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Digitale Medienwelten – Veränderungen in der Schule – Aktuelle Entwicklungen und Anforderungen an die Ausbildung der Lehrer/innen Medienbildung zwischen Lehramtsausbildung und Schulpraxis / Symposium am ZeLB, Universität Potsdam, 23.02.2017 Dr. Stefan Welling

Digitale Medienwelten – Veränderungen in der Schule ... · „So wie die Industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts eine neue Klasse hervorbrachte, die ... Bildungsprozesse erfolgen

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Digitale Medienwelten – Veränderungen in der Schule – Aktuelle Entwicklungen und Anforderungen an die Ausbildung der Lehrer/innen

Medienbildung zwischen Lehramtsausbildung und Schulpraxis / Symposium am ZeLB, Universität Potsdam, 23.02.2017

Dr. Stefan Welling

ifib: Wer wir sind• 2003 gegründet als GmbH

an der Universität Bremen

• als gemeinnützig anerkannt

• Forschungsschwerpunkte:• Educational Technologies

• E-Government

• 23 Wissenschaftler/innen aus 6 Disziplinen

• Grundförderung • Institutionell von der SfKB

• Projektförderung von der SfF

• Umsatz: ca. 1,2 Mio. Euro p.a.

• Beratung durch ifib-consult(100%-tige Tochtergesellschaft)

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Überblick

1. Brauchen wir nur noch Kompetenz und Bildung wenn Medien allgegenwärtig sind?

2. Was bedeutet das für die Schule?

3. Machen digital natives die Schule besser?

4. Warum ist Veränderung so schwierig?

5. Was hat das mit der Lehrerbildung zu tun?

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Medienbildung 2.0?

„Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule besteht im Kern darin, Schülerinnen und Schüler ange-mesen auf das Leben in der derzeitigen und künftigen Gesell-schaft vorzubereiten und sie zu einer aktiven und verantwortlichen Teilhabe am kulturellen, gesellschaft-lichen, politischen, beruflichen und wirtschaftlichen Leben zu befähigen. Dabei werden gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungs-prozesse und neue Anforderungen aufgegriffen“

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Diese Veränderungen könnten sehr weitgehend sein!

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„So wie die Industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts eine neue Klasse hervorbrachte, die urbane Arbeiterklasse, werden wir im 21. Jahrhundert die Erschaffung der Klasse der Nutzlosen erleben. Menschen ohne wirtschaftliche Bedeutung und dadurch auch ohne politische Macht."Quelle: http://www.deutschlandradiokultur.de/bestseller-autor-yuval-harari-die-digitalisierung.1008.de.html?dram:article_id=378917

Veränderung zentraler Handlungsdimensionen im Zuge der Mediatisierung

• Medien sind ständig verfügbar

• Verdichtung des Alltags

• Beschleunigung von Prozessen

zeitliche Dimension

• immer mehr Orte werden zu „Medienorten“

• Schaffung neuer virtueller Räume

räumliche Dimension • immer mehr soziale

Kontexte durch Mediengebrauch charakterisiert

• Medienpraxen begründen soziale Kontexte

soziale Dimension

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Medienkompetenzförderung muss auf diese Veränderungen reagieren

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Medienkompetenzförderung ist aber nicht das Gleiche wie Medienbildung!

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Bildung

vorhandene Strukturen und Muster der Weltaufforderung

durch komplexere Sichtweisen auf Welt und

Selbst ersetzen

Vernachlässigung sozialer Bedingungen & prozessualer Dynamiken von Entw.- und

Sozialisationsprozessen

Kompetenztheoret. Fokussierung auf Resultate individ.

Lernprozesse

Bildungskern: Wandel von Welt- und

Selbstverhält-nissen

Bildungsprozesse erfolgen grds. in medialen

Lebenswelten und Interaktionszusammenhängen

Medienbildung

Schule wandelt sich!

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Selbständigkeit

Rechenschaftslegung

Outputorientierung

Bildungsstandards

Inklusion

Ganztagsangebote

Heterogenität

AUSWIRKUNGEN

Arbeitsintensivierung

Teilw. Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen

Erhöhte Außenkontrolle

Tendenzen der De-Professionalisierung

Wandel der Schule <–> Medienwandel

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Selbständigkeit

Rechenschaftslegung

Outputorientierung

Bildungsstandards

Inklusion

Ganztagsangebote

Heterogenität

Dienstbuch

Postfächer

Aushänge

Zettel

UND

E-Mail

LMS

Smartphones

Schul-Informationssysteme

Mediatisierung und Digitalisierung verändern die Schule sukzessive…

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Multioptionale Medienwahl in der

Schule

Gebrauchs-tauglichkeit

Regelvakuum

Verbindlichkeit & Verlässlichkeit

Kontrolle & Dokumentation

Sphären-regulation

Anpassung von Orientierungen

Rationalisierungs-und Effizienzkalküle

(Selbst-)Kontrolle & Abgrenzung

Entgrenzung von Zeit &

Raum

Diese Prozesse sind aber sehr langwierig!

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2006: Die kulturelle Konfiguration der Schule entspricht einer Buch-, Lese- oder Schriftkultur mit dem Buch als kulturellem Leitmedium, das die Schule zu einem Artefakt der Buchkultur gemacht hat (Böhme 2006)

2015: Partielle Erosion der etablierte Leitkultur im Zuge des medienkulturellen Wandels. Das Buch verliert an kultureller Bedeutung als dominantes schulisches Leitmedium zu Gunsten eines Mediengefüges. An die Stelle des typografischen Leitmediums tritt das Formgefüge der Netzwerkkultur i. S. einer Verknüpfung mediendifferenter Raumzeitordnungen (Böhme 2015)

„Medienhabitus“ angehender Lehrkräfte als „Bremse“ systematischer Medienintegration

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Kapitalsorten

Dispositionen (durch Wiederholung internalisierte

(Handlungs-)Schemata)

Generatives Prinzip und Präsenz der Vergangenheit als

inkorporierte Erfahrungen

strukturierende Struktur

strukturierte Struktur

HABITUS

„Medienhabitus“ angehender Lehrkräfte als „Bremse“ systematischer Medienintegration

• Kommer und Biermann rekonstruieren (Daten von 2004/2006) den Medienhabitus angehender Lehrkräfte. Danach: • erschweren habitusinduzierte Barrieren den schulischen

Umgang mit Medien • haben die meisten Befragten eine reglementierende und

kontrollierende Medienerziehung erfahren • verstärken sich bewahrpädagogische Tendenzen während des

Studiums • werden digitale Medien primär als Werkzeug und Arbeitsgerät

wahrgenommen • dominiert eine idealtypische Vorstellung an einem

traditionellen Unterricht

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Die Daten von Kommer und Biermann sind über zehn Jahre alt. Müssten sich aufgrund andauernden Medienwandels die Einstellungen und damit auch der mediale Habitus angehender Lehrkräfte nicht zwischenzeitlich positiv verändert haben?

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Die Untersuchung von Brüggemann ( 2013) (Daten von 2009/2010) zeigt in eine ähnliche Richtung!

Typenbildung nach Brüggemann (2013)

• Orientierungen primär zweckrational und fachbezogen

• Fokus auf Vermittlung technisch-instrumenteller Kompetenzen

• Medienerziehung ohne besondere Relevanz

Instrumentell-techn.

orientierte Strateg/innen

• Diffusion von Moral und Zweckrationalität – Suche nach Strukturen und Leitmotiven im schulischen Umgang mit digitalen Medien

• keine systematische Verankerung des Medieneinsatzes in der Einzelschule

Pragmatiker/ innen

• moralisch-erzieherische Grundorientierung

• Priorität der face-to-face Kommunikation (die neu zu erlernen ist)

• Lehrkraft als moralisch Instanz (inkl. Deutungshoheit über das Medienhandeln der SchülerInnen)

Moralische Erzieher/innen

maximaler

Kontrast

Quelle: Brüggemann 2013

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Die Untersuchung von Brüggemann ( 2013) (Daten von 2009/2010) zeigt in eine ähnliche Richtung!

Medienintegration findet demnach vor allem über die Eingliederung in den Fachdidaktikensowie in Form der Förderung technisch-instrumenteller Nutzungskompetenzen statt.

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Die Untersuchung von Brüggemann ( 2013) (Daten von 2009/2010) zeigt in eine ähnliche Richtung!

Medienintegration findet demnach vor allem über die Eingliederung in den Fachdidaktikensowie in Form der Förderung technisch-instrumenteller Nutzungskompetenzen statt.

Aktuelle Untersuchungen zur Thematik zeigen in die gleiche

Richtung! (z. B. Schiefner-Rohs et al. 2015)

Orientierungsmuster und Verfügungswissen prägen die professionelle Medienaneignung

externe Orientierungsschemata

Medienkonzepte

Erwartungen der Eltern

Lehrpläne & Standards

Orientierungswissen

(Medien-)Habitus

Orientierungen & Einstellungen

Schulkultur

Orientierungsmuster

Medieneinsatz im Unterricht

Verfügungswissen

Kompetenzen

Fertigkeiten

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Das gilt auch für das Lehramtsstudium an Universität und Hochschule

externe Orientierungsschemata

Bildungsstandards

Prüfungsordnungen

Kerncurricula

Orientierungswissen

(Medien-)Habitus

Orientierungen & Einstellungen

Institutionelle und disziplinäre Kulturen

Orientierungsmuster

Medienbildung und Medienkompetenz im Studium

Verfügungswissen

Kompetenzen

Fertigkeiten

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Die Förderung medienpädagogischer Kompetenz im Zuge der Lehrerbildung fristet ein Schattendasein, obgleich entsprechende

Konzepte seit über 15 Jahren vorliegen!

Medienpädagogische Kompetenzen nach Blömeke (2000) 1. Mediendidaktische Kompetenz

• Reflektierte Nutzung (digitaler) Medien in geeigneten Lehr- und Lernformen und deren Weiterentwicklung

2. Medienerzieherische Kompetenz • Medienthemen im Sinn pädagogischer Leitideen im Unterricht behandeln

3. Sozialisationsbezogene Kompetenz im Medienzusammenhang• Konstruktive Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen beim

medienpädagogischen Handeln

4. Schulentwicklungskompetenz im Medienzusammenhang • Innovativen Gestaltung der Rahmenbedingungen medienpädagogischen

Handelns

5. Eigene Medienkompetenz• Fähigkeit zu sachgerechtem, selbstbestimmten, kreativem und

selbstverantwortlichen Handeln mit digitalen Medien

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Ansätze zur Stärkung der medienpädagogischen Ausbildungsanteile in der Lehrerbildung

Personal

Kultur

Struktur

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Integration in Vorgaben und Richtlinien (z. B. Studien- u. Prüfungsordnungen

Kompetenzen des Hochschulpersonals entwickeln u. Handlungspraxen initiieren

Organisations- Fakultäts- und Fachkultur sowie individuelle Kulturzugehörigkeit i. S. v. Milieubezügen aufeinander abstimmen

Handlungspraktische Konkretisierungen

• Stärkung vernachlässigter medienpädagogischer Kompetenzbereiche

• Reflexive Professionalisierung über alle Phasen der Lehrerbildung hinweg, aber auch für alle LehrerbildnerInnen

• Re-Framing der Auseinandersetzung mit Medien über die kollektive Gestaltung von Lern- und Bildungsräumen mit und in Medien => neue Orientierungsräume => Medienbildung

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