Diplomarbeit zum Thema sexuelle Gewalt im Chat

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    MERCI!Ich danke vielmals fr die fachliche Untersttzung und Diskussion sowie daskritische Durchlesen: Renate Vitelli, Nina Grtter, Anne Wegmller, LisbethKoene, Jeanne Allemann, Natalie Raeber. Herzlichen Dank geht auch an dieMdchen und jungen Frauen aus dem Mdchentreff PUNKT 12, die mich immerwieder in die virtuelle Welt einblicken lassen, meine Fragen beantworten und mit

    mir darber diskutieren. Ein grosses Merci an Laura Kng, die das tolle Titelbildgestaltet hat. Und ganz besonders grosser Dank geht an Stephan Baumann frdas engagierte bernehmen der Kinder und des Haushaltes whrend der Wen-Do-Ausbildung und Abschlussarbeit.

    Luise Treu, geboren 1977, wohnhaft in BernPatent als Primarlehrerin 1998, Nachdiplomkurs in Feministischer Mdchen-arbeit an der Hochschule fr Pdagigik und Soziale Arbeit beider Basel 2004,Ausbildung zur Sexualpdagogin 2005, Ausbildung zur Wen-Do-Trainerin 2006bis 2009.Unterrichtete sechs Jahre als Primarlehrerin auf der Mittelstufe, arbeitet seit2004 im Berner Mdchentreff PUNKT 12 als Jugendarbeiterin und ist Mutter von

    Nils und Anuk.

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    1. EinleitungAuf der Suche nach einem passenden Thema fr meine Diplomarbeit zur Wen-

    Do-Trainerin bin ich in der tglichen Arbeit im Berner Mdchentreff PUNKT 12 auf

    die Thematik der virtuellen Begegnungsrume im Internet gestossen. Zwei

    regelmssige Besucherinnen des Mdchentreffs eine zwlf- und eine

    fnfzehnjhrig haben gleichzeitig in Chatrumen einen Freund gefunden.

    Das Interesse am unsichtbaren Gegenber im Internet wurde so gross, dass sie

    ein Treffen arrangierten und die virtuelle Beziehung im realen Leben Platz fand.

    Zu denken gab mir vor allem, dass die Safer-Chatregeln, die wir ihnen im

    Mdchentreff immer wieder ans Herz legen, nicht bercksichtigt wurden. Diese

    beinhalten, dass sie keine echten Daten wie Namen, Adresse, Wohnort,

    Telefonnummer von sich preisgeben und keine Internetbekanntschaften treffensollen. Offensichtlich knnen die Neugier und Bereitschaft, das Gegenber

    kennen zu lernen und das Vertrauen in diese Person so stark werden, dass die

    Regeln fr ihre Sicherheit an Bedeutung verlieren.

    Wen-Do ist eine krperliche und geistige Selbstverteidigung, welche speziell von

    Frauen fr Frauen und Mdchen entwickelt wurde. Techniken und inhaltliche

    Auseinandersetzung sind speziell auf bergriffe und Belstigungen angepasst,

    welchen Mdchen und Frauen begegnen. Dies umfasst selbstverstndlich auch

    belstigende bergriffige Situationen in virtuellen Rumen.

    Fr mich stellt sich die Frage, welche Safer-Chatregeln und welche Empfehlungen

    wir in Wen-Do Kursen Mdchen und jungen Frauen fr sichere Begegnungen in

    den virtuellen Rumen als auch fr reale Treffen mit Chatbekanntschaften geben

    knnen. Immerhin chatten mehr als die Hlfte der zwlf bis neunzehnjhrigen

    Mdchen und jungen Frauen tglich oder mehrmals pro Woche.

    Obwohl ich in der tglichen Arbeit mit Mdchen und jungen Frauen relativ nahe

    an ihrer Lebenswelt bin, merke ich, dass gerade die virtuellen Begegnungsrume

    fr mich sehr fremd sind. Ich bin gewohnt, Beziehungen mit Menschen

    aufzubauen, denen ich real begegne. Ich sehe und fhle diese und kann sie so

    recht gut einstufen. Einiges schwieriger ist die Einschtzung einer Person und

    ihrer Absichten ber Buchstaben auf dem Bildschirm. Doch gerade in der

    Anonymitt des Internets finden viele sexuelle Belstigungen und bergriffe

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    statt. Mdchen und (junge) Frauen werden oftmals als sexuelles Subjekt

    wahrgenommen und sofort mit Sexualitt konfrontiert, ohne dass sie

    irgendwelches Interesse daran gezeigt haben.

    In meiner Abschlussarbeit informiere ich ber die kommunikativen Mglichkeitendes Internets. Zahlen und Vorlieben sollen ein Bild der Internetnutzung von

    Mdchen und jungen Frauen schaffen. Ich erklre die Funktionsweise der

    Chatrooms und gehe der Frage nach, was Mdchen und junge Frauen am

    Chatten fasziniert.

    Im dritten Kapitel zeige ich auf, was virtuelle Begegnungen prgt und informiere

    ich ber die Formen sexueller Gewalt und Belstigungen, die Mdchen und junge

    Frauen im Chat erleben knnen.

    Um einen Eindruck von den Chatrumen zu vermitteln, gebe ich einige

    Gesprche wieder und dokumentiere meine eigenen Erfahrungen beim Chatten.

    Im fnften Teil stehen die rechtlichen Aspekte im Vordergrund. Ebenso greife ich

    die Frage auf, wann unbedingt Anzeige erstattet werden soll und wie

    Beweismaterial gesichert werden kann.

    Im letzten Teil setze ich mich mit der Prvention auseinander und stelle Regeln

    und Tipps zusammen, die Mdchen und Frauen untersttzen, sich beim Chatten

    sicher zu verhalten. Ziel ist es, sie ber Gefahren zu informieren, ohne Angst zu

    verbreiten.

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Kurz um, das Internet ist aus unserem heutigen Leben kaum mehr

    wegzudenken, bei vielen Medienexperten gilt das Internet als grsste

    Vernderung des Informationswesens seit der Erfindung des Buchdrucks. In der

    Tat hat das Internet grosse Auswirkungen auf diverse Bereiche des alltglichen

    Lebens.

    Web 2.0

    Der Begriff Web 2.0 bezieht sich weniger auf spezifische Technologien, sondern

    primr auf die in den letzten Jahren vernderte Nutzung und Wahrnehmung des

    Internets. Neu ist dabei, dass alle, die ber einen Internetzugang verfgen,

    Inhalte selbst erstellen knnen, sich selbst ausdrcken oder Wissen produzieren

    knnen. Viele Inhalte werden von einer Vielzahl thematisch Interessierten ins

    Internet eingestellt. Informationen und Wissen im www werden unterdessennicht mehr ausschliesslich zentralisiert und von grossen Unternehmen erstellt.

    Internet frher:

    Web 2.0:

    Verschiedene Anwendungen des Web 2.0

    Eine der bekanntesten Anwendungen ist die freie Enzyklopdie Wikipedia, die

    es ermglicht, dass jedeR SpezialistIn eines Gebiets gemeinsam mit andern

    lesenWebsseiten

    Mit fixem Inhalt

    Webseiten

    Mit interaktiverstelltem Inhalt vonallen Interessierten

    lesen

    selbst erstellen

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    ExpertInnen Texte verfassen und diskutieren kann. Auch knnen auf

    unabhngigen Medienseiten wie Indymedia alle Bericht erstatten, Meinungen

    ussern, Bilder und Filme einstellen.

    In sogenannte tagebuchartigen Weblogs kurz Blogs machen Millionen vonMenschen ihr Privatleben ffentlich. Auf Foto- und Videoportalen wie Flickr oder

    YouTube knnen alle ihre Werke zur Schau stellen, andere betrachten,

    Feedbacks verteilen oder erhalten.

    Soziale Online Netzwerke wie Netlog, MySpace, Facebook, Partyguide

    Festzeit oder Hi5 ermglichen, sich in einem persnlichen Profil

    (Steckbrief)mit Fotos, Bildern, Texten und Musik den brigen TeilnehmerInnen

    vorzustellen, andere Gleichgesinnte zu treffen und mit ihnen zu kommunizieren.

    Unzhlige Chatrooms ermglichen fast in Echtzeit verschriftlichte Gesprche mit

    verschiedensten Leuten rundum den Erdball und Instant Messenger erlauben

    den sofortigen berblick, welche Bekannte Online sind und bieten per Chat,

    Internettelefonieoder Webcam-Telefoniedirekte Wege der Kontaktaufnahme.

    2.2 ChattenChatten kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie plaudern.

    Ein Chat ist ein Online-Gesprch, den zwei oder mehrere Teilnehmerinnen und

    Teilnehmer gleichzeitig fhren, indem sie ihre Botschaften per Computer live

    schriftlich bermitteln. Das Textprotokoll eines Chatdialogs liest sich wie ein

    Drehbuch.

    Um sich im Chat anzumelden, muss man sich einen Nick(name)

    (Fantasienamen/Pseudonym) ausdenken und meistens ein Passwort eingeben.Manche Chatanbieter verlangen weitere persnliche Angaben, die sie zum Teil

    berprfen.

    Im Chatroom

    Im eigentlichen Chatroom, in dem sich oft zahlreiche Chatter virtuell treffen, ist

    der schriftliche Dialog fr alle Anwesenden lesbar. OperatorInnen

    (ModeratorInnen) achten in den meisten (Kinder-)chats darauf, dass die

    Chatiqette(Regeln des Chats) eingehalten wird.

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    gesondertes Fenster (Privatraum, Separ) einladen, das von niemandem

    mitverfolgt werden kann.

    Beispiel teentalk von bluewin.ch

    Die Anmeldung erfolgt auf der Startseite des Chat-Anbietern in diesem Fall

    www.bluewin.ch. Nach dem Klick auf Chat in der obersten Leiste gebe ich im

    ersten Kstchen meinen Nicknamen ein. Dann whle ich die Kategorie, den

    Chatraum und die Sprache.

    Ich aktzeptiere die Bedingungen und mit dem Klick

    auf Chatten ffnet sich das Fenster des

    teentalks. Um in die Chats von Bluewin zukommen, brauche ich keine Registierung. D. h. ich

    kann mich sehr schnell und unter immer wieder

    neuen Nicknamen anmelden, wenn ich will.

    Zustzlich besteht die Mglichkeit, den Nickname

    registrieren zu lassen, so dass er nur von mir

    verwendet werden kann.

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    In der zweiten Zeile (1) entnehme ich den Namen des geffneten Chatraums und

    dass 49 Leute anwesend sind. Im grossen Fenster (2) luft der aktuelle Dialog.

    Zuerst wird jeweils der Nickname, dann der Text der Person eingeblendet. Rechts

    vom Gesprchsfenster (3) sind die Bots und OperatorInnen in der Liste der

    Anwesenden durch das @-Zeichen gekennzeichnet und ganz oben zu finden. Wie

    ich in den Erklrungen fr EinsteigerInnen auf der Startseite des Chats erfahre,

    sind alle vier unter dem @angemeldeten sogenannte Bots (Roboter). Chanbot

    und Teeny05 verknden nach der Anmeldung automatisch die Regeln des

    Chatraums und geben Sicherheitstipps. Rund 300 ehrenamtliche OperatorInnen

    lesen bzw. hren mit, was rund um die Uhr in den rund 150 ffentlichen

    Chatrooms von bluewin gesprochen wird. Wenn Operatorinnen Missachtungen

    der Chatregeln bemerken, reagieren sie mit Kicken oder Bannen, d. h. mit

    vorbergehendem oder unwiderruflichem Ausschliessen des Widersachers oder

    der Widersacherin.

    Beim laufenden Gesprch in der Mitte des Gesprchfensters sind die Smilies,

    welche die Gefhle hinter dem Geschriebenen hervorheben, auffllig. Betritt oder

    verlsst eine Person den Chatraum, wird dies schriftlich mitgeteilt(4).

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    Unter dem Gesprchsfenster (5) kann der eigene Text getippt werden, der nach

    Eingabe der Enter-Taste oben fr die GesprchspartnerInnen erscheint.

    Normalerweise wird im Chat alles klein geschrieben. Unterschiedliche

    Schriftfarben erleichtern das Lesen, indem Personen, die zusammen im Gesprch

    sind, dieselbe Farbe whlen.Die Kstchen rechts vom Pfeil ffentlich (6)zeigen die geffneten Chatrume

    an. Darunter, rechts vom Pfeil Privat (7), sind die geflsterten Gesprche,

    also die privaten Zwiegesprche im Separ angegeben. Das Bild zeigt, dass ich

    bereits von drei Personen angesprochen wurde. Durch Anklicken des

    entsprechenden Kstchens mit der linken Maustaste ffnet sich das gewnschte

    Gesprch in einem neuen Fenster.

    Durch Anklicken des Kstchens einer Person mit der rechten Maustaste kann ich

    ein Gesprch schliessen, sowie eineN GesprchspartnerIn ignorieren, das heisst

    seine/ihre Nachrichten werden unterdrckt.

    Es hat sich inzwischen eine eigene Chatsprache entwickelt: Eine

    Zusammenstellung der wichtigsten Begriffe und Abkrzungen sind im Anhang zu

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    finden. bb heisst zum Beispiel bye bye. Im Chat duzen sich alle. Damit fllt die

    Grenze verschiedener Generationen und es entsteht schnell eine Atmosphre der

    Vertrautheit.

    In fast allen Chats knnen die User (NutzerInnen), ein eigenes Profil (einen

    Steckbrief) anlegen, in dem sie Angaben zu ihrer Person (Hobbys, Motto, Beruf,

    ...) machen und ein Foto einstellen knnen.

    Bei den Einstellungen (8) besteht die Mglichkeit vor jeder neuen Wortmeldung

    jeweils die Zeit einblenden zu lassen (siehe Teil 4, S. 28). Auch knnen private

    Gesprchsanfragen ausgeblendet werden.

    Bei Rumen (9) kann rasch vom einen in den anderen Chatraum gewechseltwerden.

    Bei Trennen (10) kann die Verbindung zum Chatraum unterbrochen und wieder

    hergestellt werden.

    Bei Hilfe (11) werden verschiedene Funktionen des Chats erklrt. Wie zum

    Beispiel jemand ignoriert werden kann, wie ein eigener Chatraum geffnet wird,

    was in den Einstellungen alles eingestellt werden kann, ...

    Im Instant Messenger

    Auch per Instant Messenger wird gechattet. Der Unterschied zum Chatroom auf

    einer Internetseite liegt in der Technik: Bei derMessenger-Kommunikation bauen

    die Computer der Teilnehmenden eine direkte Verbindung auf, die Messages

    (Nachrichten) werden direkt von einem Nutzer zum anderen gesendet. Dazu wird

    ein Instant-Messenger-Programm kostenlos im Internet herunter geladen und

    auf dem Computer installiert.Per Messenger kann man auch sehr einfach Texte,

    Daten, Fotos, Audio- und Videodateien versenden. Daneben bieten viele

    Messenger reizvolle Zusatzfunktionen wie Internet-Telefonie, integrierte E-Mail-

    Adressen, Voice- undWebcam-Software. Mit Hilfe von Mikrofonen werden Voice

    (Stimme), mit Hilfe von Web-Cams (an die Computer angeschlossene

    Filmkameras) Bilder live aufgezeichnet und bertragen. Instant Messenger bieten

    somit die technischen Mglichkeiten, zu telefonieren und dabei den

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Gesprchspartner auf dem Bildschirm zu sehen. Haben beide Chatpartner eine

    Camund betrachten sie sich gegenseitig auf dem Bildschirm, so nennt man das

    cam2cam.

    Auch kleine eigene Chats und gemeinsame Online-Spiele knnen darber

    organisiert

    werden. Instant Messenger sind bersichtlich gestaltet und leichtbedienbar. ber die persnliche Kontaktliste ist ersichtich, wer geradeonline ist.

    Jugendliche nutzen sie hufig zur direkten Kommunikation mit Freunden. Oft

    tauschen Chatfreunde in Chatrooms ihre privaten Emailadressen aus oder

    lassen den weiteren Kontakt ber einen Instant Messenger laufen. Messaging per

    MSN, ICQ, AOL usw. liegt bei den 12- bis 19-Jhrigen an erster Stelle der

    Internet-Aktivitten2. Viele Mdchen und junge Frauen, die den Mdchentreff

    PUNKT 12 besuchen, chatten ausschliesslich im Messenger. Dies wird ihnen auch

    eher von den Eltern erlaubt. Sie kommunizieren vorwiegend mit Bekannten oder

    mit Bekannten von Bekannten. Bei genauerem Nachfragen zeigt sich hufig, dass

    sie nicht alle direkt kennen, aber ungefhr wissen, wer es ist.

    Soziale Online Netzwerke

    Soziale Online Netzwerke sind sozusagen ffentliches Tagebuch, Fotoalbum,

    Poesiealbum, sowie elektronischer Briefkasten zugleich. Jede Person kann sich

    und ihr Leben mit Text, Foto und z. T. auch Filmen und Musik auf einer Seite

    darstellen. In den Einstellungen lsst sich whlen, ob die Seite ffentlich, nur von

    FreundInnen oder nur von sich selbst eingesehen werden kann.

    Unter der Rubrik FreundInnen werden Bekannte eingetragen, die ebenfalls ber

    eine Seite in diesem Netzwerk verfgen. So knnen die Seiten gegenseitig

    besucht werden. Je nach Netzwerk gibt es unterschiedliche interaktive

    Mglichkeiten. Zum Beispiel knnen sich beim von Jugendlichen stark genutzten

    Netlog FreundInnen auch gegenseitig Kommentare auf die Seiten schreiben.

    Zudem besteht bei Online Netzwerken immer die Mglichkeit, nach Personen zu

    suchen und ihnen elektronische Nachrichten zu hinterlassen.

    2.3 Internetnutzung

    Die Verbreitung des Internets hat in den letzten 10 Jahren massiv zugenommen.

    Nutzten laut Bundesamt fr Statistik 1997 erst 7 Prozent der Schweizer

    Bevlkerung ab 14 Jahren das Internet regelmssig, sind im 2007 zwei Drittel

    2 JIM-Studie 2007

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    tglich oder mehrmals pro Woche online. Das junge Medium wird von 92 Prozent

    der 15 24-Jhrigen genutzt! 65% der ber 15-Jhrigen verfgen zu Hause ber

    einen Internetzugang.3 Das Internet ist zu einem zentralen Kommunikations-

    und Informationsmedium geworden, das nicht mehr aus dem heutigen Alltag

    wegzudenken ist. Einige Mdchen, die bei uns im Mdchentreff PUNKT 12verkehren, sind immer im MSN angemeldet, wenn sie zu Hause sind egal, was

    sie tun. Sie sind immer fr die anderen erreichbar und knnen die anderen auch

    jederzeit kontaktieren. Hufig hren sie auch ihre Musik ber Musikvideos, die

    sie am Computer laufen lassen.

    Internetzugang der Mdchen und jungen Frauen

    Leider habe ich in der Schweiz keine detailliertere Daten zu jngeren Nutzerinnen

    gefunden. Da sich oben stehende Daten ziemlich genau mit jenen Deutschlands

    decken, beziehe ich mich auf die KIM-Studie 2006 und die JIM-Studie 2007 des

    deutschen Medienpdagogischen Forschungsinstuts Sdwest.

    Kinder

    81 Prozent der 6- bis 13-Jhrigen haben die Mglichkeit, zu Hause das Internet

    zu nutzen. 55 Prozent der Mdchen (60 % der Jungen) nutzen das Internet

    zumindest selten. Bei Kindern unter acht Jahren haben nur 18 ProzentErfahrungen mit dem Internet, bei den Acht- bis Neunjhrigen ist es fast die

    Hlfte und bei den Zehnjhrigen sind es rund 80 Prozent, die das Internet

    nutzen.4

    Jugendliche

    Die Haushalte, in denen 12- bis 19-Jhrige aufwachsen, sind zu 95 Prozent am

    Internet angeschlossen. ber einen Internetzugang im eigenen Zimmer verfgen

    41 Prozent der Mdchen und jungen Frauen (48 % der Jungen). Bei den 12- bis

    13-Jhrigen sind es knapp ein Drittel der Mdchen, die vllig freien und

    unkontrollierten Zugang haben. 83 Prozent der 12- bis 19-Jhrigen sind

    mehrmals pro Woche oder tglich online. Regelmssig das Internet nutzende

    Mdchen und junge Frauen verbringen nach eigener Einschtzung tglich

    3 BFS, Indikatoren Internetnutzung, Zugriff: 1.08.2008

    www.bfs.admin.ch/bfs/de/themen/16/03/key/indicator/30106.160204.print.html?open=54 JIM-Studie 2007, S. 39 ff

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    durchschnittlich 97 Minuten online. Je hher das Bildungsniveau der Mdchen

    und jungen Frauen, je aktiver und vielfltiger nutzen sie das Internet.5

    Welche Angebote des Internets nutzen Mdchen und junge Frauen?

    Kommunikative Ttigkeiten sind mit zwei Drittel der Online-Ttigkeitenjugendlicher Nutzerinnen die beliebteste Aktivitt im Internet. Ein deutlicher

    Trend ist der zunehmende Einsatz von Instant Messenger.

    Tglich oder mehrmals wchentlich tauschen sich 68 Prozent via Instant

    Messenger aus, 61 Prozent empfangen oder versenden E-Mails und 30 Prozent

    suchen Chatrooms auf. Chatrooms werden hufiger von Realschlerinnen

    aufgesucht, Gymnasiastinnen nutzen hufiger Instant Messenger und E-Mails.

    Etwas mehr als ein Viertel der Zeit im Internet verbringen Mdchen und junge

    Frauen mit der Suche und Lektre von Informationen. Tglich oder mehrmals

    wchentlich informieren sich 42 Prozent fr die Schule oder den Beruf auf dem

    Internet, 34 Prozent gehen eigenen Themen nach, 31 Prozent lesen Nachrichten

    und Aktuelles und 14 Prozent lesen Newsgroups.

    Ein bedeutender Anteil ist auch das Hren von Musik mit 41 Prozent etwas

    seltener das Anschauen von Film und Videos mit 11 Prozent sowie das Radiohren und das Downloaden (Herunterladen) von Musik mit je 7 Prozent.

    Das eigene Einbringen von Inhalten ist noch selten, 5 Prozent stellen Musik ins

    Internet und 8 Prozent Videos. Ebenso ist nutzen von Netz-, Multiuser-Spielen

    mit 7 Prozent wenig verbreitet.6

    Auffllig finde ich, dass sich die Internetnutzung von Mdchen und Jungen

    deutlich unterscheidet. Durchschnittlich sind Jungen tglich 30 Minuten lnger

    online als Mdchen7. Mdchen nutzen das Internet deutlich hufiger fr die

    Schule oder den Beruf und schreiben hufiger E-Mails. Alle anderen Internet-

    Aktivitten werden von Jungen hufiger ausgebt als von Mdchen, z. B. Musik

    hren, Videos schauen und Online-Spiele. Genaueres siehe folgende Grafik.

    5

    JIM-Studie 2007, S. 37 fff6 JIM-Studie 2007, S. 37 fff7 JIM-Studie 2007, S. 37

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Warum chatten Mdchen und junge Frauen?

    Plaudern

    Mdchen und Frauen chatten sicherlich aus Freude am Plaudern. Schnell und

    unkompliziert knnen sie MitschlerInnen und FreundInnen, aber auch neue

    Leute treffen. Spannend ist dabei fr Mdchen bestimmt, dass sie sich in einem

    Freiraum weitgehend ohne elterliche Kontrolle bewegen. Sie verfgen gegenber

    den Eltern ber einen deutlichen Wissens- und Erfahrungsvorsprung. Es ist das

    einzige Medium, in dem sie so miteinander reden knnen, wie sie wollen. Die

    eigene Chatsprache mit ihren Krzeln und Icons (Zeichen) sind nur fr Chat-

    KennerInnen verstndlich und bilden einen kleinen Teil Jugendkultur.

    Da viele Familien ber eine Breitbandleitung verfgen, ist es auch eine

    Mglichkeit fr die Kinder und Jugendlichen kostenlos mit Bekannten zu

    kommunizieren. Mdchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund nutzen

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    den Chat, die Internettelefonie oder auch Cam2Cam-bertragung, um mit

    Bekannten in der Ferne zu kommunizieren.

    Beziehungen pflegen

    Das Chatten ist fr viele Jugendliche ein regelrechtes Beziehungsmedium.Einerseits lernen sie neue Leute kennen, andererseits knnen sie die

    Beziehungen mit Bekannten pflegen. Rund die Hlfte jugendlicher ChatterInnen

    gibt an, ber Chatrooms neue richtige Freunde gefunden zu haben. Es handelt

    sich bei regelmssigen Chatterinnen hufig um ein gezieltes Treffen mit anderen

    Personen und weniger um zufllige Begegnungen. Die Hlfte der ChatterInnen

    trifft sich fast immer mit den gleichen Leuten im Chat. Ein Drittel gibt an, in einer

    richtigen Chatclique zu sein. Ein Fnftel findet, dass Chatpartner in ihrem Leben

    eine wichtige Rolle spielen und fr zwei Fnftel sind sie sogar so wichtig wie

    SchulfreundInnen. Allerdings berschneidet sich der reale Freundeskreis mit dem

    Chatfreundeskreis.8

    Eine Vierzehnjhrige erklrt: Es ist wunderbar zu chatten, da meine

    Klassenkameraden auch registriert sind. Ich wohne auch sehr weit von meinen

    Mitschlern entfernt und so knnen wir uns am Nachmittag austauschen. Das ist

    besser als telefonieren, da ich nicht 10 Telefonleitungen habe. Ausserdem kannich viele Leute kennen lernen. Da ich dick bin, lerne ich nicht so viele Leute

    kennen, und so geht das.9

    Spiel mit der Identitt

    Fr viele Mdchen stellt das Einmal-so-sein-knnen-wie-man-gerne-wre eine

    der Hauptmotivationen fr das Chatten dar. Einen besonderen Reiz hat es fr

    Kinder und Jugendliche, dass ihr Aussehen unwichtig wird und dass sie im Chat

    sogar eine andere Identitt annehmen knnen. Sie knnen Geschlecht, Alter,

    Aussehen, Hobbys, Vorlieben, persnliche Eigenschaften, Umfeld, Wohnort, usw.

    frei erfinden und sich somit in jeder Rolle ausprobieren. Als Mdchen kann ich

    zum Beispiel ausprobieren, wie es wre, ein Junge zu sein und mit einem andern

    (vermeintlichen?) Mdchen zu flirten. Ich kann lter oder jnger, dicker oder

    dnner, hbscher oder hsslicher sein als real.

    8 Katzer, 2007, S. 14f9 Chatten ohne Risiko, S. 4

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Unterschied zwischen Chat und Sozialen Online-Netzwerken

    Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen Chatrumen, wo das Gesprch

    zentral ist und Sozialen Online Netzwerken, wo es viel mehr ums bildliche

    Darstellen der eigenen Person geht. Hier stellen sich Jugendliche mit ihremBedrfnis nach Anerkennung und sexueller Besttigung oftmals mit mglichst

    aufreizenden Posen auf den Fotos dar. Auf Seiten wie Netlog gilt es mglichst

    schn und sexy zu sein. Nur was ist, wenn eine diese Normen nicht erfllen will

    oder kann? Der normative Druck ist hier sicherlich viel strker als beim Chatten,

    wahrscheinlich noch strker als im realen Leben. Mdchen und junge Frauen, die

    sich dem Druck etwas entziehen oder anders darstellen wollen, nutzen ihre

    Kreativitt: Spezielle Fotoausschnitte whlen, Fotos kreativ bearbeiten, eigene

    Texte verffentlichen, ...

    Anonymitt

    Gerade Mdchen in der Pubertt und junge Frauen nutzen die Chatrooms auch

    als Experimentierfeld zum Flirten und Aufbauen erotischer Spannungen.

    Aufgrund der Anonymitt bietet kein anderes Kommunikationsmedium

    Teenagern auf vergleichbare Weise die Mglichkeit, neue Erfahrung bezglich der

    eigenen sexuellen Identitt zu machen. Auch bieten das Internet und dieChatrooms Mglichkeiten zur Information und des Austausches bezglich

    Sexualitt und sexuellen Erfahrungen. Besonders fr Mdchen, bei denen im

    realen Umfeld Sexualitt ein Tabuthema darstellt und deshalb dort kaum eine

    Werte- und Normbildung stattfindet, birgt dies strker die Gefahr, dass sie sich

    ein falsches Bild von Sexualitt machen und bergriffe leichter mglich sind.10

    10 Katzer, www.dji.de, Zugriff: 24.07.08

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    3. Sexuelle Gewalt und Belstigungen im Chat

    und im Instant Messenger

    Das Internet und im speziellen die Chatrooms eignen sich hervorragend fr

    sexuelle bergriffe an Kindern und Jugendlichen. Die Anonymitt schtzt die

    TterInnen, das Internet ist nach wie vor ein relativ rechtsfreier Raum und die

    Kinder und Jugendlichen sind teilweise stundenlang und hufig ohne elterliche

    Aufsicht in den virtuellen Rumen anzutreffen. Viele Eltern und PgagogInnen

    kennen die Handhabung und die Mglichkeiten des noch relativ jungen Mediums

    wenig und sind sich der Gefahren kaum bewusst. Tter und Tterinnen nutzen

    den Freiraum des Internets gezielt, um Kontakte zu ihren Opfern zu knpfen. DaTter und Tterinnen unentdeckt Mdchen und Jungen missbrauchen wollen,

    klren diese hufig ab, ob die chattenden Kinder und Jugendlichen alleine vor

    dem Bildschirm sitzen oder ob Erwachsene in der Nhe sind, die den Inhalt des

    Chatgesprchs mitbekommen knnten.

    Die Anonymitt des Internets eignet sich ebenfalls bestens fr die Vernetzung

    pdosexueller TterInnen. Sie tauschen sowohl Strategien wie auch

    kinderpornografisches Material untereinander aus. Dies sei hier jedoch nur am

    Rand erwhnt, ich lege den Focus auf bergriffe, welche Mdchen und Frauen in

    den virtuellen Rumen des Internets erleben knnen, auf Strategien der Tter

    und Tterinnen sowie die verschiedenen Reaktionen der Opfer nach einer

    Viktimisierung.

    3.1 Was virtuelle Begegnungen prgt

    Zwar wissen Kinder und Jugendliche in der Regel besser als ihre Eltern, wie das

    Internet und Chats zu bedienen sind, doch begegnen sie Tter und Tterinnen im

    Netz vllig unvorbereitet. Machen wir uns mal die genauen Umstnde bei

    Kontakten im Chat bewusst, so knnen wir die Naivitt von Kindern und

    Jugendlichen besser nachvollziehen: Der beim realen Kontakt natrliche Abstand

    zwischen einem Erwachsenen und einem Kind, der z. B. schon durch die

    unterschiedliche Krpergrsse gegeben ist, fllt weg. Das ussere

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Erscheinungsbild, Mimik, Krpersprache, Stimme und Tonfall einer Person, die

    helfen Personen einzuschtzen, knnen nicht wahrgenommen werden.

    Minderjhrige bringen ChatpartnerInnen extrem viel Vertrauen entgegen, da es

    sich um konkrete Menschen handelt. Das Misstrauen, dass sich jemand verstellen

    knnte, ihnen zu nahe kommen oder gar in ihre Privatsphre eintreten, ist ihnenfremd. Viele Kinder und jngere Jugendliche knnen sich gar nicht vorstellen,

    dass die Profile und die Fotos von den ChatpartnerInnen geflscht sein knnen.

    Die vermeintliche Mglichkeit den Kontakt jederzeit beenden zu knnen, in dem

    sie den Chat verlassen und den Computer abschalten, gibt ihnen den Eindruck

    selbst ber die Kontakte zu bestimmen.

    In der vertrauten Atmosphre vor dem Bildschirm zu Hause fhlen sich die

    Mdchen sicher und verlieren ihr gesundes Misstrauen. Daraus entsteht ein

    Gefhl der Sicherheit und einer grsseren Bereitschaft, sich gegenber Fremden

    zu ffnen. Hufig berschtzen sie ihre Wehrhaftigkeit und unterschtzen die

    Absichten und Strategien von Tter und Tterinnen. In den meisten Fllen

    dringen diese ber die Technik in den unmittelbaren Lebensraum der Mdchen

    ein, der somit zum Tatort wird. 11

    Die vielen raschen Informationen beim Chatten sowie Surfen berfluten nicht

    selten Kinder und Jugendliche. Zu viele Informationen fhren dazu, dass dieseim Sinne eines Selbstschutzes nicht mehr ausreichend gefiltert werden und

    einzelne Informationen den berfluteten Menschen umso tiefer und intensiver

    erreichen. Vor dem Bildschirm ist folglich die Widerstandsfhigkeit reduziert und

    die Verletzbarkeit erhht.12

    Die bergnge zwischen netter Unterhaltung und einer bergriffigen Situation

    sind hufig fliessend. Dies macht es Mdchen und jungen Frauen schwer, die

    berschreitung der Grenzen wahrzunehmen, die Grenzen direkt zu setzen und

    zum Beispiel das Gesprch zu beenden. Auch die Neugier, das Interesse an

    sexuellen Themen, sich ein Bild von Sexualitt machen zu wollen, kann Mdchen

    und junge Frauen daran hindern, die Grenzen zu fhlen und sich abzugrenzen.

    11 Enders, 2006, S. 428f12 Enders, ebenda

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    3.2 Sexuelle Belstigungen und bergriffe

    In Foren und Chatrumen, spter oft per E-Mail und in Instant Messengern

    unterhalten sich Tter und Tterinnen gezielt mit potenziellen Opfern. Es gibt

    sehr unterschiedliche Formen sexueller Ausbeutung in Chatrumen. Nachfolgend

    jeweils eine kurze Einleitung und anschliessend einige praktische Beispiele, wieTter und Tterinnen misshandeln.

    Ich spreche von Tterinnen und Ttern, da davon auszugehen ist, das wie bei

    sexueller Gewalt allgemein Frauen wie Mnner sexuelle Gewalt anwenden.

    Ebenfalls ist anzunehmen, dass in den virtuellen Begegnungsrumen wie auch in

    der realen Welt sexuelle Gewalt grsstenteils von mnnlichen Jugendlichen und

    Mnnern ausgebt wird.

    verbale Belstigung

    Kurz nach der Begrssung, zeigt sich oftmals bereits die Absicht vieler Tter und

    Tterinnen, andere bauen erst ein freundschaftliches Verhltnis auf. Meist wird

    rasch nach dem Instant Messenger MSN gefragt, um dort das Gesprch noch

    unkontrollierter stattfinden zu lassen, um genau zu wissen, wann das Mdchen

    oder die junge Frau online ist und um sie immer wieder kontaktieren zu knnen.

    Tter und Tterinnen belstigen Mdchen und junge Frauen mit sexueller

    Anmache.

    Sie verwickeln ihre Opfer in Chatdialoge ber sexuelle Praktiken.

    Sie fragen Mdchen und junge Frauen nach sexuellen Erfahrungen aus.

    Sie beschreiben, dass sie nackt sind, wie sie aussehen, wie sie sich gerade

    selbst befriedigen.

    Sie beschreiben detailliert ihre sexuellen Vorlieben bis hin zuPerversionen.13

    Konfrontation mit pornografischen Fotos, Ton und Filmen, Herstellungvon pornografischen Montagen und Filmen

    In Instant Messengern knnen Fotos, sowie ber das Mikrofon Ton und ber die

    Webcam Filme live bertragen werden. Der Tter oder die Tterin kann so das

    13 Enders, 2006, S.

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Mdchen direkt mit sexuellen Handlungen konfrontieren und die Reaktionen im

    Chat erfragen.

    Pornografische Bilder oder kurze Filme werden Kindern und Jugendlichen auf den

    Instant Messenger oder auch auf das Handy geschickt. Hufig werden diese ohne

    Wissen des Mdchens oder in einem Tausch, bei dem eigentlich beide ein Bildvon sich schicken sollten, zugesandt. Es kann sich bei solchem Bildmaterial auch

    um illegale Pornografie sexuelle Handlungen mit Tieren, Kindern, Exkrementen

    und Gewalt handeln. Oftmals steigern Tter und Tterinnen das Ausmass der

    dargestellten Gewalt. Auch hier berprfen die TterInnen hufig die Reaktion

    des Kindes.14

    Tterinnen und Tter versenden pornografisches Material (Bilder und

    Filme) auch von der sexuellen Ausbeutung von Kindern und

    Jugendlichen.

    Sie befriedigen sich selbst vor der Webcam und bertragen diese Bilder

    auf den Bildschirm des Opfers.

    Sie verfhren Mdchen und Jungen, sich selbst vor der Webcam zu

    befriedigen und ihnen diese Bilder zu bertragen.

    Sie erstellen kinderpornografische Filme, indem sie die Webcam-

    bertragungen mit den sexuellen Handlungen von Kindern undJugendlichen aufzeichnen.

    Sie produzieren pornografische Fotomontagen, indem sie die Kpfe ihrer

    kindlichen und jugendlichen Chatfreunde aus Fotos, die in deren Profil

    stehen bzw. von den Mdchen und Jungen gutglubig an den

    vermeintlichen Chatfreund gemailt wurden, in pornografische Fotos

    einsetzen.

    Sie erpressen die Opfer mit den aufgezeichneten Webcam-bertragungen

    oder den montierten pornografischen Darstellungen indem sie fr die

    Nichtverffentlichung von dem Kind oder Jugendlichen bestimmte

    Handlungen oder ein bestimmtes Verhalten verlangen.

    Vorbereitung eines Missbrauchs in der realen Welt

    Wie in der realen Welt findet eine so genannte Grooming-Phase statt, in der die

    Reaktion des Mdchens auf Sexuelles getestet wird und Gesprche ber

    14 Enders, 2004, S.6f

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Sexualitt sowie sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern als

    normal eingestuft werden. TterInnen desensibilisieren Kinder und Jugendliche

    oft mit (kinder)pornografische Bilder, so dass sie sich an sexuelle

    Grenzberschreitungen gewhnen und sich der eigentlichen Grenzen nicht mehr

    sicher sind. Gleichzeitig versucht der Chatpartner das Vertrauen des Mdchens,der jungen Frau zu strken, intensiviert den Kontakt und erfragt zustzliche

    Kommunikationskanle und Informationen zur Identitt wie Instant Messenger,

    E-Mail, Handy, Adresse, Name, ...

    Eine Untersuchung der University of New Hampshire kam 2001 zum Ergebnis,

    dass Tter, die ihre Opfer im Internet kennen gelernt hatten, nur selten ber ihr

    Alter gelogen hatten. Sie hatten mit den Jugendlichen ber lngere Zeit

    kommuniziert, hatten ihnen Geschenke gemacht und nur selten ber ihre Motive

    gelogen. Die Opfer waren zwischen 13 und 15 Jahre alt und wussten, dass sie

    sich mit deutlich lteren Mnnern trafen, die sexuelle Kontakte wollten. Sie

    fhlten sich emotional zu den Ttern hingezogen.15(Mit einem Klick, S. 118f)

    Tter und Tterinnen beschenken ihre jungen ChatpartnerInnen.

    Sie fordern Mdchen auf, ihnen ihre getragenen Slips zu verkaufen.

    Sie erklren den Kontakt zum gemeinsamen Geheimnis. Sie bieten Mdchen und Jungen Geld fr sexuelle Treffen an.

    Sie bieten Mdchen und Jungen Geld, wenn sie zu diesen Treffen andere

    Kinder und Jugendliche mitbringen.

    Sie fragen mgliche Treffpunkte ab.

    Sie verabreden sich mit Mdchen und Jungen zu Treffen in der realen

    Welt, um diese zu missbrauchen, zu filmen, zu entfhren oder zu tten.

    (nach U. Enders, click it, S. 6)

    3.3 Jugendliche Tterschaft

    Etwa bei einem Drittel aller Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung von

    Mdchen und Jungen sind die TterInnen nicht lter als 18 Jahre alt, belegen

    internationale Forschungsergebnisse durchgngig. In den von Jugendlichen

    15 Kerger, 2007, S. 118

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    intensiv genutzten neuen Medien wird der Anteil junger TterInnen keinesfalls

    geringer, wahrscheinlich eher hher sein.16

    Zartbitter weiss aus der Beratungsttigkeit, dass sich erwachsene Fremdtter

    weitaus seltener als bisher angenommen als Jugendliche ausgeben, sonder die

    Masche des verstndnisvollen erwachsenen Freundes whlen, um sich beiMdchen einzuschleimen. Auch wird die sexuelle Gewalt in den Neuen Medien

    sehr hufig von jugendlichen Ttern und auch Tterinnen verbt meist von

    persnlich bekannten Jungen und Mdchen.17

    Berichte von Jugendlichen an Prventionsveranstaltungen von Zartbitter machen

    deutlich, dass Gewalt in den neuen Medien vielfach von TterInnen aus dem

    sozialen Nahbereich verbt wird vor allem durch gleichaltrige und ltere

    Jugendliche. Nicht nur Handygewalt sondern auch sexuelle bergriffe im Instant

    Messenger werden hufig von den Opfern bekannten Jugendlichen oder von

    solchen, die Handynummern oder Messenger-Adressen von KlassenkameradIn-

    nen oder FreundInnen des Opfers bekommen haben, ausgebt.

    Gerade im schulischen Umfeld beginnen die Belstigungen eher als sogenanntes

    Spiel. Der Instant Messenger und das Handy werden so zum erweiterten

    Schulhof jedoch ohne Aufsicht. Die ewig nervigen kleinen Sticheleien, die

    Intrigen und das Mobbing finden oftmals in der Freizeit in den neuen Medien ihreFortsetzung. Sich da Hilfe zu holen ist sehr schwierig, da es als Spass daher

    kommt. Viele getrauen sich nicht, ihre Verletzungen zu zeigen und sich Hilfe zu

    holen. Das Ausmass an Gewalt in den neuen Medien eskaliert besonders dann,

    wenn das Klima der Clique oder Klasse ohnehin von Grenzverletzungen und

    Gewalt geprgt ist.18

    3.4 Viktimisierung von Mdchen und jungen Frauen im Internet

    Die 2008 gestartete Kampagne der Stadt Zrich schau genau! gegen die

    sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im Internet geht davon aus,

    dass

    Kinder und Jugendliche, die in einem Chatroom fr unter 15-Jhrige chat-

    ten, durchschnittlich nach 2,6 Minuten sexuell angemacht werden.

    16

    Enders, 2008, S.11117 ebenda18 Enders, 2008, S. 112

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    50 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die im Internet surfen, schon mal

    mit einem pornografischen Bild konfrontiert wurden.

    Ich gehe davon aus, dass dies beim Surfen, Recherchieren mit einschlgigen

    aber auch harmlosen Begriffen verbreiteter ist, als beim Chatten. (Z. B. wenn ich

    Bilder mit dem Begriff Girl suche.)

    Eine Studie des Sozialpsychologischen Instituts der Universitt Kln aus dem

    Jahr 2005 besttigt ebenfalls, dass Kinder und Jugendliche oft sexuell

    angesprochen werden. Vom Befragungszeitpunkt rckblickend auf den letzten

    Monat wurden:

    38,2% ungewollt sexuell angesprochen

    25,9% unaufgefordert nach krperlichem Aussehen gefragt

    26,3% ungewollt nach eigenen sexuellen Erfahrungen gefragt

    24% unaufgefordert von sexuellen Erfahrungen anderer erzhlt be-

    kommen

    11% erhalten unaufgefordert Fotos nackter Personen

    4,6% erhalten unaufgefordert Pornofilme

    8,3% werden ungewollt zu sexuellen Handlungen vor der Webcam

    aufgefordert

    Nach Geschlecht untersucht zeigt sich, dass Mdchen und junge Frauen

    insgesamt wie auch im realen Umfeld hufiger sexuell viktimisiert werden. Dabei

    hat das Alter der Chatterinnen keinen Einfluss. Die Wahrscheinlichkeit sexuelle

    bergriffe im Internet zu erfahren ist fr 10-Jhrige gleich gross wie fr 18-

    Jhrige. Allerdings zeigen sich jngere Mdchen in der akuten Situation sowie

    dauerhaft strker belastet. Jungen und junge Mnner werden hufiger als

    Mdchen und junge Frauen mit pornografischen Bildern und Filmen

    konfrontiert.19

    19 Katzer, www.dji.de, Zugriff: 24.07.08

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    3.4 Reaktionen auf erlebte sexuelle Viktimisierung

    Wie wird sexuelle Viktimisierung von den Opfern empfunden?

    Mehr als die Hlfte der Mdchen und jungen Frauen findet die sexuelle

    Viktimisierung unangenehm. Zwei von fnf werden wtend und jede sechste

    fhlt sich ngstlich und verletzt.

    54,5 % empfinden es als unangenehm

    40 % sind wtend

    17,3 % sind frustriert

    14,9 % sind verngstigt

    14,4 % fhlen sich verletzt

    11,3 % sind niedergeschlagen

    Das Erleben der sexuellen Viktimisierung wird nicht von allen gleich empfunden,

    es ist nicht mglich, von DEN viktimisierten Mdchen als homogene Gruppe zu

    sprechen. Es muss in mehrere Opfergruppen unterteilt werden, wie die Studie

    von der Universitt Kln zeigt.

    Bei jngeren und eher braven Mdchen, die vorwiegend leichte Formen sexueller

    Viktimisierung erlebt hatten, wie nach sexuellen Dingen oder nach sexuellen

    Erfahrungen gefragt werden, konnte eine starke akute Belastung (wie Angst,

    Frustration oder Niedergeschlagenheit) sowie eine emotionale Langzeitbelastung

    (nicht Vergessen-Knnen) festgestellt werden.

    Bei etwas lteren Mdchen mit wahrscheinlich mehr Chaterfahrung und einer

    ersten Erfahrungen im Bereich der Sexualitt wie Kssen oder Petting wurden die

    erlebten Viktimisierungen nicht als emotionale Belastung empfunden. Vielmehr

    scheint sexuelle Viktimisierung zum Chatalltag dazuzugehren.

    Eine besonders auffllige Gruppe bildeten einige junge eher frhreife Mdchen,mit einem grossen Interesse an der erotischen Erwachsenenwelt. Sie

    besuchten Pornochatrooms und zeigten den meisten Spass an sexuellen Themen

    und Gesprchen whrend ihrer Chatbesuche. Laut Katzer wurden diese

    Abenteurerinnen hufiger als alle anderen Chatterinnen sexuell viktimisiert und

    erlebten die meisten schweren Viktimisierungen (wie pornografische Fotos und

    Filme erhalten, aufgefordert werden zu sexuellen Handlungen vor der Webcam).

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    Es zeigte sich, dass sich gerade diese schwer sexuell viktimisierten Chatterinnen

    kaum belastet fhlten.20

    Ich frage mich, inwiefern hier von Viktimisierung gesprochen werden kann.

    Rechtlich gesehen, sind diesen noch minderjhrigen Mdchen sicherlich

    pornografische Bilder zugestellt worden oder sie wurden zu sexuellenHandlungen aufgefordert, was strafbar ist. Ich kann mir vorstellen, dass sich

    diese Mdchen nicht als Opfer fhlen, sondern eben danach gesucht und sich auf

    sexuelle Inhalte eingelassen haben. Deshalb fhlen sich auch kaum belastet.

    Oder aber sie haben schon in der realen Welt sexuelle Gewalt erlebt und nehmen

    sexuelle Grenzberschreitungen anders wahr. Auf jeden Fall wren hier

    detailliertere Informationen wnschenswert.

    Wie handeln betroffene Mdchen?

    Nur 9% der viktimisierten Mdchen sprechen mit ihren Eltern oder anderen

    Erwachsenen ber die unangenehmen sexuellen Erlebnisse in Internet-

    Chatrooms. Scham, Angst vor Unverstndnis, aber auch vor einem generellen

    Internetverbot sind mgliche Hintergrnde. Rund 20% aller viktimisierten

    Chatterinnen sprechen mit anderen ChatterInnen ber die sexuellen bergriffe

    und ebenfalls 20%melden die sexuellen Viktimisierungen den Chatbetreibern.21

    3.5 Risikofaktoren

    Ein risikobehaftetes, sexuell neugieriges und aufgeschlossenes Chatverhalten, die

    Suche nach dem erotischen sexuellen Kick erhht die Wahrscheinlichkeit

    leichter und schwerer sexueller Viktimisierungen im Gegensatz zu bravem,

    sexuell unaufflligem Chatverhalten.

    Ein weiteres Risiko liegt in den Profilen, die jedeR NutzerIn sich innerhalb derMessenger und Sozialen Online Netzwerken erstellen kann. Mdchen und junge

    Frauen prsentieren sich in ihrem Profil hufig sehr umfassend mit Fotos oft

    mglichst attraktiv und sexy sowie persnlichen Angaben zu Alter, Wohnort,

    Hobbys etc. Sie haben das Ziel andere Jugendliche auf sich aufmerksam zu

    machen und von ihnen angesprochen zu werden. Die Messenger bieten dazu

    entsprechende Suchfunktionen, ber die man andere Nutzer anhand ihrer

    20 Katzer, www.dji.de, Zugriff: 24.07.0821 Katzer, www.dji.de, Zugriff: 24.07.08

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Profildaten finden kann. Diese Suchfunktion macht es Pdokriminellen sehr

    leicht, gezielt nach Nutzern in einem bestimmten Alter oder in einer bestimmten

    Wohnregion zu suchen, um mit ihnen direkt per Messenger in Kontakt zu treten.

    Die Recherchen von Jugendschutz.net belegen, dass problematische

    Kontaktanfragen umso hufiger an die vermeintlich minderjhrigen Charrerinnengerichtet wurden, je mehr persnliche Angaben sie in ihren Profilen verffentlicht

    hatten.22

    22 http://www.chatten-ohne-risiko.net/index.php?id=147&type=98), Zugriff, 24.07.2008

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    4. Eigene Chat-ErfahrungenJedes Mal, wenn ich mich im teentalk bei bluewin angemeldet habe, erhielt ich

    zwischen fnf und dreissig private Nachrichten. Etwa 80 Prozent waren

    mnnliche Identitten. Sie wollten bei den ersten Fragen in Erfahrung bringen,

    woher ich komme und wie alt ich war. Einige verabschiedeten sich sofort und

    freundlich, als sie hrten, dass ich elf bin, da sie deutlich lter waren. Einige

    waren (vermeintliche?) Gleichaltrige, einige etwa Dreissigjhrige sahen kein

    Problem darin mit mir zu chatten, da das ja nur Reden ist. Etwa die Hlfte der

    Jungen/Mnner kamen rasch zum Thema Sex. Mehr als die Hlfte fragte noch im

    Verlauf der ersten Seite, ob ich MSN habe, ebenfalls wurde ich immer wieder

    gefragt, ob ich ein Handy habe und MMS empfangen knne oder eine Cam habe.

    Die technischen Mglichkeiten wurden rasch abgecheckt und waren sehrbedeutend fr meine Attraktivitt. Einige schmierige Dialogspartner

    unterbrachen das Gesprch mittendrin, sobald sie wussten, dass ich kein MSN

    oder keine Cam habe. Andere suchten nach Alternativen, z. B. das Handy.

    Diese technische Abklrungen liefen meist, bevor berhaupt ein gemeinsames

    Gesprchsthema gefunden war. Oder nach ganz kurzer Beschnupperung, ein

    paar anzglichen und doppeldeutigen Aussagen. Einige Gesprchsbeispiele:

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Besonders bei den Nicknamen Chica11 und Sweetchica11 waren viele

    unangenehme Jungen/Mnner darunter. Ich schliesse dies darauf zurck, dass

    Geschlecht und Alter bereits im Namen erkennbar waren und ich so von weitem

    der interessanten Zielgruppe zugeordnet werden konnte. Die Flut unangenehmer

    Zuschreibenden liess mich erlahmen. Ich htte keine Chance gehabt, diese zu

    melden. Ich htte nur noch gemeldet und nicht mehr gechattet. Ausserdem ist

    bei bluewin das Anmelden so einfach, dass ein Ausschluss aus dem Chat keineschmerzhafte Sanktion ist, da in einer halben Minute unter neuem Nicknamen

    wieder am Geschehen teilgenommen werden kann.

    Die einzigen einfachen Mglichkeit ohne grossen Aufwand verbale Belstiger

    loszuwerden sind nicht zu antworten oder das Sperren der sexuell Anzglichen.

    Mit einem Klick auf die rechte Maustaste, whle ich ignorieren und habe Ruhe,

    zumindest bis sie sich nicht unter anderem Nicknamen wieder melden. Das einzig

    nachhaltig Sinnvolle erscheint mir als Mdchen, einen kleineren Chatroom zu

    suchen sowie im ffentlichen Chatraum zu bleiben.

    Da ich keine MSN- und E-Mailadresse sowie Telefonnummer rausgab und nur

    punktuell in den Chatrumen anwesend war, hatte ich jeweils nur einmalige

    Kontakte.

    Whrend meinen Recherchen und jenen des Jugendschutz.net zeigte sich, dass

    sehr oft nachdem Besitz der gngigen Instant Messenger wie z.B. MSN oder ICQ

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    gefragt wird. Dies obwohl in den Chatregeln fast aller Chatanbieter das Abwerben

    fr MSN und Co. untersagt ist.

    Im Chat werden hufig die Adressender Instant Messenger getauscht, um ber

    diese Programme privat weiter chatten zu knnen. Whrend in den meisten

    Chats ein Mindestmass an

    Moderation oder eine Beschwerdestelle gegeben ist,entflltdies bei den Instant Messengern.

    Die Mglichkeit Dateien einfach zu bermitteln und die Privatheit der Instant

    Messengern bergen ein hohes Risiko, das sich auch in den Recherchen des

    deutschen Jugendschutz.net besttigte. Das Material, das den vermeintlich

    minderjhrigen Chat-Partnerinnen per Messengerzugeschickt wurde, reichte von

    Tonaufnahmen z. B. Schilderung whrend des Onanierens ber selbst gefilmte

    Pornovideos bis hin zu sodomistischen, gewaltverherrlichenden und

    kinderpornografischen Bildern und Links, deren Verbreitung grundstzlich

    strafbar ist. Vorflle dieser Art kamen in allen recherchierten Messengern in

    nahezu gleichem Ausma vor. Sehr massive bergriffe erfolgten hufiger als in

    vielen der untersuchtenWebchats. Vermutlich senkt die fehlende Moderation hier

    die Hemmschwelle bei den Ttern noch einmal.23

    23 http://www.chatten-ohne-risiko.net/index.php?id=147&type=98, Zugriff 24.07.2008

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    5. Rechtliche Aspekte

    5.1 Gesetzliche Grundlage

    Seit dem 1. Oktober 1992 ist das revidierte Sexualtstrafgesetz ber strafbare

    Handlungen gegen die sexuelle Integritt in Kraft. Die Artikel 187 bis 200 des

    Strafgesetzbuches (StGB) sind auch fr sexuelle bergriffe im Internet

    massgebend.24

    Kinder, die das 16. Lebensjahr noch nicht zurckgelegt haben, befinden sich im

    Schutzalter und werden durch das Gesetz in zweifacher Hinsicht geschtzt:

    Sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern sind generell verboten,

    ausser der Altersunterschied zwischen zwei Personen betrgt weniger als drei

    Jahre. (Art. 187 Sexuelle Handlungen mit Kindern) Was eine sexuelle Handlung

    darstellt, wird vom Gesetzgeber sehr weit ausgelegt.25

    Pornografische Erzeugnisse, Bilder, Videos, Text, usw. drfen Kindern unter 16

    Jahren nicht gezeigt werden. (Art. 197 Pornografie) Das gilt auch fr Chat, Blog

    und Handys: Auch hier drfen Kindern keine pornografischen Bilder gezeigt

    werden!

    Die Herstellung (ebenfalls die Einfhrung, Lagerung, Anpreisung sowieVorfhrung) von pornografischen Schriften, Abbildungen, Ton- oder

    Bildaufnahmen, welche sexuelle Handlungen mit Kindern, oder mit Tieren,

    menschlichen Ausscheidungen und Gewaltttigkeiten zum Inhalt haben, werden

    mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. Auch als

    Beweismaterial darf illegale Pornografie deshalb niemals gespeichert werden!

    Auch sexuelle Belstigungen und die bertretungen gegen die sexuelle Integritt

    sind in Art.198 Bestandteil des Strafgesetzbuches. Wer vor jemandem, der dies

    nicht erwartet, eine sexuelle Handlung vornimmt und dadurch rgernis erregt,

    wer jemanden ttlich oder in grober Weise durch Worte sexuell belstigt, wird,

    auf Antrag, mit Busse bestraft.

    24 Die Gesetzestexte sind unter www.admin.ch/ch/d/sr/c311_0.html,Seite 78 bis 82, zu finden.25 Click it, 2006, S. 23

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    5.2 Anzeige erstatten

    Anzeige erstatten empfiehlt sich, wenn tatschlich auch auf das Gesetz

    zurckgegriffen werden kann. Anzeige kann auf einem Polizeiposten erstattet

    werden oder bei der lokalen Opferhilfe. Ebenfalls kann eine Meldung bei der

    nationalen Koordinationsstelle zur Bekmpfung von Internetkriminalitt KOBIKauf der Website www.kobik.chgemacht werden.

    Anzeige sollte unbedingt erstattet werden, wenn

    Minderjhrige zu sexuellen Handlungen aufgefordert werden

    Minderjhrigen Geld fr sexuelle Handlungen angeboten wird

    Minderjhrige mit pornografischem Material belstigt werden

    illegales pornografisches Material zugeschickt wird26

    Obengenannte Tatbestande sind Offizialdelikte. Das heisst, sie werden von

    Staates wegen verfolgt, sobald die Polizei davon Kenntnis hat. Das Opfer wird

    zur Zeugin und hat keine Mglichkeit, die Anzeige zurckzuziehen.

    Wird ein Mdchen oder eine Frau immer wieder sexuell belstigt, vielleicht auch

    auf mehreren Wegen (Chat, E-Mail, Telefon, Handy,...) oder sie fhlt sich

    bedrngt, empfiehlt es sich auch, Anzeige zu erstatten. Hier handelt es sich

    jedoch um ein Antragsdelikt. Das Opfer ist somit Klgerin.

    Bei sexuellen Belstigungen (die nicht angezeigt werden), sollte auch der

    Betreiber des Chatrooms informiert werden. Dieser kann den Belstiger

    sanktionieren, indem er diesen sperrt.

    5.3 Sichern von Beweismaterial

    Um eine Tat zu beweisen und einen Tter, eine Tterin zu berfhren braucht es

    mglichst genaue Angaben. Je mehr Angaben, desto einfacher ist es, den Tter

    oder die Tterin zu finden. Dokumentieren sollte man folgende Informationen,

    sie helfen bei den Ermittlungen:

    Beweise der Tat speichern: E-Mails, Bilder, Videos, Texte, Chatprotokolle,

    SMS, MMS aber keine illegale Pornografie

    26 Nach www.kindersindtabu.deund einem Gesprch mit Herrn Stachler, Leiter der Sittenpolizei desKantons Bern

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Tatzeit und Ort festhalten: Genaues Datum mit genauer Uhrzeit (mglichst

    auf die Minute) Chatraum bzw. Programm, wird gebraucht um die IP-

    Adresse (Internetprotokoll-Adresse) des Tters herauszufinden.

    Alle Informationen ber den Tter oder die Tterin sammeln:

    Nicknamen, angegebene Namen, Telefonnummern oder falls vorhandendie IP-Adresse des Tters, der Tterin.

    Gesprche im Chat knnen wie folgt gespeichert werden:

    Per Screenshot (Abbild des Chatfensters):

    1. Gleichzeitig Alt-Taste Print-Screen-Taste drcken.

    2. In einem Text- oder Grafikprogramm Ctrl-Taste und V drcken, um das

    Abbild einzusetzen.

    3. Datei speichern

    Per Logfile:

    1. Text im Chatfenster mit der Maus markieren.

    2. Text mit Ctrl-Taste und C kopieren

    3. In einem Text- oder Grafikprogramm Ctrl-Taste und V drcken, um das

    Abbild einzusetzen.4. Datei speichern

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    6. Prvention im Wen-Do-KursEine umfassende Prvention von sexueller Gewalt wie auch die Prvention

    sexueller Gewalt in virtuellen Rumen im Speziellen setzen die sexuelle

    Aufklrung von Mdchen und jungen Frauen voraus. Wer ber seine

    Geschlechtsorgane sowie ber Liebe und Sexualitt Bescheid weiss, kann

    bergriffiges Verhalten besser erkennen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung,

    um nein zu sagen und unangenehmen Situationen ein Ende zu setzen. Wen-Do

    kann in einem Wochenend-Kurs natrlich nicht das sexuelle Grundwissen

    vermitteln. Als Wen-Do-Trainerin kann ich jedoch eine Offenheit und

    Gesprchsbereitschaft zu den Themen Krper, Liebe und Sexualitt signalisieren

    oder dies sogar mit aufgelegten Informationsbroschren betonen. Ich finde es

    wichtig, eingebrachte Fragen oder Themen zu Liebe und Sexualitt derTeilnehmerinnen mit einer dem Alter angepassten Sprache ohne Verlegenheit

    und ohne Ausweichen aufzugreifen.

    Ebenfalls zentral fr die Prvention vor Sexueller Gewalt ist die Strkung des

    Selbstwertgefhls sowie der Persnlichkeit von Mdchen und jungen Frauen.

    Wen-Do ist sich dies bewusst und achtet auf einen sorgfltigen und

    wertschtzenden Umgang im Kurs.

    Im Rahmen von Gesprchsrunden greift Wen-Do whrend eines Kurses die

    unterschiedlichsten Situationen aus dem Leben von Mdchen und Frauen auf. Die

    virtuellen Rume als hufiger Aufenthaltsort jugendlicher Kursteilnehmerinnen

    mssen hier einbezogen werden. Manchmal erzhlen Teilnehmerinnen von selbst

    negative Erlebnisse aus Chatrumen oder Instant Messenger. Die unter Kapitel

    3.4 ausgefhrte Untersuchung von Catarina Katzer jedoch zeigt, dass nur sehr

    wenige Mdchen von sich aus ber negative Online-Erlebnisse sprechen. Deshalb

    empfehle ich die direkte Nachfrage der Wen-Do-Trainerin. So vernimmt sie auch,

    wie erfahren die Mdchen mit diesen Medien sind, ob sie bereits negative

    Erfahrungen gemacht haben und bei welchem Wissenstand sie anknpfen kann.

    Im Rahmen der Diskussion ber sexuelle Belstigungen und sogenanntes

    Cyberbulling (nachstellendes und verletzendes Verhalten ber elektronische

    Medien, also Mobbing im virtuellen Raum) finde ich es wichtig, erzhlte Vorflle

    ernst zu nehmen, Gefhle zu benennen sowie allen Teilnehmerinnen aufzuzeigen,

    dass dies niemals ein Spiel ist. Mobbing (auch im virtuellen Raum) ist gerade bei

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Mdchen verbreitet. Sie drfen dies nicht tun und sollen auch anderen Grenzen

    setzen, wenn sie davon erfahren.

    6.1 Grundhaltung fr die Prvention

    Viele Mdchen und junge Frauen finden Chatten sehr attraktiv. Aus Gesprchenmit verschiedensten Mdchen und jungen Frauen im Mdchentreff weiss ich, dass

    immer wieder Eltern jngeren Mdchen und manchmal auch

    Oberstufenschlerinnen, verbieten zu chatten. Die einen Mdchen halten sich an

    das Verbot, andere chatten dann bei Freundinnen oder anderorts. Ein Verbot

    verbreitet diffuse Angst, indem Gefahren genannt werden, ohne genau

    aufzuzeigen, wo diese liegen. Mdchen werden auf ihre Verletzbarkeit

    hingewiesen statt gestrkt, was gerade bei der Missachtung des Verbots sehr

    kontraproduktiv wirkt.

    Der Bewegungsradius und die Handlungsfreiheit von Mdchen und Frauen wird

    im virtuellen Raum wie auch real ausserhalb der Wohnung aufgrund der Angst

    vor sexueller Gewalt beschrnkt. Es darf jedoch nicht sein, dass Mdchen und

    Frauen aufgrund ihres Geschlechts, das sie zum potenziellen Opfer macht,

    eingeschrnkt werden. Ziel ist durch Empowerment und Prvention, die Mdchen

    und Frauen in ihrem Selbstbewusstsein zu strken und sie zu befhigen, die

    Medien kompetent zu nutzen, Gefahren einzuschtzen und adquat zu reagieren.

    Ich gehe davon aus, dass durch das Wissen um mgliche sexuelle Belstigung

    und Konfrontationen mit Pornografie im Chatroom und Instant Messenger

    untersttzend wirkt, wie das Wissen um Exhibitionisten bei der Begegnung mit

    Exhibitionisten. Eine allfllige Konfrontation ist weniger bedrohlich, das

    Ohnmachtsgefhl ist weniger gross und die Handlungsfhigkeit wird durch die

    Kenntnis mglicher Reaktionen gestrkt. Aufklrung kann unangenehme

    Situationen nicht verhindern. Sie kann jedoch dafr sorgen, dass Mdchen undjunge Frauen diese frhzeitig erkennen und beenden. Somit geraten sie seltener

    in weniger gefhrliche und belastende Situationen.

    Im Bereich der virtuellen Begegnungsrume umfasst eine sinnvolle Prvention

    neben der Schulung der Medienkompetenz auch Aufklrungsarbeit in Bezug auf

    die Gefahren. Mdchen und junge Frauen sollen die neuen

    Kommunikationsmglichkeiten mit allen Vorteilen kreativ nutzen sofern sie dies

    wollen und sie sollen die Nachteile und die Gefahren kennen. Mdchen und

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Frauen sollen sich ebenso selbstbewusst und lustvoll in den virtuellen Rumen

    bewegen knnen, wie wir sie in Wen-Do-Kursen darin bestrken im realen Leben,

    das zu tun, worauf sie Lust haben.

    6.2 Sicherheitstipps nach Altersgruppen

    Leider lassen der knappe Zeitrahmen von Wen-Do-Kursen sowie die

    Rumlichkeiten in Turnhallen weder eine praktische Veranschaulichung des

    Umgangs mit den virtuellen Rumen noch eine Schulung der Medienkompetenz

    der Mdchen und jungen Frauen zu. Dieser praktische und mdchennahe Zugang

    zu diesem Thema muss anderorts geleistet werden. Die Aufgabe von Wen-Do

    besteht darin, Mdchen und jungen Frauen Tipps fr ein sicheres Verhalten zu

    geben, ohne Angst zu machen.

    Je nach Alter unterscheidet sich ob und wie oft der virtuellen Raum genutzt wird,

    das Verhalten gegenber Regeln verndert sich und das Interesse

    Bekanntschaften zu schliessen sowie die Risikobereitschaft wchst mit dem Alter.

    Um den unterschiedlichen Ausgangslagen von Mdchen vor der Pubertt und

    lteren Mdchen sowie jungen Frauen gerecht zu werden habe ich zwei separate

    Tipplisten frs Chatten zusammengestellt.

    Jngere Mdchen halten sich hufig gut an Regeln, die sie von ihren Eltern oder

    anderen Erwachsenen erhalten. Sie nehmen ernst, was Erwachsene gesagt

    haben und sind meistens darauf bedacht, mit den Eltern oder Erwachsenen

    zusammen zu arbeiten.

    Pubertierende Mdchen hinterfragen Regeln und wollen sich von Erwachsenen

    auch abgrenzen. Zu kindliche Regeln werden verworfen, nicht ernst genommen

    und auch nicht eingehalten. Das Interesse an der Sexualitt und Partnerschaft

    bringt in der Begegnung mit anderen Personen offeneres Verhalten mit. Das

    Ausprobieren wird interessant, Flirten fasziniert unglaublich, das Interesse an

    Sexualitt und Partnerschaft frdert die Offenheit und die Neugier eine

    Chatbekanntschaft real kennen zu lernen wird auf einmal gross. So wird das

    Verbot, sich mit einem Chatpartner zu treffen, pltzlich wirkungslos. Mdchen

    und Frauen sollen sich, wenn sie sich dazu entschliessen ihr virtuelles Gegenber

    zutreffen, mglichst sicher verhalten. Ich habe mich entschlossen, auch Tipps fr

    reale Treffen mit Chatpartnern zusammen zu stellen, obwohl von offiziellen

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Seiten her keine solchen gegeben werden. Jedoch finde ich es wichtig, mit den

    Kursteilnehmerinnen ber die Empfehlungen zu diskutieren und sie nicht

    kommentarlos abzugeben.

    Ein wichtiges Thema sowohl mit jngeren und lteren Mdchen ist dieHandhabung von Instant Messengern wie MSN. Dazu habe ich eine

    selbsterklrende Sammlung von Tipps erarbeitet, die den Mdchen und jungen

    Frauen abgegeben werden kann. Diese Liste deckt sich mit meinem Stand zu

    Tipps fr die sichere Nutzung von Sozialen Online Netzwerken. Mit lteren

    Mdchen steht sicherlich das Thema Selbstdarstellung in Sozialen Online

    Netzwerken zur Diskussion: Welche Informationen gibst du in einem Profil Preis

    (z. B. bei MSN, Netlog, Partyguide,...)? Wie willst du auf deinem Profil wirken?

    Wie stellst du dich bildlich dar wie tun dies andere? Kennst du die Konkurrenz

    zwischen Mdchen und jungen Frauen und der Druck sich mglichst schn und

    sexy darzustellen? Wie gehst du damit um? Kennst du Sicherheitstipps fr die

    Selbstdarstellung im Internet?

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    6.3 Chattipps fr Mdchen27

    Chatte am Anfang nicht allein.Frag deine Eltern, eine Vertrauenspersonoder ltere Geschwister, ob sie dir helfen.

    Such dir einen guten Spitznamen aus.Der Nickname sollte reine Phantasie sein. Whle einen Nicknamen, der

    nichts ber dein Aussehen, Geschlecht und Alter sagt. So wirst du wenigerbelstigt.

    Such dir einen kleinen Chat, in dem jemand aufpasst.OperatorInnen achten darauf, dass alle freundlich sind. Sie helfen dir auchbei Fragen oder Belstigungen.

    Sei freundlich, aber bleibe misstrauisch.Verhalte dich so freundlich, wie du auch im richtigen Leben bist. Aberglaube nicht alles, was jemand im Chat ber sich erzhlt. Manchmal wirdgeflunkert.

    Verrate nie deine Adresse, Telefonnummer und deinen Nachnamen!Verschicke auch nie Fotos an Leute, die du aus dem Chat kennst.

    Triff dich nicht mit Leuten aus dem Chat! Wenn du unbedingt jemandenaus dem Internet treffen willst, dann bitte eine erwachsene Person, dich zubegleiten. Damit du keine bse berraschung erlebst.

    Gehe nicht in Chats fr Erwachsene. Oftmals wollen dort Erwachseneandere Erwachsene kennen lernen. Sie sprechen auch ber Sexualitt, wasfr dich unangenehm sein kann.

    Meistens ok sind Fragen zu deinen Hobbys, Alter, Wohnregion (nichtgenauer Wohnort), Haustiere oder Sport. Bist du oft hier? Wie siehst du aus?

    Was hast du heute gemacht?

    Nicht ok sind Fragen wie

    Bist du allein? Wissen deine Eltern, dass du chattest? Hast du ein Handy?

    Ich bin dir hoffentlich nicht zu alt. Ich bin 43. Schlimm?

    Darf ich dir mal eine persnliche Frage stellen? Zu persnlich/intim? Seiruhig offen. Ich mache... Wenn ich dir das sage, gehst du bestimmt ausdem Chat.

    Was hast du an? Und darunter? Hast du schon Brste? Welche Grsse?Hast du schon einen Freund? Hast du MSN? Hast du Lust abzumachen?

    Lust auf CS/TS? Ich mache nichts, was du nicht willst. Das wird dir auchgefallen. Macht doch jeder, aber keiner redet darber.

    Antworte nicht auf unangenehme, belstigende Fragen. Am bestenwhlst du fr diese Leute die Einstellung ignorieren.

    Sprich darber, wenn dir etwas Unangenehmes passiert.Erzhle deinen Eltern oder einer Vertrauensperson, wenn du belstigt oderzu einem Treffen aufgefordert wirst.

    27 nach Chatten ohne Risiko mit eigenen Ergnzungen

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    6.4 Chattipps fr Jugendliche28

    Nutze Fantasienamen. Verrate deinen richtigen Name und dein Alternicht durch den Nicknamen oder die E-Mailadresse.

    Check den Chat. Wird man beschimpft und beleidigt? Gibt es OperatorInnen? Wie kannst

    du nervige ChatterInnen ignorieren? Wo kannst du Hilfe holen? Ingrossen Chats wird man hufig angemacht. Such dir einen anderenChat, wenn dich das nervt.

    Sei freundlich, aber bleibe misstrauisch. Verhalte dich so freundlich, wie du auch im richtigen Leben bist. Aber

    glaube nicht alles, was jemand im Chat ber sich erzhlt. Manchmalwird geflunkert. Am andern Ende kann auch eine Person mit blenAbsichten sein.

    Denk daran: Gib Namen, Adresse und Telefon- und Handynummmer nicht (weiter)

    bekannt. Verschicke keine persnliche Fotos an Leute, die du aus dem Chat

    kennst. Mit Fremden nicht gleich in einem privaten Raum chatten gehen. Wenn dir jemand Bilder schicken will, sind sie hufig pornografisch, das

    heisst, sie zeigen sexuelle Handlungen. Geh nicht allein zu Treffen mit Chatpartnern. Triff dich nicht mit

    lteren.

    Tu was Antworte nicht auf unangenehme, belstigende Fragen. Ignoriere oder

    banne Leute, die sich unangenehm verhalten. Kommt es dir komisch vor: Sag du bist in der Schule oder deine Eltern

    kommen gerade heim. Willst du deine Cam nicht einschalten, kannst du auch mal sagen, sie

    sei kaputt. Wird es unangenehm: Beende das Gesprch. Bitte die Operatorin oder

    den Moderator um Hilfe. Fhlst du dich bedrngt: Sag deinen Eltern Bescheid, damit sie den

    Chatter/die Chatterin anzeigen.

    28 nach Chatten ohne Risiko mit eigenen Ergnzungen

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    6.5 Tipps fr MSN, Netlog, Partyguide und Co.:

    Die Passwrter zu MSN, Partyguide, Netlog sind immer geheimunddrfen auch nicht der allerbesten Freundin/ dem besten Freund verratenwerden.

    Das ffentliche Profil soll so anonym wie mglich sein.(Untersuchungen zeigen, dass bei genauen Angaben viel hufigerbelstigt wird.) Gib nie den vollen Namen, genaue Angaben zum Alter undWohnort, Schule, Vereinen, etc. an.

    Fotos im Internet (z. B. in einem Profil) knnen von allen gesehen,gespeichert und verwendet werden.Bevorzuge Fotos mit lustigen Ausschnitten oder mit witzigenGegenstnden. Vermeide Fotos, auf denen du gut erkennbar bist.

    Setze die Sicherheitsfunktionen auf die hchste Stufe.Schtze die Privatsphre so weit wie mglich. Deine Angaben sowie deinStatus sollen nur fr Leute, die du im Adressbuch hast, sichtbar sein.

    Kommuniziere mit Leuten, die du kennst und magst.

    Unterdrcke unerwnscht zugesandte Nachrichten

    Lasse keine unaufgeforderte Kontakte zu bzw. lehneKontaktanfragen unbekannter TeilnehmerInnen ab.

    Schalte Dateien-bermittlung sowie Cam- und Voice-bertragungaus bzw. lehne sie bei Unbekannten ab. Whle die Einstellung, dassdie Webcam fr andere nicht sichtbar ist, falls du eine hast.

    Schalte die Funktion Uhrzeiten anzeigen, zu denen Nachrichtengesendet werden und Automatisch den Verlauf meinerUnterhaltungen (Logfiles) archivieren ein. So ist bei Belstigungengleich alles dokumentiert.

    Setze unangenehme Chatpartner auf die Liste blockierter Kontakte.So hast du Ruhe.

    Schaue am besten dein Profil mit einer erwachsenenVertrauensperson an. Sie kann dir ein Feedback geben, wie es wirkt.

    Im MSN:In der Menleiste des Messenger unter Extras befinden sich dieOptionen. Dort kannst du die genannten Einstellungen vornehmen.

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    6.6 Tipps fr ein Treffen mit einem Chatpartner29

    Gehe nur hin und bleibe nur dort, wenn du

    ein 100% gutes Gefhl hast! Wenn dir etwas

    komisch vorkommt, gehe nicht hin bzw. brichdas Treffen ab. Traue deinen Gefhlen!

    Triff dich an einem ffentlichen Ort mit deinem Chatpartner.Lade ihn auf keinen Fall zu dir nach Hause ein. Der Nachmittag ist dabei alsTageszeit eher geeignet als der Abend. Am besten du nimmst eine Freundinmit.

    Verzichte bei deinem Date auf Alkohol. Lass dein Getrnk nicht aus denAugen. Trinke aus, bevor du auf die Toilette gehst.

    Lass dir vor dem Date die Telefonnummer deines Chatpartners gebenund berprfe sie.Wenn du ihn nicht erreichst, gehe besser nicht zu demTreffen. Falls du SMS oder MMS von ihm erhltst, behalte sie auf deinemHandy.

    Lass dir ausserdem seinen Namen und seine Adresse geben.Wenn er das nicht will oder eine Ausrede bringt, sage das Treffen ab

    Teile alle Informationen ber den Chatpartner und das Treffen einerPerson mit, der du vertrauen kannst. (Man nennt das Covern.) Sagedieser Vertrauensperson auch, wann du wieder zu Hause bist oder sieanrufst. Am besten du rufst sie eine Stunde nach dem Treffen an. Wenn dudich nicht wie abgemacht meldest, ruft deine Vertrauensperson die Polizei anund gibt ihnen alle Informationen.

    Sage deinem Chatpartner, dass du, um sicher zu gehen, eineranderen Person seine Daten weitergegeben hast.

    29 nach Weber, 2007, S. 53 mit Ergnzungen von Luise Treu nach einem Gesprch mit Herrn Stachler, Leiterder Sittenpolizei des Kantons Bern

    Wird dir fr ein Treffen Geld angeboten, so handelt es sich sicher nichtum einen gleichaltrigen Chatfreund, sondern um jemanden, der dichoder besser deinen Krper kaufen will. Wahrscheinlich verlangt er vondir Handlungen, die du ohne Geld nicht tun wrdest. Du weisst nie, obdeine Grenzen akzeptiert werden und ob du das Geld am Schlusserhltst. Am besten gehst du nicht hin und kmmerst dich um einenanderen sicheren Verdienst.

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    7. Schlusswortber ein Jahr habe ich mich mit dem Thema sexuelle Gewalt und sexuelle

    bergriffe in den virtuellen Begegnungsrumen auseinander gesetzt. Ich habe

    mir in dieser Zeit viel technisches Know-how sowie die Handhabung der neuen

    Kommunikationsmedien angeeignet. Gerade auch die Diskussion mit Mdchen

    und jungen Frauen waren sehr spannend und bereichernd. Ich merkte jedoch

    auch, dass die Chatrooms, Instant Messenger und Sozialen Online Netzwerke

    nicht meine Welt und nicht meine Art zu kommunizieren sind. Auch wenn ich

    weiss, wie sie funktionieren, kann ich mir nicht umfassend vorstellen, wie sich

    der Alltag und die Kommunikation mit ihnen verndert. Wie sich dies auf das

    Verhalten, die Beziehungen und Vernetzung auswirkt.

    Ein Mdchen schilderte mir zum Beispiel, dass sie in ihrem Zimmer immer onlineist: Das heisst, sie konsumiert ununterbrochen Musikvideos von Youtube und hat

    immer ihren MSN-Account offen, was auch immer sie sonst eigentlich tut.

    Daneben ist sie selbstverstndlich auch jederzeit auf ihrem Handy erreichbar.

    Jeden Moment kann ein SMS oder eine Chatnachricht fr sie reinkommen. Sie ist

    immer erreichbar fr ihre KollegInnen und umgekehrt.

    Die virtuellen Rume und interaktiven Mglichkeiten des Internets bieten fr

    Mdchen und junge Frauen jedoch auch grosse Ressourcen. Sie eignen sich auf

    spielerische und spannende Weise riesige Medienkompetenz und auch

    kommunikative Fhigkeiten an. Zahlreiche Kompetenzen am Computer fr die

    Berufswelt beherrschen sie bereits in- und auswndig. Wenn ich als Jugendliche

    eine Freundin in diesem Tempo tippen gesehen htte, ich htte meinen Augen

    nicht getraut.

    Fr Mdchen mit Migrationshintergrund oder Bekannten in der Ferne ist die

    Cam2Cam-Kommunikation eine geniale Mglichkeit, um mit Nahestehenden in

    anderen Lndern zu kommunizieren. Ohne teure Telefonkosten und mit Bild ist

    dies ein hervorragendes Mittel zur Kontaktpflege.

    Ich merkte, dass gerade die Sozialen Online Netzwerke wie Partyquide, Netlog

    oder auch Facebook sehr interessant zu untersuchen sind. Ansatzweise habe ich

    mir ein Bild gemacht, wie sie funktionieren. Darauf aufbauend habe ich einige

    Tipps fr den sicheren Umgang zusammengestellt. Doch gerade die Regel, sich

    nicht mit richtigem Namen und Bild ins Internet zu stellen, widerspricht dem

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Grundprinzip von Facebook. Dort geht es gerade darum, Bekannte wieder zu

    finden, Leute ausfindig zu machen. Und das funktioniert nur mit richtigem

    Namen. Momentan ist Facebook ein virtueller Treffpunkt fr Erwachsene, die

    meisten Jugendlichen nutzen Partyquide und/oder Netlog und verwenden ein

    Pseudonym. Ich kenne nur ganz wenige junge Frauen, die bei Facebook ange-meldet sind. Wahrscheinlich werden sich die Treffpunkte fr Erwachsene und

    Jugendliche in der virtuellen Welt, wie auch in der realen Welt kaum miteinander

    vermischen.

    Im Bereich der Sozialen Online Netzwerke gbe es Bedarf die unterschiedlichen

    Funktionsweisen zu ergrnden und ausfhrliche Sicherheitstipps zu erarbeiten.

    Dies sprengt jedoch den Rahmen dieser Abschlussarbeit. Bei der Arbeit mit Md-

    chen und jungen Frauen im Mdchentreff werde ich sicher am Thema Prvention

    in den neuen Medien dran bleiben, mein Wissen vertiefen und neue mdchen-

    relevante Entwicklungen verfolgen. Bei Fragen zum Thema stehe ich auch gerne

    zur Verfgung.

    Ich hoffe, mit dieser Arbeit Interessierten, die wie ich sogenannte virtual

    immigrants sind, einen Einblick in das Medium gegeben zu haben und das

    Interesse dafr geweckt zu haben. Ich mchte alle ermutigen, sich von den

    virtual natives, den Mdchen und Jungen, in ihrer Umgebung mal beim Ge-brauch der neuen Medien ber die Schulter zu schauen und sich die virtuelle Welt

    direkt erklren zu lassen.

    Aufgefordert sind Lehrerkrfte, PdagogInnen, Jugendarbeitende sowie Eltern

    Kinder und Jugendliche in der Medienkompetenz zu frdern und der Umgang mit

    den neuen Medien zu thematisieren. Ebenso ist es ihre Aufgabe mit Jungen

    prventiv zu arbeiten. Sie gerade im Bereich rund um Liebe, Sexualitt, Grenzen

    und Gewalt zu informieren. Damit auch Jungen keine sexuellen bergriffe

    erleben, sich bei sexuellen Belstigungen zu wehren wissen sowie lernen, sich in

    gewaltsamen Situationen angemessen zu verhalten. Aber auch um Jungen und

    junge Mnner zu sensibilisieren, damit sie die Grenzen kennen und auch

    respektieren lernen.

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    Es liegt mir am Herzen, dass Wen-Do-Trainerinnen, die in ihren Kursen einen

    wichtigen Beitrag zur Prvention sexueller Gewalt leisten, auch die virtuellen

    Rume mit den sehr realen Gefahren thematisieren.

    Nach der vertieften Auseinandersetzung mit sexueller Gewalt im Chat und im

    Instant Messenger bin ich mehr denn je der berzeugung, dass dies extremwichtig ist. So fordere ich auch PdagogInnen, Lehrkrfte, Jugendarbeitende und

    Eltern auf: Schaut hin, was die Mdchen und jungen Frauen tun. Fragt nach und

    zeigt Interesse! In der Handhabung der verschiedenen Medien sind sie Exper-

    tinnen, im Wissen um Prvention und mgliche Gefahren sind sie jedoch auf

    unsere Informationen angewiesen!

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    8. Anhang

    8.1 Chatsprache

    In Chats werden hufig Akronyme, Abkrzungen, Lautmalereien und Smileys verwendet.Gefhlsausdrcke und Handlungen stehen in den meisten Chats entweder in Sternchen

    oder werden kursiv geschrieben. Z. B. *knuddel*, *lol*

    Hier eine kurze Liste der gelufigsten Abkrzungen, die man kennen sollte, um sich ineinem Chat zurechtzufinden:

    Gefhle:*ggg* -steht fr "giggeling".Das ist Englisch und bedeutet"kichern". Dabei knnen dieg's beliebig oft wiederholtwerden - je nachdem wie starkman gerade kichern muss

    *grmpf*grummeln, motzen*g* Grinsen (auf Englisch:"grin"). Genauso gibt es:*fg* - (auf Englisch: "fatgrin", auf Deutsch: "fettesGrinsen") *eg*(auf Englisch:"evil grin", auf Deutsch:"teuflisches Grinsen"), *bg* -(auf Englisch: "big grin", aufDeutsch: "breites Grinsen").*lol* ist eine Abkrzung frdas englische "laughing out

    loud", was im Deutschen "lautlachen" bedeutet. Auch unterChattern bekannt: *lolwech*als Steigerung von lol*rofl* Abkrzung fr dieenglische Redewendung"rolling on floor, laughing", imDeutschen: "vor Lachen amBoden liegen". Manchmalauch: *rotfl*

    :-) frhlich, glcklich;-)zwinkernd:-(traurig, unzufrieden:-pstreckt die Zunge heraus:-Dsehr freudig-_- gelangweilt, mde8-)Brillentrger:x oder :-*kssen.oO( )an etwas denken, z. B..oO (endlich Ferien)o.Oberrascht8> Herz

    Abkrzungen:addy E-Mail-Adresseafk auf Englisch: "away from keyboard", aufDeutsch: der Chatter ist nicht an der Tastaturbrb auf Englisch: "be right back", auf Deutsch: derChatter ist gleich wieder zurckbug- das englische Wort fr Kfer, im Chat meint es

    einen Programmierfehler, also wenn der Chat nicht sofunktioniert wie er sollct Chattertreffen: ein reales Treffen eines Channelsoder Chatscu auf Englisch: "see you", auf Deutsch: "Tsch!Bis bald!"cs- Cybersexfaq auf Englisch: "frequently asked questions", aufDeutsch: hufig gestellte Fragen, die als Liste frAnfnger zum Nachlesen zusammengestellt werdenhdl, ild "hab dich lieb" und "ich liebe dich". DasGanze ist noch weiter ausbaubar: z.B. hdgdl "hab

    dich ganz doll lieb"hp Homepage (Internetseite einer bestimmtenPerson)ka "keine Ahnung"m/w Frage, ob du mnnlich oder weiblich bist;auch: mow?mom "einen Moment bitte"; auch bekannt: momtel "Moment, ich muss gerade telefonieren!"n8 "Nacht"; oder auch: gn8 "Gute Nacht!"re auf Englisch: "return", auf Deutsch: "Ich binwieder da!". Genauso kannst du schreiben: rehi "Hi!Ich bin wieder da!"rl auf Englisch: "real life", auf Deutsch: "RealesLeben", das "echte Leben", also alles auerhalb desChatsthx auf Englisch: "thanks", auf Deutsch: "Danke"ts- Telefonsexwe Wochenende

    www.chatten-ohne-risiko.de

  • 8/12/2019 Diplomarbeit zum Thema sexuelle Gewalt im Chat

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    8.2 Literaturliste

    Enders, Ursula: Gefangen im Netz Mdchen als Oper und als Tterinnen. In

    Betrifft Mdchen 3/2008: Gruscheln oder Gruseln ;-) Mdchen und neue

    Medien, S. 111-116, Juventa, Weinheim, 2008.

    Enders, Ursula: Click it Tipps gegen sexuellen Missbrauch im Chat.Schweizerische Kriminalprvention, 2006.

    Enders, Ursula: Zart war ich, bitter war's Handbuch gegen sexuellen

    Missbrauch. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Kln, 2. Auflage 2006

    Enders, Ursula: Sexueller Missbrauch in den Chatrumen des Internets,

    Zartbitter, Kln, www.zartbitter.de, 2004.

    JIM-Studie 2007 Jugend, Informatik, (Mulit)Media. Basisuntersuchung zum

    Medienumgang 12- bis 19-Jhriger in Deutschland. Medienpdagogischer

    Forschungsbund Sdwest, Stuttgart, 2007.

    KIM-Studie 2006 - Kinder und Medien, Computer und Internet.

    Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jhriger in Deutschland.

    Medienpdagogischer Forschungsbund Sdwest, Stuttgart, 2006.

    Katzer, Catarina: Tatort Chatroom. In Mit einem Klick zum nchsten Kick

    Agression und sexuelle Gewalt im Cyberspace, S. 11-27, mebes und noack,

    Kln, 2007.

    Katzer, Catarina: Gefahr aus dem Netz Sexuelle Viktimisierung in Internet-

    Chatrooms. Deutsches Jugendinstitut, DJI-Thema 2007/08: Tatort Internet

    Sexuelle Gewalt in den neuen Medien, www.dji.de, (Zugriff 24.07.2008).

    Kerger, Carmen: Knnen wir die Kids berhaupt noch einholen? In Mit einem

    Klick zum nchsten Kick Agression und sexuelle Gewalt im Cyberspace, S.

    114-119, mebes und noack, Kln, 2007.

    Scheu, Nina: Nids im Netz Handy, Internet, TV & Co. Ein Ratgeber der Stiftung

    fr Konsumentenschutz, hep verlag ag, Bern, 2008Weber, Antette: Im Chat war er noch so sss. In Mit einem Klick zum nchsten

    Kick Agression und sexuelle Gewalt im Cyberspace, S. 48-55, mebes und

    noack, Kln, 2007.

  • 8/12/2019 Diplomarbeit zum Thema sexuelle Gewalt im Chat

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    Sexuelle Gewalt und bergriffe im Chatroom und im Instant Messenger, Luise Treu, Januar 2009

    8.3 Infobroschren

    click it - Tipps gegen sexuellen Missbrauch im Chat. (In zwei Ausgaben: Fr

    Kinder und fr Erwachsene) Herausgeberin: Schweizerische Kriminalprvention,

    2006, Texte und Idee: Ursula Enders, Zartbitter, e.V., Kln. Als PDF zumDownloaden unter www.skppsc.ch oder gedruckt gratis bei der Kantonspolizei

    erhltlich (auch zum Abgeben).

    Schau genau Informationsbroschre zur Kampagne der Stadt Zrich gegen

    sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im Internet, 2008.

    Chatten ohne Risiko? Zwischen fettem Grinsen und Cybersex. Eine

    Informationsbroschre des Jugendschutz.net Jugendschutz in Telemedien. Als

    PDF zum Downloaden und weitere Informationen unter www.chatten-ohne-

    risiko.de. Mainz, 3. Auflage 2006.

    8.4 Links

    Wen-Do Selbstbehauptung und Selbstverteidigung

    www.wendo.ch: Website der Vereine Wen-Do Bern, St. Gallen und Zrich

    Zum Thema Sicherheit beim Chatten und im Internet

    www.security4kids.ch

    security4kids ist eine Initiative von Partnern des Bildungswesens, Stellen und

    Organisationen sowie privaten Firmen zur Bekmpfung der Online-Kriminalitt.

    Sicherheitstipps fr Eltern, Lehrpersonen, Schulen und Jugendliche.

    www.fit4chat.ch: