53
Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind.

Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter

Prof.Dr. Franz KollandUniversität Wien

6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011

Ich bin, weil wir sind.

Page 2: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

DIE ALTERNDE GESELLSCHAFToderGESELLSCHAFT DER LANGLEBIGKEIT

1

Page 3: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Seit Ende des 19. Jahrhunderts

Steigende Lebenserwartung

Ausbau der Alterssicherung

Frühe Pensionierung

Verlängerung der Ausbildungsphase

Page 4: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Babyboomer und Generationenbeziehungen

Babyboomer haben eine höhere

Schulbildung, bessere

Gesundheit -> Ehrenamt

„Ageing“ boomerAlter 2030: 58-78 Jahre

Babyboomer (Jg. 1952-72)Alter heute: 38-58 Jahre „Post“boomer (Jg. 1973-93)Alter heute: 18-38 Jahre

Page 5: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Boomers are far less fit than their parents were (Wister 2006)

Boomers developed their “forever young” mentality as an aversion to how their parents aged.

They saw the grey hair, the wrinkles. Boomers don’t want to age the way their parents did.

Baby boomers are among the biggest consumers of Botox and hair dye.

But beyond the surface, it’s another story: many boomers are actually now in worse shape.

Page 6: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Generationen und die Tradierung von Werten

Jubiläum Eschenbach: 700-Jahr-Feier eint Generationen; 150 Helfer, 80 Liter Erbsensuppe und 42 Kuchen auf dem Buffet

Siegen, 07.06.2011

Page 7: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

1850 1900 1950 2000 2050 2100

40

50

60

70

80

90

100

110

120

104.5

119.8

89.1 96.8

108.9

98.1

time series

forecast mean

95% approx.conf. interval

time series

forecast mean

95% approx.conf. interval

120

110

100

90

80

70

60

50

40

120

110

100

90

80

70

60

50

40

Prognose der (höchsten) Lebenserwartung von Frauen bis 2100

Vaupel 2011

Page 8: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Bevölkerung nach Alter und Geschlecht

In der Altersgruppe 90+ befinden sich 140.000 Männer und 465.000 Frauen

Page 9: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind
Page 10: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Die Langlebigkeitsdividende

Potentiale für Erwerbsarbeit Potentiale für Freiwilligenarbeit Potentiale für PflegearbeitAber auch: Potential für eine Vita Activa, für selbstbestimmte

und kreative Tätigkeiten – für ein bewusst gestaltetes Leben

„Späte Freiheit“ Entwürfe von neuen Lebensformen: Wohnen,

Nachbarschaft, active citizenship

Page 11: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Thesen

Ältere Menschen haben eine Pflicht zur politischen und sozialen Teilhabe aufgrund ihrer Verantwortung in einer insgesamt alternden Gesellschaft.Stichworte: Lebenslanges Lernen, Employability, Freiwilligenarbeit

Es besteht eine Pflicht zur sozialen Partizipation, um den Zusammenhalt der Generationen zu sichern und Überforderungen der nachrückenden Kohorten zu verringern.Stichworte: Pflege-/Betreuungsarbeit, active citizenship

Page 12: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

DIE FREIWILLIGENARBEIT

Page 13: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Ist es so? – Niedergang des freiwilligen Engagements?

Interesse am Gemeinwesen sinkt, vor allem wegen der weit verbreiteten Politikverdrossenheit

Eigene Interessen rücken immer mehr ins Zentrum des Handelns der meisten Menschen: zunehmende Vereinzelung

Ideen- und Denkwelt der Menschen wird sozial unverbindlich

weniger Kinder sind auch weniger Anlässe zum Engagement

Ehrenamtliche werden immer älter, kein Nachwuchs

Page 14: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

„Die menschlichen Betätigungen haben nur so lange eine wirkliche Lebenskraft, als sie von Dilettanten ausgeubt werden.“ (Egon Friedell)

Willst du froh und glucklich leben, laß kein Ehrenamt dir geben! Willst du nicht zu fruh ins Grab, lehne jedes Amt gleich ab! Wieviel Muhen, Sorgen, Plagen, wie viel Ärger musst du tragen; gibst viel Geld aus, opferst Zeit – und der Lohn? Undankbarkeit! (Wilhelm Busch)

Page 15: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

WAS IST UNTER EHRENAMT/FREIWILLIGENARBEIT ZU VERSTEHEN?

Page 16: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Definition Freiwilligenarbeit

Freiwilligenarbeit ist eine Arbeitsleistung, die freiwillig (d.h. ohne gesetzliche Verpflichtung) erfolgt, der kein monetärer Gegenfluss gegenüber steht und deren Ergebnis KonsumentInnen außerhalb des eigenen Haushaltes zufließt.

Page 17: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Typen ehrenamtlicher Tätigkeit

Ehrenamt (formell) in Vereinen/Organisationen, lange Mitglied-schaft,

breites Tätigkeitsspektrum, altruistisch historisch: 19. Jh. polit.-adm. (Männer), caritative

Tätigkeit (Frauen)

Freiwilligenarbeit (informell) in informellen Gruppen, zeitlich begrenzt, eher

soziale Tätigkeit, eher selbsterfahrungsorientiert

Page 18: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Altes/Neues Ehrenamt (Mogge-Grotjahn 2007)

• Das alte Ehrenamt ist idealtypisch gekennzeichnet von einer Einbettung in ein soziales Milieu und ein langfristiges und selbstlos dienendes Engagement bei einer sozialen Organisation.

• Das neue Ehrenamt ist gekennzeichnet vom Prinzip der biografischen Passung. Das Engagement wird individuell nach zeitlichen und organisatorischen Kriterien ausgewählt und ist mit einer Erwartungshaltung hinsichtlich seiner Sinn- und Nutzenstiftung verbunden.

Page 19: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Beteiligungsmotive (Rameder & More-Hollerweger 2009)

Page 20: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Ehrenamtliche Tätigkeit...

erhöht physische und psychische Lebens-zufriedenheit (Morrow-Howell et al. 2003)

erhöht das Gefühl von Einfluss und Status; erhöht die Selbstwertschätzung (Musick et al. 1999)

erfüllt Kommunikationsbedürfnisse, wirkt angstreduzierend (Hunter & Linn 1981)

reduziert das Sterblichkeitsrisiko (Crimmins et al. 1996)

Page 21: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

WER IST EHRENAMTLICH TÄTIG?

Page 22: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Freiwilligenarbeit in Österreich

Statistik Austria 2007

Page 23: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Beteiligung an formeller Freiwilligenarbeit

Gender: Männer 33%; Frauen 23%

Bundesland: OÖ 34%; SBG 25%

Alter: 20-29 Jahre: 29%; 40-59 Jahre: 32%; 70-79 Jahre: 16%

Schulbildung: Pflichtsch.: 19%; Univ.: 39%

Urbanisierung: hoch: 18%; niedrig: 34%

Page 24: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Beteiligung an informeller Freiwilligenarbeit

Gender: Männer 26%; Frauen 27%

Bundesland: Tirol 30%; SBG 23%

Alter: 20-29 Jahre: 26%; 40-59 Jahre: 30%; 70-79 Jahre: 19%

Schulbildung: Pflichtsch.: 21%; Univ.: 32%

Urbanisierung: hoch: 26%; niedrig: 28%

Page 25: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Unbezahlte Arbeit Älterer (50+)im europäischen Vergleich (SHARE, 2004)

Page 26: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Ergebnisse aus der europäischen Vergleichsstudie SHARE (Hank 2011)

Querschnittsanalysen unterschätzen deutlich die Prävalenz bürgerschaftlichen Engagements im Lebensverlauf

Beispiel: zwischen 2004 und 2007 war mindestens jede/r funfte SHARE-Befragte ehrenamtlich aktiv.

Die Dynamik ehrenamtlichen Engagements variiert deutlich zwischen Ländern & Regionen:

Unter günstigen Rahmenbedingungen (z.B. in Skandinavien), findet sich auch die größte Neigung, neu aktiv zu werden sowie die größte Stabilität bestehender Ehrenämter.

Page 27: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Was ist der Unterschied zwischen einem Internisten, einem Chirurgen und einem Ehrenamtlichen ?Ein Internist weiß alles, kann aber nichts.Ein Chirurg kann alles, weiß aber nichts.Ein Ehrenamtlicher kann nichts, weiß nichts, hat aber für alles Verständnis.

Page 28: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

WELCHER (WERTE-)WANDEL ZEIGT SICH?Individualisierung

Ökonomisierung

Aktivierender Sozialstaat

Page 29: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Wertewandel und Individualisierung

Für das letzte Jahrhundert wird ein tiefgreifender Werte-wandel festgestellt. Er ist gekennzeichnet durch eine massive Bedeutungszunahme von Werten wie Freiheit/Autonomie/Individualität, Gleichheit, Humanität.

An Bedeutung verlieren Werte wie Traditionalität, unhinterfragte Konformität und Konventionalität.

Diese Veränderung gilt besonders in städtischen Räumen.

Page 30: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Das ist “out” in der Freiwilligenarbeit

Das ist “in” in der Freiwilligenarbeit

• Eigene Bedürfnisse werden hintangestellt

• Fremdbestimmung• Unterordnung• Lebenslängliches

Engagement• Selbstlosigkeit• Wenig Professionalität• Nur „Soziales

Pflichtgefühl“

• Eigene Interessen bestimmen Auswahl

• Selbstbestimmung• Mitsprache• zeitgebundenes

Engagement• Selbstverwirklichung• Streben nach mehr

Professionalität• Pflicht und Spaß, Wunsch

nach Anerkennung

Auf dem Weg zu einer neuen Freiwilligenarbeit

Page 31: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

31

Neues Ehrenamt?

Page 32: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Grundsatzrationalität als Begrundung fur ehrenamtliches Engagement (Amann 2010)

Warum tun wir etwas, wenn wir etwas tun? Was motiviert uns zu ehrenamtlicher Tätigkeit?

Bis in die 1960er Jahre: Eine methodisch-rationale Lebensführung ist der Schlüssel zur eigenen Gewissheit und zur Überwindung der religiös motivierten Angst. Die Rationalität, die in dieser Lebensführung steckt, ist „Grundsatzrationalität“, sie orientiert sich an allgemeinen Glaubensvorstellungen und Gemeindeinteressen.

Page 33: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Gelegenheitsrationalität als Begrundung fur Freiwilligenarbeit

Wir haben es heute nicht mehr mit Grundsatzrationalität, sondern mit „Gelegenheitsrationalität“ zu tun.

Gehandelt wird je nach Gelegenheit („Okkasion“) und Zweckmäßigkeit („Opportunität“), Gegebenheit („Situation“) und Möglichkeit („Chance“).

Das führt zu Befristungen in den eigenen Planungshorizonten.

Page 34: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Gelegenheitsrationalität als Begrundung fur Freiwilligenarbeit

Freiwilligenarbeit weist eine stärkere „Ichzentriertheit“ auf und sie ist nicht religiösen Vorstellungen untergeordnet: „Wenn ich schon etwas mache, dann nach meinen Vorstellungen“. -> Sollte es dann nicht unbezahlt sein?

Der Angelpunkt des „neuen Ehrenamts“ (Freiwilligenarbeit)ist gewissermaßen die „biografische Passung“.

Page 35: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Im aktivierenden Sozialstaat

ist die Freiwilligenarbeit eine willkommene soziale Ressource;

wächst die Freiwilligenarbeit, weil der Wohlfahrtsstaat schrumpft („Mängelverwaltung“);

wird die Position der Zivilgesellschaft gestärkt, weil schwächerer Staat;

erfolgt die Orientierung am kompetenten und sich selbst organisierenden Individuum;

Page 36: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

SOZIALE PRODUKTIVITÄT IM ALTER

Page 37: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Soziale Produktivität im Alter (Wahrendorf & Siegrist 2007)

Alterslast:

Herausforderun-gen für Arbeits-markt und soziale Sicherungssysteme

Aktives Alter(n):

Anstieg der gesunden Lebenserwartung & Nutzung produktiver Potenziale

Page 38: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Soziale Produktivität im Alter(Wahrendorf & Siegrist 2007)

Forschungsfragen:

Welche Beziehungen bestehen zwischen sozialer Produktivität (Ehrenamt, Pflege, informelle Hilfe) und Gesundheit bzw. Wohlbefinden?

Wie wichtig ist eine nicht-materielle Belohnung in Form von Anerkennung bei der Teilhabe an sozial produktiven Aktivitäten im dritten Lebensalter für das Wohlbefinden?

Page 39: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind
Page 40: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

40

Page 41: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

41

Page 42: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Wichtigster Grund für fehlende Engagementbereitschaft:

„Ich bin noch nicht gefragt worden.“

Page 43: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

BEDINGUNGEN PARTIZIPATIVEN HANDELNS

Page 44: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Partizipation heißt...

in einem modernen Verständnis: Soziale und politische Partizipation ist Bestandteil der aktiven Weiterentwicklung, Ausweitung und Intensivierung der repräsentativen Demokratie.

auf individuelle Ebene: Das Engagement des einzelnen zivilgesellschaftlichen Aktivbürgers.

(Naegele 2008)

Page 45: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Partizipative Alterskultur:Seniorenorganisationen

AARP ist eine Non-Profit-Organisation in den USA, die die Interessen der Generationen 50+ vertritt. Durch Information und Bildung, durch Anwaltschaft und Dienstleistungen soll die Lebensqualität der Älteren verbessert werden.

Gegründet 1958 hat die Organisation heute rund 40 Millionen Mitglieder. Mehr als die Hälfte ist erwerbstätig.

http://www.aarp.org/

Page 46: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Schlusseldimensionen sozialer Partizipation (Amartya Sen)

Was braucht der Mensch für ein gutes, gelingendes Leben?

Güter und Ressourcen, die eine Person zur Verfügung hat sind wichtige Mittel aber kein Selbstzweck.Denn: Menschen müssen in der Lage sein, ihre Ressourcen in reale Wahl- und Handlungsfreiheiten zu konvertieren.

Beispiel:Wenn eine Person ein Fahrrad besitzt, aber nicht weiß, wie man fährt oder dies aufgrund eines Mangels an Fahrradwegen nicht tun kann, dann ist keine Handlungsfreiheit gegeben.

Page 47: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Ziele partizipativen Handelns

Active Citizenship:Es geht um zivilgesellschaftliches Engagement im unmittelbaren Lebensraum

Empowerment:Es geht um Ermächtigung und Befähigung zur eigenverantwortlichen Teilnahme

Generation Mainstreaming:Es geht um die Darstellung der produktiven Leistung der Individuen im Beziehungsgefüge der Generationen

Page 48: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Erwartungen

Recht zur Partizipation: Eigenverantwortung, bezogen einmal auf die vom einzelnen Menschen selbst wahrgenommene und aktiv ausgeübte Verantwortung für sich selbst und für sein Leben

Pflicht zur Partizipation: Mitverantwortung, bezogen auf Verantwortungsübernahme für das Leben anderer wie für allgemeine gesellschaftliche Anliegen.Aber: Nach A. Sen ist es auch möglich, auch nicht teilzunehmen, aber es braucht „passives Empowerment“

Page 49: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Soziale Teilhabe im hohen Alter

Unter Bedingungen von Gebrechlichkeit geht es vor allem um ein „passives Empowerment“.

Die Umwelt muss so geändert werden, dass auch gebrechliche Ältere gut leben können und nicht völlig abhängig werden.

In Amtsstrukturen ist die Beteiligung der Älteren oftmals nicht erwünscht.

Ist schließlich das Aushandeln von Interventionen nicht mehr möglich, dann braucht es Solidarität. Damit diese Solidaritätsbereitschaft gelingt, muss der Staat günstige Rahmenbedingungen schaffen.

Page 50: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Ausblick: Ehrenamt nicht uberschätzen (Martinson & Minkler 2006)

1. Jene ältere Menschen ermutigen und unterstützen, die interessiert sind. Moralischer Druck ??

2. Programme, die die ehrenamtliche Tätigkeit von Senioren fördern, beeinflussen nicht nur die Selbstwahrnehmung der älteren Menschen, sondern formen auch das Bild, das ihnen die Gesellschaft zuweist.

3. Es sind jene zu respektieren, die sich entschließen, sich nicht zu beteiligen. Das ermöglicht eine Toleranz gegenüber der Verschiedenheit des Alters.

4. Es sind auch „grassroot movements“ einzubeziehen und kritisches Engagement.

Page 51: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Welches Engagement?

Page 52: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

Ausblick: Kritisches Engagement (Brand 2011)

1. In Zeiten leerer Kassen übernimmt FWA staatliche Aufgaben

2. FWA gerät in Konkurrenz zu (guter) Arbeit

3. In der korporatistischen Parteien- und Verbände Demokratie soll Engagement funktional sein, nicht „stören“

4. Aber: Lernprozesse können auch dazu führen, dass Entwicklungen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft kritisch gesehen werden und Veränderungen versucht werden.

5. Wie wird aber mit Kritik umgegangen?

Page 53: Die Zukunft der ehrenamtlichen Arbeit im Alter Prof.Dr. Franz Kolland Universität Wien 6. FSW-ExpertInnen-Forum 20. Oktober 2011 Ich bin, weil wir sind

VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!

Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916)