositAtsver.- hllmisse bei E/'weiBkOrpern eine derartige Kon- zentrationsabh~ngigkeit.

Man mOchte nun einwenden, dab die er- forderlichen Konzentrationen z. B. bei Gelatine und bei Agar doch recht verschieden sind, wenn man die grSBtm~}gliche .Aenderung der Viskositlt herbelf~hren will. Demgegen/iber mSchte ich darauf auhnerksam mar.hen, da~ auch der Mechanismus der Doppeischichtbildung bzw. Zerst6rung, ein anderer ist, und dab man dlese Verschiedenbeit vSllig mit dem Unter- schied, zwischen einem Sn O2- Sol und einem Goldsol vergleichen kann. Beim Goldsol steht man rein kapiliarchemischen Verhlltnissen gegen- 11ber; die Valenz (bzvr. die Adsorbierbarkeit) des entgegengesetzt geladenen Ions ist durch- ans maBgebend 5ir die entladende Wirkung ~0). Beim Sn 02-Sol liegt es, nach den interessa/~ten Untersuchungen aus Z s i g m o n d y's Labora- toriumH), anders: die Ladung (ier Doppel- schicht kann anfgehoben werden entweder auf kapilIarelektrischem Wege (bei den Alkali- metallen) oder auch durch chemisch-stOchio- metrische Umsetzungen zwischen hinzugesetzten 10hen und denen tier Doppelschicht ~alle anderen untersuchten, flockenden lonen, die hier unlOs- liche Stannate bilden und deswegen die MSg- lichkeit einer Doppelschichtionisat/on unmSglich

9) H. R. Kruyt, Koll,-Zeitschr. 22,61 (1918). ~0) H. Freundl ich , Zeitschr. f. physlk. Chem.

7~ 385 ~910), zl) E. Heinz, Diss. ((]~tti, gen 1914); R. Franz,

Dlss. ((~Ottingen 1913).

machen). Beim Agarsol hat man nun eben- falls eine rein kspillarelektrische Beeinflussung; bei diesem K0hlenhydrat sind es kelne cbemiseh reagierenden Ionen, die zur Bildung der Doppel- schicht beitragen, sondern nur = O und m O H- Gruppen (vgl. L a n g m u i r und H a r k i n s , loc. cit.), es laBt sich demnach mlt dem kollolden Gold (und mlt den Sulfidsolen) verglelchen. Bel ElweiBsolen aber slnd es w/eder wie beim Sn Os- Sol reaktlonsfRhige lonen der dispersen Phase selbst, welche die Doppelschicht bilden und A~fladung und Entladung werd.en vielfach yon stSchlometrisch vedanfenden Vorgangen beherrscht. Dle Grenzfllcbenladung Andert sich dann den hJnzuge.setzten Elektrolyten gegenaber nicht so sehr mit der groBen Empfind- lichkeit, welche rein kapillarelektrische Lidungen kennzeichnet, sondern der EinfluB dleser Elek- trolyte auf die Ionisat/on der Grendllchen- molek/lle bedlngt die Aenderungen der Ladung.

Die Bedeutung der vorangehenden Betrach- tungsweise zeigte sich, als im verflossenen Jahre Herr Dr. H. G. de J o n g die Wirkung der Gerbstoffe studierte, leh m6chte dem groBen Material seiner Edahrungen einige wenige Tatsachen entnehmen. Er wird in kurzem selbst darilber ausf~hdich .ira Recueil des" travaux chimiques des Pays- Bas berlchten.

F~gt man einer I/7 prozent/gen AgarlSsung TanninlSsung hfnzu, so wird das lyophile Sol in ein lyophobes umgewaudelt; Tannin wirkt augensehelnlieh dehydrat/slerend, seine Wirkung ist der" des Alkohols vSllig gleich zu setzen. ViskosJ.metrische Untersuchungen haben das deutlich nachgewlesen. Die Erscheinung ist ganz allgemeln und man kann statt Agar ebenso- gut Gelat/nelZ), Amylum, Kasein usw. nehmen, wenn nut nach der Dehydratetion so wenig Elektrolyt vorhanden /st (dem Aschengehalt entstammend), dab keine Flockung stattiindet.

Der Mechanismus der Dehydratisierung ist aber beim Tannin ein ganz anderer als beim Alkohol~ Alkoholmolek~le verbinden sich mit Wassermolek~len nnd entziehen in dieser Weise den Kolloldteilchen das Wasser ihrer Wasser- h/lllen. Die Dehydratlslerung yon .Alkohol ist deshalb ein dem Massenw/rkungsgesetz ent- sprechender ProzeB, man muB dem Agarsol mehr als das gleiche Volum 96prozentigen Alkohol zusetzen, damit das suspensoide Bild hervortritt.

Ganz anders beim Tannin; die Dehydrati- sierung ist .bier Begleiteracheinung elner Ad-

~) Vgl. W �9 i i k e, Zeitschr. f. physiol. Chem. 7, 46O (1891).

Page 4: Die Stabilitätsverhältnisse bei lyophilen Kolloiden

.341

sorption des Tannins an die Agarteilchen. Fol- gender Versuch kann dies sehr schSn ediutern. Man ~eilt eine AgarlSsung bei 50 0 in vter Teile, setzt die angegebenen Flfissigkeiten hinzu und lit~t bis auf Zimmertemperatur abkilhlen.

1 2- 3 4 AgarlOsung Agsrl~sung. AgsrlOsung AgsrlOsung

TanninlUsung TsnninlOsung Tsnn.lnlSsang wenlg Alkohol vlel Alkohol

gelstiniert gelstiniert gelatlnlea t gelatiniert nicht nlcht

Die AgarlSsung 1 gelatiniert natiiflich; LS- sung 2 ist ein lyophobes System der Tannin- hydratation entsprechend, dieselbe gelaliniert deshalb nicht. In d.er dritten LBsung wird die Adsorptio/~ des Tannins ,;,on dam hinzugesetzten Alkohol beeintrlehtigt, es findet eine Verdrln- gung statt und die. geringe Menge Alkohol selbst" reicht nicht aus, um .eine genllgend.e Dehydratation herbeizuf~hren. "Dies ist aber bet der. L0sung 4 der Fall. LBsung 3 gels- tiniert darum nicht, wohl aber L8sung 4.

Die Adsorptionsdehydratation des Tannins l|tBt sich wiederum sehr gut vom Standqunkte der L a n g m u i r - H a r k i n s ' s c h e n Theorie ver- stehen. Wenn Tannin.yon einem organischen Stoff aus wlsseriger LBsung adsorbiert wird, so wird sich die Olukose- Kohlenstoffkette dam Adsorbens zuwenden, indem sich die Phenol- gruppen der Digallusslurereste dem Wasser zu lagern. Die Peripherie der Tei|chen wird jetzt nicht mehr von den vielfach Wasserhfillen an- ziehenden hSheren Kohlenhydraten gebildet, sond.ern yon aromatisehen Oruppen, die in welt geringerem Maile lyophil sind: das ]yo- phile Kolloid Agar hat sich !n einen lyophoben Agar -Tanninkomplex umgewandelt.

lch kann nicht unterlassen, die Aufmerk- samkeit der Kollegen im allgemeinen darauf zu lenken, wie auBerordentlich wichtig die L a n g m u i r- H a r k i n s'sche Theorle fitr die Er- klirung vieler Tatsachen im Gebiete der Kol- loidchemle und der benachbarten Wissenschaften ist. Ihre Bedeutung filr die Adsorptionslehre tat selbstverstindlich: ihr Weft ftir das bessere VerstAndnis der heterogenen Katalyse, ~'obei

Adsorptionserscheinungen e/ne so grofle Rolle spielen, babe ich zusammen mit Herrn Dr. C..F. van D u i n darzutun versucht18). Die physio-

H.R. Kruyt u. C.F. Duin, Rec. detrav, chtm. de Pays-Bss 40, 249 .(1921).

logisclien Chemiker m~gen untersuchen, in- wiefern sich dieser Oedankengang dem Mecha- nismus' der l~nzymreaktionen anpassen l~t . Die oben angegebene Kombination von orien- tierter Adsorption zusammen mit der Aenderung lyophil-lyophob kann meines Erachtens yon gr86tem Interesse sein fQr die Deutung der immunochemischen Reaktionen. Was die Theorie ffir biologische Fragen so auBerordent- lich reizvoll macht ist der Umstand, dab s[e s p �9 z i f i s c h e n Verhlltnissen zwischen Ad- sorbens, adaorbiertem Stoff und Dispersions- mittel gerecht wird. Und, in anderem Zu- sammenlmng, dab sich hier ein r l c h t e n d e s Prinzip kund gibt. Dieses fehlte ebenfalls bis jetzt in der anorganischen Natur fast v~llig, wenn man yon den Kristallisatiofisvorgingen absieht; diesen allein kommt aber keine Be- deutuvg' fQr biologische Ereignisse zu, kurz,

�9 die Theorie der orientierten Adsorption bedeutet einen ausslchtsvollen Grundgedanken fiir man- ches .mit .tier Kolloidchemie verkniiphe For- sehungsgebiet.

Zusammenfassend mSchte ioh betonen:

I. Die Aenderungen tier Viskositlt der lyo- philen Sole sind vielfach nicht der. Aenderung der Hydratation, sondern der geAnderten elek- trischen Ladung zuzuschreiben.

2. Die lyophilen Kolloide sind nicht mole- kular- (bzw. ion-)dispers, sondern Dispersionen polymolekularer Teiichen, deren Ladung .yon ether Doppelschicht herrfihrt, die bet Eiweil$- kSrpern yon den polaren Oruppen der Grenz- fllchenmolekeln aufgeb.aut ist ( L a n g m u i . r - H a r k i n s'sche Theorie tier Orenzfllchenorien- tierung).

3~ Hydratation und elektrische Lad.ung sind -get rennt als StabilltAtsfakt0ren kolloider LS- sungen zu betracliten.

4. Untersuchungen yon H, G. d e J o n g .haben dargetan, dab Tannln bei seiner Adsorp- tion dehydratiaierend wirkt im se]ben Sinne wie Alkohol, wenn such nach einem anderen Mechanismus.

5. Eswlrd auf die grundlegende Bedeutung der Theorie von L a n g m u i r - H a r k i n s ffir viele Probleme der KoHoid- und- Biochemie hingewiesen.

Utred~t, September 19.2.2.

~an't 1-1oft. L~boratorinm.