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8 Die vier Hoogsteder Kirchen

Die vier Hoogsteder Kirchen · richtung einer Kirche bekam vor fast 200 Jahren das damalige Gemeinwesen ein geist-liches und räumliches Zentrum, um das herum es sich zum heutigen

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8Die vier Hoogsteder Kirchen

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Die Entstehung und Entwicklung des heutigenDorfes Hoogstede sind eng mit der Gründungund dem Aufbau der evangelisch-reformier-ten Kirchengemeinde verbunden. Mit der Er-richtung einer Kirche bekam vor fast 200Jahren das damalige Gemeinwesen ein geist-liches und räumliches Zentrum, um das herumes sich zum heutigen Ort entwickelte.

Die GeschichteAm Rande der Gildschaft Scheerhorn stand imsogenannten Bereich „Arkel“ um 1800 einekleine Kapelle. Vermutlich stammte sie ausdem 14./15. Jahrhundert und war von denHerren von Gramsbergen erbaut worden.Neben der kleinen Kapelle lag ein Friedhof,auf dem über Jahrhunderte Verstorbene ausder Gildschaft zu Grabe getragen wurden.

Kirchlich gehörten die Einwohner der Gild-schaft Scheerhorn zum Kirchspiel der evange-lisch-reformierten Gemeinde Emlichheim.

Nach alter Tradition hatten die EmlichheimerPrediger alle 14 Tage in der Kapelle einenSonntagsgottesdienst zu leiten.

Jedoch geriet diese Regelung Anfang des18. Jahrhunderts in Vergessenheit. Lediglich anden monatlichen Bettagen und den sogenann-ten Freitagen vor Ostern fanden um 1818 nochGottesdienste statt. Ferner musste der Konfir-mandenunterricht in Emlichheim besucht wer-den. Diese Umstände und die große Entfernungnach Emlichheim – etwa zwei bis drei StundenFußmarsch - führten zu einer Verkümmerungdes kirchlichen Lebens: Nur wenige Leute gin-gen regelmäßig zum Gemeindegottesdienstnach Emlichheim.

Jugendliche besuchten den Konfirmanden-unterricht nur schlecht und ältere Leute konn-ten an den Abendmahlsfeiern kaum teil -nehmen. Kirchlich gesehen war die GildschaftScheerhorn von den Pastoren der reformiertenGemeinde Emlichheim vernachlässigt worden.

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Die Evangelisch-reformierte KirchengemeindePastor Günther ter Stal

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Zeichnung der Ev.-reformierten Kirche

Kircheum 1900

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Unter den Einwohnern der Gildschaftmachte sich Unmut über diesen Zustand breitund es kam der Wunsch auf, einen eigenenPastor an der Kapelle zu Arkel anzustellen. ImJahr 1818 nahm dieses Ansinnen Gestalt an:Die Einwohner fanden sich zu einer Gemein-deversammlung zusammen, in der sie ihreAbsichten schriftlich formulierten. Es kam zueinem Briefwechsel mit dem Kirchenrat derreformierten Gemeinde Emlichheim undschließlich zu einem positiven Bescheid derkirchlichen Leitungsbehörde der GrafschaftBentheim. Am 5. Dezember 1819 wurde J.B.T.Nyhuis (aus Coevorden) in sein Amt als ersterPrediger an der Kapelle zu Arkel eingeführt.

Die nun entstandene Kirchengemeinde trugden Namen „Evangelisch-reformierte GemeindeArkel“. Der Prediger fand seine erste Unterkunftin einer kleinen Scheune neben der Kapelle. Umdiesen betrüblichen Zustand so schnell wiemöglich zu beenden und um die Kapelle auchbei schlechter Witterung erreichbar zu machen(die Vechte trat damals oft über die Ufer), be-mühte sich die Gemeinde um einen Pfarrhaus-neubau und um eine Versetzung der Kapelle aneinen zentralen und höher gelegenen Ort. Am30. August 1820 wurden von der kirchlichenLeitungsbehörde die Genehmigungen erteilt, an

der „Hochstätte“ – mitten in der Gildschaft –beides zu errichten.

Bei der Versetzung der Kapelle von Arkelnach Hoogstede kam es zu handfesten Aus-einandersetzungen zwischen den Emlichhei-mer Gemeindegliedern und den Einwohnernder Kirchengemeinde Arkel, die die Formeneines „Bürgerkrieges“ annahmen. Schließlichkonnte das Pfarrhaus und einige Monate spä-ter die Kirche (23. Dezember 1821) „auf Hoog-stede“ in Gebrauch genommen werden.

Über viele Jahrzehnte blieb die Kirchenge-meinde Arkel in einer rechtlichen Abhängig-keit zur Nachbargemeinde Emlichheim. Sieerlangte schließlich am 8. März 1870 ihrevolle Souveränität.

Das kirchliche Leben entwickelte sich nachjenen ereignisreichen Anfängen in den fol-genden Jahrzehnten in erfreulicher Weise. DieMenschen der ehemaligen Gildschaft hattenauf Hoogstede in der evangelisch-reformier-ten Kirche ihr gemeindliches und geistlichesZentrum gefunden. Gehörten zur Kirchenge-meinde am Anfang 887 Mitglieder, so hat sichdiese Zahl mit dem Wachsen der Dorfes heuteauf 1800 Gemeindemitglieder erhöht. In denJahren von 1819 bis 2008 haben elf Pastorenihren Dienst in der Kirchengemeinde ausge-übt und das kirchliche Leben zusammen mitdem Kirchenrat gefördert und betreut.

DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE

Kirche - Pfarrhaus von 1821 und 1929

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Das älteste Kirchengebäude ist in Hoog-stede die „evangelisch-reformierte Kirche“.Mitten im Ort, auf der damaligen „höchstenStätte“ = Hoogstede errichtet, hat sie eine be-wegende Baugeschichte hinter sich, auf die essich lohnt, einen kurzen Blick zu werfen.

Der Grundstein für die Kirche wurde am 9. August 1821 auf Hoogstede gelegt. Siewurde als eine Saalkirche errichtet und hattebis 1951 die Maße von 18,3 m Länge und 9,5m Breite. Aus den vorhandenen Sandstein-blöcken der Kapelle zu Arkel wurde die Kircheerrichtet. Sie hatte neben einem Haupteingangan der Südseite einen weiteren Zugang auf derWestseite (Richtung Straße), der im Jahre 1951bei der Kirchenerweiterung zugemauert wurde.In der Kirche fanden zunächst 264 Personeneinen Sitzplatz.

Ein kleiner Dachreiter zierte in den erstenJahren das Gebäude, bis er im Jahre 1899durch einen größeren Dachreiter erneuertwurde. Schließlich wurde auch dieser durcheinen Turm im Jahre 1986 ersetzt. Im Jahre1857 erhielt die Kirche eine erste Orgel, dieden bis dahin üblichen „Vorsänger“ ablöste.

Im Jahre 1951 wurde die alte Saalkirchebaulich grundlegend verändert. Sie wurde umzwei Seitenschiffe erweitert und bekam dieForm einer Kreuzkirche. Hierdurch vergrö-ßerte sich das Platzangebot in der Kirche auf400 Sitzplätze.

Bis in die Gegenwart unterliegt das Kir-cheninnere einer stetigen Anpassung an dieErfordernisse der Gemeinde. Neben moderns -ter Technik hat sich auch die farbliche Gestal-tung über die Jahrzehnte verändert.

Historische GegenständeDie evangelisch-reformierte Gemeinde kannbald auf eine 200-jährige Geschichte zurück-sehen. Im Chor anderer Gemeinden ist daseine kurze Zeitspanne. Und so befinden sichnur wenige historische Dinge im Besitz derGemeinde. Zumeist sind es Gaben und Spen-den von Gemeindegliedern an ihre Kirche;denn im Rückblick war die Hoogsteder Ge-meinde eine finanziell arme Gemeinde, diestets auf die tatkräftige Unterstützung ihrerGemeindeglieder angewiesen war. Einer der

ältesten Gegenstände ist der Abendmahlsbe-cher, ein Geschenk des ersten Predigers J.B.T.Nyhuis.

Die GebäudeDie bauliche Gestalt der Kirche geht in ihrerheutigen Form auf eine äußere Umgestaltungim Jahre 1986 (Turmbau) und zwei Innenreno-vierungen in den folgenden zehn Jahren zu-rück. Sie bietet heute 360 Personen einenSitzplatz.

Der Blick des Betrachters fällt beim Betre-ten der Kirche zunächst auf die Kanzel. Ver-mutlich stammt sie aus dem Jahre 1644 undstand schon in der alten Kapelle zu Arkel. Inder äußeren Gestaltung gleicht sie einem ge-öffneten Kelch. Sie symbolisiert den geöffne-ten Kelch des Wortes. Vor der Kanzel steht derAbendmahlstisch. Auf ihm stehen die Abend-mahlsgeräte und liegt die aufgeschlageneBibel. Davor steht das Taufbecken, in dem dieTaufschale und die Taufkanne sich befinden.Taufe und Abendmahl sind die beiden Sakra-mente, die wir in der Nachfolge Jesu feiern.

Der Gesang der Gemeinde wird begleitetvon unserer Orgel, die sich auf der Empore ander Südseite der Kirche befindet. Sie ist diealte Orgel aus der Nachbargemeinde Lage undwurde in ihrem Kernbestand im Jahre 1692erbaut. 1857 kam sie als Geschenk in unsereKirche. In ihrer jetzigen Gestalt und ihremKlangvolumen geht sie auf den großenUmbau im Jahre 1883 zurück.

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Abendmahls-becher aus dem 17. Jahrhundert

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Ebenfalls ein Geschenk an die Kirchenge-meinde war die Turmuhr aus dem Jahre 1905,die heute den Eingangsbereich ziert.

Versammelt sich die Gemeinde zum Got-tesdienst in der Kirche, so hat sie unter derWoche ein Gemeindehaus, das für vielfältigeZwecke genutzt wird.

Das Gemeindehaus wurde in drei großenBauabschnitten immer wieder den Bedürfnis-sen der Gemeinde angepasst. Im Jahre 1968wurde der große Saal des heutigen Gemein-dehauses erstellt. Seine Besonderheit bestandin einer Bühne, die auch der Spielschar Hoog-stede bis heute die Möglichkeit zu Auffüh-rungen bietet.

Im Jahre 1980 wurde das Gemeindehausum einen Anbau für die Kinderarbeit und umein Büro mit Gemeindearchiv erweitert. Hier-

DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE

Die Evangelisch-reformierte

Kirche Hoogstede

Innenansicht der Kirche 2008

Gemeindehaus 2008

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durch konnten die Gemeindegruppen, die sichim Laufe der Jahre gebildet hatten, ausrei-chenden Platz für ihre Aktivitäten finden.

Schließlich wurde im Jahre 1991 das Ge-meindehaus um einen Jugendbereich erwei-tert und mit einer großen, zeitgemäßen Kücheausgestattet.

Vor vier Jahren sind Maßnahmen zur Ener-gie einsparung durchgeführt worden: Das Ge-meindehaus wurde neu eingedeckt und miteiner modernen Heizungsanlage versehen.

Das heutige Gemeindehaus ist nicht daserste Gebäude, das neben der Kirche als Ver-sammlungsort gebraucht wurde. Im Jahre1929 ist ein Lehrsaal errichtet worden, derüber 40 Jahre Konfirmanden als Unterrichts-raum diente und daneben für Bibelstunden,dem Kindergottesdienst, dem Posaunenchorund dem Frauenkreis in ihren Anfangsjahrenals Ort der Begegnung diente.

Der Friedhof der evangelisch-reformiertenGemeinde liegt in der Mitte des Dorfes in derNähe der Kirche. Er hat eine Größe von ca.einem Hektar. Bis zum Jahre 1822 wurden dieVerstorbenen des Kirchspiels Hoogstede aufdem Friedhof in Emlichheim beigesetzt. Dane-ben gab es einen kleinen Friedhof in Arkel, dernur für wenige Beerdigungen genutzt wurde.

Im Jahre 1822 kaufte die Kirchengemeindeeine kleine Fläche an der Hauptstraße in Hoog-stede in der Nähe der neu errichteten Kirche.Am 1. November 1822 fand die erste Beerdi-gung auf dem Friedhof statt. Seit jener Zeit istder Friedhof um immer neue Flächen erweitertworden. Schließlich wurde mit Unterstützungder politischen Gemeinde Hoogstede eine Lei-chenhalle errichtet und laufend modernisiert.

In den letzten Jahren wurde eine Neuge-staltung der Friedhofsanlagen vorgenommen.Neben einer Neubepflanzung des Friedhofssind auch viele Wege ausgepflastert worden.Der Friedhof ist dadurch immer mehr zueinem Ort der Besinnung und der Stille ge-worden.

Das kirchliche LebenAuch unter der Woche herrscht bei uns in derKirchengemeinde ein reges Leben: Posaunen-chor, Singkreis und Gitarrenkreis üben für ihreEinsätze in den Gottesdiensten. In verschiede-nen Kreisen treffen sich die Frauen, um imFrauenkreis Themen zu besprechen oder durchAktionen wohltätige Einrichtungen zu unter-stützen. Beim monatlichen „Seniorennach-mittag“ kommen sehr viele Gemeindegliederzusammen. Der Tonbandkreis organisiert die

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Leichenhalle 2008

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Kassettenaufnahme der Gottesdienste. AufGemeindeausflügen in die nähere Umgebungund bei Gemeindefesten lernen wir einandernäher kennen und wachsen so miteinander zueiner „Gemeinde-Familie“ zusammen.

Für die kleinen Kinder wird jede Woche einKindergottesdienst im Gemeindehaus abgehal-ten. Dieser wird regelmäßig von einem Kinder-gottesdienst-Helferkreis vorbereitet. Einmal imJahr wird eine Fahrt für die Kleinen in der Ge-

meinde organisiert oder auf dem Gemeindefestein Kindernachmittag veranstaltet. In denTaufgottesdiensten wirkt der Kindergottes-dienst ebenso mit wie in dem feierlichen Got-tesdienst am Heiligen Abend. Daneben wird fürdie Kinder eine Kleinkindergruppe „Schlümp-fegruppe“ angeboten, die an zwei Vormittagender Woche im Gemeindehaus stattfindet.

Ferner treffen sich junge Frauen mit ihrenKindern in zwei Krabbelgruppen und in einer

DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE

Fünfzig Jahre Posaunenchor

Hoogstede. Die Mitglieder im Jubiläums-

jahr 2008

Kindergottesdienst (bei Niers

in Neuringe)

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Kinderbibelgruppe wird Kindern die froheBotschaft von Jesus Christus nahegebracht.

Der Konfirmandenunterricht dauert vierJahre: Im Winterhalbjahr besuchen die Ju-gendlichen wöchentlich eine Unterrichts-stunde und im Sommerhalbjahr treffen siesich nach dem wöchentlichen Sonntagsgot-tesdienst zu einer kurzen Unterweisung imGemeindehaus. Der Konfirmandenunterrichtsoll dazu dienen, dass die Jugendlichen mitder frohen Botschaft von Jesus Christus ver-traut werden und in unsere Kirchengemeindehineinwachsen. Dazu werden die Grundlagendes christlichen Glaubens verständlich undgegenwartsnah vermittelt. In ihrem 17. Le-bensjahr legen die Jugendlichen vor der Ge-meinde das Glaubensbekenntnis ab.

In den Übungsstunden der Chöre kommenwöchentlich viele erwachsene Gemeindegliederzusammen. Neben den Auftritten in den Got-tesdiensten werden Konzerte vorbereitet undLieder für die feierliche Umrahmung bei Eheju-

biläen und Geburtstagen von Gemeindegliederneingeübt. Von Zeit zu Zeit werden auch Ge-sprächskreise angeboten, in denen aktuelle Fra-gen und biblische Themen behandelt werden.

Ein weiteres Aufgabenfeld in unserer Kircheist die Unterstützung wohltätiger Projekte. Die-ser Aufgabe hat sich über 20 Jahre (1985-2006)durch jährliche Aktionen in besonderer Weiseder Frauen-Handarbeitskreis angenommen. Da-neben beteiligen wir uns in regelmäßigen Ab-ständen auch an Kleider-Sammelaktionen fürGemeinden in Rumänien. Heute versammelnsich die Frauen in einem gemeinsamen Frau-enkreis, der über 40 Jahre in Hoogstede eine se-gensreiche Gemeinschaft stiftet. Die Vielfalt desGemeindelebens ist nur dadurch möglich, dasssich viele Gemeindeglieder aktiv beteiligen undsich mit ihren Gaben einbringen. Gerade auchdie Mitarbeit in den Gremien des Kirchenrates,der Gemeindevertretung, des Diakonenratesund anderer Ausschüsse sei hier ausdrücklicherwähnt.

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Reformierte Gemeindeglieder um 1930 am Hermannsdenkmal.U.l. Geertien Vette, Sina Hatger, Frau Buitkamp, Zwenne Sloot, VN Ensink, Berta und Jan Koops, Hindrik Jan Scholten;2.R.v.l. Jan Vette, Hindrik Hatger, Pastor Buitkamp, Hermann Sloot, Geert Ensink, Unbekannt, Unbekannt, Sina Scholten; 3 R.v.l. Gastwirt Jan-Harm Harms-Ensink und Frau Zwenne, Unbekannt, Unbekannt, Pastor Voget und Frau; 4. R. v.l. Fenna und Harm Kolthoff, unbekanntes Ehepaar, Unbekannter, unbekanntes Ehepaar (Mini Büdden)

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Pastoren der GemeindeJohannes Bernhardus Theodorus Nyhuis(1783–1858), 1819-1858 in Hoogstede, verheiratet mit Gesina Albers aus Bathorn.Er stiftet 1837 den Abendmahlsbecher aus dem 17. JahrhundertLeonhard Eberhard Lucassen (1832–1916),1859–1866 in HoogstedeJohannes Hendrikus Nyhuis (1849–1917)1866–1917 in Hoogstede, Sohn von JBT Nyhuis; Kreisschulinspektor, Herausgeberder größtenteils verschollenen „ReformierteMonatsschrift“ etwa 1881 bis 1905Otto Reinhold Voget (1892–1976)1919-1925 in HoogstedeJohannes Penning Sanders (1892–1928)1926-1928 in HoogstedeWilhelm Ferdinand Buitkamp (1900–1967)1928-1936 in Hoogstede, 1953-1965 KirchenpräsidentWerner Mennen (1907–1944)1936-1944 in Hoogstede, als Soldat in Russland gefallenHermann Wever (1914–2000)1947-1950 in Hoogstede, danach in UelsenHarm Wolts (1912–2001)1950-1955 in Hoogstede, danach in Vohwinkel (Wuppertal)

Jan Ringena (* 27.04.1920)1955–1985 in Hoogstede, lebt im Ruhestand in NeuenhausGünther ter Stal (* 13.07.1957)seit 1985 in Hoogstede.

KontaktEvangelisch–reformierte Kirchengemeinde HoogstedeHauptstraße 49, 49846 HoogstedeAnsprechpartner: Pastor Günther ter Stal, Telefon (0 59 44) 14 04

Weitere InformationenWeitere Informationen über die Kirchen-gemeinde können eingeholt werden:1) über den monatlichen Gemeindebrief2) im Internet unter der Adresse:

www.reformiertekirchehoogstede.de 3) im Buch von Günther ter Stal, 175 Jahre

Evangelisch-reformierte Kirche Hoogstede1821 – 1996, Beiträge zu ihrer Geschichteund Gegenwart, Bad Bentheim 1996.

DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE

Pastor Jan Ringena war von 1955 bis 1985 in Hoogstede (Ringena)

Pastor Günther ter Stal in 2008

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Die Römisch-katholische St. Bonifatius KirchengemeindeVom Arbeitskreis der Kirchengemeinde, Anno 2008

VorgeschichteDer im Jahre 1648 zu Osnabrück und Münstergeschlossene Friedensvertrag setzte nicht nureinen Schlussstrich unter einen sinnlosen Krieg,der unsere Gebiete im Verlauf von dreißig Jah-ren an den Rand des Abgrundes brachte. Für un-sere Nachbarn im Westen ging damit ein achtzigJahre währendes Ringen um ihre Befreiung vonder spanischen Vorherrschaft zu Ende.

Die neuen Herren in den Niederlanden setz-ten nun alles daran, den Gottesdienst nunmehrin allen Provinzen nach der Lehre der Refor-mierten durchzusetzen. Der Osten ihres Landeswar jedoch durchweg von den Spaniern besetztgewesen. Hier war die Bevölkerung katholischgeblieben.

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Die St. Bonifatius-kirche im Jahr 2009(Stefan Westhuis)

Postkarte mit der Römisch-katholischen Kirche in 1920 (K. D. Haubrich)

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In den uns benachbarten Kirchspielen vonOldenzaal und Oortmarsum kam es zu unauf-hörlichen Spannungen zwischen der katholi-schen Bevölkerung und den Vertretern derObrigkeit. Ihre Kirchen wurden den Reformiertenzugesprochen. Die noch vorhandenen katholi-schen Geistlichen waren schweren Verfolgungenausgesetzt.

Diesseits der Grenze lagen die Verhältnisseanders. Die zur Twenter Hauptkirche Oldenzaalgehörenden Kirchspiele aus der Grafschaft Bent-heim waren bereits im Jahre 1544 unter GrafArnold I. zur neuen Lehre übergetreten …

Nicht zuletzt durch eigene Lektüre derSchriften Luthers ließ sich der Graf 1544 dazubewegen, alle Geistlichen zusammenzurufenund ihnen aufzutragen, künftig nach demAugsburgischen Glaubensbekenntnis zu predi-gen. (Aus: Heinrich Frese, Der Landkreis Graf-schaft Bentheim)

St. Antonius Kapelle zu Arkel (Aus der Chronik von H. Koch, 1891–93 Lehrer in Hoogstede)Hoogstede und seine Umgebung scheint zuAnfang des Mittelalters gar nicht oder nursehr spärlich bewohnt gewesen zu sein …

Die ersten dieser Ansiedlungen mögen etwaim 12. oder 13. Jahrhundert erfolgt sein. Unterdiesen oder vielleicht auch die ersten waren derSage zufolge zwei adelige Damen, Schwesternnamens Arkel. Da dieser Name noch jetzt inWestfalen vorkommt, scheinen sie dorther ge-kommen zu sein, um hier eine Art Einsiedler-leben zu führen.

Sie bauten am Einfluss der Bathorner Leheeine Kapelle aus guten Bruchsteinen – diewohl per Schiff von Gildehaus kamen – mitGewölbe, Turm und dicken Mauern. Wahr-scheinlich haben sie neben dieser Kapelle (ausdem 14./15. Jahrhundert) auch eine Burg ge-baut; denn der Volksmund spricht noch voneiner Arkelburg.

Wenn dem so ist, dann ist diese aber nichtaus Bruchsteinen ausgeführt gewesen; dennsonst würde man noch wohl einige Ruinen fin-den, und das ist nicht der Fall. Die OrtschaftArkel hat zwei Bauernhöfe, Schulte und Völ-ker. Schulte hatte in der Kapelle einzig und

allein einen Erbsitz. Völker hatte dem Geistli-chen eine Wohnung zu reservieren.

Die Glocke im Turm war von einem Völkergeschenkt; denn sie enthält die Aufschrift: „St.Antonius Volkerus, ora pro nobis!“ Die fol-gende Jahreszahl ist leider unsichtbar, weil dieGlocke an der Stelle ein Loch hat. Antoniuswar der Patron der Kapelle, weshalb wohl derSchluss auf eine ganz oder fast ganz unbevöl-kerte Gegend zur Zeit der Erbauung derselbengestattet ist. Der Name Schulte scheint wohlanzudeuten, dass in dessen Familie das Vor-stehersamt der Kapellengemeinde vererbtwurde, wofür der Platz in der Kapelle als Ver-gütung mag gegeben worden sein. Aus ver-gilbten Urkunden geht hervor, dass dienahegelegenen Bauernhöfe Leistungen für dieKapelle und für den dort wirkenden Seelsorgererbracht haben. – Der Hof Völkers würde danndas frühere Gut sein; wenigstens scheinen dieVerpflichtungen gegen die Kapelle auf densel-ben übertragen worden sein. Es wäre jedochauch nicht unmöglich, dass das Gut bis zum30-jährigen Kriege wirklich fortbestandenhätte. Wie es scheint, ist in der Kapelle bis indiesen Krieg hinein katholischer Gottesdienstgehalten. Dann wäre leicht denkbar, dass hol-ländische Soldaten das Gut zerstört und inzwei Bauernhöfe verwandelt hätten …

In dieser Kapelle wurde von Emlichheimaus, wohin die Katholiken von Hoogstede undUmgebung eingepfarrt waren, das heiligeMessopfer gefeiert.

Nach Einführung der neuen Lehre wurdeder Gottesdienst von den reformierten Predi-gern aus Emlichheim in der alten, ehemals ka-tholischen Kapelle zu Arkel an der Vechteabgehalten …

Der Kaufmann Johann van Laar, Gründung der GemeindeDie Katholiken des Kirchspiels gehörten pfarr-amtlich und kirchenrechtlich noch immernach Emlichheim. Zunächst mögen es nur we-nige Familien gewesen sein. Um das Jahr1800 wuchs die Zahl der Katholiken imKirchspiel Arkel-Hoogstede immer mehr. Ausdem benachbarten Holland und Emsland sie-delten sich hier zugezogene Katholiken an. Die

DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE ST. BONIFATIUS KIRCHENGEMEINDE

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seelsorgliche Betreuung war bei der weitenEntfernung von der Pfarrkirche in Emlichheim(8 bis 12 km) sehr mangelhaft.

Die Kinder besuchten die reformiertenSchulen in Hoogstede, Scheerhorn und Kalle.Die älteren Jahrgänge erhielten in Emlichheimnur an den Sonntagen nach dem GottesdienstReligionsunterricht.

Nun lebte um 1850 in Bathorn bei Hoog-stede ein katholischer Kaufmann Johann vanLaar, den das immer tiefer herabsinkende re-ligiöse Leben bei seiner aufrichtigen Fröm-migkeit nachdenklich stimmte.

Sein Verlangen nach Abhilfe wurde nochverstärkt durch einige plötzliche Todesfälleunter lauen Katholiken. Eine katholische Kir-che und eine katholische Schule in Hoogstedezu erhalten, das war sein Ziel. Um es zu er-reichen, ging er mit ganzer Kraft und mit vor-bildlichem Eifer ans Werk.

Bei den anderen Katholiken in Hoogstedefand er leider nur wenig Verständnis für seineIdeen. Die kleine, arme Gemeinde war nämlichnicht in der Lage, die materielle Grundlage fürBau und Unterhalt von Kirche und Schule fürGeistlichen und Lehrer auch nur zum gerings -ten Teil zu schaffen.

Aber kein Hindernis und keine Unan-nehmlichkeit konnte den energischen van Laarentmutigen. Seine Reisen, seine Bitten undVorstellungen sowohl bei der geistlichen alsauch bei der weltlichen Behörde führten zudem Entschluss, im Jahre 1857 eine Katholi-sche Schule in Hoogstede zu eröffnen.

Und wirklich, der 2. Januar 1857 saheinen katholischen Lehrer beim Unterrichtenvon 26 katholischen Kindern. Lehrer LudwigBrill, der spätere Rektor der höheren Bürger-schule zu Quakenbrück, dessen Name weite-ren Kreisen durch seine epischen Gedichte(„Singschwan“, „Waldenhorst“) bekannt ge-worden ist, eröffnete die Schule. Sein Nach-folger wurde Hümmel, der hier nur gut einJahr wirkte. Derselbe verließ den Schuldienst,um sich nach Rom zu wenden und in diepäpstliche Truppe einzutreten.

Als erstes Schullokal diente eine Stube desSchmiedemeisters Gerhart Wösten in Hoog-stede, der sich zugleich mit dem alten Peters

(Großvater des Landwirts Hermann Peters inBerge) für die ganze Angelegenheit interes-sierte. Dieser Erfolg verdoppelte noch denEifer van Laars, der alle seine Reisen nachNeuenhaus, Bentheim, ja selbst nach Osna-brück zu Fuß machen musste.

Durch seine unermüdliche Arbeit gelang es van Laar, bedeutende Geldmittel für denBau einer Kapelle und einer Wohnung desGeistlichen hauptsächlich vom Bischof vonOsnabrück, Paulus Melchers, und vom Boni-fatiusverein flüssig zu machen, so dass un-verzüglich mit dem Bau begonnen werdenkonnte, der Ende 1859 fast ohne Schulden fer-tiggestellt wurde. Am 23. November 1859weihte der damalige Bischof von Osnabrück,Dr. Paulus Melchers, die Kirche in Hoogstedezu Ehren des heiligen Bonifatius ein.

Der Altar in der Kapelle stammte aus Til-ligte bei Ootmarsum (Holland). Kommunion-bank, Kanzel und Bänke wurden von derFirma Mecklenburg in Neuenhaus geliefert.Zur Kapellengemeinde gehörten die Katholi-ken der Gemeinden Hoogstede, Bathorn,Scheerhorn, Berge, Tinholt und Kalle.

Kapelle, Schule und Wohnung des Geistli-chen waren unter einem Dach untergebracht.Neben dem Raum für den Gottesdienst war einLokal für die Schule (Teil der jetzigen Kirche,über dem sich die Orgelbühne befindet) sowieeine Wohnung für den Vikar. Der anzustel-lende Vikar sollte zugleich den Unterricht inder Schule erteilen. Der erste Schulvikar inHoogstede hieß Bröcker. Er war ungefähr zehnJahre hier, von 1860 bis 1869. Zu seiner Zeitwurde ein eigenes Schulhaus gebaut – im Jahre1866 – und die Räumlichkeit für den Gottes-dienst um das bisherige Lokal vergrößert …(Ende Auszug aus der Chronik, angefertigtHoogstede, im März 1892, Lehrer H. Koch)

Vom Primissariat zum selbstständigen SeelsorgebezirkBis 1869 war in der Kapelle an den Sonn- undFeiertagen nachmittags eine Andacht oderVesper und vormittags nur eine heilige Messe,die Frühmesse (lat. Prima missa), weshalb derGeistliche offiziell Primissar, der Seelsorgebe-zirk Primissariat genannt wurde. Die Katholi-

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ken des Primissariates Hoogstede mussten alsozehn Jahre lang an den Sonn- und Feiertagendas Hochamt in ihrer Mutterkirche, in derPfarrkirche zu Emlichheim, besuchen, obwohlsie in Hoogstede eine eigene Kapelle undeinen eigenen Geistlichen hatten. Vom Jahre1884 an durften die Katholiken des Primissa-riates Hoogstede auch einen eigenen Friedhofhaben und dort ihre Toten begraben. In dem-selben Jahre wurde die Erlaubnis erteilt, dieKinder in der Kapelle zu taufen, während bis-lang die Taufen und Beerdigungen in Emlich-heim stattfinden mussten. Erst im Jahre1944erhielt der Geistliche in Hoogstede die allge-meine Trauungsbefugnis. Bis dahin war fürdie Trauungen allein der Pfarrer von Emlich-heim zuständig.

Durch eine Verordnung des Bischofs vonOsnabrück, Dr. Wilhelm Berning, wurde 1944das Primissariat Hoogstede zu einem selbst-ständigen Seelsorgebezirk erhoben, dessen

Grenzen sich mit denen des ehemaligen Pri-missariates deckten. Eine neue, schöne Woh-nung für den Geistlichen, das jetzige Pfarrhaus,wurde im Jahre 1934 auf einem neuerworbe-nen Grundstück erbaut.

Damals erhielt auch das Innere der Kircheseine jetzige Gestalt. Die Kirche wurde um denTeil vergrößert, der 75 Jahre lang als Woh-nung für den Geistlichen gedient hatte. Dievon Walter Nellmann, Osnabrück, angefertigteMadonna traf im September 1935 ein undwurde am 6. Oktober 1935 geweiht.

Der Pfarrer Josef Rakel (später Pfarrer vonHaselünne), war damals vom Bischof mit derLeitung des Umbaues betraut worden. Die imJahre 1934 umgebaute Kirche wurde zunächstdurch den bischöflichen Generalvikar Dr. Se-ling benediziert, und am 16. Mai 1938 wur-den der neue Altar und die neue Kirche vomBischof von Osnabrück, Dr. Wilhelm Berning,feierlich konsekriert.

Jubiläumsfeier St. Bonifatius 1959Aus dem Nachrichtenblatt für die Diözese Osnabrück:Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens derKath. Kirche fand am 23. November 1959 indem schön geschmückten Gotteshaus in Hoog-stede ein feierliches Levitenamt statt. An dreiaufeinanderfolgenden Abenden hatten diePfarrer Jaeger, Nordhorn, Koops, Neuenhausund Von Ohr, Laar, Vorbereitungspredigtengehalten. Das Levitenamt zelebrierte PastorAndrée unter Assistenz von Pfarrer Purk,Lohne, als Diakon und Pater Töller O. Carm.(Neuenhaus), Sohn der Gemeinde Hoogstede,als Subdiakon.

Fast alle Geistlichen des Dekanates Bent-heim, unter ihnen auch der 93jährige DechantRosemann, Wietmarschen, nahmen an derFeier teil.

Die zahlreich erschienenen Gläubigen gin-gen fast ausnahmslos zum Tisch des Herrn.Die Festpredigt hielt Pfarrer Jaeger, Nordhorn,St. Augustinus, der auch ein Glückwunsch-schreiben des hochwürdigsten Herrn Bischofsverlas. Schulkinder sangen unter der Leitungvon Lehrer Hoffman die Choralmesse „Missade anglis“.

DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE ST. BONIFATIUS KIRCHENGEMEINDE

Vier Geistliche bei der 100-Jahr-Feier 1959.An der Spitze des Dekanates Bentheim nahm der 93-jährige Dechant Msgr. Rosemann, Wietmarschen, an der 100-Jahr-Feier der Kirche in Hoogstede teil. Linksim Bild der Ortsgeistliche, Hochwürden Pastor Andrèe

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Nach dem Levitenamt gedachte Pastor Andréeauf dem Friedhof neben der Kirche in ehrendenWorten des einzigen hier beerdigten SeelsorgersJohannes Veltmann und des Kaufmanns Johannvan Laar, der vor 100 Jahren sich mit vorbildli-chem Eifer und ganzer Kraft für die Errichtungeiner kath. Kirche und einer kath. Schule inHoogstede eingesetzt hat. An den Gräbern derbeiden Männer legte er Kränze nieder.

Renovierungen der letzten 50 JahreDie kirchlichen Gebäude wurden fortlaufend re-noviert. So wurde 1955 das Pfarrhaus innen undaußen neu gestrichen und die Kirche ausgemalt.

Unter der Regie von Pastor Haskamp (seit1960 in Hoogstede) wurde im Jahre 1962 dieKirche renoviert. Im gleichen Jahre wurde dieSakristei erweitert und im Jahre 1964 der Baudes Pfarrheims durchgeführt.

Im Jahre 1967 wurde die 1934 aufgestelltegebrauchte Orgel durch Anschaffung einerneuen Orgel ersetzt. Auf der Gemeindever-sammlung wurde am 16. Dezember 1966 die

Anschaffung einer neuen, zweimanualigenSchleifladenorgel mit acht klingenden Regi-stern gutgeheißen. Diese sollte das vorhan-dene Ins trument ersetzen, das aus der Spätzeitdes 19. Jahrhunderts stammte, technisch ver-braucht und vom Holzwurm befallen war.

Von Fachleuten der Osnabrücker Orgel-bauanstalt M. Kreienbrink wurde die neueOrgel mit mechanischer Traktur und 567 Pfei-fen und drei Normalkoppeln im Frühjahr ein-

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Kranzniederlegung 1959 für Johannes Veltmann und Jo-hann van Laar; Messdiener Horst Drees, Pater MarcellusTöller, Messdiener Karl Westhuis, Pastor Johannes Andrèe, Pastor Bernhard Purk aus Neuenhaus; Bannerträgerinnen:Franziska Fark, Gesine Sommer, Elisabeth Sommer, Fr. Gödicker, Franziska Heidotting, Maria Schlie

Katholischer Kirchenvorstand 1964.Heinrich Weusten, Hermann Kotten, Bernhard Sommer,Hermann Töller, Fritz Müller, Franz Kennepohl, Pastor August Haskamp

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gebaut und intoniert sowie im Beisein vonDomkapitular Msgr. Dr. Heinrich Rahe, Osna-brück, Diözesan-Musikdirektor Eberhard Bo-nitz, Lingen und mehreren Geistlichen ausNordhorn und Neuenhaus (unter ihnen auchDechant Jaeger) am 5. März 1967, um 15.00Uhr geweiht und ihrer Bestimmung überge-ben. In beispielhafter Weise trug die gesamteGemeinde dazu bei, das neue Orgelwerk zu fi-nanzieren.

Unter der Leitung von Pastor N. Vedderwurden im Jahre 1999 umfangreiche Reno-vierungs- und Anbauarbeiten am Pfarrheimvorgenommen. Hier entstanden zusätzlich zweiAbstellräume, außerdem konnte ein Carportneu errichtet werden. Durch die finanzielle Un-terstützung vom Bischöflichen Generalvikariatkonnte außerdem in eine neue Heizungsanlagesowie auch in einen neuen Fußboden, Türenund Fenster investiert werden.

Im Winter 2002/03 lieferte die Sitzmöbel-fabrik Göhnermeier, Vlotho, die bestellten 70Stapelstühle und 16 Tische inkl. Zwischen-platten für das renovierte Pfarrheim. Es er-folgte eine Zuschussbewilligung seitens desBonifatiuswerkes Osnabrück.

Im Jahre 2003 konnten größere Reparatur-arbeiten am Pfarrhaus (neue Fenster, Maler-arbeiten sowie Balkonerneuerung) und an derPfarrkirche (Malerarbeiten und Fugarbeiten)durchgeführt werden.

Unter anderem durch den Erlös der Pfarr-kirmes und Eigenleistungen der Gemeindekonnte bereits im Jahre 2006 dann das Dachdes Pfarrheims neu eingedeckt sowie dasPfarrhaus durch weitere Malerarbeiten (Decke,Wände, Türen und Treppe) wohnfreundlichhergerichtet werden.

Gemeindeverbund 2006Im Jahre 2006 schloss sich unsere Gemeindemit Neuenhaus (Veldhausen, Uelsen), Emlich-heim und Laar zum Gemeindeverbund Nie-dergrafschaft zusammen.

Emlichheim, Hoogstede und Laar arbeite-ten bedingt durch die Besetzung mit nureinem Pfarrer, nämlich Pater N. Vedder, schonlänger eng zusammen.

Durch den Weggang von Pfarrer Lier inNeuenhaus wurde der Gemeindeverbund vomBistum in Osnabrück anerkannt. Für diesenriesigen Bezirk wurde dann Pater N. Vedderals erster Pfarrer benannt. Ihm zur Seite undals Unterstützung kam Pastor Anh Vu Tadazu. Nach etwa einem Jahr hat dann aberunerwartet Pastor Anh Vu Ta den Gemeinde-verbund verlassen.

Pater N. Vedder hat in dieser neuen Situa-tion lange überlegt und dann doch aus ge-sundheitlichen Gründen das Amt des Pfarrerszur Verfügung gestellt. Damit das Amt des ltd.Pfarrers in diesem Gemeindeverbund nicht zulange vakant bleibt, hat Osnabrück schnell ge-handelt und uns im Oktober 2007 mit PastorH. Bischof einen neuen Pfarrer geschickt.Pater N. Vedder bleibt weiterhin im Gemein-deverbund als Pastor tätig.

Zu unserer Kirchengemeinde gehören zurZeit 526 Personen. Neben den oben genann-ten Ortsteilen von Hoogstede stellen auch dieGemeinden Neugnadenfeld und Großringe ak-tive Mitchristen unserer selbstständigen Pfarr-gemeinde und Kirchgänger, die aber auch ausden umliegenden Ortschaften stets herzlichwillkommen sind.

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Die Orgel von 1967

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Zur Zeit sind in unserer Gemeinde 59 Per-sonen Mitglieder in der kfd und 49 Personenin der KAB. Ehrenamtlich tätig sind ca. 30 Mitglieder in verschiedenen Gremien, die dawären: Kirchenvorstand, Pfarrgemeinderat,Liturgiekreis, Lektoren, Kommunionhelfer undMessdiener. Außerdem arbeiten für die Kir-chengemeinde noch zwei Küster, zwei Orga-nisten, ein Rendant und ein Mitarbeiter imPfarrbüro. Zu erwähnen sind außerdem Tanz-und Skatgruppe. Nicht nur die Jugend wirdvon unserem Diakon H. Heitz von Emlichheimbetreut, sondern geschätzt wird auch die christ-liche Arbeit anlässlich der vielen Wortgottes-dienste und anderer Aktivitäten in und um St.Bonifatius. Nach dem Weggang unseres Dia-kons im März 2009 wurde durch das Bischöf-liche Generalvikariat Herr Heino Böning ab 1.August 2009 zum Gemeindeassistenten in derPfarreiengemeinschaft – Neuenhaus, Emlich-heim, Hoogstede, Laar – berufen.

Die Firmung im November 2007 wurde indiesem Jahr zum ersten Mal zentral in Emlich-heim gefeiert. Aus unserer Gemeinde waren 13Firmlinge dabei. Die nächste Firmung (wahr-scheinlich im Jahre 2010) wird wieder in un-serer Gemeinde sein, wo dann auch BischofBode bei uns zu Gast sein wird.

Sternsinger 2008Warum gibt es in Hoogstede keine Sternsinger?Diese Frage kam nicht nur von den katholi-schen, sondern auch von den evangelischenChristen. So sind dann im Jahre 2008, Dank

eines finanziellen und arbeitsintensiven Enga-gements, zum ersten Mal Sternsinger von St.Bonifatius unterwegs gewesen. Eine fleißige Nä-herin aus unserer Gemeinde hat hierfür schöneGewänder genäht. Einige Erwachsene haben dieKinder begleitet, die dann bei dieser Aktion über550 € in Hoogstede und Umgebung gesammelthaben. Der Stern von Bethlehem leuchtet weitervoran in das vor uns liegende Jahr, und eineleuchtende Erinnerung bleibt sicher die ganzeWegstrecke der 50. Aktion Dreikönigssingen, füralle, die – wo auch immer – dabei waren.

ÖkumeneAm 28. Februar 2008 feierten alle vier Ge-meinden den Ökumenische Passionsgottes-dienst mit Pastor Dr. Beuker (ev.-altrefor -miert). Unsere Kirche war gut besucht, undanlässlich der Kollekte konnte der Hospizhilfein Nordhorn ein Betrag von 127,09 € über-wiesen werden.

Die alljährliche Ökumenische Bibelwochefindet abwechselnd in den Hoogsteder Kirchenstatt. Im Februar 2009 wurde die Veranstal-tung in unserer Kirche durchgeführt.

50 Jahre kfd (Katholische Frauen Deutschlands) 2008Generell seit dem 1. April 2008 findet nunwieder auch bei den Katholiken regelmäßigjede Woche eine Vorabendmesse zum Sonn-tag in unserer St. Bonifatius Gemeinde statt.

Am 6. April 2008 feierte unsere kfd (Ka-tholische Frauen Deutschlands) ihr 50-jährigesJubiläum. Mit einem Festgottesdienst am Vor- mittag mit Präses Pater N. Vedder und derFestpredigt von Diözesan-Frauenseelsorger U.Beckwermert begann der Jubeltag. Abord-nungen der kfd aus den umliegenden Ge-meinden waren mit ihren Bannern anwesend.Ebenso waren Ehrengäs -te aus der GemeindeHoogstede dabei. Anschließend war Empfangin unserem Pfarrheim, wo noch ein Zelt an-gebaut wurde, um allen Gästen Platz bietenzu können. Grußworte sprachen unter ande-ren Pater Norbert Vedder und BürgermeisterJan Ensink sowie für die RegionalleitungGrafschaft Bentheim Teamsprecherin AnneMinnich.

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Sternsinger 2008 im Pfarrheim

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AnhangIn 2009 feiert die St. Bonifatiuskirche in Hoogstedeihr 150-jähriges Jubiläum. Als Termin ist der 3./4.Oktober 2009 festgesetzt, mit weiteren Vorberei-tungen wurde schon begonnen. Es ist geplant, zudiesem Anlass eine eigene Chronik zu erstellen. Bi-schof Franz-Josef Bode aus Osnabrück hat schoneine Einladung erhalten und wird dann unsere Ge-meinde besuchen.

AnsprechpartnerPfarrbüro: Jürgen KirsteinKüster: Martin Westhuis, Jürgen KirsteinFriedhof: Heinrich WesthuisPfarrheim: Rita Goedereiskfd: Agnes Lübberink, Doris KottenKAB: Willi Fark, Rudi Töller,

Karl WesthuisOrganisten: Anke Westhuis, Frank Töller Rendant: Karl-Heinz SommerPfarrgemeinderat: Ute Büdden, Günter Dyhuis, Gunnar Kirstein, Nicole Lübbers, Ulla Schnöink, Agnes Westhuis Kirchenvorstand: Pfarrer H. Bischof, Rita Goedereis, Heinrich Massling, Hermann Sentker, Helmut Töller, Heinrich Westhuis, Hermann Westhuis

Ab Mitte 2009 wird die katholische Kirchenge-meinde Hoogstede im Internet präsent sein. Diesegemeindeübergreifende Internetpräsenz ist in Zu-sammenarbeit mit allen katholischen Kirchenge-meinden der Pfarreiengemeinschaft entstanden.Gemeinsam haben wir das Layout entwickelt, für denInhalt sind die Gemeinden selbst verantwortlich. Esist vorgesehen, hier auch den wöchentlichen Pfarr-brief zu veröffentlichen.

Während des 150-jährigen Bestehens der katholi-schen Kirche in Hoogstede sind 19 Seelsorger hiertätig gewesen. Die Namen der Geistlichen sind11. Wilhelm Bröker, 1859–1869

(gest. als Pfarrer in Westrhauderfehn),12. Bernhard Schröder, 1869-1888

(gest. als Pfarrer in Emsbüren),13. Johannes Veltmann, 1888-1889

(gest. als Schulvikar in Hoogstede),14. Hermann zum Hebel, 1890-1898

(gestorben in Neuß),15. Johann Lagemann, 1899-1902

(gest. als Pfarrer in Neurhede),16. Franz Weßler, 1903-1909

(gest. als Pfarrer von Vrees),17. Johannes Staelberg, 1909-1920

(gest. als Pfarrer von Brandlecht),18. Klemens Becker, 1920-1933

(gest. als Pfarrer von Schledehausen),19. Josef Rakel, 1933-1935

(danach Pfarrer in Haselünne),10. Bernhard Purk, 1935-1944

(danach Pfarrer in Lohne),11. Hermann Thoben, 1944-1947

(danach Pfarrer in Leer),12. Johannes Andrée, 1947-1960

(danach Pfarrer in Börgermoor)13. August Haskamp 1960-1968

(danach Pfarrer in Twist)14. Gerhard Lampe, 1968-1971

(danach Pfarrer in Lehe)15. P. Antonius Lugtenberg O.Carm.

1971-1976 (danach Pfarrer in Hebelermeer)16. Hubert Lorbach, 1976-1980

(danach in Ruhestand)17. P. Bruno Güthoff CSSp, 1981-1988

(danach Kloster Speyer)18. P. Norbert Vedder OFM, seit 1989

(Pfarrer in Emlichheim seit 197919. Hubert Bischof, seit 2007 (Pfarrer

im Gemeindeverbund Neuenhaus).

DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE ST. BONIFATIUS KIRCHENGEMEINDE

Jubilarinnen 50 Jahre Katholische Frauen Deutschland (kfd) in 2008; 10 Frauen wurden für ihre fünfzigjährige Mitgliedschaft geehrt. Auf dem Foto oben sind die Jubilare mit der kfd-Teamsprecherin Agnes Lübberink zu sehen, vorne; v.l. Anna Kottkamp, Maria Schlie und Antonia Wohlfahrt; hinten, v.l. Johanna Eichhorst, TeamsprecherinAgnes Lübberink, Maria Massling, Anna Köcklar, Christine Lübberink (es fehlen Maria Schnöink, Elisabeth Sommer und Franziska Fark)

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Die Evangelisch-altreformierteKirchengemeindePastor Dr. Gerrit Jan Beuker und Kirchenrat

Die Wiege der Niedergrafschafter Altreformier-ten liegt in Tinholt. Dieser relativ abgeschiedene,durch die Vechte von Hoogstede getrennte Orts-teil liegt mittig zwischen Emlichheim, Hoog-stede, Wilsum, Uelsen und Veldhausen. In diesenfünf Kirchspielen entstanden zwischen 1838und 1849 eigene altreformierte Gemeinden.

Ihre Mitglieder feierten schon vor der Ge-meindegründung, etwa ab 1835 regelmäßig ei-gene Gottesdienste auf dem Hof Luttermann(zuvor Zomer, davor Steffen) in Tinholt. Siewurden von Laienpredigern aus den eigenenReihen oder aus den Niederlanden und äußerstselten auch einmal von einem altreformiertenPastor aus den Niederlanden geleitet.

Niederländische Prediger wurden bis 1848in der Grafschaft mit Gefängnisstrafen be-droht. In den Niederlanden gab es keine poli-zeiliche Verfolgung. 1834 war in Ulrum beiGroningen die erste altreformierte Gemeindeüberhaupt gegründet worden.

Altreformierte Gottesdienste mit mehr alszwanzig Personen waren in der Grafschaftnicht erlaubt. Wer daran teilnahm, musste mitempfindlichen Geldstrafen rechnen. Unter die-sen Umständen wählten die beiden GemeindenEmlichheim und Hoogstede im Frühjahr 1845jede ihren ersten Kirchenrat, der jeweils auszwei Ältesten und zwei Diakonen bestand.

Diese gingen mit ihren beiden Gemeindenam 25. Mai 1845 nach Coevorden, wo sie von einem niederländischen Pastor, vermutlich Albertus van Raalte, in ihr Amt eingeführtworden sind. Van Raalte wäre dafür inDeutschland ins Gefängnis gekommen.

Damit gab es neben der 1838 gegründetenGemeinde Uelsen und der 1840 entstandenen

Gemeinde Bentheim zwei weitere altreformierteGemeinden in der Grafschaft. 1848 kam Wilsumhinzu und 1849 Veldhausen.

Unter dem Druck der politischen und wirt-schaftlichen Verhältnisse wanderte fast die ge-samte altreformierte Gemeinde Hoogstede imFrühjahr 1847 in die USA aus. Die genannten Kir-chenräte der Gemeinden Emlichheim und Hoog-stede zogen mit ihren Familien und vielenGemeindegliedern auf den Spuren von Albertusvan Raalte nach Holland, Michigan, USA. Südlichdieser Stadt gründeten sie den Ort „Graafschap“.

Einige wenige daheim gebliebene altrefor-mierte Hoogsteder schlossen sich 1851 der wei-ter bestehenden Gemeinde Emlichheim an. DieHoogsteder Gemeinde war damit aufgehoben.Die verbleibenden Altreformierten im KirchspielHoogstede mussten wohl noch bis um 1870 oder1880 die normalen Kirchenlasten der reformier-ten Gemeinde vor Ort und die der reformiertenGemeinde Emlichheim mittragen. Sie zahltendreimal: für die reformierte Gemeinde in Em-lichheim, für die in Hoogstede 1821 gegründetereformierte Gemeinde und für die eigene altre-formierte Gemeinde.

Neugründung 1. Mai 1953Über hundert Jahre nach Auflösung der erstenaltreformierten Gemeinde Hoogstede wurde am 1. Mai 1953 wieder eine neue Gemeinde gegründet. Pastor Albertus van der Zanden, dervon 1951 bis 1977 in Emlichheim tätig war,führte an diesem Tag drei Älteste und zwei Dia-kone in ihr Amt ein. Es waren dies Jan HarmBeuker, Albert Köster und Hindrik-Jan Neerkensowie Albert Jan Luttermann und Gerrit JanBüter.

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Kirchengebäude und Pastorat waren in denbeiden vorhergehenden Jahren seit Anfang1951 errichtet worden. Einen Teil der benötig-ten Steine kaufte man von der ev.-reformiertenKirchengemeinde. Diese hatte für die Erweite-rung ihrer Kirche bereits Steine angeschafft undvor Ort transportiert. Sie durfte 1951 für diebeiden neuen Querschiffe der Kirche aber nurBentheimer Sandstein und keine roten Ziegel-steine verwenden. Ein Teil der schon vorhan-denen roten Steine wurde für ein Wohnhaus imDorf genutzt, der andere Teil für die altrefor-mierte Kirche. Schaut man sich die Kirchegenau an, kann man sehen, dass sich etwa abDachhöhe im Giebel andere Steine finden.

Ein einzelner Raum zwischen Kirche undPastorat, der sogenannte Lehrsaal, reichte inden 1950er Jahren aus für alle Aktivitätenwährend der Woche. Hier tagte der Jünglings-und Jungfrauenverein oder der Männerverein.Hier wurde kirchlicher (Konfirmanden-)Un-terricht erteilt, hier übte der Singkreis. MehrGruppen und Angebote gab es kaum.

Altreformierte PastorenErster Pastor der Gemeinde war von 1955 bis1959 der aus Hoogstede gebürtige Steven

Neerken (1895–1962). Hoogstede war seinefünfte und letzte Gemeinde. Seine Frau Hein-tien Ekenhorst (1900–1960) stammte aus Laar.Der ebenfalls aus Hoogstede gebürtige PastorJan Köster nahm von 1953 bis 1955 von Laaraus die Vakanzvertretung wahr.

Auf Pastor Neerken folgte 1960 bis 1968Joachim Guhrt, gebürtig aus der Nähe vonBerlin, der zuvor seit 1955 Pastor in Emdengewesen war. Er ging 1968 in den Schuldienstund ist danach lange Zeit Generalsekretär desReformierten Bundes gewesen. Joachim Guhrt(Jg. 1925) lebt heute in Bad Bentheim.

Die Vakanzzeit überbrückten Guhrts Schwie- gervater, Pastor Bernd-Hindrik Lankamp ausUelsen, der 1968 pensioniert wurde, und PastorAlbert Brink aus Veldhausen.

1971 kamen Pastor Roel Visser und seineFrau Erika in ihre erste Gemeinde in das neuerbaute Pastorat, Bathorner Diek 3. Visserstammt aus Deventer in den Niederlanden. Erist heute in der Zerstreutenseelsorge in Süd-deutschland tätig.

Nach Pastor Visser folgte 1977 bis 1983 deraus Ostfriesland kommende Pastor HeinrichLüchtenborg. Es war auch für ihn seine ersteGemeinde. Seine aus Emlichheim stammendeFrau, Anna Klinge, unterrichtete zeitweise ander Grundschule in Emlichheim. Pastor Lüch-

DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE

Gottesdienst 2003 in der Ev.-altreformierten Kirche, von der Empore aus (Jürgen Nyboer)

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EBEN-EZERAltreformierte inHoogstede und ihreVorgeschichte

Kirche undGemeinde1953 - 2003

tenborg wechselte von Hoogstede zur Ge-meinde Wuppertal, wo er bis heute tätig ist.

Auf Pastor Lüchtenborg folgte eine längereVakanz, die von Pastoren aus den umliegen-den Gemeinden aufgefangen wurde. Als manendlich meinte, wieder einen Seelsorger undPrediger gefunden zu haben, war die Freudenur von kurzer Dauer:

Am 9. November 1986 wurde Pastor Pierrevan Rooyen eingeführt, am 26. Juli 1987 ver-ließ er die Gemeinde „aus gesundheitlichenGründen“. Er zog mit seiner Frau und den dreikleinen Kindern zurück nach Südafrika. We-nige Jahre später kam er nach Leer in Ost-friesland, wo er bis heute lebt. Er hat dort einekleine eigene Gemeinde(gruppe) aufgebautund ist nach wie vor in der Afrikamission„Kreuz des Südens“, mit Sitz in Leer, tätig.

Fast zwanzig Jahre blieb danach Pastor Dr.Gerrit Jan Beuker in Hoogstede. Er stammt ausVorwald (heute Laar) und kam mit seiner ausEmden gebürtigen Frau Gese Sweers und dendrei Kindern im Dezember 1988 aus Uelsen indie Gemeinde. Er blieb bis zum März 2008 undist jetzt Pastor der ev.-altreformierten und derev.-reformierten Kirchengemeinden in Laar.

In Beukers Zeit fiel 2003 das fünfzigjährigeJubiläum der Gemeinde. Aus diesem Anlassschrieb er das Buch „Eben-Ezer. Altreformiertein Hoogstede und ihre Vorgeschichte. Kircheund Gemeinde 1953–2003“.

Es ist nach wie vor in der Gemeindeund im Buchhandel erhältlich.Es beschreibt ausführlich Ge-schichte und Gegenwart der Ge-meinde.

Kirche und GemeindehausSeit den Anfängen der ev.-altrefor-mierten Kirchengemeinde Hoog-stede hat sich einiges verändert.1961 erhielt die Gemeinde eineOrgel und eine Heizung. Im Laufeder Zeit reichte der eine Gemeinde-raum (alter Lehrsaal) für die Bedürf-nisse der Gruppen und Kreise nichtmehr aus. So wurde in Pastor Lüchten-borgs Zeit das Gemeindehaus mit ins-gesamt fünf Räumen und einem großenObergeschoss gebaut. Dieser „Dachbo-den“ wird als Jugendraum genutzt. Heute

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Die sechs Pastoren der Gemeinde von 1955 bis 2008

Titel „Eben-EzerAltreformierte in Hoogstede“

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dient er sonntags den Kindern vom Kinder-gottesdienst und in der Woche der Jungschar,den KOMA-Leuten (Konfer mal anders), demJugendkreis und den Jungerwachsenen. DerRaum wird nach wie vor von Jugendlichengestaltet und verwaltet.

Das Gemeindehaus wird am Sonntagvor-mittag parallel zum Gottesdienst von den Kin-dern genutzt. Es gibt einen Kinderhort unddrei Kindergottesdienst-Gruppen. Weiter dientdas Gemeindehaus in der Woche dem Chor,den Kreisen und Gruppen, für Schulungenund Konferenzen. Es wäre heute völlig un-denkbar, wenn die Gemeinde mit nur einemRaum neben der Kirche auskommen müsste.

1998 wurde die Orgel um ein zweites Ma-nual und ein Rückpositiv erweitert. 2002 bis2004 bekam die Kirche ein neues Dach undneue Fenster und Türen.

KüsterdiensteVon 1953 bis Anfang 2007, weit über fünfzigJahre, war Hindrikkin Snippe die gute Seeleder Gemeinde. Sie war mit allem und jedemvertraut, kannte als gebürtige Bathornerin fastjeden in Hoogstede. Jahrelanges Zeitungsaus-tragen förderte das noch. Hindrikkin Snippelebt seit 2007 in Georgsdorf.

Nach ihrer Eheschließung 1960 erfuhr sietatkräftige Unterstützung durch ihren Mann, Jo-hannes Snippe, der im Jahre 2001 verstarb. Mitdem Neubau des Pastorats Bathorner Diek 3 zogsie 1971 mit ihrer Familie in das alte PastoratBathorner Diek 1. Seit etwa 1992 erhielt dasEhepaar Snippe Unterstützung in ihrer Arbeit.

Zuständig sind heute: Brigitte Voogd fürdas Gemeindehaus, Annegret Helweg für dasKirchengebäude, Gerrit-Jan Bloemendal fürdie Außenanlagen und Johann Köster fürSchlüsseldienst, Heizung und Glocken. VieleHände machen leichte Arbeit und fördern dieGemeinschaft.

DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE

Das altreformierte Pastorat von 1971 in 2007

Küsterwohnung, Kirche, Gemeindehaus in 2006

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Die Evangelisch altreformierte Kirche in NiedersachsenEs gibt in Niedersachsen etwa 7.000 Altrefor-mierte in 14 Gemeinden, davon acht in derGrafschaft Bentheim und fünf in Ostfriesland.1983 hat sich die Niederländisch-reformierteGemeinde Wuppertal (Pastor Lüchtenborg warvorher bis 1983 in Hoogstede tätig) der Evan-gelisch-altreformierten Kirche in Niedersach-sen angeschlossen.

In der Zeit von 1923 bis 2004 gehörten die altreformierten Gemeinden den „Gerefor-meerde Kerken in Nederland“ an. Reformierte,Altreformierte und Lutheraner bilden seit2004 in den Niederlanden die ProtestantischeKirche, mit der die altreformierten Gemeindenin lockerer Gemeinschaft assoziiert sind. 2006schlossen die Ev.-reformierte Kirche (mit Sitzin Leer) und die Evangelisch-altreformierteKirche einen Kooperationsvertrag.

Charakteristisch für die altreformierten Ge-meinden ist ihre Eigenständigkeit und ihre pres- byterial-synodale Struktur. Die Gemeindeleitungliegt in den Händen des Kirchenrates. Ihm ge-hören Männer und Frauen im Pastoren-, Ältes -ten- und Diakonenamt an. Bis auf den Pastorwerden sie alle für vier Jahre von der Gemeindegewählt. Eine direkte Wiederwahl ist nichtmöglich. In den Synoden behandeln die Vertreter der Kirchenräte alle übergemeindli-chen Fragen.

8DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN

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Ehepaar Johannes Snippe und Hindrikkin geb. Bloemendal in 1985

Rechnungsführer seit 1953. Ludwig Büter, Heinrich Köster,Hermann Breukelman und jetzt, 2003, Wilhelm Lammering(Jürgen Nyboer)

Altreformierte Gemeinden finanzieren sichselbst durch freiwillige Beiträge und verwal-ten die Gelder selbstständig. Ab 300 Gemein-deglieder muss eine altreformierte Gemeindealle Kosten für Gehälter und Gebäude selberaufbringen. Etwa zehn Kollekten im Jahr sindsynodal vorgeschrieben. Die Höhe der Gehäl-ter unterliegt ebenfalls synodalen Regeln.

Rechnungsführer der Gemeinde Hoogstedewaren Hindrik Köster (1953–1965), LudwigBüter (1966–69), Heinrich Köster (1970–73),Hermann Breukelman (1974–93) und seitdemWilhelm Lammering. Der Rechnungsführer istim Auftrag des Kirchenrates für die Einnah-men und Ausgaben der Gemeinde verantwort -lich. Er erstellt Jahresrechnungen und Haus -haltspläne, über die der Kirchenrat entschei-det. In vielen Gemeinden steht ein kleiner

Finanzausschuss dem Rechnungsführer unddem Kirchenrat zur Seite. Er ist ein wenig ver-gleichbar mit der reformierten Gemeindevertre-tung, arbeitet allerdings wesentlich eigen-ständiger und unabhängiger. Älteste, Diakoneund Pastoren, alle, die mit der Seelsorge oderdem diakonischen Dienst betraut sind, haben inder Regel keinen Einblick in die finanziellen,freiwilligen Beiträge der Gemeindeglieder. Werwas bezahlt, weiß nur der Rechnungsführer undein oder zwei weitere Verantwortliche (aus demFinanzausschuss). Sie sind zur Verschwiegen-heit verpflichtet.

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Freikirchen gehen davon aus, dass alle Ge-meindeglieder sich mit ihren Gaben und Fä-higkeiten einbringen und mitwirken. JederEinsatz ist ein Segen für alle. So ist jede Ge-meinde z. B. selbst für ihren Kindergottes-dienst verantwortlich. Die MitarbeiterInnenorganisieren sich selbst, sorgen für die eigene(übergemeindliche) Fortbildung und überle-gen und entscheiden in ihren Gemeinden, wiesie den Kindergottesdienst gestalten und wel-che Materialien sie verwenden.

Freikirchliche Frauenkreise, Jugendvereineoder andere Kreise wählen ihre eigenen Vor-stände, die die Arbeit leiten. Die verschiede-nen Arbeitsbereiche haben sich aus sich selbstheraus auch übergemeindlich organisiert. Aufdieser Ebene treffen sie sich regelmäßig zumAustausch und zur Fortbildung.

HauskreisePastor Visser richtete in der Gemeinde Hoog-stede in 1971 für jeden Kontinent der Erdeeinen Hauskreis ein. Sie sollten die Gemein-schaft in der Gemeinde stärken und „ihren“Kontinent der Gemeinde näherbringen. Bisheute ist die Gemeinde mit einer großen Zahlvon Hauskreisen gesegnet. Von Anfang an be-steht bis heute der Afrikakreis. Jahrzehntelanghat er u.a. mit Altkleiderspenden den Kontaktzu Mitarbeitern der Hermannsburger Missionin Tansania gehalten. Heute pflegt der Kreisengere Beziehungen nach Gambia.

Der Bangladeschkreis beschäftigt sich mitBerichten aus der Mission in Bangladesch undIndonesien und fördert entsprechende Begeg-nungen. Weitere Kreise sind Katechismuskreis,Gebetskreis, Kreis Vierzig Plus, Hausbibelkreis,Handarbeits- und Bastelkreis, OFT (Offener Frau-entreff), Young Generation und Ungarnkreis.

Der letzte hält seit 1992 den Kontakt zur reformierten Partnergemeinde in Budapest auf-recht. Die Gemeinden besuchen sich abwech-selnd einmal in zwei Jahren in Hoogstede undin Budapest. Ein Gastgeschenk der Ungarn, einePlatte aus Olivenholz mit einem herausge-schnittenen Kreuz hängt hinten in der Kirche.

Die „Hoogsteder Gruppe“ bietet seit 1973jede Woche den Inhaftierten in der Justizvoll-zugsanstalt jeweils in vier verschiedenen Häu-

sern der Einrichtung in Groß-Hesepe Ge-sprächsabende an. In der „Hoogsteder Gruppe“wirken mittlerweile auch viele Mitglieder ausanderen Kirchen und Gemeinden mit.

Gottesdienst und GemeindelebenDie altreformierte Gemeinde Hoogstede feiertjeden Sonntag zwei Gottesdienste. Einmalvormittags um 10.00 Uhr einen Wortgottes-dienst, in dem die Bibel ausgelegt wird, undam Nachmittag um 14.00 Uhr einen Lehrgot-tesdienst, wo häufig aus dem Heidelberger Ka-techismus gepredigt wird. Dieses Bekenntnis(der Heidelberger Katechismus von 1561) stelltsicher, dass alle Themen des christlichen Glau-bens auch auf die Kanzel kommen.Manchmal finden Gottesdienste besondererForm statt. Singgottesdienste, Jugendgottes-dienste oder ein „offener“ Gottesdienst. Die„offenen Gottesdienste“ wurden von PastorBeuker initiiert. Die Gemeinde durfte im Got-tesdienst die Lieder und Psalmen nennen, dieman singen wollte. Es gab immer etwas zusehen (Folien, Graphiken, Bilder) und ein un-vorbereitetes Gespräch zwischen Prediger undGemeinde zu den unterschiedlichsten Themen.Z.B. Segen, Kinder, Hände, Abraham, Gebet ...und anderes.

Jede Gruppe und jeder Kreis ist herzlicheingeladen, Gottesdienste mitzugestalten.

DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE

Kreuz im Olivenholz hinten in der Kirche; aus Ungarn

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ÖkumeneAlle vier Hoogsteder Kirchengemeinden bie-ten (seit Anfang der neunziger Jahre auchreihum in allen vier Kirchen) jedes Jahr eineBibelwoche an. Sie feiern seit mehreren Jah-ren einen gemeinsamen Passionsgottesdienst,der vom Ökumenischen Arbeitskreis, den esseit etwa 1995 gibt, vorbereitet und durchge-führt wird. Der Ökumenische Arbeitskreis hatdie frühere Pastorenkonferenz abgelöst. ImArbeitskreis treffen sich je drei Vertreter ausjeder Gemeinde einmal im halben Jahr. DerKreis beschäftigt sich mit allem, was alle Ge-meinden angeht. Schulgottesdienste undReden zum Volkstrauertag werden reihum vonden einzelnen Gemeinden vorbereitet.

In gemeinsamer Regie hat es 2003 eineKinderbibelwoche gegeben und alle zweiJahre findet nun ein Kinderbibeltag statt.

Neben den gemeinsamen Angeboten allervier Kirchengemeinden vor Ort pflegen die Altreformierten besondere Beziehungen zurreformierten Gemeinde. Mit ihr gab es etwaseit 1998 einen jährlichen Kanzeltausch. Erwurde von einem gemeinsamen Sonntagsgot-tesdienst abgelöst, den beide Gemeinden seitvier Jahren meistens im Oktober feiern. 2008haben beide zum ersten Mal zusammen einen

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Flyer Christliche Kirchen in Hoogstede

Kanzel, Lesepult, Taufbecken und Abend-mahlstisch in 2003

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Himmelfahrtsgottesdienst gefeiert. Gute Tra-dition hat auch die einmal im Jahr stattfin-dende gemeinsame Kirchenratssitzung.

Mit der lutherischen Gemeinde feiern dieAltreformierten ebenfalls einmal im Jahr einengemeinsamen Gottesdienst, und zwar immerdann, wenn der Chor aus Drehbach bei der lu-therischen Gemeinde zu Gast ist. Gerne denkenwir an die Aktion „Nachbarn laden Nachbarnein“ zurück. Zu einem gemütlichen Beisam-mensein trafen sich die Nachbarn aus den Neu-baugebieten rund um die beiden Kirchen.

Schon 1964 gründeten Frauen aus allen dreievangelischen Gemeinden vor Ort einen Ge-meinsamen Frauenkreis, der bis heute besteht.Die Initiatorinnen waren Frau Ringena (ref.) ,Frau Franke (luth.) und Frau Klinge (altref.). Eswerden Referenten zu den unterschiedlichstenThemen eingeladen oder gemeinsame Ausflügeunternommen.

An jedem ersten Freitag im März treffensich Frauen aller vier Kirchengemeinden zumWeltgebetstag der Frauen. Im Wechsel über-nimmt jeweils eine Frauengruppe (einer Kir-chengemeinde) die Ausgestaltung der Welt-gebetstagsordnung, tatkräftig unterstützt durchdie Frauen der anderen Kirchengemeinden.

In einem gemeinsamen Flyer stellt sich jededer vier Kirchengemeinden seit einigen Jahrenallen Neubürgern und Interessierten vor.

Alle Kirchen am Ort sind Kirche Jesu Christi. Ihn predigen sie, ihn beten sie an, ihnerwarten sie. Die Unterschiede zwischen denKirchen heben diese große Gemeinsamkeitnicht auf: Ein Herr, eine Taufe, ein Geist –zum Nutzen aller.

Kirchengemeinden können Hilfe und Haltbieten, Gemeinschaft und Begegnung. Sie be-wirken durch ihr Handeln und ihre Verkündi-gung Herzenskraft und Erbauung im bestenSinn des Wortes, damit die Welt erkennt, dassJesus der Christus ist, der Sohn Gottes, unserRetter und Erlöser, unser Herr und Heiland.

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Die Evangelisch-lutherische KirchengemeindeRecherche: Ute Suhr, Reinhard Golde Zusammenstellung und Text: Reinhard Golde

Als jüngste und kleinste der vier Kirchen inHoogstede steht die ev.-lutherische Thomaskir-che am Ortsausgang Richtung Ringe. Sie„duckt“ sich scheinbar an einen kleinen Erdhü-gel, so als würde sie sich ein wenig genieren.Für den flüchtig vorbeieilenden Autofahrerpräsentiert sie sich wohl kaum als ein, wie an-derorts übliches Kirchengebäude. Keine großeKirchturmuhr, kein Kreuz auf dem Dach, keinimposanter Glockenturm oder wenigstens einDachreiter, in dem Glocken hätten hängen kön-nen, weisen darauf hin, dass man es mit einerKirche zu tun hat. Erst beim näheren Hin-schauen auf das, die linke Giebelseite des Ge-bäudes einnehmende, von unten nach obendurchgehende farbige Glasfenster (auf welcheswir an späterer Stelle ausführlich eingehenwerden) erkennt man, dass es sich um einenSakralbau handelt.

Die AnfängeDas „Häuflein“ Lutheraner, welches vor 1945 inder Niedergrafschaft lebte, wurde bis zum ErstenWeltkrieg von Lingen aus betreut. Nach Errich-tung des ev.-lutherischen Pfarramtes GrafschaftBentheim mit Sitz in Bad Bentheim (später inNordhorn) gehörten die Gemeindeglieder zu die-sem Amtsbezirk. Hierbei handelte es sich um ei-nige wenige, aus familiären Gründen zugezogeneAngehörige lutherischen Bekenntnisses. Des Wei-teren Textilarbeiter aus Oberschlesien, die in deraufstrebenden Textilindustrie in Nordhorn in den1920er Jahren und später die „Wintershaller“, diemit Beginn der Erdölförderung in der Nieder-grafschaft Lohn und Brot fanden.

Preußische Zollbeamte (obwohl mehrheit-lich Lutheraner), die an der deutsch-niederlän-

dischen Grenze ihren Dienst taten, können ei-gentlich nicht mit dazugerechnet werden, da siein der Regel nur immer einige wenige Jahre inder Grafschaft blieben, bis sie schließlich wiederversetzt wurden, damit sie nicht mit der„schmuggelnden“ einheimischen Bevölkerungallzu vertraut werden konnten. Mit dem Endedes Zweiten Weltkrieges stieg die Zahl der Men-schen lutherischen Bekenntnisses durch Zuzugbzw. Zuweisung von Flüchtlingen und Heimat-vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten(Schlesien, Sudetenland, Ostpreußen, Pommern,u.a.) stark an.

Im Mai 1946 entstand innerhalb des Pfarram-tes Grafschaft Bentheim der Seelsorgebezirk Nie-dergrafschaft-Nord. Mit seiner Betreuung wurdeder aus Neustadt in Oberschlesien stammende Pastor Günther Nitsche beauftragt. Die Gemein-deglieder lebten weit verstreut in und um Emlich-heim, Ringe, Hoogstede, Laar, Wilsum und denheute dazugehörenden Ortsteilen, die bis zur Ge-bietsreform Mitte der 1970er Jahre eigenständigepolitische Gemeinden waren. Als Fortbewegungs-mittel diente Pastor Nitsche (soweit sich keineMitfahrgelegenheit auf einem Fuhrwerk oder Lie-ferwagen ergab) ein Fahrrad, dass er vom Uhrma-chermeister Wächter, Kirchenvorsteher in Nord-horn, geschenkt bekommen hatte.

Aus den Erinnerungen von Pastor Nitsche an die NachkriegsjahreDie Sammlung der ev.-lutherischen Gemeindein der nördlichen Niedergrafschaft vollzog sichohne jegliche Schwierigkeiten. Man brauchtenur zu sammeln. Und Sammeln ist einfacher alsZusammenhalten. Aber für beides gibt es dasgleiche Mittel: Unterwegssein.

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Wenn man sich als Hirtenhund verstand,war die Aufgabenstellung und Dienstanwei-sung klar und eindeutig: Suchen – aufsuchen– besuchen. Einladen – begleiten. So geziemtes einem Hirtenhund.

Unsere Heimat lag im Osten. Hier warenwir Fremdlinge. Nichts Gewohntes, nichtsVertrautes war vorhanden. Wir waren inDeutschland und konnten doch die Einheimi-schen nicht verstehen, wenn sie miteinandersprachen.

Wir waren unter Evangelischen. Und dochwaren wir in ihren Gottesdiensten nicht zuHause. Kein Altar, kein Kruzifix, kein Bild fielins Auge. Das Gesangbuch aus dem Flücht-lingsgepäck war unbrauchbar, es wurde jakein Choral gesungen. Die Texte und Melo-dien der Reimpsalmen kannte man nicht. AmGrabe sagte der Pastor kein Wort. Im Hausereichte er den Kranken und Sterbenden nichtdas Abendmahl. Die Kinder lernten und zähl-ten die Zehn Gebote anders – eben nach demHeidelberger Katechismus. Die Evangelischenaus der Altpreußischen Union entdeckten,dass evangelisch nicht gleich evangelisch war.Sie wurden sich ihres lutherischen Bekennt-nisses bewusst.

Für die Einheimischen war man der„Flüchtlingspastor“, den man respektierte undakzeptierte. Ihn machte man darauf aufmerk-sam, wenn „die Flüchtlinge“ nicht am Sonn-tag zur Kirche gingen. Wenn man Besuchemachte, kam man nur über die Alteingesesse-nen zu seinen Gemeindegliedern, solange sieauf den Höfen saßen und keine eigene Woh-nung hatten.

Man saß auch nachher mit ihnen (den Ein-heimischen) in der großen Küche zusammen,weil die „Upkammern“ keinen Platz für einenBesucher boten. Dabei lernte man sie kennenund hatte über ihr Denken und Fühlen nach-zudenken. Man begriff nach und nach die Ge-meindetheologie. Sie war geprägt von derLehre der „Gnadenwahl vor dem Fall“. Was füreinen, der theologisch gebildet war, in dieDogmengeschichte hineingehörte, war hierGegenwart und wirkte.

Man hatte viel zu lernen und neu zu be-greifen, damit die eigenen Gemeindeglieder

vor Missdeutungen und Fehlurteilen bewahrtwerden konnten. Man hatte Lutheraner für dieanderen, nicht gegen andere zu sein. Sonstversagte man.

Konfessionelle Spannungen gab es nicht.Man beherbergte den „Fremdling“, aber manmissionierte ihn nicht. Der Grund dafür war,dass bei allen Konfessionen in der Nieder-grafschaft eine gute, feste kirchliche Sitteherrschte. Man war gewohnt, dass nicht jederin die gleiche Kirche ging. Aber, dass jeder in„seine“ Kirche ging, war selbstverständlich.Wir hatten darauf zu achten, dass „Lutherischsein“ nicht als die bequemste und billigste Artdes Christseins verstanden werden konnte.

Die Kirchenzucht der Reformierten und vorallem der Altreformierten war streng. Wer sichdarum drücken wollte, versuchte zu uns aus-zuweichen. In solchen Fällen war ein klaresNein notwendig. Zucht, wenn sie nicht un-barmherzig ist, darf man nicht auflösen.

Spannungen gab es zwischen den Einhei-mischen und dem „Fremden Volk“ (Dieser Aus-druck war aber nicht böse oder diffamierendgemeint. Das hatte man aber erst einmal zu be-greifen.) Es stießen aufeinander: Einheimischeund Fremde, Agrar- und Industriewirtschaft,Reformierte, Altreformierte und Lutheraner.Auf unserer Seite geschah das Gleiche: „Die“Bauern, „Die“ Einheimischen, usw.

Aber das ist festzuhalten: Der Flüchtlingoder Vertriebene war voll in die Nachbar-schaft, die auf dem Hof galt, eingeschlossen.Der Flüchtling hatte die gleiche Beerdigungwie der Hofbesitzer, dem Vertriebenenmäd-chen wurde die gleiche Hochzeit ausgerichtetwie der Bauerntochter.

Man beherbergte uns im Hause und mit un-seren Gottesdiensten in ihren Kirchen. UnsereGottesdienste – gänzlich ungewohnt nach demMittagessen und Kaffeetrinken – erwiesen sichals gut und heilsam. Für die Menschen aus demOsten, die es hierher verschlagen hatte, war derSonntag ein gefährlicher Tag.

Er war wie eine moorige Stelle auf Feld-wegen, wo man einsackt. Er konnte zum„Moorloch“ werden, das einen verschlingt.Wochentags konnte man sich regen und be-wegen. Man hatte seine Arbeit. Das half, die

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erdrückende Last zu vergessen, die man mitdem Verlust der Heimat zu tragen hatte. Aberam Sonntag war sie nicht zu verdrängen. Be-schäftigungslos überfiel einem das erfahreneLeid. Man war schutzlos den Erinnerungenausgeliefert …

„Ich hatte im Heimkehrerheim (Bleibe fürentlassene Kriegsgefangene, die ohne Heimatwaren) in Bentheim zu tun. In der Nacht vonSonnabend zu Sonntag hatte ich vor Frens-wegen Reifenpanne. In der Klosterschänkebrannte noch Licht. Ich wurde aufgenommenund durfte in der Gaststube schlafen. AmSonntagmorgen erhielt ich unbestelltes Früh-stück. Geld wurde nicht angenommen. Manwies mir den Weg zu Fahrradhändler Kamps.In der kleinen Werkstatt wurde mein Schlauchgeflickt. Bezahlung wurde auch hier abge-lehnt. Aber Flickzeug und eine Tube Gummi-lösung wurden mir geschenkt. Das war damalseine Kostbarkeit.

In Wilsum suchte ich die Gastwirtschaftauf, weil mein Gottesdienst erst um 13.00 Uhrbegann. Ich bestellte mir Tee, erhielt ihn, …und dazu Schinkenbrote. Ich machte daraufaufmerksam, dass ich keine Fleischmarken beimir hätte. Man winkte ab.

Herr Ridder sagte mir: ,Herr Pastor, wennSie nicht zum Gottesdienst unterwegs wären,bekämen Sie überhaupt nichts. Ihnen müssenwir helfen. Sie können doch nicht mit leeremMagen auf der Kanzel stehen. Sie sind kein Gastin der Gastwirtschaft, Sie sind Gast bei uns.‘

Diese Beispiele mögen verdeutlichen, wasdamals unter Hilfe, Unterstützung und Nächs-tenliebe in der Grafschaft verstanden wurde.

Beim Nachlesen und Zurückblenden stellteman mit Erstaunen und Verwunderung fest,dass einem viel Zeit zur Verfügung gestandenhaben muss. Das lag wohl daran, dass ,Stress‘noch nicht entdeckt war und so dieses Worteinen nicht kränken konnte. Das Abwehrmit-tel: ,unzumutbar‘ befand sich noch nicht imVerkehr.

Beim Unterwegssein zum Sammeln undBesuchen durfte man nicht vergessen, dassman auffind- und ansprechbar zu sein hatte.Das ging einem endgültig zumindest in jenemAugenblick auf, als man seine damals 14-jäh-

rige Tochter, die man wegen Arbeit abwim-meln wollte, sagen hörte: ,Vati, ich gehöreauch zu deiner Gemeinde.‘

Man kann nun dankbar für das voll-ge-füllte Hirtenhundeleben sein. Es war kein,Hundeleben‘. Und es waren alles andere als,Hundejahre‘.“

Lutherische Gottesdienste in den anderen Kirchen Am 22. Mai 1946 wird in Wilsum, Emlichheimund Hoogstede der Konfirmandenunterrichtaufgenommen. Die Zeiten richten sich nachden Fahrzeiten des „Quarkauto´s“, das dieMolkereien in der Niedergrafschaft abfuhr undden Pastor in diese Orte mitnahm.

Mit unseren Gottesdiensten nach lutheri-scher Ordnung wurden wir brüderlich von denev.-reformierten Gemeindekirchenräten auf-genommen. Es wurde auch erlaubt, dass wirauf den Abendmahlstisch Kruzifix und Leuch-ter stellten. In der Christvesper am HeiligenAbend brannten am Weihnachtsbaum Lichter.

Dass dies geschehen konnte, haben mancheKenner Grafschafter Art nicht für möglich ge-halten. Aber man ging eben mit den aus ihrenHeimatkirchen Vertriebenen barmherzig um. Sofand am Pfingstsonntag, den 9. Mai 1946 in derreformierten Kirche zu Hoogstede der erste Got-tesdienst für die lutherische Gemeinde statt.Von nun an gab es im 14-tägigen Rhythmus lu-therische Gottesdienste in Hoogstede.

Am 24. April 1947 bekommt der „Vertriebe-nen- bzw. Flüchtlingspastor“ wie Nitsche vonden Einheimischen bald genannt wird, von derbritischen Militärregierung für 46,– Reichsmarkein Motorrad Zündapp 200 (Baujahr 1928) zu-geteilt. Nun geht es mit dem Abhalten von Got-tesdiensten und den Besuchen wesentlichschneller als mit der „Fietse“. Allerdings ist esauch vorgekommen, dass sich der Pastor amheißen Auspuff den Talar versengt hatte, alszwischen den Gottesdiensten in den verschie-denen Orten keine Zeit zum Umziehen war.

Nach einer Lungenentzündung Ende De-zember 1950 bekommt Pastor Nitsche vom ArztMotorradfahrverbot verordnet, sodass im Fe-bruar 1951 ein generalüberholter VW-Standardaus englischen Beständen angeschafft wurde.

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Beginnende BautätigkeitIn den ersten Jahren nach Kriegsende kamkein Lutheraner in der Niedergrafschaft aufdie Idee, eine eigene Kirche oder gar ein Ge-meindezentrum zu bauen. Zum einen wärejede avisierte Baumaßnahme zu jener Zeitzweifelsohne an der mangelnden finanziellenGrundlage gescheitert. Doch wozu auchbauen? Schließlich wollte man ja in die ange-stammte Heimat in Deutschlands Osten zu-rück, aus der man einst vertrieben wurde oderHals über Kopf flüchten musste und wo manoftmals Häuser, Bauernhöfe, das ganze Habund Gut und eben auch die Kirchen, abernicht den Glauben zurückgelassen hatte.

Erst mit der Zeit setzte sich (besonders beiden nachfolgenden jüngeren Gemeindeglie-dern) die Erkenntnis durch, dass die politischenVerhältnisse eine Rückkehr in die Heimat un-möglich machten und man sich dieser unab-wendbaren Realität zu stellen hatte.

Nachdem die lutherische Gemeinde in Em-lichheim, mit der Hoogstede wie anfangs be-schrieben im Seelsorgebezirk Niedergrafschaft-Nord vereint war, am 7. November 1954 an derMühlenstraße ihre neu erbaute Friedenskircheweihen und beziehen konnte, mussten dieHoogsteder Lutheraner noch einige Jahre ihreGottesdienste in den anderen Kirchen (vor-nehmlich der reformierten) abhalten oder all-sonntäglich nach Emlichheim fahren.

Die „eigene“ Kirche entstehtSo reifte mit den Jahren auch in Hoogstededer Wunsch nach einem eigenen Kirchenge-bäude. Hier musste man jedoch mit den ge-ringen finanziellen Mitteln das größtmöglicheherausholen. An ein separates Gemeindezent -rum neben einer Kirche war aus den erwähn-ten Kostengründen nicht zu denken.

Nachdem man von den Hoogsteder Ehe-leuten Albert Jan und Hindrikin Keute ein geeignetes Grundstück am Dorfrand an derHauptstraße in Richtung Ringe kaufen konnte,musste ein geeigneter Architekt gefunden wer-den, der aus den vorhandenen (oder besser:kaum vorhandenen) Mitteln das Beste heraus-holen konnte. Dies erwies sich schwerer als ge-dacht. So gab der Architekt Zobel seinenAuftrag zurück, da die relativ kleine Kirchen-gemeinde seine Pläne nicht bezahlen konnte.

In dem Architekten Eugen Stamm aus Ge-orgsmarienhütte fand man dann jemanden,dessen wohldurchdachter Entwurf für einenKirchenbau vorbehaltlos angenommen wer-den konnte. Stamm löste das Problem, mit ge-ringstem Bauvolumen den erforderlichenRaumbedarf (Kirche im Obergeschoss und Ge-meinderaum mit Küche, Toilette und Büro imErdgeschoss) zu decken.

So entstand das unter Ausnutzung des Da-ches zweigeschossige Gebäude, das dreiseitigin den Eschboden hineingestellt wurde, wasbei den Fundamenten erhebliche Mehrkostenverursachte.

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Grundsteinlegung für die

Thomaskirche im Mai 1960. Pastor Nitsche

(mit Barrett)

Kirchenbaustelle Spätsommer 1960 (vgl. zwei Bilder weiter)

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Der ursprüngliche Plan eines Gemeinde-zentrums mit Kirche und Gemeindehaus ineiner Ebene scheiterte – wie erwähnt – amGeld. Es gäbe aber auch nicht die, trotz dergeringen Maße des Gesamtgebäudes, großzü-gig zugeschnittenen Räume.

Eugen Stamm arbeitete mit zwei Trapezenim Grundriss. Weiten und Sammeln sind zu-gleich da. Was sich in der Wandführung ab-spielt, wiederholt sich in der Höhe. Die Deckesteigt und fällt: Hut – Schutz – Schirm: behü-tet – beschützt – beschirmt.

So ist die Kirche in ihrem Stil an die da-mals hier üblichen „Heuerhäuser“, mit Wohn-trakt und angrenzender Diele, angelehnt.

Am 25. März 1960 wurden die Maurerar-beiten an das Bauunternehmen Kwade ausRinge vergeben, die Zimmererarbeiten führtedie Firma Dietrich Stegink, Emlichheim, aus.Im Mai des gleichen Jahres erfolgte dieGrundsteinlegung. Die künstlerische Ausge-staltung der Kirche erfolgte nach den Ent-würfen des Nordhorner Künstlers Hans Ohlms.

Endlich Einzug 1961Ab Ende 1960 führte die lutherische Ge-meinde Hoogstede einen eigenen Haushalt.Am 15. Januar 1961 erfolgte in einem Fest-

gottesdienst die Einweihung der ThomaskircheHoogstede durch Landessuperintendent Dege-ner. Dazu läuteten die Glocken der reformier-ten Kirche Hoogstede, in der man über 15Jahre mit eigenen lutherischen Gottesdienstenzu Gast sein durfte.

Aus Kostengründen wurde beim Neubau derThomaskirche auf einen Glockenturm verzich-tet. So rufen bis in die heutige Zeit sonntags dieGlocken der benachbarten altreformierten Kir-che kurz vor 9.00 Uhr die Hoogsteder Luthera-ner zum Gottesdienst.

Am darauffolgenden Sonntag, dem 22. Ja-nuar 1961, begann der Gottesdienst in derneuen Kirche um 9.00 Uhr und in der Frie-

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Blick in den Gemeinderaum im Erdgeschoss

Die fertiggestellte Kirche Anfang der 1960er Jahre vom Grundstück Keute aus gesehen

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denskirche Emlichheim um 10.30 Uhr. An die-sen Anfangszeiten hat sich in all den vergan-genen Jahren nichts verändert.

Mit der Gründungsurkunde der pfarramt-lich verbundenen Muttergemeinden Hoog-stede und Emlichheim vom 24. Oktober 1961erhielt die Hoogsteder Thomaskirchenge-meinde ihre formelle Selbstständigkeit.

Längst hatte Pastor Nitsche aufgrund seinerregen Bautätigkeit in Emlichheim (Pfarrhaus,Grenzlandheim, Küsterhaus, Kirche) und da-nach die neue Kirche in Hoogstede neben dembereits erwähnten Spitznamen „Flüchtlingspas -tor“, einen weiteren Namen von der einheimi-schen Bevölkerung bekommen: „Baupastor“.War die erste Titulierung keineswegs respektlosoder abfällig gemeint, so zeugte die letztere Be-zeichnung von hoher Wertschätzung. Späterwurde er auch noch „Reisepastor“ genannt.Nach der privaten Anschaffung eines Wohn-wagens (Wer hatte so etwas zur damaligen Zeitin der Niedergrafschaft schon!), unternahm Pastor Nitzsche ausgedehnte Urlaubsreisen, dieihn weit über Deutschlands Grenzen ins Aus-land führten.

Das „Innenleben“ der ThomaskircheWie an vorhergehender Stelle bereits genannt,wurde die künstlerische Ausgestaltung derKirche dem Nordhorner Künstler Hans Ohlmsübertragen, der sich bereits mit seinen Arbei-ten an anderen Sakralbauten in Niedersachseneinen hervorragenden Ruf erworben hatte.

Man kann in der Nachbetrachtung nurfeststellen: Hans Ohlms war ein absoluterKönner seines Fachs und ein wahrer Glücks-griff für die Hoogsteder Lutheraner.

Nach dem Verständnis lutherischen Be-kenntnisses gehört neben dem „Hören“, Pre-digt, Gesang und Lesung, gleichwertig auchdas „Sehen“, also die entsprechende Ausge-staltung einer Kirche. Dazu gehört für Luthe-raner wenigstens ein Blatt aus der Bilderbibel.

Das wurde in den reformierten Kirchen-räumen, die von streng calvinistischer Prä-gung ist, doch sehr vermisst. Die bildendeKunst hilft, sich des Gehörten zu erinnern,regt zum Nachsinnen an und führt zum Spre-chen mit Gott.

Könnte man bei der Gestaltung und Ein-richtung von Gemeindehäusern noch dem ei-genen Geschmack, den eigenen Vorliebenvertrauen und nach eigenem Gutdünken dieEinrichtung und Ausstattung vornehmen, sosollte man zumindest in einer Kirche bei derAusgestaltung einen Künstler zu Rate ziehen.

Allerdings kann man in das künstlerischeWerk eigene Vorstellungen der Gemeinde (je-doch immer in enger Absprache mit dem be-auftragten Kunstexperten) einfließen lassen.

Die Glasmalerei des Ostfensters, im Erdge-schoss 2,4 m x 2,4 m und weiter nach oben inden Kirchenraum übergehend 2,4 m x 5,96 m,somit insgesamt knapp 8,4 m x 2,4 m groß,wurde nach den Entwürfen Hans Ohlms´ vonden Vereinigten Werkstätten August Wagnerin Berlin/Neukölln ausgeführt. Ebenso dasChristus-Mosaik 2,0 m x 0,8 m groß, von demdie Thomaskirche ihren Namen hat. Ohlmsschlug vor: „Christus für Thomas“ in Mosaikals Mauerdurchbruch zu gestalten. So bekamder Nicht-im-Tod-Gebliebene seinen Platz ge-genüber dem Treppenaufgang.

Der Auferstandene spricht den „Thomasvon heute“ mit den gleichen Worten wie den

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Das Glasfenster im Kirchenraum mit Taufbecken

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Thomas von damals an: „Reiche mir deinenFinger und siehe meine Hände und reiche deineHand her und lege sie in meine Seite und seinicht ungläubig, sondern gläubig.“ Und er ent-lässt ihn mit den Worten: „Selig sind, die nichtsehen und doch glauben“ (Joh. 20, 24–29).

Der Weg zum Platz in den Kirchenbänkenführt zum Taufbecken (zur Taufe zu). Das solluns daran erinnern, dass gesagt ist: „Fürchtedich nicht, denn ich habe dich bei deinemNamen gerufen; du bist mein“ (Jes. 43,1).

Das kupferne Taufbecken, einer Wiege nach-empfunden, ebenfalls von Hans Ohlms entwor-fen, wurde in der Werkstätte Falger, Münster i. W. gefertigt. Architekt Eugen Stamm machtees der Thomaskirchengemeinde zum Geschenk.

Die Bänke, auf dem in den 1980er Jahrendurch Parkett ersetzten, ehemals grünen Tep-pichboden, deren Sitzhöhe von hinten nachvorn zu vom Stuhl- auf Sesselmaß absinkt,sind in einem Block zusammengefasst.

Auf der Mittelachse steht der Altar, dessenFuß und Platte aus Sichtbeton gefertigt ist. Erruht auf einem dreistufigen Sockel. Dahinter diegroße sandsteinfarbene Wand, aus Ziegelstei-nen errichtet, an der das kleine blau-goldeneEmaillekreuz förmlich zu schweben scheint.

Links davon die kleine, ebenfalls aus gel-ben Ziegelsteinen gemauerte Kanzel.

Das Buntglasfenster rechts vom Altar undsomit hinter dem Taufbecken ruft ins Ge-dächtnis zurück: „Gott gibt täglich Brot, auchwohl ohne unsere Bitte. Aber wir bitten in die-

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Das Christusmosaik am Treppenaufgang zum Kirchenraum

Kircheninnenraum (links Kanzel, mittig Altar) vom Orgelboden aus betrachtet

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sem Gebet, dass er es uns erkennen lasse undwir mit Danksagung empfangen unser täglichBrot“ (Luthers kleiner Katechismus, 3. Haupt-stück, 4. Bitte).

Das Besondere an diesem Fensterbild sindjedoch seine Motive. So findet man unter an-derem die Abbildung einer Ölpumpe, wie mansie besonders um Hoogstede des Öfteren sieht,sowie sogenannte „Getreidepuppen“.

Das Fensterbild, welches aufgrund seinerAnordnung an der Ostseite, besonders durchdie Vormittagssonne dem Betrachter von derInnenseite mit seiner Lebendigkeit und Viel-falt in Bann zieht, zeichnet die hiesige Le-benswelt ebenso nach wie die, die man durchFlucht und Vertreibung aus DeutschlandsOsten dort hat zurücklassen müssen.

Aus den Erinnerungen des Künstlers Hans Ohlms„Im Winter 1971 besuchte mich Pastor Nitscheund gab mir meinen Begleitbrief zum Hoog-steder Fensterentwurf im Original, den er beiseiner Pensionierung bewusst nicht bei denkirchlichen Akten zurückließ. Nach vielenJahren wieder gelesen, kam es mir vor, alshätte ich das Vaterunser, das ich als katholischerzogenes Kind selbstverständlich kannte, inden Jahren des Jünglings, der Zeit des DrittenReiches, den sieben Jahren Soldat-sein ver-gessen und nun mühsam aus Bruchstückenstammelnd zu rekonstruieren versucht. Ichdanke Pastor Nitsche für seine Feinfühligkeit.

Wenn ich den Text unkorrigiert trotz seinerIntimität der Öffentlichkeit preisgebe, dannaus dem Grund, weil er das Kirchenfenster,von unten nach oben‘ erklärt und die ständiggestellte Frage beantwortet, ,was man sichdenn dabei gedacht habe‘, auch vermag ermeine damalige innere Situation zu kenn-zeichnen:Lieber Gott, gib uns unser täglich unser Brotund lass uns unsere alten Eltern speisen dürfen.Gib auch unseren Tieren, die uns dienen, einreichliches Futter.Hilf uns Handwerkszeug erfinden, dass wir recht helfen können.Kleide uns, dass wir nicht frieren müssen.Erhalte den Neugeborenen die Mutter.

Schenke uns Wasser, uns zu reinigen und den Durst zu stillen.Lass die Bäume grünen und uns wie sie in Deiner Gnade wachsen.Halte unser Heim in Frieden und lass uns Heimat finden.(Erhalte uns die Gewohnheit, Deiner im Abendmahl innig zu gedenken.) Gib uns Licht und einen hellen wachen Geist.Gib uns Arbeit und lass uns in der tiefen Erdeund in der hohen LuftDeine Gaben finden.Erhalte uns das Lachen der Kinder und deren reine Herzen.Mach uns leicht und lass uns lustig singen, wie es die Vögel tun.Erfreue uns weiter mit saftigen Früchten.Gönne uns die Kunst, damit wir Dich loben können.Lass uns reifen wie Korn in harter Sonneund bewahre uns den Glauben, von den Toten einst auferstehen zu dürfen,um zu Dir, unserem Vater, zurückzukehren,von dem wir kommen. Amen.“Da schreibt Hans Ohlms: „… gönne uns dieKunst, damit wir Dich loben können, …“ Ichdenke, diese Bitte wurde in und mit der Tho-maskirche erhört.

Unsere PastorenDa die beiden Kirchengemeinden Emlichheimund Hoogstede zwar selbstständig, aber pfarr-amtlich verbunden sind, trägt der in Emlich-heim wohnende jeweilige lutherische Pastorauch für die Anliegen und Belange der Hoog-steder Lutheraner Verantwortung.

Günther Nitsche, Pastor von Mai 1946 bis April 1976.Nitsche wurde am 12. Februar 1911 in Neu-stadt (Oberschlesien) geboren. Studium derTheologie in Breslau und Leipzig.Nach Kriegsgefangenschaft in den USA, seineFamilie war inzwischen aus Schlesien vertrie-ben, überträgt ihm die Hannoversche Landes-kirche den pfarramtlichen Dienst über dendamaligen Seelsorgebezirk NiedergrafschaftNord.

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Ehepaar Nitsche verließ Emlichheim/Hoog-stede nach beinahe 30 Jahren segensreichemDienst am 3. Mai 1976 und zog nach Schee-ßel in die Nähe seiner Kinder. Pastor Nitsche wurde im Juni 2000 von sei-nem Schöpfer in die Ewigkeit abberufen.

Vakanzvertretung von Mai 1976 bis Oktober 1977: Pastor Arnecke, Twist

Peter Lüdtke, Pastor vom 1. November 1977 bis 30. August 1980.Studium an der Theologischen AkademieCelle. Zum Pastor ordiniert am 6. November1977 in der Friedenskirche Emlichheim.Lüdtke verließ aus familiären Gründen dieNiedergrafschaft, lebte in den letzten Jahrenin Hildesheim-Ochtersum. Dort wurde er am29. Juli 2004 in die Gnade des Herrn gerufen.

Vakanzvertretungvon September 1980 bis Oktober 1981:Pastor Arnecke, TwistPastor Kohnert, DalumPastor Craemer, Neuenhaus

Reinhard Riemer, Pastor von November 1981 bis Juni 1987.Kam aus dem Dienst bei der Missionsgesell-schaft, für die er mehrere Jahre in Kondoa/Tansania tätig war, zum Seelsorgedienst nachEmlichheim und Hoogstede. 1987 wurden Pastor Riemer, zusammen mitseiner Frau, die ebenfalls Pastorin ist, erneutin den Missionsdienst nach Afrika berufen.

Vakanzvertretungvon Juli bis August 1987Pastor Kohnert, Dalum

Bernhard Pippiers, Pastor von September 1987 bis Juli 1993.Geboren 1956 in Großenwörden bei Himmel-pforten im Landkreis Stade. Theologiestudiumin Göttingen, September 1987 in Veldhausenordiniert, bis 1990 erst als Hilfspastor, danachPfarramtsinhaber in Emlichheim und Hoog-stede.

Vakanzvertretung von August 1993 bis Januar 1994 Pastor Kohnert, Dalum

Dr. Frank Frühling, Pastor von Februar 1994 bis Februar 2000Geboren in Ostfriesland. Frau Frühling hatteab Anfang 1992 eine Lehrerstelle am Gymna-sium Emlichheim inne. Frank Frühling war indieser Zeit noch als Gemeinde- und Berufs-schulpastor in Ostfriesland, später als Studen-tenpastor in Osnabrück tätig.Im Jahr 2000 nahm er in Holzminden im We-serbergland die Stelle als Superintendent an.Pastor Dr. Frank Frühling ist mittlerweile alsMinisterialrat im Innenministerium des Lan-des Niedersachsen in Hannover tätig.

Vakanzvertretungvon März bis November 2000Pastor Kohnert, Dalum

Arnold Magdanz, Pastor seit Dezember 2000Geboren 1954 in Altenau im Harz. Aufge-wachsen in Hessen. Studium an der Theologi-schen Akademie in Hermannsburg und Celle.Erste Pfarrstelle in Cadenberge/Wingst. ZwölfJahre als Militärpfarrer in den Bundeswehr-standorten Fassberg und Schwanewede, vondort aus eingesetzt unter anderem als Seelsorgerwährend der Kurdenhilfe im Bakhtavan/Iranund in einem UN-Hospital in Kambodscha.Nach eigenen Aussagen hat sich Pastor Mag-danz als Ziel gesetzt, viele Jahre in Emlichheimund somit auch in Hoogstede bleiben zu wol-len: „Wenn es Emlichheim (und Hoogstede)nicht geben würde, müsste man es erfinden,denn eine solche vielschichtige und facetten-reiche Gemeinde gerade in ökumenischer Sichtmuss man erst einmal finden! Hier kann manals Pastor viel lernen und manches bewegen,denn diese Gemeinde ist beweglich!“ (Ich meine: Recht hat er!)

Unsere Küster und KüsterinnenErnst Steiner, HoogstedeKüster von 1961 bis 1977Gerda Leuchtmann, HoogstedeKüsterin von 1977 bis 1990

8DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN

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Jennegien Barth, HoogstedeKüsterin von 1990 bis 2000Renate Hesselink, Ringe-NeugnadenfeldKüsterin seit 2000

Gemeindeleben jetzt und heuteDerzeit gehören zur ev.-luth. Thomaskirchen-gemeinde rund 370 Gemeindeglieder, dieneben den sonn- und feiertäglichen Gottes-diensten auch auf ein vielfältiges Angebot anGruppen und Kreisen zurückgreifen können.

So gibt es neben der Jugendgruppe, demFrauenkreis I und dem Frauen- und Mütter-kreis, den gemeinsamen Frauenkreis mit denanderen Kirchengemeinden.

Des Weiteren organisieren in regelmäßigenAbständen Gemeindemitglieder, die aus denNiederlanden nach Hoogstede gezogen sind,Informationsveranstaltungen und Deutsch-kurse für niederländische Mitbürger.

Die ökumenische Zusammenarbeit zwi-schen den verschiedenen Konfessionen verläufterfreulicherweise weitestgehend problemlos,wofür wir sehr dankbar sind. Das beinhaltetnicht nur gemeinsame Gottesdienste und An-dachten aller Hoogsteder Kirchen und den allezwei Jahre stattfindenden und bislang jeweilswechselseitig in der Thomas- und in der altre-formierten Kirche durchgeführten Konzert-gottesdienst des Kinder- und Jugendchores un-serer ev.-luth. Partnergemeinde aus Drebach imErzgebirge.

Ebenfalls zeugen die unter dem Motto„Nachbarn laden Nachbarn ein“ in regelmäßi-

gen Abständen veranstalteten Nachbarschafts-treffen für Bewohner der um die altreformierteund lutherische Kirche entstandenen Neubau-gebiete und „Alteingesessenen“, von der frucht-baren und vertrauensvollen Zusammenarbeitüber die Konfessionsgrenzen hinweg.

Auch zum Kreiswettbewerb: „Unser Dorf hatZukunft“ im Juni 2008 präsentierten sich allevier Hoogsteder Kirchengemeinden gemeinsamin der reformierten Kirche mit einer kurzenVorstellung, einigen sakralen Gegenständensowie Bild- und Texttafeln den Juroren.

Stand die Thomaskirche bis vor kurzer Zeitnoch am westlichen Rand von Hoogstede, so-zusagen fast einsam in den Feldern, so ist sie,bedingt durch neue, schnell wachsende Bau-gebiete mehr und mehr in die Dorfmitte ge-rückt. Aber wie sagt der Volksmund sotreffend: „Nun lasst mal die Kirche im Dorf!“Ich denke, und das gilt für alle vier Hoogste-der Kirchen: Genau da gehören sie auch hin.

QuellenUnterlagen von Pastor Nitsche Gespräche mit ZeitzeugenDaten der ev.-luth. Kirchengemeinde Emlichheim und Hoogstede,Arno Piechorowski: Hans Ohlms Arbeiten für den sakralenRaum, Armin Vaas Verlag, Langenau-Albeck 1981Broschüre 50 Jahre ev.-luth. Friedenskirche Emlichheim

DIE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHENGEMEINDE

Kirchenvorstand der lutherischen Thomaskirche in 2008Derzeit gehören dem Kirchenvorstand sechs Mitglieder an. Von links: Kerstin Warmer, Dieter Czypulowski, Erna Engler, Karin Barth, Ute Suhr und Reinhard Golde.Rechts Pastor Arnold Magdanz

Die ev.-lutherische Thomaskirche

im Frühling 2008

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Kirchliches aus Zeitung und Anzeigenblatt 1885–1922Kreisblatt für den Kreis Grafschaft Bentheim

Zusammengestellt von Johann Jeurink

Hoogstede, 23. August 1902 Um was sich nicht alles ein Pastor bemühteEs erkrankte kürzlich die dreizehnjährigeTochter des Landwirthes K. in B. an einemschweren Halsleiden. Da die Gefahr des Er-stickens immer größer wurde, wurde dieselbe,als ich abends zu ihr gerufen wurde, auf meinDrängen noch während der Nachtzeit in dasKrankenhaus zu Nordhorn gebracht. Da Ge-fahr im Verzuge war, nahm der dortige Dr.med. Rönink noch in der Nacht die Operationvor. Dieselbe gelang vollständig, und befindetsich das Mädchen bei der geschickten Be-handlung des genannten Arztes und der sorg-fältigen Pflege der dortigen Schwestern in derGenesung, so daß baldige vollständige Hei-lung zu erhoffen steht.

Da noch ein anderer Kranke aus meinerGemeinde in demselben Krankenhaus war,nahm ich später die Gelegenheit wahr, das-selbe zu besuchen. Alles was ich dort sah undhörte, machte auf mich den günstigsten Ein-druck. Ich fühle mich dadurch aus freiem An-triebe veranlaßt, von dieser Stelle aus fürvorkommende ähnliche Krankheitsfälle dasevangelische Krankenhaus zu Nordhorn zuempfehlen. Nyhuis, Pastor

Hoogstede, 5. Juni 1905 Auch früher gab es spendable BürgerDie hiesige reformierte Kirchengemeinde wurdein letzterer Zeit durch ein ihr gewordenes,wertvolles Geschenk freudig überrascht. DieFrau Witw. Gastwirt Laarmann von hierschenkte der hiesigen Kirche eine schon längstbegehrte Turmuhr mit zwei Zifferblättern. Dievon der Firma Korfhage in Buer bei Osnabrück

angefertigte und durch den Uhrmacher Borg-greve in Veldhausen gelieferte Uhr ist sehr so-lide und akkurat gearbeitet. Sie geht bis jetzttadellos, und hört man den Glockenschlag inweitem Umkreise. Um die Symmetrie amKirchturme zu bewahren, hat der Kirchenratzwei weitere Zifferblätter anbringen lassenund gereicht nunmehr das Uhrwerk auch äu-ßerlich dem vor einigen Jahren neu erbautenTurme zur Zierde. Möge die Turmuhr derspendablen Geberin, die sich mit derselben einbleibendes Gedächtnis in der Gemeinde ge-schaffen hat, noch manche freudige undglückliche Stunde schlagen.

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Die Ev.-reformierte Kirche um 1920, Ausschnitt aus einer colorierten Postkarte

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Arkel, 26. November 1917 Das Ende der Ära „Nyhuis“Heute wurde hier unter großer Beteiligungunser langjähriger Prediger, Herr Konsistorial-rat Nyhuis, auf dessen Ableben unsere Zeitungschon hingewiesen hat, zu Grabe getragen.

Unter dem Trauergefolge bemerkten wirzahlreiche Geistliche beider Konfessionen undviele Lehrer, besonders auch viele Herren ausNeuenhaus und Nordhorn, sowie einen Vertre-ter der Königlichen Regierung aus Osnabrück.

Die Gemeinde, an der der Entschlafene fast51 Jahre hindurch gewirkt hatte, war äußerstzahlreich vertreten. Im Trauerhause hielt Pas -tor Hold eine kurze Andacht, in der dicht ge-füllten Kirche Pastor Bode die Gedächtnisredeüber Luc. 12, 35-37. Letzterer verwies u.a.darauf, daß schon der Vater des Entschlafe-nen ca. 40 Jahre an der neu gegründeten Kir-chengemeinde Arkel gewirkt habe, Vater undSohn also zusammen – nach 7 Jähriger Un-terbrechung – 90 Jahre hindurch das Predigt-amt an derselben Gemeinde verwaltet hätten. Außerdem sei der Entschlafene über 30 Jahrelang Kreisschulinspektor der Niedergrafschaftund etwa 10 Jahre hindurch Vorsitzender desreformierten Oberkirchenrats, Mitglied desevangel. Konsortiums und Vorsitzender der

reformierten Klassis gewesen und habe alssolcher stets die Interessen der von ihm soheiß geliebten und ihm so innig vertrauten en-geren Heimat vertreten … Wir aber scheidenvon seinem Grabe mit dem Wunsche: Er ruhein Frieden und das ewige Licht leuchte ihm.

Hoogstede, 22. Juni 1919 Ein freudiges EreignisNach fast zweijähriger Vakanz erhält die ref.Kirchengemeinde Arkel endlich wieder einenneuen Seelsorger. Der anstelle des im Novem-ber 1917 hier verstorbenen langjährigen Pas -tor Konsistorialrat Nyhuis gewählte PredigerOtto Voget aus Bedekaspel (Ostfr.) wird vor-aussichtlich am Donnerstag hier eintreffenund am kommenden Sonntag in sein Amt ein-geführt. Für die so lange verwaiste GemeindeArkel bedeutete die Ankunft des neuen Pas -tors ein Freudentag, und die Gemeindegliederwerden es sich nicht nehmen lassen, ihn freu-dig und festlich zu begehen. Um den neuenSeelsorger hier rasch heimisch werden zu las-sen und ihm den Aufenthalt so angenehm wie

KIRCHLICHES AUS ZEITUNG UND ANZEIGENBLATT 1885 – 1922

Pastor Otto Voget und Familie, mit sechs Kindern am 8. Oktober 1939: Hans Joachim, Cornelia, Pastor Otto Voget, Ajold, Ulrike, Friedchen, davor Erdmuthe und Frau Paula Voget geb. Ziethe

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möglich zu gestalten, hat man das Pfarrhauseinem gründlichen Umbau unterzogen. HerrPastor Voget ist der Grafschaft kein Fremder.Zu Anfang des Krieges war er in Nordhorn alsKandidat tätig. Zwei seiner Brüder sind eben-falls Grafschafter Prediger, und zwar in Ge-orgsdorf und Laar.

Arkel, 10. Dezember 1919 Grund genug zu feiernAm letzten Sonntag feierte die ev.-reformierteKirchengemeinde Arkel das Fest ihres 100-jährigen Bestehens. Die Concession, einen ei-genen Prediger an der Capelle zu Arkelanzustellen ist datiert vom 30. August 1819;der erste Pastor der Gemeinde, JohannesBernhardus Theodor Nyhuis wurde im AnfangDezember 1819 eingeführt. So wurde der Ju-biläumstag auf diesen Sonntag festgesetzt.

... Als erster Redner eröffnete der Ortspre-diger die Feier mit der Festpredigt über 1. Petri2, 4–10. … Unter anderem wurde auch derverstorbenen Vorgänger Konsistorialrat Ny-huis, seines Vaters und des Pastors L.H.E. Lu-cassen gedacht.

… Danach kamen dann noch Konsistorial-rat Stokmann aus Bentheim, der BentheimerOberkirchenrat Dr. Hollweg aus Gildehaus undP. Stockmann aus Veldhausen zu Wort.

Zum Schluß bestieg P. Weusmann aus Em-lichheim die Kanzel, um zugleich im Namender beiden mit erschienenen KirchenältestenAlferink und Kwade die Grüße der Mutterge-meinde Emlichheim der feiernden Tochterge-meinde zu entbieten.

Anschließend an Ps. 122. 6.7 zeigte derRedner unter dem Bilde der Entlassung einerTochter zur Ehe, wie es der Tochtergemeindein ihrer Ehe mit dem himmlischen Bräutigamergangen sei. Sie habe nicht Wohnungsnotgelitten, und die Aussteuer – die Kleider desHeils – seien reichlich vorhanden allezeit, undam täglichen Brot habe es ihr nicht gefehlt, inder Gemeinschaft mit dem der das Brot desLeibes ist.

Gewiß ist es der Muttergemeinde nochheute wehmütig, daß die Lostrennung hatstattfinden müssen, doch sind die Bande, dieEmlichheim und Arkel noch heute verbinden,

so stark, daß nur Freude sein kann über dasWohlergehen und Wachsen der Tochterge-meinde.

…Von besonderer Bedeutung war der Got-tesdienst auch dadurch, dass in ihm zum letz-ten Mal holländisch gesungen wurde. Um derJugend willen hauptsächlich ist der deutscheKirchengesang beschlossen und soll vomnächsten Sonntag ab eingeführt werden.

Doch – ob holländisch oder deutsch – dasrechte Lob steht nicht in Worten, sondernkommt vom Herzen zu dem, der Seine Ge-meinde segnete dieses ganze Jahrhundert hin-durch.

Hoogstede, 2. Januar 1923 In unserer ref. Kirche werden alljährlich etwa60 Kirchensitze verpachtet. Noch in keinemJahr ist auch nur annähernd ein derartigerMietbetrag erzielt wie für 1923. Die Mietenbringen rund 170.000 Mk. auf.

Hoogstede, 12. Dezember 1924 Mit großer Freude konnte die reformierte Ge-meinde Arkel am 2. Advent zum ersten Malewieder durch ihre zwei neue Glocken zumGottesdienst geladen werden. Zur Erinnerungan die Ursache des Glockenwechsels steht aufden Glocken der Reim: „Als Denkmal der Brü-der, erneut nach dem Kriege – so rufet unswieder zum Kampf und zum Siege!“ Daßdabei nicht an eine neue Kriegszeit gedachtist, sondern an „den Kampf, der uns verordnetist“, besagen die Sprüche, die die Glocken zie-ren: Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furchtund Zittern“, Phil. 2:12 und „Lobe, Zion, dei-nen Gott“ Ps. 147:12. Mögen diese Glocken-töne der Gemeinde recht tief ins Herz hineinklingen, zu ihrem Heil und zur Ehre Gottes!

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