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166 F. Nagel: Mittelohrschleimhaut. Daraus ergibt sich, dab ein Defizit an protektiven AntikSrpern wohl nicht Ursache der Chronifizierung yon Otitiden sein kann. 4. Die oben beschriebene Tendenz einer relativen Zunahme yon IgA bei Cholesteatom und IgG bei der mesotympanalen Entzfindung ist deutlich genug, dal3 von grSBeren Serienuntersuchungen mSglicherweise eine Signifikanz zu erwarten ist. Uber die Herkunft des Ohrsekretes bei chronischer Otitis media geben lKngst bekannte pathohistologische Beflmde Aufschlu6: Einer- seits ist mit lebhafter Exsudation aus der permeabilit/itsgestSrten vascu- l&ren Endstrombahn zu rechnen, zum anderen weist die chronisch ent- ziind]ich ver&nderte tympanale Sch]eimhaut eine schleimige Metamor- phose ihres Epithels mit Auftreten yon Becherzellen und intraepithelialen Driisen sowie submuk6s gelegenen rudiment~ren acinSs glandul/iren Strukturen auf. Ffir die Lokalsynthese des Immunglobulins sind sub- mukSs angeh/~ufte P]asmazellen als AntikSrperbildner Voraussetzung. Tats/~chlich lassen sich diese in den Schleimhautpr/~paraten bei chroni- scher Mittelohrentzfindung nachweisen. Fluorescenzmikroskopisch konnte sogar der Gammaglobulingehalt der Plasmocyten dargestellt werden. Folglich ist mit einer Ausschwemmung yon Serumimmunglobulinen aus der Blutbahn sowie mit dem Auftreten yon AntikSrpern, die durch Driisent/itigkeit zur Ausscheidung gelangen, zu rechnen. Literatur beim Ver/aaser 18. F. Nagel (Mainz): Die Wiederherstellung der menschlichen Ohr- muschel im Tierversuch Der Aufbau oder Wiederaufbau einer Ohrmuschel gehSrt zu den gchwierigsten Aufgaben der Plastischen und Wiederherstellenden Chirur- sie. Betrachtet man sich eine Ohrmuschel genau, so werden die Schwierig- keiten verstis die fiberwunden werden mfissen, will man eine so komplizierte Form, wie sie der Ohrmuschel eigen ist, aus Fleisch und Blur nachbilden. Bisher stelltaus diesem Grunde die Rekonstruktion der Ohr- muschel ein unbefriedigend gelSstes Problem der plastischen Chirurgie dar. Uberschaut man die Weltliteratur, so mul3 man feststellen, dal3 es nut wenige Operateuren, wie z. B. Tanzer oder Converse, um nut zwei der erfolgreichsten zu nennen, gelingt, eine akzeptable, abet keineswegs ideale Ohrmuschel herzustellen. Die Mehrzahl der plastisch t/itigen Chirurgen lehnt deshalb die Rekonstruktion der Ohrmuschel wegen des hohen Zeitanfwandes, der grofJen Zahl der Einzeloperationssitzungen und der in der Regel doch wenig befriedigenden l~esultate auch heute noch ab.

Die Wiederherstellung der menschlichen Ohrmuschel im Tierversuch

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166 F. Nagel:

Mittelohrschleimhaut. Daraus ergibt sich, dab ein Defizit an protektiven AntikSrpern wohl nicht Ursache der Chronifizierung yon Otitiden sein kann.

4. Die oben beschriebene Tendenz einer relativen Zunahme yon IgA bei Cholesteatom und IgG bei der mesotympanalen Entzfindung ist deutlich genug, dal3 von grSBeren Serienuntersuchungen mSglicherweise eine Signifikanz zu erwarten ist.

Uber die Herkunft des Ohrsekretes bei chronischer Otitis media geben lKngst bekannte pathohistologische Beflmde Aufschlu6: Einer- seits ist mi t lebhafter Exsudation aus der permeabilit/itsgestSrten vascu- l&ren Ends t rombahn zu rechnen, zum anderen weist die chronisch ent- ziind]ich ver&nderte tympanale Sch]eimhaut eine schleimige Metamor- phose ihres Epithels mit Auftreten yon Becherzellen und intraepithelialen Driisen sowie submuk6s gelegenen rudiment~ren acinSs glandul/iren Strukturen auf. Ffir die Lokalsynthese des Immunglobulins sind sub- mukSs angeh/~ufte P]asmazellen als AntikSrperbildner Voraussetzung. Tats/~chlich lassen sich diese in den Schleimhautpr/~paraten bei chroni- scher Mittelohrentzfindung nachweisen. Fluorescenzmikroskopisch konnte sogar der Gammaglobulingehalt der Plasmocyten dargestellt werden. Folglich ist mi t einer Ausschwemmung yon Serumimmunglobulinen aus der Blutbahn sowie mit dem Auftreten yon AntikSrpern, die durch Driisent/itigkeit zur Ausscheidung gelangen, zu rechnen.

Literatur beim Ver/aaser

18. F. Nagel (Mainz): Die Wiederherstellung der menschlichen Ohr- muschel im Tierversuch

Der Aufbau oder Wiederaufbau einer Ohrmuschel gehSrt zu den gchwierigsten Aufgaben der Plastischen und Wiederherstellenden Chirur- sie. Betrachtet man sich eine Ohrmuschel genau, so werden die Schwierig- keiten verstis die fiberwunden werden mfissen, will man eine so komplizierte Form, wie sie der Ohrmuschel eigen ist, aus Fleisch und Blur nachbilden. Bisher s te l l taus diesem Grunde die Rekonstruktion der Ohr- muschel ein unbefriedigend gelSstes Problem der plastischen Chirurgie dar. Uberschaut man die Weltliteratur, so mul3 man feststellen, dal3 es nut wenige Operateuren, wie z. B. Tanzer oder Converse, um nut zwei der erfolgreichsten zu nennen, gelingt, eine akzeptable, abet keineswegs ideale Ohrmuschel herzustellen. Die Mehrzahl der plastisch t/itigen Chirurgen lehnt deshalb die Rekonstruktion der Ohrmuschel wegen des hohen Zeitanfwandes, der grofJen Zahl der Einzeloperationssitzungen und der in der Regel doch wenig befriedigenden l~esultate auch heute noch ab.

Die Wiederherstellung der menschlichen Ohrmuschel im Tierversuch 167

U m den Grfinden auf die Spur zu kommen, warum alle bislang be- kannten Verfahren mehr oder weniger versagten, haben wir in einer lang- j~hrigen und grS•eren Versuchstierreihe die Probleme studiert, mi t dem Ziel eine Rekonstruktionsmethode zu entwickeln, die

1. eine normal aussehende menschliche Ohrmuschel ergibt und

2. es ermSglicht eine individuelle und gewfinschte Ohrmuschelform herzustellen.

Eine Ohrmuschel ist aus 2 Komponenten aufgebaut: aus dem knorpe- ligen Stfitzgerfist, das auch ffir die Form der Ohrmuschel verantwortlich ist, und aus der bedeckenden, relativ diinnen Haut . Soll bei der Rekon- struktion eine natfirlich aussehende Ohrmuschel entstehen, so miissen diese beiden Komponenten - - Knorpel und Hau t - - ideal aufeinander abgest immt sein, d. h., beide miissen sich einander angleichen und ergi~n- zen, sie dfirfen sich vor allem aber bei der Formgebung nicht behindern.

Diese Erkenntnis gewannen wit aufgrund der anf~nglichen MiB- erfolge bei unseren Tierversuchen. Wir haben dabei ni~mlich erneut die betrfibliche Erfahrung gemacht, dab es nicht gelingt eine ideale Ohr- musche] herzustellen, wenn sich die I t a u t einem vorgefertigten Gerfist angleichen muir, ganz egal wie pr~zise ein solches Gerfist geformt wurde und wie exakt die postoperative Verbandstechnik war.

Die Ergebnisse aus dieser unserer ersten Versuchsreihe glichen jenen, die wir aus vielen VerSffentlichungen kennen, sie entsprachen bestenfalls einem ohrmuschel~hnlichen Gebilde.

Bei den bislang gefibten Techniken spielte die Formgebung des Ge- rfistes die entscheidende l~olle, und die Hau t mui3te sich schlecht und recht dem Gerfist anpassen. Der Schwerpunkt der Operation lag also auf der subtilen Formung des Gerfistes. Das Aussehen einer Ohrmuschel wird aber danach beurteilt, ob das ~xui3ere der Form einer Ohrmuschel ent- spricht und nicht wie das, nicht sichtbare Gerfist geformt ist. Mit anderen Worten, die Hau t spielt die entscheidende Rolle bei der Beurteilung des Rekonstruktionsergebnisses und nicht das Gerfist. Konsequenterweise mul3 man also zuerst der H a u t die Ohrmuschelform geben und dann sekundi~r das Gerfist dieser I~autform anpassen.

Die Verwirklichung dieser Vorstellung war Gegenstand weiterer Versuchsreihen am Tier, und wir haben dabei ein Verfahren entwickelt, das ich im folgenden etwas n~her beschreiben will.

Die elastische und nach allen Richtungen bewegliche Hau t ist eigent- ]ich ein besonders gfinstiges Gewebe, um damit selbst komplizierte Form- gebilde nachahmen zu kSnnen. Wit konnten nachweisen, dal3 man die H a u t in einer geradezu idealen Weise zu einer Ohrmuschel formen kann, wenn man sie an ein Ohrmuschel-Negativ-Modell aus Kunststoff adaptiert. Die Adaptat ion erfolgt minutiSs, wenn sic durch Sogwirkung erreicht

168 F. Nagel:

wird, die man mittels einer Saugkammer erreiehen kann. Saugt man die abgehobene Rfiekenhaut eines Versuehstieres -- in unserem Falle han- delte es sieh um Albinokaninehen -- in eine solehe Negativform ein, so legte sie sieh den Erhebungen und Vertiefungen des Modells an und forint sieh dabei selbst/~tig zu einer Ohrmusehel entspreehend den Erhebungen and Vertiefungen des Negativkunststoffmodells. Es gilt nun diese er- reiehte Ohrmusehelform zu stabilisieren, aueh wenn kein Sog mehr auf die Haut ausgefibt wird.

Aus den Untersuehungen yon Peer u. Young wissen wir, da6 klein- gehaekter Knorpel wie zu einer elastisehen, aus vielen einzelnen Knorpel= stfiekehen bestehenden Platte wird, der man jede gewollte Form geben kann, wenn man diese Knorpelehips in eine Modellform bringt, die Modell- form multipel 10erforiert und das Modell mit den eingef/illten Knorpel- chips ins Gewebe implantiert. Dutch die Perforationen w/tehst Binde- gewebe in das Innere des Modells ein and um die einzelnen Chips herum, so da6 diese mit und untereinander dureh eine Bindegewebsmembran verbunden werden. Sie waehsen dadureh wieder zu einer elastisehen Masse zusammen, die ann/~hernd die gleiehen Eigensehaften aufweist wie un- verletzter Knorpel. Genau dieses Verfahren liel? sieh aueh ideal ffir unser Vorgehen verwenden. Wir ffillten kleingehaekte Chips -- aus technischen Grfinden verwendeten wir Silastiewiirfetehen und nieht Knorpel -- in die eingesaugte Hautform und fiillten sie damit auf. Danaeh legten wir die restliehe Rfiekenhaut als Umkipplappen auf die Wundfl/~ehe und fiber die Chips and braehten eine zweite Kunststoffplatte, die die retro- aurieul~re Fl~ehe der 0hrmnsehel repr~sentierte, obenauf. Beide Kunst- stoffplatten und der dazwisehen zu einer 0hrmusehelform geformte und mit Chips aufgef/illte tIautlappen wurde am Rfieken des Itasen befestigt, so dag eine ungest6rte Heilung erfolgen konnte. Die Kunststoffplatten hatten jetzt ihre zweite Aufgabe zu erfiillen, n/~mlieh die t Iau t in der dureh die Operation erzwungenen Form zu fixieren und dabei den Ver- narbungsprozeB nieht uniibersehaubaren Zufs zu fiberlassen, sondern eine gelenkte Vernarbung herbeizuffihren.

Im Tierversueh wurden die Kunststoffmodelle zwisehen 4--10 Woehen am I-Iautlappen belassen und dann abgenommen. Man war zu dieser frtihen Abnahme gezwungen, weil in der gegel das Wiedereinsetzen des ttaarwuehses ein weiteres Belassen der Modelle verbot, da dureh den Druek des I-Iaarwuehses Nekrosen an der Haut auftraten. Dieser Zeit- raum ist abet an fiir sieh noeh night ausreiehend, um sehon stabile Narbenverh~ltnisse zu erreiehen, wie wit aus den Versuehen yon Blake wissen. Erstrebenswert w/~re ein Zeitraum von etwa 5 Monaten. Vor dieser Zeit ist mit einer gewissen Abflaehung der postoperativ erreiehten Form zu reehnen und wir haben diese Feststellung aueh bei unseren Ver- suehen gemaeht.

Die Wiederherstellung der menschlichen Ohrmuschel im Tierversuch 169

Abb. 1

Abb.

170 F. l~agel: Die Wiederherstellung der menschl. Ohrmuschel im Tierversuch

Die Abb. 1 zeigt eine au f diese Weise rekons t ru ie r t e v i ta le Ohrmuschel . Man sieht , dab es mi t dieser Methode gelingt , eine ann/~hernd na tu r - get reue , menschl iche Ohrmusche] im Tierversuch nachzubi lden .

Die Abb. 2 soil demons t r ie ren , dab es mi t der von uns en twicke l ten Methode n ich t nur m6glich is t eine op t imale F e i n s t r u k t u r zu erreichen, sondern dab es auch gelingt , der r ekons t ru i e r t en Ohrmuschel eine ge- wol l te F o r m zu geben. Man sieht au f der l inken Seite des Brides, die Bezugsohrmuschel , nach der eine Ohrmuschel der gleichen F o r m und GrSl3e ira Tierversuch nachgeb i lde t werden so]lte. Auf der rech ten Seite des Bi ldes s ieht m a n die im Tierversuch r ekons t ru i e r t e Ohrmuschel aus H a s e n h a u t , die durch F o t o m o n t a g e in das Profil e ingeblende t wurde. Bis au f das Feh len des Geh6rganges is t es gelungen, eine ann~hernd gleiche Ohrmuschel wie die Bezugsohrmuschel herzustel len.

Zusammen/assung

Es wird fiber eine neue R e k o n s t r u k t i o n s m e t h o d e der menschl ichen Ohrmuschel ber ichte t . Das Pr inz ip dieser Ohrmuschel bes t eh t dar in , zuers t der H a u t die Ohrmuschel form zu geben und dann das Gerfist dieser t t a u t f o r m anzupassen. Die H a u t wird in ein Kuns t s to f fnega t iv - model l einer Ohrmuschel mi t te]s Sog eingesaugt , wodurch sie sich e x a k t der F o r m dieses Modells anlegt , und so eine Ohrmusche]form bi ldet . Als Gerfist d ienen Chips en tweder aus Knorpe l oder Kuns t s to f f - - im Tier- versuch wurden Silast icwfirfelchen ve rwende t - - . Mit dieser Methode gel ingt es, anni~hernd na tu rge t r euc Ohrmuscheln yon gewoll ter F o r m und Gr6Be herzustel len.

Literatur beim Ver/asser

W. Kley (YIainz): Die Untersuchungen yon tterrn Nagel mit all ihren Fort- schritten und RiicksehlS~gen habe ich unmlttelbar miterlebt. Ieh bin iiberzeugt, dab Herr Nagel im Tierversuch ein ganz wesentliches technisches :Problem der Ohr- muschelrekonstruktion gel6st hat. Die Experimente miissen aber nun noch auf den Menschen iibertragen werden. Zuni~chst mul3 eine geeignete Spenderzone fiir die t Iaut gefunden werden, denn es werden ffir eine Ohrmuschel etwa 80 cm 2 ben6tigt; weiterhin mug das Transportproblem von der Spenderzone zur Ohrregion gelSst werden, und schliefllich mul3 auch noch ein Geh6rgang angelegt werden.

Es bedarf also schon noch intensiver Arbeit bis beim Menschen die erste Ohr- muschel in der von g e r m Nagel gesehilderten Technik plastisch aufgebaut werden kann.