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31 Informationen und Indikationen für die Praxis Isialgie - Ursaen jenseits der Lendenwirbelsäule Dr. H. Peter Higer, 35390 Gießen Etwa 40% der Erwasenen haben im Laufe ihres Lebens eine Isialgie. Im engeren Sinne ist dies ein Been-Hüſtsmerz mit variabler Ausdehnung in die unteren Extremitäten als Folge pathologiser Veränderungen im spinalen und extra- spinalen Verlauf des N. isiadicus (81). In der Wandlung zu „isialgiformen Beswerden“ werden au slethin vom Been her ausstrahlende Beinsmerzen bezeinet, was dem entspreend au andere Teile des Plexus lumbosacralis und nit nur den N. isiadicus betreffen kann. Bloaden der ISG- und ggf. der Faceengelenke sind wahrseinli die häufigs- ten Ursaen, in der Regel einfa therapierbar und mit bildgebenden Verfahren nit darstellbar. Sollten die Beswerden therapieresis- tent sein, ist dies meist An- lass für radiologise Unter- suungen. Dabei zeigt das Röntgenbild der Lenden- wirbelsäule (LWS) gröbere knöerne Veränderungen (z. B. Metastasen und Frakturen), Weiteilprozesse nit. Häufigste Ursaen, die si dann bei einer MRT oder CT fin- den, sind lumbaler Bandseibenvorfall, lumbale spinale Ste- nose und Arthrosen der Faceengelenke. Spinale und extraspi- nale Tumore sind selten. Das Fehlen einer Lumbalgie und der erst gluteal beginnende Smerz maen eine mehr periphere Ursae wahrseinli, insbesondere wenn die typisen ver- tebralen Ursaen fehlen (82). Man kann die Topografie der Smerzursaen in 3 Zonen ein- teilen: 1. Wirbelsäule und Spinalkanal; 2. Been und „pelvic outlet“ (39); 3. Bein. (Siehe au Liste auf der Rüseite.) Die Inzidenz der Ursaen nimmt dabei von kranial na kaudal deutli ab. Do no rund 16% der Patienten mit isialgifor- men Beswerden zeigen in der MRT keine Wurzelkompression oder Tangierung des Nerven im Berei der LWS sondern Be- funde in den peripheren Zonen. Hierbei sind Befunde in und um das Been am häufigsten (79) und es überwiegt der Anteil der Frauen, deren Isialgie häufiger mit gynäkologisen Problemen assoziiert ist. Wer si bei ausgeprägten Smerzen nit damit zufrie- den gibt, einen Bandseiben- vorfall oder eine verteb- rale/spinale Ursae an- derer Art aus- zuschließen, kann biswei- len Überra- sungen er- leben. Mane Ursae liegt tiefer und dies duraus im wörtlien Sinn (30). Während die Anzahl poten- tieller Ursaen im Berei der LWS no ret übersitli ist, findet si im Berei des Beens eine bemerkenswerte Band- breite, darunter au ret exotis Anmutendes („traumati- se extrapelvine Endometriose im Verlauf des N. isiadicus“ oder „toilet bowl neuropathy“). Lässt man naheliegende Ursa- en wie Metastasen oder Trau- ma beiseite, findet man folgende Hauptgruppen: Gynäkologise Ursaen, lokale Tumore, venöse und arterielle Prozesse, Hernien, Entzündungen und anatomise Varianten. Diese Breite potenti- eller Ursaen isialgiformer Beswerden kann bei Besrän- kung auf die LWS nit erfasst werden. In jedem Fall lohnt si daher bei einer Isialgie die zumindest orientierende Untersuung des Beens und, falls lumbal kein Befund zu erheben ist, sollte die- se au eingehend durgeführt werden. Das Miel der Wahl ist die MRT, da in erster Linie Weiteilbefunde zu erwarten sind aber au knöerne Pro- bleme damit erfasst werden können. (Siehe au Rüseite. Literatur beim Verfasser) Fragen zum Thema Telefon: 06 41 - 9 71 99 41 Liebigstraße 22-24 · 35390 Gießen www.offene-mrt-giessen.de Aktuelle Radiologie, Nr. 30, Februar 2011 Neurinom des Plexus lumbalis auf dem M. psoas Arteriitis d. A. superficialis femoris Lymphknotenmetastase (#) im Verlauf des N. isiadicus ( ) # Arteriitis d. A. poplitea und tibialis

Dr. H. Peter Higer, 35390 Gießen - offene-mrt-giessen.de · erst gluteal beginnende Sch merz mach en eine mehr periphere Ursach e wahrsch einlich , insbesondere wenn die typisch

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31Informationen und Indikationen für die Praxis

Isch ialgie - Ursach en jenseits der Lendenwirbelsäule Dr. H. Peter Higer, 35390 Gießen

Etwa 40% der Erwach senen haben im Laufe ihres Lebens eine Isch ialgie. Im engeren Sinne ist dies ein Beck en-Hüft sch merz mit variabler Ausdehnung in die unteren Extremitäten als Folge pathologisch er Veränderungen im spinalen und extra-spinalen Verlauf des N. isch iadicus (81). In der Wandlung zu „isch ialgiformen Besch werden“ werden auch sch lech thin vom Beck en her ausstrahlende Beinsch merzen bezeich net, was dem entsprech end auch andere Teile des Plexus lumbosacralis und

nich t nur den N. isch iadicus betreff en kann. Block aden der ISG- und ggf. der Facett engelenke sind wahrsch einlich die häufi gs-ten Ursach en, in der Regel einfach therapierbar und mit bildgebenden Verfahren nich t darstellbar. Sollten die Besch werden therapieresis-tent sein, ist dies meist An-lass für radiologisch e Unter-such ungen. Dabei zeigt das Röntgenbild der Lenden-wirbelsäule (LWS) gröbere

knöch erne Veränderungen (z. B. Metastasen und Frakturen), Weich teilprozesse nich t.Häufi gste Ursach en, die sich dann bei einer MRT oder CT fi n-den, sind lumbaler Bandsch eibenvorfall, lumbale spinale Ste-nose und Arthrosen der Facett engelenke. Spinale und extraspi-nale Tumore sind selten. Das Fehlen einer Lumbalgie und der erst gluteal beginnende Sch merz mach en eine mehr periphere Ursach e wahrsch einlich , insbesondere wenn die typisch en ver-tebralen Ursach en fehlen (82).Man kann die Topografi e der Sch merzursach en in 3 Zonen ein-teilen: 1. Wirbelsäule und Spinalkanal; 2. Beck en und „pelvic outlet“ (39); 3. Bein. (Siehe auch Liste auf der Rück seite.) Die

Inzidenz der Ursach en nimmt dabei von kranial nach kaudal deutlich ab. Doch noch rund 16% der Patienten mit isch ialgifor-men Besch werden zeigen in der MRT keine Wurzelkompression oder Tangierung des Nerven im Bereich der LWS sondern Be-funde in den peripheren Zonen. Hierbei sind Befunde in und um das Beck en am häufi gsten (79) und es überwiegt der Anteil der Frauen, deren Isch ialgie häufi ger mit gynäkologisch en Problemen assoziiert ist.Wer sich bei ausgeprägten Sch merzen nich t damit zufrie-den gibt, einen Bandsch eiben-

vorfall oder eine verteb-ra le/spi na le Ursach e an-derer Art aus-zuschließen, kann biswei-len Überra-sch ungen er-leben. Manch e Ursach e liegt tiefer und dies durch aus im wörtlich en Sinn (30). Während die Anzahl poten-tieller Ursach en im Bereich der LWS noch rech t übersich tlich ist, fi ndet sich im Bereich des Beck ens eine bemerkenswerte Band-breite, darunter auch rech t exotisch Anmutendes („traumati-sch e extrapelvine Endometriose im Verlauf des N. isch iadicus“ oder „toilet bowl neuropathy“). Lässt man naheliegende Ursa-ch en wie Metastasen oder Trau-ma beiseite, fi ndet man folgende Hauptgruppen: Gynäkologisch e Ursach en, lokale Tumore, venöse und arterielle Prozesse, Hernien, Entzündungen und anatomisch e Varianten. Diese Breite potenti-eller Ursach en isch ialgiformer Besch werden kann bei Besch rän-kung auf die LWS nich t erfasst werden.In jedem Fall lohnt sich daher bei einer Isch ialgie die zumindest orientierende Untersuch ung des Beck ens und, falls lumbal kein Befund zu erheben ist, sollte die-se auch eingehend durch geführt werden. Das Mitt el der Wahl ist die MRT, da in erster Linie

Weich teilbefunde zu erwarten sind aber auch knöch erne Pro-bleme damit erfasst werden können.

(Siehe auch Rück seite. Literatur beim Verfasser)

Fragen zum ThemaTelefon: 06 41 - 9 71 99 41

Liebigstraße 22-24 · 35390 Gießen www.offene-mrt-giessen.de Aktuelle Radiologie, Nr. 30, Februar 2011

Neurinom des Plexus lumbalis auf dem M. psoas

Arteriitis d. A. superfi cialis femoris

Lymphknotenmetastase (#) im Verlauf des N. isch iadicus ( )

#

Arteriitis d. A. poplitea und tibialis

© Alle veröffentlichten Beiträge und Abbildungen des Informationsblattes aktuelle Radiologie sind urheberrecht-lich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist jedwede Verwertung ohne Einwilligung der hiprocare gi GmbH, Schiffenberger Weg 5, D-35435 Wettenberg, untersagt. Eine Zuwiderhandlung, insbesondere die kommerzielle Weiterverbreitung wird zivil- und strafrechtlich verfolgt.

Die aktuelle Radiologie ist eine wissenschaftlich verfasste Informationsschrift über Untersuchungsmöglich-keiten der Radiologie, insbesondere der MRT bzw. der offenen Kernspintomographie. Die Kompaktheit dieser Information über Indikationen und Möglichkeiten in der Praxis beschränkt Ausführungen und Umfang, lässt sich aber auch zwischendurch einmal bei einer Tasse Kaffee lesen. Dies ist bei der umfänglichen Information, die niedergelassene Ärzte zu verdauen haben, ein notwendiger Kompromiss.

Die aktuelle Radiologie erscheint in unregelmäßigen Abständen. Die dem Informationsblatt zugrunde liegende Literaturstudie wird nur auszugsweise dokumentiert, auch insofern erheben Herausgeber und Autor nicht den Anspruch eine wissenschaftliche Studie zu präsentieren.

Naturgemäß bleibt dabei manches offen. Falls Sie eine Frage dazu haben, greifen Sie ruhig zum Telefon, der Autor wird sein Bestes geben, um solch eine Lücke im Gespräch zu füllen. Alle Ausgaben aktuelle Radiologie finden sie unter www.offene-mrt-giessen.de als Download.

Ursachen ischialgiformer Beschwerden topographisch geordnet1. Etage: Spinalkanal und Wirbelsäule• Prolaps, Spondylarthrosen und spinale Stenose (9, 30).• Varikose von epiduralen Venen (20, 61, 64).• Epidurale lumbosakrale arteriovenöse Malformation (21).• Lig. flavum-Zyste (29, 40).

2. Etage: Becken und "pelvic outlet"• Aneurysma am M. iliopsoas (3).• Aneurysma der A. obturatoria (43).• Bilaterales Aneurysma der A. ischiadica (54).• Aneurysma der A. iliaca interna (32).• Aortenaneurysma (33).• Pseudoaneurysma der A. glutea inferior (63, 68, 79).• Intrapelvines aneurysma (26).• Kongenitale pelvine arteriovenöse Malformation (76).• Varikose der glutaealen Gefäße im Verlauf des N. ischia-

dicus (pelvic outlet) (6).• Hämatom d. M. pyramidalis bei Antikoagulantien-Be-

handlung (4).• Iatrogen durch Injektion (12).• Schwannom, Neurinom (11, 43, 45, 46, 59).• Pelvine Echinokokkuszyste (71).• Atypisches Lipom des Beckens (36, 75).• Glutaeale Tumore (7, 17, 69).• Verschiedene Tumore des Beckens (9, 13).• Lymphknotenmetastasen (eigener Fall).• tuboovarialer Abszess (1).• Haematometra (19).• Haematocolpos (52).• Retroflektierter Uterus (56).• Herniation einer Dermoidzyste des Lig. latum durch das

Foramen ischiadicum (60).• Extragenitale Endometriose (8, 10, 22, 31, 38).• Präsakrale extramedulläre Haematopoese (14).

• Tuberkulöse Sakroiliitis (16).• Avulsionsfraktur der Spina ischiadica (23).• Dopplung des M. gemellus superior (2).• Piriformis-Syndrom ("pelvic outlet syndom") (2, 15, 24,

27, 30, 35, 39, 41, 46, 49, 67).•"toilet bowl neuropathy" (25).• Gluteales Compartment-Syndrom (28, 42, 43, 44, 47, 50,

58, 70, 77).• Suprapiriforme Hernie (34).• Glutealer Abszess durch eine strangulierte Hernie im

Foramen ischiadicum (72).• Glutaealer Abszess (73).• Tuberkulöser Abszess im Foramen ischaidicum majus (5).• Melorheostotische Masse (74).• extrapelvine heterotope Ossifikation (62).• Proliferative Myositis mit Kompression des N. Ischiadi-

cus (80).• Supralevatorischer anorektaler Abszess (37).• Lumbaler radikulärer Herpes zoster (46).• extramedullaräre ALL (51).• Schwellung des M. obturatorius internus (55, 57).

3. Etage: Bein.• Tractus iliotibialis-Syndrom (eigener Fall).• Hamstring Syndrom (Enthesiopathie des ischiocruralen

Muskelankers) (66).• Vaskulitis der A. poplitea (eigener Fall).• Vaskulitis der A. superficialis femoris in Trochanterhöhe

(eigener Fall).• Reiz des N. popliteus in Höhe des Fibulaköpfchens (18).• Neurofibrosarcom des Unterschenkels (48).• Muköse Zyste des N. popliteus externus (53).• Bursitis trochanterica (eigener Fall)• Tumore popliteal und im Unterschenkel (9, 13).