Die Villa Romana – Ein Künstlertraum? Nicole MeNde Das ... · PDF fileDie Villa Romana – Ein Künstlertraum? Das wiedereröffnete Künstlerhaus aus dem Blickwinkel der Stipendiaten

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  • Die Villa Romana Ein Knstlertraum? Das wiedererffnete Knstlerhaus aus dem Blickwinkel der Stipendiaten von 1959 bis 1970 Die Wiedererffnung Am 21. Juli 1953 war es soweit! Es war dem Villa Romana-Verein mit Untersttzung von Hans Purrmann und dem Bundesprsidenten Theodor Heuss gelungen, das Knstlerhaus Villa Romana in Florenz durch Beschlu des Interalliierten Komitees in Rom1 zurckzuerlangen. Auch wenn es danach noch fast sechs Jahre dauern sollte, bis erneut deutsche Knstler als Stipendiaten nach Florenz eingeladen werden konnten, war damit die Grundlage fr die Wiedergeburt einer der bedeutendsten, auf privates Engagement zurckgehenden Auszeichnungen fr bildende Knstler in Deutschland geschaf-fen. Bereits die Rckgewinnung der Immobilie auf juristischer Ebene hatte eine groe Signalwirkung auf die Kunst- und Kulturszene. Die Wiedererffnung der Villa im Frhling 1959 war ein Ereignis, dessen Bedeutung fr die westdeutsche Kulturlandschaft nicht hoch genug eingeschtzt werden kann. Im Deutschland der Nachkriegszeit wurde der Vorgang als ein weiterer Schritt in Richtung Normalitt gewertet. Bis zum Tag der Erffnung waren von Seiten des Vereins und seiner Frderer allerdings noch erhebliche Anstrengungen zu unternehmen: Erst nachdem im Dezember 1953 die Beschlagnahme seines mobilen und immobilen Eigentums durch den Prfekten der Stadt Florenz rckgngig gemacht worden war, konnte der Villa Romana e.V. beginnen, die whrend des Krieges in der Villa einquar-tierten Flchtlingsfamilien zum Verlassen des Hauses zu bewegen.2 Parallel zu diesen Bemhungen initiierte Hermann Herold als Vorsitzender gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Villa Romana-Vereins 1954 die Verlegung des Vereinssitzes von Berlin nach Dsseldorf, um einem mglichen Zugriff der DDR-Regierung auf das Vereinsvermgen vorzubeugen.3 In Dsseldorf wurde whrend der ersten Mitgliederversammlung nicht nur die Neufassung der Satzung unter Anpassung an die Zeitverhlt-nisse beschlossen, sondern zugleich die Struktur des Vereins thematisiert.4 Neben Hermann Herold gehrten Gustav Stein als Schriftfhrer und Eberhard Claus Freiherr von Ostman als Schatzmeister dem Vereinsvorstand an. Im Beirat engagierten sich u.a. mit Hermann J. Abs, Manfred Klaiber, Eberhard Hanfstaengl sowie Gerhard Marcks und Hans Purrmann Vertreter des Finanzwesens, der Politik sowie der Kultur- bzw. Kunstszene fr die Geschicke des Vereins.5

    Zu den primren Zielen der neuformierten Vereinigung gehrte die Wiederherrichtung des durch die Kriegswirren baulich verwahrlosten Gebudes. Die wesentliche Voraussetzung fr den Be-ginn der dringend notwendigen Baumanahmen war der Auszug der Mieter, der Mitte 1956 abgeschlos-sen wurde.6 Meist hatte man die Bewohner des Hauses nur durch die Zahlung hoher Ablsesummen dazu bringen knnen, auf ihre umfnglichen Rechte zu verzichten, die ihnen nach der italienischen Gesetzgebung zustanden.7 Die Bemhungen um eine mglichst rasche Instandsetzung des Gebudes reichten von massiven Rekonstruktionsmanahmen an der Bausubstanz bis zur Ausstattung der Ateliers und Knstlerwohnungen mit angemessenem Mobiliar. Als am 12. Mai 1959 die Villa Romana zum drit-ten Mal in ihrer Geschichte8 in Anwesenheit zahlreicher Ehrengste offiziell als Knstlerhaus erffnet wurde, waren bereits die ersten Preistrger anwesend: Die Namen der jngsten Stipendiatengeneration lauteten: Theodor Bechteler, Peter Herkenrath, Carl-Heinz Kliemann und Toni Stadler (ABB. 071).9 Die Villa Romana unter der Leitung von Kurt Hermann Rosenberg Erfahrungen und Eindrcke der Preistrger von 1959 bis 1964 Parallel zur Renovierung und Neueinrichtung des Gebudes mute ein neuer Leiter des Knstlerhauses gefunden werden. Hans Purrmann, der sich von 1935 bis 1943 ehrenamtlich um die Stipendiaten des Villa Romana-Vereins gekmmert hatte, lehnte es aus gesundheitlichen Grnden ab, mit der Wieder-erffnung auf seinen frheren Posten zurckzukehren.10 Der Vorstand des Vereins mute somit eine Persnlichkeit finden, die der anspruchsvollen Aufgabe gewachsen war, die Villa Romana zu leiten, eine Persnlichkeit, die in der Lage sein sollte, zwischen den jeweiligen Stipendiaten eines Jahrgangs zu vermitteln, sie bei der Bewltigung des Alltags zu untersttzen und gleichzeitig den Austausch zwischen den Preistrgern und der Kunst Italiens zu initiieren und zu pflegen. Der neue Leiter der Villa Romana sollte den Preistrgern helfend zur Seite stehen, sie dabei untersttzen, ein eigenes soziales

    Nicole MeNde

    1 Bericht Hermann Herolds vom 19.8.1953;

    HADB, Sign. ZA 04/0056.

    2 Bericht Hermann Herolds vom

    14.12.1953; HADB, Sign. ZA 04/0056.

    3 Herold war am 30.3.1949 als Nachfolger

    H. A. Simons zum Vorsitzenden des Not-

    vorstandes des Villa Romana e.V. gewhlt

    worden. Vgl. dazu: FAZ vom 13.5.1959, S.

    14; HADB, Sign. ZA 04/0056; siehe auch:

    Notiz der Sekretrin Joachim Borcharts

    (Krzel: So.) vom 12.1.1967; HADB, Sign.

    ZA 04/0016.

    4 Die erste Mitgliederversammlung in Ds-

    seldorf fand am 20.12.1954 statt. Vgl. Pro-

    tokoll Hermann Herolds vom 31.12.1955

    der Mitgliederversammlung des Villa Roma-

    na e.V., Dsseldorf am 28.12.1955; HADB,

    Sign. ZA 04/0056; vgl. auch: Bericht ber

    das Jahr 1955, in: Jahrbuch Villa Romana

    1955, o.S.

    5 Ebd.

    6 Zu den Zwangsmietern gehrten u.a. die

    Witwe des italienischen Malers Memo Va-

    gagginis, der Maler Onofrio Martinelli, der

    niederlndische Restaurator Snyders und

    die deutsche Restauratorin Loesch-Bersche.

    Vgl. den Bericht Hermann Herolds vom

    5.11.1956 ber mehrere Versammlungen

    in Florenz vom 2.5.5.5.1956; HADB, Sign.

    ZA 04/0056 sowie das Protokoll Hermann

    Herolds der Mitgliederversammlung am 17.

    Dezember 1956; HADB, Sign. ZA 04/0056.

    7 Bericht Hermann Herolds vom 10.6.1954;

    HADB, Sign. ZA 04/0056.

    8 Nach der Grndung 1905 und der Wie-

    dererffnung nach dem Ersten Weltkrieg

    1929 brach 1959 eine dritte Phase in der

    Geschichte der Villa Romana an.

    9 Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges

    wurde der Beschlu gefat, fortan nicht

    mehr nur drei, sondern vier Knstler pro

    Jahr mit dem Villa Romana-Preis auszu-

    zeichnen. Zum Verlauf der Erffnungsfeier

    vgl. den entsprechenden Bericht Hermann

    Herolds; HADB, Sign. ZA 04/0004.

    10 Herman Herold an Karl Hartung vom

    ABB. 071 Toni Stadler, Plakette fr die Villa Romana, 1959, Bronze, : 8,5 cm, Inschrift recto: Villa Romana 12. Mai 1959, verso: Firenze. Im Auftrag der Preistrger berreichte Kurt Hermann Rosenberg whrend der Erffnungs-feier die Plakette an Hermann Herold. (HADB, Sign. ZA 04/0040)

  • und knstlerisches Netzwerk aufzubauen, und zugleich die Wirkung des Knstlerhauses in Florenz und darber hinaus verstrken. Als Kandidaten brachte der Bildhauer Karl Hartung, Vorsitzender des Deutschen Knstler-bundes und Mitglied des knstlerischen Beirats im Villa Romana e.V., bereits 1955 seinen Kollegen Kurt Hermann Rosenberg ins Gesprch.11 Rosenberg, der an der Berliner Kunstakademie eine Professur fr Kunst und Kunstgewerbe innehatte und kurz vor seiner Emeritierung stand, schien unter anderem wegen seiner aueruniversitren Verbindungen zur Kunstwelt sowie wegen seiner hervorragenden Italienischkenntnisse fr die Position des Villen-Leiters besonders geeignet. Mit der Erffnung des Knstlerhauses bernahm Rosenberg das ihm angetragene Amt und leitete die Villa gemeinsam mit seiner Gattin bis 1964. Neben der Betreuung der Preistrger hatte er vor allem die massiven Startschwierigkeiten zu bewltigen, mit denen er und die Stipendiaten hauptsch-lich wegen der eher provisorischen Ausstattung der Wohnrume und Ateliers zu kmpfen hatten: Die fehlende Heizung und die nur einfach verglasten Fenster an der zur Via Senese gelegenen Hausseite machten ber Jahre hinaus den Bewohnern des rund 40 Rume umfassenden Gebudes zu schaffen. Peter Herkenrath beispielsweise, der bereits im November des Jahres 1959 in Florenz eintraf, berichtete rckblickend ber die in den neueingerichteten Rumen herrschende Klte, die durch einen schnell herbeigeschafften Ofen vertrieben werden konnte.12 Eine dauerhafte Lsung fr das Heizungsproblem fand sich erst fnfzehn Jahre spter, als Joachim Burmeister die Villenleitung bernommen hatte und mit betrchtlichem persnlichem Engagement den Einbau einer Zentralheizung vorantrieb.13

    Kleinere Defizite, wie die Neubestckung der ehemals gut sortierten Bibliothek mit Ausstel-lungskatalogen, Lexika und kunsthistorischen Standardwerken oder die Ausstattung der Villa mit einem ausreichenden Wschebestand, schienen vor diesem Hintergrund an Bedeutung zu verlieren, durften damals jedoch nicht aus den Augen verloren werden und erforderten ebenfalls einen erheblichen Auf-wand. Gem den Statuten des Villa Romana-Vereins wurden die Stipendiaten des Jahrgangs 1959 von einer Jury gewhlt, die sich aus den Mitgliedern des knstlerischen Beirats des Vereins zusam-mensetzte. Obwohl smtliche Mitglieder des Beirats die Mglichkeit hatten, von ihnen geschtzte Knstler fr den Villa Romana-Preis vorzuschlagen, war es allein den Kunstschaffenden unter ihnen vorbehalten, ber die Vergabe der Stipendien zu entscheiden.14 Auf diese Weise sollte die Qualitt der Preistrgerauswahl gewhrleistet werden. Im Regelfall wurden die vorgeschlagenen Knstler vom Ver-einsvorstand aufgefordert, sich mit einer Werkauswahl sowie schriftlichen Angaben zum knstlerischen Werdegang zu bewerben. Nur selten kam es wie beispielsweise im Falle von Georg Baselitz vor, da die Auszeichnung abweichend von diesem Prozedere vergeben wurde.15

    Die Besetzung der Jury erfolgte nach einem stets hnlichen Prinzip: Im Vorstand und Beirat des Vereins wurde darber beraten, welche Knstler fr die Mitgliedschaft in der Jury geeignet wren. Hatte man sich auf Personen verstndigt, die durchaus auch frhere Preistrger sein konnten, wurden