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HEFT 6, Frühjahr 1995 Instrumentelle Funktions- diagnostik im Wandel Craniotaciale Schmerzen Checklisten zur Diagnostik NACHRICHTEN LU Q. Q. Craniomandibuläre Störungen Kursberichte (D LU LU Personalia

(DLU - neue-gruppe.com 06 - Fruehjahr 1995.pdf · Die Gnathologie vergangener Jahre beschäftigte sich insbeson-dere mit der Rekonstruktion des Kauorgans nach idealisierten Okkiusionsprinzipien

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HEFT 6, Frühjahr 1995

Instrumentelle Funktions-diagnostik im Wandel

Craniotaciale SchmerzenChecklisten zur Diagnostik

NACHRICHTEN

LUQ.Q.

Craniomandibuläre Störungen

Kursberichte

(DLU

LUPersonalia

Editorial Auf der Jahreshauptversammlung 1994 in Wiesbaden wurdeneinstimmig grundlegende Beschlüsse zur Verjüngung, das heißtzum Weiterleben der ' ,£_ £ GRUPPE als wissenschaftliche Ver-einigung von Zahnärzten gefaßt.

Daraufhin wurden viele fachlich herausragende Kolleginnen undKollegen dem Vorstand zur Aufnahme in den „blauen Kreis" vor-geschlagen und auch aufgenommen. Diese Kandidatinnen undKandidaten haben bereits Rechte und Pflichten wie die Mitglie-der, sie haben die Möglichkeit auf der Frühjahrstagung oderbeim Arbeitsfrühstück im Anschluß an unsere Jahrestagungendurch einen Vortrag ihren Bekanntheitsgrad zu steigern und sodie Hürde der 2/3 Mehrheit bei einer eventuellen Abstimmungzur Mitgliedschaft leichter zu schaffen.

Die Bedeutung der Bürgen ist durch diese neue Regelung nichteinfacher, sondern eher schwieriger geworden. Sie werden indie Pflicht genommen, die „patronage" für die von ihnen vorge-schlagenen Kandidatinnen und Kandidaten zu übernehmen.Sie sollen die jungen Kolleginnen und Kollegen mit freundschaft-lichem Beistand in die NEUE GRUPPE einführen und die Rolledes geistigen fachlichen Vaters darstellen. Das mag im Einzelfallüberzogen erscheinen, aber bedenken wir, daß Kollegen, diesich auf ein Einzelgebiet spezialisiert haben, unter Umständenauf anderen Gebieten auch fachlicher und moralischer Beistanderteilt werden kann.

Ein persönliches Anliegen: Bürgen sollten nicht so ohne Weiteresihre Unterschrift leisten, ohne die menschlichen und beruflichenQualitäten der von ihnen vorgeschlagenen Kolleginnen und Kol-legen genau abgeschätzt zu haben.

Mit herzlichen Grüßen

BOB JACOBY

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„Die Funktionsdiagnostik ist megaout!" Das soll unlängst der Vor-sitzende eines bekannten zahnärztlichen Arbeitskreises, der sichüber viele Jahre ernsthaft und intensiv mit der Gnathologie aus-einandergesetzt hatte, geäußert haben. Man werde sich zukünf-tig mehr der Implantologie, der ästhetischen Zahnheilkunde undanderen aktuellen Themen zuwenden.

Warum dieser Gesinnungswandel, der nicht nur bei dieser Fort-bildungsgruppe festzustellen ist? Man hat gelegentlich den Ein-druck, als sei bei der Funktionsdiagnostik ein Rückfall in alte Zei-ten fehlender Instrumentierung sogar wieder salonfähig gewor-den. Hierzu paßt auch, daß manuelle Techniken für die Funkti-onsdiagnostik derzeit großes Interesse finden.

Offensichtlich mußte man mit der Zeit eingestehen, daß alleindie Anwendung hochentwickelter, instrumenteller Registriertechni-ken wie die Panfographie nach STUART nicht vor Fehlschlagenbei der Therapie des funktionsgestörten stomatognathen Systemsschützen konnte. Unsere Mißerfolge beweisen, daß das Kauor-gan nicht nur als mechanisches Zusammenspiel zweier Kieferum das Kiefergelenk zu verstehen ist, sondern daß auch neuro-muskuläre Prozesse mit Beteiligung der Psyche eine bedeutendeRolle bei Funktionsstörungen spielen.

Es wäre aber falsch, daraus zu schließen, insfrumentelle Metho-den seien überflüssig und wieder aus der Mode. Wir müssenvielmehr lernen, diese Methoden kritisch und mit neuen Zielset-zungen dort zu verwenden, wo sie eine verbesserte Diagnoseund eine erhöhte Sicherheit bei der Therapie von Funktions-störungen zulassen. Dies erfordert allerdings auch einen gewis-sen Umdenkprozeß.

Die Gnathologie vergangener Jahre beschäftigte sich insbeson-dere mit der Rekonstruktion des Kauorgans nach idealisiertenOkkiusionsprinzipien. Dabei spielten der Artikulator und dessenProgrammierung durch die Registriertechnik eine zentrale Rolle.Heute haben technische Innovationen und wissenschaftlicheErkenntnisse den instrumentellen Verfahren neue Inhalte gege-ben, die sie zu diagnostischen Methoden höchster Aussagekraftmachen, weil sie durch Aufzeichnung und Interpretation kondy-iärer Bewegungen einen direkten Einblick in die Kiefergelenk-funktion gestatten. Außerdem können bestimmte Unregelmäßig-keiten bei der Unterkieferbewegung wichtige Hinweise darübergeben, ob bei der Therapie mit besonderen Schwierigkeiten zurechnen ist oder ob besondere Vorsichtsmaßnahmen zu berück-sichtigen sind.

Erfolgreiche Funktionsdiagnostik umfaßt stets das gesamte Spek-trum aus Anamnese, klinischer Untersuchung, dem Einsatz bild-gebender Verfahren, der Okklusionsdiagnostik und der Regi-striertechnik. Die instrumentelle Funktionsdiagnostik ist lediglichein Teil aus diesem Gesamtspektrum, deren alleinige Verwen-dung leicht zu Fehlschlüssen führen kann.

Instrumentelle Verfahren nutzen vor allem die Artikulator- undRegistriertechnik. Der Artikulator gewährt einen guten Einblick indie okklusalen Verhältnisse während der Untcrkieferbewegung.

INSTRUMENTELLE FUNKTONS-DIAGNOSTIK IM WANDEL

vonRolf Klett

Würzburg

Abb. }

STRING-CONDYLOCOMP LR3

Je genauer er den individuellen Verhältnissen des Patienten durchdie Auswertung der Registriertechnik angepaßt werden kann,desto leichter lassen sich Okklusionsstörungen aufspüren. DerArtikulator mit seinen starren Modellen kann aber niemals alleBewegungen imitieren. Kieferverbiegungen aufgrund eines indivi-duellen Muskelspiels kann er beispielsweise nicht simulieren. DieOkklusionsdiagnostik sollte deshalb immer zusätzlich im Mundeerfolgen. Bei Fehlokklusionen zeigen sich in aller Regel Spurenexzessiver Nutzung an Zähnen und Parodontien, die oft nur intra-oral nachzuweisen sind. So können z.B. überempfindliche Zahn-hälse nicht am Modell, sondern nur in vivo getestet werden. Sol-che Spuren sind meist Zeichen isometrischer Muskelaktivitäten,welche leicht zur Muskelverspannung führen und alle an derKraftübertragung beteiligten Gewebe wie Gelenke, Bänder,Zahnhaiteapparat und Zahnhartsubstanzen schädigen können.Versuchen wir nachzuvollziehen, ob diese isometrischen Muske-laktivitäten die beklagten Funktionsstörungen verursachen können.

Elektronische Registrierverfahren werden für die Praxis immerinteressanter, begünstigt durch den rasanten Fortschritt in derComputertechnik. Zwar eignen sich mechanische Methoden rechtgut zur Einstellung von Artikulatoren, jedoch können mit Hilfe derBewegungsaufzeichnungen Funktionsstörungen des Kiefergelenkesnur in beschränktem Maße beurteilt werden, da die Qualität derAufzeichnungen nicht ausreicht. Außerdem zeichnen siegrundsätzlich nur Bewegungen am Meßort auf und erzeugenmeist geometrische Projektionsfehler, die die Realität verfälschenund ein irreführendes Bild einer Funktionsstörung vortäuschenkönnen. Andererseits sind weitere Fortschritte in der Funktionsdia-gnostik nur dann zu erwarten, wenn die Bewegungsspuren nichtnur präzise aufgezeichnet, sondern auch eindeutig interpretiertwerden können. Bisherige Messungen belegen, daß sich diagno-stisch relevante Merkmale wie Bahnsprünge häufig im Millimeter-

bereich und in noch kleine-ren Dimensionen abspielen.Darüberhinaus sind Zeit- undGeschwindigkeitsverhaltensolcher Bewegungen beson-ders aufschlußreich.

Der Verfasser arbeitet seit Jah-ren mit dem von ihm selbstentwickelten STRING CON-DYLOCOMP LR3 (Abb. 1),einem berührungslosen, opto-elektronischen Lichtreflexions-Meßgerät, bei dem üblichePersonalcomputer eingesetztwerden. Es ist schneller zubedienen als andere mecha-nische Registriergeräte. Da

nicht nur Translationen, sondern auch Rotationen des Unterkie-fers gemessen werden, kann die dreidimensionale Bewegungjedes beliebigen Unterkieferpunktes und ihr Zeitverhalten präzisestudiert werden. Alle Kurven sind voll projektionsfehlerkorrigiert,d.h. es werden die Realbewegungen des ausgewählten Unter-

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kieferpunktes dargestellt. Der Unterkiefer wird während desMeßvorganges kaum belastet.

Gemessene Kondylenbahnen lassen sich Punkt für Punkt abta-sten. Zu jedem Punkt werden die Koordinaten der Kondylenerrechnet und angezeigt. Dies ist sehr hilfreich für die Konstruk-tion von Aufbißschienen, bei denen der Unterkiefer bewußt aufeinen bestimmten Bahnpunkt positioniert werden soll.

Mit Hilfe paraokklusaler Registrierbehelfe sind direkt am Patien-ten dreidimensionale Kondylenpositionsanalysen ohne Übertra-gungsfehler möglich. Ebenso können verdächtige Parafunktions-stellungen untersucht und ihre direkten Auswirkungen auf dasKiefergelenk geprüft werden. Man kann sofort nachvollziehen,ob eine bestimmte Parafunktionsstellung distraktiv oder kompres-siv auf das Kiefergelenk wirkt oder ob sie eine seitliche Zwangs-abweichung im Gelenk verursacht.

Darüberhinaus konnten ein sehr rationelles Verfahren zur Schar-nierachsenbestimmung, die Messung des POSSELT-Schemas, derFrontzahnführung und des Sprechabstandes realisiert werden.

Schneller und genauer als mit mechanischen Verfahren erfolgtdie Programmierung von Artikulatoren. Der Computer errechnetauf Tastendruck Einstellwerte für die gebräuchlichsten Artikulato-ren (alle ARGON- und NON-ARCON-Artikulatoren mit linearenGelenkeinsätzen, ARTEX AN, ARTEX AV, ARTEX Reference,DENAR Mark2, KaVo EWL, PANADENT, SAM2/SAM3, STRA-TOS 200 und STUARTJ. Kondylenbahnneigung, Bennettwinkel,Immediate Side-Shift und die Neigung des Frontzahnführungstel-lers werden angezeigt und können direkt in den jeweiligen Arti-kuiator übertragen werden.

Die Vorteile der computerunterstützten Registriertechnik für dieklinische Anwendung sind vielfältig. Im Falle des Kiefergelenk-knackens durch Diskusverlagerung führten die verbesserten elek-tronischen Aufzeichnungen zu neuen Interpretationen. Nach FAR-RAR entsteht das Öffnungsknacken bekanntlich immer durchReposition des in habitueller Okklusion nach anterior verlagertenDiskus. Beim Öffnen gleitet der Kondylus mit einem Knack-geräusch unter den Diskus. Die Reposition ist dann erreicht. DasSchließungsknacken entsteht durch das erneute Abgleiten desKondylus hinter den Diskus. Die von FARRAR vorausgesagte Kon-dylenbahnform kann durch die computerunterstützte Registrier-technik bestätigt werden.

Allerdings wurde vom Autor bereits früher darauf hingewiesen,daß es bei partieller, anterior-medialer Diskusverlagerung nocheine andere Form des Kiefergelenkknackens geben müsse, näm-lich das Abrutschen des Kondylus über den vorderen, lateralenDiskusrand bei exkursiver Kondylenbewegung (Abb. 2). Imgesunden Gelenk steht ja der Kondylus bei weiter Mundöffnungbereits am anterioren Diskusrand. Bei bestehendener Bandlocke-rung und Aktivität des M. pterygoideus lateralis wird der Diskuswährend der Mundöffnung nach medial wegrotiert, so daß derKondylus über den anterioren und lateralen Diskusrand abglei-

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Kiefergelenkknacken bei partieller

Diskusverlagerung

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ten kann. Häufigste Ursachedieser Form des Kiefergelenk-knackens ist Bruxismus.

Die computerunterstützte Regi-striertechnik ist in der Lage,die unterschiedlichen Bewe-gungsspuren bei partiellerund totaler Diskusverlage-rung deutlich durch charak-teristische Bahnmerkmale an-zuzeigen, worauf schon mehr-fach in der Literatur hinge-wiesen wurde. Der Verfasserist sich dessen bewußt, daßseine Meinung noch wider-sprüchlich beurteilt wird, ins-

besondere von denen, die bislang auf exakte, computerunter-stützte Registrierungen verzichtet haben.

Es liegt auf der Hand, daß das Knacken bei totaler und partiel-ler Diskusverlagerung unterschiedlich therapiert werden muß, dader Diskus bei der totalen Diskusverlagerung erst reponiert wer-den muß, während er bei der partiellen Diskusverlagerungbereits teilweise im Gelenkspalt liegt.

Folgendes Beispiel zeigt, daß die computerunterstützte Registrier-technik auch wichtige Hinweise auf zu erwartende Schwierigkei-

ten bei einer bevorstehendenBehandlung geben kann.Abb. 3 ist so zu lesen, als

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Abb. 3

Protrusionsbewegung mit sagittalem

Bewegungsspielraum im linken

Kiefergelenk

sowürde man von rechts aufden Patienten sehen. Im lin-ken Bildbereich sind die bei-den sagittalen Kondylenbah-nen übereinander angeord-net. Die Bildmitte zeigt diereale Frontzahnführung, d.h.die unter Zahnkontakt vomComputer ermittelte Bewe-gung des unteren Inzisai-punktes. Zunächst verläuftdie Bahn kranialwärts,bevor die kaudal geneigteFührung beginnt. Der rechteBildanteil zeigt am Beispiel

des Artikulatorssystems SAM2/SAM3 den vorn Computer ermit-telten Fronfzahnführungsteller, der zur Simulation des selektiertenFrontzahnführungsabschniftes notwendig wäre.

Es fällt auf, daß sich sowohl der linke Kondylus als auch derInzisalpunkt gleichzeitig nach oben bewegen, wenn die Protrusi-on aus der Retrailage des Unterkiefers heraus erfolgt. Deshalbmuß auch jeder dazwischen liegende Punkt, also jeder Zahn imlinken Unterkieferbereich kranialwärts laufen. Demnach sollteeine Disklusion der Seitenzähne während dieser Bewegung alsoüberhaupt nicht möglich sein, sofern die Kondylenposifion bei

523 Punk te

733 Punkte

zentrischer Okklusion nicht mit der kranialsten Kondylenpositionübereinstimmt.Man hat folglich bei der Herstellung von Zahnersatz mit beson-deren Schwierigkeiten zu rechnen, die sich aufgrund mangelnderDisklusion im rechten Seitenzahnbereich ergeben. Für eine inter-ferenzfreie Okkiusion sollte daher ein erhöhter sagittaier Bewe-gungsspielraurn zwischen den antagonistischen Höcker vorgesehenwerden, ähnlich wie wir es bei einer Immediate Side-Shiftbereits in horizontaler Richtung gewohnt sind.

Aus der Sicht des Verfassers wird hier eines der wichtigstenZukunftsziele der instrumenteilen Funktionsdiagnostik erkennbar.Wir besitzen heute zwar hervorragende Registrierverfahren, dieden gesamten Bewegungsspielraum der Kondylen erfassen kön-nen. Auch haben wir sehr leistungsfähige Bißnahme-Verfahrenentwickelt, mit denen die zentrische Kieferrelationsbestimmungreproduzierbar gelingt. Was uns aber fatalerweise fehlt, ist diegenaue Kenntnis darüber, auf welche Stelle der Kondylenbahndie Kondyien durch unsere Bißnahme positioniert werden.

Damit bei der Rekonstruktion von Zähnen innerhalb eines sagit-talen oder horizontalen Bewegungsspielraums keine Interferen-zen auftreten, muß auch ein entsprechender Spielraum für dieantagonistischen Höcker gewährleistet werden. Deshalb mußman wissen, in weiche Richtung der nötige Freiraum ab derdurch die Bißnahme vorgegebenen Position hergestellt werdensoll. Dies wiederum erfordert zwingend die exakte Zuordnungund Kontrollmöglichkeit der zentrischen Kondylenposition zurKondylenbahn. Es werden heute bereits Versuche unternommen,diese Kontrolle mit Hilfe der computerunterstützten Registriertechnikdurchzuführen.

An diesem Besipiel wird auch deutlich, daß Artikuiatoren so ver-bessert werden sollten, daß zusätzlich zur Side-Shift Einstellungauch eine Shift Möglichkeit in sagittaier Richtung möglich ist.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die instrumen-telle Funktionsdiagnostik vergangener Jahre einen Wandel voll-zogen hat. Eine Hauptindikation instrumentelier Registriertechnikenliegt nicht mehr allein in der Programmierung von Artikuiatoren,sondern vor allem dort, wo eine verbesserte Diagnose von Funk-tionsstörungen zu erreichen ist. Wir müssen jedoch noch lernen,typische Bahnspuren mit bestimmten Funktionsstörungen undBefunden zu korreiieren. Da die instrumenteile Funktionsdiagnostikim Gegensatz zu bildgebenden Verfahren wie der Arthrogra-phie, Computertomographie oder Magnetresonanztomographieweder invasiv noch strahlenbelastend ist und mit vertretbaremZeitaufwand kostengünstig in jeder Praxis einzusetzen ist, sollteihr diagnostischer Stellenwert besonders hoch eingestuft werden.

Funktionsdiagnostik „megaout"? Entsprach die bisherige Hin-wendung zur Gnathoiogie bei manchen Kollegen nur der tem-porären Begeisterung für eine lukrative Tätigkeit oder war siewirklich im Streben nach besserer Zahnheilkunde begründet?Wer die Bedeutung der Funktionsdiagnostik erst einmal erkanntund erfahren hat, für den wird sie immer aktuell und unverzicht-bar bleiben, da er Rückschritt nicht akzeptieren kann

. = _ = GRUPPE.

Checklisten zur Diagnostikbei craniofacialen Schmerzen

vonAngela FischerWerner Fischer

Braunschweig

Bekanntlich beginnen ärztliche Bemühungen mit der Anamnese.Diese aber macht nur Sinn, wenn ausreichend zutreffende Faktenverfügbar sind. Bei komplexen Erkrankungsmöglichkeiten sindChecklisten zur differentialdiagnostischen Eingrenzung ein praxis-gerechtes Hilfsmittel.

Zunächst gilt es, die Parameter des führenden Symptoms näherzu erfassen.

1. Chronologie:

2. Intensität:

3. Qualität:

4. Lokalisation:

5. Begleitsymptome:

6. Begleitaspekte:

Beginn, tageszeitliche Abhängig-keit, Chronizitäf

Leicht, mäßig, schwer, vernich-tend

Dumpf, ziehend, drückend, häm-mernd, pulsierend, scharf, blitzar-tig einschießend

Konstant oder wandernd

Sehstörungen, Blässe, Schweiß-ausbrüche

Familienanamnese, auslösende undaggravierende/schmerzlindernde Ein-flüsse und Faktoren; bisherige Diagno-stik/Therapie und ihre Effektivität

ad 1. Checkliste Chronologie:

Erstes Auftreten Verdachtsdiagnose

2.-18. Lebensjahr

ab 20. Lebensjahr

um 30. Lebensjahr

20.- 40, Lebensjahr

ab 50. Lebensjahr

über 60. Lebensjahr

kurz nach Mitternacht

frühe Morgenstunden

bereits beim Erwachenoder tagsüber zunehmend

Myopathie (häufig nach KFOj

Migräne

Cluster-Kopfschmerz

KiefergelenkserkrankungenSpannungskopfschmerz

Neuralgie

Arteriitis temporalis

Tageszeitliches Auftreten Verdachtsdiagnose

Cluster-Kopfschmerz

Migräne

Schläfenkopfschmerz/BruxismusCraniomundibuläre Dysfunktion

•':£„.- GRUPPE

mit Erwachen

am Morgen

am frühen Nachmittag

zum Tagesauskiang

Art/Chronizität

Hypertonie-Kopfschmerz

Stirnhöhlenkopfschmerz

Kieferhöhlenschmerz

Spannungskopfschmerz

Verdachtsdiagnose

chronisch intermittierend

chronisch persistierendüber Stunden bis Wochen

akuter Beginn

akut beginnend mitneurolog. Symptomen

Migränekopfschmerz, Cluster-Kopf-schmerz, Schmerzen von Nasen-nebenhöhlen, Trigeminus-und Glos-sopharyngeusneuralgie

Spannungskopfschmerz, Kieferge-lenkserkrankungen

entzündliche Erkrankungen wieakute Sinusitis, Arteriitis temporalis

intrakranielle Erkrankungen

ad 2. Checkliste Intensität

a. kann ohne Analgetika ertragen werden

b. mit Analgetika beherrschbar

c. Hobbys und Nebensächliches bleiben liegen

d. arbeitsunfähig

e. zurückgezogen/bettlägrig ggf. im verdunkelten Raum

a. - e. Verdachtsdiagnose - bedarf der individuellen Beurteilung

ad 3. Checkliste Qualität

Schmerzqualität Verdachtsdiagnose

hämmernd, klopfend,pulsierend

dumpf, ziehend, diffus,Druck, Krampf

vaskuläre Genese wieMigräne-, Cluster- und durchHochdruck bedingter Kopf-schmerz, schwere akuteSinusitis

muskuläre Genese aber auchchronische Sinusitis

. ",~„ £ GRUPPE .

scharf, einschießend,stechend, wie elektrisch

schwer und brennend

Taubheitsgefühl,Parästhesie

Trigeminus- und Glossopharyn-geusneuralgie

postherpetische Neuralgie

neurologisches Problem

ad 4. Checkliste Schmerzlokalisation

Lokalisation Schmerzursache

Frontal SinusitisAugenerkrankungenSpannungskopfschmerzMigränekopfschmerzCluster-KopfschmerzPostherpetische Neuralgie

Temporal

Occipital

Orbital

Nasal/Paranasal

Maxiilär

Mandibulär

Cervical

MigränekopfschmerzArteriitis temporalisKiefergelenkserkrankungenHypertoniebed. SchmerzPostherpetische Neuralgie

SpannungskopfschmerzWirbelsäulenveränderungenHypertoniebed. Schmerz

AugenerkrankungenCluster-KopfschmerzMigränekopfschmerzSinusitisPostherpetische Neuralgie

GlossopharyngeusneuralgieSinusitisTrigeminusneuralgie

SinusitisZahnproblemeTrigeminusneuraigieKieferhöhlenerkrankungen

GlossopharyngeusneuralgieTrigeminusneuralgieZahnproblemAusstrahl, kardiale SchmerzenSubakute Thyreoidifis

SpannungskopfschmerzArthropathieCarotidynie

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Pharyngeal GlossopharyngeusneuralgieSubakute ThyreoiditisCarotidynie

Diese Zusammenstellung soll zeigen, daß beispielsweise orbitale,nasale oder pharyngeale Schmerzprojektionen wahrscheinlichnicht in unser Fachgebiet fallen und die mandibulären undmaxiilären nur dann, wenn es sich um zahnbedingte Problemehandelt.

ad 5. Checkliste Begieitsymptome

Symptom Verdachtsdiagnose

Kopf-, Gesichts-, Nacken-und Schulterschmerzen;Ohrsymptome (Schmerzen,Hypakusis, Tinnitus,Schwindel); Brennen derZunge, im Rachen, in derNase; vermehrter Speichel-und Tränenfluß; Schluckbe-schwerden (Globusgefühl)

Sehstörungen, Blässe,Schweißausbrüche, Er-brechen, Durchfall,Licht-/Geräuschempfind-lichkeit

Gesicht blaß oder rot,Rötung der Konjunktiven,Nase verstopft/läuft,Auge tränt

Schlafstörungen, gastro-intestinale Störungen,sexuelle Probleme, Ängste,Depressionen

Fieber, Schwäche, Gewichts-verlust, Sehstörungen,BSG-Beschieunigung,Anämie und Leukozytose

diastolischer Blutdruckgrößer l 10 mm HG

orale oder mukokutaneSymptome

craniomandibuiäre Dysfunktion

Migräne

Cluster-Kopfschmerz

Spannungskopfschmerzen

Arteriitis temporalis

hypertoniebedingterKopfschmerz

postherpetische Neuralgie

.5, £ GRUPPE.

ad 6. Checkliste Begleitaspekte

Begleitaspekt Verdachtsdiagnose

best. Speisen, Medikamente,helles licht, laute Geräuscheverschlimmern

Bewegung des Kopfes ver-schlimmert

Pat. rennt hektisch umher

Schmerz im Liegen weniger,wird beim Husten/Kopfsenkenschlimmer

Schmerz durch Druck aufMuskeln oder bei Streßschlimmer

Auslösung durch Triggerzone,auch durch Gähnen, Husten,Schlucken, Berühren desGesichtes

Migräne

Gefäßkopfschmerzen

Cluster-Kopfschmerz

Nasennebenhöhlenschmerz

Muskelkontraktion oderKiefergelenkserkrankung

Trigeminus-/Glossopharyn-geusneuralgie

CraniomandibuläreStörungen

vonTore L. Hannson

Phoenix Arizona

It is with great pleasure l respond to the invitation by Dr. JürgenBretthauer to reflect over the EACD meeting last September inHamburg. My immediate impressions were confused because äsa clinician l had expected direct advice from the Speakers whenand how to react on the daily problems presented by patientswith craniomandibular disorders.Dr. Bretthauer has asked five questions. My intention is fhereforeto answer these questions according to my convinced opinionwhich directs all my clinicai activities.

Wie wichtig ist die Okklusion (noch) bei CMD?

The scientific Iiterature mostly denies the link between occiusionand CMD. However, the results of ongoing studies in Finland byKirveskari and coworkers Support the clinicai impression that formany patients with CMD the change of occiusion plays animportant role in the treatment of CMD. The insertion of anytype of splint is an immediate change of occiusion, when defi-ned äs the static relationship between the jaws. With thisapproach the insertion of a splint is justified in those patientswhere clenching of teeth is the cause for the exhaustion ofmuscle- and joint function.Since the publicaKon of oui resulrs of rhe analysis of condylar

VfL; GRUPPE

asymmetry from different studies in Spain, the Netherlands andAustralia it has been even more important for my clinical activitythat occlusion plays the important role in the treatment of CMDwhen the condylar asymmetry is the morphologic reason for anasymmetrical abuse of the stomatognathic system. In our patientswith a condylar asymmetry it is of upmost importance to norma-lize the function of supporting masticatory muscles and asymme-trical temporomandibular joints. Therefore the correct registrationof the retruded position of the mandible is the crucial point inall dental therapy. The only way to stabilize such a mandibularposition is through occlusal therapy. However, irreversible appro-aches in form of occlusal adjustments, orthodontics and prostho-dontics should not be applied until successful outcome of thereversible application of splint has proven its beneficial effect.Thus, in my opinion occlusion plays an important role in theTHERAPY of CMD.

Wo liegen wann die Schwerpunkte der Diagnostik und Thera-pie?

The most important part in diagnostics and the most importantpart for the therapeutical success is to initially differentiate bet-ween origin of pain. Any attempt in therapy must be directedtowards the origin of pain. Myogenous origin of pain deservesquite another attention than arthrogenous origin of pain. Alf-houg the ingredients of treatment may be similar the timing oftheir appiications is different for the two origins of functionalpain.

Wie wichtig ist die Physiotherapie bei CMD?

CMD with the differential diagnoses of either HYPERMOBILITY,HYPOMOBILITY, BRUXISM or ABUSED PROTRUSION cannot betreated without physicai therapy. Muscie strengthening, muscierelaxation, posture training, increase of awareness of parafunc-tional activities are all modalities which need time and practice.Dental treatment initially, or even worse, alone is doomed tofail. Without the knowledge from a trained physicai therapist itis my opinion that the above-mentioned conditions should not betouched.

Ist Schienentherapie nicht eine physiotherapeutische Massnahme?

The splint influences muscie- and joint function and so does phy-sicai therapy. However, äs the splint is positioned inside themouth and applied to the teeth it seems correct to ascribe thesplint therapy to a modality of dental treatment. Besides, the dif-ference in education and in level of education between the twoprofessions makes the splint therapy belonging to dentistry. Thisdoes not exclude that a physicai therapist may be familiär withthe purpose of the different splints. However, the indications fortheir appiications, fabrication, insertion and adjustment are theresponsibility of the dentist.

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Was kann oder sollte der Zahnarzt (in Deutschland) bei CMDselber tun oder nicht tun?

The dentist should examine and diagnose the CMD. The dentistshould design and effectuate the treatment plan. The dentistshould aiways start with reversible modalities (splint, referral forphysical therapy or psychology). The dentist should never per-form any occlusal adjustmenf (grinding, prosthodontics nor ortho-dontics) unless muscle- and joint functions are normalized. Thedentist should not perform the practice of physical therapy. Phy-sical therapy belongs to its own profession. So does the practiceof psychology.

References on request.

Moderne Zahnheiikundeals machbares Konzept -Erfahrung und Nutzen

vonKlaus Dusemund

Neuss

Hans-Henning Ohlrogge organisierte am l 9./20.1l.94 imNamen der NEUE GRUPPE eine Informationstagung in Erfurt.Ziel war, in Wiederaufnahme des grundlegenden Gedankensder NEUE GRUPPE - Tagung 1990 in Dresden, den Kollegen derneuen Bundesländer fortschrittliche Zahnheilkunde zu zeigen,Probleme, aber auch Möglichkeiten unserer noch freiberuflichenPraxis anzusprechen und die NEUE GRUPPE als wissenschaftli-che Vereinigung engagierter Kollegen vorzustellen. Locker abereindringlich, nicht als Besserwisser sondern als Freunde, die imgleichen Boot sitzen.

Dies ist mit vollem Erfolg gelungen, wie die rege Diskussion, dieBestürmung der Vortragenden um Einzelheiten, der Applaus undüberhaupt die Teilnahme von 96 Kollegen beweist.

Prof. Lenz, der Direktor der Abteilung Prothetik und Werkstoff-kunde der inzwischen geschlossenen Medizinischen AkademieErfurt begrüßte das Auditorium herzlich, umriß die Historie derUniversität Erfurt als der Zweitältesten im deutschsprachigenRaum, die nach Schließung kürzlich doch wiedergegründet wor-den ist und stellte seine Assistenten, Studenten und Mitarbeiterals Helfer zur Verfügung.

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Dann kam die Arbeit. J.-Peter Engelhardt betonte zur Funktions-diagnostik die Wichtigkeit, schon beim ersten visuellen Kontaktmit einem neuen Patienten eventuelle Auffälligkeiten sich bewußtzu machen und so schon gleich den klinischen Teil zu beginnen.Die instrumentelle Funktionsanalyse ist dann eine wichtigeErgänzung, die nach Bedarf einzusetzen ist. Egbert Schulz zeig-te, daß die „Mundgesundheitsbewußtseinserziehung" durch Ein-satz einer Videokamera effektiver vermittelt werden kann. KnutSchuppan führte mit hervorragenden Operations-Dias Grenzfälleder Implantologie vor Augen. Werner Fischer wertete die für dieZahnheilkunde notwendigen Medikamente und warnte vor Wer-bungs-Halbwahrheiten. jean-Francois Roulet berichtete umfassendüber zahnfarbene Restaurationen, besonders im Hinblick aufAmalgamersatz-Werkstoffe. Kristian Bieniek wog die Zuverlässig-keit vollkeramischer Systeme gegeneinander ab. Arne Hertzogerläuterte Grundsätzliches zur Einstellung neuer Mitarbeiter undverriet Erfahrungen zur Personalführung. Hans-Peter Lux ermahn-te leidenschaftlich, die wenigen Freiräume von GOZ und Bemazu entdecken und dann auch zu nutzen. Dorothee Gieseler, Ehe-frau unseres Jochen und beruflich eigentlich der „Gegenseite"verpflichtet, gab sachlich klare Hinweise, wie ein jeder seineprivate Versicherung aufbauen sollte. Das war konzentrierteNahrung, die hungrig machte. Entsprechend froh folgten vieleder Einladung zum geselligen Abendessen. Im stilvollen Ambien-te des alten Gildehauses am Fischmarkt wurde zum reichhalti-gen Büffet bald eifrig gefachsimpelt und diskutiert ... es wurdeein langer Abend.

Der Sonntagmorgen brachte noch bei schönstem Sonnenscheineinen geführten Stadtspaziergang und wer nicht zu neugierig indie Nebenstraßen guckte, gewann den Eindruck einer wunder-schönen, geschichtsträchtigen, reichen Bürgerstadt mit nahtlosund kunterbunt aneinanderstehenden barocken, spätgotischen,historischen und Jugendstilfassaden.

Eine Veranstaltung, die der NEUEN GRUPPE sicher einen großenSympathiegewinn brachte. Herzlichen Dank Hans-Henning undallen Aktiven.

Als Gast, so denke ich, kann ich mich in ein Eckchen in Rose-Marie Lohmillers Praxis während ihres Wochenendseminares ver-drücken. Aber weit gefehlt! Eine liebevolle Umarmung und einfreundschaftlicher Kuß sind erst der Anfang. Wie gut mir dastut!

Champagner-Rosenund Champagner für Rose

vonWerner Fischer

„Zähne einmal ganz besonders schön" oder so ähnlich heißt das BraunschweigThema. Ich bin gespannt.

Aber anders als erwartet, erhalte ich zunächst Philosophieunter-richt. „Zahnschicksaie sind oft menschliche Schicksale. Muß manda nicht alles versuchen?" So geht es um Wärme, Einfühlungver-mögen, Verständnis, ständiges engagiertes Mühen. Grundzügedes Buddhismus fließen in ihre Aussagen; einp H IWin aus Vietnam

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hat Rose einmal damit infiziert. „Gedanken sollte man sichschon im Vorfeld machen und nicht erst zur Einprobe." So über-legt sie, was wohl dahintersteckt, wenn eine Patientin auch sokleine weiße Zähne haben will, wie ihre Freundin aus demAltersheim? Mutig zeigt Rose freche, unerwartete Aufstellungenbei Totalprothesen und spielt mit Physiognomien Schicksal. Opakennt seine Liebste aus der Jugend wieder und ist glücklich.Rose erschaudert minutenlang schweigend bei dem Gedanken,sie hätte sich selbst als l 8-jährige mit lieblosen Frontzahnrestau-rationen dem Umfeld offenbaren müssen.

Brilliante Dias - ich habe sie erwartet, makellose handwerklicheArbeit - ich wußte es. Aber das Spaghetti-Buch kenne ich nicht.„Zahnheilkunde muß Appetit machen, wie jedes dieser Gerichtein diesem Buch". So ist auch das liebevolle Ambiente dieser Pra-xis verführerisch, aber eben auch nicht preiswert. Doch Rose hataufgehört, für deutsche Bundesbürger zu sparen. Zum Glück,denke ich, wie ich staunend vor dem italienischen Mittagsbuffetstehe. Die Dekoration aus Blumen, Gemüsen una^Salaten läßtmich beinahe das Essen vergessen. Sie hat wohl auch ein Herzfür Ihre Kollegen.

Zweifelsfrei! Sie und ihr Stab bemuttern uns rührend währendder praktischen Arbeit. Dann arbeitet sie selbst. Ruhig, routiniert,einfühlsam, das scharfe Auge noch dazu mit riesigen Lupen ver-stärkt, und trickreich. Folien aus Kleidersäcken geschnitten erset-zen Interdentalstrips, die ansonsten immer ein Diastema hinter-lassen. Streifen aus Fotoecken fixieren sie. Die Konturen undUmrisse der Füllungen richten sich nach Lichteinfallslinien, undsie werden polychrom geschichtet, bemalt, die Textur der Ober-fläche imitiert und mit speziellen Filzrädern poliert. Die Patientinstaunt; sie kann die Füllung nicht erkennen, andere auch nicht.

In der Keramik aber blüht Rose erst richtig auf. Sie hat Jahrehinter dem Brennofen gehockt. Hier lebt sie und strahlt - wie ihreKeramik.

Vorhang auf! Wir sehen Patienten. Vom Veneer bis zur kompli-zierten Rehabilitation. Die Arbeiten sind umwerfend schön.Zähne einmal ganz besonders schön!

Zum Dank bekommen die Patienten Champagnerrosen. UndRose bekommt abends beim Italiener Champagner. Reichlich -sie hat es verdient!

HEUE GRUPPEr

„A clear picture of the final result is a prerequisite for achievingaesthetic and functional restorations. Treatment planning, there-fore, requires an entirely new approach and simulates, in rever-se order, the steps needed to reach this well defined goal".

O. Bahat, March 1995

Unter diesem Motto hielt Oded ßahat am 10. und l l. März inFrankfurt einen Kurs für die NEUE GRUPPE. Hans Henning Ohl-rogge hatte den Referenten eingeladen und den Kurs organi-siert.

Der Erfolg einer Implantation besteht heute nicht mehr allein inder Osseointegration, sondern auch in der richtigen Implantat-position an prädeterminierter Stelle. Nur so können Aesthetik undFunktion optimal erreicht werden.Eine Diagnose muß Hartgewebe, d.h. Knochenangebot, Zähneund Zahnstellung, sowie Weichgewebe, d.h. das Verhältnis Gin-giva-Mucosa, berücksichtigen.Vor der Implantation müssen restaurative Überlegungen undokkiusale Diagnostik durchgeführt werden. Die Langzeitprognosedes bestehenden Gebisses sollte in der Planung berücksichtigtwerden.

Das Ziel muß sein, ein Implantat möglichst axial zu belasten undauf mechanische Modifikationen und Konstruktionen zum Aus-gleich falscher Implantatposition zu verzichten.

In den l 1/2 Tagen Kurszeit zeigte Bahat an klinischen BildernMöglichkeiten des Knochenaufbaus mit Folien, vor allem abermit autologem Knochen. Als Spenderregionen wurden Kinnregi-on, Unterkiefercorticalis oder das Becken genannt.Beckenspongiosa wird vor allem zum Auffüllen des Sinusbodens(dem sogenannten Sinus-floor graft) verwendet. Dabei wird derSpan mit der Spongiosaseite zum Kieferhöhlenboden einge-bracht und mit einem kleinen Knochenkeil nach oben gegen diefaciale Kieferhöhlenwand verkeilt. Dabei ist jedoch zu berück-sichtigen, daß eine Sinuslift-Operation nur dann sinnvoll ist,wenn der intefokklusale Abstand nicht durch Resorption wesent-lich vergrößert ist.Andernfalls soff® die interokklusale Relation durch Knochenauf-bau auf den Kieferkamm, aber auch vestibulär, wiederhergestelltwerden.

Für den Aufbau vestibuiären Knochens empfiehlt ßahat dassogenannte „J"-graft. Das ist ein j-förmig überlappendes Trans-plantat, mit dem vestibulär Breite, gleichzeitig auch Höhegewonnen werden kann.Je intensiver der Knochenkontakt, d.h. je sauberer das Trans-plantat aufgelagert ist, desto geringer ist der Knochenverlustdurch Resorption.

Nach 6 Monaten ist der transplantierte Knochen zunächst nochweich, wird aber innerhalb von l 8 Monaten wieder hart.Bei knöchernen Rekonstruktionen aufwendigerer Art wird «in

Reconstruction of sott andhard tissue associated withimplants

vonVolker Tröltzsch

Ansbach

zweizeitiges Vorgehen empfohlen. Das einzeitige Vorgehenerhöht stets das Risiko und die Komplikationsmöglichkeiten.

Neben der knöchernen Rekonstruktion muß die Weichgewebsre-konstruktion erfolgen. Bindegewebstransplantate aus der unmit-telbaren Umgebung und vom Gaumen werden besprochen.Neben der allgemeinen Darstellung des Konzeptes - Planungund Therapie - wurden sehr viele Hinweise, vor allem in derAnwendung des Branemarksystems gegeben:Es wurde empfolen, im weichen Knochen keine selbstschneiden-den Fixturen zu verwenden, auch keine Gewindeschneider, son-dern es wird angeraten, z.B. eine 4 mm Fixtur in eine 3 mmBohrung einzuschrauben.Von 3,75 mm Durchmesser auf 4 mm erhöht sich die Ober-fläche um 7%, die Frakturstabilität aber um 35%. Um 40%erhöht sich die Oberfläche, wenn man den Implantatdurchmes-ser von 3,75 mm auf 5 mm erhöht.

Die Beurteilung eines Kurses wird immer subjektiv bleiben undist abhängig von der Erfahrung und der Einstellung des Teilneh-mers. Aber ich glaube, daß Oded Bahat jeden, auch den Erfah-renen, ansprechen konnte. Hans Henning Ohlrogge sei an die-ser Stelle nochmals für seinen Einsatz gedankt.

Present and future techni-ques for periodontai regene-ration.

vonHans-Georg von der Ohe

Bielefeld

Dieser Kurs am 17./18. März 1995 in Aachen stellte einen Höhe-punkt in den Fortbildungsveranstaltungen der NEUEN GRUPPEwährend der letzten Jahre dar. Für mich persönlich hatte dieserKurs einen ähnlichen Steilenwert wie die ersten Lindhe-Kurse Endeder 70er und Anfang der 80er Jahre. Es war Hans-Henning Ohl-rogge gelungen, mit Prof. Dr. G. Bowers einen Parodontologen zugewinnen, der sich mit dem Thema parodontale Regeneration seitdem Ende der 60er Jahre nicht nur praktisch, sondern auch wis-senschaftlich intensiv beschäftigt.Prof. Bowers stellte seine Kenntnisse und Erfahrungen mit verschie-denen Techniken zur parodontalen Regeneration vor.

Dabei ging er ausführlich auf die zum Teil von ihm selbst erar-beiteten wissenschaftlichen Grundlagen der Thematik ein.

Parodontale Regeneration ist definiert als die Bildung von neuemWurzelzement, parodontalem Ligament und neuem Knochen aufvormals exponierten Wurzeloberflächen. Parodontale Regenera-tion ist heute unter klinischen Bedingungen vorhersagbar zuerreichen. Dies gilt sowohl für vitale, als auch endodontischbehandelte Zähne. Knochentransplantate tragen zur parodonta-len Regeneration bei.

Professor Bowers ging ausführlich auf die verschiedenen Mög-lichkeiten der Anwendung von allogenem und autologem Kno-chenmaterial ein. Unbestritten das günstigste Transplantatmateri-al ist autologes Knochengewebe aus dem Bereich des Becken-kammes. Jedoch ist nach Meinung von Prof. Bowers die Anwen-dung dieses Materials durch die Traumatisierung des Patienten

'.E^E GRUPPE

bei dem erforderlichen zusätzlichen Eingriff eingeschränkt. Intra-oraler, autologer Knochen ist ebenfalls als Transplantatmaterialgeeignet, jedoch sind die osteokonduktiven Eigenschaften diesesMaterials nicht so gut wie das anderer Herkunft und die zur Ver-fügung stehende Menge ist in der Regel limitiert,

Prof. Bowers favorisiert deshalb DFDBA (Demineralised FreezedDried Bone Allograftj. Im Rahmen des Kurses wurden die Vor-und Nachteile von DFDBA umfassend dargestellt. Ebenso wur-den etliche Studien zitiert, die die Wirksamkeit von DFDBA imRahmen von Maßnahmen zur parodontalen Regeneration bele-gen.Prof. Bowers stellte schließlich umfassend die Kombinationsthera-pie (Combination-Therapy) dar. Darunter ist die kombinierte Ver-wendung von DFDBA, Zitronensäure zur Konditionierung derWurzeloberfläche und nicht resorbierbaren Membranen zur par-odontalen Regeneration zu verstehen. Sehr detalliert wurden dieIndikation, die Fallselektion, die Defekttypen, die Operations-technik, das postoperative Management und die Erfolgsaussich-ten dargestellt. Bowers gab selbst für Furkationsdefekte der Klas-se III eine Regenerationsrate von 70-80% an. Damit wargemeint, daß in 70-80% der Fälle ein vollständiger Verschlußder vormals durchgängigen Furkation erreicht wird!

Sehr deutlich wurde bei den Ausführungen Prof. Bowers, daßder Erfolg von Maßnahmen zur parodontalen Regenerationwesentlich von einer exakten Operationstechnik abhängt. Dazugab er viele wertvolle Hinweise.

Am Ende des Kurses ging Prof. Bowers auf die Zukunftsaussich-ten ein. Er sprach ausführlich über die Bone Morphogenic Pro-teins, (BMP), die seiner Meinung nach in Zukunft die Behand-lungmethoden zur parodontalen Regeneration revolutionierenwerden. Es liegen hier schon einige Studien vor, unter anderemauch von ihm selbst, die sehr gute Ergebnisse zeigen.

Wahrscheinlich werden wir schon in wenigen Jahren nicht mehrüber verschiedene Membranrypen und unterschiedliche Materia-lien zur Defektauffüilung diskutieren müssen, da uns bessereMöglichkeiten durch die Anwendung von Wachstumsfaktorenzur Verfügung stehen werden.

Der Kurs endete mit dem Ausspruch:

„Regeneration of the Peridontium

is a perdictabel Reaiity

- Future unlimited -".

. \£.L.r GRUPPE .

Lembach-KursEin Wochenende im Elsaß

vonKlaus Haberkorn

Würzburg

In der bewährten Kursreihe der NEUEN GRUPPE, die von PeterBeyer nun schon seit vielen Jahren in Lembach organisiert wird,hatten die Teilnehmer diesmal einen GOZ-Vortrag im Programm,den Herr Kollege Georg Scherpf aus Berlin vorbereitet harte.

Nach sieben Jahren Erfahrung im Umgang mit der GOZ war esbemerkenswert, welche neuen Seiten der Vortragende diesemGebührenrahmen abgewinnen konnte und es ging den meistenKursabsolventen sicher ebenso wie dem Berichterstatter, der mit-unter fast verzweifelt einsehen mußte, welche Fehler sich imGebrauch der GOZ im Laufe der Jahre in die tägliche Arbeiteingeschlichen haben.

Herr Scherpf verstand es vorzüglich, einen ansonsten ehertrockenen Stoff anschaulich und packend zu vermitteln und denanwesenden Zahnärzten und Mitarbeiterinnen eine völlig neueSicht für den Umgang mit Versicherungsträgern, Beihilfestellenund nicht zuletzt mit unseren Privatpatienten aufzuzeigen.

Dank eines hervorragend ausgestatteten Scriptums war jederTeilnehmer in der Lage, die projezierten Schriftsätze und Berech-nungsbeisbiele zu verfolgen, ohne durch Schreibarbeit abgelenktzu werden.

Die Vielzahl der angeschnittenen Probleme verbietet es, hiernäher auf bestimmte Kursteile einzugehen, aber es sei nicht ver-schwiegen, daß Herr Scherpf so viel Tips bot, die sich leicht indie Praxis umsetzen lassen, daß dieser Kurs seine positiven Fol-gen für jeden von uns haben dürfte.

Die GOZ erwies sich in den Händen eines nachdenkenden undscharfe Schlüsse ziehenden Referenten als ein Instrument, dessenßeherrschbarkeit Voraussetzung ist für eine zukunftssicherndePraxisführung.

Trotz des wenig einladenden Aprilwetters harten alle Kursteilneh-mer ein erlebnis- und erfolgreiches Wochenende im schönenElsaß, wozu die freundliche Atmosphäre des Hotels und die anGaumenfreuden reichen Abendstunden im Cheval-Blanc beitrugen.Dem Organisator dieses Kurses sei an dieser Stelle herzlichgedankt. Es war ein Kurs, dessen Besuch viele Eindrücke hinterließund Zeit gab für die freundschaftlichen Kontakte, die unsererGruppe so am Herzen liegen.

\r05 GRUPPEr

Knud Schmidt-Diemel zum70sten

vonKlaus DusemundNeuss

Hans-Henning OhlroggeAachen

Wenn man von einem verehrten und netten Freund, den manvor vielen Jahren kennengelernt hat, sagt, er habe sich nicht ver-ändert, so kann dies zum 70. Geburtstag verletzend sein, könn-te es doch heißen, er sei damals schon alt gewesen.

Für Dich, lieber Knud, trifft dies ganz sicherlich nicht zu. DeineJugendlichkeit, Spontanität und Aktivität sind uns immer Vorbildgewesen. Für Dein Ansehen und Deinen Erfolg hast Du hartarbeiten müssen. Aus bedrängend knappen Verhältnissen alsAssistent an der Westddeutschen Kieferklinik wagtest Du denSchritt zur Niederlassung und dies schon bald in für die damali-ge Zeit großzügigen und funktioneilen Praxisräume. Schon 1967besuchtest Du Dick Petraiis und Arne Lauritzen und organisiertestFolgekurse mit den beiden. "Gnathologie" wäre ohne Dich inder Universitätsstadt Marburg noch lange ein Fremdwort geblie-ben!

Du warst der erste "Offizielle", der mich(HH) als Gast zur NEUEGRUPPE einlud. So erlebte ich erstmals die freundschaftlich-krea-tive Atmosphäre bei den Jahrestagungen in Bad Nauheim. InDir sehen wir die Ideale der NEUE GRUPPE perfekt vereint: Dasberufliche Engagement mit wachem Auge für das Vernünftig-Neue, die zielgenaue Argumentation in fachlichen Diskussionen,Deine unvergessenen, von Geist und Witz getragenen Damenre-den und nicht zuletzt die Freude am freundschaftlich-kollegialenKontakt. Du hast, mindestens für unsere Vereinigung, Rudi Slavi-cek in seiner Kreativität und Aktivität erkannt und ihn zusammenmit Lugner und Carl Wirth erstmals in Bad Nauheim präsentiert.Wir erinnern uns sehr lebhaft an viele der Kurzvorträge aus deneigenen Reihen, damals noch wesentlicher Bestandteil des Pro-gramms einer Jahrestagung, die in ihrer Auswahl allesamt DeineHandschrift trugen und ein breites Bild von der Aktivität "Deiner"NEUEGRUPPE gaben. Wir erinnern uns mit Freude an das wun-derschöne "Burgfest" im ehrwürdigen Rittersaal des MarburgerSchlosses, bei dem, wie könnte es anders sein, Dixieland undHistorie einen erfrischenden Kontrast boten. Wir erinnern uns anviele anregende Begegnungen.

Lieber Knud, wir wünschen Dir von ganzem Herzen noch vieleJahre Aktivität, Kreativität und Fitness durch Segeln, Surfen, Skiund Golf. Ohne Dich fehlte eine kräftige Prise Salz in derSuppe "NEUEGRUPPE"!

Am 15.10.94 verstarb unser Freund und Ehrenmitglied, Richard(Dick) Petraiis nach langer Krankheit. - Nach einer Lebertrans-plantation sah zunächst alles recht gut aus; doch eine nichterkannte Hepatitis besiegelte sein Schicksal.

Doctor Petraiis lernte ich erstmals im alten Kammerhörsaal inDüsseldorf kennen, das war anläßlich einer Fortbildungsveran-staltung der ZA-Kammer Nordrhein, 1969 oder 1970. Viele sol-cher Anlässe folgten, denn damals war die Bundesrepublik fürFortbildung noch Diaspora. Bei vielen Gelegenheiten durfte ichihn erleben, wie er uns in "Perio" unterwies; in großen und klei-nen Kursen. Als ich Gelegenheit hatte, ihn anläßlich einer mehr-wöchigen Fortbildung in Boston zu besuchen, kümmerte er sichum den ihm nur wenig bekannten Zahnarzt aus good old Ger-many mit großem persönlichen Einsatz, obwohl er gerade eineBandscheiben-Op hinter sich gebracht hatte. Im Verlaufe diesesAufenthaltes wurden wir Freunde, wie er auch Freund vieler Mit-glieder der NEUE GRUPPE geworden war.

Er war es, der zum ersten Mal in der Bundesrepublik eine Lanzefür die Parodontalbehandlung brach, und zwar die in der ambu-lanten Praxis durchführbare Parodontalbehandlung. Er zeigteuns, was machbar war, und das war eine ganze Menge! SeinWirken ist in etwa mit dem Urbarmachen von Land zu verglei-chen, damit die Saat aufgeht und reiche Frucht trägt. Sie ist auf-gegangen, die Saat!

Leider war Dick Petraiis in den letzten Jahren durch seine Krank-heit nicht mehr in der Lage, Deutschland zu besuchen und dieFrüchte seines Wirkens hier zu begutachten; sie sind so schlechtnicht, meine ich.

In ihm haben wir einen wahren Pionier unseres Faches undeinen aufrechten und warmherzigen Freund verloren, wir wer-den ihm immer ein ehrenvolles Gedenken bewahren.

Nachruf auf Richard Petraiis,D.D.S., F.I.C.D.

vonFranz Christians

Essen